Zusammenfassung des Urteils VWBES.2021.22: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Baubewilligung für eine Uferschutz- und Freizeitanlage in Olten erteilt wird, obwohl Einsprachen erhoben wurden. Die Beschwerdeführerin, A.___, argumentierte, dass das Projekt gegen Naturschutzbestimmungen verstosse und Gefahrenlagen schaffe. Die Departemente wiesen die Einsprache ab und erteilten die Bewilligungen. Das Gericht stellte fest, dass das Projekt den gesetzlichen Vorgaben entspricht und die Ufergestaltung verbessert, weshalb die Beschwerde abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 2'000.00.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWBES.2021.22 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 20.09.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Gewässer; Anlage; Ufers; Bundes; Olten; Treppe; Treppen; Fluss; Vorhaben; Gewässerraum; Uferschutz; Anlagen; Ufermauer; Ufervegetation; Zugang; Bewilligung; Interesse; Wasser; Erhalt; Verwaltungsgericht; Baubewilligung; Steinacker; Parkanlage; Gutachten; Erhaltung; Recht |
Rechtsnorm: | Art. 76 BV ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Keller, Zufferey, Fahrländer, Kommentar NHG, Zürich, Art. 7, 2019 |
Geschäftsnummer: | VWBES.2021.22 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Entscheiddatum: | 20.09.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_VW.2021.205 |
Titel: | Baubewilligung / Uferschutz- und Freizeitanlage |
Resümee: |
Verwaltungsgericht
Urteil vom 20. September 2021 Es wirken mit: Oberrichter Müller Oberrichter Werner Gerichtsschreiber Schaad In Sachen A.___, Vorderer Steinacker, 4600 Olten, vertreten durch Rechtsanwalt Robert Hadorn, Schanzeneggstrasse 1, Postfach, 8027 Zürich
Beschwerdeführerin
gegen
1. Bau- und Justizdepartement, Werkhofstrasse 65, Rötihof, 4509 Solothurn, 2. Volkswirtschaftsdepartement, Rathaus, Departementssekretariat, 4509 Solothurn, vertreten durch Amt für Wald, Jagd und Fischerei, Rathaus, Barfüssergasse 14, 4509 Solothurn 3. Einwohnergemeinde der Stadt Olten, Dornacherstrasse 1, Direktion Bau/Tiefbau, Postfach, 4601 Olten 1 Fächer, 4. Baukommission der Stadt Olten, Dornacherstrasse 1, Postfach, 4603 Olten,
Beschwerdegegner
betreffend Baubewilligung / Uferschutz- und Freizeitanlage zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. Die Baubehörde der Stadt Olten hat dem Bau- und Justizdepartement das Gesuch für eine Uferschutz- und Freizeitanlage zur Prüfung überwiesen. Das Bauvorhaben liegt im Gewässer (Aare, GB Nr. 90357) und in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen (GB Olten Nr. 3332). Das Bauvorhaben liegt somit teilweise ausserhalb der Bauzone. Neben der ordentlichen kommunalen Baubewilligung ist nach § 38 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes (PBG; BGS 711.1) eine Bewilligung des kantonalen Departements erforderlich. Die örtliche Baubehörde hat das Bauvorhaben publiziert. A.___, Vorderer Steinacker , 4600 Olten, erhob Einsprache. Die Einsprecherin machte im Wesentlichen geltend, das Vorhaben sei (zumindest teilweise) nicht standortgebunden. Es sei als Parkanlage richt- und nutzungsplanerisch festzulegen. Ein Gutachten der eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) fehle. Der Sachverhalt sei ungenügend abgeklärt. Dem Vorhaben stünden überwiegende Interessen entgegen, so etwa der anfallende Abfall und das aufgrund der Corona-Pandemie notwendige «social distancing». Weiter würden die Treppenanlagen und Sitzplatzstufen Gefahrenlagen schaffen, die vermieden werden müssten. Die Fluchtmöglichkeiten seien ungenügend.
