Zusammenfassung des Urteils VWBES.2022.400: Verwaltungsgericht
Die Beschwerdeführerin A.___ aus Nordmazedonien reichte ein Familiennachzugsgesuch für sich und ihren Ehemann B.___ ein, welches vom Migrationsamt abgelehnt wurde. Der Ehemann hatte erhebliche Schulden und war wiederholt straffällig geworden. Trotz der Heirat und einer gemeinsamen Tochter wurde das Gesuch aufgrund der finanziellen Situation des Ehemannes abgelehnt. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde der Frau ab und entschied, dass sie die Verfahrenskosten von CHF 1'500,00 tragen muss. Der Ehemann wurde aus der Schweiz gewiesen und konnte nur mit einer neuen Bewilligung zurückkehren. Das Gerichtsurteil wurde vom Bundesgericht bestätigt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWBES.2022.400 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 12.05.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Ehemann; Schweiz; Familie; Aufenthalt; Schulden; Recht; Bewilligung; Familiennachzug; Migrationsamt; Verfügung; Beschwerde; Verwaltungsgericht; Urteil; Aufenthaltsbewilligung; Entscheid; Ehemannes; Bundesgericht; Anspruch; Apos; Person; Ausländer; Familiennachzugs |
Rechtsnorm: | Art. 13 BV ;Art. 44 AIG ;Art. 47 AIG ;Art. 51 AIG ;Art. 62 AIG ;Art. 63 AIG ;Art. 67 AIG ;Art. 8 EMRK ; |
Referenz BGE: | 126 II 377; 135 I 143; 137 I 284; 137 I 287; 137 II 297; 144 I 266; 146 I 185; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VWBES.2022.400 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Entscheiddatum: | 12.05.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_VW.2023.112 |
Titel: | Familiennachzug |
Resümee: |
Verwaltungsgericht
Urteil vom 12. Mai 2023 Es wirken mit: Oberrichter Thomann Oberrichter Frey Gerichtsschreiberin Law In Sachen A.___ vertreten durch Advokat Marc Spescha,
Beschwerdeführerin
gegen
Departement des Innern, vertreten durch Migrationsamt,
Beschwerdegegner
betreffend Familiennachzug zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. Die am 3. Juli 1990 in Nordmazedonien geborene A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) reiste am 12. Juni 2004 im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz ein und verfügt seither über eine Aufenthaltsbewilligung. Aufgrund der Schuldensituation wurde der Beschwerdeführerin im Jahr 2014 keine Niederlassungsbewilligung erteilt. Zudem wurde sie mit Schreiben vom 10. Juli 2019 sowie 15. Juli 2022 ausländerrechtlich ermahnt.
2. B.___ reiste am 15. Januar 1996 im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz ein, woraufhin ihm das Migrationsamt Zürich am 31. Januar 1996 erstmals eine Aufenthaltsbewilligung erteilte. B.___ verheiratete sich am 13. Mai 2016 mit einer Landsfrau, welche am 7. Juli 2018 verstarb. Aus dieser Ehe entstammt C.___, geb. [...], welche die nordmazedonische Staatsbürgerschaft innehat. Aus einer früheren Beziehung entstammt die Tochter D.___, geb. [...], welche Schweizer Bürgerin ist.
3. Das Migrationsamt Zürich verlängerte die Aufenthaltsbewilligung von B.___ mit Verfügung vom 12. Juni 2018 (Publikation Amtsblatt des Kantons Zürich: 31. Juli 2018) nicht und wies ihn aus der Schweiz weg. Bis zum damaligen Zeitpunkt hatte sich B.___ hoch verschuldet und wurde wiederholt straffällig. Per 1. April 2018 wurde B.___ vom Bevölkerungsamt der Stadt Zürich nach unbekannt abgemeldet. Am 22. April 2022 reichte B.___ beim Migrationsamt Zürich ein Gesuch um Einreisebewilligung ein, welches mit Entscheid vom 27. April 2022 aufgrund eines fehlenden Anspruchs als gegenstandslos abgeschrieben wurde.
