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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2021.50)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2021.50: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht entscheidet in einem Fall betreffend Zustellfiktion und Nichteintreten gegen A.___, der mehrfach gegen Gesetze verstossen hat und seine Betriebsbewilligung verloren hat. A.___ hat wiederholt Einschreiben nicht abgeholt und macht geltend, von bestimmten Entscheiden nichts gewusst zu haben. Das Verwaltungsgericht tritt auf die Beschwerde von A.___ ein, weist sie jedoch ab und verpflichtet A.___, die Gerichtskosten von CHF 800.00 zu tragen. Der Richter ist männlich.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.50

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2021.50
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2021.50 vom 29.03.2021 (SO)
Datum:29.03.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Zustellung; Verfahren; Sendung; Recht; Verfügung; Entscheid; Betrieb; Zustellfiktion; Verwaltungsgericht; Bundesgericht; Verfahrens; Urteil; Bewilligung; Befehl; Befehle; Betriebsbewilligung; Departement; Adressat; Rechtsprechung; Frist; Beschwerdeführers; Entzug
Rechtsnorm: Art. 141 ZPO ;Art. 44 BGG ;
Referenz BGE:130 II 396;
Kommentar:
Karl Spühler, Basler Kommentar zur ZPO [BSK-ZPO], Art. 138 ZPO, 2017

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.50

 
Geschäftsnummer: VWBES.2021.50
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 29.03.2021 
FindInfo-Nummer: O_VW.2021.76
Titel: Zustellfiktion / Nichteintreten

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 29. März 2021      

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli    

Gerichtsschreiber Schaad

 

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Allemann

 

Beschwerdeführer

 

 

 

gegen

 

 

 

1.    Volkswirtschaftsdepartement   

2.    Amt für Wirtschaft und Arbeit  

 

Beschwerdegegner

 

 

 

betreffend     Zustellfiktion / Nichteintreten


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Am 27. März 2012 erhielt A.___ vom Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) die Bewilligung zur Führung der Bistro-Bar [...]. Vom 14. September 2016 bis 6. März 2019 wurde A.___ viermal wegen Übertretung des Bundesgesetzes zum Schutz vor Passivrauchen (PaRG; SR 818.31) und Widerhandlung gegen das Wirtschafts- und Arbeitsgesetz (WAG; BGS 940.11) verurteilt. Infolgedessen wurde er vom AWA am 23. April 2019 ermahnt. Das entsprechende mit eingeschriebener Post versandte Schreiben holte A.___ jedoch nicht ab.

 

2. Von März bis Juli 2019 folgten drei weitere Strafbefehle wegen derselben Straftatbestände. Das AWA verwarnte A.___ darum erneut. Gleichzeitig informierte es den Adressaten darüber, dass ein Verfahren wegen Entzugs der Betriebsbewilligung geprüft werde, sofern A.___ erneut gegen massgebliche Gesetzesvorschriften verstosse. Wiederum wurde das eingeschriebene Schreiben vom 11. September 2019 nicht abgeholt. Mit nochmaligem Zustellungsversuch wurde das Verwarnungsschreiben am 8. Oktober 2019 an die Privatadresse des Barbetreibers gesandt. Auch diese Postsendung holte A.___ nicht ab.

 

3. Mit Strafbefehlen vom 19. September 2019, 27. September 2019 und 4. März 2020 wurde A.___ wiederum (u.a.) wegen Übertretung des PaRG und Widerhandlung gegen das WAG verurteilt.  Daraufhin versuchte das AWA mit Schreiben vom 20. Juli 2020, A.___ das rechtliche Gehör zum beabsichtigen Entzug der Betriebsbewilligung zu gewähren. Und erneut holte dieser die per Einschreiben verschickte Sendung nicht ab.

 

4. Mit Verfügung vom 12. Oktober 2020 entzog das AWA A.___ die Betriebsbewilligung für seine Bistro-Bar. Die am 13. Oktober 2020 zur Abholung gemeldete Postendung (act. 25) holte A.___ nicht ab.