2. Die Departemente (Bau- und Justizdepartement sowie Volkswirtschaftsdepartement) erwogen namentlich Folgendes:
Der im Gewässer liegende Teil des Bauvorhabens sei nicht zonenkonform. Eine Bewilligung nach Art. 22 Abs. 2 des Raumplanungsgesetzes (RPG; SR 700) könne deshalb nicht erteilt werden. Der ausserhalb der Bauzone liegende Teil des Bauvorhabens «Uferschutz Aare Olten» sei aber entgegen der Ansicht der Einsprecherin standortgebunden. Der Zugang zum Gewässer könne lediglich am Gewässer ermöglicht werden. Das Vorhaben stelle keine Parkanlage im Sinne des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG; SR 451) dar, welche richt- und nutzungsplanerisch festzulegen wäre. Ein Baugesuchsverfahren reiche für das Projekt aus. Das nicht näher begründete Argument, es seien umfangreichere Fluchtmöglichkeiten nötig, überzeuge nicht. Was das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) anbelange, sei anzumerken, dass der Eingriff nicht zu einer Verschlechterung der Situation, sondern vielmehr zu einer Aufwertung führe. Das ISOS-Gebiet 4.1 werde durch das Vorhaben nicht negativ beeinträchtigt. Für das Gebiet 4, in welchem die Struktur erhalten werden solle, erscheine der Eingriff als zweckmässig. Es ergäben sich keine Veränderungen, welche dem NHG entgegenstünden. Ein Gutachten sei nicht notwendig. Die erforderliche Ausnahmebewilligung könne mit Auflagen erteilt werden. Ebenso die wasserbaurechtliche Bewilligung.
Die geplanten baulichen Massnahmen kämen in den Gewässerraum der Aare zu liegen. Nach Art. 41 c Abs. 1 der Gewässerschutzverordnung (GSchV; SR 814.201) dürften innerhalb des Gewässerraums nur standortgebundene und im öffentlichen Interesse liegende Anlagen wie Fuss- und Wanderwege, Flusskraftwerke Brücken gebaut werden. Sofern keine überwiegenden Interessen entgegenstünden, könne die Behörde ausserdem die Erstellung von Kleinanlagen bewilligen, welche der Gewässernutzung dienen. Für die Erteilung der dazu erforderlichen gewässerschutzrechtlichen Bewilligung sei ausserhalb der Bauzone das Bau-und Justizdepartement (BJD) zuständig. Innerhalb der Bauzone sei die örtliche Baubehörde für die Erteilung der nach Bundesrecht erforderlichen Bewilligungen für Nutzungen im Gewässerraum zuständig (§ 29 des Gesetzes über Wasser, Boden und Abfall, GWBA, BGS 712.15).
Die Errichtung und Änderung von Bauten und Anlagen auf kantonseigenem Areal von Oberflächengewässern bedürfe ferner einer wasserrechtlichen Bewilligung (Nutzungsbewilligung) des BJD nach § 53 Abs. 1 lit. c GWBA. Diese könne erteilt werden, wenn das Vorhaben keinen überwiegenden Interessen widerspreche und keine bestehenden Rechte beeinträchtige (§ 57 GWBA).
Der Bau einer neuen Ufermauer sei aufgrund des schadhaften Zustandes der bestehenden Ufermauer notwendig, im öffentlichen Interesse und beeinträchtige keine bestehenden Rechte. Ebenfalls stehe den beabsichtigten Massnahmen - wie Treppenabgängen und Sitzstufen - aus wasserbaulicher Sicht nichts entgegen. Diese würden der Erholungsnutzung am Wasser für die Bevölkerung dienen und seien daher standortgebunden und im öffentlichen Interesse. Insbesondere an städtischen Flussufern seien in dieser Form gestaltete Anlagen für den Zugang ans Wasser und die Nutzung eines Uferabschnitts als Erholungsraum zulässig.
Die Freilegung des Grundwasserspiegels erfordere eine gewässerschutzrechtliche Bewilligung (…). Die Förderung von Grundwasser zwecks temporärer Absenkung des Grundwasserspiegels und die Errichtung von Bauten und Anlagen von geringfügiger Bedeutung unter den mittleren Grundwasserspiegel (MGW) erfordere eine wasserrechtliche Nutzungsbewilligung (…).
