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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2022.455)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2022.455: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat am 3. August 2023 über den Familiennachzug einer in Nordmazedonien lebenden Mutter eines Schweizer Bürgers entschieden. Das Migrationsamt lehnte das Gesuch ab, woraufhin der Beschwerdeführer Beschwerde einreichte. Das Gericht prüfte die Voraussetzungen für den Familiennachzug gemäss dem Bundesgesetz über Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration. Es stellte fest, dass die Mutter des Beschwerdeführers nicht genügend eigenständige Beziehungen zur Schweiz nachweisen konnte und wies die Beschwerde ab. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von CHF 1'500.00 muss der Beschwerdeführer tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2022.455

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2022.455
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2022.455 vom 03.08.2023 (SO)
Datum:03.08.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Schweiz; Mutter; Beziehung; Beschwerde; Beziehungen; Beschwerdeführers; Urteil; Familie; Recht; Aufenthalt; Verwandte; Gehör; Person; Kinder; Verwaltungsgericht; Entscheid; Verwandten; Beilage; Migrationsamt; Schweizer; Bundesverwaltungsgerichts; Besuch; Voraussetzung; Abhängigkeit; Enkel
Rechtsnorm: Art. 27 ZGB ;Art. 28 AIG ;Art. 30 AIG ;Art. 328 ZGB ;Art. 42 AIG ;Art. 8 EMRK ;Art. 96 AIG ;
Referenz BGE:129 II 17; 135 I 143; 135 II 286; 137 I 195; 139 I 330;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2022.455

 
Geschäftsnummer: VWBES.2022.455
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 03.08.2023 
FindInfo-Nummer: O_VW.2023.167
Titel: Familiennachzug

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

 

Urteil vom 3. August 2023

Es wirken mit:

Präsident Thomann

Oberrichter Werner

Oberrichterin Hunkeler    

Gerichtsschreiberin Law

In Sachen

A.__

 

Beschwerdeführer

 

 

 

gegen

 

 

 

Departement des Innern,  vertreten durch Migrationsamt, 

 

Beschwerdegegner

 

 

 

 

betreffend     Familiennachzug


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Am 27. September 2022 ersuchte der Schweizer Bürger A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) um Nachzug seiner in Nordmazedonien lebenden Mutter, [...], geb. [...] 1952.

 

2. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs wies das Migrationsamt namens des Departements des Innern das Gesuch um Familiennachzug am 18. November 2022 ab.

 

3. Dagegen liess der Beschwerdeführer Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben und folgende Rechtsbegehren stellen:

 

1.     Es sei die Verfügung des Migrationsamtes vom 18. November 2022 aufzuheben.

2.     Frau [...] sei die Einreise in die Schweiz zu bewilligen.

3.     Frau [...] sei die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

4.     Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

 

4. Mit Stellungnahme vom 23. Februar 2023 schloss das Migrationsamt namens des Departements des Innern auf vollumfängliche Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge.

 

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er im Rahmen des rechtlichen Gehörs eine Fristerstreckung beantragt habe. Das Gesuch sei durch das Migrationsamt nie behandelt worden. Er habe somit keine Gelegenheit erhalten, effektiv am Verfahren mitwirken und an den Beweisvorkehren teilnehmen zu können.

 

2.2 Das rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV, SR 101) dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines solchen Entscheides zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht somit alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 135 II 286 E. 5.1 S. 293 mit Hinweisen).

 

2.3 Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs kann ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus - im Sinne einer Heilung des Mangels - selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 137 I 195 E. 2.3.2 m.w.H.).

