Zusammenfassung des Urteils VWBES.2023.373: Verwaltungsgericht
Der Beschwerdeführer A.___ hatte seinen Führerausweis auf Probe aufgrund schwerwiegender Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz verloren. Trotz seiner Beschwerde wurde die Annullierung seines Führerausweises auf Probe bestätigt, da er erneut in angetrunkenem Zustand und unter Drogeneinfluss ein Fahrzeug geführt hatte. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Beschwerde unbegründet sei und der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten von CHF 800.00 tragen müsse. Der Richter des Verwaltungsgerichts war Präsident Thomann, und die Person, die den Fall verloren hat, war männlich.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWBES.2023.373 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 29.01.2024 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Probe; Führerausweis; Widerhandlung; Blutalkoholkonzentration; Verfügung; Zustand; Motorfahrzeug; Verwaltungsgericht; Personen; Personenwagen; Strassenverkehr; Probezeit; Vorinstanz; Führerausweises; Beschwerde; Recht; Personenwagens; Motorfahrzeugs; Drogeneinfluss; Strassenverkehrsgesetz; Unfall; Sinne; Führens; µg/L; Gutachten; Entscheid; Kantons; Solothurn |
Rechtsnorm: | Art. 15a SVG ;Art. 16c SVG ;Art. 55 SVG ; |
Referenz BGE: | 136 I 345; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VWBES.2023.373 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Entscheiddatum: | 29.01.2024 |
FindInfo-Nummer: | O_VW.2024.25 |
Titel: | Annullierung des Führerausweises auf Probe |
Resümee: |
Verwaltungsgericht
Urteil vom 29. Januar 2024 Es wirken mit: Oberrichterin Obrecht Steiner Oberrichter Frey Gerichtsschreiberin Zimmermann In Sachen A.___ , vertreten durch Rechtsanwalt Reto Gasser,
Beschwerdeführer
gegen
Bau- und Justizdepartement, vertreten durch Motorfahrzeugkontrolle,
Beschwerdegegner
betreffend Annullierung des Führerausweises auf Probe zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1.1 A.___, geb. [...] 2003, ist seit dem 1. Dezember 2021 im Besitze eines Führerausweises auf Probe.
1.2 Mit Verfügung vom 16. Februar 2023 entzog ihm das Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn (BJD) den Führerausweis auf Probe bis 10. Juni 2023 und verlängerte die Probezeit wegen einer schweren Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz.
2. Gemäss Strafanzeige vom 30. Oktober 2023 kollidierte A.___ am 24. September 2023 um 19:22 Uhr in [...] als Lenker eines Personenwagens mit einem anderen Personenwagen seitlich, als er nach der Autobahnausfahrt [...] in der Kurve von der Fahrbahn abgekommen war und in der Folge die dortige Sicherheitslinie überfahren hatte. Er wurde wegen Nichtbeherrschen des Fahrzeuges, Fahren in angetrunkenem Zustand mit einer Blutalkoholkonzentration über 0.8 Promille, Fahren in fahrunfähigem Zustand, Nichtanpassen der Geschwindigkeit an die örtlichen Strassenverhältnisse (Kurve), Pflichtwidriges Verhalten bei Unfall, Missachten der Sicherheitslinie mit Gefährdung, Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit (Motorfahrzeugführer) sowie Fahren auf der falschen Fahrbahnseite, begangen am 24. September 2023, 19:22 Uhr, in [...], mit einem Personenwagen, verzeigt.
3. Mit Verfügung vom 17. November 2023 annullierte die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn (MFK) namens des BJD den Führerausweis auf Probe von A.___ in Anwendung von Art. 15a Abs. 4 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG, SR 741.01) und Art. 35a der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV, SR 741.51) infolge schwerer Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. b und c SVG aufgrund Führens eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration von minimal 1.06 g/kg sowie Führens eines Motorfahrzeugs unter Drogeneinfluss (THC minimal 3.7 µg/L) mit Unfallfolge. Ausserdem wurde verfügt, dass ihm ab Erhalt der genannten Verfügung das Führen von Motorfahrzeugen aller Kategorien, Unterkategorien und Spezialkategorien untersagt sei. A.___ wurde zudem in Kenntnis gesetzt, dass ein neuer Lernfahrausweis frühestens ein Jahr nach Erhalt der Verfügung und nur aufgrund eines verkehrspsychologischen Gutachtens, das die Eignung bejaht und nicht älter als drei Monate alt ist, beantragt werden könne (Art. 15a Abs. 5 SVG und Art. 11 Abs. 4 VZV). Zudem sei ein positiv lautendes verkehrsmedizinisches Gutachten vorzuweisen (Art. 15d Abs. 1 lit. b SVG). A.___ wurde ausserdem aufgefordert, den Führerausweis und allfällig vorhandene weitere Ausweise spätestens drei Tage nach Erhalt der Verfügung einzusenden.
