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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2022.292)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2022.292: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht entscheidet über einen Kompetenzkonflikt zwischen den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden A.___ und B.___. Es geht darum, ob die Zuständigkeit für eine Beistandschaft für die Person C.___ bei A.___ oder B.___ liegt. C.___ zog nach einem stationären Aufenthalt in ein Wohnheim in D.___ SO und die KESB A.___ beantragte die Nichtzuständigkeit für Erwachsenenschutzmassnahmen bezüglich C.___. Die KESB B.___ argumentierte jedoch, dass C.___ in D.___ SO ihren Lebensmittelpunkt habe. Das Verwaltungsgericht entschied, dass die KESB A.___ zuständig ist, da C.___ in D.___ SO einen neuen Wohnsitz begründet hat.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2022.292

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2022.292
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2022.292 vom 19.10.2022 (SO)
Datum:19.10.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Wohnsitz; Beistand; Zuständigkeit; Person; Erwachsenenschutz; Verwaltungsgericht; Wohnheim; Absicht; Lebensmittelpunkt; Beistandschaft; Psychiatrie; Aufenthalt; Gemeinde; Beistandes; Erwachsenenschutzmassnahme; Antrag; Wohnsitzbegründung; Sozialdienst; Urteil; Entscheid; Wohnsitzes; Erwachsenenschutzmassnahmen; Behörde; Verbleibens; Wohnung
Rechtsnorm: Art. 23 ZGB ;Art. 26 ZGB ;Art. 442 ZGB ;Art. 444 ZGB ;
Referenz BGE:137 II 122; 137 III 593; 141 III 84;
Kommentar:
Thomas Geiser, Urs Vogel, Basler Zivilgesetzbuch I, Art. 442 ZGB, 2018

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2022.292

 
Geschäftsnummer: VWBES.2022.292
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 19.10.2022 
FindInfo-Nummer: O_VW.2022.176
Titel: Kompetenzkonflikt

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

 

Urteil vom 19. Oktober 2022       

Es wirken mit:

Vizepräsident Müller

Oberrichter Thomann

Oberrichterin Weber-Probst

Gerichtsschreiberin Gottesman

In Sachen

KESB A.___    

 

Antragsstellerin

 

 

gegen

 

 

KESB B.___   

 

Antragsgegnerin

 

 

betreffend     Kompetenzkonflikt


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. C.___ beantragte am 5. November 2019 bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) B.___ eine Beistandschaft für sich. Die Psychiatrie [...] wandte sich mit Schreiben vom 7. November 2019 ebenfalls an die KESB B.___ mit dem Antrag, eine Beistandschaft zu prüfen.

 

2. Die KESB B.___ meldete sich am 19. November 2019 telefonisch bei der KESB A.___ und teilte mit, dass sie das Gesuch für eine Beistandschaft erhalten habe und die KESB A.___ als zuständig erachte, weil C.___ seit Anfang November 2019 in einem Heim in D.___ SO wohne.

 

3. Mit Schreiben vom 21. November 2019 teilte die KESB A.___ der KESB A.___ mit, dass sie sich als nicht zuständig erachte. C.___ sei in E.___ wohnhaft und habe sich in stationäre psychiatrische Behandlung begeben. Von der psychiatrischen Klinik aus habe man als Anschlusslösung die Institution [...] vermittelt, welche für C.___ eines ihrer Wohnheime, das Wohnheim [...] in D.___ SO, zur Verfügung gestellt habe. Durch den Übertritt von der Psychiatrie in dieses Wohnheim der [...] sei noch kein Wohnsitz in dessen Standortgemeinde D.___ begründet worden.

 

4. Mit Schreiben vom 29. November 2019 teilte die KESB B.___ der KESB A.___ erneut mit, dass sie sich als nicht zuständig erachte. C.___ habe am 5. November 2019 Wohnsitz in D.___ SO begründet. Sie legte ihrem Schreiben das von C.___ an die KESB B.___ gerichtete Gesuch für eine Beistandschaft, das Antragsschreiben der Psychiatrie Baselland sowie zwei Aktennotizen bei.

 

5. Mit vorsorglichem Entscheid vom 15. Januar 2020 errichtete die KESB A.___ trotz fraglicher Zuständigkeit für C.___ eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung und bediente die KESB B.___ mit dem Entscheid. Von der KESB B.___ kam daraufhin keine Reaktion.

