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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2023.236)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2023.236: Verwaltungsgericht

Zusammenfassung: A und B stellten ein Baugesuch für eine PV-Anlage auf einem denkmalgeschützten Gebäude. Die Denkmalpflege lehnte das Baugesuch ab, da die PV-Anlage als wesentliche Beeinträchtigung des Kulturdenkmals betrachtet wurde. A und B erhoben Beschwerde, argumentierten jedoch, dass die PV-Paneelen den historischen Ziegeln ähneln und leicht rückbaubar seien. Das Verwaltungsgericht hob die Entscheidung der Denkmalpflege auf und genehmigte die PV-Anlage. Der Kanton Solothurn muss die Gerichtskosten tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2023.236

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2023.236
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2023.236 vom 10.10.2023 (SO)
Datum:10.10.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Denkmal; Altstadt; Stadt; Denkmalpflege; Biberschwanzziegel; Bundes; PV-Anlage; Solothurn; Gebäude; Schutz; Vorstadt; Ziegel; Denkmals; Paneelen; Biberschwanzziegeln; Material; PV-Paneele; Kultur; Solaranlage; Verwaltungsgericht; Dachfläche; Kanton; Kreuzacker; Baugesuch; Denkmalschutz; Verfügung; ändig
Rechtsnorm: Art. 78 BV ;
Referenz BGE:135 II 209;
Kommentar:
Heim, Kommentar zum Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Art. 18 OR BV SR, 1900

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2023.236

 
Geschäftsnummer: VWBES.2023.236
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 10.10.2023 
FindInfo-Nummer: O_VW.2023.216
Titel: Erstellung einer In-Dach-PV-Anlage

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 10. Oktober 2023          

Es wirken mit:

Präsident Thomann

Oberrichter Müller

Oberrichterin Weber-Probst

Gerichtsschreiberin Blut-Kaufmann

In Sachen

A.___ und B.___,   

 

Beschwerdeführerin

 

 

 

gegen

 

 

 

Bau- und Justizdepartement, Rechtsdienst,     

 

Beschwerdegegner

 

 

 

 

betreffend     Erstellung einer In-Dach-PV-Anlage


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Am 10. Mai 2023 stellten A.___ und B.___ bei der Stadt Solothurn ein Baugesuch für eine In-Dach-PV-Anlage auf einer Dachfläche von 330 m2. Auf der nach Süden ausgerichteten Dachfläche sollen die bestehenden Biberschwanzziegel durch formähnliche Photovoltaik-Paneelen ersetzt werden.

 

2. Da das betroffenen Gebäude unter kantonalem Denkmalschutz steht, wurde das Baugesuch dem Amt für Denkmalpflege und Archäologie zugestellt. Dieses erteilte dem Bauvorhaben mit Verfügung vom 26. Juni 2023 die Zustimmung nicht.

 

3. Gestützt auf diese Verfügung wies die Stadt Solothurn das Baugesuch mit Entscheid vom 5. Juli 2023 ab und eröffnete die beiden Verfügungen von Stadt und Kanton gleichzeitig.

 

4. Gegen die Verfügung des Amts für Denkmalpflege und Archäologie erhoben A.___ und B.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt) am 11. Juli 2023 Beschwerde an das Verwaltungsgericht und ersuchten um Bewilligung zum Ersatz der bestehenden Biberschwanzziegel durch Biberschwanz-PV Paneelen gemäss Baugesuch.

 

5. Gleichzeitig erhoben die Beschwerdeführer auch Beschwerde gegen den städtischen Bauentscheid beim Bau- und Justizdepartement. Dieses sistierte das Verfahren bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Entscheids des Verwaltungsgerichts.

 

6. Mit Vernehmlassung vom 25. Juli 2023 beantragte das Bau- und Justizdepartement die Abweisung der Beschwerde gegen die Verfügung des Amts für Denkmalpflege und Archäologie, unter Kostenfolge zulasten der Beschwerdeführer.

 

7. Die Beschwerdeführer liessen sich dazu am 31. Juli 2023 abschliessend vernehmen.

 

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). A.___ und B.___ sind durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

2.1 Die kantonale Denkmalpflege als zuständige Fachstelle hat dem Baugesuch be­treffend Ersatz der aus handgemachten Biberschwanzziegeln bestehenden Dachein­deckung durch eine PV-Anlage die Zustimmung nicht erteilt. Unter Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen wurde ausgeführt, die bestehende Dacheindeckung aus handgemachten historischen Biberschwanzziegeln gehöre in ihrer Materialität und Erscheinung zur charakteristischen Eindeckungsart von historischen Kulturdenkmälern. Sie sei ein zentraler Teil der historischen Substanz und somit zu erhalten. Dem Erhalt von überlieferter Substanz sei im Übrigen auch gemäss den Leitsätzen zur Denk­malpflege in der Schweiz, herausgegeben von der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege EKD, Vorrang zu geben (Punkt 4.1 der Leitsätze von 2007). Die vorgesehene PV-Eindeckung unterscheide sich hinsichtlich Form und Struktur deutlich von einer Eindeckung mit historischen Biberschwanzziegeln. Das neue, fremdartige Material erzeuge zudem mit seiner glänzenden und spiegelnden Oberfläche deutlich ablesbar ein verändertes Erscheinungsbild. Insgesamt führe dies zu einer ästhetischen Beeinträchtigung des geschützten Kulturdenkmals. Durch die Stellung des Objekts im Perimeter der Altstadtzone und somit im Kontext des baulichen Ensembles von natio­naler Bedeutung werde diese Beeinträchtigung noch verstärkt. Die vorgesehene Erstellung einer PV-Anlage auf dem Dach werde deshalb als wesentliche Beeinträch­tigung des geschützten Kulturdenkmals beurteilt.