4. Die Beschwerdeführerin verheiratete sich am 21. Juni 2022 mit B.___ in Olten. Am 27. Juni 2022 reichte die Beschwerdeführerin zu Gunsten ihres Ehemannes das Familiennachzugsgesuch ein.
5. Im Rahmen des rechtlichen Gehörs vom 28. September 2022 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, das Familiennachzugsgesuch abzuweisen.
6. Mit Stellungnahmen vom 10. sowie 11. Oktober 2022 teilte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen mit, ihr Ehemann habe Anfang des Jahres 2004 die [...] GmbH gegründet. Nach ein paar Jahren habe er diese Firma aufgelöst. Ein weiteres Unternehmen habe er nicht weiterführen können, weil die eigenen Kosten nicht gedeckt gewesen seien. So sei er mit drei Unternehmen vorgegangen, bis er festgestellt habe, dass es nicht funktioniere. Im Jahr 2017 habe ihr Ehemann bei der [...]AG, [...], gearbeitet. Das Unternehmen sei schlecht gelaufen und habe liquidiert werden müssen. Ihr Ehemann wolle in der Schweiz arbeiten, um die Schulden zu sanieren. Den Lebensunterhalt würden sie ohne Sozialhilfe bestreiten. Die Beschwerdeführerin erwarte ferner ein Kind von ihrem Ehemann.
7. Mit Verfügung vom 21. Oktober 2022 wies das Migrationsamt namens des Departements des Innern das Familiennachzugsgesuch ab. Zur Begründung wurde sinngemäss und im Wesentlichen ausgeführt, dass der Ehemann nach wie vor mit erheblichen Schulden verzeichnet sei. Daneben sei er mehrfach und wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt geraten, wobei er Freiheitsstrafen von insgesamt 105 Tagen, Geldstrafen von total 480 Tagessätzen zwischen je CHF 40.00 und 50.00 sowie Bussen von CHF 1'960.00 gegen sich erwirkt habe. Mit Blick auf seine Vergangenheit sei auch inskünftig davon auszugehen, dass der Ehemann seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachkomme und weiterhin Schulden anhäufen werde. Er habe zudem nicht vorbringen können, wie er die Schuldensituation bereinigen möchte. Durch die Schuldenanhäufung sowie das mehrfach straffällige Verhalten seien die objektiven Voraussetzungen nach Art. 62 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG, SR 142.20) nach wie vor offensichtlich erfüllt. Durch Vorliegen des Widerrufsgrundes werde eine weitere Prüfung von Art. 44 AIG obsolet. Zumal die Beschwerdeführerin lediglich die Aufenthaltsbewilligung innehabe, könne sie keine Rechte aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) ableiten.
8. Gegen diese Verfügung wandte sich vorerst die Beschwerdeführerin mit Beschwerde vom 31. Oktober 2022, sowie alsdann anwaltlich vertreten mit Beschwerde vom 21. November 2022 an das Verwaltungsgericht und liess folgende Rechtsbegehren stellen:
1. Es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, den Nachzug des Beschwerdeführers und seiner Tochter C.___ zu seiner Ehefrau und der künftig gemeinsamen Tochter zu bewilligen. 2. Es sei den Beschwerdeführer:innen eine Parteientschädigung zuzusprechen.
9. Das Migrationsamt schloss mit Eingabe vom 13. Dezember 2022 namens des Departements des Innern auf vollumfängliche Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge.
II.
