E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2023.177)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2023.177: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Beistandschaft für A.___ aufrechterhalten bleibt, da sie weiterhin auf Unterstützung angewiesen ist, um ihre finanziellen Angelegenheiten zu regeln. A.___ hatte die Aufhebung der Beistandschaft beantragt, da sie sich als vollständig genesen ansah und wieder selbstständig handeln konnte. Die KESB entschied jedoch, dass ein Schutzbedarf weiterhin besteht. Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde, da das Gericht von einem Schwächezustand und Schutzbedarf ausging. Die Gerichtskosten betragen CHF 1'000.00.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2023.177

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2023.177
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2023.177 vom 10.08.2023 (SO)
Datum:10.08.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Beistand; Beistandschaft; Vermögens; Angelegenheiten; Aufhebung; Entscheid; Vertretung; Situation; Verwaltung; Person; Bericht; Massnahme; Schutz; Verwaltungsgericht; Begleitbeistandschaft; Vertretungsbeistandschaft; Einkommen; Schwächezustand; Recht; Antrag; Unterstützung; Stellungnahme; Hausarzt; Vermögensverwaltung; Beschwerde
Rechtsnorm: Art. 392 ZGB ;Art. 393 ZGB ;Art. 394 ZGB ;Art. 395 ZGB ;Art. 399 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2023.177

 
Geschäftsnummer: VWBES.2023.177
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 10.08.2023 
FindInfo-Nummer: O_VW.2023.172
Titel: Prüfung Aufhebung der Massnahme

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 10. August 2023         

Es wirken mit:

Präsident Thomann

Oberrichter Müller

Oberrichter Frey

Gerichtsschreiberin Ramseier

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Jörg Werder,     

 

Beschwerdeführerin

 

 

gegen

 

 

 

KESB Region Solothurn,   

 

Beschwerdegegnerin

 

 

 

betreffend     Prüfung Aufhebung der Massnahme


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Am 13. September 2021 ging bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Region Solothurn eine Gefährdungsmeldung von B.___ betreffend seine Mutter A.___, geb. [...], ein. Diese habe im Dezember [...] einen Herzstillstand (Asystolie) erlitten und habe seither kognitive Einschränkungen. Ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert und sie benötige Hilfe bei den alltäglichen Angelegenheiten und im Bereich Finanzen.

 

Nach erfolgten Abklärungen ordnete die KESB mit Entscheid vom 11. Januar 2022 für A.___ per 11. Februar 2022 eine kombinierte Beistandschaft an (Begleitbeistandschaft, Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung). Beistand ist C.___, Soziale Dienste [...].

 

2. Am 12. Oktober 2022 beantragte A.___ (nachfolgend Beschwerdeführerin) die Aufhebung der «finanziellen Beistandschaft». Als sie nach ihrem Herzstillstand mit dreimonatigem Spital- und dreiwöchigem Kuraufenthalt nach Hause gekommen sei, sei sie mit der Zahlung der Rechnungen total überfordert gewesen. Sie sei Herrn C.___ daher dankbar, dass er ihr geholfen habe, ihre Schulden zu begleichen. Heute sei sie indessen wieder zu 100 Prozent genesen und habe alles wieder im Griff. Gemäss ihren Ärzten sei sie zu 100 Prozent handlungs- und urteilsfähig. Sie könne ihre Angelegenheiten deshalb wieder selber erledigen.

 

3. Mit Entscheid vom 20. April 2023 hob die KESB im Rahmen der für die Beschwerdeführerin bestehenden Beistandschaft die Aufgaben der Beistandsperson gemäss Art. 393 ZGB (Begleitbeistandschaft) auf (Ziff. 3.1). Im Übrigen wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufhebung der Beistandschaft abgewiesen (Ziff. 3.2).

 

4. Gegen diesen Entscheid liess A.___ am 24. Mai 2023 Beschwerde erheben mit dem Antrag auf Aufhebung von Ziff. 3.2. Eventualiter sei die Beistandschaft nach Art. 394 i.V.m. Art. 395 ZGB aufzuheben und eine Aufsichtsperson gemäss Art. 392 Ziff. 3 ZGB einzusetzen. Subeventualiter sei die Beistandschaft nach Art. 394 i.V.m. Art. 395 ZGB in eine Begleitbeistandschaft nach Art. 393 ZGB umzuwandeln.

