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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2021.389)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2021.389: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Beschwerde von B. und A. gegen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde abgewiesen wird. Die Eltern hatten beantragt, von bestimmten Verpflichtungen befreit zu werden, was die KESB ablehnte. Daraufhin legten B. und A. Beschwerde ein, die vom Verwaltungsgericht gutgeheissen wurde. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kanton Solothurn.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.389

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2021.389
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2021.389 vom 22.02.2022 (SO)
Datum:22.02.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Verbeiständete; Person; Verbeiständeten; Dorneck; Entscheid; Erwachsenenschutz; Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein; Verwaltung; Pflege; Betreuung; Erwachsenenschutzbehörde; Mandatsträger; Eltern; Betreuungs; Beistand; Vertretung; Vermögens; Verwaltungsgericht; Pflegevertrag; Vorinstanz; Konto; Vertrag; Verfahren; Kindes; Pflicht; Vermögensverwaltung; Sinne
Rechtsnorm: Art. 272 ZGB ;Art. 388 ZGB ;Art. 391 ZGB ;Art. 416 ZGB ;Art. 420 ZGB ;Art. 450 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Thomas Geiser, Frei, , 1900

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.389

 
Geschäftsnummer: VWBES.2021.389
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 22.02.2022 
FindInfo-Nummer: O_VW.2022.48
Titel: Erwachsenenschutzrechtliche Massnahmen

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

 

Urteil vom 22. Februar 2022       

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Werner

Gerichtsschreiberin Trutmann

In Sachen

1.    A.___   

2.    B.___  

beide hier vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Fasnacht,    

 

Beschwerdeführer

 

 

 

gegen

 

 

 

KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein,    

 

Beschwerdegegnerin

 

 

 

betreffend     Erwachsenenschutzrechtliche Massnahmen


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. C.___ (geb. 1998) leidet seit Geburt an einer Mehrfachbehinderung. Ihr fehlt die linke Gehirnhälfte, sie ist blind und im Rollstuhl. Dadurch ist sie vollständig auf die Hilfe ihrer Eltern, B.___ und A.___, von Drittpersonen und einer intensivärztlichen Behandlung sowie auf verschiedene Therapien angewiesen (vgl. S. 2 des Abklärungsberichts der Sozialen Dienste Dorneck vom 8. Juli 2016).

 

2. Auf Ersuchen von B.___ und A.___ errichtete die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein mit Entscheid vom 15. September 2016 über C.___ eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung im Sinne von Art. 394 i.V.m. Art. 395 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210). Als Mandatsträger wurden die Eltern ernannt.

 

3. Mit Entscheiden vom 12. Juni 2018 und 10. Juni 2020 genehmigte die KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein die Rechenschaftsberichte für die Perioden vom 24. Oktober 2016 bis 31. Dezember 2017 sowie vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2019 vorbehaltlos. Gleichzeitig wurde die Sozialregion Dorneck jeweils aufgefordert, unter Einbezug der Mandatsträger und der Verbeiständeten, einen schriftlichen Betreuungs- und Pflegevertrag zur Prüfung und Genehmigung einzureichen.

 

4. Am 30. Juni 2021 gelangten B.___ und A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Fasnacht, an die KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein. Sie liessen folgende Rechtsbegehren stellen:

 

1.  Es sei davon abzusehen, einen unterzeichneten schriftlichen Betreuungs- und Pflegevertrag betreffend C.___ einzureichen.

2.  Es seien die Mandatspersonen von der Pflicht zur Rechnungsablage im Sinne von Art. 420 ZGB zu entbinden und zur Berichterstattung alle zwei Jahre zu verpflichten.

3.  Eventualiter zu Ziffer 2: Es sei die finanzielle Situation der Familie A.___ vollumfänglich abzuklären und auf der Grundlage der Abklärungen über das weitere Vorgehen zu entscheiden.

 

5. Mit Entscheid vom 24. August 2021 wies die KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein die Rechtsbegehren der Mandatsträger ab. Ferner wurden die Eltern letztmals aufgefordert, bis spätestens am 30. September 2021 einen schriftlichen Betreuungs- und Pflegevertrag zur Prüfung und Genehmigung bei der Erwachsenenschutzbehörde einzureichen. Verfahrenskosten wurden nicht erhoben.

