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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2021.395)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2021.395: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn entschied am 26. April 2022 in einem Fall betreffend Beistandschaft. Die Beschwerdeführerin, eine hilfsbedürftige Person, wurde gegen ihren Willen einer Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung zugewiesen. Die KESB Region Solothurn hatte dies aufgrund eines Schwächezustands und drohender Vermögensverluste beschlossen. Die Beschwerdeführerin war gegen diese Massnahme und schlug eine andere Person als Beistand vor. Das Gericht entschied jedoch, dass die angeordnete Massnahme gerechtfertigt und verhältnismässig sei. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und die Beschwerdeführerin wurde zur Zahlung von Gerichtskosten in Höhe von CHF 1'000 verurteilt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.395

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2021.395
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2021.395 vom 26.04.2022 (SO)
Datum:26.04.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Person; Verwaltung; Vermögens; Angelegenheiten; Massnahme; Schwächezustand; Vertretung; Entscheid; Beistand; Einkommen; Verwaltungsgericht; Unterstützung; Vertretungsbeistandschaft; Beiständin; Abklärung; Einkommens; Apos; Schwächezustands; Beistandschaft; Urteil; Solothurn; Erwachsenenschutzbehörde; Dienste; Vermögensverwaltung; Schweiz; Voraussetzung; Aufgabe
Rechtsnorm: Art. 388 ZGB ;Art. 389 ZGB ;Art. 390 ZGB ;Art. 394 ZGB ;Art. 395 ZGB ;Art. 401 ZGB ;Art. 450 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Thomas Geiser, Kommentar zum Zivilgesetzbuch, Art. 390 Abs. 1 OR ZGB ZG, 1900

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.395

 
Geschäftsnummer: VWBES.2021.395
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 26.04.2022 
FindInfo-Nummer: O_VW.2022.78
Titel: Beistandschaft

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 26. April 2022

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller    

Oberrichter Werner

Rechtspraktikant Probst

In Sachen

A.___   

 

Beschwerdeführerin

 

 

 

gegen

 

 

 

KESB Region Solothurn,   

 

Beschwerdegegnerin

 

 

 

 

betreffend     Beistandschaft


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Am 9. April 2021 ging bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Region Solothurn (nachfolgend KESB genannt) eine Gefährdungsmeldung ein, wonach A.___ (nachfolgend Beschwerdeführerin genannt) hilfsbedürftig erscheine.

 

2. Gestützt auf die eingegangene Gefährdungsmeldung eröffnete die KESB ein Verfahren betreffend die Prüfung erwachsenenschutzrechtlicher Massnahmen und beauftragte mit Verfügung vom 11. Mai 2021 die Sozialen Dienste Mittlerer und Unterer Leberberg mit einer umfassenden Abklärung der Situation sowie des Unterstützungs- und Massnahmebedarfs.

 

3. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs ordnete die KESB am 7. September 2021 gestützt auf den Abklärungsbericht vom 26. August 2021 der Sozialen Dienste Mittlerer und Unterer Leberberg eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung gemäss Art. 394 i.V.m. Art. 395 Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) an. Die Aufgabenbereiche des Beistandes umfassten dabei die Vertretung der Beschwerdeführerin beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten, insbesondere im Verkehr mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, (Sozial-) Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen sowie deren Vertretung beim Erledigen der finanziellen Angelegenheiten, insbesondere die sorgfältige Verwaltung des gesamten Einkommens und Vermögens. Zudem wurde der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 395 Abs. 3 ZGB der Zugriff auf das Konto bei der [...]bank, CH[...], mit sofortiger Wirkung entzogen, da auf dieses Konto ihr Erbanteil von rund CHF 240'000.00 aus dem Nachlassverfahren ihres im Januar 2021 verstorbenen Lebenspartners überwiesen wurde. Als Beiständin wurde B.___, Soziale Dienste Mittlerer und Unterer Leberberg, ernannt.

 

4. Gegen diesen Entscheid erhob die Beschwerdeführerin am 24. September 2021 Beschwerde, welche von der KESB zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn weitergeleitet wurde. Die Beschwerdeführerin beantragte dabei sinngemäss die Aufhebung der angeordneten Massnahme.