 

5. Die KESB beantragte am 13. Juni 2023 die Abweisung der Beschwerde, während die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 11. Juli 2023 an ihren Anträgen festhalten liess.

 

II.

 

1. Die Beschwerde gegen den Entscheid der KESB, mit welchem der Antrag um Aufhebung der Beistandschaft abgewiesen wurde, ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht diesbezüglich zur Beurteilung zuständig (vgl. Art. 450 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [ZGB, SR 210] i.V.m. § 130 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum ZGB [EG ZGB, BGS 211.1]). A.___ ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

2.1 Vorliegend errichtete die KESB für A.___ wie erwähnt per 11. Februar 2022 eine kombinierte Beistandschaft (Begleitbeistandschaft, Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung). Die Begleitbeistandschaft wurde mit dem angefochtenen Entscheid aufgehoben. Beibehalten wurde die Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung. In diesem Zusammenhang wurde der Beistand mit folgenden Aufgaben betraut:

 

-       Die Beschwerdeführerin beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere auch im Verkehr mit Behörden, Ämtern (u.a. mit dem Betreibungs- und Konkursamt), Banken, Post, (Sozial-) Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen;

-       Die Beschwerdeführerin beim Erledigen der finanziellen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere das gesamte Einkommen und Vermögen sorgfältig zu verwalten.

 

Gegen diese Beistandschaft wehrt sich die Beschwerdeführerin.

 

2.2 Die KESB begründete die angefochtene Verfügung im Wesentlichen damit, aus der aktuellen Rückmeldung und Einschätzung der Beistandsperson sowie der Vorgeschichte und der ärztlichen Einschätzung gehe deutlich hervor, dass sich die gesundheitliche Situation der Beschwerdeführerin seit der Errichtung der erwachsenenschutzrechtlichen Massnahme nicht verändert habe. Es bestehe nach wie vor ein Schutzbedarf und die Beschwerdeführerin sei weiterhin auf Unterstützung bei der Verwaltung ihres Einkommens und Vermögens sowie auf entsprechende Vertretungshandlungen durch eine Beistandsperson angewiesen. Die Beschwerdeführerin habe aufgrund ihrer Erkrankung weder die nötigen Ressourcen noch Fähigkeiten, ihre Administration gänzlich selbstständig zu erledigen und ihr Einkommen und ihr Vermögen verantwortungsvoll und in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse zu verwalten.

 

2.3 Dagegen liess die Beschwerdeführerin vorbringen, der Beistand verkenne in seiner Stellungnahme, dass die Beurteilung der aktuellen Situation und nicht diejenige zum Zeitpunkt der Errichtung der Beistandschaft massgebend sei. Die Beschwerdeführerin habe deutlich gemacht, dass sie das Vermögen nicht achtlos ausgebe, sondern sogar gewinnbringend anlegen wolle. Sie besorge seit einiger Zeit auch einen Teil der Zahlungen selbst. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass sie sich bei Aufhebung der Beistandschaft durch übermässigen Vermögensverzehr selbst gefährden würde. Der Hausarzt habe seine Stellungnahme zum Zustand der Beschwerdeführerin ohne Konsultation eingereicht. Zudem verfüge er als Hausarzt nicht über die erforderliche Ausbildung, um eine neuropsychologische Diagnose zu stellen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz unzutreffend bzw. zumindest in grobem Masse unzureichend seien.

 

Während der Dauer der Beistandschaft habe sich der Zustand der Beschwerdeführerin stetig gebessert und sie fühle sich aktuell wieder in der Lage, ihre Angelegenheiten zu regeln. Der Beistand gehe davon aus, dass sie ihr Geld für falsche Zwecke ausgebe. Gerade ein lediglich unvernünftig erscheinender Umgang mit Geld könne aber eine Errichtung resp. einen Weiterbestand der Massnahme nicht rechtfertigen. Eine konkrete Gefährdung für die Beschwerdeführerin, dass sie durch übermässigen Vermögensverzehr ihre lebensnotwendigen Besorgungen nicht mehr erledigen könne, sei angesichts des hohen Vermögens von über CHF [...] nicht erkennbar. Eine Selbstsorge sei vorliegend möglich, zumal sie auch von ihrer Familie Unterstützung erfahre. Sollte das Gericht dieser Argumentation nicht folgen, sei die bestehende Beistandschaft durch Einsetzung einer Aufsichtsperson zu ersetzen es sei – subeventualiter – die bestehende Vertretungsbeistandschaft in eine Begleitbeistandschaft nach Art. 393 ZGB umzuwandeln.