1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Der Widerruf einer Niederlassungsbewilligung bzw. die Nichtverlängerung einer Aufenthaltsbewilligung beendet eine bisher bestehende Niederlassungs- bzw. Aufenthaltsberechtigung pro futuro, indem ab Rechtskraft des Entscheids die Bewilligung nicht mehr besteht und damit der Aufenthalt in der Schweiz nicht mehr zulässig ist. In der Folge kann grundsätzlich jederzeit ein neues Bewilligungsgesuch eingereicht werden. Das Stellen eines neuen Gesuchs darf jedoch nicht dazu dienen, rechtskräftige Entscheide immer wieder infrage zu stellen. Die Verwaltungsbehörde ist gestützt auf die Verfassung nur verpflichtet, auf ein neues Gesuch einzutreten, wenn die Umstände sich seit dem ersten Entscheid wesentlich geändert haben wenn erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft gemacht werden, die im früheren Verfahren nicht bekannt waren die damals schon geltend zu machen rechtlich tatsächlich unmöglich war keine Veranlassung bestand (vgl. BGE 136 II 177 E. 2.1). Ein neues Bewilligungsgesuch ist somit nur dann materiell zu behandeln, wenn sich der Sachverhalt die Rechtslage (bei Dauersachverhalten) entscheidwesentlich geändert haben (vgl. BGE 146 I 185 E. 4.1; BGE 136 II 177 E. 2.2.1).
3. Gemäss Art. 44 Abs. 1 AIG kann ausländischen Ehegatten und ledigen Kindern unter 18 Jahren von Personen mit Aufenthaltsbewilligung eine Aufenthaltsbewilligung erteilt und verlängert werden, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (lit. a); eine bedarfsgerechte Wohnung vorhanden ist (lit. b); sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind (lit. c); sie sich in der am Wohnort gesprochenen Landesprache verständigen können (lit. d); und die nachziehende Person keine jährlichen Ergänzungsleistungen nach dem ELG bezieht wegen des Familiennachzugs beziehen könnte (lit. e). Entgegen den ursprünglichen Intentionen des Bundesrates gewährte der Gesetzgeber Aufenthaltsberechtigten keinen Nachzugsanspruch. Die Bewilligung des Familiennachzugs liegt vielmehr im behördlichen Ermessen (Kann-Bestimmung) (vgl. BGE 137 I 284, E. 2.3.2).
4. Die Erteilung einer Bewilligung gestützt auf Art. 44 AIG ist zu verweigern, wenn eine der in Art. 51 Abs. 2 AIG geregelten Situationen gegeben ist (vgl. BGE 137 I 287 E. 2.6). Nach Art. 51 Abs. 2 lit. b AIG erlöschen die Ansprüche, wenn Widerrufsgründe nach Art. 62 Art. 63 Abs. 2 AIG vorliegen.
5. Die zuständige Behörde kann gemäss Art. 62 Abs. 1 lit. c AIG Bewilligungen, ausgenommen die Niederlassungsbewilligung, und andere Verfügungen nach diesem Gesetz widerrufen, wenn die Ausländerin der Ausländer erheblich wiederholt gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz im Ausland verstossen hat diese gefährdet die innere die äussere Sicherheit gefährdet (lit. c) eine mit der Verfügung verbundene Bedingung nicht einhält (lit. d). Ein schwerwiegender Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt insbesondere bei einer Missachtung gesetzlicher Vorschriften und behördlichen Verfügungen bei mutwilliger Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher privatrechtlicher Verpflichtungen vor (Art. 77a Abs. 1 lit. a und b der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR 142.201]). Die migrationsrechtliche Praxis zieht eine Wegweisung bei Betreibungen und Verlustscheinen in Höhe von etwa CHF 80'000.00 in Betracht (vgl. BGE 137 II 297 E. 3.3). Schuldenwirtschaft stellt indes nur dann einen schwerwiegenden Verstoss gegen die öffentliche Ordnung der Schweiz dar, wenn sie selbstverschuldet und qualifiziert vorwerfbar ist; blosse Liederlichkeit genügt dafür nicht (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_797/2019 vom 20. Februar 2020, E. 3.1; 2C_789/2017 vom 7. März 2018, E. 3.3.1; 2C_997/2013 vom 21. Juli 2014, E. 2.2). Wurde bereits eine ausländerrechtliche Verwarnung ausgesprochen, ist entscheidend, ob die ausländische Person danach weiterhin mutwillig Schulden gemacht und welche Anstrengungen sie zur Sanierung unternommen hat. Positiv zu würdigen ist etwa, wenn vorbestandene Schulden abgebaut und nicht in vorwerfbarer Weise weitere Schulden geäufnet worden sind (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_797/2019 vom 20. Februar 2020, E. 3.2; 2C_997/2013 vom 21. Juli 2014, E. 2.3).
