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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2024.47)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2024.47: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdeführerin A. hat vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn eine Beschwerde gegen die Ablehnung des Familiennachzugs für ihren Sohn eingereicht. Das Gericht entschied, dass keine wichtigen Gründe vorliegen, um den Familiennachzug ausserhalb der gesetzlichen Fristen zu gestatten, und wies die Beschwerde ab. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von CHF 1.500 wurden A. auferlegt, jedoch aufgrund der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege durch den Kanton Solothurn übernommen. Die Rechtsanwältin Stephanie Selig wurde als unentgeltliche Rechtsbeiständin für A. bestellt und erhält eine Entschädigung von CHF 2.392,60. Das Gericht wies auch das Gesuch um Parteibefragung ab.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2024.47

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2024.47
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2024.47 vom 29.05.2024 (SO)
Datum:29.05.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Familie; Familiennachzug; Recht; Schweiz; Kinder; Betreuung; Familiennachzugs; Gesuch; Ehemann; Grossmutter; Kindsmutter; Apos; Beschwerde; Kinderheim; Zugsgesuch; Familiennachzugsgesuch; Sohnes; Rechtspflege; Kindes; Nairobi; Situation; Verwaltungsgericht; Urteil; Somalia; Stephanie; Selig
Rechtsnorm: Art. 123 ZPO ;Art. 13 BV ;Art. 44 AIG ;Art. 47 AIG ;Art. 8 EMRK ;
Referenz BGE:136 II 497; 137 I 284;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2024.47

 
Geschäftsnummer: VWBES.2024.47
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 29.05.2024 
FindInfo-Nummer: O_VW.2024.98
Titel: Familiennachzug

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 29. Mai 2024

Es wirken mit:

Präsident Thomann

Oberrichter Frey

Oberrichterin Obrecht Steiner

Gerichtsschreiberin Hasler

 

In Sachen

1.    A.___ 

2.    B.___

beide vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie Selig,

 

Beschwerdeführer

 

 

 

gegen

 

 

 

Departement des Innern, vertreten durch Migrationsamt,

 

Beschwerdegegner

 

 

 

betreffend     Familiennachzug


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. A.___ (im Folgenden: Beschwerdeführerin), geb. [...] 1991, heiratete am 4. August 2014 den in der Schweiz niedergelassenen somalischen Staatsangehörigen C.___, (im Folgenden: C.___ Ehemann), geb. [...] 1984. Die Heirat wurde in das Zivilstandregister der Schweiz eingetragen. Anlässlich des eingereichten Familiennachzugsgesuchs vom 9. September 2014 teilte C.___ mit, dass die Beschwerdeführerin einen Sohn, B.___, geb. [...] 2011, (im Folgenden: Sohn Beschwerdeführer), habe, der bei seiner Tante in Mogadischu lebe und dass zurzeit kein Nachzug geplant sei. Die Beschwerdeführerin reiste am 22. Juli 2015 im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz ein. Am 20. August 2015 wurde der Beschwerdeführerin die Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz erteilt, welche letztmals am 13. September 2022 verlängert wurde mit Gültigkeit bis am 21. Juli 2024.

 

2. Am 3. Dezember 2021 reichte die Beschwerdeführerin bei der Einwohnergemeinde [...] das Familiennachzugsgesuch zugunsten ihres Sohnes ein.

 

3. Mit Schreiben vom 15. September 2023 wurde der Beschwerdeführerin im Rahmen des rechtlichen Gehörs mitgeteilt, dass erwogen werde, das Familiennachzugsgesuch aufgrund der abgelaufenen Fristen und der fehlenden finanziellen Mittel abzuweisen.

 

4. Am 16. Oktober 2023 äusserte sich die Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Stephanie Selig, im Rahmen des rechtlichen Gehörs zur geplanten Abweisung des Gesuchs.

 

5. Mit Verfügung vom 31. Januar 2024 wies das Migrationsamt des Kantons Solothurn (im Folgenden: MISA) das Gesuch um Familiennachzug zugunsten des Beschwerdeführers ab.

 

6. Die Beschwerdeführer gelangten mit Beschwerde vom 12. Februar 2023 ans Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und stellten die folgenden Rechtsbegehren:

 

1.    Es sei die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 31. Januar 2024 aufzuheben und das Familiennachzugsgesuch zugunsten des Beschwerdeführers gutzuheissen.

2.    Es sei den Beschwerdeführern die integrale unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung der Unterzeichneten als unentgeltliche Rechtsvertreterin zu gewähren.

3.    Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

 

7. In der darauffolgenden Vernehmlassung vom 22. Februar 2024 schloss das MISA auf Abweisung der Beschwerde, unter Kostenfolge. Als Begründung verwies es auf die Verfügung vom 31. Januar 2024.