Das Vorhaben betreffe Ufervegetation. (…) Anstelle der für das Projekt zu entfernenden Ufervegetation werde adäquater Ersatz mit einheimischen, standortgerechten Gehölzen geschaffen. Die für die Rodung der Ufervegetation erforderliche Ausnahmebewilligung könne mit einer Auflage erteilt werden.
Die Departemente wiesen die Einsprache von A.___ ab und erteilten die Bewilligung für das Bauen ausserhalb der Bauzone, die fischereirechtliche Bewilligung, die gewässerschutzrechtlichen Bewilligungen und die Rodungsbewilligung für die Ufervegetation. Die kommunale Baubewilligung blieb vorbehalten (Entscheid vom 3. Dezember 2020).
3. Am 6. Januar 2021 wies die städtische Baukommission die Einsprache von A.___ ab und erteilte die Baubewilligung unter Bedingungen und Auflagen.
Die kommunale Uferschutzzone diene gemäss § 24 des Zonenreglements der Erhaltung und Aufwertung des Aare- und Dünnernufers, deren möglichst natürlichen Gestaltung und Bepflanzung sowie dem freien Zugang für Erholungssuchende. Gemäss Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) liege das Areal in der Umgebungszone I und II mit der Aufnahmekategorie a mit dem Ziel des Erhalts der wesentlichen Eigenschaften. Da es sich beim vorliegenden Vorhaben um keine Bundesaufgabe gemäss NHG handle, sei keine obligatorische Beurteilung durch die Eidg. Kommission für Denkmalpflege (EKD) erforderlich. Es bestehe eine hohe Dringlichkeit zur Sanierung der bestehenden Anlage, da der Uferhang in Bewegung sei. Dies zeige sich an den vorhandenen Rissen in der bestehenden Anlage. Wenn keine baulichen Massnahmen getroffen würden, wäre die Nutzung des bestehenden Zuganges zur Aare und des öffentlichen Fussweges entlang der Aare in absehbarer Zeit gefährdet. Auch die Liegenschaften oberhalb der Stützmauer, auch die der Einsprecherin, würden von einer Stabilisierung des Uferbereiches profitieren.
Beim Bauvorhaben handle es sich um Uferschutzmassnahmen, welche auf die Anforderungen der besonderen Lage und der bisherigen Nutzung reagieren würden. Gestalterisch erfahre die Situation eine Aufwertung.
Es erfolge keine Änderung der Nutzung. Das Gebiet setze Akzente bei der ökologischen Aufwertung (naturnahe Bepflanzung, Nischen/Lebensraum für Tiere), bei der Nutzung als Anlegestelle und bei der Freizeitnutzung für die Aareschwimmer/innen. Die Treppenanlage sei als Stabilisierungsgewicht zwingend. Der Zugang zum Ufer sei standortgebunden und betrieblich erforderlich. Die Anlage diene dem Pontonierclub als Anlegestelle. Dies erfordere eine entsprechende Infrastruktur. Zudem sei eine Einwasserungsstelle für Boote unabdingbar.
3. Dagegen liess A.___ frist- und formgerecht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben mit folgendem Hauptantrag:
Der Beschluss der Baukommission Olten vom 6. Januar 2021 sowie die Verfügung der Departemente vom 3. Dezember 2020 seien aufzuheben, und die Akten seien an die Vorinstanzen zum Neuentscheid zurückzuweisen, soweit die angefochtenen Entscheide nicht ohnehin aufzuheben seien, soweit es die südlichen, neu vorgesehenen drei Treppenabgänge vom Uferweg zur erweiterten Ufermauer sowie die über der Ufermaueranlage vorgesehenen Sitzplatzstufen (in allen Abschnitten des Projektes) betreffe. Dem weiteren Begehren, der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wurde entsprochen.
Die Beschwerde wurde namentlich wie folgt begründet: Die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin der Parzelle GB Olten Nr. […], Vorderer Steinacker, die an das Baugrundstück Kat.-Nr. 3332 bzw. das Bauareal entlang dem Aare-Ufer anstosse. Sie sei damit legitimiert.