 

6. Nachdem sich die KESB B.___ weiterhin geweigert hatte, die Beistandschaft zu führen, wurde mit Entscheid der KESB A.___ vom 22. Juli 2020 das Eingangsinventar genehmigt und die Weiterführung der Beistandschaft angeordnet.

 

7. Nachdem der Beistand mit Schreiben vom 10. August 2022 bei der KESB A.___ beantragte, die Frage des Wohnsitzes zu klären, wandte sich die KESB A.___ mit Eingabe vom 12. August 2022 an das Verwaltungsgericht und beantragte, es sei festzustellen, dass die KESB A.___ für Erwachsenenschutzmassnahmen bezüglich C.___ nicht zuständig sei.

 

8. Die KESB B.___ liess sich mit Stellungnahme vom 6. September 2022 vernehmen und beantragte die Feststellung der Zuständigkeit der KESB A.___.

 

II.

 

1.1 Gemäss Art. 444 Abs. 1 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) prüft die Erwachsenenschutzbehörde ihre Zuständigkeit von Amtes wegen. Hält sie sich nicht für zuständig, so überweist sie die Sache unverzüglich der Behörde, die sie als zuständig erachtet (Abs. 2). Zweifelt sie an ihrer Zuständigkeit, so pflegt sie einen Meinungsaustausch mit der Behörde, deren Zuständigkeit in Frage kommt (Abs. 3). Kann im Meinungsaustausch keine Einigung erzielt werden, so unterbreitet die zuerst befasste Behörde die Frage ihrer Zuständigkeit der gerichtlichen Beschwerdeinstanz (Abs. 4).

 

1.2 Die KESB A.___ hat den gesetzlich vorgesehenen Meinungsaustausch mit der als zuständige Behörde in Frage kommende KESB B.___ durchgeführt. Eine Einigung wurde nicht erzielt. Das Verwaltungsgericht ist als gerichtliche Beschwerdeinstanz im Sinne von Art. 444 Abs. 4 ZGB (vgl. § 130 Abs. 1 Einführungsgesetz zum ZGB, EG ZGB, BGS 211.1) zuständig für die Frage der örtlichen Zuständigkeit. Auf das Gesuch ist einzutreten.

 

1.3 Zu beachten ist, dass das Verwaltungsgericht die Zuständigkeit einer Kindesschutzbehörde in einem anderen Kanton nicht mit bindender Wirkung bestimmen kann, weshalb vorliegend einzig die Zuständigkeit Nichtzuständigkeit der KESB A.___ festzustellen ist. Den negativen Kompetenzkonflikt haben die jeweiligen Kantone auf dem Klageweg gemäss Art. 120 Abs. 1 lit. b Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG, SR 173.110) auszutragen (vgl. BGE 141 III 84 E. 4.7).

 

2.1 Die KESB A.___ führt im Wesentlichen aus, die Führung der Beistandschaft erweise sich nach wie vor als schwierig, weil sich der Wohnsitz von C.___ weiterhin in E.___ BL befinde. Die Einwohnergemeinde D.___ SO sei deshalb auch nicht bereit, die Betroffene in der Gemeinde als Niedergelassene anzumelden. Der Beistand wünsche sich deshalb im Interesse seiner Schutzbefohlenen eine Klärung. C.___ habe in D.___ keinen zivilrechtlichen Wohnsitz begründet. Dazu bedürfe es der Absicht des dauernden Verbleibens. Gemäss Antrag des Beistandes vom 10. August 2022 sei C.___ in dieser Hinsicht schwankend. Sie antworte je nach Tagesverfassung mit Ja Nein. Die KESB A.___ gehe davon aus, dass C.___ bezüglich der Frage der Wohnsitzbegründung (Absicht dauernden Verbleibens) gar nicht urteilsfähig sei. Bevor sie nach D.___ gewechselt habe, sei sie längere Zeit in der Psychiatrie Liestal (18. Hospitalisation) gewesen. Der Platz im Wohnheim sei für sie durch den Sozialdienst gesucht worden. Folgende Indizien würden zudem darauf hindeuten, dass C.___ bezüglich des Themas «Wohnsitzbegründung» nicht urteilsfähig sei: Erstens ihre Ambivalenz (sage zwar, dass sie sich im Heim wohlfühle, träume aber wieder von einer eigenen Wohnung und Rückkehr nach E.___), zweitens der Umstand, dass sie sich bis anhin nicht dazu habe entschliessen können, sich in E.___ abzumelden. Auch bis zur Kündigung der Wohnung habe es noch eine Weile gedauert (Kündigung sei erst mehrere Wochen nach Eintritt in das Wohnheim erfolgt).

