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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2023.7)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2023.7: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht über das Kind C.___ der Kindsmutter entzogen wird und C.___ in einer Wohngruppe platziert wird. Die Kindsmutter hat Beschwerde gegen diesen Entscheid eingereicht, jedoch wurde die Beschwerde abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht belaufen sich auf CHF 1'000.00, die von der Kindsmutter zu tragen sind. Der Anwalt Fürsprecher Beat Marfurt erhält eine Entschädigung von CHF 2'128.00.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2023.7

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2023.7
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2023.7 vom 28.03.2023 (SO)
Datum:28.03.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Kindsmutter; Institution; Kindes; Aufenthalt; Platzierung; Entscheid; Aufenthaltsbestimmungsrecht; Solothurn; Auftrag; Massnahme; Region; Kindesschutzbehörde; Entzug; Eltern; Sicht; Hause; Verwaltungsgericht; Vorinstanz; Recht; Aufenthaltsbestimmungsrechts; Fürsprecher; Mutter; Marfurt; Auftraggeberin; Beiständin; Kinder
Rechtsnorm: Art. 123 ZPO ;Art. 307 ZGB ;Art. 310 ZGB ;Art. 313 ZGB ;Art. 426 ZGB ;Art. 450 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2023.7

 
Geschäftsnummer: VWBES.2023.7
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 28.03.2023 
FindInfo-Nummer: O_VW.2023.73
Titel: Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts / Platzierung

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

 

Urteil vom 28. März 2023         

Es wirken mit:

Vizepräsident Müller

Oberrichter Thomann

Oberrichter Frey    

Gerichtsschreiberin Trutmann

In Sachen

A.___, vertreten durch Fürsprecher Beat Marfurt

 

Beschwerdeführerin

 

 

gegen

 

 

1.    KESB Region Solothurn

 

2.    B.___   

 

Beschwerdegegner

 

 

betreffend     Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts / Platzierung


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Aufgrund einer Gefährdungsmeldung der Schulleitung der Primarschule [...] und nach den entsprechenden Abklärungen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Region Solothurn wurde für C.___ (geboren [...]) per 14. Juni 2020 eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 des Zivilgesetzbuchs (ZGB, SR 210) errichtet (vgl. Entscheid der KESB Region Solothurn vom 14. Mai 2020). Die Eltern von C.___ und seiner Schwester leben seit der Geburt der Kinder getrennt. C.___ steht unter der alleinigen elterlichen Sorge und Obhut der Kindsmutter.

 

2. Am […] 2022 wurde C.___ mit Einverständnis der Kindsmutter notfallmässig im [...], Wohngruppe [...], [...], stationär untergebracht.

 

3. Ein von der Beistandsperson am […] 2022 beantragter Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts wies die KESB Region Solothurn mit Entscheid vom 25. Mai 2022 ab. Gleichzeitig wurde die für C.___ bestehende Beistandschaft der veränderten Wohnsituation angepasst.

 

4. Mit Schreiben vom 21. November 2022 ersuchte das [...] die Kindesschutzbehörde um einen klärenden Entscheid betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Kindsmutter. C.___ sei als Notfallplatzierung eingetreten. Aus Sicht [...] sei ein klarer Entscheid der KESB mit einer Begründung, die zur Platzierung geführt habe, wichtig für den weiteren Verlauf und den daraus resultierenden Auftrag an die Institution. Aktuell fühle sich die Kindsmutter in der Rolle der Auftraggeberin, was aus juristischer Sicht zwar zutreffe. Dies bedeute aber, dass sie den Auftrag der Platzierung jederzeit entziehen könne und auch bestimme, wann und in welchem «Modus» C.___ in der Institution sei, und an welchen Themen die Institution zu arbeiten habe.

 

5. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs und der Anhörung von C.___ fällte die KESB Region Solothurn am 16. Dezember 2022, soweit vorliegend von Bedeutung, folgenden Entscheid:

 

3.       […]

3.1     Der Kindsmutter wird gestützt auf Art. 310 Abs. 1 ZGB mit sofortiger Wirkung das Aufenthaltsbestimmungsrecht über C.___ entzogen.

