Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWBES.2023.129 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 10.07.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Das Verwaltungsgericht entschied am 10. Juli 2023 in einem Fall betreffend Beistandschaft für B.___, die an einer schweren dementiellen Entwicklung leidet. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Region Solothurn ordnete eine Vertretungsbeistandschaft an, die vom Beschwerdeführer, A.___, angefochten wurde. Das Gericht stellte fest, dass die Beistandschaft aufgrund des Gesundheitszustands von B.___ gerechtfertigt ist und wies die Beschwerde ab. A.___ muss die Verfahrenskosten von CHF 1'000.00 tragen. |
Schlagwörter: | Einkommen; Spitex; Verwaltung; Verwaltungsgericht; Beistand; Angelegenheiten; Person; Vermögens; Region; Solothurn; Entscheid; Akten; Beistandschaft; Erwachsenenschutzbehörde; Schwägerin; Ehefrau; Unterstützung; Recht; Vertretung; Urteil; Zuchwil; Pflege; Abklärungsbericht; Dienste; Vertretungsbeistandschaft; Massnahme; Schwächezustand; Entwicklung; änkt |
Rechtsnorm: | Art. 388 ZGB ; Art. 389 ZGB ; Art. 394 ZGB ; Art. 395 ZGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VWBES.2023.129 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Entscheiddatum: | 10.07.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_VW.2023.151 |
Titel: | Beistandschaft |
Resümee: |
Verwaltungsgericht
Urteil vom 10. Juli 2023 Es wirken mit: Präsident Thomann Oberrichter Müller Oberrichter Frey Gerichtsschreiberin Gottesman In Sachen A.___, vertreten durch Rechtsanwältin Irène Lehmann,
Beschwerdeführer
gegen
Beschwerdegegnerin
betreffend Beistandschaft zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. B.___ (geb. […] 1931) leidet an einer schweren dementiellen Entwicklung, welche sie in der Kommunikation und Mobilisation einschränkt. Am 25. November 2022 erstatteten die Spitex-Dienste Zuchwil der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Region Solothurn Meldung, da B.___ in der Wohnung ihrer Schwester und ihres Schwagers keine angemessene Pflege und Betreuung erhalte.
2. Gestützt auf den Abklärungsbericht der Sozialen Dienste Zuchwil-Luterbach vom 22. Februar 2023 ordnete die KESB Region Solothurn am 9. März 2023 für B.___ per 9. April 2023 eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung an. Die KESB setzte C.___, Soziale Dienste Zuchwil-Luterbach, als Beistand ein und übertrug diesem folgende Aufgaben:
- B.___ beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere auch im Verkehr mit Behörden, Ämtern (u.a. mit dem Betreibungs- und Konkursamt), Banken, Post, (Sozial-) Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen; - B.___ beim Erledigen der finanziellen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere das gesamte Einkommen und Vermögen sorgfältig zu verwalten; - Stets für eine geeignete Wohnsituation bzw. Unterkunft besorgt zu sein und B.___ bei allen in diesem Zusammenhang erforderlichen Handlungen zu vertreten.
3. Gegen diesen Entscheid wandte sich A.___, der Schwager von B.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt), vertreten durch Rechtsanwältin Irène Lehmann, mit Beschwerde vom 12. April 2023 an das Verwaltungsgericht und beantragte, der Entscheid der KESB Region Solothurn vom 9. März 2023 sei vollumfänglich aufzuheben, eventualiter sei die Angelegenheit zur Wiedererwägung an die Vorinstanz zurückzuweisen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
4. Mit Vernehmlassung vom 20. April 2023 schloss die KESB Region Solothurn auf Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge.
5. Am 15. Mai 2023 reichte die KESB Region Solothurn eine Meldung der Spitex vom 12. Mai 2023 zu den Akten.
6. Der Beistand liess sich innert Frist nicht zur Beschwerde vernehmen.
7. Der Beschwerdeführer replizierte am 25. Mai 2023.
8. Für die weiteren Ausführungen der Parteien wird auf die Akten verwiesen; soweit erforderlich, ist im Folgenden darauf einzugehen.