Die vorgesehenen baulichen Massnahmen beträfen schützenswerte Ortsbilder von nationaler Bedeutung. Der Flussraum der Aare und die Schützenmatte seien im ISOS dem Erhaltungsziel a, die Baugruppe Vorderer Steinacker dem Erhaltungsziel A zugeordnet. Diese Erhaltungsziele würden einen integralen Erhalt der Substanz beziehungsweise der Freiflächen fordern; die für das Ortsbild wesentliche Vegetation sei zu bewahren. Ufervegetation (Schilf-und Binsenbestände, Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich) dürfe weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden (Art. 21 Abs. 1 NHG). Eine Lebendverbauung des Ufers wäre möglich. Die Ufervegetation werde einer kommunalen Begegnungszone geopfert.
Die ortsbildprägenden Ufermauern würden durch die Vorlagerung neuer Ufermauern gestalterisch erheblich verändert. Die begrünten bzw. bewaldeten Böschungen, d.h. die Ufervegetation, würden durch die neue Parkanlage mit Sitzplatzstufen teilweise ersatzlos beseitigt. Die Stützmauer unterhalb der geschützten Baugruppe Vorderer Steinacker werde bereits heute immer wieder durch Sprayereien verunstaltet.
Der Gewässer- samt Uferschutz stelle eine Bundesaufgabe dar. Somit sei ein Gutachten der eidgenössischen Kommission für den Natur- und Heimatschutz einzuholen. Nebst der kommunalen Uferschutzzone seien Schutzobjekte nationaler Bedeutung betroffen. Die Treppenabgänge sowie die Sitzplatzstufen seien für den Hochwasserschutz nicht erforderlich und hierfür auch nicht geeignet. Die vorgesehene kommunale Parkanlage habe weder in der kantonalen noch in der kommunalen Richtplanung und auch in der kommunalen Nutzungsplanung eine rechtliche Grundlage. Der Gewässerraum sei hier noch nicht festgelegt worden. Bis zur Festsetzung gelte zumindest ein Uferstreifen mit einer Breite von 20 m als Gewässerraum. Im Gewässerraum dürften nur standortgebundene, im öffentlichen Interesse liegende Anlagen wie Fuss- und Wanderwege, Flusskraftwerke Brücken, erstellt werden (Art. 41c Abs. 1 GSchV).
Eine Parkanlage sei nicht standortgebunden. Zulässig seien nur der Ersatzneubau der bestehenden Einwasserungsanlage samt südlichem Treppenabgang neben dem bestehenbleibenden Pontoniergebäude. Die Parkanlage mit einer Sitzplatzkapazität für insgesamt 200 - 300 Personen werde eine erhebliche Abfallmenge hervorrufen. Das Ufer sei sehr steil. Absturzsicherungen seien lediglich in Form der Treppengeländer bei den Abgängen vorhanden. Der Uferweg sei am betroffenen Abschnitt schmal. Im Brand- und Gefahrenfall könne auf dem Uferweg nur gerade auf der untersten, sehr schmalen Stufe in Richtung Einwasserungsstelle geflüchtet werden. Die Fluchtmöglichkeiten seien ungenügend.
Eine ausreichende Uferverbauung könne auch ohne Sitzplätze realisiert werden. Die steilen Treppenanlagen und die Sitzplatzstufen der Parkanlage seien völlig unnötig. Die Sanierung der Ufermauer sei nicht infrage gestellt. Der Erosionsschutz könne auch ohne Treppen bewerkstelligt werden. Die Sitzplatzstufen seien nicht nötig. Die Parkanlage widerspreche dem Gebot zur Erhaltung der Uferbepflanzung.
4. Die Stadt Olten beantragte in ihrer Vernehmlassung, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Dies unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Das Baugesuch entspreche dem Bedürfnis einer breiten Bevölkerung. Es handle sich um keine Bundesaufgabe. Es bestehe eine hohe Dringlichkeit zur Sanierung der bestehenden Anlage. Es gehe um Uferschutzmassnahmen. Die Anforderungen der Ortsbildpflege und des Uferschutzes habe man in das Projekt eingebracht. Die Situation werde aufgewertet und es erfolge keine Nutzungsänderung. Der Zugang zum Ufer sei standortgebunden und betrieblich erforderlich. Die Treppe sei als Stabilisierungsgewicht zwingend. Die öffentliche Ordnung werde mit einem Betriebskonzept aufrechterhalten. Die Beschwerdeführerin könne nicht bestimmen, was Inhalt des Baugesuchs sein solle. Einzelinteressen hätten zurückzustehen.