 

2.4 Inwiefern das Migrationsamt das rechtliche Gehör verletzt haben soll, ist nicht ersichtlich. Auch wenn das Migrationsamt dem Fristerstreckungsgesuch nicht explizit entsprochen hat, konnte der Beschwerdeführer im Vorverfahren genügend Stellung nehmen, was er denn auch selber einräumt. Zudem erging der Entscheid des Migrationsamtes einen Monat nach Gewährung des rechtlichen Gehörs. Während dieser Zeit hätte der Beschwerdeführer u.a. aufgrund seiner Mitwirkungspflicht nach § 26 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, BGS 124.11) laufend Unterlagen zu seiner Stellungnahme einreichen können, dies auch ohne explizite Fristerstreckung. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt demzufolge nicht vor. Im Übrigen wäre eine Gehörsverletzung im Beschwerdeverfahren geheilt worden, erhielt der Beschwerdeführer doch im vorliegenden Beschwerdeverfahren die Möglichkeit, sich vor dem Verwaltungsgericht, das sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtsanwendung frei überprüfen kann (vgl. § 67bis VRG), umfassend zu äussern.

 

3.1 Gemäss Art. 42 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG, SR 142.20) haben ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Schweizerinnen und Schweizern Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen.

 

3.2 Die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Mutter fällt nicht unter Art. 42 AIG. Zudem wohnen der Beschwerdeführer und seine Mutter nicht zusammen. Die Voraussetzungen von Art. 42 AIG sind somit nicht erfüllt.

 

4.1 Gemäss Art. 28 AIG können Ausländerinnen und Ausländer, die nicht mehr erwerbstätig sind, zugelassen werden, wenn sie ein vom Bundesrat festgelegtes Mindestalter erreicht haben (lit. a), besondere persönliche Beziehungen zur Schweiz besitzen (lit. b) und über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen (lit. c).

 

4.2 Das Mindestalter für die Zulassung von Rentnern beträgt 55 Jahre (Art. 25 Abs. 1 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR 142.201]). Die gesuchstellende Person muss gemäss Art. 25 Abs. 2 VZAE besondere persönliche Beziehungen zur Schweiz nachweisen. Besondere persönliche Beziehungen liegen nach Art. 28 lit. b AIG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 VZAE insbesondere vor, wenn längere frühere Aufenthalte in der Schweiz (mit ausländerrechtlicher Bewilligung), intensive geschäftliche private Beziehungen (regelmässige nachgewiesene Ferien- und Touristenaufenthalte) gemäss lit. b enge Beziehungen zu nahen Verwandten (Eltern, Kinder, Enkelkinder, Geschwister) nachgewiesen werden enge Beziehungen zu nahen Verwandten in der Schweiz bestehen. Eine enge Beziehung zu nahen Verwandten in der Schweiz i.S.v. Art. 25 Abs. 2 lit. b VZAE führt nicht bereits zur Annahme, dass eine besondere persönliche Beziehung zur Schweiz gemäss Art. 28 lit. b AIG vorliegt. Für das Vorliegen einer besonderen persönlichen Beziehung zur Schweiz werden vielmehr eigenständige, von den Angehörigen unabhängige (resp. von Familienangehörigen losgelöste) Beziehungen soziokultureller persönlicher Art, wie beispielsweise Verbindungen zum örtlichen Gemeinwesen, Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen direkte Kontakte mit der einheimischen Bevölkerung vorausgesetzt. Hingegen genügen allein Beziehungen zu hier lebenden Verwandten, wirtschaftliche Beziehungen Grundeigentum in der Schweiz nicht für die Annahme einer besonderen persönlichen Beziehung zur Schweiz (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2014, C-1156/2012 E. 10.2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. September 2012, C-797/2011, E. 9.1.7). Hierdurch soll der Gefahr der Abhängigkeit sozialen Isolation begegnet und der zu erwartende Integrationserfolg sichergestellt werden (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. August 2017, F-3240/2016, E. 10.2). Vor dem Hintergrund der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung und der entsprechenden Belastung der Sozialwerke und Krankenkassen ist der Zuzug wirtschaftlich nicht aktiver Personen, die nie Beiträge daran gezahlt haben, sehr restriktiv zu regeln (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, 17. Februar 2014, C-1156/2012, E. 7.4 ff.). Dies widerspiegelt sich schon im Wortlaut von Art. 28 lit. b AIG, wo besondere persönliche Beziehungen zur Schweiz und nicht bloss enge Beziehungen in der Schweiz verlangt werden. Zudem ergibt sich das Erfordernis einer über verwandtschaftliche und familiäre Kontakte zu hier lebenden Personen hinausgehenden Beziehung zur Schweiz aus dem systematischen Kontext, sind doch die Nachzugsbedingungen aufgrund blosser familiärer Beziehungen in Art. 47 AIG und Art. 73 VZAE geregelt und sollte mit Art. 28 AIG nicht etwa ein vereinfachter Familiennachzug in aufsteigender Linie eingeführt werden (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. August 2017, F-3240/2016, E. 10.2).