 

5. Mit Stellungnahme vom 28. Oktober 2021 beantragte die Beiständin die Abweisung der Beschwerde.

 

6. Die KESB schloss im Rahmen der Stellungnahme vom 2. November 2021 auf Abweisung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

7. Mit Schreiben vom 3. Januar 2022 leitete die KESB die Eingabe von C.___ und der Beschwerdeführerin vom 16. Dezember 2021 zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht weiter.

 

8. Auf die Ausführungen der Parteien und die Akten wird, soweit für die Entscheidfindung wesentlich, im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

 

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. Art. 450 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 130 Abs. 1 Einführungsgesetz zum ZGB, EG ZGB, BGS 211.1). Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Entscheid als Verfügungsadressatin beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

Nicht einzutreten ist jedoch auf das nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erweiterte Rechtsbegehren in der Eingabe vom 16. Dezember 2021 (vgl. § 68 Abs. 3 Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, BGS 124.11).

 

2.1 Die KESB führte in ihrem Entscheid aus, gestützt auf den Abklärungsbericht vom 26. August 2021 der Sozialen Dienste Mittlerer und Unterer Leberberg sowie dem gewonnenen persönlichen Eindruck anlässlich der telefonischen Anhörung vom 6. September 2021 sei zweifellos erstellt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund des bestehenden Schwächezustands ganz offensichtlich nicht mehr in der Lage sei, ihre finanziellen und administrativen Belange eigenverantwortlich zu regeln und in diesen Bereichen Unterstützung benötige. Da keine Angehörigen zur Verfügung stünden, um die Beschwerdeführerin zu unterstützen, und auch keine Drittperson benannt werden könne, welche die mit der Beistandschaft verbundenen Aufgaben übernehme, rechtfertige es sich, eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung zugunsten der Beschwerdeführerin zu errichten.

 

Zudem bestehe die grosse Gefahr, dass die Beschwerdeführerin aufgrund des vorliegenden Schwächezustands mit ihrem Handeln ihren eigenen Interessen zuwiderhandle und ihr Vermögen dadurch in erheblichem Masse geschädigt werden könne. Die Gefahr einer weiteren Vermögensschädigung sei aufgrund der Abklärungsergebnisse nicht von abstrakter Natur, es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass eine Schädigung des Vermögens in naher Zukunft wahrscheinlich sei. Es sei aktenkundig, dass bereits innerhalb der kurzen Zeit des Abklärungsverfahrens zwei Klagen beim Amtsgericht Solothurn-Lebern anhängig gemacht worden seien und eine weitere Forderung aus einer vertraglichen Verpflichtung erhoben worden sei. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführerin zu ihrem eigenen Schutz und ihrem wohlverstandenen Interesse die Zugriffsberechtigung auf das Konto bei der [...]bank , CH[...], zu entziehen.

 

2.2 Die Beschwerdeführerin brachte anlässlich ihrer Beschwerde vor, sie habe sich seit der Gefährdungsmeldung vom 9. April 2021 vom Schock des Todes ihres Ehemannes erholt. Es sei zwar korrekt, dass sie aufgrund ihres Alters manchmal etwas Hilfe benötige, doch bedeute dies nicht, die KESB könne entscheiden, wer ihr mit den Finanzen behilflich sein solle. Es müsse auch nicht erwähnt werden, dass sie es geschafft habe, selbständig eine Unterkunft zu suchen und zu finden. Sie sei daher fähig, sich um ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Deshalb sei sie gegen die Entscheidung der KESB, wonach ihr Frau B.___ mit der Regelung ihrer administrativen und finanziellen Angelegenheiten helfe. Sie schlage Herrn D.___ als Person vor, welche sie unterstütze und die Aufgaben von Frau B.___ übernehme.

 

3.1 Zu prüfen ist demnach, ob die Voraussetzungen zur Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung gegeben sind.

 

3.2 Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes stellen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicher und sollen die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und fördern (Art. 388 ZGB). Die Erwachsenenschutzbehörde ordnet dann eine Massnahme an, wenn die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen sowie private öffentliche Dienste nicht ausreicht von vornherein als ungenügend erscheint. Jede behördliche Massnahme muss zudem erforderlich und geeignet sein (Art. 389 ZGB).