4. Mit Eingabe vom 28. November 2023 erhob A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn Beschwerde gegen die Verfügung der MFK (nachfolgend: Vorinstanz) vom 17. November 2023 und beantragte sinngemäss die Aufhebung der angefochtenen Verfügung.
5. Mit Verfügung vom 30. November 2023 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
6. Mit Stellungnahme vom 7. Dezember 2023 schloss die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde.
7. Mit Schreiben vom 22. Januar 2024 informierte Rechtsanwalt Reto Gasser, dass ihn der Beschwerdeführer mit der Wahrung seiner Interessen im Administrativverfahren beauftragt habe. Die von ihm angeforderten Akten retournierte er dem Verwaltungsgericht (ohne Stellungnahme) am 25. Januar 2024.
8. Für die Parteistandpunkte und Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.
II.
1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GO, BGS 125.12]). Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Nach Art. 15a Abs. 1 SVG wird der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen zunächst auf Probe erteilt, wobei die Probezeit drei Jahre beträgt. Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen einer mittelschweren schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert (Abs. 3). Der Führerausweis auf Probe verfällt mit der zweiten mittelschweren schweren Widerhandlung (Abs. 4). Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur aufgrund eines verkehrspsychologischen Gutachtens, das die Eignung bejaht, erteilt werden (Abs. 5). Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt (Abs. 6). Der Zweck der Einführung des Führerausweises auf Probe liegt in der strengen Ahndung und Prävention von Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz durch Neulenker und damit in der Erhöhung der Verkehrssicherheit. Der Gesetzgeber erwartet von einem Inhaber eines Führerausweises auf Probe, dem nach einer Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz schon einmal der Führerausweis entzogen wurde, ein besonderes Mass an Verantwortungsbewusstsein und ein sorgfältiges künftiges Fahrverhalten (vgl. Botschaft des Bundesrates, in BBl 1999, S. 4473 ff.; BGE 136 I 345 E. 6.5 S. 351).
3. Die Vorinstanz annullierte den Führerausweis auf Probe des Beschwerdeführers in Anwendung von Art. 15a Abs. 4 SVG. Nach dieser Bestimmung verfällt der Führerausweis auf Probe mit der zweiten mittelschweren schweren Widerhandlung während der Probezeit. Mit Verfügung vom 16. Februar 2023 war ihm wegen einer schweren Widerhandlung der Führerausweis auf Probe bis 10. Juni 2023 entzogen und die Probezeit verlängert worden. Die Vorinstanz stufte den Vorhalt des Führens eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration von minimal 1.06 g/kg und unter Drogeneinfluss (THC minimal 3.7 µg/L), mit Unfallfolge, begangen am 24. September 2023, als schwere Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs 1 lit. b und c SVG ein. Der Führerausweis auf Probe sei somit gemäss Art. 15a Abs. 4 SVG verfallen und müsse annulliert werden.
4. Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde vom 28. November 2023 den Sachverhalt gemäss Verfügung vom 17. November 2023 in Bezug auf das Führen eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration von minimal 1.06 g/kg nicht. Er erhob einzig Beschwerde «gegen den Anklagepunkt Führen eines Fahrzeugs unter Drogeneinfluss (Thc Minimal 3.7 µg/L)». In tatsächlicher Hinsicht macht er geltend, dass er erst nach dem Stillstand des Fahrzeugs, aufgrund des grossen Schocks zur Beruhigung nach dem Unfall in [...], einen Joint geraucht habe. Der THC-Wert im Blut sei ausserdem auffällig, da dieser höher hätte sein sollen, wenn er bereits vor Antritt der Fahrt gekifft hätte. Es sei nicht bewiesen, dass er vor Antritt der Fahrt gekifft habe.