 

2.4 Die KESB erwähnte dazu, sie habe bei der Beschwerdeführerin den Schwächezustand und den Schutz- und Massnahmebedarf wiederholt und sorgfältig geprüft. Es bestehe nach wie vor ein Schwächezustand und ein damit verbundener Schutzbedarf im Sinne des Gesetzes, welchen die Beschwerdeführerin daran hindere, vernunftgemäss und in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse zu handeln. Es drängten sich keine weiteren diesbezüglichen Abklärungen auf. Eine ausreichende Unterstützung in einem freiwilligen Setting sei nicht gegeben. In dieser Hinsicht sei insbesondere auch der von der Beistandsperson eindrücklich beschriebene hohe Druck zu berücksichtigen, welcher seitens des privaten Umfelds ausgeübt werde und gegen den sich die Beschwerdeführerin nicht bzw. nicht ausreichend zur Wehr setzen könne. Die bestehende Massnahme erweise sich nach wie vor als verhältnismässig. Es bestehe kein Raum für einen Auftrag im Sinne von Art. 392 Abs. 3 ZGB und eine Begleitbeistandschaft ohne die Zustimmung der (urteilsfähigen) hilfsbedürftigen Person sei wirkungslos.

 

2.5 Die Beschwerdeführerin liess dazu ausführen, der Beistand habe sich nicht vernehmen lassen, weshalb davon auszugehen sei, dass dieser die gestellten Rechtsbegehren und das Anliegen der Beschwerdeführerin befürworte. Der angebliche Schwächezustand und der daraus resultierende Schutzbedarf sei entgegen der Auffassung der KESB nicht sorgfältig abgeklärt worden. Der Hausarzt habe eine medizinische Begutachtung ohne Konsultation bzw. ohne Untersuchung ausgestellt. Von einer aktuellen Beurteilung der Sachlage könne nicht gesprochen werden. Das Familiensetting der Beschwerdeführerin sei etabliert, ausgeglichen und auf keinen Fall geprägt von ungleichen Druckverhältnissen. Gegen eine Unterstützung, insbesondere durch eine Begleitung, habe sich die Beschwerdeführerin nie ausgesprochen.

 

3.1 Gemäss Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Beistandschaft, wenn eine volljährige Person wegen einer geistigen Behinderung, einer psychischen Störung eines ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustandes ihre Angelegenheiten nur teilweise gar nicht besorgen kann.

 

3.2 Gemäss Art. 394 ZGB wird eine Vertretungsbeistandschaft errichtet, wenn die hilfsbedürftige Person bestimmte Angelegenheiten nicht erledigen kann und deshalb vertreten werden muss (Abs. 1). Die Erwachsenenschutzbehörde kann die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entsprechend einschränken (Abs. 2). Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens das gesamte Vermögen das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen (Art. 395 Abs. 1 ZGB).

 

3.3 Die KESB hebt eine Beistandschaft auf Antrag der betroffenen einer nahestehenden Person von Amtes wegen auf, sobald für die Fortdauer kein Grund mehr besteht (Art. 399 Abs. 2 ZGB).

 

4.1 Im August 2021 wies der Hausarzt der Beschwerdeführerin, Dr. med. D.___, die Beschwerdeführerin zu einer neuropsychologischen Untersuchung an [...] bei Verdacht auf eine Hirnschädigung nach Reanimation im Rahmen einer im Dezember [...] erlittenen Asystolie. Gemäss Untersuchungsbericht Neuropsychologie [...] vom 15. Dezember 2021 sei die Beschwerdeführerin aufgrund der Zuweisungsdiagnose einerseits kognitiv eingeschränkt, was in der aktuellen Untersuchung habe objektiviert werden können. Andererseits bestehe eine problematische Antriebsminderung als Folge der Hypoxie und aufgrund einer fehlenden Tagesstruktur. Die Befunde seien insgesamt mit einer mittelschweren bis schweren neuropsychologischen Funktionseinschränkung vereinbar.

