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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2023.70)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2023.70: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat in einem Fall entschieden, dass ein Beschwerdeführer, dem der Führerausweis entzogen wurde, eine Sperrfrist von fünf Jahren erhält, weil er trotz Entzugs ein Motorfahrzeug geführt hat. Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde gegen diese Entscheidung, die jedoch abgewiesen wurde. Er muss die Gerichtskosten von CHF 800.00 tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2023.70

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2023.70
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2023.70 vom 02.08.2023 (SO)
Datum:02.08.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Sperrfrist; Motorfahrzeug; Widerhandlung; Führerausweis; Verwaltungsgericht; Verfügung; Geschwindigkeit; Fahrzeug; Strasse; Beschwerde; Höchstgeschwindigkeit; Entscheid; Strassenverkehr; Fahrzeuge; Ausweis; E-Scooter; Unterkategorie; Kategorie; Motorfahrräder; Kleinmotorrad; Polizei; Entzugs; Person; Mindestentzugsdauer; Beschwerdeführers; Motorleistung
Rechtsnorm: Art. 16c SVG ;Art. 16d SVG ;Art. 18 VTS ;Art. 23 SVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2023.70

 
Geschäftsnummer: VWBES.2023.70
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 02.08.2023 
FindInfo-Nummer: O_VW.2023.166
Titel: Sperrfrist

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 2. August 2023    

Es wirken mit:

Präsident Thomann

Oberrichterin Hunkeler

Oberrichter von Felten

Gerichtsschreiberin Ramseier  

 

In Sachen

A.___   

Beschwerdeführer

 

 

 

gegen

 

 

 

Bau- und Justizdepartement,     vertreten durch Motorfahrzeugkontrolle,    

 

Beschwerdegegner

 

 

 

betreffend     Sperrfrist


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Mit Verfügung vom 15. Februar 2023 ordnete die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn (MFK) namens des Bau- und Justizdepartementes (BJD) gegen A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer) eine Sperrfrist für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet ab 15. November 2022 bis 14. November 2027, an. Die Wiederzulassung könne auf Gesuch hin erfolgen, wenn die Sperrfrist abgelaufen sei und ein positives verkehrspsychologisches und verkehrsmedizinisches Gutachten vorgewiesen sowie eine neue praktische Führerprüfung bestanden worden sei.

 

Begründet wurde die Verfügung damit, der Beschwerdeführer habe am 15. November 2022 trotz Sicherungsentzugs ein Motorfahrzeug (Elektro-Scooter) geführt. Eine Ge­schwindigkeitsmessung der Polizei habe ergeben, dass mit dem E-Scooter eine Geschwindigkeit von 45 km/h erreicht werden könne. Somit wäre der Besitz eines Füh­rerausweises der Unterkategorie A1 notwendig gewesen. Dem Beschwerdeführer sei der Führerausweis bereits mit Verfügung vom 16. Mai 2018 wegen mangelnder Fahr­eignung infolge Drogen- und Medikamentenmissbrauchs und aus charakterlichen Gründen auf unbestimmte Zeit entzogen worden. Gleichzeitig sei eine Sperrfrist für 24 Monate angeordnet worden. Indem der Beschwerdeführer nun ein Motorfahrzeug trotz Entzugs des Führerausweises geführt habe, habe er eine schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften begangen. Habe die betroffene Person trotz Entzugs nach Art. 16d SVG ein Motorfahrzeug geführt, werde eine Sperrfrist verfügt. Diese entspreche der für die Widerhandlung vorgesehenen Mindestentzugsdauer, d.h. vorliegend fünf Jahren.

 

2. Gegen diese Verfügung erhob A.___ am 23. Februar 2023 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem sinngemässen Antrag auf deren Aufhebung. Er könne den Entscheid so nicht akzeptieren, weil sein Job gefährdet sei, wenn er noch länger auf seine Autoprüfung warten müsse (die unterzeichnete Beschwerde ging fristgerecht am 8. März 2023 ein, vgl. Verfügung vom 27. Februar 2023).

 

3. Mit Vernehmlassung vom 30. März 2023 beantragte die MFK namens des BJD die Abweisung der Beschwerde. Auf diese Vernehmlassung ging keine weitere Stellungnahme des Beschwerdeführers ein.