 

4.3 Bei der Prüfung der notwendigen finanziellen Mittel i.S.v. Art. 28 lit. c AIG ist anhand der statistischen Lebenserwartung (gemäss Angaben des Bundesamts für Statistik; vgl. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bevoelkerung/geburten-todesfaelle/lebenserwartung.html; zuletzt besucht am 31. Juli 2023) annäherungsweise eine Gesamtrechnung vorzunehmen. Die notwendigen finanziellen Mittel liegen gemäss Art. 25 Abs. 2 VZAE vor, wenn sie den Betrag übersteigen, der einen Schweizer eine Schweizerin und allenfalls seine ihre Familienangehörigen zum Bezug von Ergänzungsleistungen (EL) nach dem Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG, SR 831.10) berechtigt. Das ist dann der Fall, wenn die anrechenbaren Einnahmen die anerkannten Ausgaben übersteigen (Art. 9 Abs. 1 ELG). Die anerkannten Ausgaben sowie die anrechenbaren Einnahmen von Ehegatten werden zusammengerechnet (Art. 9 Abs. 2 ELG). Es müssen genügend Mittel vorhanden sein, damit die betreffende Person bis an ihr Lebensende ohne Beanspruchung von Sozialhilfeleistungen und ohne Ergänzungsleistungen ihr Leben in der Schweiz finanzieren kann. Die entsprechenden Mittel müssen in Form von Sparguthaben, Renten, Vermögenserträgen durch Vermögenswerte wie Obligationen, Aktien, Edelmetalle und Immobilien nachgewiesen werden. Leistungen Dritter, insbesondere finanzielle Leistungenoder Naturalleistungen von Verwandten, können nur in engen Grenzen berücksichtigt werden. Wegen des Verbots der übermässigen Selbstbindung im Sinne von Art. 27 des Zivilgesetzbuchs (ZGB, SR 210) können sich beispielsweise Nachkommen nur sehr beschränkt rechtlich bindend zu Leistungen an ihre Eltern verpflichten. Was darüber hinausgeht, hat lediglich moralische, aber nicht rechtlich bindende Wirkung. Eine Verpflichtung zur lebenslänglichen Unterhaltsgewährung sprengt in der Regel die Grenzen der zulässigen Selbstverpflichtung nach Art. 27 ZGB. Leistungen Dritter werden deshalb nur bis zu einem Viertel der Lebensunterhaltskosten und für die Dauer von zwei Jahren akzeptiert. Eine gesetzliche Pflicht, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not gerieten, ergibt sich nach Art. 328 Abs. 1 ZGB nur für Verwandte, die in «günstigen Verhältnissen» leben. Solche liegen nach den SKOS-Richtlinien u.a. vor, wenn eine verheiratete Person ein steuerbares Einkommen von mehr als CHF 180'000.00 ein Vermögen von mehr als CHF 500'000.00 aufweist (vgl. SKOS-Richtlinien, D 4.3).