 

4.2 Im selben Zeitpunkt (November / Dezember 2021) erging auch die Abklärung seitens der KESB, durchgeführt durch die [...]. Aus dem Bericht vom 22. Dezember 2021 geht hervor, dass die grosse Vergesslichkeit der Beschwerdeführerin ein Problem darstelle und die freiwillige Unterstützung nicht ausreiche. Ein Schwächezustand und eine Schutzbedürftigkeit wurden bejaht. Die Beschwerdef.rerin habe keinen Überblick über die anfallenden Angelegenheiten. Sie habe sich zwar sehr interessiert an einer freiwilligen Einkommensverwaltung gezeigt, bereits nach wenigen Terminen sei aber die Rückmeldung erfolgt, dass die Absprachefähigkeit dafür nicht ausreichend sei. Die Existenzsicherung erfolge über eine IV-Teilrente (50 %) und eine SUVA-Rente, die gepfändet sei. Vor über einem halben Jahr habe die Beschwerdeführerin Ergänzungsleistungen beantragt, ein Entscheid sei nach wie vor hängig. Sie erhalte auch IPV. Bis zum Abschluss der Ausbildungen der Kinder (zwei Söhne, geb. [...] und [...]) habe sie zudem IV-Kinderrenten erhalten. Mit all diesen Einnahmen sei sie einigermassen über die Runden gekommen. Seit die Kinderrenten weggefallen seien, gehe es überhaupt nicht mehr auf. Sie werde eingedeckt mit Mahnungen und Betreibungen.

 

4.3 An dieser Situation hat sich in der Zwischenzeit insofern etwas geändert, als die Beschwerdeführerin durch eine Erbschaft zu einem Vermögen von rund [...] gekommen ist. Durch die Unterstützung des Beistandes konnten die Schulden aufgearbeitet und Ordnung in ihre finanziellen Angelegenheiten gebracht werden. Die Beschwerdeführerin ist gemäss Ausführungen des Beistandes auch in der Lage, ihre Rechnungen zu bezahlen. Der Beistand führt in seiner Stellungnahme vom 21. November 2022 indessen auch aus, dass er im Verlaufe der Mandatsführung die Vergesslichkeit der Beschwerdeführerin festgestellt habe. Er befürchte, dass die Menge der anfallenden administrativen Aufgaben die Beschwerdeführerin überfordern könnte. Aus seiner Sicht bestehe bei der Aufhebung der Beistandschaft die Gefahr, dass die Beschwerdeführerin durch ihre Söhne ihren früheren Lebenspartner (Kindsvater) bedrängt und um Geld gebeten werden könnte. Diese Befürchtung erhärtet er mit Beispielen. Für ihn stelle sich auch die Frage, ob es der Beschwerdeführerin gelinge, sich an ihr selbst gewähltes Budget zu halten. In Bezug auf die Selbstwahrnehmung der Kompetenzen der Beschwerdeführerin erwähnt er, durch die Einsetzung eines Beistandes sei der Beschwerdeführerin eine grosse Last von den Schultern gefallen. Durch die Arbeit des Beistandes sei ihr ihre Vergesslichkeit aber andererseits viel weniger vor Augen geführt worden, was bei ihr zu einer Überschätzung betreffend den Umgang mit Geld geführt habe. Er gönne ihr jeden Franken ihres Vermögens, möchte sie aber vor «falschen Freunden» schützen.

 

4.4 Dr. med. D.___ geht in seinem Bericht vom 25. März 2023 (Mail) von einer unveränderten Situation aus. Aus seiner Sicht liege nach wie vor eine dauerhafte Schutzbedürftigkeit aufgrund eines Schwächezustandes vor. Da die Beschwerdeführerin weiterhin mittelschwere bis schwere neuropsychologische Einschränkungen zeige, bedürfe «es vor allem in der Exekutive hinsichtlich aller bürokratischer Belange Hilfe» (Antwort b auf Frage 2). Auf die Frage, ob die Beschwerdeführerin wieder in der Lage sei, ihre persönlichen Angelegenheiten (Vermögenssorge sowie Wohnen und Gesundheit) selbstständig und vollumfänglich in ihrem Interesse wahrzunehmen, meinte er, nein, diese Tatsache werde sich auch nicht mehr ändern, somit sei die Schädigung des Gehirns nach der Reanimation dauerhaft. In Bezug auf den Zahlungsverkehr sei sie nicht als zurechnungsfähig einzustufen.