3.2 C.___ wird gestützt auf Art. 314b i.V.m. Art. 426 ff. ZGB mit sofortiger Wirkung im [...], Wohngruppe [...], [...], [...], platziert.

3.3 [Beistandsbericht]

3.4 [Kostenfolgen]

3.5 Einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Entscheid wird die aufschiebende Wirkung entzogen, soweit diese nicht bereits von Gesetzes wegen entzogen ist.

3.6 Es werden keine Gebühren erhoben.

 

6. Dagegen setzt sich die Kindsmutter (nachfolgend: Beschwerdeführerin), vertreten durch Fürsprecher Beat Marfurt, mit Beschwerde vom 29. Dezember 2022 zur Wehr. Sie lässt folgende Begehren stellen:

 

1.    Der Entscheid vom 16. Dezember 2022 sei aufzuheben.

2.    Eventualiter sei das Verfahren zur weiteren Sachverhaltsabklärung an die KESB Region Solothurn zurückzuweisen.

3.    Es sei der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

7. Mit verfahrensleitender Verfügung vom 3. Januar 2023 wurde der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung des unentgeltlichen Rechtsbeistands, Fürsprecher Beat Marfurt, bewilligt.

 

8. In ihrer Vernehmlassung vom 24. Januar 2023 schloss die KESB Region Solothurn auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde.

 

9. Innert erstreckter Frist liess sich auch die beschwerdeführende Kindsmutter nochmals vernehmen. Der Kindsvater äusserte sich nicht vor Verwaltungsgericht.

 

10. Für den Parteistandpunkt und die Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. Art. 450 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 130 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum ZGB [EG ZGB, BGS 211.1]). A.___ ist als sorge- und obhutsberechtigte Kindsmutter durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf ihre Beschwerde ist einzutreten.

 

2. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur noch der formelle Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts über C.___. Der […] ist aufgrund einer Einverständniserklärung der Beschwerdeführerin bereits seit dem [...] 2022 von der KESB Region Solothurn im [...] platziert.

 

3.1 Nach Art. 307 Abs. 1 ZGB hat die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes zu treffen, wenn dessen Wohl gefährdet ist und die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe sorgen dazu ausserstande sind. Bei der Anordnung solcher Massnahmen ist stets der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten. Behördliche Massnahmen dürfen nur erfolgen, wo die Eltern die ihnen obliegenden Pflichten nicht nicht ausreichend wahrnehmen (Subsidiarität). Sie sollen – wenn immer möglich – allfällige elterliche Defizite kompensieren und nicht anstelle elterlicher Bemühungen treten (Komplementarität). Die anvisierte Massnahme muss geeignet, also tauglich zur Behebung Eindämmung der festgestellten Kindeswohlgefährdung, und zumutbar sein. Sie muss dem Grad der Bedrohung für das Kindeswohl entsprechen sowie den erstrebten Nutzen und die möglichen Nachteile vernünftig abwägen (Proportionalität). Auch die Dauer einer Massnahme unterliegt dem Proportionalitätsprinzip (vgl. Linus Cantieni / Stefan Blum in: Christiana Fountoulakis et al. [Hrsg.], Fachhandbuch Kindes- und Erwachsenenschutz, Zürich / Basel / Genf 2016, N 15.22 ff.).

 

3.2 Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, so hat die Kindesschutzbehörde es den Eltern oder, wenn es sich bei Dritten befindet, diesen wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen (Art. 310 Abs. 1 ZGB). Diese Kindesschutzmassnahme hat zur Folge, dass das Recht, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen, den Eltern bzw. einem Elternteil entzogen und der Kindesschutzbehörde übertragen wird, die nunmehr für die Betreuung des Kindes verantwortlich ist (Urteil des Bundesgerichts 5A_403/2018 vom 23. Oktober 2018 E. 5.3 mit Hinweis). Die Gefährdung des Kindes, die Anlass zum Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts gibt, muss darin liegen, dass das Kind im Umfeld der Eltern bzw. des Elternteils nicht so geschützt und gefördert wird, wie es für seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung nötig wäre (Urteile des Bundesgerichts 5A_968/2020 vom 3. März 2021 E. 3.1 mit Verweis auf 5A_403/2018 vom 23. Oktober 2018 E. 5.3; 5A_875/2013 vom 10. April 2014 E. 3.1; 5A_729/2013 vom 11. Dezember 2013 E. 4.1). Unerheblich ist, auf welche Ursachen die Gefährdung zurückzuführen ist: Sie können in den Anlagen einem Fehlverhalten des Kindes, der Eltern der weiteren Umgebung liegen. Desgleichen spielt keine Rolle, ob die Eltern ein Verschulden an der Gefährdung trifft. Massgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entziehung. An die Würdigung der Umstände ist ein strenger Massstab zu legen. Die Entziehung ist nur zulässig, wenn andere Massnahmen ohne Erfolg geblieben sind von vorneherein als ungenügend erscheinen (Urteile des Bundesgerichts 5A_968/2020 vom 3. März 2021 E. 3.1 mit Verweis auf 5A_403/2018 vom 23. Oktober 2018 E. 5.3; 5A_401/2015 vom 7. September 2015; 5A_238/2010 vom 11. Juni 2010 E. 4, in: FamPra.ch 2010 S. 715).