 

5. Mit Schreiben vom 18. November 2020 liess A.___ Beschwerde ans Volkwirtschaftsdepartement (VWD) erheben und machte im Wesentlichen geltend, der Entzug der Betriebsbewilligung sei ihm am 14. November 2020 durch die Polizei ausgehändigt und zur Kenntnis gebracht worden. Er sei am 4. Juli 2020 mit der Familie nach Serbien in die Ferien gereist und erst am 30. Juli 2020 zurückgekehrt. Er habe darum nichts vom Bewilligungsentzug gewusst. Gegen die Rechtskraftbescheinigung spreche, dass im Falle der Unzustellbarkeit die Publikation im Amtsblatt zu erfolgen habe. Er habe nicht mit der Zustellung des Bewilligungsentzugs rechnen müssen, weshalb die Zustellfiktion nicht zur Anwendung gelange. Am 1. September 2020 habe er einen schweren Unfall erlitten, sei notoperiert worden und zu 100% arbeitsunfähig. Aus diesem Grund habe ihm die Verfügung vom 20. Oktober 2020 nicht zugestellt werden können.

 

6. Das VWD trat mit Verfügung vom 29. Januar 2021 mangels Fristwahrung nicht auf die Beschwerde ein.

 

7. Mit Eingabe vom 11. Februar 2021 liess A.___ beim Verwaltungsgericht gegen den Nichteintretensentscheid des Departements Beschwerde erheben. Im Wesentlichen machte er geltend, die Zustellfiktion könne nur bei einem laufenden Verfahren zur Anwendung gelangen. Er habe mit keiner Verfügung rechnen müssen, weshalb die Argumentation der Vorinstanz der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zuwiderlaufe.

 

8. Das VWD schloss am 17. Februar 2021 auf Abweisung der Beschwerde, während sich das AWA auf die Akteneinsendung beschränkte und auf eine Stellungnahme verzichtete.

 

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 101 WAG i.V.m. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). A.___ ist durch den angefochtenen Entscheid, mit dem das VWD nicht auf seine Beschwerde gegen die Betriebseinstellung eintrat, beschwert und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung (vgl. § 12 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes, VRG, BGS 124.11). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

2. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 18. November 2020 ans VWD die 10-tägige Beschwerdefrist gegen die Verfügung des AWA vom 12. Oktober 2020 nicht eingehalten hat. Er machte vor der Vorinstanz sinngemäss einerseits geltend, er sei vom 4. bis 30. Juli 2020 in den Ferien gewesen. Zudem habe er am 1. September 2020 einen schweren Unfall erlitten und sei seither zu 100% arbeitsunfähig. Aus diesem Grund habe ihm die Verfügung im Oktober 2020 nicht zugestellt werden können. Da kein Verfahren hängig gewesen sei, habe er keine Vorkehrungen für den Empfang einer eingeschriebenen Sendung treffen müssen.

 

Das Departement beruft sich sinngemäss und im Wesentlichen auf die in Art. 138 der Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) verankerte Zustellfiktion und vertritt die Auffassung, der Entzug der Betriebsbewilligung sei dem Beschwerdeführer am 20. Oktober 2020 zugestellt worden. Aufgrund der gesamten Vorgeschichte – insbesondere die zahlreichen einschlägigen Strafbefehle – habe ein für die Zustellfiktion hinreichendes Prozessrechtsverhältnis bestanden.

 

2.1 Verfügungen und Entscheide sind den Parteien schriftlich zu eröffnen, so weit nötig durch Gesetz vorgeschrieben zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen (§ 21 Abs. 1 VRG). Zur schriftlichen Eröffnung eines per Einschreiben gesandten Entscheids hat das Bundesgericht eine langjährige Praxis entwickelt. Wird der Adressat anlässlich einer versuchten Zustellung nicht angetroffen und daher eine Abholeinladung in seinen Briefkasten sein Postfach gelegt, so gilt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Sendung in jenem Zeitpunkt als zugestellt, in welchem sie auf der Post abgeholt wird; geschieht das nicht innert der Abholfrist, die sieben Tage beträgt, so gilt die Sendung als am letzten Tag dieser Frist zugestellt, sofern der Adressat mit der Zustellung hatte rechnen müssen. Die siebentägige Frist war früher in Art. 169 Abs. 1 lit. d und e der Verordnung 1 vom 1. September 1967 zum Postverkehrsgesetz (AS 1967 S. 1462) vorgesehen. Diese Verordnung ist mit Art. 13 lit. a der Postverordnung vom 29. Oktober 1997 (aVPG; AS 1997 S. 2461) aufgehoben worden (BGE 130 II 396. E. 1.2.3 S. 399). Diese Rechtsprechung ist nur dann massgebend, wenn die Zustellung eines behördlichen Aktes mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss. Indessen entsteht erst mit der Rechtshängigkeit ein Prozessrechtsverhältnis, welches die Parteien verpflichtet, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, d.h. unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen Entscheide, welche das Verfahren betreffen, zugestellt werden können. Diese Pflicht entsteht mithin als prozessuale Pflicht mit der Begründung eines Verfahrensverhältnisses und gilt insoweit, als während des hängigen Verfahrens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung eines behördlichen Aktes gerechnet werden muss (BGE 130 II 396 E. 1.2.3 S. 399).