II.
1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. Art. 450 Abs. 1 Schweizerisches Zivilgesetzbuch [ZGB, SR 210] i.V.m. § 130 Abs. 1 Gesetz über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [EG ZGB, BGS 211.1]). Der Beschwerdeführer ist als Schwager von B.___ eine nahestehende Person gemäss Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB und daher beschwerdelegitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Gemäss Art. 390 Abs. 1 Ziffer 1 ZGB errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Beistandschaft, wenn eine volljährige Person wegen einer geistigen Behinderung, einer psychischen Störung eines ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustandes ihre Angelegenheiten nur teilweise gar nicht besorgen kann. Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes stellen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicher. Sie sollen die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und fördern (Art. 388 ZGB). Jede behördliche Massnahme muss erforderlich und geeignet sein (Art. 389 Abs. 2 ZGB).
3. Das Erwachsenenschutzrecht kennt verschiedene Arten von Beistandschaften. Gemäss Art. 394 Abs. 1 ZGB wird eine Vertretungsbeistandschaft errichtet, wenn die hilfsbedürftige Person bestimmte Angelegenheiten nicht erledigen kann und deshalb vertreten werden muss. Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung nach Art. 395 ZGB, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens das gesamte Vermögen das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen (Abs. 1). Die Verwaltungsbefugnisse umfassen auch die Ersparnisse aus dem verwalteten Einkommen die Erträge des verwalteten Vermögens, wenn die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes verfügt (Abs. 2). Ohne die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken, kann ihr die Erwachsenenschutzbehörde den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen (Abs. 3).
4. Im vorliegenden Fall geht die Vorinstanz von einem Schwächezustand von B.___ aus, der auf eine schwere Demenz zurückzuführen ist. Dies wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Die Spitex-Dienste Zuchwil wiesen in ihrer Gefährdungsmeldung auf eine schwere dementielle Entwicklung von B.___ hin. Gleiches geht auch aus dem Austrittsbericht der Klinik Schönberg (vgl. Urkunde 10) und dem ärztlichen Zeugnis von Dr. med. […] vom 14. Dezember 2022 hervor. Insgesamt ist erstellt, dass bei B.___ eine dementielle Entwicklung und damit ein Schwächezustand im Sinn von Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB vorliegt.
5. Nicht bestritten wird vom Beschwerdeführer auch, dass B.___ aufgrund ihres Schwächezustandes ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann. Der Beschwerdeführer macht hingegen geltend, er kümmere sich um die Angelegenheiten seiner Schwägerin. Er verwalte ihr Einkommen und Vermögen. Dass er dies seit Jahren ohne Beanstandungen erledige, zeige sich darin, dass der Betreibungsregisterauszug von B.___ weder Betreibungen noch Verlustscheine aufweise. Mahnungen seien ebenfalls keine bekannt. Die Rechnungen der Spitex würden jeweils fristgerecht bezahlt. Der Vorwurf der KESB, er habe es versäumt, das Gesuch um Hilflosenentschädigung für seine Schwägerin eingereicht zu haben, sei unzutreffend. Er gibt an, da die Schwägerin über ein monatliches Einkommen von CHF 5'092.00 verfüge und somit über ein höheres Einkommen als mancher Familienvater, habe er darauf verzichtet, decke doch ihr Einkommen ihre Ausgaben weitestgehend.