 

2.2 Die KESB B.___ bringt dagegen im Wesentlichen vor, C.___ lebe seit dem 5. November 2019 in der [...] in D.___ SO. Gemäss Schreiben des Beistandes vom 10. August 2022 habe C.___ die Absicht geäussert, dort bleiben zu wollen. Ihre Wohnung in E.___ habe sie gekündigt. Aus Sicht der betreuenden Person und aus Sicht des Beistandes sei die [...] in D.___ SO das Zuhause und der Lebensmittelpunkt von C.___ geworden. Ihr Beziehungsnetz seit dem Eintritt sei bis heute ständig gewachsen. Zudem werde C.___ längerfristig in der [...] wohnen bleiben. Zusammenfassend sei somit festzuhalten, dass C.___ ihren Lebensmittelpunkt in der [...] habe, mit der Absicht des dauernden Verbleibs. Wo eine Person angemeldet sei und ihre Schriften hinterlegt habe, sei für den zivilrechtlichen Wohnsitz nicht massgebend und könne lediglich als Indiz herangezogen werden. Vorliegend sei es so, dass anscheinend die Gemeinde D.___ eine dortige Anmeldung der Betroffenen verweigere. Ohne eine Neuanmeldung in einer anderen Gemeinde sei es jedoch kaum möglich, die Betroffene in E.___ abzumelden. Somit könne sich die KESB A.___ nicht darauf abstützen, dass die Betroffene immer noch in E.___ angemeldet sei, da ihr ja anscheinend kaum etwas anderes übrig bleibe, obwohl sie eigentlich überhaupt keinen Bezug mehr zu E.___ habe. Zudem sei anzumerken, dass es immer wieder Fälle gebe, bei denen der zivilrechtliche Wohnsitz einer verbeiständeten Person sich nicht in derjenigen Gemeinde befinde, in welcher sie angemeldet sei. Die Zuständigkeiten betreffend Sozialdienst, Sozialversicherung und Ergänzungsleistungen seien klar geregelt und wenn einmal alles aufgegleist sei, sollte die Arbeit des Mandatsträgers somit nicht mehr erheblich erschwert sein. Es lägen weiter keine Anzeichen dafür vor, dass bei C.___ die zur Wohnsitzbegründung erforderliche, vom Gesetz vermutete Urteilsfähigkeit nicht vorgelegen sei bzw. vorliege. Ihre stationäre Behandlung in der Psychiatrie, ihre psychische Erkrankung sowie die Tatsache, dass ihr der Sozialdienst der Klinik bei der Suche der betreuten Wohnform geholfen habe, führten nicht automatisch zu einer Urteilsunfähigkeit bezüglich der Frage der Wohnsitzbegründung.

 

3. Für Erwachsenenschutzmassnahmen ist gemäss Art. 442 Abs. 1 ZGB die Erwachse-nenschutzbehörde am Wohnsitz der betroffenen Person zuständig, wobei am zivilrechtlichen Wohnsitz angeknüpft wird. So soll im Interesse der Person garantiert werden, dass die Einrichtung und die Massnahmeführung mit ihrem Lebensmittelpunkt verbunden sind und den lokalen Gegebenheiten insbesondere in Bezug auf die subsidiären Hilfssysteme (Sozialdienste, Beratungsstellen, andere Dienstleistungen etc.) Rechnung trägt. Der zivilrechtliche Wohnsitz bestimmt sich nach den Regeln von Art. 23 – 26 ZGB. Die im Zeitpunkt der Einleitung des Erwachsenenschutzverfahrens vorhandenen Wohnverhältnisse entscheiden darüber, wo die Massnahme errichtet und unter Vorbehalt von Art. 442 Abs. 5 ZGB geführt und beendigt wird (vgl. Urs Vogel in: Thomas Geiser/Christiana Fountalakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 6. Aufl., Basel 2018, Art. 442 N 3).

