Zusammenfassung des Urteils VWBES.2021.377: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht hat in einem Fall betreffend die Wiedererwägung einer Niederlassungsbewilligung entschieden. Der Beschwerdeführer, ein Mann aus Sri Lanka, war strafrechtlich in Erscheinung getreten und hatte eine Freiheitsstrafe verbüsst. Das Migrationsamt widerrief seine Niederlassungsbewilligung, woraufhin der Beschwerdeführer um Wiedererwägung bat. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde ab, da keine neuen erheblichen Tatsachen vorlagen, die eine Änderung rechtfertigen würden. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschwerdeführer auferlegt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWBES.2021.377 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 08.02.2022 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Recht; Verfügung; Wiedererwägung; Ausländer; Massnahme; Beschwerde; Recht; Verwaltungsgericht; Entscheid; Wiedererwägungsgesuch; Eröffnung; Schweiz; Rechtsmittel; Bundesgericht; Gesuch; Bundesgerichts; Urteil; Lanka; Hinweis; Verfahren; Sicherheit; Voraussetzung; Beschwerdeführers; Voraussetzungen; Verfahrens; Sachverhalt; Widerruf; Hinweise |
Rechtsnorm: | Art. 29a AIG ;Art. 56 StGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VWBES.2021.377 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Entscheiddatum: | 08.02.2022 |
FindInfo-Nummer: | O_VW.2022.32 |
Titel: | Wiedererwägung |
Resümee: |
Verwaltungsgericht
Urteil vom 8. Februar 2022 Es wirken mit: Oberrichter Werner Oberrichterin Weber-Probst Gerichtsschreiberin Droeser In Sachen A.___ vertreten durch Rechtsanwältin Sabrina Weisskopf, Beschwerdeführer
gegen
Departement des Innern, vertreten durch Migrationsamt,
Beschwerdegegner
betreffend Wiedererwägung zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. Der aus Sri Lanka stammende A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt, geboren 1993) trat von 2013 bis 2015 mehrfach strafrechtlich in Erscheinung. Unter anderem wurde er vom Obergericht des Kantons Solothurn am 5. September 2016 des Diebstahls, der Sachbeschädigung, der einfachen Körperverletzung, des mehrfachen Hausfriedensbruchs, des Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz, des Vergehens gegen das Waffengesetz, der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, der Übertretung des Bundesgesetzes über Ausländer und Ausländerinnen sowie der versuchten schweren Körperverletzung schuldig gesprochen. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 40 Monaten verurteilt. Der Vollzug wurde zugunsten einer Massnahme gemäss Art. 59 Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0) aufgeschoben.
2. Mit Verfügung vom 17. Juli 2017 widerrief das Migrationsamt (MISA) namens des Departements des Innern (DdI) die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers und wies ihn am Tag seiner Entlassung aus dem Straf- und Massnahmevollzug weg. Die Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
3. Der Beschwerdeführer ersuchte mit Schreiben vom 22. Dezember 2020 sinngemäss um Wiedererwägung der Verfügung vom 17. Juli 2017. Mit Schreiben vom 3. Juli 2021 ersuchte der zwischenzeitlich durch Rechtsanwalt Gabriel Püntener vertretene Beschwerdeführer erneut um Beurteilung des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung und der Wegweisung aus der Schweiz. Zur Begründung wurde insbesondere geltend gemacht, der Beschwerdeführer habe in der Therapie zahlreiche Fortschritte erzielen können. Damit habe sich die Sachlage gegenüber der Situation im Jahr 2017 erheblich verändert, was eine Neubeurteilung der Sache rechtfertigen würde. Ergänzend zum Gesuch wurden zwei Vollzugsberichte der Justizvollzugsanstalt St. Johannsen vom 31. Juli 2020 und 10. März 2021 zu den Akten gereicht.