 

3.3 Verändern sich die Verhältnisse, so sind die Massnahmen zum Schutz des Kindes der neuen Lage anzupassen (Art. 313 Abs. 1 ZGB).

 

4.1 Die Vorinstanz erwog zusammenfassend, C.___ halte sich bereits seit [...] 2022 auf der [...], des [...] auf. Bislang sei dies in seinem und dem Einverständnis der sorgeberechtigten Kindsmutter erfolgt. Anlässlich der telefonischen Anhörungen vom 23. und 24. November 2022 sowie in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 27. November 2022 habe die Kindsmutter bestätigt, dass sie nicht beabsichtige, zum aktuellen Zeitpunkt wieder zu sich nach Hause zu nehmen. Auch sei der Kindsmutter dahingehend zuzustimmen, dass sie sich den nötigen Unterstützungsmassnahmen bis anhin nicht widersetzt habe. Der Verlauf der letzten Wochen, die Rückmeldungen des [...] sowie die unzähligen E-Mail-Nachrichten an das Helfersystem zeigten aber deutlich, dass es der Kindsmutter als Auftraggeberin für die derzeit freiwillige Unterbringung von C.___ an der nötigen Konstanz, Verlässlichkeit in der Zusammenarbeit und psychischen Stabilität fehle. Die Kindsmutter zeige eine grosse Ambivalenz. Sie hätte ihren Sohn gerne bei sich zu Hause, gleichzeitig sehe sie aber, dass dies in Kürze wieder zu einer Überforderung führen würde. Zum anderen aber auch in der Zusammenarbeit mit den Fachleuten der Institutionen, indem sie phasenweise und grundsätzlich mit dem [...] als Institution für ihren Sohn einverstanden sei, andererseits jedoch immer wieder mit teils unrealistischen Forderungen an die Institution gelange und kaum zu erfüllende Bedingungen stelle. Dass die Rolle der Auftraggeberin gegenüber der Institution für die Kindsmutter eine Überforderung darstelle, zeige sich auch daran, dass sie in ihrer Stellungnahme vom 27. November 2022 schreibe, sie fühle sich nicht als Auftraggeberin und warte auf einen behördlichen Auftrag für die Unterbringung von C.___. Für die KESB Region Solothurn stehe mit Blick auf die Rückmeldungen zum Verlauf der Unterbringung von C.___ und nach dem persönlichen Gespräch mit C.___ sowie den telefonischen Gesprächen mit der Kindsmutter fest, dass es zur Sicherstellung der weiteren Unterbringung von C.___ und für die Wirksamkeit dieser Unterstützungsmassnahme Klarheit für alle Beteiligten brauche: Klarheit, wer aus welchen Gründen entscheide, dass sich C.___ derzeit im [...] aufzuhalten habe, das heisse, wer gegenüber der Institution als Auftraggeberin auftrete, Klarheit wer entscheide, wann C.___ wieder nach Hause könne und welche Voraussetzungen dafür gegeben sein müssten und schliesslich Klarheit darüber, über was die Kindesschutzbehörde entscheide und welche Entscheidungen weiterhin durch die Kindsmutter zu treffen seien. Um diese Klarheit zu schaffen, sei ein Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts über C.___ und eine behördliche Platzierung des […] auf der Wohngruppe [...] die geeignete und verhältnismässige Massnahme, weshalb diese mit sofortiger Wirkung anzuordnen sei. Zu betonen sei im Übrigen, dass für die KESB Region Solothurn weder in der Vergangenheit noch aktuell das Verhalten von C.___ der Grund für seinen Aufenthalt im [...] sei. Der primäre Grund für die Notwendigkeit dieser Massnahme sei aus Sicht der KESB Region Solothurn die derzeitige Instabilität der Kindsmutter, welche sich auf ihre Erziehungskompetenzen auswirke und was in Kombination mit der hoch anspruchsvollen Familienkonstellation zu einer Überforderung des Familiensystems geführt habe.