5. Das Bau- und Justizdepartement beantragte, die Beschwerde sei kostenfällig abzuweisen. Die Schützenmatte und die Umgebungszone II würden durch das Vorhaben nicht tangiert. Die Fachstelle Heimatschutz könne das Vorhaben abschliessend beurteilen. Es bedürfe keines Gutachtens.
II.
1.1 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel, und das Verwaltungsgericht ist zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 1.12). Die Beschwerdeführerin ist als direkte Anwohnerin des betroffenen Perimeters durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
1.2 Die Beschwerdeführerin verlangte einen Augenschein. Daraus sind indessen keine relevanten neuen Erkenntnisse zu erwarten. Das Vorhaben ist durch die bewilligten Pläne hinreichend dokumentiert. Zusätzliche Informationen sind dem geografischen Informationssystem zu entnehmen.
2.1 Es sollen Anlagen im Gewässerraum errichtet werden. Die bestehende Ufermauer ist baufällig. Im Baugesuch wird das Vorhaben als «Uferschutz Aare Olten» beschrieben. Nach den vom Amt für Raumplanung am 20. Dezember 2020 gestempelten Plänen umfasst das Projekt namentlich ein neues Geländer am Uferweg, eine unterkieste Böschung mit Blockwurf und Gehölz mit der Neigung 2:3, schmale Treppen zum Fluss und eine begrünte Schüttung mit Steckhölzern ausschlagsfähiger Holzarten. Das Ufer wird mit Quadersteinen verbaut, die zum Sitzen und Verweilen einladen. Nach dem Gestaltungsplan wird die bestehende Uferbestockung weitestgehend erhalten und durch zahlreiche neue einheimische Gehölze ergänzt. Ein Uferweg ist vorbestehend (vgl. den Situations- und Ansichtsplan 4.1, 1:200).
2.2 Nach Art. 41 c Abs. 1 der Gewässerschutzverordnung (GSchV, SR 814.201) dürfen neue Anlagen im Gewässerraum grundsätzlich nur erstellt werden, wenn sie standortgebunden sind und im öffentlichen Interesse liegen. Anlagen sind Bauten, Verkehrswege und andere ortsfeste Einrichtungen sowie Terrainveränderungen (vgl. Art. 7 Abs. 7 des Umweltschutzgesetzes, USG, SR 814.01). Als standortgebunden gelten Anlagen, die aufgrund ihres Bestimmungszwecks aufgrund der standörtlichen Verhältnisse nicht ausserhalb des Gewässerraums angelegt werden können. Anlagen, die aufgrund ihres Bestimmungszwecks im Gewässerraum standortgebunden sind, sind z.B. Fuss- und Wanderwege, Flusskraftwerke Brücken. Ein öffentliches Interesse besteht auch an Wegen zur Erholungsnutzung. Nach 41c Abs. 1 lit. d der Gewässerschutzverordnung in der Fassung 2016 können der Gewässernutzung dienende Kleinanlagen im Gewässerraum bewilligt werden. Man dachte bei dieser Revision in erster Linie an die Zugänge zum Gewässer (zum Ganzen: BAFU [Hrsg.]: Erläuternder Bericht vom 20. April 2011 zur Änderung der Gewässerschutzverordnung, S. 14; Tiefbauamt des Kantons Bern: Bauten und Anlagen im Gewässerraum. Standortgebundenheit und öffentliches Interesse, hrsg. v. Amt für Gemeinden und Raumordnung, AGR, Bern 2014; BPUK et al. [Hrsg.]: Modulare Arbeitshilfe zur Festlegung und Nutzung des Gewässerraums in der Schweiz, Modul 3, S. 4; BAFU [Hrsg.]: Erläuternder Bericht zur Änderung der Gewässerschutzverordnung (GSchV) vom 23. Mai 2016, S. 4). Die kantonalen Gewässerabstandsvorschriften, enthalten namentlich in § 25 GWBA, wurden am 1. Januar 2018 abgeschafft.