 

8. Am 5. März 2024 reichten die Beschwerdeführer weitere Urkunden zu den Akten.

 

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

2.1 In der Verfügung vom 31. Januar 2024 führte das MISA sinngemäss aus, dass die Fristen für den Nachzug des Beschwerdeführers nicht eingehalten worden seien. Der Beschwerdeführerin sei am 20. August 2015 im Rahmen des Familiennachzugs die Aufenthaltsbewilligung erteilt worden. Damals sei der Beschwerdeführer vier Jahre alt gewesen. Der fristgerechte Nachzug des Beschwerdeführers wäre bis am 20. August 2020 möglich gewesen. Die Beschwerdeführerin habe das Familiennachzugsgesuch jedoch erst am 3. Dezember 2021 bei der Einwohnergemeinde [...] eingereicht. Die Fristen für den Nachzug des Beschwerdeführers seien demnach nicht eingehalten und ein Familiennachzug sei nur möglich, wenn wichtige Gründe gemäss Art. 47 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG; SR 142.20]) gegeben seien. Vorliegend seien jedoch keine wichtigen Gründe geltend gemacht worden, welche einen nachträglichen Familiennachzug rechtfertigen würden. Wäre die Situation für ihren Sohn im Kinderheim derart schwierig gewesen, wäre zu erwarten gewesen, dass ein Nachzugsgesuch kurz nach dem Hinschied der Grossmutter eingereicht und damit nicht acht Monate zugewartet worden wäre. Dass die Beschwerdeführerin zudem anlässlich der Prüfung des Familiennachzugsgesuchs mehrmals an die ausstehenden Unterlagen habe erinnert werden müssen, spreche zusätzlich gegen die von der Beschwerdeführerin erwähnte dramatische Situation ihres Sohnes. Gemäss den Ausführungen der Beschwerdeführerin vom 28. Juni 2022 laufe der Beschwerdeführer immer wieder aus dem Kinderheim davon und übernachte bei verschiedenen Bekannten. Daraus könne geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer über ein soziales Netz ausserhalb seiner Familie verfüge, wo er sich aufhalten könne. Auch könne davon ausgegangen werden, dass sich der Beschwerdeführer nach mittlerweile fast drei Jahren an das Leben im Kinderheim gewöhnt habe und dort sicher auch über Freundschaften und ein gefestigtes Umfeld verfüge.

 

Ferner hätten die Ehegatten Schulden und der Lohn des Ehemannes werde gepfändet. Die Kindsmutter habe sich erst letztes Jahr von der Sozialhilfe lösen können. Mit dem Zuzug des Sohnes in die Schweiz würde sich die Situation erneut zuspitzen. Die Gefahr einer erneuten Sozialhilfeabhängigkeit sei daher gegeben. Es sei zudem nicht ausser Acht zu lassen, dass die Beschwerdeführerin trotz Bezug von Sozialhilfe, Schulden generiert habe und per 12. September 2022 ermahnt worden sei. Auch wenn wichtige Gründe für einen nachträglichen Familiennachzug vorgebracht werden würden, wäre das Gesuch aufgrund der nicht erfüllten Voraussetzungen für den Familiennachzug gemäss Art. 44 AIG allenfalls abzuweisen.

 

