Zusammenfassung des Urteils VWKLA.2023.9: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht hat in einem Fall betreffend den Feuerwehrsold 2022 entschieden. Der Kläger forderte den Beklagten auf, ihm CHF 3'686.20 plus Zinsen zu zahlen, was der Beklagte ablehnte und auf Nichteintreten oder Abweisung der Klage plädierte. Nach Prüfung stellte das Gericht fest, dass der Beklagte kein Zweckverband im Sinne des Gemeindegesetzes ist und daher nicht parteifähig ist. Daraus resultierte, dass die Klage nicht behandelt wurde und der Kläger die Gerichtskosten tragen muss.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWKLA.2023.9 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 17.07.2024 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Zweckverband; Klage; Gemeinde; Verwaltungsgericht; Feuerwehr; Gemeinden; Verfahren; Gericht; Sinne; Auskunft; Beklagten; Vertrag; öffentlich-rechtliche; Parteiwechsel; Apos; Rechtspersönlichkeit; Verwaltungsgerichts; Parteien; Parteientschädigung; Replik; Beklagtschaft; Vizepräsident; Zusammenschluss; Einwohnergemeinden; Verfahrens; Parteifähigkeit; Hauptverhandlung; Entscheid; Voraussetzungen |
Rechtsnorm: | Art. 59 ZPO ;Art. 83 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VWKLA.2023.9 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Entscheiddatum: | 17.07.2024 |
FindInfo-Nummer: | O_VW.2024.130 |
Titel: | Feuerwehrsold 2022 |
Resümee: |
Verwaltungsgericht
Urteil vom 17. Juli 2024 Es wirken mit: Oberrichter Frey Oberrichterin Obrecht Steiner Gerichtsschreiberin Hasler In Sachen A.___ vertreten durch Corinne Saner, Rechtsanwältin,
Kläger
gegen
Zweckverband B.___, vertreten durch Simon Schnider, Rechtsanwalt,
Beklagter
betreffend Feuerwehrsold 2022 zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. A.___ (nachfolgend Kläger) erhob am 23. August 2023 eine verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Zweckverband B.___ (nachfolgend Beklagter). Der Kläger beantragt, der Beklagte sei zu verpflichten, ihm [...] CHF 3'686.20 zu bezahlen, zuzüglich 5 % Zins seit 1. Januar 2023. In der Klageantwort vom 1. Dezember 2023 stellt der Beklagte, «c/o [...]» die Rechtsbegehren, auf die Klage nicht einzutreten, eventualiter die Klage vollumfänglich abzuweisen. Subeventualiter sei das Klageverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss [...] zu sistieren. Der Beklagte machte namentlich geltend, er sei kein Zweckverband im Sinne des Gemeindegesetzes. Es fehle daher an der Passivlegitimation. Im Sinne eines Verfahrensantrags ersuchte er zudem, den Kläger zur Leistung einer Sicherheit für die Parteientschädigung in der Höhe von mindestens CHF 4'000.00 zu verpflichten.
2. Der Kläger hielt in der Replik vom 16. Januar 2024 an seiner Auffassung, der Beklagte sei passivlegitimiert, fest. Sollte entgegen dem von der Beklagtschaft erweckten Anschein kein Zweckverband mit eigener Rechtspersönlichkeit vorliegen, sei die Klage als gegen die von der Beklagtschaft geltend gemachten Vertragsgemeinden C.___, D.___ und E.___ als einfache Gesellschaft gerichtet entgegenzunehmen (Ziffer 6 lit. c der Replik).
3. Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts holte vor der Ansetzung der Frist zur Duplik bei der Solothurnischen Gebäudeversicherung (SGV) eine schriftliche Auskunft ein zur Frage, ob es sich beim Beklagten um einen Zweckverband im Sinne des Gemeindegesetzes (GG, BGS 131.1) handle. Falls dem nicht so sei, ersuchte er um Auskunft, auf welcher Organisationsform der offenbar gestützt auf § 71 Abs. 2 Gebäudeversicherungsgesetz (GVG, BGS 618.111) erfolgte Zusammenschluss der Gemeinden im «Zweckverband B.___» beruhe.
4. Die SGV erteilte die schriftliche Auskunft am 29. Februar 2024. Unter der Bezeichnung «Zweckverband B.___» werde kein Zweckverband im Sinne von § 164 Abs. 1 lit. a und §§ 166 ff. GG geführt. Die Einwohnergemeinden C.___D.___ und E.___ hätten sich gestützt auf § 71 Abs. 2 GVG per 1. Januar 2001 zur Organisierung einer einzigen gemeinsamen Feuerwehr zusammengeschlossen. Der Zusammenschluss basiere auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäss § 164 Abs. 1 lit. b GG.
5. Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts wies in der Folge die Anträge des Beklagten auf Sistierung des Verfahrens und zur Verpflichtung des Klägers zur Leistung einer Sicherheit für die Parteientschädigung ab. In der auf eine Stellungnahme zu Ziffer 6 lit. c der Replik beschränkten Duplik vom 21. Mai 2024 hielt der Beklagte an seinen Anträgen in der Klageantwort fest.