Wann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem frühere Straftaten als Erlöschensgründe nach Art. 51 AIG dahinfallen und für sich alleine den Nachzugsansprüchen nicht weiter entgegenstehen, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss ein Anspruch auf Familiennachzug grundsätzlich neu geprüft werden, wenn sich die betroffene Person während fünf Jahren im Ausland korrekt verhalten hat, da die Regelhöchstdauer des Einreiseverbots fünf Jahre beträgt und nur bei einer besonderen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung überschritten werden darf (vgl. Art. 67 Abs. 3 AIG; Urteil des Bundesgerichts 2C_40/2016 vom 14. Juli 2016, E. 5).
6. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hat eine ausländische Person, welche wie vorliegend über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht in der Schweiz verfügt grundsätzlich einen Anspruch auf Familiennachzug gemäss Art. 8 EMRK i.V.m. Art. 44 AIG (vgl. BGE 2C_668/2018, E. 6). Art. 8 EMRK (bzw. Art. 13 BV) garantiert zwar kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat, resp. nicht das Recht, frei wählen zu können, wo man ein Familienleben zu führen gedenkt (vgl. BGE 126 II 377 E. 2b/cc). Aus dieser Bestimmung ergibt sich weder ein Recht auf Einreise noch auf Wahl des für das Familienleben am geeignetsten erscheinenden Ortes. Es kann aber das in Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzen, wenn einem Ausländer, dessen Familienangehörige hier weilen, die Anwesenheit untersagt und damit das Familienleben vereitelt wird. Der sich hier aufhaltende Familienangehörige muss nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung seinerseits über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügen, was praxisgemäss der Fall ist, wenn er das Schweizer Bürgerrecht besitzt, ihm die Niederlassungsbewilligung gewährt wurde er über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.1). Das Bundesgericht hat erwogen, dass nach einer ordentlichen Aufenthaltsdauer von zehn Jahren regelmässig davon auszugehen ist, dass die sozialen Bindungen zur Schweiz sich derart entwickelt haben, dass besondere Gründe erforderlich erscheinen, um den Aufenthalt einer ausländischen Person zu beenden; die Steuerung der Einwanderung genüge als einziges öffentliches Interesse hierfür nicht mehr (vgl. BGE 144 I 266, E. 3.8 und 3.9; Urteil des Bundesgerichts 2C_1035/2017 vom 20. Juli 2018 E. 5.1). Beruht die Anwesenheit des Beschwerdeführers in diesem Sinn auf einem gefestigten Rechtsanspruch, kann er aus Art. 8 EMRK einen Anspruch auf Nachzug seiner Familie ableiten, soweit die Bedingungen von Art. 44 AIG erfüllt und die Nachzugsfristen eingehalten sind (Art. 47 AIG bzw. Art. 73 VZAE).
7. Beim Ehemann der Beschwerdeführerin handelt es sich um einen im Jahr 2018 rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesenen Drittstaatsangehörigen. Auch wenn über sein Aufenthaltsrecht bereits rechtskräftig entschieden wurde, kann er grundsätzlich jederzeit ein neues Bewilligungsgesuch einreichen. Wird dieses bewilligt, so lebt indes nicht die frühere, rechtskräftig aufgehobene Bewilligung wieder auf, sondern es handelt sich um eine neue Bewilligung, die voraussetzt, dass im Zeitpunkt ihrer Erteilung die dannzumal geltenden Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind. Aufgrund seiner Heirat mit der in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Beschwerdeführerin liegt ein entscheiderhebliches Novum vor, weshalb der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Neubeurteilung seines Aufenthaltsstatus in der Schweiz hat.