2.2 Die Beschwerdeführer äusserten sich gegenüber dem MISA im Rahmen des rechtlichen Gehörs mit Schreiben vom 13. Oktober 2023 und mit Beschwerde ans Verwaltungsgericht vom 12. Februar 2024 im Wesentlichen wie folgt: Die Beschwerdeführerin habe ihren Sohn nicht umgehend im Jahr 2015 nachgezogen, da er damals noch bei seiner Tante in Mogadischu und – nach deren Wegzug im Jahr 2017 in ein von der Al-Shabab kontrolliertes Gebiet – bei seiner Grossmutter in der Nähe von Mogadischu gelebt habe. Zudem habe sich die Beschwerdeführerin in der Schweiz selbst vorerst integrieren wollen. Ausserdem hätten sie und ihr Ehemann für eine dreiköpfige Familie nicht über genügend finanzielle Mittel verfügt. Erst im März 2019 habe sich die finanzielle Situation stabilisiert. Infolge der Covid-19-Pandemie habe ihr Ehemann seine langjährige Arbeitsstelle verloren, weshalb der Zeitpunkt für den Familiennachzug ungünstig gewesen sei. Mit dem Tod der Grossmutter im März 2021 sei dann das Betreuungssystem zusammengebrochen. Daraufhin habe sie umgehend Vorkehrungen betreffend Familiennachzug getroffen. Dies, obschon die Beschwerdeführerin schwanger und ihr Ehemann arbeitslos gewesen sei. Sie habe noch Unterlagen zusammensuchen müssen und die Geburt des gemeinsamen Kindes sei im Sommer 2021 gewesen, weshalb sie das vollständige Gesuch erst Ende 2021 habe einreichen können. Parallel sei eine Betreuungslösung für den Beschwerdeführer in Somalia gesucht worden. Er sei in einem Kinderheim in Mogadischu untergebracht worden. Er habe sich aber nicht wohl gefühlt und sei schlecht behandelt worden. Er sei immer wieder weggelaufen und habe bei irgendwelchen fernen Bekannten übernachtet. Diese hätten ihn immer wieder zurück ins Heim gebracht. Er habe sich – entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin – nie an das Leben im Heim gewöhnen können. Auch habe die Gefahr bestanden, dass der Beschwerdeführer als Kindersoldat zwangsrekrutiert werde. Er sei dann definitiv aus dem Kinderheim geflüchtet und befinde sich seit Januar 2023 mit einer 20-jährigen Nachbarin in Nairobi. Mittlerweile besuche er dort eine Privatschule, die durch regelmässige Zahlungen der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes finanziert werde. In Nairobi sei er nahezu sich selbst überlassen, was keineswegs dem Kindeswohl entspreche. Einzige Bezugsperson sei die Nachbarin, die mit ihm in Nairobi sei. Schliesslich sei Art. 8 der Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) zu berücksichtigen, auch wenn kein gefestigtes Aufenthaltsrecht bestehe. Die Voraussetzungen der wichtigen familiären Gründe seien stets in Konformität mit Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV, SR 101) auszulegen. Somit auch im vorliegenden Fall, da es sich um die Kernfamilie handle. Zudem müssten die getroffenen Entscheide verhältnismässig sein. Die Beschwerdeführerin sei in der Schweiz gut integriert. Sie nehme am Wirtschaftsleben teil und ihr zweites Kind sei in der Schweiz geboren. Eine Rückkehr nach Somalia sei ihr nicht zuzumuten. Der Beschwerdeführer sei demgegenüber in Nairobi auf sich alleine gestellt. Es sei kaum vorstellbar, wie in Zwölfjähriger mit einer solchen Situation zu Recht kommen solle. Das Interesse der beiden am Familiennachzug sei daher von immenser Bedeutung. Eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Familiennachzugs sei nicht auszumachen. Den Familiennachzug zu verneinen sei somit in keinerlei Hinsicht verhältnismässig.

 

3.1 Gemäss Art. 44 Abs. 1 AIG kann ausländischen Ehegatten und ledigen Kindern unter 18 Jahren von Personen mit Aufenthaltsbewilligung eine Aufenthaltsbewilligung erteilt und verlängert werden, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (lit. a), eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden ist (lit. b), sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind (lit. c), sie sich in der am Wohnort gesprochenen Landesprache verständigen können (lit. d), und die nachziehende Person keine jährlichen Ergänzungsleistungen nach dem ELG bezieht wegen des Familiennachzugs beziehen könnte (lit. e). Bei ledigen Kindern unter 18 Jahren findet die Voraussetzung nach Absatz 1 lit. d keine Anwendung (Abs. 3). Der Nachzug von Kindern von Personen mit Aufenthaltsbewilligung muss innerhalb von fünf Jahren geltend gemacht werden (Art. 47 Abs. 1 AIG). Die Fristen beginnen bei Familienangehörigen von Ausländerinnen und Ausländern mit der Erteilung der Aufenthalts- Niederlassungsbewilligung der Entstehung des Familienverhältnisses zu laufen (Abs. 3 lit. b). Für die Einhaltung der Nachzugsfristen ist der Zeitpunkt der Gesuchseinreichung massgebend (BGE 136 II 497 E. 3.4).

 

3.2 Der Beschwerdeführerin wurde am 20. August 2015 die Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz erteilt. Innerhalb von fünf Jahren hätte ihr damals 4-jähriger Sohn im Rahmen des Familiennachzugsgesuchs nachgezogen werden müssen. Die fünfjährige Nachzugsfrist gemäss Art. 47 Abs. 1 AIG ist – wie von den Beschwerdeführern selbst anerkannt – bereits im August 2020 verstrichen. Die Beschwerdeführerin reichte das Familiennachzugsgesuch am 3. Dezember 2021 ein. Streitgegenstand bildet folglich die Frage, ob die Voraussetzungen für einen nachträglichen Familiennachzug wegen wichtiger familiärer Gründe gemäss Art. 47 Abs. 4 AIG gegeben sind.