 

5.1 Es mag durchaus sein, dass sich die gesundheitliche Situation der Beschwerdeführerin etwas gebessert und sie sich in einem gewissen Ausmass erholt hat. Belege hierfür hat die Beschwerdeführerin weder bei der Vorinstanz noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren eingereicht. Aufgrund der Aktenlage ist indessen klar ersichtlich, dass im jetzigen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen werden kann, sie wäre in der Lage, sich um ihre finanziellen Angelegenheiten vollständig selbstständig und in ihrem (nachhaltigen) Interesse zu kümmern. Dies geht sowohl aus dem Bericht des Beistandes vom 21. November 2022 als auch aus dem Antwortmail des Hausarztes vom 25. März 2023 hervor. Der Vertretung der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass der Bericht des Hausarztes knapp ausgefallen ist (und erst auf mehrere Aufforderungen seitens der KESB eingereicht wurde) und Dr. med. D.___ auch nicht Facharzt in Neurologie ist. Dennoch gibt es keine Veranlassung, an dessen Einschätzung hinsichtlich der Hilfsbedürftigkeit der Beschwerdeführerin zu zweifeln. Es braucht keinen Facharzt in Neurologie, um angesichts der von den Fachärzten [...] erhobenen Befunde einschätzen zu können, ob sich an der Situation der Beschwerdeführerin seit der Begutachtung im Bürgerspital etwas geändert hat, zumal diese nur gut ein Jahr zurücklag. Auch darf von einem Arzt erwartet werden, dass er erwähnen würde, wenn er aufgrund von fehlenden Konsultationen – sollte dies zutreffen – keine aktuelle Einschätzung abgeben kann. Derartiges hat Dr. D.___ aber nicht festgehalten, sondern er hat sich klar zur Situation und Hilfsbedürftigkeit der Beschwerdeführerin geäussert.

 

5.2 Im Weiteren kann entgegen der Auffassung der Vertretung der Beschwerdeführerin nicht davon ausgegangen werden, der Beistand habe in seinem Bericht vom 21. November 2022 nicht die aktuelle Situation beurteilt. Im Gegenteil, aus dem Bericht geht deutlich hervor, wie er die Lage seit dem Erhalt der Erbschaft einschätzt und er erwähnt dazu auch Beispiele. Dass in einem solchen Bericht auch noch Gegebenheiten, welche sich zu Beginn des Beistandsmandats ereignet haben, aufgeführt werden, ändert an der Aktualität des Berichts nichts, geht es in einem derartigen Bericht doch darum, die Gesamtsituation darzustellen und dabei kann ohne Weiteres auch auf allfällige frühere Begebenheiten Bezug genommen werden, zumal die Beistandschaft noch nicht einmal 1 Jahr installiert war. Schliesslich kann aus dem Umstand, dass der Beistand im vorliegenden Verfahren keine Stellungnahme abgegeben hat, sicherlich nicht geschlossen werden, er befürworte die Rechtsbegehren und Anliegen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Aufhebung der Beistandschaft. Genauso gut kann dies auch bedeuten, dass er die Beschwerdeführerin mit einer weiteren (abschlägigen) Stellungnahme nicht zusätzlich enttäuschen sie mit weiteren Befürchtungen gegenüber ihren Familienangehörigen belasten wollte. Weshalb er keine Stellungnahme abgegeben hat, muss daher offen bleiben.

 

5.3 Ferner scheint die Beschwerdeführerin selber auch nicht so sicher zu sein, ob sie in der Tat in der Lage sein wird, selbstständig ihr Vermögen zu verwalten und ihren administrativen Verpflichtungen nachzukommen. So hat sie offenbar gegenüber ihrem Beistand nie den Wunsch geäussert, die Beistandschaft aufzuheben und anlässlich der Anhörung vor Ort bei der KESB vom 25. Januar 2023 hat sie ausgeführt, sie könne gut mit Herrn C___ zusammenarbeiten. Anlässlich dieser Anhörung hat sie sich zwar auch dahingehend geäussert, dass sie sich nun bereit fühle, ihre finanziellen Angelegenheiten selbstständig zu erledigen; auf die Frage, welche Rechnungen denn jeden Monat anfielen und wie viel ihr zur Verfügung stünde, konnte sie dann aber keine näheren Angaben machen.

