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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2021.272)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2021.272: Verwaltungsgericht

Der Beschwerdeführer A.___ aus dem Kosovo beantragte die Verlängerung seiner Niederlassungsbewilligung in der Schweiz, was aufgrund von hängigen Strafverfahren verzögert wurde. Das Migrationsamt wollte die Entscheidung über die Verlängerung erst nach Abschluss der Strafverfahren treffen. Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde, da er eine Rechtsverzögerung und Rechtsverweigerung seitens des Migrationsamts befürchtete. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass das Migrationsamt in rechtsverzögernder Weise handelte und wies es an, die Kontrollfrist der Niederlassungsbewilligung umgehend zu verlängern. Der Kanton Solothurn trägt die Kosten des Verfahrens und muss dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zahlen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.272

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2021.272
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2021.272 vom 19.10.2021 (SO)
Datum:19.10.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: änger; Kontrollfrist; Niederlassungsbewilligung; Verlängerung; Verfahren; Ausländer; Verfahren; Urteil; Bundesgericht; Rechtsverzögerung; Migrationsamt; Ausweis; Rechtsverweigerung; Verwaltungsgericht; Person; Kontrollverfahren; Bewilligung; Entscheid; Schweiz; Prüfung; Widerruf; Verfahrens; Bundesgerichts; Vorinstanz; Ausländerausweis; Beschwerdeführers
Rechtsnorm: Art. 41 AIG ;
Referenz BGE:125 V 373; 137 I 305;
Kommentar:
Marc Spescha, Peter Bolzli, Zürich , Art. 41 SR, 2019

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.272

 
Geschäftsnummer: VWBES.2021.272
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 19.10.2021 
FindInfo-Nummer: O_VW.2021.218
Titel: Rechtsverzögerung / Rechtsverweigerung

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 19. Oktober 2021     

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer-Reber

Oberrichter Frey

Oberrichter Flückiger

Gerichtsschreiberin Kaufmann

In Sachen

A.___,  vertreten durch Rechtsanwalt Camill Droll,

 

Beschwerdeführer

 

 

 

gegen

 

 

 

Departement des Innern, vertreten durch Migrationsamt,    

 

Beschwerdegegner

 

 

 

 

betreffend     Rechtsverzögerung / Rechtsverweigerung


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Der aus dem Kosovo stammende A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt) ist niederlassungsberechtigt in der Schweiz. Mit Gesuchsformular vom 24. März 2021, welches am 21. April 2021 beim Migrationsamt einging, ersuchte er um Verlängerung der Kontrollfrist seiner Niederlassungsbewilligung.

 

2. Am 19. März 2021 war das Urteil des Richteramts Olten-Gösgen ergangen, mit welchem der Beschwerdeführer unter anderem wegen versuchter vorsätzlicher Tötung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren sowie einer bedingten Geldstrafe verurteilt wurde. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zudem war der Beschwerdeführer mit Urteil des Richteramts Olten-Gösgen vom 4. März 2020 vom Vorwurf der Gehilfenschaft zu Verbrechen gegen das Spielbankengesetz freigesprochen worden. Gegen dieses Urteil ist durch die Staatsanwaltschaft ein Rechtsmittel erhoben worden. Das entsprechende Verfahren ist vor Obergericht hängig.

 

3. Am 2. Juni 2021 zeigte Rechtsanwalt Camill Droll dem Migrationsamt sein Mandatsverhältnis an und ersuchte um Akteneinsicht, nachdem die Ehefrau und Kinder des Beschwerdeführers die Verlängerung der Kontrollfrist ihrer Niederlassungsbewilligungen erhalten hätten, der Beschwerdeführer hingegen nicht.