 

4.4 Art. 28 AIG vermittelt selbst bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen keinen Anspruch auf eine Bewilligungserteilung. Der Entscheid darüber steht vielmehr im pflichtgemässen Ermessen, welcher nach den Kriterien gemäss Art. 96 AIG zu treffen ist. Aufgrund der zunehmenden Belastung der Sozialwerke und Krankenkassen ist der Zuzug wirtschaftlich nicht aktiver Personen, die nie Beiträge daran gezahlt haben, restriktiv zu regeln (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-1156/2012 vom 17. Februar 2014 E. 7.4ff.).

 

5.1 Die Mutter des Beschwerdeführers war bei Gesuchseinreichung 70 Jahre alt und hat somit das Mindestalter von 55 Jahren unbestrittenermassen erreicht. Folgend ist zu prüfen, ob die weiteren kumulativen Voraussetzungen nach Art. 28 AIG vorliegend erfüllt sind.

 

5.2 Der Beschwerdeführer bringt vor, dass es sich bei der Schweiz um die zweite Heimat seiner Mutter handle, so reise sie seit 25 Jahren zwecks Ferien regelmässig in die Schweiz und besuche hier Familie, Freunde und Bekannte. Bereits über 30 Mal habe sie sich in der Schweiz aufgehalten, wobei sie knapp jeweils 90 Tage geblieben sei. Seit einiger Zeit habe sich ihr Lebensmittelpunkt immer mehr in die Schweiz verlagert. Anlässlich jeder Geburt ihrer acht Enkel sei seine Mutter in die Schweiz gereist. Auch zahlreiche Schulaufführungen der Enkel, Geburtstage der Kinder und Enkelkinder sowie weitere wichtige Familienanlässe hätten seiner Mutter jedes Jahr zahlreiche gute Gründe für Reisen in die Schweiz gegeben. In der Schweiz habe seine Mutter einen eigenen Freundeskreis aufgebaut, auf eigene Faust zahlreiche Ausflüge unternommen und sich für die Traditionen der Schweiz interessiert. So würden die Ferienaufenthalte auch für Treffen mit ihren Freunden dienen. Nach dem Tod des Ehemannes am 27. Mai 2022 verbinde sie nicht mehr viel mit Nordmazedonien. Zu den Ausführungen wurden diverse Fotos und Schreiben von Drittpersonen eingereicht, welche besagen, dass sie zur Mutter des Beschwerdeführers gewisse Kontakte pflegen.

 

5.3 Die Mutter des Beschwerdeführers unterhält zwar enge Beziehungen zu nahen Verwandten in der Schweiz und hat diese in der Vergangenheit wiederholt besucht. Wie bereits erwähnt, genügt das Vorhandensein enger Beziehungen zu in der Schweiz lebenden Verwandten für sich allein noch nicht für die Annahme des Bestehens von besonderen persönlichen Beziehungen zur Schweiz. Von den bestehenden Beziehungen zu den in der Schweiz ansässigen Familienangehörigen kann die Mutter des Beschwerdeführers somit nichts zu ihren Gunsten ableiten. Vielmehr müssen eigenständige, von den Angehörigen unabhängige Beziehungen soziokultureller und persönlicher Art vorhanden sein.

 