8. Der Ehemann hat während seines 22-jährigen Aufenthaltes in der Schweiz wiederholt delinquiert und ist aufgrund zahlreicher SVG-Delikte (u.a. Fahren trotz Entzug des Führerausweises, mehrfache grobe Verletzung der Verkehrsregeln, Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit, Nichtbeachten eines Lichtsignals), mehrfacher Veruntreuung der Quellensteuern, betrügerischen Konkurs, Pfändungsbetrug, Misswirtschaft und Unterlassung der Buchführung mit Freiheitsstrafen von insgesamt 105 Tage, Geldstrafen von total 480 Tagessätze zwischen je CHF 40.00 und 50.00 sowie Bussen von CHF 1'960.00 sanktioniert worden. Auch wenn die Delikte des Ehemannes nicht in einer derartigen Vielzahl vorliegen, so ist dennoch augenfällig, dass weder die strafrechtlichen Verurteilungen noch die ausländerrechtlichen Konsequenzen in Form von Verwarnungen den Ehemann zu einer grundsätzlichen Verhaltensänderung zu veranlassen vermochten. Dass der Ehemann ausserdem wegen Fahrens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des Führerausweises verurteilt werden musste, belegt, dass er sich auch nicht an behördliche Verfügungen hält und diese missachtet. Durch die wiederholte sowie mehrfach einschlägige Delinquenz besteht eine gewisse Unbelehrbarkeit des Ehemannes. Der Auffassung des Migrationsamtes kann gefolgt werden, indem die über mehrere Jahre hinweg anhaltende und einschlägige Delinquenz des Ehemannes eine schwerwiegende Geringschätzung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit offenbaren. Dadurch ist fraglich, ob der Ehemann fähig und gewillt ist, sich inskünftig an die hiesige Rechtsordnung zu halten.
9. In der Verfügung des Migrationsamtes Zürich vom 12. Juni 2018 wurde das Vorliegen einer mutwilligen Nichterfüllung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Verpflichtungen im Sinne von Art. 77a Abs. 1 lit. b VZAE durch den Ehemann bereits rechtskräftig bestätigt. Auch diesbezüglich kann den Ausführungen des Migrationsamtes des Kantons Solothurn gefolgt werden: Der Ehemann hat sich in der Schweiz massiv verschuldet. Der Registerauszug des Betreibungsamtes Zürich 4 vom 10. Mai 2023 attestiert ihm 77 Verlustscheine in Höhe von CHF 624’468.65. Ein Schuldenabbau wird durch die Beschwerdeführerin weder in irgendeiner Form dargelegt noch finden sich hierfür Anhaltspunkte in den Akten. Obschon seine Verschuldung bereits in ausländerrechtlichen Verwarnungen resultierte, legte der Ehemann keine Verhaltensänderung an den Tag, zumal der Betrag der Ausstände trotz der Verwarnungen weiter stark angestiegen ist. Im Zusammenhang mit der Führung von ihm beherrschter Gesellschaften ist es mehrmals zum Konkurs sowie zu strafrechtlich relevantem Fehlverhalten gekommen, welches sich nicht mit blosser Überforderung erklären lässt. Soweit der Ehemann geltend macht, er habe mit seiner Selbständigkeit einer Verschuldung entgegenwirken wollen, kann ihm nicht gefolgt werden. Er hätte durchaus bereits früher eine unselbständige Erwerbstätigkeit annehmen können, um der Schuldenlast entgegenzuwirken, wie er dies alsdann mit einer Anstellung bei der [...] GmbH offensichtlich getan hat. Das hartnäckige Festhalten an seinem Geschäftsgebaren trotz wiederholtem Scheitern, verdeutlicht, dass er keine Einsicht in sein Fehlverhalten zeigt. Spätestens nach der Verwarnung durfte vom Ehemann erwartet werden, dass er Massnahmen ergreift, um keine weiteren Schulden mehr anzuhäufen. Aus dem gesamten Verhalten des Beschwerdeführers ergibt sich, dass er in mutwilliger Weise Schulden angehäuft hat. Im Falle eines Zuzuges in die Schweiz ist mit einer weiter zunehmenden Verschuldung der Beschwerdeführerin und des Ehemannes zu rechnen, zumal auch die Beschwerdeführerin eine Schuldenlast in Höhe von CHF 33'858.10 aufweist, diesbezüglich bereits wiederholt ausländerrechtlich ermahnt wurde und weiterhin laufend betrieben wird. Ein Verbleib in der Heimat des Ehemannes steht ferner einer Befriedigung der aktuell offenen Gläubigerforderungen nicht entgegen, da ohnehin keine aktuellen Bestrebungen zur Schuldensanierung ersichtlich sind. Somit ist weiterhin von einer mutwilligen Schuldenwirtschaft auszugehen, wodurch die Voraussetzungen von Art. 62 Abs. 1 lit. c AIG erfüllt sind.