 

2.2 Diese von der Rechtsprechung entwickelte und teilweise schon in Art. 44 Abs. 2 BGG für das Verfahren vor Bundesgericht geltende «Zustellfiktion» wurde mit Erlass der eidgenössischen Zivilprozessordnung in Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO verankert. Ist die Zustellungsform gewahrt, kann der Adressat nicht mehr einwenden, er habe die Urkunde nicht erhalten. Durch die Zustellungsfiktion verhindert diese Bestimmung, dass die Durchführung des Verfahrens durch unmögliche vereitelte Zustellungen behindert gar verunmöglicht werden kann (vgl. Julia Gschwend in: Karl Spühler/Luca Tenchio/Dominik Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar zur ZPO [BSK-ZPO], 3. Auflage, Basel 2017, Art. 138 N 1 mit Hinweisen).

 

Ist ein Verfahren hängig, kann von der betroffenen Person verlangt werden, dass sie ihre Post regelmässig kontrolliert und allenfalls längere Abwesenheiten mitteilt während diesen einen zur Entgegennahme allfälliger gerichtlicher Sendungen ermächtigten Stellvertreter ernennt (BSK BGG-Amstutz/Arnold, Art. 44 N 25). Unterlässt sie dies, tritt bei Nichtabholung der Sendung die Zustellungsfiktion ein und erübrigt sich ein zweiter Zustellungsversuch (Gschwend, a.a.O., Art. 138 N 18a).

 

Sowohl die Zustellpflicht der Behörde als auch die Empfangspflicht der Verfahrensbeteiligten sind vernünftig, d.h. weder mit übertriebener Strenge noch mit ungerechtfertigtem Formalismus, zu handhaben (Urteil 2C_35/2016 des Bundesgerichts vom 18. Juli 2016 E. 3.1 mit Hinweisen). 

 

2.3 Gegen den Beschwerdeführer ergingen in der Zeit zwischen 14. September 2016 und 4. März 2020 insgesamt zehn Strafbefehle im Zusammenhang mit der Führung seiner Bar. Bei den Verstössen ging es u.a. jeweils darum, dass die Tür des Fumoirs zum restlichen Gastraum offenstand, die Fläche des Fumoirs zu gross war im Gastbetrieb ausserhalb des Fumoirs geraucht wurde. Mehrfach bestand der Vorwurf zudem darin, dass der Beschwerdeführer als Bewilligungsinhaber den Betrieb nicht persönlich geführt, sondern einem Dritten überlassen hatte (Strafbefehle vom 19. November 2016, 25. April 2017, 6. März 2019, 4. Juli 2019, 22. Juli 2019, 27. September 2019, 4. März 2020). Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers betraf auch der letzte Strafbefehl vom 4. März 2020 solche Vorhalte (mehrfache Verletzung von Pflichten nach § 97 Abs. 1 lit. c WAG und Übertretung des PaRG [Art. 5 Abs. 1 lit. b], act. 19).