 

3.3 Wichtige familiäre Gründe gemäss Art. 47 Abs. 4 AIG sind gegeben, wenn das Kindswohl nur durch einen Nachzug in die Schweiz sachgerecht gewahrt werden kann (Art. 75 VZAE). Dabei ist jedem Einzelfall angemessen Rechnung zu tragen (vgl. unter anderem auch zum Kindeswohl Art. 3 der UNO-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1989 [KRK; SR 0.107]). Für den Nachzug eines Kindes in die Schweiz ist regelmässig erforderlich, dass die Beziehung zum Kind intakt und bereits bisher sachgerecht gelebt worden ist (BGE 137 I 284 E. 2.3.1; 136 II 497 E. 4.3). Auch wird grundsätzlich verlangt, dass die Betreuung des Kindes in der Schweiz als sichergestellt gelten kann (BGE 137 I 284 E. 2.3.1). Entgegen dem Wortlaut von Art. 75 VZAE ist allerdings nicht ausschliesslich auf das Kindswohl abzustellen; es bedarf vielmehr einer Gesamtschau unter Berücksichtigung aller relevanten Elemente im Einzelfall. Die Bewilligung des Nachzugs nach Ablauf der Fristen hat nach dem Willen des Gesetzgebers die Ausnahme zu bleiben; dabei ist Art. 47 Abs. 4 AIG (bzw. Art. 75 VZAE) praxisgemäss jeweils aber dennoch so zu handhaben, dass der Anspruch auf Schutz des Familienlebens nach Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV nicht verletzt wird (Urteile des Bundesgerichts 2C_314/2023 vom 22. Februar 2024 E. 6; 2C_347/2020 vom 5. August 2020 E. 3.4; 2C_325/2019 vom 3. Februar 2020 E. 3.3; 2C_259/2018 vom 9. November 2018 E. 4.1).

 

3.4 Der alleinige Wunsch, die Familie zu vereinigen, stellt keinen wichtigen familiären Grund dar. Indessen liegt ein wichtiger Grund beispielsweise vor, wenn die weiterhin notwendige Betreuung der Kinder im Herkunftsland wegen des Todes der Krankheit der betreuenden Person nicht mehr gewährleistet ist und keine sinnvolle andere Alternative in der Heimat gefunden werden kann (Urteil 2C_30/2023 vom 14. September 2023 E. 5.5).

 

3.5 Gemäss Angaben der Mutter sei der Sohn bis ins Jahr 2017 durch die Tante betreut worden, die dann in ein von der Al-Shabab kontrolliertes Gebiet gezogen sei. Die weitere Betreuung sei dann durch die Grossmutter der Mutter (im Familiennachzugsgesuch vom 3. Dezember 2021 schreibt die Kindsmutter von «meiner Grossmutter», weshalb davon ausgegangen wird, es handelt sich um die Urgrossmutter des nachzuziehenden Sohnes, AS 21) bis zu deren Tod im März 2021 gewährleistet gewesen. Danach sei der Sohn in einem Kinderheim ([...] School, AS 171) untergebracht worden. Im Kinderheim sei der Sohn schlecht behandelt worden, weshalb er etliche Male aus dem Kinderheim abgehauen sei, bei Bekannten übernachtet habe und von diesen jeweils wieder zurück ins Kinderheim gebracht worden sei. Im Kinderheim bestünde ausserdem die Gefahr, dass er als Kindersoldat eingezogen würde. Der Sohn sei dann mit seiner 20-jährigen Nachbarin definitiv nach Nairobi geflüchtet, wo er nun auf sich alleine gestellt sei und keine Betreuungs- und Bezugsperson habe. Aufgrund von regelmässigen Zahlungen durch die Kindsmutter könne der Sohn in Nairobi eine Privatschule besuchen.

 

4.1 Die Kindsmutter zog den Sohn solange nicht nach, als er im Heimatland durch die Grossmutter betreut wurde. Die gesetzliche Regelung bezweckt einen möglichst frühen Nachzug, damit das Kind zur Förderung der Integration eine möglichst umfassende Schulbildung in der Schweiz geniessen kann. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der betreuenden Person um die Grossmutter der Kindsmutter gehandelt hat, die offenbar an verschiedenen Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck gelitten hatte (AS 175), hätte der Beschwerdeführerin klar sein müssen, dass eine Betreuung des Sohnes durch die Grossmutter bis zu dessen Volljährigkeit nicht selbstverständlich gegeben ist und sich die Frage nach einem Familiennachzug stellen wird. Die Beschwerdeführerin gab in ihrer Stellungnahme ans MISA vom 16. Oktober 2023 (Eingang beim MISA) selbst an, dass ein Nachzug des Sohnes immer geplant gewesen sei. Nichtsdestotrotz wartete die Kindsmutter bis zum Hinschied der Grossmutter, bis sie das Familiennachzugsgesuch stellte. Zudem ist stossend und nicht schlüssig, wieso die Kindsmutter mit der Einreichung des Gesuchs um Familiennachzug acht Monate, nachdem die Betreuung durch die Grossmutter wegfiel (im März 2021 fiel die Betreuung des Sohnes durch die Grossmutter weg; im Dezember 2021 reichte sie das Familiennachzugsgesuch sein), gewartet hat. Es ist nur beschränkt nachvollziehbar, dass der Tod der Grossmutter, die Organisation der Betreuung des Sohnes in Somalia, die Geburt des Kindes in der Schweiz, die Arbeitslosigkeit des Ehemannes und das Zusammensuchen der Unterlagen, viel Aufwand und Kapazitäten benötigten. Nichtsdestotrotz wäre der Kindsmutter zuzumuten gewesen, das Gesuch unverzüglich nach Wegfall der Betreuung für den Sohn einzureichen. Selbst nach der Gesuchseinreichung im Dezember 2021 erhielt die Beschwerdeführerin vom MISA mehrere Gelegenheiten, weitere Unterlagen einzureichen. Diesbezüglich ist auffällig, dass die Beschwerdeführerin mehrmals aufgefordert werden musste, die relevanten Belege einzureichen. Dabei verstrichen zwischen den einzelnen Aufforderungen der Vorinstanz jeweils mehrere Monate bzw. insgesamt Jahre (AS 25 ff.). Erst mit Schreiben vom 19. Juli 2023 reichte die Beschwerdeführerin die restlichen erforderlichen Belege ein und mit Schreiben vom 16. August 2023 beantwortete sie die von der Vorinstanz gestellten Fragen.