 

4. Für die Standpunkte der Parteien wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

2. Gemäss Strafanzeige vom 5. Dezember 2023 fiel der Polizei am 15. November 2022 während einer Patrouillentätigkeit ein E-Scooter auf, welcher aufgrund der Bauart in Verbindung mit seiner Fahrgeschwindigkeit mutmasslich so nicht für den Strassenverkehr zugelassen sein durfte. Der Lenker (der Beschwerdeführer) und das Fahrzeug wurden in der Folge kontrolliert. Dabei erhärtete sich der Verdacht, dass der E-Scooter nicht den Richtlinien für «nicht eingelöste Fahrzeuge» entsprach, insbesondere deshalb, weil bei der Fahrzeugerprobung festgestellt wurde, dass die Geschwindigkeit auf der Strasse mindestens 40 km/h überstieg. Eine anschliessend erfolgte Geschwindigkeitsmessung auf der Geschwindigkeitsprüfrolle «E-Speed Control» ergab eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h. Die genaue Motorleistung liess sich aufgrund der fehlenden technischen Angaben nicht genau ermitteln, gemäss Polizei lag sie aufgrund des starken Drehmoments und der Geschwindigkeit indessen garantiert über 500 Watt. Mit einer Leistung von über 500 Watt und einer Geschwindigkeit von 45 km/h entspreche dies der Kategorie eines Motorrads bzw. Kleinmotorrads, bei welchem ein entsprechender Führerausweis, eine Versicherung, ein Kontrollschild wie auch die Helmtragpflicht vorgeschrieben seien.

 

3.1 Nach Art. 14 der Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS, SR 741.41) sind «Motorräder» einspurige Motorfahrzeuge mit zwei Rädern, mit ohne Seitenwagen, die nicht Motorfahrräder nach Art. 18 VTS sind. «Motorfahrräder» sind einplätzige, einspurige Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von höchstens 30 km/h, einer Motorleistung von insgesamt höchstens 1,0 kW und einem Verbrennungsmotor mit einem Hubraum von höchstens 50 cm3, elektrischem Antrieb sowie einer allfälligen Tretunterstützung, die bis höchstens 45 km/h wirkt (Art. 18 lit. a VTS). «Leicht-Motorfahrräder» sind Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb, einer Motorleistung von insgesamt höchsten 0,5 kW, einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von höchstens 20 km/h und einer allfälligen Tretunterstützung, die bis höchstens 25 km/h wirkt, und die höchstens zweiplätzig sind (Art. 18 lit. b. Ziff. 1 VTS).

 

In letzter Zeit sind verschiedene Arten von elektrisch angetriebenen Kleinfahrzeugen auf den Markt gekommen, oft als «Trendfahrzeuge» bezeichnet. Die VTS kennt keine Fahrzeugart «Trendfahrzeug». Von den Trendfahrzeugen sind einzig die Elektro-Stehroller und die Elektro-Rikschas gesetzlich geregelt (Art. 18 lit. d und Art. 14 lit. b Ziff. 3 VTS). Wie das langsame E-Bike ist der Elektro-Scooter grundsätzlich ein Beispiel für ein «Leicht-Motorfahrrad». Erreichen langsame E-Bikes durch «Frisieren» aber eine höhere bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit als 20 km/h, werden sie bis 30 km/h zum Motorfahrrad, bis 45 km/h zum Kleinmotorrad und darüber zum Motorrad (Jürg Boll, Handkommentar Strassenverkehrsrecht, 2022, Art. 8 N 94 ff., 112 ff.; vgl. auch den Hinweis im Handkommentar auf das Grundsatzurteil des Bundesgerichts «Pocket-Bike», N 145 ff.). Der E-Scooter des Beschwerdeführers erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h und wird dadurch zum Kleinmotorrad. Dafür ist ein Ausweis der Unterkategorie A1 erforderlich (Art. 3 Abs. 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr, Verkehrszulassungsverordnung, VZV, SR 741.51; vgl. auch tabellarische Übersicht im Handkommentar Boll, Art. 8 N 163). Über einen derartigen Führerausweis verfügte der Beschwerdeführer nicht, nachdem ihm der Führer-ausweis mit Verfügung vom 16. Mai 2018 für alle Kategorien, Unterkategorien und Spezialkategorien (inklusive Motorfahrräder und landwirtschaftliche Motorfahrzeuge) auf unbestimmte Zeit entzogen worden war. 