 

6. Dagegen wandten sich B.___ und A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt), nach wie vor vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Fasnacht, am 27. September 2021 an das Verwaltungsgericht. Sie beantragen das Folgende:

 

1.  Es sei der Entscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein vom 24. August 2021 aufzuheben und wie folgt abzuändern:

a.  «Die Mandatspersonen A.___ und B.___ werden von der Verpflichtung befreit, einen unterzeichneten schriftlichen Betreuungs- und Pflegevertrag mit ihrer Tochter, C.___, betreffend Wohnsituation einzureichen. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

b.  Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.»

2.  Eventualiter sei der Entscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein vom 24. August 2021 aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, im Sinne der Erwägungen neu zu entscheiden.

3.  Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

4.  In verfahrensrechtlicher Hinsicht seien die Mandatspersonen bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens von der Pflicht zu befreien, der KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein einen schriftlichen Betreuungs- und Pflegevertrag zur Prüfung und Genehmigung einzureichen. Zudem seien die vorinstanzlichen Akten beizuziehen.

 

7. Mit Verfügung vom 29. September 2021 wurde festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zukomme und die Frist zur Einreichung eines schriftlichen Betreuungs- und Pflegevertrags somit vorläufig ausgesetzt werde.

 

8. Am 5. Oktober 2021 schloss die KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein auf Abweisung der Beschwerde.

 

9. Für die weiteren Ausführungen der Parteien wird auf die Akten verwiesen; soweit erforderlich, ist im Folgenden darauf einzugehen.

 

II.

 

1. Die Beschwerde gegen den Entscheid der KESB ist innert der Rechtsmittelfrist (Art. 450b ZGB) schriftlich und begründet (Art. 450 Abs. 3 ZGB) eingereicht worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel (Art. 450 Abs. 1 ZGB) und das Verwaltungsgericht zuständige gerichtliche Beschwerdeinstanz (§ 130 Gesetz über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, EG ZGB, BGS 211.1). Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Entscheid beschwert und zur Beschwerde legitimiert (Art. 450 Abs. 2 ZGB). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

2.1 Anlass zur Beschwerde gibt die Aufforderung an die Mandatsträger, bei der Erwachsenenschutzbehörde einen schriftlichen Betreuungs- und Pflegevertrag mit der Verbeiständeten einzureichen.

 

2.2 Die angefochtene Verpflichtung wird im Entscheid der Vorinstanz implizit mit einer abstrakten Gefährdung der Interessen der Verbeiständeten begründet. Die Vorinstanz erwog, bei den Überweisungen vom Konto der Verbeiständeten auf ein Konto der Beschwerdeführer handle es sich um einen Vertrag zwischen den elterlichen Mandatsträgern und der Verbeiständeten. Gemäss Art. 416 Abs. 3 ZGB bedürften Verträge zwischen dem Beistand der Beiständin und der betroffenen Person stets einer Zustimmung durch die Erwachsenenschutzbehörde, ausser diese erteile einen unentgeltlichen Auftrag. Die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) äussere sich in ihrem Merkblatt «Angehörige als Beistand – Kriterien zur Umsetzung von Art. 420 ZGB: Merkblatt und Empfehlung vom November 2016» zur Entbindung der Mandatsperson von der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde einzuholen. Die Konferenz halte fest, dass angesichts der für die betroffene Person in persönlicher und finanzieller Hinsicht grossen Tragweite der betreffenden Geschäfte auch für Angehörige nur in begründeten Ausnahmefällen eine Entbindung auszusprechen sei. Diese lägen vorliegend nicht vor.