 

4.2 Die Beschwerdeführerin stützt die Begründung des Familiennachzugsgesuchs auf die mangelnde Betreuung des Sohnes im Heimatland. Für die mangelnde familiäre Betreuung spricht die Todesfallbescheinigung der Grossmutter der Beschwerdeführerin und dass der Sohn aus seinem Heimatland nach Nairobi, Kenia, geflüchtet ist. Offenbar konnte aber für den Sohn in Somalia die Betreuung in einem Kinderheim organisiert werden und auch in Nairobi besucht er gemäss Akten eine Privatschule «…» (Bestätigung der Privatschule vom 12. Februar 2024 (Urkunde Nr. 4). Zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung wurde der Sohn durch das Kinderheim in Somalia betreut. Es bestand damit eine alternative Betreuung in der Heimat. Dass der Beschwerdeführer in Nairobi nicht betreut wird, wird lediglich behauptet und nicht belegt. Auch wird nicht belegt, dass das Kinderheim in Somalia keinen Platz mehr für den Sohn zur Verfügung stellen würde. Für den Nachweis der fehlenden Betreuungsmöglichkeit im Heimatland bestehen umso höhere Anforderungen, je älter das nachzuziehende Kind ist und je grösser die Integrationsschwierigkeiten erscheinen, die ihm in der Schweiz drohen. Es obliegt im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten der nachzugswilligen Person, die entsprechenden Umstände nicht nur zu behaupten, sondern auch zu belegen (BGE 137 I 284 E. 2.3.1 und 2.2; Urteile 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 8.3.3; 2C_347/2020 vom 5. August 2020 E. 3.4; 2C_555/2019 vom 12. November 2019 E. 6.1). Die fehlende Betreuungsmöglichkeit wird nicht hinreichend belegt. Hingegen ist es dem Beschwerdeführer offenbar möglich, in Nairobi, Kenia, eine Privatschule zu besuchen. Wieso für ihn kein Platz mehr in einem betreuten Heim zur Verfügung stehen sollte, wo er doch bereits einen erhalten hatte und er sogar in einem fremden Land eine Privatschule besuchen kann, ist nicht nachvollziehbar.

 