 

3.3 Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Beistandschaft, wenn eine volljährige Person wegen einer geistigen Behinderung, einer psychischen Störung eines ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustands ihre Angelegenheiten nur teilweise gar nicht besorgen kann (Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Unter geistiger Behinderung werden dabei angeborene erworbene Intelligenzdefekte verschiedener Schweregrade verstanden (Yvo Biderbost/Helmut Henkel in: Thomas Geiser/Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Basel 2018, Art. 390 N 10). Der weite Ausdruck eines «ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustands» ermöglicht demgegenüber als Auffangtatbestand insbesondere den Schutz Betagter, bei denen gleichartige Defizite wie bei Menschen mit einer geistigen Behinderung einer psychischen Störung auftreten. Dieser Schwächezustand muss jedoch einer geistigen Behinderung bzw. einer psychischen Störung ähnlich sein und «in der Person liegen», nicht einfach in den äusseren Umständen, wie bspw. soziale Herkunft, Arbeitsschwierigkeiten, Einsamkeit, finanzielle Not etc. (Yvo Biderbost/Helmut Henkel, a.a.O., Art. 390 ZGB N 13).

 

3.4 Das Erwachsenenschutzrecht kennt verschiedene Arten von Beistandschaften. Gemäss Art. 394 Abs. 1 ZGB wird eine Vertretungsbeistandschaft errichtet, wenn die hilfsbedürftige Person bestimmte Angelegenheiten nicht erledigen kann und deshalb vertreten werden muss. Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung nach Art. 395 ZGB, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens das gesamte Vermögen das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen (Abs. 1). Die Verwaltungsbefugnisse umfassen auch die Ersparnisse aus dem verwalteten Einkommen die Erträge des verwalteten Vermögens, wenn die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes verfügt (Abs. 2). Ohne die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken, kann ihr die Erwachsenenschutzbehörde den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen (Abs. 3).

 

3.5 Eine Vermögensverwaltung durch einen Beistand erfolgt im Rahmen der Vertretungsbeistandschaft und ist nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen für eine Vertretungsbeistandschaft erfüllt sind und zwar in der Weise, dass die hilfsbedürftige Person die Verwaltung ihres Vermögens teilweise gar nicht nicht zweckmässig besorgen kann, ihr Wohl dadurch in relevanter Weise gefährdet ist und sie deshalb vertreten werden muss. Entscheidend für die Anordnung dieser Massnahme ist dabei in erster Linie das entsprechende Unvermögen der hilfsbedürftigen Person, nicht der Schwächezustand als solcher. Nicht erforderlich ist zudem die Zustimmung der betroffenen Person. Die Massnahme kann auch gegen ihren Willen angeordnet werden (Yvo Biderbost/Helmut Henkel, a.a.O., Art. 390 ZGB N 17 und Art. 395 ZGB N 5 ff.).

 

4.1.1 Vorliegend wurde im Abklärungsbericht ausgeführt, die Beschwerdeführerin wirke sehr verzweifelt und hilflos, da sie Analphabetin sei und sich bislang immer Ehemänner, Partner Bekannte um administrative, organisatorische und finanzielle Angelegenheiten gekümmert hätten. Ansonsten seien jedoch, abgesehen von der altersentsprechenden Leistungsabnahme, keine weiteren psychischen physischen Einschränkungen bekannt. Es wurde daher festgehalten, dass aufgrund des Analphabetismus ein in der Person liegender Schwächezustand vorliege. Die Beschwerdeführerin sei dringend vor drohenden Vermögensverlusten bezüglich ihrer Erbschaft aufgrund ihres Analphabetismus, des fehlenden Umfelds und der mangelnden Kenntnisse des Systems zu schützen. Sie werde längerfristig nicht in der Lage sein, die nötige Unterstützung für ihre zu erledigenden finanziellen, rechtlichen anderen persönlichen Angelegenheiten einzuholen diese persönlich zu erledigen.

 

4.1.2 Gestützt auf den Abklärungsbericht und ohne weitere Ergänzungen bejahte die KESB das Vorliegen eines Schwächezustands ebenfalls.

 

4.2 Mit Blick auf E. 3.3 hiervor würde der Analphabetismus für sich allein wohl keinen genügenden Schwächezustand begründen. Bei der Beschwerdeführerin kommt jedoch hinzu, dass sie – bald 80-jährig – Schwierigkeiten mit der Kommunikation hat, ihre Handlungen in Bezug auf ihre finanziellen Verpflichtungen nicht abschätzen kann und das Schweizerische Rechtssystem selbst in seinen Grundzügen nicht kennt. Insofern scheint die Hilfsbedürftigkeit der Beschwerdeführerin ausgewiesen. Die Beschwerdeführerin ist eine betagte Frau, bei welcher aufgrund ihrer Hilflosigkeit ein vergleichbares Defizit wie bei Menschen mit einer geistigen Behinderung einer psychischen Störung vorliegt. Es besteht deshalb ein ähnlicher in der Person liegender Schwächezustand.