 

2.3 In der Beschwerde wird dagegen eingewendet, zwischen der Verbeiständeten und ihren Eltern liege keine Vertragsbeziehung vor. Der vorinstanzlichen Annahme, wonach wegen der Überweisungen vom Konto der Verbeiständeten ein Vertragsverhältnis zwischen C.___ und ihren Eltern bestünde, könne nicht gefolgt werden. Bereits mit Eingabe vom 30. Juni 2021 hätten die Beschwerdeführer im Verfahren vor der Vorinstanz dargelegt, dass es keine gesetzliche Grundlage gäbe, welche Eltern zur Einreichung eines Betreuungs- und Pflegevertrags verpflichten würde. Vor dem Hintergrund, dass C.___ aufgrund ihrer Mehrfachbehinderung faktisch unter umfassender Beistandschaft stehe, sei die Befugnis, Rentenzahlungen der Verbeiständeten entgegen zu nehmen, als innerfamiliäre Pflicht im Sinne von Art. 272 ZGB zu verstehen. Ein Vertrag liege jedenfalls nicht vor und könne somit auch nicht eingefordert werden.

 

2.4 Nach dem Willen des Gesetzgebers ist für den Abschluss eines Dauervertrags über die Unterbringung der betroffenen Person die Zustimmung der KESB notwendig, sofern die Beistandsperson das Rechtsgeschäft in Vertretung der betroffenen Person vornimmt (Art. 416 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB). Sodann wird in Art. 416 Abs. 3 ZGB in allgemeiner Weise statuiert, dass Verträge zwischen dem Beistand der Beiständin und der betroffenen Person stets der Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde bedürften, ausser diese erteilt einen unentgeltlichen Auftrag. Eine grundsätzliche Pflicht zum Abschluss eines Pflege- und Betreuungsvertrags mit den elterlichen Beiständen sieht das Gesetz, wie von den Beschwerdeführern zutreffend vorgebracht, indes nicht vor.

 

3.1 Nach Ansicht der Vorinstanz beruhen die unbestrittenen Banküberweisungen vom Konto der Verbeiständeten auf ein Konto der Beschwerdeführer auf einem bereits bestehenden (privatrechtlichen) Vertrag.

 

3.2 Im Folgenden ist somit über die Rechtsgrundlage der fraglichen Überweisungen zu befinden.

 

3.3.1 Art. 391 Abs. 1 ZGB bestimmt, dass der Beistand die hilfsbedürftige Person im Rahmen der ihm übertragenen Aufgabenbereiche vertritt. Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand von der Beiständin verwaltet werden sollen. Generell hat der (Vermögens-)Verwaltungsbeistand (Art. 395 ZGB) – wie in jeder Art der Beistandschaft – das Wohl und den Schutz der hilfsbedürftigen Person sicherzustellen (Art. 388 Abs. 1 ZGB), die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich zu erhalten und zu fördern (Art. 388 Abs. 2 ZGB), ihre Interessen zu wahren, soweit tunlich auf ihre Meinung Rücksicht zu nehmen und ihren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten, zu achten.

 

3.3.2 Die Einkommens- und Vermögensverwaltung ist in einem weiten Sinn zu verstehen. Das verwaltete Vermögen soll soweit nötig und finanziell möglich zur Sicherung des gewohnten Lebensstandards, zur Förderung der Begabungen (beruflich und ausserberuflich inkl. Hobbys) und Pflege der sozialen Beziehungen (wie Freizeitaktivitäten und Ferien) der betroffenen Person sowie auch in einem vernünftigen Verhältnis zur Befriedigung von materiellen Zusatzbedürfnissen verwendet werden (vgl. Kurt Affolter in: Thomas Geiser/Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar Schweizerisches Zivilgesetzbuch I, Basel 2018, Art. 408 N 4).

 

3.3.3 Mit Entscheid vom 15. September 2016 errichtete die Vorinstanz über C.___ eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung im Sinne von Art. 394 i.V.m. Art. 395 ZGB und ernannte die Beschwerdeführer als Mandatsträger mit folgendem Aufgabenbereich:

 

-    Vertretung der betroffenen Person in Fragen der Unterbringung und allfälligen bewegungseinschränkenden Massnahmen,

-    Vertretung der betroffenen Person in medizinischen Angelegenheiten,

-    Vertretung der betroffenen Person im Bereich Bildung, Erwerbstätigkeit und Tagesstruktur,

-    Vertretung der betroffenen Person beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten, namentlich im Verkehr mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, (Sozial-)Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen,

-    sorgfältige Verwaltung des gesamten Einkommens und Vermögens der betroffenen Person sowie die Erledigung aller finanziellen Angelegenheiten.