 

2.2 Die Beschwerdeführer führen dagegen im Wesentlichen aus, es handle sich um ein Baugesuch für ein denkmalgeschütztes Einzelobjekt ausserhalb der Altstadt, auf der Aare-Südseite, in der Vorstadt. Es handle sich nicht um einen Grundsatzentscheid, ob PV-Anlagen in der Altstadt zulässig seien nicht. Die Dachfläche, welche umgedeckt werden solle, befinde sich auf der von der Altstadt abgewandten Seite und sei daher von der Altstadt her nicht einsehbar. Auch von Süden her sei die Fläche wegen Blickab­deckung durch das viergeschossige Haus an der Kreuzackergasse 9 nicht einsehbar. Die Vorinstanz habe auch nicht gewürdigt, dass beim Bauvorhaben neu entwickelte PV-Paneelen, die von der Farbe und Form her den klassischen Biberschwanzziegeln nach­empfunden worden seien, eingesetzt würden. Der Denkmalschützer habe bereits bei den Vorabklärungen erwähnt, dass es mit grosser Sicherheit zu keiner Bewilligung kommen werde, da es weitere Begehrlichkeiten in der Altstadt nach sich ziehen würde. Es müsse deshalb von dessen Befangenheit und der Durchsetzung eigener Interessen ausgegangen werden. Das Raumplanungsgesetz schreibe lediglich vor, dass das Objekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfe. Indem das Amt für Denkmalpflege eine PV-Anlage auf der Dachterrasse bewilligt habe, habe es bestätigt, dass eine gewisse Beeinträchtigung durch Solaranlagen tolerierbar sei.

 

Die PV-Paneelen in Biberschwanzform seien der Form und Farbe der handgemachten Biberschwanzziegel nachempfunden. Wie bei den bestehenden Biberschwanzziegeln werde ein Lattungsabstand von 14-15 cm benötigt. Es müsse daher keine strukturelle Änderung am Dachaufbau vorgenommen werden. Bei künftigem Bedarf könnte die bestehende Dachhaut jederzeit wieder durch Originalziegel eingedeckt werden. Indem weniger als 50 % der gesamten Dachfläche mit PV-Paneelen ersetzt werden sollen und diese sich auch auf der von der Altstadt abgewandten Seite befinden würden, sei die Beeinträchtigung nicht wesentlich.

 

Bei den Richtlinien der Altstadtkommission handle es sich einzig um Empfehlungen ohne rechtliche Grundlage, welche auch nicht gelebt und nicht umgesetzt würden, wie ein Blick auf die Altstadt von der südlichen Seite zeige. Jede dritte Liegenschaft weise keine handgemachten Biberschwanzziegel auf, sondern maschinelle neue Biberschwanzziegel (Katzenzungen in den Farben schwarz gar hellrote Doppelfalzziegel neuesten Datums). Auch die Dachhaut des vorliegenden Bauobjekts bestehe zu einem grossen Teil aus maschinellen Ziegeln. Es sei ihnen in der Baubewilligung aber nicht auferlegt worden, diese durch handgemachte Biberschwanzziegel zu ersetzen. Überzählige handgemachte Biberschwanzziegel würden sie gerne für den Wiederaufbau der Brandobjekte des Altersheims in der Altstadt zur Verfügung stellen.

 

Die Bausubstanz zu erhalten sei auch ihr Ziel und sie hätten in den letzten zehn Jahren bereits unter guter Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege eine hohe Summe in Renovationsarbeiten und Erhalt der Liegenschaft investiert. Auch mit der jetzigen Renovation werde viel Wert auf den Erhalt der Fassade und des Dachs gelegt. Dabei würden auch unfachmännische Renovationen und Verunstaltungen rückgängig gemacht. Die Dachform werde bei dem Bauvorhaben erhalten, die Ziegel würden auf der von der Stadt abgewandten Seite durch PV-Paneelen ersetzt, was wieder rückgängig gemacht werden könne. Es finde somit keine Zerstörung von historischer Substanz statt.

 

Bei den durch die Vorinstanz erwähnten Leitsätzen der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EDK) handle es sich um Empfehlungen, die keine offizielle Ratifizierung erhalten hätten. Darin heisse es, der überlieferte Bestand sei «möglichst weitgehend zu erhalten». Dies bedeute aber nicht zu 100 %. Die jetzige Dacheindeckung bestehe zu einem wesentlichen Teil aus nicht handgefertigten Biberschwanzziegeln und gelte damit nicht als erhaltenswert.