 

4. Mit Schreiben vom 9. Juni 2021 teilte das Migrationsamt mit, dass die Verlängerung der Kontrollfrist aufgrund der hängigen Strafverfahren noch ausstehe. Man werde das ausländerrechtliche Verfahren eröffnen, sobald die Strafurteile rechtskräftig seien. Gleichzeitig wurde eine Bestätigung ausgestellt, dass sich die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers zurzeit in Prüfung befinde und er als niedergelassene Person weiterhin dieselben Rechte und Pflichten innehabe. Die Akteneinsicht wurde gewährt.

 

5. Mit Schreiben vom 10. Juni 2021 teilte der Rechtsvertreter mit, es gelte die Unschuldsvermutung und es werde mit Freisprüchen seines Klienten gerechnet. Die Schuldsprüche würden falls nötig bis ans Bundesgericht weitergezogen, sodass mit mehrjährigen Verfahren gerechnet werden müsse. Im Moment bestünden keine Widerrufsgründe, weshalb die Kontrollfrist zu verlängern sei. Sollte es tatsächlich zu einer Verurteilung kommen, bestehe während der mehrjährigen Freiheitsstrafe genügend Zeit, um die Niederlassungsbewilligung zu widerrufen. Es könne nicht angehen, das Verfahren während Jahren pendent zu halten. Seinem Klienten sei die Niederlassungsbewilligung zu verlängern und ein neuer Ausweis auszustellen.

 

6. Mit Schreiben vom 13. Juli 2021 teilte das Migrationsamt dem Beschwerdeführer mit, aufgrund der hängigen Strafverfahren werde ein Verfahren betreffend Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung eröffnet. Zum Abschluss dieses Verfahrens müssten aber die Strafentscheide abgewartet werden. Die Ausstellung des Ausländerausweises habe bloss deklaratorischen Charakter. Die Niederlassungsbewilligung bleibe während der Dauer des Verfahrens bestehen.

 

7. Der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Camill Droll, erhob am 14. Juli 2021 Beschwerde an das Verwaltungsgericht und stellte folgende Rechtsbegehren:

 

1.   Es sei festzustellen, dass [es] im Verfahren betreffend Verlängerung der Niederlassungsbewilligung zu einer Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung gekommen ist bzw. eine solche droht.

2.   Die Sache sei an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen mit der Anordnung in der Sache unverzüglich zu entscheiden.

3.   Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

8. Mit Vernehmlassung vom 19. August 2021 beantragte das Migrationsamt, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten sei, unter Kostenfolge.

 

9. Der Beschwerdeführer reichte am 30. August 2021 abschliessende Bemerkungen ein.

 

 

II.

 

1. Rechtsverzögerungsbeschwerden können grundsätzlich jederzeit eingereicht werden (§ 58 Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, BGS 124.11 i.V.m. Art. 319 lit. c und 321 Abs. 4 Zivilprozessordnung, ZPO, SR 272). Die am 14. Juli 2021 schriftlich eingereichte Beschwerde ist formgerecht eingegangen. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Abs. 1 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Auch im Verfahren betreffend Rechtsverzögerung Rechtsverweigerung ist ein aktuelles Rechtsschutzinteresse erforderlich (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_463/2018 vom 21. Dezember 2018 E. 2 mit Hinweis auf BGE 125 V 373 E. 1 S.374).

 

Es ist klarzustellen, dass die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 34 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG, SR 142.20) unbefristet und ohne Bedingungen erteilt wird. Nach Art. 41 Abs. 3 AIG wird der Ausweis für Personen mit Niederlassungsbewilligung zur Kontrolle für fünf Jahre ausgestellt. Vorliegend kann es somit nur um die Verlängerung der Kontrollfrist gehen und nicht um die Verlängerung der Niederlassungsbewilligung.

 

2. Als Erstes ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer überhaupt ein aktuelles und praktisches Rechtsschutzinteresse an der Verlängerung der Kontrollfrist und entsprechend an der Prüfung der Rechtsverzögerung und Rechtsverweigerung hat.