 

Im Verfahren vor der Vorinstanz machten die Beschwerdeführer geltend, die Verbeiständete sei in einem eigens für sie angebauten Teil des Hauses mit einer Grundfläche von 50 m2 untergebracht. Dort lebe sie und werde von verschiedenen Personen, darunter ihren Eltern, betreut. Durch die Anwesenheit der Eltern und von fachkundigen Angestellten werde sichergestellt, dass die Verbeiständete ihren geordneten Tagesablauf habe und ihre komplexe Medikamentation erhalte. Der Aufwand hinsichtlich der innerfamiliären Betreuung der Verbeiständeten sei enorm. Alleine die Tatsache, dass jedes Essen für die Verbeiständete einzeln zubereitet werden müsse, spreche für sich. Aber auch die Medikation, die in spezifischer Quantität zu bestimmten Zeitpunkten aufgrund von gewissen körperlichen Erscheinungen verabreicht werden müsse, sei unglaublich aufwendig. Der Übertrag der C.___ zustehenden IV-Rente, der Ergänzungsleistungen und der Hilflosenentschädigung auf das Familienkonto ermögliche der Familie ein «finanziell» mehr weniger unkompliziertes Vorgehen, das jede andere Familie auch so praktiziere (vgl. S. 3 der Rechtsschrift vom 30. Juni 2021).

 

3.3.4 Gemäss dem vorinstanzlichen Errichtungsentscheid steht das gesamte Einkommen und Vermögen der Verbeiständeten unter beistandschaftlicher Verwaltung. Die Verwendung der an die Verbeiständete ausbezahlten Rentenleistungen und des Vermögens zur Sicherung ihres gewohnten Lebensstandards beziehungsweise für behindertengerechte Wohnzwecke sowie für die Betreuung und Pflege durch Fachkräfte und für Freizeitaktivitäten wird somit vorliegend bereits vom Aufgabenbereich der Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung umfasst (vgl. Entscheid der KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein vom 15. September 2016). Dass die Beschwerdeführer die entsprechenden Beträge für die genannten Verwendungszwecke zunächst vom Konto der Verbeiständeten auf ihr eigenes Konto überweisen, vermag daran nichts zu ändern und begründet noch keine (zusätzliche) Vertragsbeziehung mit der Verbeiständeten.

 

3.4 Im Übrigen wären die Beschwerdeführer vorliegend auch gestützt auf die sozialversicherungsrechtliche Gesetzgebung zur Entgegennahme und zweckmässigen Verwendung der an die Verbeiständete ausbezahlten Sozialversicherungsleistungen berechtigt. Denn wie von der Vorinstanz im Beistands-Errichtungsentscheid festgestellt, gibt der Gesundheitszustand der Verbeiständeten Grund zur Annahme, dass sie die Leistungen der Sozialversicherungen, um die es hier im Wesentlichen geht, nicht selbständig zur Bestreitung ihres Unterhalts verwenden kann. Gemäss Art. 20 Abs. 1 Bundesgesetz über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, SR 830.1) können Geldleistungen ganz teilweise einem geeigneten Dritten einer Behörde ausbezahlt werden, der die der berechtigten Person gegenüber gesetzlich sittlich unterstützungspflichtig ist diese dauernd fürsorgerisch betreut, sofern:

 

a.         die berechtigte Person die Geldleistungen nicht für den eigenen Unterhalt für den Unterhalt von Personen, für die sie zu sorgen hat, verwendet dazu nachweisbar nicht im Stande ist; und

b.         die berechtigte Person aus einem Grund nach Buchstabe a auf die Hilfe der öffentlichen privaten Fürsorge angewiesen ist.