6. Am 23. Mai 2024 beschränkte der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts das Verfahren auf die Fragen der Parteifähigkeit des Beklagten (Passivlegitimation) und die Zulässigkeit eines Parteiwechsels. Weiter verfügte er, falls keine Partei bis 6. Juni 2024 die Durchführung einer Hauptverhandlung verlange, werde darauf verzichtet und der Entscheid im schriftlichen Verfahren gefällt. Beide Parteien erklärten in der Folge, auf die Durchführung einer Hauptverhandlung zu verzichten.
7. Nachdem keine Partei die Durchführung einer Hauptverhandlung verlangt hat, kann darauf verzichtet und im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 63bis Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, BGS 124.11). Für die Parteistandpunkte wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.
II.
1. Das Verwaltungsgericht entscheidet als einzige Instanz über vermögensrechtliche Streitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur zwischen Privaten und den Gemeinden (§ 48 Abs. 1 lit. a Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Den Gemeinden gleichgestellt sind andere öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten, eingeschlossen Gemeindeverbände (§ 48 Abs. 2 GO). Ein Zweckverband ist den Gemeinden gleichgestellt: Gemäss § 166 Abs. 1 GG handelt es sich beim Zweckverband um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Nachfolgend ist zu prüfen, ob es sich beim Beklagten um einen solchen Zweckverband handelt. Ist die Frage zu verneinen, fehlt es an der Parteifähigkeit des Beklagten. Bei der Parteifähigkeit handelt es sich gemäss Art. 59 Abs. 2 lit. c der Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272), die nach § 58 VRG sinngemäss anzuwenden ist, um eine Prozessvoraussetzung. Fehlt eine Prozessvoraussetzung, tritt das Gericht auf eine Klage nicht ein (Art. 59 Abs. 1 ZPO).
2.1 § 71 Abs. 1 GVG bestimmt, dass jede Gemeinde eine Feuerwehr zu organisieren und unterhalten hat. Wo es die Verhältnisse rechtfertigen, können sich mehrere Gemeinden in gegenseitigem Einverständnis zur Organisierung einer einzigen Feuerwehr zusammenschliessen. Eine solche Regelung bedarf der Genehmigung des Regierungsrates (§ 71 Abs. 2 GVG).
2.2 Die SGV führt in ihrer schriftlichen Auskunft aus, der Zusammenschluss der Feuerwehr der Einwohnergemeinden C.___, D.___ und E.___ beruhe auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag und nicht auf einem Zweckverband. Die schriftliche Auskunft wird untermauert durch den beigelegten Vertrag der drei Einwohnergemeinden und die mit Beschluss Nr. 402 vom 27. Februar 2001 erfolgte Genehmigung durch den Regierungsrat. Die Feuerwehr der Gemeinden C.___, D.___ und E.___ ist nicht als Zweckverband im Sinne von §§ 166 ff. GG organisiert. Dass sich die Feuerwehr selber Zweckverband nennt, vermag daran nichts zu ändern. Mit der Bezeichnung als Zweckverband allein wird noch kein solcher begründet. Der mit der vorliegenden Klage eingeklagten Partei fehlt es daher an der Rechtspersönlichkeit. Sie ist nicht parteifähig, weshalb auf die Klage nicht einzutreten ist.
3.1 Der Kläger verlangt eventualiter, die Klage als gegen die von der Beklagtschaft geltend gemachten Vertragsgemeinden C.___, D.___ und E.___ als einfache Gesellschaft gerichtet entgegenzunehmen. Sie beantragt damit, einen Parteiwechsel vorzunehmen.
3.2 Die Voraussetzungen für einen Parteiwechsel sind in Art. 83 ZPO i.V.m. § 58 VRG geregelt. Demnach kann dann, wenn das Streitobjekt während des Prozesses veräussert wird, die Erwerberin der Erwerber an Stelle der veräussernden Partei in den Prozess eintreten (Art. 83 Abs. 1 ZPO). Ohne Veräusserung des Streitobjekts ist ein Parteiwechsel nur mit Zustimmung der Gegenpartei zulässig; besondere gesetzliche Bestimmungen über die Rechtsnachfolge bleiben vorbehalten (Art. 83 Abs. 4 ZPO).
3.3 Ein Parteiwechsel kann allein schon deshalb nicht erfolgen, weil der eingeklagte Zweckverband B.___ mangels Rechtspersönlichkeit selber keine Partei ist. Ebensowenig sind die Voraussetzungen von Art. 83 ZPO erfüllt (Veräusserung des Streitobjekts Zustimmung der Gegenpartei). Erst recht fällt daher auch eine schlichte Berichtigung der Parteibezeichnung ausser Betracht. Es bleibt somit dabei, dass auf die Klage nicht eingetreten werden kann.
4. Die Gerichtskosten des Verfahrens von CHF 1'500.00 gehen dem Ausgang entsprechend zu Lasten des Klägers. Sie werden mit dem geleisteten Vorschuss verrechnet. Da der eingeklagte Zweckverband B.___ nicht parteifähig ist, kann auch keine Parteientschädigung zugesprochen werden. Die Parteikosten werden deshalb wettgeschlagen.
Demnach wird erkannt:
1. Auf die Klage wird nicht eingeteten. 2. Die Gerichtskosten von CHF 1'500.00 hat A.___ zu tragen. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 3. Die Parteikosten werden wettgeschlagen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin Thomann Hasler |
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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