 

2.1 Gemäss Art. 41 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG, SR 142.20) erhalten Ausländerinnen und Ausländer mit der Bewilligung in der Regel einen entsprechenden Ausweis (Abs. 1). Der Ausweis für Personen mit Niederlassungsbewilligung wird zur Kontrolle für fünf Jahre ausgestellt (Abs. 3). Die Ausweise gelten als Bestätigung für das Bestehen einer Bewilligung (vgl. Art. 71 Abs. 1 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR 142.201]).

 

2.2 Das Bundesgericht hat zum Ausweis C eines niedergelassenen Beschwerdeführers festgehalten, dieser Ausweis stelle keine Bewilligung dar und zeitige daher keine Auswirkungen auf den Bestand der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers. Er sei somit rein deklaratorischer Natur. Das Kontrollverfahren als solches sei grundsätzlich ein administrativer Vorgang und diene den zuständigen Migrationsbehörden dazu, die Personendaten zu aktualisieren und festzustellen, ob sich die ausländische Person noch in der Schweiz befinde. Vor dem Hintergrund, dass sich die Ausländerausweise während der Kontrolle durch die zuständige Migrationsbehörde nicht im Besitz ihrer Inhaber befänden, erhielten diese praxisgemäss eine schriftliche Bestätigung, dass sie nach wie vor niederlassungsberechtigt seien. Während dem behördlichen Kontrollverfahren bestehe zudem die Möglichkeit, für allfällige Auslandreisen ein Rückreisevisum zu beantragen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_499/2020 vom 25. September 2020 E. 3.5.1). Das Bundesgericht führte weiter aus, der vorübergehende Nichtbesitz des Ausländerausweises sei innerstaatlich für den Beschwerdeführer mit keinem Rechtsnachteil verbunden (vgl. a.a.O., E. 3.5.2). Für die Zeit der Pandemie mit geschlossenen Grenzen befand das Bundesgericht, auch transnational habe der vorübergehende Verlust des Ausländerausweises für den Beschwerdeführer keine Rechtsnachteile zur Folge. Reisen sei in der besagten Zeit nur in klar umschriebenen Ausnahmefällen möglich gewesen und der Beschwerdeführer vermöge keinen solchen Ausnahmefall darzutun (vgl. a.a.O. E. 3.5.3). Das Bundesgericht fügte sodann an, der Beschwerdeführer könne weiterhin mit seinem Reisepass in sein Heimatland reisen. Es möge zwar stimmen, dass die Beantragung eines Rückreisevisums grundsätzlich mit einem gewissen administrativen und finanziellen Mehraufwand verbunden sei. Dies allein vermöge jedoch in der vorliegenden Fallkonstellation noch kein schutzwürdiges Interesse zu begründen, da das Kontrollverfahren erst seit kurzer Zeit beim Migrationsamt rechtshängig sei. Keinen Einfluss auf den Verfahrensausgang habe in diesem Zusammenhang zudem die Tatsache, dass der Grund der vertieften Prüfung der Verlängerung der Kontrollfrist ein parallel geführtes Strafverfahren sei. Das Kontrollverfahren sei zwar grundsätzlich unabhängig von einem Widerrufsverfahren. Dies heisse aber nicht, dass ein Kontrollverfahren nicht auch mit einer materiellen Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen einhergehen könne, zumal sich ein solches Vorgehen vorliegend zumindest bis zum Vorliegen des gemäss den Ausführungen der Vorinstanz in Kürze zu erwartenden erstinstanzlichen Strafurteils bereits aus prozessökonomischen Gründen rechtfertige (vgl. a.a.O., E. 3.5.4).