 

Es treffe nicht zu, dass sich die PV-Paneele wesentlich von den historischen Biberschwanzziegeln unterscheiden würden. Diese seien exakt gleich lang und seien auch in der Farbgebung sehr ähnlich. Die jetzigen Ziegel seien unterschiedlich breit und stammten aus verschiedenen Jahrhunderten. Bereits diese würden sich teilweise wesentlich von einander unterscheiden. Die Oberfläche der PV-Paneele bestehe aus Glas, womit es sich nicht um ein fremdartiges Material handle. Glasziegel seien bereits aus dem 16. Jahrhundert bekannt und auch ihre Liegenschaft enthalte solche Ziegel. Dies habe einen historischen Hintergrund. Die langjährige Eigentümerin Theresa Gressly sei Inhaberin der Glashütten Guldenthal und Bärschwil gewesen. Man könne sagen, dass mit den PV-Paneelen aus Glas der ehemaligen Eigentümerin Ehre erwiesen werde. Gemäss der Fachliteratur seien Biberschwanzziegel bereits im 13. Jahrhundert mit verschiedensten Farben glasiert worden, um bewusst Glanz zu erzeugen, um Wohlstand zu signalisieren. Glanz auf dem Ziegeldach sei also nichts Neues. In ihrem Fall sei darauf hinzuweisen, dass die Paneelen mattiert seien, sodass es eben nicht zu störenden Spiegelungen komme. Da die Liegenschaft aus südlicher Sicht nur bedingt einsehbar sei und die angesprochene Dachfläche sich auf einer Höhe von mehr als 12 m befinde, werde bezweifelt, dass der Laie erkenne, um welche Art von Ziegeln es sich handle.

 

Aus ihrer Sicht wäre es wünschenswert, dass sich die Denkmalpflege nicht passiv und distanziert, sondern proaktiv mit Fragen der Energiepolitik und neuen Technik auseinandersetzen würde, wie dies auch in anderen Kantonen geschehe. Die Stadt Solothurn strebe im kommenden Jahr das Label «Energiestadt Gold» an. Diesbezüglich sei die Einstellung zu ihrem Projekt nicht zielgerichtet.

 

2.3 Der Rechtsdienst des Bau- und Justizdepartements führte dagegen aus, da das betroffene Haus unter kantonalem Denkmalschutz stehe, sei das Amt für Denkmalpflege und Archäologie für die fachliche Beurteilung der denkmalpflegerischen Aspekte zuständig. Dieses sei somit auch zuständig zu beurteilen, wie stark ein bestimmtes Bauvorhaben ein historisches Kulturobjekt beeinträchtige. Die PV-Anlage auf der Dachterrasse sei nicht vergleichbar, da die Dachterrasse dem barocken Wohnsitz erst später hinzugefügt worden sei. Entscheidend sei der Austausch der Dachhaut selbst und somit der Verlust an historischer Bausubstanz und authentischer Materialität. So wie beispielsweise Kunststofffenster an einem historischen Gebäude der geforderten Materialgerechtigkeit widersprechen würden, so täten dies auch PV-Paneele, die ein traditionelles Ziegeldach nicht ersetzen könnten. Die PV-Anlage dürfe nicht nur von der Altstadt-Seite aus beurteilt werden, da die Liegenschaft freistehend und von allen Seiten einsehbar sei. Aus Sicht der kantonalen Denkmalpflege resultiere in der Summe der Auswirkungen – Verlust an historischer Bausubstanz und authentischer Materialität, Sichtbarkeit der PV-Anlage – sehr wohl eine wesentliche Beeinträchtigung. Bei jeder Dachsanierung in der Altstadt werde auch die Eindeckungsart überprüft und je nach Einschätzung die Verwendung von handgefertigten Biberschwanzziegeln verlangt. Ausnahmen seien insbesondere dann möglich, wenn ein Gebäude bereits seit seiner Entstehungszeit eine andere Art der Eindeckung aufweise, wie beispielsweise das Palais Besenval, das seit seiner Erbauung 1703 mit Schiefer eingedeckt gewesen sei die Häuser an der Hauptgasse/Löwengasse, bei denen es sich um Neubauten aus den 1960er Jahren mit Eindeckung durch Maschinenziegel handle. In früheren Jahrzehnten seien leider entgegen den Richtlinien der Altstadtkommission bei Unterhalts- und Flickarbeiten immer wieder Maschinenziegel statt Handziegel verwendet worden. Wenn dies auf grössere Flächen zutreffe, verlange die Altstadtkommission in der Regel eine Korrektur. Dies werde in den Baubewilligungen der Stadt nicht explizit aufgeführt, sondern sei unter den Auflagen und Bedingungen allgemein umschrieben und werde jeweils nach Absprache erst während den Bauarbeiten verlangt. Vorliegend sei unter Punkt 2.3 folgende Auflage formuliert worden: «Sämtliche am Äusseren sichtbaren Strukturen, Farben und Materialien sind rechtzeitig vor der Ausführung zu bemustern und dem Stadtbauamt sowie der Denkmalpflege zur abschliessenden Beurteilung und Bewilligung vorzulegen». Dazu gehöre auch die Dacheindeckung. Es treffe zu, dass sich auf dem westlichen Gebäudeteil teilweise Maschinenziegel befinden würden. Diese liessen sich aber mit den handgefertigten Ziegeln gut mischen, so dass sich ein stimmiges Gesamtbild ergebe.