 

4.1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- Pflegeeinrichtung, einem Spital einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz (Art. 23 Abs. 1 ZGB). Für die Begründung des Wohnsitzes müssen somit zwei Merkmale erfüllt sein: ein objektives äusseres, der Aufenthalt, sowie ein subjektives inneres, die Absicht dauernden Verbleibens. Nach der Rechtsprechung kommt es nicht auf den inneren Willen, sondern darauf an, welche Absicht objektiv erkennbar ist (vgl. zuletzt: BGE 137 II 122 E. 3.6 S. 126 f. mit Hinweisen). Eine Person hat ihren Lebensmittelpunkt dort, wo sich ihre Lebensinteressen nach den konkreten Umständen objektiv betrachtet konzentrieren (BGE 137 III 593 E. 5.1). Nicht massgebend für den zivilrechtlichen Wohnsitz ist, wo eine Person angemeldet ist und ihre Schriften hinterlegt hat (vgl. Daniel Staehelin in: Thomas Geiser/Christiana Fountalakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 6. Aufl., Basel 2018, Art. 23 N 23).

 

4.2 Die Unterbringung (Einweisung) in eine Anstalt begründet keinen Wohnsitz, selbst wenn sie auf unbestimmte Zeit erfolgt, der Lebensmittelpunkt völlig in die Anstalt verlegt wird und alle Beziehungen zum bisherigen Wohnsitz abgebrochen werden (Daniel Staehlin, a.a.O., Art. 23 N 19g). Verlegt indes eine Person ihren Aufenthalt freiwillig in eine Einrichtung mit der Absicht, dort dauernd zu verbleiben, so ist der Besuch der Anstalt kein Sonderzweck mehr und steht einer Wohnsitznahme nicht entgegen (Daniel Staehlin, a.a.O., Art. 23 N 19a m.H.). Als freiwillig und selbstbestimmt hat der Anstaltseintritt auch dann zu gelten, wenn er vom «Zwang der Umstände» (etwa Angewiesensein auf Betreuung, finanzielle Gründe) diktiert wird (BGE 137 III 593 E. 4.1 zum altrechtlichen Art. 26 aZGB [in der bis 31. Dezember 2012 gültig gewesenen Fassung]).

 

4.3 Damit eine Erwachsenenschutzmassnahme möglichst dort errichtet und geführt wird, wo die betroffene Person ihren Lebensmittelpunkt hat, ist der Wohnsitzbegriff funktionalisiert resp. zweckbezogen auszulegen. Zweck der Wohnsitzanknüpfung ist, die Zuständigkeit der KESB möglichst am Lebensmittelpunkt der betroffenen Person zu begründen. Entsprechend sind Wohnsitzregeln unformalistisch auszulegen und insbesondere an die Wohnsitzbegründung von Personen in Einrichtungen sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Die Begründung des Wohnsitzes am Ort einer Einrichtung ist gemäss der Lehre und Rechtsprechung grosszügig anzunehmen. Von der Frage der örtlich zuständigen KESB ist die Frage der örtlich zuständigen Sozialhilfebehörde abzugrenzen. Letztere bestimmt sich interkantonal nach dem Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz [ZUG, SR 851.1]) und innerkantonal nach dem kantonalen Sozialhilfegesetz (vgl. Diana Wider in: Andrea Büchler/Christoph Häfeli/Audrey Leuba/Martin Stettler[Hrsg.], Erwachsenenschutz, Bern 2013, Art. 442 N 10 ff. m.H.).