 

2.3 Heute sind die Grenzen wieder offen und der Beschwerdeführer hat die Möglichkeit zu reisen. Zwar ist ihm dies auch ohne den in Frage stehenden Ausländerausweis möglich, da seine Niederlassungsbewilligung weiterhin Bestand hat. Ihm entsteht dabei jedoch ein gewisser administrativer und finanzieller Aufwand, da er für die Rückreise in die Schweiz jeweils ein Rückreisevisum benötigt, und es muss davon ausgegangen werden, dass dieser Zustand über einen längeren Zeitraum anhalten wird. Insoweit hat der Beschwerdeführer ein aktuelles und praktisches Interesse an der Verlängerung der Kontrollfrist bzw. an der Ausstellung eines Ausländerausweises und somit auch an der Beurteilung der vorliegenden Beschwerde betreffend Rechtsverzögerung und Rechtsverweigerung.

 

3.1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV, SR 101]; BGE 137 I 305 E. 2.4 S. 314 f.; 130 I 174 E. 2.2 S. 177 f.). Eine Rechtsverweigerung liegt vor, wenn es eine Behörde ausdrücklich ablehnt, eine Entscheidung zu treffen, obwohl sie dazu verpflichtet ist. Um eine Rechtsverzögerung handelt es sich dagegen, wenn sich die zuständige Behörde zwar bereit zeigt, einen Entscheid zu treffen, diesen aber nicht binnen der Frist fällt, welche nach der Natur der Sache und nach der Gesamtheit der übrigen Umstände als angemessen erscheint. Keine Rolle spielt, auf welche Gründe – beispielsweise auf ein Fehlverhalten der Behörde auf andere Umstände – die Rechtsverzögerung zurückzuführen ist; entscheidend ist ausschliesslich, dass die Behörde nicht fristgerecht handelt (Urteile 2C_442/2011 vom 7. Juli 2011 E. 3.1; 8C_1012/2010 vom 31. März 2011 E. 3.1; das Ganze zitiert aus Urteil des Bundesgerichts 2C_647/2014 vom 19. März 2015, E. 2.2; vgl. auch Allgemeines Verwaltungsrecht, Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Zürich/St. Gallen 2016, N 1045 f.).

 

3.2 Vorliegend weigert sich die Vorinstanz, die Kontrollfrist der Niederlassungsbewilligung im jetzigen Zeitpunkt zu verlängern. Sie will erst dann einen Entscheid treffen, wenn die hängigen Strafverfahren rechtskräftig geworden sind. Die Kontrollfrist würde dabei offenbar nur bei einem Freispruch verlängert. Eine Bestätigung der Verurteilung würde höchstwahrscheinlich zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung führen. Da anzunehmen ist, dass sich die Strafverfahren noch über viele Monate bis Jahre hinziehen werden, würde sich die Vorinstanz der Rechtsverzögerung bzw. Rechtsverweigerung schuldig machen, wenn sich zeigen sollte, dass ihr Vorgehen nicht rechtmässig ist.

 

4.1 In der Literatur wird die Praxis einiger Kantone, den Ausweis von Aufenthaltern vor der Verlängerung einzuziehen und bis zum Abschluss des Verfahrens nicht wieder auszuhändigen, als unhaltbar kritisiert. Dies vor dem Hintergrund, dass der Ausweis von den Ausländerinnen und Ausländern nicht nur zur Legitimierung gegenüber den behördlichen Kontrollorganen benötigt werde, sondern auch die möglichst reibungslose Teilnahme am Rechts- und Geschäftsverkehr ermöglichen soll (vgl. Peter Bolzli in: Marc Spescha et al. [Hrsg.], Migrationsrecht Kommentar, Zürich 2019, Art. 41 N 1). Ob sich die Kritik explizit bloss auf Aufenthalter auch auf Niedergelassene bezieht, ist unklar. In Stämpflis Handkommentar wird Bolzli zitiert, wobei die Kritik generell bezüglich der Abgabe des Ausweises für das Verlängerungsverfahren verstanden wird (vgl. Silvia Hunziker in: Martina Caroni et al. [Hrsg.], Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG] Stämpflis Handkommentar, Bern 2010, Art. 41 N 3).