 

Dem Departement ist grundsätzlich darin zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer bereits aufgrund dieser einschlägigen Verurteilungen mit einem Verwaltungsverfahren rechnen musste. Entsprechend war der Beschwerdeführer vom AWA seit dem 23. April 2019 fünfmal erfolglos mit eingeschriebener Sendung kontaktiert worden, dies nicht nur an seiner Geschäftsadresse, sondern im Oktober 2019 auch an seiner Privatadresse, da die Verwarnung vom September 2019 nicht hatte zugestellt werden können. Ob er die Strafbefehle, die ihm ebenfalls per Gerichtsurkunde (an die Privatadresse) zugestellt wurden, je entgegengenommen hat, geht zwar aus den Akten nicht hervor. Er macht immerhin geltend, die Bussen bezahlt zu haben. Es kann aber nicht angehen, dass ein Betroffener über 1 ½ Jahre hinweg (insgesamt fünf) eingeschriebene Sendungen vom gleichen Absender nicht entgegennimmt bzw. abholt und sich dann auf den Standpunkt stellen kann, es sei kein Verfahren gegen ihn hängig gewesen, weswegen er nicht mit der Zustellung einer eingeschriebenen Sendung habe rechnen müssen. Damit würde jedes fristgerechte behördliche Handeln verunmöglicht. Genau solcher Konstellationen wegen wurde die Zustellfiktion in der Rechtsprechung entwickelt und fand mit Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO schliesslich Eingang ins Gesetz. Bei dieser Häufung von nicht abgeholten Sendungen über Monate hinweg lässt sich ein Verhaltensmuster ablesen, das keinen Schutz verdient, sondern rechtsmissbräuchlich ist.

 

2.4 Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang das vom Beschwerdeführer zitierte Urteil 2C_35/2016 des Bundesgerichts vom 18. Juli 2016. Dort ging es - neben anderen formell-rechtlichen Problemen - darum, dass die Behörde über ein Jahr nach einem ersten Teiltierhalteverbot unangekündigt ein Volltierhalteverbot erliess. Das Bundesgericht schloss sinngemäss, nach so langer Zeit könne die Zustellfiktion mangels eines durch die zuständige Behörde eröffneten tierschutzrechtlichen Verfahrens nicht aufrechterhalten bleiben. Hier nahm der Beschwerdeführer die Sendungen des AWA während über einem Jahr nicht entgegen, weil ihm wohl bewusst war, dass die strafrechtlichen Verfehlungen auch Einfluss auf seine Betriebsbewilligung haben könnten. Insofern kann der Beschwerdeführer aus dem zitierten Urteil nichts zu seinen Gunsten ableiten.

 

3. Davon ausgehend, dass der Beschwerdeführer mit der Zustellung behördlicher Schreiben rechnen musste, bleibt zu prüfen, ob es einen entschuldbaren Hinderungsgrund für die Entgegennahme der Verfügung des AWA vom 12. Oktober 2020 gab.

 

Der Beschwerdeführer macht dazu geltend, am 1. September 2020 einen schweren Unfall erlitten zu haben und danach zu 100% arbeitsunfähig gewesen zu sein. Wie bereits das Departement festgestellt hat, findet sich in den Akten der Arztbericht des Bürgerspitals, wonach sich der Beschwerdeführer am 1. September 2020 eine tiefe Schnittverletzung mit dem Trennschleifer zugezogen hatte und gleichentags operiert worden war (act. 6 des Beschwerdeführers im vorinstanzl. Verfahren). Dass er am 13. Oktober 2020 deswegen immer noch hospitalisiert gewesen wäre, geht nicht daraus hervor. Selbst wenn dem so gewesen wäre, hätte es ihm als alleinigem Bewilligungsinhaber oblegen, während seiner unfallbedingten Abwesenheit für die Regelung des Postverkehrs im Zusammenhang mit seiner Bar besorgt zu sein. Lebensfremd ist eine solche Forderung entgegen seiner Darlegung keineswegs. Es kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz in E. 2.1.3, S. 5 ihres Entscheids verwiesen werden.