4.3 Äusserst fraglich ist, ob es dem Kindswohl entsprechen würde, den Sohn in die Schweiz zu holen. Der Vorinstanz ist zuzustimmen, wenn sie ausführt, der Beschwerdeführer würde von seinen Wurzeln gekappt werden. Bei Gesuchseinreichung war er 10 Jahre alt, nun ist er 13 Jahre alt. Die prägendsten Jahre seiner Kindheit verbrachte er in Somalia. Er ist dort aufgewachsen und dort sozialisiert worden. Mit den in der Schweiz geltenden Verhältnissen, die sich in politischer, gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht massgeblich von den Gepflogenheiten und Traditionen im islamisch geprägten Heimatstaat unterscheiden, ist er nicht vertraut. Der von der Beschwerdeführerin beantragte Umzug in die Schweiz dürfte für den Sohn eine tiefgreifende Entwurzelung bedeuten, wird er doch aus seinem Umfeld gerissen. Es ist kaum realistisch, dass sich der Sohn mit Erfolg in das hiesige Schulsystem einfügen könnte. Über Kenntnisse einer der Landessprachen der Schweiz verfügt er keine. Offen ist zudem das Verhältnis zwischen Kindsmutter und Sohn. Die Kindsmutter verliess den Sohn, als er noch nicht einmal vierjährig war, sprich in einem Alter, in dem das Erinnerungsvermögen von Kindern noch nicht allzu ausgeprägt ist. Sie hat ihren Sohn, soweit aktenkundig – neun Jahre lang nicht mehr gesehen. Die Kindsmutter behauptet zwar, regelmässigen Kontakt mit dem Sohn über WhatsApp zu haben. Allerdings legt sie keinerlei Screenshots von Nachrichten Videocalls, Fotos Briefe von ihm Ähnliches ins Recht, die den regelmässigen Kontakt belegen würden, was im Rahmen der Mitwirkungspflicht zu erwarten gewesen wäre. Dass überhaupt ein persönlicher Kontakt bestehen würde, wird nicht im Geringsten belegt. Auch ging sie den Sohn in all diesen Jahren nie in Somalia besuchen. Ihrem Argument, sie habe aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht die Möglichkeit gehabt, den Sohn besuchen zu gehen, kann nicht gefolgt werden. Einerseits hat sich gemäss Akten die finanzielle Situation erst ab Ende Jahr 2019 zugespitzt. Andererseits ist dem Kontoauszug des Kontos von C.___ vom März 2023 zu entnehmen, dass am 22. März 2023 zwei Flüge mit Saudiairlines gebucht wurden, die je CHF 1'056.90 kosteten (AS 71). Zu diesen beiden Buchungen hat sich die Beschwerdeführerin nicht geäussert. Zu behaupten, sie habe ihren Sohn wegen des fehlenden Geldes nicht besuchen können, ist somit nicht zu folgen. Fraglich ist, ob sich der Sohn überhaupt an die Mutter erinnern kann und ob die Familie in der Schweiz für ihn nicht geradezu fremd ist. Zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung, sprich als der Beschwerdeführer 10-jährig war, hat der Sohn mehr Jahre seines Lebens ohne seine Kindsmutter verbracht, als mit ihr. Der Beschwerdeführer soll nun aus seinem Umfeld gerissen werden, um in einer Familie zu leben, die er kaum kennt, in einem fremden Land, dessen Sprache er nicht spricht und mit einer Kultur, die er nicht kennt. Die im vorliegenden Fall zu erwartenden Integrationsschwierigkeiten des Sohnes laufen dem Kindeswohl entgegen. Eine Übersiedlung in die Schweiz ist unter dem Aspekt des Kindeswohls weder angezeigt noch erforderlich.

 

4.4 Das Bundesgericht geht davon aus, dass eine Familie, die freiwillig jahrelang getrennt gelebt hat, dadurch ihr beschränktes Interesse an einem ortsgebundenen (gemeinsamen) Familienleben zum Ausdruck bringt; in einer Situation, in der die familiären Beziehungen während Jahren über die Grenzen hinweg besuchsweise und über die verschiedenen Kommunikationsmittel gelebt worden sind, überwiegt regelmässig das der ratio legis von Art. 47 Abs. 4 AIG zugrunde liegende Interesse an der Einwanderungsbeschränkung, solange nicht objektive, nachvollziehbare Gründe, welche von den Betroffenen zu bezeichnen und zu rechtfertigen sind, etwas anderes nahelegen (Urteil des Bundesgerichts 2C_238/2023 vom 8. Dezember 2023 E. 3; 2C_493/2020 vom 22. Februar 2021 E. 2.5.3 f. mit Hinweis auf die Urteile 2C_1011/2019 vom 21. April 2020 E. 3.3.5; 2C_481/2018 vom 11. Juli 2019 E. 6.1 und 6.2; 2C_889/2018 vom 24. Mai 2019 E. 3.1; 2C_323/2018 vom 11. September 2018 E. 8.2.2). Wie ausgeführt, ist fraglich, ob seitens der Kindsmutter zum Sohn überhaupt eine Beziehung besteht. Die Beschwerdeführerin hat ihren vierjährigen Sohn in Somalia zurückgelassen und damit akzeptiert, die entsprechende familiäre Beziehung über die üblichen Kommunikationsmittel sowie besuchsweise und damit eingeschränkt wahrnehmen zu können. Aufgrund fehlender Belege ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer keinerlei Bezug zur Familie in der Schweiz aufweist. Wie erwähnt, ist für den Nachzug eines Kindes in die Schweiz regelmässig erforderlich, dass die Beziehung zum Kind intakt und bereits bisher sachgerecht gelebt worden ist. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, die für eine gelebte Beziehung zwischen Kindsmutter und Sohn sprechen. Auch wird grundsätzlich verlangt, dass die Betreuung des Kindes in der Schweiz als sichergestellt gelten kann. Die Beschwerdeführerin liefert keine Anhaltspunkte, die darauf hindeuten, dass die Betreuung des Sohnes in der Schweiz gewährleistet sein würde. Einerseits handelt es sich beim nachzuziehenden Kind um den vorehelichen Sohn, für welchen ihr Ehemann aufkommen müsste. Mit dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wurde ein Urteil vom 11. November 2022 (Urkunde Nr. 10) betreffend die Regelung der elterlichen Sorge und Kinderunterhalt zwischen einer Frau und C.___, beide Eltern zweier Kinder, geb. 2020 und 2022, eingereicht. Darin wird C.___ verpflichtet, für beide seiner ausserehelichen Kinder einen Unterhalt von je CHF 550.00 monatlich zu bezahlen. Die Obhut dieser Kinder liegt bei der Mutter. Bezüglich Besuchsrecht des Vaters wurde das Gerichtsübliche vereinbart. Damit ist in Frage gestellt, inwiefern der Ehemann die Betreuung und Finanzierung des vorehelichen Sohnes seiner Ehefrau wahrnehmen wird, wenn er zusätzlich zum gemeinsamen Kind, welches im Jahr 2021 geboren wurde, noch zwei weitere aussereheliche Kinder zu unterstützen hat. Andererseits ergibt sich aus den Akten nicht, dass sich die schwierige finanzielle Situation der Familie massgeblich verbessert haben sollte. Im Gegenteil dürfte sich die wirtschaftliche Situation mit einem weiteren Kind noch mehr zuspitzen.