 

4.2 Die beschwerdeführende Kindsmutter wendet dagegen ein, sie bestreite, dass sie nicht die nötige Konstanz, Verlässlichkeit in der Zusammenarbeit und psychische Stabilität aufweise sowie überfordert sei. Richtig sei, dass sie im […] 2022 infolge der Ereignisse, die dazu geführt hätten, dass C.___ in der [...] platziert worden sei, überfordert und hilflos gewesen sei. In der Folge habe sich die Beschwerdeführerin aber die notwendige Unterstützung geholt. Zudem kooperiere sie mit der Beiständin, den Behörden, der Institution [...] und halte sich an Vereinbarungen, welche im Rahmen dieser Zusammenarbeit getroffen würden. Wie die Beschwerdeführerin bereits mehrfach dargelegt habe, verfolge sie nicht die Absicht, C.___ aus der Institution [...] zu nehmen. Die Beschwerdeführerin sei durchaus in der Lage, sich die notwendige Unterstützung zu organisieren und habe zwischenzeitlich auch wieder die Fähigkeit, für ihre Kinder adäquat zu sorgen. Allerdings sei sie nicht bereit, über Missstände [...] hinwegzusehen. C.___ habe bei ihr zu Hause nie Drogen konsumiert, erst in der Institution [...] habe er damit angefangen. Bei ihr komme […] auch nie zu spät nach Hause, was von seiner Wohngruppe etwa als Problem bezeichnet werde. Sie habe auf diese Probleme und auch auf die Tatsache, dass C.___ in der Institution anfänglich nicht einmal ein anständiges Bett gehabt habe, aufmerksam gemacht. Es lasse sich bei ihr der Eindruck nicht verwehren, dass dies von der Institution nicht geschätzt werde und ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen werden solle, um sie in Bezug auf solche Missstände zum Schweigen zu bringen. Die Beschwerdeführerin sei von der Vorinstanz nicht angehört worden und Abklärungen von Fachpersonen hätten nicht stattgefunden. Die Beschwerdeführerin sei in der Lage, die elterliche Sorge über C.___ korrekt auszuüben und sie sei bereit, dies im Rahmen einer Expertise über ihre Erziehungsfähigkeit zu beweisen. Wie dem angefochtenen Entscheid unter Ziff. 2.7 entnommen werden könne, sei im Mai 2022 bereits ein Antrag auf Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrecht und behördliche Platzierung von C.___ aus Gründen der Subsidiarität verzichtet worden.

 