 

3.2 Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 3. Januar 2023 u.a. wegen Führens eines Motorfahrzeugs ohne erforderlichen Führerausweis schuldig gesprochen. Er habe am 15. November 2022 ein Kleinmotorrad gelenkt, obwohl er bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit hätte wissen können, dass er für das Lenken eines Trendfahrzeugs mit einer Geschwindigkeit von über 30 km/h (gemessene Höchstgeschwindigkeit 45 km/h) einen Führerausweis der Kategorie A1 benötige, über welchen er nicht verfüge.

 

4. Gemäss Art. 16c Abs. 1 lit. f des Strassenverkehrsgesetzes (SVG, SR 741.01) begeht eine schwere Widerhandlung, wer ein Motorfahrzeug trotz Ausweisentzug führt. Der Beschwerdeführer hat folglich eine schwere Widerhandlung begangen.

 

Hat die betroffene Person trotz eines Entzugs nach Artikel 16d ein Motorfahrzeug geführt, so wird eine Sperrfrist verfügt; diese entspricht der für die Widerhandlung vorgesehenen Mindestentzugsdauer (Art. 16c Abs. 4 SVG). Nach Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG ist der Führerausweis nach einer schweren Widerhandlung für immer zu entziehen, wenn in den vorangegangenen fünf Jahren der Ausweis nach Buchstabe d Art. 16b Abs. 2 lit. e entzogen war. Nach Buchstabe d wird der Führerausweis auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre, entzogen, wenn in den vorangegangenen zehn Jahren der Ausweis zweimal wegen schweren Widerhandlungen dreimal wegen mindestens mittelschweren Widerhandlungen entzogen war.

 

Dem Beschwerdeführer war wie erwähnt mit Verfügung vom 16. Mai 2018 der Führer­ausweis für alle Kategorien, Unterkategorien und Spezialkategorien (inklusive Motorfahr­räder und landwirtschaftliche Motorfahrzeuge) auf unbestimmte Zeit entzogen worden, dies gestützt auf Art. 16d lit. b SVG. Gleichzeitig war eine Sperrfrist von zwei Jahren, gerechnet ab 11. Mai 2017 bis 10. Mai 2019, angeordnet worden, weil in den letzten zehn Jahren der Ausweis wegen schweren Widerhandlungen zweimal entzogen worden war (Art. 16d Abs. 2 i.V.m Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG). Dies hat zur Folge, dass erneut eine Sperrfrist zu verfügen ist. Diese entspricht wie erwähnt der für die Widerhandlung vorgesehenen Mindestentzugsdauer, d.h. vorliegend für immer (Art. 16c Abs.4 und Abs. 2 lit. e SVG). Der für immer entzogene Führerausweis kann indessen nach Art. 17 Abs. 4 SVG (erster Satz) unter den Bedingungen des Art. 23 Abs. 3 SVG wiedererteilt werden, d.h. nach fünf Jahren. Die Sperrfrist wurde folglich zu Recht auf fünf Jahre festgesetzt. Die Sperrfrist beginnt mit der Widerhandlung zu laufen, somit am 15. November 2022 und dauert bis 14. November 2027.

 

In der angefochtenen Verfügung wurde die erneute Zulassung als Motorfahrzeuglenker nach Ablauf der Sperrfrist von einem positiv lautenden verkehrspsychologischen und verkehrsmedizinischen Gutachten sowie dem Bestehen einer neuen praktischen Prüfung abhängig gemacht. Dies ist nicht zu beanstanden und der Beschwerdeführer macht diesbezüglich in seiner Beschwerde auch nichts geltend.

 

5. Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet, sie ist abzuweisen.

 

6. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 800.00 festzusetzen sind. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet. Eine Entschädigung kann zufolge Unterliegens nicht zugesprochen werden.

 

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 800.00 zu bezahlen.

3.    Eine Entschädigung wird nicht zugesprochen.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Thomann                                                                          Ramseier

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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