 

5.4 Zusammenfassend geht die KESB derzeit somit zu Recht von einem Schwächezustand der Beschwerdeführerin und einem damit verbundenen Schutzbedarf aus. Der Beistand hat nachvollziehbar und mit Beispielen begründet aufgezeigt, dass die Gefahr besteht, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage ist, in finanziellen Angelegenheiten in ausreichendem Mass vernünftig und in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse zu handeln. Es trifft zwar zu, dass eine Person nicht allein deshalb verbeiständet werden kann, weil sie in einer Art und Weise mit ihrem Geld umgeht, die nach landläufiger Auffassung unvernünftig ist, denn das Erwachsenenschutzrecht dient dem Schutz der hilfsbedürftigen Person, nicht jenem der Erben des Gemeinwesens (Urteil des Bundesgerichts 5A58/2022 vom 1. Februar 2022 E. 4 mit Hinweis). Vorliegend besteht aber die Gefahr, dass die Beschwerdeführerin allfälligen Begehrlichkeiten verschiedener Personen aus ihrem privaten Umfeld aus gesundheitlichen Gründen nicht wird widerstehen resp. sich zur Wehr setzen können. Auch wenn sie momentan über ein beträchtliches Vermögen verfügt, bestünde bei einem raschen Vermögensverzehr die Gefahr, dass das Vermögen nicht ausreichen könnte, um ihren Lebensunterhalt langfristig zu decken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin angesichts des Umstandes, dass sie lange Zeit nicht gearbeitet hat, wohl nur über eine bescheidene AHV-Rente verfügen wird. Sollte ihr Vermögen nicht ausreichen und sie Ergänzungsleistungen beantragen müssen, könnte es zu einer entsprechenden Kürzung kommen, wenn berücksichtigt würde, dass sie ihr Vermögen zuvor zu einem grösseren Teil verschenkt hat. Dies würde sie ganz erheblich treffen und dies gilt es zu verhindern. Es soll möglich sein, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Vermögen nun langfristig ein Leben führen kann, das sie nicht mehr zwingt, auf jeden Rappen achten zu müssen. Die KESB hat den Antrag auf Aufhebung der Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung daher zu Recht abgelehnt.

 

6. Die Beschwerde erweist sich folglich als unbegründet und ist entsprechend abzuweisen.

 

7. Ergänzend anzufügen ist jedoch, dass es absolut nachvollziehbar erscheint, wenn sich die Beschwerdeführerin nun mehr gönnen möchte, als ihr dies bis anhin möglich gewesen ist. Darunter fallen Anschaffungen wie auch Geschenke an ihre Familie und Freunde. Es ist auch verständlich, wenn die Beschwerdeführerin ihre Söhne von ihrem Erbe mit einem gewissen Geldbetrag unterstützen möchte. Sie kann sich diesbezüglich an ihren Beistand wenden, der in dieser Beziehung durchaus grosszügig sein kann. Zu denken ist angesichts ihres Vermögens auch an eine Erhöhung des Betrags, der der Beschwerdeführerin zur freien Verfügung steht, so dass sie es nicht mehr als derart demütigend empfinden muss, wenn sie für eine Anschaffung den Beistand fragen muss (aus den Akten ist nicht ersichtlich, wie hoch dieser Freibetrag ist). Zudem würde dies den Grad der Selbstbestimmung der Beschwerdeführerin erhöhen. Darauf hinzuweisen ist schliesslich, dass die Beschwerdeführerin selbstverständlich erneut einen Antrag auf Aufhebung der Massnahme stellen kann, sollte sich ihre gesundheitliche Situation verbessern. Es ist zu berücksichtigen, dass die Massnahme noch nicht sehr lange besteht und nun immer mehr Aufgaben von ihr selbst ausgeführt werden. Dies gibt Gelegenheit zu prüfen, ob sich dies bewährt.

 

8. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1’000.00 festzusetzen sind. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet. Eine Parteientschädigung kann zufolge Unterliegens nicht zugesprochen werden.

 

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1’000.00 zu bezahlen.

3.    Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Thomann                                                                          Ramseier

 

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.