5.1 Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz das Führen eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration von minimal 1.06 g/kg sowie das Führen eines Motorfahrzeugs unter Drogeneinfluss (THC minimal 3.7 µg/L) zu Recht als schwere Widerhandlung nach Art. 16c Abs. 1 lit. b und c SVG qualifiziert hat.
5.2 Nach Art. 16c Abs. 1 lit. b und c SVG begeht eine schwere Widerhandlung, wer in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Atemalkohol- Blutalkoholkonzentration (Art. 55 Abs. 6 SVG) ein Motorfahrzeug lenkt (lit. b), wegen Betäubungs- Arzneimitteleinfluss aus anderen Gründen fahrunfähig ist und in diesem Zustand ein Motorfahrzeug führt (lit. c). Nach Art. 55 Abs. 6 SVG i.V.m. Art. 2 lit. a der Verordnung der Bundesversammlung über Alkoholgrenzwerte im Strassenverkehr (SR 741.13) gilt eine Blutalkoholkonzentration von 0.8 Gewichtspromille mehr als qualifizierte Alkoholkonzentration.
5.3 Gemäss forensisch-toxikologischer Alkoholbestimmung des Instituts für Rechtsmedizin vom 28. September 2023 wurde eine rückgerechnete Blutalkoholkonzentration mit einem Minimalwert von 1.4 g/kg ermittelt. Unter Berücksichtigung des geltend gemachten Nachtrunks, wodurch eine zusätzliche Blutalkoholkonzentration von 0.34 g/kg zu erwarten wäre, ergibt sich eine Blutalkoholkonzentration mit einem Minimalwert von 1.06 g/kg. Diese Blutalkoholkonzentration liegt über den 0.8 Gewichtspromille gemäss Art. 2 lit. a der Verordnung der Bundesversammlung über Alkoholgrenzwerte im Strassenverkehr, womit es sich um eine qualifizierte Blutalkoholkonzentration im Sinne von Art. 55 Abs. 6 SVG und damit um eine schwere Widerhandlung gemäss Art. 16c Abs. 1 lit. b SVG handelte.
5.4 Da bereits das Lenken eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Atemalkohol- Blutalkoholkonzentration allein eine schwere Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 SVG darstellt, kann offen gelassen werden, ob auch der Tatbestand des Führens eines Motorfahrzeugs in fahrunfähigem Zustand wegen Betäubungs- Arzneimitteleinfluss aus anderen Gründen erfüllt ist. Dies wird vom Beschwerdeführer gemäss Beschwerde vom 28. November 2023 bestritten. Es bleibt anzumerken, dass gemäss Verfügung der Vorinstanz vom 11. Januar 2024 dem Beschwerdeführer der Führerausweis auf Probe inzwischen wegen Verdachts auf Führen eines Motorfahrzeugs unter Drogeneinfluss (THC), begangen am 7. Januar 2024, 22:10 Uhr, in [...], mit einem Personenwagen, vorsorglich entzogen wurde. Zudem müsse wegen der Fahrt in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration von 1.06 ‰ der Führerausweis auf Probe des Beschwerdeführers annulliert werden.
6.1 Dem Beschwerdeführer wurde der Führerausweis auf Probe bereits mit Verfügung vom 16. Februar 2023 vorübergehend entzogen. Ausserdem wurde ihm die Probezeit für den Führerausweis auf Probe verlängert. Durch sein Verhalten am 24. September 2023 hat er – noch während der Probezeit – eine schwere Verkehrsregelverletzung begangen. Dies stellt die zweite Widerhandlung dar, die zum Entzug des Führerausweises führt, weshalb der Führerausweis auf Probe nach Art. 15a Abs. 4 SVG verfällt und ein neuer Lernfahrausweis laut Art. 15a Abs. 5 SVG frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur aufgrund eines verkehrspsychologischen Gutachtens, das die Eignung bejaht, erteilt werden kann. Entsprechend ist die angefochtene Verfügung nicht zu beanstanden. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist abzuweisen.
6.2 Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 800.00 festzusetzen sind. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.
Demnach wird erkannt: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 800.00 zu bezahlen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts
Der Präsident Die Gerichtsschreiberin
Thomann Zimmermann |
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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