 

Bezeichnend ist denn auch, dass der Beschwerdeführer geltend macht, er habe nicht mit der Betriebseinstellung rechnen müssen, habe er doch mit viel Geld die Mängel seines Betriebs behoben und aktenkundig die Bewilligung für den Betrieb des Fumoirs erhalten. Diese Fumoir-Bewilligung wurde am 16. September 2020 erteilt und ging mit normaler Post an die Geschäftsadresse des Beschwerdeführers. Davon nahm er offenbar Kenntnis. Auch die an die Geschäftsadresse zugestellte Rechnung vom 1. September 2020 für die Umbauarbeiten ist aktenkundig, auch davon hat der Beschwerdeführer – wann auch immer – Kenntnis erhalten. In Bezug auf die einen knappen Monat später mit Einschreiben zugestellte Betriebseinstellung der Bar beruft sich der Beschwerdeführer dann aber auf seine unfallbedingte Verletzung. Das ist nicht konsequent und legt den Schluss nahe, dass die Kenntnisnahme behördlicher Schreiben je nach Interessenlage erfolgte.

 

4.1 Fraglich ist, ob das AWA verpflichtet gewesen wäre, seine Verfügungen amtlich zu publizieren, wie dies der Beschwerdeführer vor dem Departement noch geltend gemacht hatte. Ist nämlich die Zustellung der Verfügung des Entscheids nicht möglich hat eine Partei entgegen der Anweisung der Behörde gemäss § 21 Absatz 2bis VRG kein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnet, so kann die Verfügung der Entscheid amtlich publiziert werden; Art. 141 ZPO ist sinngemäss anwendbar. Zu prüfen ist einzig der Anwendungsfall nach Art. 141 Abs. 1 lit. b ZPO, die anderen Konstellationen treffen von vornherein nicht zu.  Demnach erfolgt die Zustellung durch Publikation im kantonalen Amtsblatt im Schweizerischen Handelsblatt, wenn eine Zustellung unmöglich ist mit ausserordentlichen Umständen verbunden wäre.

 

4.2 Eine Unmöglichkeit der Zustellung i. S. v. Abs. 1 lit. b liegt vor, wenn die gerichtliche Sendung weder dem Adressaten persönlich noch seinem Vertreter noch einer zu deren Empfang berechtigten Person (Art. 138 Abs. 2) zugestellt werden kann. Auch die zur öffentlichen Bekanntmachung berechtigende Unmöglichkeit der Zustellung kann indessen erst angenommen werden, wenn sämtliche sachdienlichen Nachforschungen (z. B. mit einer Anfrage bei der Einwohnerkontrolle des Wohnortes, beim Fürsorgeamt bei Bekannten) erfolgt, aber erfolglos geblieben sind (Gschwend, a.a.O., Art. 141 N 3 mit Hinweisen). Vorliegend waren keine solchen Nachforschungen nötig, da sowohl die massgebliche Geschäftsadresse als auch die private Anschrift des Beschwerdeführers bekannt (und offensichtlich immer noch richtig) waren.

 

Keine Unmöglichkeit der Zustellung ist gegeben, wenn der Adressat der gerichtlichen (bzw.) behördlichen Sendung während der Anhängigkeit des Verfahrens, von dem er weiss und in dem er daher mit der Zustellung von gerichtlichen behördlichen Urkunden rechnen musste, seinem Wohnsitz fernbleibt, ohne dafür zu sorgen, dass ihm Gerichtsurkunden nachgesandt und zugestellt werden können. Denn in einem solchen Fall liegt eine Vereitelung der Zustellung vor, bei der die Zustellung schon auf Grund von Art. 138 Abs. 3 als erfolgt gilt und daher eine öffentliche Bekanntmachung unterbleiben kann (vgl. Gschwend, a.a.O. Art. 141 N. 4).

 

4.3 Demnach war die Zustellung hier nicht unmöglich im Sinne von Art. 141 ZPO, sondern wurde durch die über Monate wiederholte Verweigerung der Annahme vereitelt. Ein solches Verhalten verdient keinen Rechtsschutz, weshalb der angefochtene Entscheid zu bestätigen ist. Das Departement ist zu Recht nicht auf die verspätet erhobene Beschwerde eingetreten.

 

5. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat A.___ die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 800.00 festzusetzen sind.

 

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 800.00 zu bezahlen.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin                                                                 Der Gerichtsschreiber

 

 

 

Scherrer Reber                                                                 Schaad

 

 

Das vorliegende Urteil wurde vom Bundesgericht mit Urteil 2C_364/2021 vom 5. August 2021 bestätigt.

                                                                                         

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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