10. Dem Standpunkt der Beschwerdeführerin, dass die Voraussetzungen von Art. 44 ff. AIG allesamt erfüllt seien und somit ein Anspruch gestützt auf Art. 8 EMRK besteht, kann nicht gefolgt werden. Ein Anspruch nach Art. 44 AIG erlischt wenn Widerrufsgründe nach Art. 62 AIG gegeben sind (vgl. BGE 2C_668/2018 e contrario). Auch wenn die Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin, dem gemeinsamen Kind und dem Ehemann durch die räumliche Distanz zwangsläufig beeinträchtigt wird, verheirateten sich die Beschwerdeführerin und der Ehemann nach seiner Wegweisung aus der Schweiz, zumal auch die gemeinsame Tochter nach der Wegweisung geboren wurde. Die Heirat und Geburt erfolgten somit erst, nachdem der Ehemann die Schweiz bereits verlassen hatte. Der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann musste damit von Beginn weg bewusst gewesen sein, dass sie den Kontakt allenfalls nur über die Distanz hinweg pflegen können. Die familiären Beziehungen vermögen vor diesem Hintergrund nicht ohne Weiteres eine Bewilligungserteilung zu begründen. Vielmehr ist festzustellen, dass das aktuelle Familienmodell inzwischen bereits seit über vier Jahren gelebt wird. Indem der Ehemann bereits seit fünf Jahren im Heimatland wohnt und seine Familie lediglich besuchsmässig in der Schweiz sieht, kennt das gemeinsame Kind aufgrund seines sehr jungen Alters keine andere Form des familiären Zusammenlebens. Die Kontaktpflege der Familie durch wechselseitige Besuche ist in Zukunft wie bis anhin möglich und zumutbar. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, inwiefern der ebenfalls aus Nordmazedonien stammenden Beschwerdeführerin ein allfälliger Umzug mit ihrem Kind in ihr Heimatland möglich und zumutbar wäre. Gesamthaft ist vielmehr entscheidend, dass das öffentliche Fernhalteinteresse aufgrund der horrenden Verschuldung sowie der wiederholten Straffälligkeit gegenüber den privaten Interessen des Ehemannes an einem Zuzug in die Schweiz überwiegt und der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann zumutbar ist, ihr Familienleben weiterhin über die Distanz zu pflegen. Eine Bewilligungsverweigerung ist im aktuellen Zeitpunkt folglich zulässig und verhältnismässig, zumal eine künftige Neubeurteilung hierdurch nicht dauerhaft ausgeschlossen wird, sofern sich die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann in Zukunft ernsthaft um einen Abbau der bestehenden Schulden des Ehemannes bemühen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'500.00 festzusetzen sind. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet. Die Ausrichtung einer Parteientschädigung kommt bei diesem Ergebnis nicht in Betracht (vgl. § 77 Verwaltungsrechtspflegegesetz [VRG, BGS 124.11] i.V.m. Art. 106 Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]).
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 zu bezahlen. 3. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts Der Vizepräsident Die Gerichtsschreiberin Müller Law
Das vorliegende Urteil wurde vom Bundesgericht mit Urteil 2C_344/2023 vom 6. Februar 2024 bestätigt.
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