4.3 Anlass zum vorinstanzlichen Verfahren gab ein Schreiben des [...] vom 21. November 2022. Darin wurde die Kindesschutzbehörde ersucht, einen klärenden Entscheid betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht über C.___ und den Auftrag an die Institution zu fällen. C.___ sei am [...] 2022 als Notfallplatzierung eingetreten. Aus Sicht des [...] sei ein klarer Entscheid der KESB für den weiteren Verlauf und den daraus resultierenden Auftrag an die Institution wichtig. Aktuell fühle sich die Kindsmutter in der Rolle der Auftraggeberin, was aus juristischer Sicht zwar zutreffe. Dies bedeute aber, dass die Kindsmutter den Auftrag der Platzierung jederzeit entziehen könne und auch bestimme, wann und in welchem «Modus» C.___ in der Institution sei und an welchen Themen die Institution zu arbeiten habe. C.___ spreche gut auf die Beziehungsangebote und haltgebenden Strukturen der Institution an und reagiere mit Transparenz und Verbindlichkeit darauf. Während den Herbstferien habe C.___ aber fast zwei Wochen bei seiner Mutter verbracht. Dies unter anderem weil er bei der [...] geschnuppert habe und der Arbeitsweg von der Kindsmutter aus kürzer gewesen sei. Er habe dann per Handschlag eine Lehrstelle erhalten, was sowohl von C.___ als auch von der Kindsmutter als grosser Erfolg gewertet worden sei. Entsprechend positiv sei von beiden die Zeit bei der Kindsmutter bewertet worden. Am 23. Oktober 2022 habe die Kindsmutter thematisiert, dass sie C.___ wieder nach Hause nehmen wolle, da es aktuell sehr gut laufe. Er könne von [...] aus in [...] zur Schule. In der Folge habe die Kindsmutter gewünscht, dass C.___ neben den Wochenenden auch zwei weitere Wochentage während der Schulzeit bei ihr verbringe. C.___ ziehe nun nach dem Training am Abend mit Kollegen umher und erscheine in der Regel nicht zur vereinbarten Zeit zu Hause. Es werde in seinem Umfeld auch von Schlägereien berichtet, in die C.___ verwickelt sei. Das [...] habe nach verschiedenen Telefongesprächen mit der Kindsmutter den Eindruck erhalten, dass der […] der Kindsmutter entgleite und von Seiten der Mutter Willkür in der Erziehungsrolle ausgeübt werde. Seit den Herbstferien zeige C.___ auch im [...] ein schwieriges Verhalten, was unter anderem auf die verkürzte Zeit zur Beziehungsgestaltung im [...] zurückzuführen sei. Auch äussere er, dass ihn die Strukturen in der Institution einengen würden. Im Sinne einer bestmöglichen Förderung des […] werde eine klärende Entscheidung zur Platzierung, insbesondere zum Aufenthaltsbestimmungsrecht und dem daraus resultierenden Auftrag an die Institution beantragt. Sollte das Aufenthaltsbestimmungsrecht weiterhin bei der Kindsmutter verbleiben, sei aus Sicht der Institution die Entwicklung von C.___ durch die erzieherische Überforderung und Willkür der Kindsmutter gefährdet.

 

4.4 Schon aus dem Bericht der Beiständin D.___ vom […] 2022 ist zu entnehmen, dass die Kindsmutter bereits mehrfach betont habe, am Ende ihrer Kräfte angelangt zu sein. Sie sei mit der Erziehung […] überfordert, die Kinder würden ihr auf der Nase herumtanzen. Auf Wunsch der Kindsmutter sei im Januar 2022 eine sozialpädagogische Familienbegleitung installiert worden. Mittlerweile habe sich die Situation aber dramatisch zugespitzt. Die Mutter erscheine innerlich zerrissen und könne sich für einen institutionellen Aufenthalt von C.___ aussprechen. Ihre Aussagen seien jedoch immer wieder stark von ihren Emotionen geprägt. Dies zeige sich unter anderem durch ihre ambivalente Haltung, als die Kinder vorletzte Woche beide in einer Institution untergekommen seien. Die Mutter sei sich zwar bewusst, dass das Verhältnis zu Hause so gestört sei, dass das Verbleiben von C.___ zu Hause unzumutbar geworden sei, ihr Mutterherz lasse sie aber immer wieder an der Vorgehensweise zweifeln. Zu den Risikofaktoren der bestehenden Beistandschaft gehöre unter anderem eine psychisch kranke Kindsmutter, deren Erziehungskompetenz geschwächt sei, sowie ein gestörtes Familiensystem und eine hoch anspruchsvolle Familienkonstellation. Ferner sei die Mutter mit Forderungen konfrontiert, die sie nicht erfüllen könne. Die Kindsmutter wolle, dass C.___ mittelfristig in der Wohngruppe wohnhaft bleibe. Aus Sicht der Beiständin sei die Kindsmutter aber nicht genügend stabil, um eine freiwillige Massnahme organisatorisch zu begleiten. Mit den anstehenden Aufgaben, die eine freiwillige Platzierung mit sich bringe, sei die Mutter aus Sicht der Beiständin überfordert, sie könne diese nicht stemmen. Die Kindsmutter sei mit der gesamten Situation überlastet. Es bestehe die Gefahr, dass sie C.___ wieder nach Hause nehmen wolle, was es dringend zu vermeiden gelte. Deshalb und aufgrund der bestehenden Risikofaktoren komme die Beiständin zum Ergebnis, dass C.___ zu platzieren sei. Gestützt auf den vorliegenden Bericht, aufgrund der emotionalen Ambivalenz der Kindsmutter und ihre Hilflosigkeit sowie Überforderung bei einer Platzierung werde der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Kindsmutter über C.___ beantragt.