 

Die zitierten «Leitsätze zur Denkmalpflege in der Schweiz» seien durch die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege erarbeitet, deren Mitglieder durch den Bundesrat gewählt würden. Sie fussten auf der Grundlage von verschiedenen internationalen Chartas und Konventionen, die von Denkmalpflege-Fachstellen im In- und Ausland angewendet würden. Damit sei nicht zu vereinbaren, dass auf einem ziegelgedeckten historischen Gebäude die halbe Dachfläche durch ein ungeeignetes Material ausgewechselt werde. Denkmäler dürften in ihrer historisch bedeutsam bewerteten Materialität nicht geschmälert werden. Werde einem Objekt seine überlieferte Substanz genommen, verliere es auch seine Denkmaleigenschaft. Glasierte Ziegel seien für das Haus am Kreuzackerquai 2 nicht überliefert und hätten in der Solothurner Alt- und Vorstadt keine Tradition. Der Unterschied zwischen den PV-Paneelen und den aus Ton gebrannten Biberschwanzziegeln sei augenfällig und das Dach sei sehr gut einsehbar.

 

Das vorliegende Baugesuch sei zuerst durch die Altstadtkommission und danach durch die Kantonale Denkmalpflege geprüft worden. Ihnen sei ein Muster-PV-Paneel zur Verfügung gestanden. Beide seien übereinstimmend zum Schluss gekommen, dass die PV-Anlage eine wesentliche Beeinträchtigung des historischen Kulturdenkmals darstellen würde.

 

2.4 Mit ihren abschliessenden Bemerkungen wiesen die Beschwerdeführer noch einmal darauf hin, dass es einzig um die Auslegung des Begriffs «wesentlich» gehe. Es sei vorliegend lediglich eine Dachfläche von 35 % betroffen, wobei heute schon 20 % davon mit maschinellen Ziegeln gedeckt sei. Ein Teil des zu deckenden Gebäudes sei gleich alt wie die Dachterrasse, auf welcher eine PV-Anlage zugelassen worden sei.

 

Die nachhaltige Pflege historischer Wohnbauten sei primär die Aufgabe der Eigentümerinnen und Eigentümer. So lange sie bewohnt seien, sei auch deren Erhalt sichergestellt. Liegenschaften, die sich nicht mit den ständig wachsenden neuen Bedürfnissen ergänzen liessen, würden dem Zerfall preisgegeben und existierten heute nicht mehr. Auch ihre Liegenschaft habe in der Geschichte viele Entwicklungen und Erneuerungen durchgemacht (Absenkung des 1. Stocks um 90 cm, Elektrifizierung, Einbau von Bädern, Einbau einer Zentralheizung, Einbau von Küchen, Rückbau von Raumheizungen, Anbau einer Flachdachhalle, Rückbau von Plumpsklos, Aufstockung, Anschluss an die Fernwärme etc., zuletzt Digitalisierung des Raumkonzepts). Damit sei die Entwicklung der Liegenschaft nicht abgeschlossen. Es würden weitere neue Bedürfnisse kommen und andere verschwinden. Die zahlreichen Spuren der Baubiografie gehörten zum Denkmal und seien wesentliche Bestandteile des Denkmalschutzes. In der Debatte Klimaschutz vor Denkmalschutz hätten die Kantone Bern und Zürich eine führende Rolle eingenommen. So halte der Kanton Bern in seinem Baugesetz fest, dass schützens- und erhaltenswerte Baudenkmäler nach den Bedürfnissen des heutigen Lebens und Wohnens für bisherige passende neue Zwecke genutzt und unter Berücksichtigung ihres Wertes verändert werden könnten. Sie dürften durch Veränderungen aber nicht beeinträchtigt werden.

 

3.1 Gemäss Art. 18a Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG, SR 700; in Kraft seit 1. Mai 2014) bedürfen genügend angepasste Solaranlagen in Bau- und in Landwirtschaftszonen keiner Baubewilligung. Solche Bauvorhaben sind lediglich der zuständigen Behörde zu melden. Solaranlagen auf Kultur- und Naturdenkmälern von kantonaler nationaler Bedeutung bedürfen hingegen stets einer Baubewilligung. Sie dürfen solche Denkmäler nicht wesentlich beeinträchtigen (Abs. 3).

 

3.2 Gemäss Art. 78 der Bundesverfassung (BV, SR 101) sind für den Natur- und Heimatschutz die Kantone zuständig. Mit der Einführung von Art. 18a Abs. 3 in das Raumplanungsgesetz hat der Bund sich über diese Regelung hinweggesetzt und eine gesamtschweizerisch geltende Denkmalschutzvorschrift erlassen (vgl. Christoph Jäger in: Heinz Aemisegger et al. [Hrsg.], Praxiskommentar RPG; Baubewilligung, Rechtsschutz und Verfahren, Zürich/Basel/Genf 2020, Art. 18a RPG N. 52). Zu dieser Gesetzesbestimmung, wonach Solaranlagen Denkmäler nicht wesentlich beeinträchtigen dürfen, hat das Bundesgericht ausgeführt, es sei im Einzelfall anhand der in der Bedeutung des Inventar-Objekts verankerten Schutzziele zu erörtern, ob eine wesentliche Beeinträchtigung eines Kulturdenkmals vorliege. Insoweit sei mithilfe der Inventarblätter zu prüfen, was überhaupt geschützt sei und, soweit vorhanden, welche Schutzmassnahmen darin vorgeschlagen würden. Eine wesentliche Beeinträchtigung liege vor, wenn eine Solaranlage das Schutzobjekt in jenen Bereichen, die es einzigartig charakteristisch machen würden und aufgrund derer es unter Schutz gestellt worden sei, in erheblicher bzw. umfangreicher Weise beeinträchtige. Demgegenüber müssten Eingriffe, die das Denkmal in seiner geschützten Beschaffenheit und Wirkung nicht nur unerheblich einschränkten, aufgrund der im Gesetz vorgenommenen Gewichtung der auf dem Spiel stehenden Interessen geduldet werden. Eingriffe in Schutzobjekte, die für sich allein mit leichten Nachteilen verbunden seien, dürften jedoch nicht negative Präjudizien für eine Folgeentwicklung schaffen, die insgesamt die Ziele des Natur- und Heimatschutzes wesentlich beeinträchtigten. Bezüglich der Beurteilung der Schwere der Beeinträchtigung eines Schutzobjekts stehe der zuständigen Behörde ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, in den ein Gericht nur mit Zurückhaltung eingreifen dürfe, insbesondere dann, wenn örtliche Verhältnisse zu würdigen seien (vgl. Urteile des Bundesgerichts 1C_26/2016 vom 16. November 2016 E. 3.3 und 1C_179/2015 vom 11. Mai 2016 E. 6.4).