 

4.3 Beispielhaft zeigt sich das Unvermögen, ihr Geld zweckmässig zu verwalten im Umstand, dass die Beschwerdeführerin im Oktober 2021 zwei Beträge in der Höhe von CHF 2'400.00 und CHF 2'200.00 vom Verwaltungskonto der Beiständin abhob, um ein Grundstück in Südafrika für rund CHF 15'000.00 zu erwerben. Es bestanden weder Vorverträge noch sonstige schriftliche Vereinbarungen. Die Übertragung des Eigentums am Grundstück wäre erst gegen Übergabe des Geldes erfolgt. Die Beiständin ging daher anlässlich ihres Antrags auf Sperrung des Verwaltungskontos vom 20. Oktober 2021 davon aus, dass sich die Beschwerdeführerin gutgläubig von Dritten nach ihrem eigenen Empfinden dazu verleiten lasse, sich finanziell zu schädigen. Dieser Ansicht war auch die KESB, da mit Entscheid vom 20. Oktober 2021 der Beschwerdeführerin im Sinne einer superprovisorischen Massnahme per sofort der Zugriff auf das Konto bei der [...]bank , CH[...], entzogen wurde. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs bestätigte die KESB diese Massnahme mit Entscheid vom 11. November 2021 schliesslich definitiv. Dieses Vorkommnis zeigt, dass die Grosszügigkeit der Beschwerdeführerin gerne ausgenutzt wird und somit ihr Wohl i.S.v. Art. 395 ZGB in relevanter Weise gefährdet ist, weshalb sie in finanziellen Belangen vertreten werden muss.

 

4.4 Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund des Schwächezustands auch ihre administrativen Angelegenheiten nur teilweise gar nicht besorgen kann. So wurde gegen sie von ihrer Vermieterin eine Klage auf Ausweisung und Vollstreckung beim Richteramt Solothurn-Lebern eingereicht. Zudem wurde von einer ehemaligen Freundin, welche ihr bei der Räumung des Hauses geholfen hatte, eine Forderungsklage beim Richteramt Solothurn-Lebern erhoben. Zudem fordert die [...] AG für den ursprünglich geplanten Umzug nach Südafrika CHF 23'960.00. Folglich ist es offensichtlich, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Zustand im Umgang mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, (Sozial-)Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen Mühe bekundet. Der Analphabetismus trägt das Seine dazu bei. Auch in dieser nicht vermögensbezogenen Hinsicht muss die Beschwerdeführerin somit vertreten werden, da sie relevante Angelegenheiten nicht hinreichend besorgen kann und ihr Wohl deshalb i.S.v. Art. 394 ZGB in relevanter Weise gefährdet ist.

 

4.5 Aufgrund des Schwächezustands und des daraus resultierenden Unvermögens der Beschwerdeführerin, administrative und finanzielle Angelegenheiten selbständig besorgen zu können, sind die Voraussetzungen nach Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 sowie Art. 394 und 395 ZGB somit erfüllt.

 

5.1 Wie bereits erwähnt, entfiel mit dem Tod ihres Lebenspartners im Januar 2021 dessen Unterstützung. Andere Familienmitglieder nahestehende Personen, welche die Beschwerdeführerin unterstützen würden, sind nicht ersichtlich. So konnte zu der angeblich in der Schweiz lebenden Tochter kein Kontakt hergestellt werden, für die Schwägerin kommt die Verwaltung des Einkommens und Vermögens nicht in Frage, und Herr E.___, welcher die Beschwerdeführerin während vieler Jahre unterstützt hatte, bietet seine Hilfe schon seit Längerem nicht mehr an.

 

5.2.1 Die Beschwerdeführerin schlug anlässlich ihrer Beschwerde vor, dass Herr D.___ sie künftig unterstützen solle. Dieser soll demnach eine nahestehende Person nach Art. 389 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB sein, die eine anderweitige Unterstützung gewährt. Jedoch stellt sich die Frage, ob Herr D.___ für die Beistandschaft geeignet ist (Art. 401 Abs. 1 ZGB).