2.3 Die geplanten, relativ schmalen Treppen dienen dem Zugang zum Wasser; dass sie standortgebunden sind, liegt auf der Hand. Eine Ufersicherung aus frostbeständigen Steinen (Granit, Alpenkalk, Hartsandstein etc.) mit Ausführung als Blockwurf, Blockvorlage Blocksatz, gehört zu den gängigen Verbauungsmethoden und ist an der Aare weit verbreitet (vgl. Kanton Aargau, Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung Landschaft und Gewässer: Renaturierungs- und Unterhaltsarbeiten an Gewässern, Praxishilfe; Tiefbau – Grundwissen für Baukader, Ziffer 7.1 Gewässerkorrektionen). Dass die hier zur Ufersicherung verwendeten groben Klötze auch zum Sitzen einladen können, ist nicht zu beanstanden. Treppen und Quadersteine dienen dem Zugang zum Wasser und damit der Freizeitnutzung. Dies ist nach Bundesrecht zulässig und nach kommunalem Recht erwünscht, wie noch zu zeigen ist.
2.4 Zum Vergleich: Die Stadt Solothurn kennt bisher zwei Zugänge zum Wasser, die der Bevölkerung dienen, einen bei der Regioenergie und einen beim Landhaus. Ein dritter, beim Postplatz ist in Planung. In Grenchen erfüllt das Staader Sandloch wohl eine ähnliche Funktion. Biel schliesslich, verfügt über eine weitläufige, teils abgestufte Uferpromenade.
3.1 Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, es sei ein Gutachten einzuholen. Die eidg. Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) hat zuhanden der Entscheidbehörde ein Gutachten zu erstellen, wenn bei der Erfüllung einer Bundesaufgabe ein Objekt beeinträchtigt wird, das in einem Inventar des Bundes von Objekten mit nationaler Bedeutung aufgeführt ist, wie z.B. dem ISOS (Jörg Leimbacher in: Keller / Zufferey / Fahrländer [Hrsg.] Kommentar NHG, Zürich 2019, N 2 ff. zu Art. 7 NHG).
3.2 Nach Art. 3 des Bundesgesetzes über den Wasserbau (WBG, SR 721.11) haben die Kantone die Gewässer zu unterhalten, um den Hochwasserschutz zu gewährleisten. Das Spektrum möglicher Massnahmen ist weit (vgl. Jettich / Jansen / Norer [Hrsg.]: Kommentar zum Gewässerschutzgesetz und zum Wasserbaugesetz, Zürich 2016, S. 1396; Art. 76 Abs. 4 BV). Nach § 38 f. GWBA sind Gewässerbau und -unterhalt Sache des Regierungsrates. Er kann den Unterhalt öffentlicher Gewässer an die Gemeinden delegieren.
3.3 Der Gewässerunterhalt ist folglich keine Bundesaufgabe. Es wäre für den Bund auch unmöglich, die Ufer aller Seen, Flüsse und Bäche zu kontrollieren und Instand zu halten. Der Bund gewährt den Kantonen einzig Förderbeiträge, beispielsweise zur Verhinderung von Abschwemmungen und für Revitalisierungsmassnahmen (vgl. Art. 61 bis 66 des Gewässerschutzgesetzes, GSchG, SR 814.20). Die Pflicht, ein Gutachten einzuholen, entfällt demnach schon deshalb, weil es um keine Bundesaufgabe geht. Selbst wenn indes eine Bundesaufgabe zur Diskussion stünde, ist kein Gutachten einzuholen, weil keine Gefahr besteht, dass die Schutzziele der ISOS i.S.v. Art. 7 Abs. 2 NHG beeinträchtigt werden (E 4.1 ff. hiernach). Zu prüfen bleiben die Bedeutung und die allfällige Beeinträchtigung des Quartiers, des Ortsbilds.
4.1 Der Vordere Steinacker ist ein Quartier mit lockerer Bebauung, realisiert bis 1906. Das Haus Nr. […], das von der Beschwerdeführerin bewohnt wird, wurde 1906 erbaut und 1913 zur Villa […] erweitert; dies für Nationalrat […]. Das Haus fällt durch ein ausladendes Heimatstil-Walmdach auf (Andreas Hauser: INSA, Olten, Architektur und Städtebau 1850 – 1920, Solothurn 2000, S. 109).