 

4.5 Dem Registerauszug des Betreibungsamtes [...] vom 28. Juni 2023 ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin mit sechs Verlustscheinen in Höhe von CHF 4'632.11 und mit zwei Pfändungen in Höhe von CHF 640.05 verzeichnet ist (AS 50 f.). Ihr Ehemann ist gemäss Registerauszug des Betreibungsamtes [...] vom 28. Juni 2023 mit 35 Verlustscheinen in Höhe von CHF 39'060.35, drei Betreibungen in Höhe von CHF 9'417.00 und 11 Pfändungen in Höhe von CHF 12'270.75 verzeichnet (AS 44 ff.). Die Sozialregion [...] teilte auf Anfrage des MISA am 13. Juli 2023 mit, dass die Beschwerdeführerin vom 1. Februar 2022 bis am 31. März 2023 mit Sozialhilfe ergänzend habe unterstützt werden müssen. Die Sozialhilfeschuld ihrer Familie beläuft sich auf CHF 49'095.45 (AS 60). Ab dem 1. Februar 2023 erhielt die Familie Anspruch auf monatliche Familienergänzungsleistungen in Höhe von CHF 1'308.00 (vgl. Verfügung des Amts für Gesellschaft und Soziales [AGS] vom 6. April 2023; AS 138 ff.). Der Berechnung des Existenzminimums der Amtschreiberei [...] vom 20. Juni 2023 zufolge, besteht eine Lohnpfändung beim Ehemann von CHF 766.00 (AS 159). Auch wenn die Belege bzw. Auszüge inzwischen fast ein Jahr alt sind, hat sich die wirtschaftliche Lage der Familie nicht erheblich verbessert. Den Unterlagen zum Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist zu entnehmen, dass der Lohn des Ehemannes spätestens bis im Januar 2024 gepfändet wurde. Die Beschwerdeführerin geht im Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege davon aus, dass der Ehemann durchschnittlich rund CHF 3'000.00 verdient, sie durchschnittlich CHF 1'000.00. Die Auslagen von ihr und ihrem Ehemann beziffert sie auf insgesamt CHF 3'825.00. Damit legt die Beschwerdeführerin nicht dar, wie sie die zusätzlichen Kosten eines weiteren, 13-jährigen, Kindes stemmen könnte. Damit bleibt fraglich, ob die Betreuungssituation in der Schweiz gewährleistet wäre. Im Gegenteil ist die Beschwerdeführerin offenbar in der Lage, für den Sohn in Nairobi eine Privatschule zu bezahlen. Es muss angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der viel tieferen Lebenshaltungskosten im Heimatland eine geeignete Betreuungssituation für den Sohn bezahlen kann, wie sie dies bereits nach dem Tod der Grossmutter getan hat.

 

4.6 Zu guter Letzt ist die von der Beschwerdeführerin beantragte Parteibefragung abzuweisen. Es ist nicht ersichtlich, was von einer Parteibefragung zu erwarten wäre. Die Beschwerdeführerin hatte etliche Gelegenheiten, Tatsachen, die sie besser kennt als die Behörden, beispielsweise die angeblich intakte persönliche Beziehung zu ihrem Sohn, darzulegen, was sie nicht tat. Ein Rechtsmittelverfahren dient nicht dazu, verletzte Mitwirkungspflichten nachzuholen.