 

Nichts anderes kann in der vorliegenden Fallkonstellation gelten, wo die Rentenleistungen zwar auf ein Konto der Verbeiständeten fliessen, im Anschluss daran von den elterlichen Mandatsträgern aber dem entsprechenden Zweck zugeführt werden. Wie bereits unter Ziff. II/E. 3.3.3 dargelegt, geht aus den Rechtsschriften der Beschwerdeführer hinreichend hervor, dass die Leistungen der (Sozial-)Versicherungen zur Sicherung des Lebensstandards der Verbeiständeten verwendet werden, was sich ferner auch aus der Rechnungsablage und der vorbehaltlosen Genehmigung der Rechenschaftsberichte durch die KESB ergibt. Ob die elterlichen Mandatsträger mit der thematisierten Verwendung der Finanzmittel der Verbeiständeten darüber hinaus auch noch in Erfüllung einer sittlichen Pflicht handeln (vgl. Art. 272 ZGB), kann nach dem Gesagten offenbleiben.

 

3.5 Soweit die Grundsätze der Verwaltung der bezogenen Leistungen und damit auch die von den Mandatsträgern getätigten Banküberweisungen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, erübrigt sich folglich die Prüfung eines zusätzlichen Vertragsverhältnisses zwischen den elterlichen Mandatsträgern und dem volljährigen, verbeiständeten Kind. Das fragliche Vertragsverhältnis wäre in der vorliegenden Konstellation für den Rechtsverkehr auch nicht erforderlich, zumal diesbezüglich der umschriebene Aufgabenbereich im Errichtungsentscheid sowie in der Ernennungsurkunde die Beschwerdeführer als (gesetzliche) Vertreter der Verbeiständeten hinreichend legitimieren.

 

4. Abschliessend ist festzuhalten, dass auch wenn die Gefahr eines Missbrauchs aufgrund der nahen Beziehung und der fehlenden professionellen Distanz bei Eltern, die ihre volljährigen, behinderten Kinder als Beistände selber betreuen, nicht unterschätzt werden darf, im Rahmen der periodischen Rechnungsablage einer missbräuchlichen Verwendung der thematisierten finanziellen Mittel hinreichend begegnet werden kann.

 

5. Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde jedenfalls als begründet und ist gutzuheissen. Dispositivziffern 3.1 und 3.2 des Entscheids der KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein vom 24. August 2021 sind aufzuheben.

 

6.1 Damit bleibt über die Kosten zu befinden.

 

6.2 Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend, sind dessen Kosten der Staatskasse zu überbinden und der von den Beschwerdeführern bezahlte Kostenvorschuss zurückzuerstatten.

 

6.3 Mit Honorarnote vom 29. Oktober 2021 macht der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer einen Aufwand von 14.83 Stunden à CHF 250.00 und eine Kleinspesenpauschale von CHF 148.33 geltend. Mehrwertsteuer verlangt der Rechtsvertreter nicht. Eine detaillierte Honorarnote wurde nicht eingereicht. Wird keine detaillierte Honorarnote eingereicht, schätzt der Richter den Aufwand nach pflichtgemässem Ermessen (vgl. § 160 Abs. 1 i.V.m. § 161 Gebührentarif [GT, BGS 615.11]). Der geltend gemachte Aufwand in der Höhe von 14.83 Stunden erscheint überhöht. Für das Beschwerdeverfahren erscheint ein Aufwand von höchstens 10 Stunden à CHF 250.00 angemessen. Im Übrigen ist dem zur Anwendung gelangenden Gebührentarif eine Kleinspesenpauschale fremd. Die Auslagen sind somit ermessensweise auf CHF 50.00 festzulegen. Die vom Kanton zu entrichtende Parteientschädigung wird damit auf CHF 2'550.00 (inkl. Auslagen) festgesetzt.

Demnach wird erkannt:

1.    In Gutheissung der Beschwerde werden die Ziffern 3.1 und 3.2 des Entscheids der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein vom 24. August 2021 aufgehoben.

2.    Der Kanton Solothurn trägt die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00.

3.    Der Kanton Solothurn hat B.___ und A.___ für das Verfahren vor Verwaltungsgericht mit CHF 2'550.00 zu entschädigen.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

 

 

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Die Präsidentin      Die Gerichtsschreiberin

 

 

Scherrer Reber                                                                 Trutmann



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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