5.4 Der Beschwerdeführer bringt das Bestehen diverser Freundschaften der Mutter mit mehreren Schreiben von Drittpersonen vor. Aus den Angaben darüber, wie diese Per­sonen die Mutter des Beschwerdeführers kennengelernt haben, geht hervor, dass sie u.a. durch die Schwiegertochter der Mutter in Kontakt mit ihr gekommen sind, so insbe­sondere [...] und [...] (Beilage 18, 19). Zudem handelt es sich bei einer Drittperson um eine Nachbarin des aktuellen Wohnorts des Beschwerdeführers ([...], Beilage 14), resp. um eine Anwohnerin des ehemaligen Wohnortes ([...], Beilage 17), indem diese nach ihrem Zuzug nach […] die Mutter kennengelernt haben soll. Wie die Mutter des Be­schwerdeführers [...] und [...] kennengelernt hat, geht aus deren Schreiben nicht hervor (Beilage 15, 16). So sind denn auch einzig zwei Fotos von [...] und der Mutter des Beschwerdeführers eingereicht worden, welche beide am gleichen Tag gemacht wur­den. Auch von [...] liegt lediglich ein einziges Foto vor. Aus den Schilderungen des Beschwerdeführers und von [...] ist anzunehmen, dass die Mutter des Beschwer­deführers wohl eigenständig auf einem Flug von Skopje in die Schweiz [...] kennen­gelernt hat (Beilage 13). Auch wenn sie sich seit mehreren Jahren kennen sollten und [...] einen unbelegten Besuch in Nordmadezonien geltend macht, geht aus ihrem Schrei­ben nicht hervor, wie fest und vertieft ihre Beziehung zur Mutter des Beschwerdeführers ist, zumal auch keine gemeinsamen Fotos eingereicht wurden. Die durch die Schwieger­tochter vermittelten sowie nachbarschaftlichen Beziehungen vermögen keine beson­deren persönlichen Beziehungen zur Schweiz begründen (vgl. Urteil des Bundesverwal­tungsgerichts F-3240/2016 vom 31. August 2017). Zudem berichten mehrere Drittpersonen in ihren Schreiben von Sprachbarrieren der Mutter des Beschwer­deführers (Beilage 14, 17, 19). Vertiefte Freundschaften sind deswegen unwahrschein­lich. Zudem ist davon auszugehen, dass die Mutter des Beschwerdeführers aufgrund der bestehenden Sprachbarriere im Fall eines Nachzuges weitgehend von der einhei­mischen deutschsprachigen Bevölkerung isoliert und abhängig von ihren hier lebenden Verwandten wäre.

 

5.5 Die Mutter des Beschwerdeführers hielt sich seit 25 Jahren praktisch jährlich ein- bis zweimal in der Schweiz auf (Beilage 11). Die wiederholten Besuche erfolgten allerdings stets zur Pflege der Familienbande, so erfolgten diverse Besuche, eigenen Aussagen zufolge, nach den Geburten der Enkelkinder, zu Geburtstagen der Familienangehörigen sowie aufgrund von weiteren wichtigen Familienanlässen. Die Mutter des Beschwerdeführers hätte sich somit nicht in die Schweiz begeben, würden deren Kinder und Enkelkinder nicht hierzulande leben. Die Besuche sind somit nicht aus Gründen der Verbundenheit mit der Schweiz selbst erfolgt. Mit den Familienbesuchen einhergehend waren die Besuche ihrer Bekannten, wonach gemäss den geschilderten Situationen kein Besuch der Schweiz einzig zum Zwecke des Besuchs von Bekannten erfolgte. Es kann angenommen werden, dass die Mutter des Beschwerdeführers diverse Städte und Kantone der Schweiz während ihres Aufenthaltes besuchte. Dass im Rahmen ihrer Besuche auch Ausflüge innerhalb der Schweiz unternommen wurden, führt noch nicht zur Annahme besonderer Beziehungen zum Land, weil derartige Aktivitäten - wie aus den durch den Beschwerdeführer ins Recht gelegten Fotografien klar hervorgeht - stets zusammen mit den Familienangehörigen erfolgten (Beilage 12, 20). Auf besondere persönliche Beziehungen zur Schweiz kann somit trotz zahlreicher hiesigen Aufenthalten nicht geschlossen werden.

 

5.6 Somit liegen keine genügenden eigenständige, von den Angehörigen unabhängigen Beziehungen soziokultureller persönlicher Art vor. Auch ist fraglich, ob die Mutter des Beschwerdeführers der deutschen Sprache genügend mächtig ist. Die Gefahr einer Abhängigkeit von den Angehörigen der sozialen Isolierung ist somit nicht auszuschliessen. Das gilt es - wie bereits gesagt - zu vermeiden, läuft dies doch einer zu erwartenden Integration zuwider (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-1156/2012 vom 17.2.2014 E. 10.2 mit Verweisen).