 

5.1 Im hier zu beurteilenden Fall ist unbestritten, dass C.___ am 5. November 2019 im Anschluss an einen stationären Aufenthalt in der Psychiatrie Baselland in das Wohnheim [...] in D.___ SO zog. Vorher war C.___ in E.___ BL wohnhaft. C.___ wurde bei der Auswahl der Institution vom Sozialdienst der Psychiatrie unterstützt. Ein Mitarbeiter des Heims teilte der KESB A.___ sodann telefonisch mit, die Betroffene habe vorgängig geschnuppert und sich für die Wohngruppe [...] entschieden (act. 8). Dass C.___ unter sich wiederholenden psychotischen Episoden leidet und deswegen in eine betreute Wohnform übertrat, macht den Heimeintritt indes weder unfreiwillig noch fremdbestimmt im Sinne der Rechtsprechung (E. 4.2 hiervor). Die gesamten Umstände lassen darauf schliessen, dass sich C.___ freiwillig und selbstbestimmt für einen Aufenthalt im Wohnheim [...] entschieden hat. Ohne Bedeutung ist, ob der Willensentschluss unter dem Zwang der Umstände erfolgt. Da es sich beim Eintritt von C.___ in das Wohnheim [...] somit nicht um eine Unterbringung gehandelt hat, ist die Begründung eines zivilrechtlichen Wohnsitzes am Ort der Einrichtung grundsätzlich möglich.

 

5.2 C.___ hält sich seit November 2019 ununterbrochen in D.___ SO auf, weshalb der im Gesetz für die Begründung von Wohnsitz erforderliche Aufenthalt erfüllt ist. Aufgrund der Akten bestehen sodann ausreichend Indizien, dass C.___ in D.___ SO den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gefunden hat und diesen beibehalten will. So ist dokumentiert, dass sich C.___ auf der Wohngruppe gut eingelebt hat und die Geselligkeit mit den anderen Bewohnern und betreuenden Personen sehr schätzt. Dass C.___ die Frage, ob sie ihren Wohnsitz nach D.___ SO verlegen möchte, gemäss Angaben des Beistandes je nach Tagesverfassung bejaht verneint, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Gemäss Angaben des Beistandes wird C.___ längerfristig in der [...] wohnen bleiben. Bezugspunkte zur Gemeinde E.___ BL sind im Übrigen weder dargetan noch ersichtlich. Die frühere Wohnung in E.___ ist seit rund 2,5 Jahren gekündigt. Insgesamt ist aufgrund der Akten davon auszugehen, dass C.___ am Ort der Einrichtung einen neuen zivilrechtlichen Wohnsitz begründet hat. Es bestehen entgegen der Ansicht der KESB A.___ auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei C.___ die dafür erforderliche Urteilsfähigkeit nicht vorgelegen hätte, an welche im Bereich der Wohnsitzfrage ohnehin keine strengen Anforderungen gestellt werden (vgl. BGE 137 III 593 E. 4.2). Es kann im Übrigen auf die zutreffenden Ausführungen der KESB B.___ in ihrer Eingabe vom 6. September 2022 verwiesen werden. Angesichts der hier in Frage stehenden Rechtsfolge, d.h. der Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit für Erwachsenenschutzmassnahmen, sind die Wohnsitzregeln wie erwähnt unformalistisch auszulegen. Ob diese Voraussetzungen bereits im November 2019 vorlagen, kann offen bleiben. Massgebend sind die heutigen Verhältnisse.

 

5.3 Der Gemeinde D.___ kann insoweit ein Vorwurf gemacht werden, dass sie die Anfrage des Beistandes betreffend Wohnsitznahme am 1. März 2022 bei der vorliegenden Sachlage abschlägig beantwortete. Es ist nachvollziehbar, dass sich der Beistand in der Folge am 10. August 2022 an die KESB A.___ gewandt und um Klärung der Wohnsitzfrage gebeten hat, auch wenn die KESB selbst den (zivilrechtlichen) Wohnsitz nicht auf dem Verfügungsweg verbindlich feststellen kann (vgl. VWBES.2016.472 E. 4.2.2).

 

6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der Lebensmittelpunkt von C.___ an ihrem Aufenthaltsort in D.___ SO befindet und sie dort einen neuen Wohnsitz begründet hat. Die KESB A.___ ist somit zuständig, die für C.___ bestehende Erwachsenenschutzmassnahme zu führen. Für das Verfahren vor Verwaltungsgericht sind keine Kosten zu erheben.

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Es wird festgestellt, dass die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde A.___ für Erwachsenenschutzmassnahmen bezüglich C.___ zuständig ist.

2.    Für das Verfahren vor Verwaltungsgericht werden keine Kosten erhoben.

 

 

 

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Der Vizepräsident                                                             Die Gerichtsschreiberin

 

 

Müller                                                                                Gottesman

 

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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