4. Mit Schreiben vom 3. September 2021 trat der Rechtsdienst des MISA auf die beiden Gesuche mangels wesentlich veränderter Umstände bzw. mangels neuer erheblicher Tatsachen und Beweismittel nicht ein. Sofern die in Frage stehenden Gesuche als solche um Neubeurteilung einer Aufenthaltsbewilligung entgegenzunehmen wären, so sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer aktuell keinen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung geltend machen könne, da weder die Voraussetzungen für eine reguläre Bewilligungserteilung gemäss Art. 18 Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG, SR 142.20) bis Art. 29a AIG, noch die Voraussetzungen für eine Abweichung von den Zulassungsvoraussetzungen, namentlich einer Härtefallbewilligung gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG, erfüllt seien.
5. Dagegen liess der Beschwerdeführer, neu vertreten durch Rechtsanwältin Sabrina Weisskopf, am 16. September 2021 Beschwerde beim Verwaltungsgericht erheben mit folgenden Rechtsbegehren:
1. Es sei festzustellen, dass die angefochtene Verfügung nicht rechtsgültig eröffnet wurde. 2. Es sei die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 3. September 2021 aufzuheben und das Wiedererwägungsgesuch gutzuheissen. 3. Eventualiter sei die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 3. September 2021 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 4. Es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen und der Vollzug der Wegweisung gemäss Verfügung vom 17. Juli 2017 aufzuschieben. 5. Es sei dem Beschwerdeführer die integrale unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, unter Beiordnung der unterzeichneten Rechtsanwältin als unentgeltliche Rechtsbeiständin. 6. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.
6. Mit Verfügung vom 20. September 2021 wurde sowohl das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung als auch das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abgewiesen.
7.1 Der Beschwerdeführer liess mit Schreiben vom 21. Oktober 2021 mitteilen, dass er nach wie vor der Ansicht sei, dass sich seine Verhältnisse massgeblich verändert hätten und somit die Beschwerde nicht aussichtlos sei. Da im Rahmen des Verfahrens betreffend Verlängerung der stationären Massnahme vom Richteramt Thal-Gäu derzeit ein psychiatrisches Gutachten eingeholt werde, welches sich insbesondere mit der Frage der Legalprognose auseinandersetze, und weil die Einschätzung der Legalprognose auch für das Wiedererwägungsgesuch von entscheidender Relevanz sei, werde bis zum Vorliegen des psychiatrischen Gutachtens die Sistierung des Beschwerdeverfahrens beantragt.
7.2 Das MISA beantragte namens des DdI am 5. November 2021 die Abweisung des Sistierungsbegehrens.
7.3 Mit Verfügung vom 9. November 2021 wies das Verwaltungsgericht das Sistierungsbegehren des Beschwerdeführers ab.
8. Das MISA schloss namens des DdI mit Eingabe vom 30. November 2021 auf Abweisung der Beschwerde.
9. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2021 liess der Beschwerdeführer ergänzende Bemerkungen einreichen.
10. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.
II.
1.1 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
1.2 Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass auf das Ersuchen um Erteilung einer Arbeitsbewilligung nicht einzutreten ist, da dies nicht in den Kompetenzbereich des Verwaltungsgerichts fällt. Nachdem dem Beschwerdeführer mit Verfügung des MISA vom 17. Juli 2017 die Niederlassungsbewilligung rechtskräftig entzogen wurde, verfügt er über keinen Aufenthaltstitel in der Schweiz, weshalb ihm schon alleine aus diesem Grund keine Arbeitsbewilligung erteilt werden könnte.
2. Der Beschwerdeführer ersucht um eine Parteibefragung. Das Ausländerrecht ist jedoch weder eine strafrechtliche Anklage noch eine zivilrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 6 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101; vgl. Urteil des Bundesgerichts 2D_3/2012 vom 2. August 2012, E. 2.3). Der Beschwerdeführer hat somit keinen Anspruch auf eine Parteibefragung. Er hatte zudem genügend Gelegenheit, seine Argumente in schriftlicher Form vorzubringen. Der Sachverhalt geht mit hinreichender Klarheit aus den Akten hervor. Es sind somit keine Gründe ersichtlich, weshalb eine Parteibefragung durchgeführt werden müsste; es ist aufgrund der Akten zu entscheiden. Die beantragte Parteibefragung ist nach dem Gesagten abzuweisen (vgl. § 52 Gesetz über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen, Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, BGS 124.11).