 

Wichtige Gesichtspunkte der Beurteilung, ob die Solaranlage das Kultur- Naturdenkmal wesentlich beeinträchtigt, sind damit die Standorteigenschaften (Einsehbarkeit, Exponiertheit, abschirmende Wirkung durch Bauten Bäume, Qualität der betroffenen Baute und der Umgebung etc.) und die Projekteigenschaften (Konstruktionsart, Anlagetyp, Montageort am Gebäude, Koloration der Oberfläche etc.). Allenfalls kann mit Auflagen und Bedingungen (Nebenbestimmungen zur Baubewilligung) sichergestellt werden, dass die Solaranlage das Schutzobjekt nicht wesentlich beeinträchtigt und damit bewilligungsfähig ist. Diese Nebenbestimmungen müssen dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz folgen und dürfen nicht weitergehen, als es der Schutz des Denkmals erfordert. Der Fördergedanke von Art. 18a RPG ist auch diesbezüglich zu beachten (vgl. Jäger, a.a.O., Art. 18a N 57).

 

3.3 Das vorliegend zu beurteilende Gebäude steht gemäss Regierungsratsbeschluss Nr. 1187 vom 14. März 1939 als Einzelobjekt unter kantonalem Denkmalschutz. Gemäss § 14 Abs. 1 der kantonalen Kulturdenkmäler-Verordnung (BGS 436.11) sind geschützte historische Kulturdenkmäler vom Eigentümer von der Eigentümerin so zu erhalten, dass ihr Bestand gesichert ist. Sie dürfen ohne Zustimmung der zuständigen kantonalen Fachstelle nicht verändert werden. Im Objektblatt der Denkmalpflege wird zum «Haus Gressly» unter «Würdigung» Folgendes ausgeführt:

 

«Auf dem Areal der neuen Vorstadt im Kreuzacker, auf dem sich die Stadtväter nach dem Bau der Schanzenanlage 1685-1700 ein neues Wohnquartier erträumten, entwickelte sich trotz obrigkeitlichen Vorschriften und Förderungsmassnahmen keine rechte Bautätigkeit. So blieb das Palais von Stiftspropst Gugger, der mit seinem Neubau um 1699 wohl mit gutem Beispiel vorangehen wollte, das einzige vornehme Wohnhaus im Kreuzacker. Ebenso bemerkenswert wie diese besondere Lage des Hauses ist das reich überlieferte Interieur im Régencestil. In sämtlichen Räumen der Beletage und im Treppenhaus haben sich Ausstattungselemente wie Parkettböden, Wandtäfer, Zimmertüren und Stuckdecken aus der Zeit um 1730 erhalten. Herausragend präsentiert sich dabei der mit Figuren und Sagen aus der Welt der antiken Mythologie ausgemalte Göttersaal, der zu den repräsentativsten privaten Wohnräumen in Solothurn gehört.»

 

Das Dach wird dabei nicht besonders erwähnt.

 

