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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2023.127)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2023.127
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2023.127 vom 13.04.2023 (SO)
Datum:13.04.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Das Verwaltungsgericht hat am 13. April 2023 über eine Beschwerde von A.___ entschieden, der eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verbüsst. Er wollte an der Trauerfeier seines verstorbenen Rechtsvertreters teilnehmen, was ihm verwehrt wurde. Das Gericht entschied, dass das Interesse an der Beschwerde nicht mehr aktuell sei, da die Trauerfeier bereits stattgefunden hatte. Daher wurde auf die Beschwerde nicht eingetreten und keine Kosten erhoben.
Schlagwörter: Recht; Verwaltungs; Interesse; Verwaltungsgericht; Bundesgericht; Urteil; Entscheid; Justizvollzug; Teilnahme; Verfügung; Rechtsschutzinteresse; Beurteilung; Urteils; Oberrichter; Departement; Innern; Gesuch; Trauerfeier; Begründung; Einzelfall; Frist; Gefangenen; Umstände; Sachurlaub; Thomann; Gerichtsschreiberin; Blut-Kaufmann
Rechtsnorm: Art. 48 VwVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Bernhard Waldmann, Philippe Weissenberger, Praxis Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVG], Zürich, Art. 48 VwVG, 2016
Entscheid
 
Geschäftsnummer: VWBES.2023.127
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 13.04.2023 
FindInfo-Nummer: O_VW.2023.87
Titel: Sachurlaub

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

 

Urteil vom 13. April 2023

Es wirken mit:

Oberrichter Thomann, Vorsitz

Oberrichter Frey    

Oberrichterin Weber-Probst

Gerichtsschreiberin Blut-Kaufmann

In Sachen

A.___    

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

 

1.    Departement des Innern,    vertreten durch Rechtsdienst Departement des Innern,   

 

2.    Amt für Justizvollzug,    

 

Beschwerdegegner

 

 

betreffend     Sachurlaub


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. A.___, der in der Justizvollzugsanstalt [...] eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verbüsst, stellte am 16. März 2023 beim Amt für Justizvollzug ein Gesuch um Teilnahme an der Trauerfeier seines langjährigen Rechtsvertreters, Dr. iur. [...], sel., stattfindend am 31. März 2023 auf dem [...] in Zürich.

 

2. Mit Verfügung vom 28. März 2023 wies das Amt für Justizvollzug das Gesuch ab.

 

3. Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das Departement des Innern mit Entscheid vom 31. März 2023 ebenfalls ab.

 

4. Gegen diesen Entscheid erhebt A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt) am 9. April 2023 Beschwerde an das Verwaltungsgericht und stellt folgende Anträge:

 

1.    Der Beschwerdeentscheid ist aus dem Recht zu weisen.

2.    Ich beantrage die unentgeltliche Rechtspflege.

 

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, er wisse, dass eine Teilnahme nicht mehr möglich sei, sei aber der Meinung, dass immer noch ein Rechtsschutzinteresse bestehe. Bei einem Todesfall müsse immer sehr rasch entschieden werden. Er wolle verhindern, dass der stossende Entscheid für zukünftige Fälle als Begründung herangezogen werde.

 

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung grundsätzlich zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz [GO, BGS 125.12] i.V.m. § 36 Abs. 2 des Gesetzes über den Justizvollzug [JUVG, BGS 331.11]).

 

2.1 Nach § 12 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, BGS 124.11) ist zur Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, wer durch eine Verfügung einen Entscheid besonders berührt wird und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung Änderung hat.

 

Anders als der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, für den die Aktualität des Rechtsschutzinteresses kein relevantes Kriterium ist, erachten das Bundesgericht und das Bundesverwaltungsgericht ein Interesse in der Regel nur dann als schutzwürdig, wenn es im Urteilszeitpunkt noch aktuell und praktisch ist, weil der mit der angefochtenen Verfügung verbundene strittige Nachteil noch besteht und insofern im Rahmen eines Urteils auch behoben werden könnte. Ein solches Rechtsschutzinteresse wird von vornherein verneint, wenn rein theoretische Probleme zur Diskussion gestellt werden, was der Prozessökonomie zuwiderliefe. Praxisgemäss wird das Interesse an der Beschwerde als nicht mehr aktuell (und damit auch nicht mehr praktisch) erachtet, wenn der angefochtene Akt im Urteilszeitpunkt keine Rechtswirkungen mehr entfaltet, weil er in der Zwischenzeit ausser Kraft getreten ist das Ereignis, auf das er sich bezogen hatte, bereits stattgefunden hat.

 

Allerdings wird auf das aktuelle praktische Interesse verzichtet, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen könnten, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt. Dieser «ausnahmsweise Verzicht» dient gemäss Bundesgericht dem allgemeinen Interesse an richterlicher Klärung, nicht aber dem Interesse des Einzelnen, im konkreten Fall noch eine gerichtliche Beurteilung zu erhalten, die ihm aufgrund des weggefallenen aktuellen Interesses «nichts mehr nützen» würde. Anderes gilt gemäss Bundesgericht nur, wenn es um die Feststellung der Verletzung von Art. 5 Abs. 3 bzw. Abs. 4 EMRK (Anspruch des Untersuchungsgefangenen auf unverzügliche Vorführung vor einen Richter/Anspruch auf gerichtliche Beurteilung des Freiheitsentzugs innerhalb kurzer Frist) geht, weil der EGMR in solchen Fällen trotz fehlendem aktuellem Rechtsschutzinteresse die Sache materiell beurteilt, auch wenn sich das Bundesgericht dazu nicht geäussert hat (vgl. Vera Marantelli/Said Huber in: Bernhard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVG], Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 48 VwVG N 15 mit Hinweis auf Urteil des Bundesgerichts 2C_11/2012 vom 25. April 2012 E. 2.2).

 

2.2 Vorliegend ist die Bewilligung zur Teilnahme an der Gedenkfeier vom 31. März 2023 nicht mehr möglich, da das Datum bereits verstrichen ist. Ein aktuelles praktisches Interesse an der Beurteilung der Beschwerde besteht somit nicht mehr.

 

2.3 Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, dass sich die Frage jederzeit wieder stellen könnte und eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre, da Trauerfeiern in der Regel kurzfristig angesetzt würden. Dies mag im Allgemeinen zutreffen, doch lässt sich die Frage, ob einem Strafgefangenen die Teilnahme an einer Trauerfeier zu bewilligen sei, nie allgemein beantworten. Diese Frage muss immer bezogen auf den Einzelfall beurteilt werden, indem abgeklärt wird, wie nah der Verstorbene dem Strafgefangenen gestanden hat, wie dies auch vorliegend durch die Vorinstanzen gemacht wurde. Die Frage wird sich somit nie unter gleichen ähnlichen Umständen wieder stellen, sondern sind die Umstände immer andere. Es besteht zudem auch kein öffentliches Interesse an der Beantwortung der aufgeworfenen Frage.

 

3. Mangels eines schutzwürdigen Interesses ist somit auf die Beschwerde nicht einzutreten. Für das Verfahren vor Verwaltungsgericht sind ausnahmsweise keine Kosten zu erheben. Das gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist damit als gegenstandslos abzuschreiben.

 

Demnach wird beschlossen:

 

1.    Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.    Für das Verfahren vor Verwaltungsgericht werden keine Kosten erhoben.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

 

 

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Das präsidierende Mitglied                                               Die Gerichtsschreiberin

 

 

Thomann                                                                          Blut-Kaufmann

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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