3.1 Der Beschwerdeführer macht formell geltend, das Schreiben vom 3. September 2021 sei nicht nur fälschlicherweise nicht als Verfügung bezeichnet und ohne Rechtsmittel eröffnet worden, vielmehr sei der Entscheid auch von der falschen Behörde ergangen. Über ein Wiedererwägungsgesuch zur Verfügung vom 17. Juli 2017 des DdI habe auch dieses zu entscheiden. Vorliegend sei jedoch das MISA nicht auf das Gesuch eingetreten, wobei dieses Schreiben von einem juristischen Mitarbeiter des Rechtsdienstes des MISA unterschrieben worden sei. Die Eröffnung des Entscheids sei krass fehlerhaft erfolgt, weshalb dieser Umstand bei der Verteilung der Prozesskosten in jedem Fall zu berücksichtigen sei.
3.2 Verfügungen und Entscheide sind gemäss § 21 Abs. 1 VRG den Parteien schriftlich zu eröffnen, soweit nötig durch Gesetz vorgeschrieben zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Nach § 4 Abs. 1 Verordnung über die Delegation der Unterschriftsberechtigung in den Departementen (BGS 122.218 [in der bis 31. Dezember 2021 in Kraft gestandenen Fassung]) werden namens des Departementes unterzeichnet: Von den Leitern Leiterinnen der Abteilungen und vom Leiter von der Leiterin Rechtsdienst des Migrationsamtes Verfügungen nach der Gesetzgebung über die Ausländerinnen und Ausländer und nach der Asylgesetzgebung (lit. lbis Ziffer 1) und vom Verwaltungsjuristen von der Verwaltungsjuristin des Migrationsamtes Verfügungen nach der Gesetzgebung über die Ausländerinnen und Ausländer (lit. lter Ziffer 1).
Gemäss der Rechtsprechung ist nicht jede mangelhafte Eröffnung schlechthin nichtig. Aus dem Grundsatz, dass einer Partei aus einer mangelhaften Eröffnung keine Nachteile erwachsen dürfen, folgt vielmehr, dass dem beabsichtigten Rechtsschutz auch dann Genüge getan ist, wenn eine objektiv mangelhafte Eröffnung trotz des Mangels ihren Zweck erreicht. Das bedeutet nichts anderes, als dass im konkreten Einzelfall zu prüfen ist, ob die betroffene Partei durch den gerügten Eröffnungsmangel tatsächlich irregeführt und dadurch benachteiligt worden ist. In diesem Sinne findet die Berufung auf Formmängel ihre Grenzen am Grundsatz von Treu und Glauben, der auch in diesem prozessualen Bereich gilt (Urteil des Bundesgerichts 2C_756/2019 vom 14. Mai 2020 E. 3.1 mit Hinweisen).
3.3 Dem Beschwerdeführer ist darin Recht zu geben, dass das Schreiben des Rechtsdienstes des MISA vom 3. September 2021 weder als Verfügung bezeichnet ist, noch eine Rechtsmittelbelehrung enthält. Auch hat diejenige Behörde, die rechtskräftig verfügt entschieden hat, über ein Wiedererwägungsgesuch zu befinden. Demnach hätte vorliegend das DdI über das Wiedererwägungsgesuch des Beschwerdeführers entscheiden sollen, respektive hätte das MISA im Namen des DdI unterzeichnen müssen. Das angefochtene Schreiben enthält keinerlei Hinweis, dass es sich um eine Verfügung des DdI handeln würde. Der Beschwerdeführer hält jedoch selber fest, dass das Schreiben des MISA vom 3. September 2021 als Verfügung zu werten ist, da es sich klarerweise um eine hoheitliche, individuell-konkrete Anordnung handelt, mit der die Rechte des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden. Durch die mangelhafte Eröffnung erwuchs dem Beschwerdeführer kein Nachteil, da er in Kenntnis des Entscheides samt umfassender Begründung zeitgerecht ein Rechtsmittel ergreifen konnte. Die mangelhafte Eröffnung wird jedoch bei der Auferlegung der Kosten zu berücksichtigen sein.