3.4.1 Anders sieht es aus nach dem Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS; abrufbar unter https://api.isos.bak.admin.ch/ob/3203/doc/ISOS_3203.pdf), welches die Dächerlandschaft der Alt- und Vorstadt als schützenswert ausweist. Die Stadt Solothurn ist in diesem Inventar verzeichnet als «Flussstadt an historisch wichtigem Aareübergang, umgeben von einzigartigen Park- und Klosteranlagen, Bahnhofsquartieren aus der Gründerzeit sowie gepflegten Aussenquartieren mit Zeugen der Jurasüdfuss-Moderne und barocken Sommersitzen der einstigen Stadtmächtigen». Das betroffene Gebäude liegt im Perimeter 2 «Vorstadt», welchem eine gewisse räumliche und architekturhistorische Qualität sowie vor allem insgesamt eine besondere Bedeutung zuerkannt wird. Das Gebiet wird als Erhaltungsziel «A» ausgewiesen, was bedeutet, dass die Substanz zu erhalten sei. Alle Bauten, Anlageteile und Freiräume seien integral zu erhalten und störende Eingriffe zu beseitigen. In der Beschreibung der Vorstadt wird das Gebäude am Kreuzackerquai 2 nicht speziell erwähnt, sondern es werden vor allem der Teil vom Alten Spital bis zum Prison als charakteristisch ausgewiesen. Unter Empfehlungen wird ausgeführt, wegen der Schräglage der Altstadt sei deren Dachlandschaft besonders exponiert, weshalb Eingriffe in die Dachflächen einer strengen Genehmigungsprüfung zu unterziehen seien und den Auflagen der Denkmalpflege zu entsprechen hätten. Unter «Bewertung» werden sowohl die Lagequalität, die räumliche Qualität als auch die architekturhistorische Qualität der Stadt als besonders (drei von drei Punkten) erwähnt. Sowohl zur «Lagequalität» als auch zur «Räumlichen Qualität» wird die Situation an beiden Aareufern speziell hervorgehoben. Besonders eindrücklich sei die von einem Park gerahmte linksufrige Altstadt mit markanten Bauten entlang des Flussufers, bekrönt von Dächern und dem Turm der St. Ursen-Kathedrale, und die über eine Brücke verbundene rechtsufrige Vorstadt als Gegenüber. Unter «Architekturhistorische Qualitäten» wird Folgendes erwähnt:

 

«Ausserordentliche architekturhistorische Qualitäten dank der Altstadt, deren Stadtbild schweizweit zu den besterhaltensten gehört, mit zahlreichen herausragenden Bauwerken, geprägt vor allem durch etliche Barockbauten und die frühklassizistische St. Ursen-Kathedrale. Besondere Qualitäten auch aufgrund der im Stadtgrundriss klar ablesbaren Siedlungsentwicklung, so die deutlich abgegrenzte Altstadt auf dem nördlichen und die Vorstadt mit ihrer Brückenkopffunktion auf dem südlichen Aareufer, die auf orthogonalem Raster einheitlich angelegten Gründerzeitquartiere, die anschliessenden Quartiere mit Bauten in der ganzen Stilbreite des Eklektizismus so wie die äusseren Wohnquartiere mit ihren für den jeweiligen Standard epochentypischen Wohnbauten. Herausragend aus der Bebauung auch der Reigen von öffentlichen Bauten aus der zweiten Hälfte des 19. und der Wende zum 20. Jahrhundert im Park, wo sich auch die markanten Reste der Schanzen erheben, sowie zahlreiche Kapellen, Klöster und die für Solothurn typischen sogenannten Türmlihäuser in der französischen Tradition des feudalen Landsitzes, die markanten, weit sichtbaren Spital- und Psychiatriebauten, die verstreuten Zeugen des Neuen Bauens und meisterhafte Vertreter der Jurasüdfuss-Moderne.»

 

3.4.2 Beim ISOS handelt es sich um ein Inventar des Bundes von Objekten mit nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451). Durch die Aufnahme eines Objekts von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes wird dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Einbezug von Wiederherstellungs- angemessenen Ersatzmassnahmen die grösstmögliche Schonung verdient (Art. 6 Abs. 1 NHG). Diese Schutzbestimmung gilt aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung indes lediglich bei der Erfüllung von Bundesaufgaben in unmittelbarer Weise (Art. 78 Abs. 1 und 2 BV, Art. 6 Abs. 2 und Art. 2 NHG). Soweit keine Bundesaufgabe in Frage steht, wird der Schutz von Ortsbildern vorab durch kantonales Recht gewährleistet. Die Bundesinventare sind insoweit aber nicht unbeachtlich. Sie sind vielmehr bei der Nutzungsplanung, bei der Auslegung unbestimmter Begriffe des Baurechts sowie bei im Einzelfall erforderlichen Interessenabwägungen zu berücksichtigen (vgl. BGE 135 II 209 E. 2.1 S. 212; Urteil des Bundesgerichts 1C_753/2021, 1C_754/2021 vom 24. Januar 2023 E. 8.2).

 

3.5.1 Der Bau der hier umstrittenen PV-Anlage stellt keine Bundesaufgabe im Sinn von Art. 2 NHG dar. Der Schutz des im ISOS inventarisierten Ortsbildes von Solothurn findet deshalb in der genannten indirekten Weise statt. Kanton und Stadt Solothurn sind den Schutzzielen des ISOS nachgekommen, indem sie die Altstadt und die Vorstadt, in welcher auch das Haus am Kreuzackerquai 2 steht, unter besonderen Schutz gestellt haben (vgl. § 6 Kulturdenkmäler-Verordnung). In der Nutzungsplanung wurden diese Gebiete der «Altstadtzone» zugewiesen, für welche besondere Schutzbestimmungen gelten. Gemäss § 28 des Bau- und Zonenreglements der Stadt Solothurn sind die historische Eigenart und die bauliche Einheit der Altstadt im Sinne von Natur-, Heimat- und Denkmalschutz und der Richtlinien der Kommission für Altstadt- und Denkmalfragen zu erhalten, zu verbessern und bei Umbauten nach Möglichkeit wiederherzustellen (Abs. 1). Grundsätzlich sind die bestehenden Ausmasse und die äussere Erscheinung der einzelnen Bauten beizubehalten. Wertvolle Gebäudeteile, insbesondere Fassaden, Dächer und das Brandmauersystem sind in ihrer Substanz zu erhalten (Abs. 2). Veränderungen irgendwelcher Art müssen sich in Massstab, Rhythmus, Material und Farbgebung dem historischen Bild der Stadt, ihrer Strassen und Innenhöfe harmonisch einfügen. Bei Umbauten und Restaurierungen kann die Entfernung störender Bauteile verlangt werden (Abs. 3). In § 32 des städtischen Bau- und Zonenreglements wird insbesondere die Dachgestaltung geregelt. Demnach sind Dächer bezüglich Neigung, Bedachungsart und Farbgebung dem Altstadtbild anzupassen (Abs. 1). Dacheinschnitte, Dachflächenfenster und technische Dachaufbauten sind nur zulässig, soweit sie vom öffentlichen Strassenraum innerhalb und ausserhalb der Altstadt aus gesehen nicht stören und die Dachlandschaft nicht beeinträchtigen (Abs. 2). Gemäss § 36 des Bau- und Zonenreglements können Ausnahmen von den §§ 28-33 gestattet werden, sofern besondere Verhältnisse dies rechtfertigen und die Ausnahme dem Sinn und Zweck der Vorschriften nicht zuwiderläuft.