 

6. Auch wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass seine Mutter unter Berücksichtigung des Vermögens ihrer Nachkommen über genügend finanzielle Mittel verfügt, erübrigt sich die weitere Überprüfung des Vorhandensein von notwendigen Mitteln nach Art. 28 lit. c AIG aufgrund der fehlenden kumulativen Voraussetzung von Art. 28 lit. b AIG, zumal eine Selbstverpflichtung nur in sehr beschränktem Rahmen möglich ist (vgl. E II 4.3).

 

7.1 Das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK, SR 0.101) verschafft keinen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt auf einen besonderen Aufenthaltstitel (vgl. BGE 139 I 330 E. 2.1; 137 I 247 E, 4.1.1). In den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fällt in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Beziehungen zwischen Ehegatten sowie jene zwischen Eltern und minderjährigen Kindern, welche im gemeinsamen Haushalt leben (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.2). Über die Kernfamilie kann Art. 8 EMRK für nahe Verwandte einer in der Schweiz fest anwesenheitsberechtigten Person ein Aufenthaltsrecht entstehen lassen. Das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern ist dabei nur geeignet, um einen Bewilligungsanspruch zu begründen, falls – über die üblichen Bindungen im Eltern-Kind-Verhältnis hinaus – ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht. Ein solches kann sich aus Betreuungs- Pflegebedürfnissen bei körperlichen geistigen Behinderungen und schwerwiegenden Krankheiten ergeben (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_757/2019 vom 21. April 2020 E. 2.1). Nach der bundesgerichtlichen Praxis soll ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern indessen nicht leichthin angenommen werden. Allein das Vorliegen eines Pflege- und Betreuungsbedürfnisses genügt nicht; erforderlich ist zusätzlich, dass die betreffende Pflege- und Betreuungsleistung unabdingbar von den in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Angehörigen erbracht werden muss (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_401/2017 vom 26. März 2018 E. 5.3.1; 2C_5/2017 vom 23. Juni 2017 E. 2; 2C_867/2016 vom 30. März 2017 E. 2.2). Vorausgesetzt ist schliesslich eine personenspezifisch ausgerichtete Hilfsbedürftigkeit und nicht nur eine alters- bzw. krankheitsbedingte (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_719/2013 vom 10. Dezember 2013, E. 2.4). Besteht kein derartiges Abhängigkeitsverhältnis, ergibt sich kein Bewilligungsanspruch gestützt auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK (Urteile 2C_ 779/2021 vom 9. Mai 2022 E. 3.2; 2C_339/2019 vom 14. November 2019 E. 3.5; 2C_867/2016 vom 30. März 2017 E. 2.2).

 

7.2 Zwar verfügt im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer über die Schweizer Staatsbürgerschaft und damit über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht in der Schweiz. Jedoch gehört die Mutter des Beschwerdeführers nicht zur von Art. 8 EMRK umfassten Kernfamilie. Soweit im vorliegenden Fall eine Abhängigkeit zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter bestehen sollte, ist diese emotionaler und finanzieller Natur; Zahlungen können aber auch von der Schweiz aus in das Ursprungsland erfolgen, wo sie kaufkraftbereinigt wirkungsvoller sein dürften als hier. Eine finanzielle Leistung setzt nicht voraus, dass der Empfänger im gleichen Land lebt wie der Leistende, weshalb hieraus kein Aufenthaltsanspruch aus Art. 8 EMRK abgeleitet werden kann. Auch eine enge und regelmässige Beziehung zwischen Mutter und Sohn begründet noch kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_642/2021 vom 3. September 2021, E.3.3). Zudem bedarf die Mutter des Beschwerdeführers entgegen anderweitigen Vorbringen keinerlei Pflege Betreuung. Die Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter fällt somit nicht in den Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 EMRK.