4.1 Eine Verfügung kann durch die Behörde, die rechtskräftig verfügt hat, dann in Wiedererwägung gezogen werden, wenn neue erhebliche Tatsachen Beweismittel vorliegen geltend gemacht werden (§ 28 Abs. 1 VRG). Das Wiedererwägungsgesuch stellt kein formelles Rechtsmittel dar und es kann durch Nichteintreten erledigt werden, wenn keine Pflicht zur inhaltlichen Behandlung besteht. Ein Anspruch auf Wiedererwägung besteht in aller Regel nicht, es sei denn, die Voraussetzungen für die Einleitung eines neuen Verfahrens wegen wesentlich geänderter Sachlage für den Widerruf der Verfügung seien gegeben. Verfügungen können durch die zuständige Behörde die Aufsichtsbehörde abgeändert widerrufen werden, falls sich die Verhältnisse geändert haben wichtige öffentliche Interessen dies erfordern (§ 22 Abs. 1 VRG).
Die Wiedererwägung stellt einen blossen Rechtsbehelf dar. Die Wiedererwägung von Verwaltungsentscheiden, die in Rechtskraft erwachsen sind, ist indessen nicht beliebig zulässig. Sie darf namentlich nicht bloss dazu dienen, rechtskräftige Verwaltungsentscheide immer wieder infrage zu stellen die Fristen für die Ergreifung von Rechtsmitteln zu umgehen bzw. im ursprünglichen Verfahren Versäumtes nachzuholen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Eingabe als Wiedererwägungsgesuch neues Gesuch bezeichnet wird (vgl. Entscheide des Bundesgerichts 2C_644/2021 vom 3. November 2021 E. 2.2 mit Hinweisen und 2C_170/2018 vom 18. April 2018 E. 4.1 mit Hinweisen). Ob ein Wiedererwägungsgesuch materiell zu behandeln ist, hängt davon ab, ob sich der Sachverhalt bei Dauersachverhalten auch die Rechtslage in einer Art geändert haben, dass ein anderes Ergebnis ernstlich in Betracht fällt (Urteil des Bundesgerichts 2C_883/2018 vom 21. März 2019, E. 4.3 mit weiteren Hinweisen).
4.2 Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, die Verhältnisse hätten sich dahingehend verändert, dass ihm die Rückkehr nach Sri Lanka nicht zumutbar sei, und insbesondere, dass er aufgrund seiner Therapie keine Gefahr mehr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Er stützt dies auf den Umstand, dass er nach Ablauf der Höchstdauer aus der stationären Massnahme entlassen wurde und das Haftgericht am 3. September 2021 einen Antrag des Richteramts Thal-Gäu auf Sicherheitshaft abwies. Dies erfolgte, nachdem das Amt für Justizvollzug am 27. August 2021 die Verlängerung der stationären Massnahme beantragt und das Richteramt für die Dauer des Verfahrens einen Antrag auf Anordnung von Sicherheitshaft gestellt hatte. Ein Gutachten vom 15. Mai 2016 hatte das Risiko für erneute Gewalthandlungen kurz- bis mittelfristig als «sehr hoch» eingeschätzt, während die Fachpersonen der JVA St. Johannsen aktuell von einem «niedrigeren Rückfallrisiko» ausgehen.