 

4.5 Vorliegend bestand bereits vor der nicht strittigen Platzierung von C.___ im [...] 2022 in der Wohngruppe [...] ein grosses Helfernetz rund um die Beschwerdeführerin und ihre beiden minderjährigen Kinder: So wurden eine sozialpädagogische Familienbegleitung und eine Beistandschaft gemäss Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB installiert sowie die Psychiatrie-Spitex beauftragt, ferner gab es betreuende Psychologen, einen Schulcoach, sowie Beratungsangebote der Pro Infirmis und der Caritas. Selbst diese Massnahmen vermochten jedoch nicht genügend Schutz für C.___ und Unterstützung für die Kindsmutter zu bieten. Im Gegenteil spitzte sich die innerfamiliäre Situation immer weiter zu, bis hin zur Eskalation am [...] 2022. Gemäss Abklärungsbericht der sozialen Dienste mittlerer und unterer Leberberg vom 5. Februar 2020 leidet die Kindsmutter an einer Borderline-Störung und ist im Umgang mit […] regelmässig überfordert. Dass die Beschwerdeführerin auch nach der freiwilligen Platzierung von C.___ infolge ihrer Instabilität nicht in der Lage ist, dem Kindeswohl entsprechend zu handeln, zeigt sich zum einen am Bericht der Beiständin vom […] 2022 sowie [...] vom […] 2022. Demnach sei die Kindsmutter zwar aktuell Vertragspartnerin der aufnehmenden Institution. Das sei aber nicht ihre Absicht. Von einem eigenständigen und rechtzeitigen Handeln zum Schutze der Kinder könne in dieser hochkomplexen Familiensituation nicht ausgegangen werden. Ein behördliches Handeln sei dringend notwendig. Zum anderen aber auch an den zahlreichen dokumentierten Telefonanrufen, E-Mails und Schreiben der Beschwerdeführerin an die Kindesschutzbehörde. Nach mehreren Umzügen – unter anderem infolge von Konflikten mit Schulen – kontaktiert die Beschwerdeführerin die Vorinstanz seit dem Jahr 2021 in regelmässigen Abständen und erklärt, sie stehe unter enormem Druck und habe grosse Schwierigkeiten. Kurz nach der einvernehmlichen Platzierung von C.___ im [...] 2022 wandte sich das [...] an die Vorinstanz und teilte mit, die Zusammenarbeit mit der Kindsmutter gestalte sich schwierig. Sie kontaktiere die Einrichtung teilweise mehre Male täglich, sei sehr herausfordernd im Umgang und stelle Forderungen. Ihre Meinung im Hinblick auf die Wochenendbesuche von C.___ ändere sie fast täglich. Gegenüber der Kindesschutzbehörde äusserte die Kindsmutter mehrere Male, sie sei mit der Platzierung von C.___ im [...] zwar einverstanden. Gleichzeitig stellt sie die Institution und die involvierten Fachpersonen, wie bereits in den Jahren vor der letzten Platzierung von C.___, in Frage. In ihrem Schreiben vom 27. November 2022 an die Vorinstanz bezeichnete sie sich sodann als verlässliche Mutter, die Informationen über […] weitergebe und nicht als Auftraggeberin der Platzierung. Es sei ihre Pflicht, Missstände im [...] aufzuzeigen und zu kritisieren. Dass sie mit ihrem Verhalten den weiteren Aufenthalt von C.___ [...] gefährdet, erkennt die Beschwerdeführerin nicht. Aus dem letzten aktenkundigen Telefonat zwischen einem Mitarbeiter des [...] und der Kindesschutzbehörde vom 19. Dezember 2022 geht hervor, dass die Beschwerdeführerin C.___ gegen die Institution aufhetze und seinen dortigen Aufenthalt in Frage stelle. Die Situation mit C.___ gestalte sich sehr schwierig. Sollte die Kindesschutzbehörde der Kindsmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht entziehen, stehe der Aufenthalt von C.___ im [...] auf dem Spiel. Wie die Beiständin bereits in ihrem Bericht vom […] 2022 zutreffend darlegte, lagen schon zum Zeitpunkt der einvernehmlichen Platzierung von C.___, [...] 2022, die Voraussetzungen für einen Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrecht vor. C.___ äusserte damals suizidale Absichten. Das Verhalten der Beschwerdeführerin war der Kindesschutzbehörde seit Jahren bekannt und eine positive Prognose nicht in Sicht. Inwiefern das Kindswohl von C.___ durch eine andere, mildere Massnahme als durch den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts gewahrt werden könnte, ist weder ersichtlich, noch dargetan. Und wie bereits im Verfahren vor der Vorinstanz legt die Beschwerdeführerin auch im Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren einzig ihre Sicht der Dinge dar. Sie verkennt damit, dass es vorliegend weder um allfällige Schuldzuweisungen noch um ihr Befinden, sondern einzig um das Kindswohl von C.___ geht. Die Vorinstanz führte im angefochtenen Entscheid zutreffend aus, dass der primäre Grund für die Notwendigkeit der strittigen Massnahme in der derzeitigen Instabilität der Kindsmutter liegt. Weder ein Gutachten über die Erziehungsfähigkeit noch eine Parteibefragung vermögen an dieser Ausgangslage etwas zu ändern. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin von der Vorinstanz mehrere Male angehört wurde. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist somit ebenfalls nicht auszumachen.