 

3.5.2 Die Kommission für Altstadt- und Denkmalfragen der Stadt Solothurn hat Richtlinien für die Erhaltung der historischen Eigenart und der baulichen Einheit der Altstadt im Sinne von Natur-, Heimat- und Denkmalschutz erlassen. Demnach sind in der Altstadt von Solothurn besonders zu schützen die Reste der Stadtbefestigungen, das Brandmauersystem, die Fassaden, die Innenhöfe, die Vorgärten, die Dachlandschaft, die Tragstruktur der einzelnen Gebäude (Böden, Wände, Decken, und Dachstühle), die wertvollen Interieurs der Gebäude und die typischen Stilmerkmale. Ziffer 3.3 enthält Bestimmungen für die Dacheindeckung:

 

-        Für die Eindeckung der Dachflächen sind in der Regel alte, handgefertigte Biberschwanzziegel zu verwenden.

-        Die alten, brauchbaren Biberschwanzziegel sind wieder zu verwenden.

-        In begründeten Ausnahmefällen können andere Ziegelarten und Bedachungsmaterialien gestattet werden.

 

4.1 Die örtlichen Verhältnisse des zu beurteilenden Objekts, welches sich weniger als 500 m vom Gerichtsgebäude entfernt befindet, sind dem Verwaltungsgericht hinlänglich bekannt. Zu beachten ist vorliegend der Beurteilungsspielraum der kantonalen Fachbehörde für Denkmalpflege, in welchen das Gericht nur mit Zurückhaltung eingreifen darf. Zu beachten ist dagegen aber auch, dass es sich nicht um ein gewöhnliches Umbauprojekt an einem Baudenkmal handelt, sondern dass die Erstellung von Solaranlagen auf Baudenkmälern durch den Bundesgesetzgeber speziell geregelt wurde und somit neben den Interessen der Denkmalpflege auch die Interessen an der Förderung der erneuerbaren Energien zu beachten sind. Die Erstellung einer Solaranlage ist auf einem Baudenkmal laut Art. 18a Abs. 3 RPG durchaus möglich und politisch gewollt, sofern sie dieses nicht wesentlich beeinträchtigt.

 

4.2 Das vorliegend betroffene Baudenkmal steht als Ganzes unter kantonalem Schutz, wozu auch das Walmdach gehört. Dieses wird jedoch im Objektblatt des Kantons nicht als Teil des Baudenkmals ausgewiesen, welcher es einzigartig charakteristisch machen würden. Das Dach bildet hingegen Teil der schutzwürdigen Dächerlandschaft des alten Stadtteils von Solothurn, bestehend aus Altstadt und Vorstadt.

 

4.3 Bezüglich Lage des Bauobjekts ist wesentlich, dass sich dieses ganz am Rand des schützenswerten alten Stadtteils befindet und die Solaranlage nur auf der von der Altstadt abgewandten Seite erstellt werden soll. Diese Teile sind zwar durchaus von der Kreuzackerstrasse und vom Patriotenweg her einsehbar, wie die Bilder der Vorinstanz zeigen. Beachtlich ist aber auch, dass es ausschliesslich aus diesen zwei eingeschränkten Winkeln eingesehen werden kann. Von der südlichen Seite verhindern Gebäude sowie Bäume und Sträucher den Blick. Auf der östlichen Seite versperren die riesigen Platanen des Kreuzackerparks die Sicht, und wenn man auf dem Patriotenweg westlich vom Gebäude steht, ist der Weg im nördlichen Teil so nahe am Gebäude, dass der Winkel zum Dach zu steil und dieses deshalb nicht mehr einsehbar ist. Für den Blickwinkel von der Kreuzackerstrasse her ist weiter wesentlich, dass es sich dabei um keinen städtebaulich wertvollen Ort der Stadt handelt, sondern dass sich dort die Anlieferung des Coop Supermarktes befindet und es dort wenig Publikumsverkehr hat. Etwas anders sieht es aus von Seiten des Patriotenwegs. Dort handelt es sich um eine alte charakteristische Pflastersteinstrasse durch die geschützte Vorstadt. Auf einigen Metern des Wegs dieser Gasse ist ein Teil des Dachs gut einsehbar. Aber auch dort handelt es sich im Gegensatz zum charakteristischen Brückenkopf-Teil der Vorstadt um einen Ortsteil mit untergeordneter Bedeutung und sehr wenig Publikumsverkehr. Anhand der Standorteigenschaften ergibt sich somit eine geringe Exponiertheit des Daches und dieses kann nicht als derart einzigartig und charakteristisch beurteilt werden, dass eine Solaranlage darauf undenkbar wäre.