 

5.1 Zusammenfassend und unter Berücksichtigung aller Elemente ergibt sich, dass keine wichtigen Gründe vorliegen, um den Familiennachzug zugunsten des Beschwerdeführers ausserhalb der gesetzlichen Fristen zu gestatten. Die Verweigerung des nachträglichen Familiennachzugs erweist sich als verhältnismässig und rechtens. Sie hält auch vor Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 BV stand: Den Fristen in Art. 47 AIG kommt (auch) die Funktion zu, den Zuzug von ausländischen Personen zu steuern. Hierbei handelt es sich praxisgemäss um ein legitimes staatliches Interesse, um im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK das Recht auf Familienleben beschränken zu können (BGE 137 I 284 E. 2.1, Urteile des BGer 2C_147/2015 vom 22. März 2016 E. 2.4.1, 2C_132/2016 vom 7. Juli 2016 2.2.1 und 2C_914/2014 vom 18. Mai 2015 E. 4.1).

 

5.2 Das öffentliche Interesse daran, den Nachzug bei fehlenden wichtigen Gründen nach Art. 47 AIG restriktiv zu handhaben, ist grösser zu gewichten als die privaten Interessen der Beschwerdeführerin am (nachträglichen) Familiennachzug. Die Verweigerung des Familiennachzugs bedeutet auch nicht, dass die Beziehung und der persönliche Kontakt zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn verhindert wird. Der Kontakt kann vielmehr mittels moderner Kommunikationsmittel (Audio- und Videogespräche, Mailkorrespondenz etc.) sichergestellt werden.

 

5.3 Bei diesem Ergebnis (Fehlen wichtiger Gründe im Sinne von Art. 47 Abs. 4 AIG) kann offenbleiben, wie es sich mit den weiteren (kumulativen) Voraussetzungen für den Familiennachzug verhält, wobei fraglich ist, ob insbesondere die Voraussetzungen der genügend finanziellen Mittel (nicht auf Sozialhilfe angewiesen) als auch der bedarfsgerechten Wohnung gegeben sind.

 

6. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet; sie ist abzuweisen.

 

7.1 Die Beschwerdeführer haben die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege beantragt. Über das Gesuch wurde noch nicht entschieden. Das Verfahren erweist sich nicht als aussichtslos. Zudem verfügen die Beschwerdeführer erwiesenermassen nicht über die erforderlichen Mittel, das Verfahren bezahlen zu können. Sogar wenn der Lohn des Ehemannes nicht mehr gepfändet würde, würden die Einkommen die Auslagen der Familie (inkl. dem zivilprozessualen Zuschlag von 20 % auf dem Grundbetrag) nicht decken. Die unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung von Rechtsanwältin Stephanie Selig ist zu gewähren.

 

7.2 Die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 werden dem vorliegenden Verfahrensausgang entsprechend den Beschwerdeführern auferlegt, sind aber zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege durch den Kanton Solothurn zu übernehmen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während zehn Jahren, sobald die Beschwerdeführerin dazu in der Lage ist (§ 76 Abs. 4 VRG i.V.m. Art. 123 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]).

 

7.3 Rechtsanwältin Stephanie Selig macht einen Aufwand von total 11.17 Stunden geltend. Der geltend gemachte Aufwand erscheint in Anbetracht des Umfangs der Beschwerde und der Akten angemessen. Eine Stunde ist bei unentgeltlicher Rechtspflege mit CHF 190.00 zu entschädigen (§ 160 Abs. 3 des Gebührentarifs [GT, BGS 615.11] i.V.m. Beschluss der Gerichtsverwaltungskommission betreffend Festlegung Stundenansätze nach § 156 und 160 GT vom 19. Dezember 2022). Dies führt inklusive Auslagen von CHF 91.00 und der Mehrwertsteuer von 8.1 % zu einer Entschädigung von CHF 2'392.60, zahlbar durch den Staat. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während zehn Jahren sowie der Nachforderungsanspruch der unentgeltlichen Rechtsbeiständin, Rechtsanwältin Stephanie Selig, im Umfang von CHF 707.70 (Differenz zu vollem Honorar von CHF 250.00 bzw. CHF 300.00/Std.), zzgl. MwSt., sobald die Beschwerdeführerin zur Nachzahlung in der Lage ist (vgl. Art. 123 ZPO).

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung von Rechtsanwältin Stephanie Selig als unentgeltliche Rechtsbeiständin wird gutgeheissen.

3.    A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 zu bezahlen. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege trägt der Kanton Solothurn diese Kosten. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während zehn Jahren, sobald A.___ zur Rückzahlung in der Lage ist (vgl. Art. 123 ZPO).

4.    Der Kanton Solothurn hat der unentgeltlichen Rechtsbeiständin, Rechtsanwältin Stephanie Selig, zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege eine Entschädigung von CHF 2'392.60 (inkl. Auslagen und MwSt.) auszurichten. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während zehn Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch der unentgeltlichen Rechtsbeiständin, Stephanie Selig, im Umfang von CHF 707.30 (Differenz zu vollem Honorar von CHF 250.00 bzw. CHF 300.00/Std.), zzgl. MwSt., sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (vgl. Art. 123 ZPO).

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Thomann                                                                          Hasler



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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