 

5.2.2 «Nahestehen» meint eine auf unmittelbarer Kenntnis der Persönlichkeit des Betroffenen, von diesem bejahte und von Verantwortung für dessen Ergehen geprägte Beziehung, die den Dritten geeignet erscheinen lässt, Interessen des Betroffenen wahrzunehmen. Diese Beziehung bzw. die Anforderungen daran müssen glaubhaft gemacht werden (Urteil des Bundesgerichts 5A_671/2019 vom 22. Mai 2020 E. 2.2 mit Verweis auf das Urteil 5A_663/2013 vom 5. November 2013 E. 3).

 

5.2.3 Die Beiständin führte anlässlich ihrer Stellungnahme vom 28. Oktober 2021 aus, Herr D.___ habe die Beschwerdeführerin bei diversen Botengängen unterstützt und ihr auch schon Geld ausgeliehen. Er spreche jedoch keine Schweizer Amtssprache, sondern lediglich Englisch und eine südafrikanische Landessprache. Zudem kenne er das Schweizerische Rechts- und Gesundheitssystem nicht.

 

5.3 Von der Beschwerdeführerin wird vorliegend nicht dargelegt, wie gut Herr D.___ sie kennt und inwiefern es sich um eine von Verantwortung für ihr Wohlergehen geprägte Beziehung handelt. Folglich kann dieser nicht als nahestehende Person der Beschwerdeführerin im Sinne der gesetzlichen Regelung in Betracht gezogen werden. Abgesehen davon erscheint dessen Unterstützung von vornherein als ungenügend, da er der deutschen Sprache nicht mächtig ist und sich überdies nicht mit dem Schweizerischen Rechts- und Gesundheitssystem auskennt. Er könnte der Beschwerdeführerin somit in administrativen und finanziellen Angelegenheiten kaum hinreichend helfen, womit keine anderweitige Unterstützung nach Art. 389 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB besteht. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass Herr D.___ kein geeigneter Beistand gemäss Art. 401 Abs. 1 ZGB ist.

 

6. Die als Beiständin ernannte Frau B.___ ist hingegen eine professionelle Sozialarbeiterin der Sozialen Dienste Mittlerer und Unterer Leberberg. Sie ist für die vorgesehenen Aufgaben persönlich und fachlich geeignet, kann die dafür erforderliche Zeit einsetzen und die Aufgaben selber wahrnehmen (vgl. Art. 400 Abs. 1 ZGB). Von der Beschwerdeführerin werden diesbezüglich keine entgegensprechenden Gründe vorgebracht. Sie müsste dazu ihre Ablehnung zumindest in groben Zügen begründen, da nur unter dieser Voraussetzung ihre Haltung nachvollziehbar ist und beurteilt werden kann, ob es tunlich ist, ihrem Willen zu entsprechen und das Auswahlverfahren unter Umständen von vorne zu beginnen (Ruth E. Reusser, a.a.O., Art. 401 ZGB N 22). Ihre Einwände richten sich jedoch weniger gegen die Person der Beiständin als vielmehr gegen die Massnahme als solche.

 

7. Schliesslich ist die angeordnete Massnahme auch verhältnismässig (Art. 389 Abs. 2 ZGB). Denn zum einen ist sie geeignet, die Beschwerdeführerin in der Besorgung ihrer administrativen und finanziellen Angelegenheiten zu unterstützen. Zum anderen ist sie erforderlich, was die laufenden bzw. drohenden Verfahren sowie die Bestätigung der superprovisorischen Massnahme aufzeigen. Es kann daher nicht der Meinung der Beschwerdeführerin gefolgt werden, sie sei fähig, sich selbst um ihre Angelegenheiten zu kümmern. Ferner wurde die Handlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht eingeschränkt, sodass sie nach wie vor selbständig handeln kann. Die angeordnete Massnahme ist damit auch zumutbar.

 

8. Die Voraussetzungen zur Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung sind demnach erfüllt, da die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Hilflosigkeit in finanziellen sowie administrativen Belangen auf Unterstützung angewiesen ist.

 

9. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

 

10. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin gemäss § 77 VRG i.V.m. Art. 106 Zivilprozessordnung (ZPO, SR 272) die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'000.00 festzusetzen sind. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.    Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00 zu bezahlen. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin                                                                 Der Rechtspraktikant

Scherrer Reber                                                                 Probst

 

 

Auf eine gegen das vorliegende Urteil erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 5A_416/2022 vom 2. Juni 2022 nicht ein.



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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