 

4.4 Bezüglich der Projekteigenschaften könnte die vorliegende PV-Anlage kaum besser angepasst sein. Bei den meisten PV-Anlagen handelt es sich um grossflächige, rechteckige Panels in schwarzer Farbe, die entweder auf das Dach montiert in das Dach integriert werden. Die vorliegend zu beurteilenden PV-Paneelen sind sowohl in ihrer Form als auch in ihrer Koloration den alten Biberschwanzziegeln nachempfunden, gar entsprechend schattiert und können ohne Änderungen am Dachstuhl in das Dach integriert werden. Ein Rückbau wäre jederzeit problemlos möglich, womit nicht wesentlich in die alte Bausubstanz eingegriffen wird. Auch wenn aufgrund der glatten und leicht glänzenden Oberfläche der PV-Paneelen ein Unterschied zu den alten handgefertigten Biberschwanzziegeln durchaus erkennbar sein wird, so kann dieser nicht als «wesentlich» im Sinn von Art. 18a Abs. 3 RPG bezeichnet werden.

 

4.5 Auflagen dürfen nicht weitergehen, als es der Schutz des Denkmals erfordert. Der Fördergedanke, welchen der Bundesgesetzgeber mit der Schaffung von Art. 18a Abs. 3 RPG anstrebte, ist zu beachten, und geht grundsätzlich den Denkmalschutzregelungen auf kantonaler und kommunaler Ebene vor, welche allesamt älteren Datums als Art. 18a RPG sind. Nach dem unter E. 4.1-4.4 gesagten sind keine Gründe ersichtlich, weshalb dem vorliegend zu beurteilenden Bauprojekt die Zustimmung nicht zu erteilen wäre. Selbst die Richtlinien der Kommission für Altstadt- und Denkmalfragen sehen in begründeten Ausnahmefällen die Möglichkeit der Dacheindeckung mit anderen Ziegelarten und Materialien vor (Ziff. 3.3). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben.

 

4.6 Der Ausbau erneuerbarer Energien ist politisch gewollt und im nationalen Interesse. Bereits das Energiegesetz von 2016 (EnG, SR 730.0) strebt an, erneuerbare Energien auch im Rahmen der Raumplanung zu forcieren. Auch wenn sich Art. 12 EnG auf Kraftwerke von einer gewissen Grösse und Bedeutung beschränkt, so erwähnt doch die Botschaft von 2013 bereits ausdrücklich, dass es mit der Notwendigkeit eines starken Ausbaus der erneuerbaren Energien unvermeidbar sein werde, im Bereich des Natur- und Heimatschutzes gewisse Abstriche zu machen. In diesem Sinne solle es mit dem neuen Energiegesetz zu einer Akzentverschiebung zugunsten der erneuerbaren Energien kommen (BBl 2013 7603 f.). Entsprechendes muss heute zu Zeiten der drohenden Energieknappheit umso mehr gelten und verschiedene politische Vorstösse sind diesbezüglich hängig (Stichwort: Solaroffensive).

 

5. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet, sie ist gutzuheissen: Die Verfügung des Amts für Denkmalpflege und Archäologie vom 26. Juni 2023 ist aufzuheben und der PV-Anlage gemäss Baugesuch vom 8. Mai 2023 ist die Zustimmung zu erteilen. Das Bau- und Justizdepartement wird nach Rechtskraft des vorliegenden Entscheids umgehend über die gegen den städtischen Bauentscheid vom 5. Juli 2023 erhobene Beschwerde zu entscheiden haben bzw. liegen Gründe vor, um diesen durch das Stadtbauamt gestützt auf § 34bis Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, BGS 124.11) in Wiedererwägung zu ziehen.

 

6. Bei diesem Ausgang hat der Kanton Solothurn die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 zu bezahlen (vgl. § 77 VRG).

 

Demnach wird erkannt:

 

1.     Die Beschwerde wird gutgeheissen: Die Verfügung des Amts für Denkmalpflege und Archäologie vom 26. Juni 2023 wird aufgehoben und der PV-Anlage gemäss Baugesuch vom 8. Mai 2023 auf dem Haus am Kreuzackerquai 2 in Solothurn wird die Zustimmung erteilt.

2.     Das Bau- und Justizdepartement wird nach Rechtskraft des vorliegenden Entscheids umgehend über die gegen den städtischen Bauentscheid vom 5. Juli 2023 erhobene Beschwerde zu entscheiden haben bzw. liegen Gründe vor, um diesen durch das Stadtbauamt gestützt auf § 34bis Abs. 1 VRG in Wiedererwägung zu ziehen.

3.     Der Kanton Solothurn trägt die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Thomann                                                                           Blut-Kaufmann

 

 

Auf eine gegen das vorliegende Urteil erhobene Beschewrde trat das Bundesgericht mit Urteil 1C_596/2023 vom 10. November 2023 nicht ein.



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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