 

4.2 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist das Kontrollverfahren als solches grundsätzlich ein administrativer Vorgang und dient den zuständigen Migrationsbehörden dazu, die Personendaten zu aktualisieren und festzustellen, ob sich die ausländische Person noch in der Schweiz befindet (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_499/2020 vom 25. September 2020 E. 3.5.1, gleich auch Silvia Hunziker, a.a.O., N 12). Das Kontrollverfahren sei grundsätzlich unabhängig von einem Widerrufsverfahren (a.a.O. E. 3.5.4). Mit der Verlängerung der Kontrollfrist sei nicht zwingend eine materielle Prüfung der Voraussetzungen der Bewilligungserteilung verbunden. Die Verlängerung der Kontrollfrist sei deshalb grundsätzlich nicht geeignet, ein berechtigtes Vertrauen zu schaffen, dass die materiellen Voraussetzungen für eine (neue) Niederlassungsbewilligung geprüft worden wären (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_1060/2020 vom 19. Februar 2021 E. 3.3 mit Hinweisen).

 

4.3 Für den vorliegenden Fall heisst dies, dass kein Grund besteht, um für den Entscheid über die Verlängerung der Kontrollfrist zuzuwarten. Zwar wurde der Beschwerdeführer erstinstanzlich zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt und es wäre auch möglich, im Kontrollverfahren eine materielle Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen vorzunehmen. Dabei ist sich aber auch die Vorinstanz bewusst, dass erst ein rechtskräftiges Urteil einen Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AIG darstellen kann. Da sich das Strafverfahren voraussichtlich noch über viele Monate gar Jahre hinziehen wird, und die Verlängerung der Kontrollfrist kein berechtigtes Vertrauen schafft, dass die Bewilligungsvoraussetzungen materiell geprüft worden wären, besteht kein Grund, mit dem Entscheid über die Verlängerung der Kontrollfrist länger zuzuwarten. Mit ihrem Zuwarten begeht die Vorinstanz eine Rechtsverzögerung und Rechtsverweigerung und ist anzuweisen, umgehend über die Verlängerung der Kontrollfrist zu entscheiden.

 

5. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet, sie ist gutzuheissen. Es wird festgestellt, dass sich das Departement des Innern, vertreten durch das Migrationsamt, in rechtsverzögernder Weise weigert, dem Beschwerdeführer die Kontrollfrist seiner Niederlassungsbewilligung zu verlängern. Die Vorinstanz ist deshalb anzuweisen, umgehend über die Verlängerung der Kontrollfrist zu entscheiden.

 

6. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht durch den Kanton Solothurn zu tragen. Dieser hat dem Beschwerdeführer zudem eine Parteientschädigung auszurichten. Rechtsanwalt Camill Droll macht mit Kostennote vom 21. September 2021 einen Aufwand von 10,25 Stunden zu CHF 270.00/h (gemäss Honorarvereinbarung vom 2. Juni 2021), zuzüglich Auslagen von CHF 69.70 und 7,7 % MwSt., insgesamt CHF 3'055.65 geltend. Dieser Aufwand erscheint angemessen und ist durch den Kanton Solothurn zu entschädigen.

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerde wird gutgeheissen: Es wird festgestellt, dass sich das Departement des Innern, vertreten durch das Migrationsamt, in rechtsverzögernder Weise weigert, A.___ die Kontrollfrist seiner Niederlassungsbewilligung zu verlängern.

2.    Das Departement des Innern, vertreten durch das Migrationsamt, wird angewiesen, umgehend über die Verlängerung der Kontrollfrist der Niederlassungsbewilligung von A.___ zu entscheiden.

3.    Der Kanton Solothurn hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu tragen.

4.    Der Kanton Solothurn hat A.___ eine Parteientschädigung von CHF 3'055.65 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin                                                                 Die Gerichtsschreiberin

Scherrer Reber                                                                 Kaufmann

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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