4.3 Auch wenn Hinweise bestehen mögen, dass sich die Rückfallgefahr inzwischen vermindert hat, sodass das Haftgericht keinen Grund zur Anordnung von Sicherheitshaft mehr gesehen hat, so muss doch beachtet werden, dass dies überhaupt die Voraussetzung ist, um jemanden aus einer stationären Massnahme entlassen zu können. Es kann ohne Weiteres von einem Straftäter erwartet werden, dass er sich im strengen Regime des Straf- und Massnahmevollzugs bewährt, zumal bei einer Nichtbewährung dem Straftäter der Abbruch der Massnahme wegen Aussichtslosigkeit und der Vollzug der regulären Strafe droht (vgl. Art. 56 ff. StGB). Dadurch hat sich aber der migrationsrechtliche Sachverhalt nicht derart verändert, dass ernstlich in Betracht gezogen werden könnte, den Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers in Wiedererwägung zu ziehen. Wie die Vorinstanz richtig festgestellt hat, käme eine Neubeurteilung der rechtskräftigen ausländerrechtlichen Verfügung nach Verbüssung des Straf- und Massnahmevollzugs einer methodischen Unterordnung des Ausländerrechts dem Strafrecht gleich. Das Strafrecht und das Ausländerrecht verfolgen unterschiedliche Ziele und sind unabhängig voneinander anzuwenden. Der Straf- und Massnahmenvollzug hat nebst der Sicherheitsfunktion eine resozialisierende bzw. therapeutische Zielsetzung. Demgegenüber steht im Ausländerrecht das Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Vordergrund, woraus sich ein im Vergleich mit den Straf- und Strafvollzugsbehörden strengerer Beurteilungsmassstab ergibt (Urteil des Bundesgerichts 2C_903/2010 vom 6. Juni 2011 E. 5.2.2). Auch kann der Beschwerdeführer aus dem zitierten Bundesgerichtsentscheid 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015 nichts zu seinen Gunsten ableiten, zumal der Sachverhalt einen Staatsangehörigen des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA, SR 0.142.112.681) betraf (wo die Voraussetzungen für einen Widerruf anders sind) und zudem die Verfügung der kantonalen Migrationsbehörde nicht bereits rechtskräftig war.
Ob dem Beschwerdeführer die Rückkehr nach Sri Lanka zumutbar ist, wurde im Wegweisungsentscheid vom 17. Juli 2017 bereits rechtskräftig beurteilt und hat sich seither nicht wesentlich verändert. Diesbezüglich liegen ebenfalls keine Wiedererwägungsgründe vor. Soweit der Beschwerdeführer nun vorbringt, seine in Sri Lanka lebende Grossmutter sei mittlerweile verstorben, sodass er keine Verwandten Bekannten mehr in Sri Lanka habe, welche ihn unterstützen würden, ist festzuhalten, dass mindestens noch eine Tante in Sri Lanka lebt (vgl. Antrag des Richteramts Thal-Gäu auf Verlängerung der stationären Massnahme vom 27. August 2021 Seite 6, Aktum 643). Auch sind seine Lebens- und Daseinsbedingungen gemessen am durchschnittlichen Schicksal anderer ausländischer Personen nicht in gesteigertem Mass in Frage gestellt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die behandelnden Therapeuten die Legalprognose bei einer Wegweisung aus der Schweiz als bedeutend schlechter erachten als bei einem Verbleib in der Schweiz, zumal nicht massgebend ist, ob die Lebensumstände im Heimatland weniger vorteilhaft sind als in der Schweiz. Dass der Beschwerdeführer sich in persönlicher Hinsicht entwickelt und im Massnahmevollzug eine Ausbildung als Agrarpraktiker absolviert hat, ist zwar erfreulich, vermag jedoch keinen Wiedererwägungsgrund zu begründen. Auch wurden betreffend die geltend gemachten diversen Lehrangebote sowie Anstellung auf einem Bauernhof keine Belege eingereicht.
5. Zusammengefasst werden vom Beschwerdeführer weder neue erhebliche Tatsachen noch Beweismittel vorgelegt. Eine wesentlich geänderte Sachlage für den Widerruf der Verfügung vom 17. Juli 2017 ist deshalb nicht gegeben. Weder der Sachverhalt noch die einschlägigen Rechtsnormen haben sich seit dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Entscheids verändert. Es besteht deshalb kein Anspruch auf eine inhaltliche Prüfung. Die Vorinstanz ist auf das Wiedererwägungsgesuch zu Recht nicht eingetreten.
6. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat grundsätzlich der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'500.00 festzusetzen sind. Aufgrund der festgestellten mangelhaften Eröffnung der Verfügung vom 3. September 2021 sind dem Beschwerdeführer davon CHF 300.00 zu erlassen. Ausgangsgemäss ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1’200.00 zu bezahlen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts Der Vizepräsident Die Gerichtsschreiberin Müller Droeser
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