 

8.1 Gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG kann von den Zulassungsvoraussetzungen abgewichen werden, um schwerwiegenden persönlichen Härtefällen wichtigen öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen. Art. 30 Abs. 1 lit. b. AIG ist gemäss bundesgerichtliche Rechtsprechung restriktiv auszulegen, d.h. es gelten strenge Regeln für die Anerkennung eines Härtefalles. Bei der Beurteilung, ob ein schwerwiegender persönlicher Härtefall im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG vorliegt, ist anhand der in Art. 31 Abs. 1 VZAE aufgeführten Kriterien eine Gesamtwürdigung der Situation unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen (vgl. M. Spescha, in: Spescha/Zünd/Bolzli/Hruschka/de Weck [Hrsg.], Kommentar Migrationsrecht, 5. Aufl. 2019, N 13 zu Art. 30 AIG). Die betroffene Person muss sich in einer persönlichen Notlage befinden. Das bedeutet, dass ihre Lebens- und Existenzberechtigung, gemessen am durchschnittlichen Schicksal von ausländischen Personen, in gesteigertem Mass in Frage gestellt sein müsste bzw. die Verweigerung einer Abweichung von den Zulassungsvoraussetzungen für sie mit schweren Nachteilen verbunden wäre. Bei der Beurteilung eines Härtefalles müssen sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt werden (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-428/2010 vom 20. Juni 2011, E. 3.2). Die Anerkennung als Härtefall setzt nicht zwingend voraus, dass die Anwesenheit in der Schweiz das einzige Mittel zur Verhinderung einer persönlichen Notlage darstellt.

 

8.2 Die Mutter des Beschwerdeführers lebte zeitlebens im Heimatland. Auch wenn sie sich die letzten 25 Jahre in der Schweiz besuchshalber aufgehalten hat, kann sie keine Integration in der Schweiz nachweisen, da sie auch nicht über genügende Deutschkenntnisse verfügt. Allein der Umstand, dass die Mutter alleine in Nordmazedonien wohnt, weil sich ihre Kinder in der Schweiz niedergelassen haben, vermag nicht die Annahme eines schwerwiegenden Härtefalls zu begründen. Der Gesundheitszustand der Mutter ist entgegen anderweitiger Vorbringen altersentsprechend und gut. Lediglich eine depressive Verstimmung resp. Einsamkeit wurde vorgebracht (Beilage 9). Es ist nicht ersichtlich, wie sich die Lebensumstände der Mutter von zahlreicher anderer (älteren) Landsleute, deren Kinder ihr Heimatland verlassen haben, unterscheiden soll. Auch wenn sich die Kinder und Enkelkinder in der Schweiz aufhalten verfügt die Mutter durch ihren lebenslangen Aufenthalt im Heimatland zumindest über einen gewissen Bekannten- und Verwandtenkreis. Wer – wie der Beschwerdeführer – in ein anderes Land übersiedelt, hat grundsätzlich die Konsequenzen zu tragen, die sich für die Pflege familiärer Beziehungen ergeben (vgl. BGE 129 II 17 E. 3.4). Es ist dem Beschwerdeführer und seiner Mutter zuzumuten, den Kontakt wie bis anhin auf Distanz aufrechtzuerhalten und weiterhin aus der Ferne die finanzielle Unterstützung zu gewährleisten, wobei die Mutter weiterhin besuchsweise in die Schweiz kommen kann. Die Voraussetzungen für die Annahme eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles im Sinne von Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG sowie der diesbezüglichen Rechtsprechung sind vorliegend nicht erfüllt und eine Abweichung von den Zulassungsvoraussetzungen erscheint nicht gerechtfertigt.

 

8.3 Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'500.00 festzusetzen sind.

 

Demnach wird erkannt:

 

1.     Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.     A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

 

 

Thomann                                                                           Law



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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