6. Die 91-jährige Schwägerin des Beschwerdeführers befand sich infolge eines Oberschenkelhalsbruches vom 28. November 2022 bis am 22. Dezember 2022 in der Klinik Schönberg. Sie wurde nach Hause entlassen, nachdem zwischen dem Beschwerdeführer, dessen Ehefrau und der zuständigen Spitex eine Vereinbarung unterzeichnet wurde, um die fachliche Pflege und angemessene Betreuung von B.___ zu gewährleisten. B.___ wird zwar durch den Beschwerdeführer und dessen Ehefrau, die im gleichen Haushalt wohnen, bei der Pflege und Betreuung unterstützt. Allerdings ist aufgrund der Akten davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner eigenen körperlichen Verfassung (insb. Hüftprobleme) in seiner Unterstützung für seine Schwägerin eingeschränkt ist. Der Beschwerdeführer, seine Ehefrau und B.___ nehmen zwar Unterstützungsangebote Dritter (Spitex, Mahlzeitendienst, Wäscherei) in Anspruch. Allerdings bestehen aufgrund der Akten Zweifel an der vom Beschwerdeführer beteuerten Kooperation mit den Behörden, gestaltet sich doch zumindest die Zusammenarbeit mit der Spitex nicht immer einfach. In den Akten dokumentiert sind auch beleidigende Äusserungen der Ehefrau des Beschwerdeführers gegenüber den Spitex-Mitarbeitenden. Mit Blick auf den deutlich eingeschränkten körperlichen und geistigen Zustand von B.___ reicht jedenfalls familiäre Unterstützung für die Regelung ihrer Angelegenheiten nicht mehr aus. Zudem ist aufgrund der Akten davon auszugehen, dass die vom 84-jährigen Beschwerdeführer und seiner Ehefrau erbrachte Fürsorge deren Kräfte zunehmend übersteigt.
7. Die involvierten Fachpersonen wie Spitex, Klinik Schönberg und die Verfasserin des Abklärungsberichtes vom 22. Februar 2023 sind sich einig, dass B.___ Unterstützung in den Lebensbereichen Wohnen, Finanzen und Administration benötigt. Diese Empfehlungen basieren auf aktenkundigen Umständen wie beispielsweise unbefriedigende Wohnsituation (schmutzig, unordentlich; Email Spitex vom 25. November 2022), Tagesablauf (liege nur im Bett, keine Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten; Abklärungsbericht vom 22. Februar 2023), fragwürdige Medikamentenabgabe (B.___ werde morgens ab und zu «verladen» angetroffen; E-Mail Spitex vom 5. Mai 2023) und insbesondere auch die erschwerten und nicht befriedigenden Pflegemöglichkeiten. Dies deutet alles darauf hin, dass der Beschwerdeführer zusammen mit seiner Schwester in der Unterstützung von B.___ (verständlicherweise) überfordert ist. Da sich der Gesundheitszustand der Schutzbedürftigen gemäss ärztlichen Angaben weiter verschlechtert, dürfte sich auch die Überlastung weiter verstärken.
8. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Referentin des Abklärungsberichtes zu Recht auf ein Gespräch mit B.___ verzichtet hat, da mehrfach ärztlich dokumentiert ist, dass die Handlungs- und Urteilsfähigkeit zu den einfachsten Fragen und Entscheidungen nicht gegeben sei (ärztliches Zeugnis Dr. med. […] vom 14. Dezember 2022).
9. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich eine Verbeiständung von B.___ offensichtlich aufdrängt. Die behördliche Massnahme wurde an ihre Lebenssituation angepasst. Obschon B.___ vollumfänglich auf Drittunterstützung angewiesen ist, ordnete die Vorinstanz einzig eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung an. Namentlich der Bereich Gesundheit und Vertretung in medizinischen Massnahmen bei Urteilsunfähigkeit ist von der Beistandschaft nicht umfasst. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit wurde jedenfalls eingehalten.
10. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'000.00 festzusetzen und mit dem geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen sind. Die Ausrichtung einer Parteientschädigung kommt bei diesem Ergebnis nicht in Frage.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00 zu tragen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts
Der Präsident Die Gerichtsschreiberin
Thomann Gottesman
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