 

5.1 Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'000.00 festzusetzen sind. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege trägt sie der Kanton Solothurn. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während zehn Jahren, sobald die Beschwerdeführer zur Nachzahlung in der Lage sind (Art. 123 der Zivilprozessordnung, ZPO, SR 272).

 

5.2 Fürsprecher Beat Marfurt macht mit Kostennote vom 6. März 2023 einen Aufwand von 10.75 Stunden à CHF 250.00 geltend. Dieser Aufwand erscheint gerade noch angemessen und ist für Leistungen bis 31. Dezember 2022 mit einem Stundenansatz von 180.00 zu vergüten. Für die geltend gemachten Aufwände ab 1. Januar 2023 gilt ein Stundenansatz von CHF 190.00 (vgl. § 160 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Gebührentarif [GT, BGS 615.11] und Ziff. 2 lit. b Beschluss der Gerichtsverwaltungskommission vom 19. Dezember 2022). Gemäss Kostennote vom 6. März 2023 generierte Fürsprecher Beat Marfurt im Jahr 2022 einen Aufwand von 6 Stunden und 40 Minuten (à CHF 180.00) sowie im Jahr 2023 4 Stunden und 5 Minuten (à CHF 190.00), insgesamt ausmachend CHF 2'128.00 (Honorar: CHF 1'975.85, Auslagen von CHF 36.50 und MWST von CHF 152.15). Diese Entschädigung ist durch den Kanton Solothurn zu entrichten. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staats und der Nachforderungsanspruch des Fürsprechers Beat Marfurt in der Höhe von CHF 805.75 (Differenz zum vollen geltend gemachten Honorar, inkl. Auslagen und MWST), sobald die Beschwerdeführerin zur Nachzahlung in der Lage ist.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00 zu tragen. Zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege sind sie durch den Staat Solothurn zu übernehmen; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während zehn Jahren sobald A.___ zur Rückzahlung in der Lage ist (Art. 123 ZPO).

3.    Der Kanton Solothurn hat Fürsprecher Beat Marfurt zufolge unentgeltlicher Rechtspflege eine Entschädigung von CHF 2'128.00 (inkl. Auslagen und MWST) zu bezahlen; vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staats und der Nachforderungsanspruch des Fürsprechers in der Höhe von CHF 805.75 (Differenz zum vollen geltend gemachten Honorar, inkl. Auslagen und MWST), sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Der Vizepräsident                                                             Die Gerichtsschreiberin

 

 

Müller                                                                                Trutmann

 

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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