4.2 Der Vordere Steinacker ist im ISOS mit dem Erhaltungsziel A verzeichnet. Dies bedeutet integrale Substanzerhaltung für alle Bauten, Anlageteile und Freiräume. Das Quartier ist von gewisser räumlicher Qualität und hat eine hohe architektur-historische Bedeutung.
4.3 Der Flussraum der Aare hat im ISOS das Erhaltungsziel a. Er ist als Freifläche zu erhalten, und die für das Ortsbild wesentliche Vegetation ist zu bewahren. Der ca. 100 m breite Aareraum, stadtgliedernd und ortsbildprägend, ist seit der Gewässerkorrektion (1913 bis 1917), also seit hundert Jahren, von hohen Ufermauern, Felsbrocken und begrünten bzw. bewaldeten Böschungen gesäumt.
4.4 Das ISOS ist nur mittelbar, über die kommunale Nutzungsplanung, nicht aber unmittelbar im Baubewilligungsverfahren von Bedeutung. Das heisst, dass die Schutzanliegen des ISOS nicht direkt anwendbares Recht sind, sondern zuerst in den entsprechenden kantonalen kommunalen Erlassen umgesetzt werden müssen. Erst wenn grundeigentümerverbindliche Festlegungen erfolgt sind, finden diese im Baubewilligungsverfahren Anwendung (Urteil des Bundesgerichts 1C_488/2015).
4.5 Das Haus der Beschwerdeführerin liegt in der Wohnzone; es ist nicht geschützt. Es liegt insbesondere auch nicht im Gebiet der westlich angrenzenden erhaltenswerten Siedlungseinheit. Östlich der Liegenschaft befinden sich der vorbestehende Aareuferweg und das Flussufer, das in der kommunalen Uferschutzzone liegt. § 24 des städtischen Zonenreglements bestimmt dazu, die Zone bezwecke die Erhaltung und Aufwertung der Aare- und Dünnernufer, der offenen Bachläufe und deren möglichst natürliche Gestaltung und Bepflanzung sowie den freien Zugang für Erholungssuchende. Die Nutzung habe sich dem Zonenzweck unterzuordnen. Zulässig seien notwendige Unterhalts- und Pflegemassnahmen. Die Bewirtschaftung habe naturnah zu erfolgen, das Ausbringen von Düngemitteln und Gülle Mist sei nicht gestattet.
Das kommunale Reglement wird eingehalten: Die natürliche Bepflanzung wird grösstmöglich erhalten und sogar durch heimische Pflanzen ergänzt, der freie Zugang zum Wasser wird erleichtert. Damit findet letztlich eine Aufwertung des Raumes statt, wie dies § 24 des Zonenreglements auch postuliert.
5.1 Es geht darum, das Ufer instand zu stellen. Es werden keine Schilf- Binsenbestände beseitigt. Es wird auch keine Ufervegetation «geopfert», wie die Beschwerdeführerin meint. Die heutige lichte Bestockung oberhalb der brüchigen alten Ufermauer ist keine Ufervegetation im Rechtssinn. Natürliche und naturnahe Uferbereiche sind gekennzeichnet durch eine ausserordentlich grosse Artenvielfalt (BUWAL; Ufervegetation und Uferbereich nach NHG, Begriffserklärung 1997. S. 31). Die obere Grenze einer geschützten Ufervegetation liegt bei denjenigen Pflanzen, die bei Hochwasser, die etwa alle fünf Jahre stattfinden, gerade noch überflutet werden. An Fliessgewässern besteht die natürliche Vegetation aus Auen. Hier ist keine Aue vorhanden; es geht um Gehölze am Rand eines Quartiers einer Kleinstadt. Die Gehölze stehen oberhalb einer alten Ufermauer. Deren Überflutung kann nur erfolgen, wenn die bernischen Behörden nach langen sintflutartigen Regenfällen alle Schleusen öffnen, um zu verhindern, dass der Bielersee über die Ufer tritt. Das Gebiet liegt, wie fast die ganze Stadt, gewässerschutzrechtlich im Bereich Au, der die nutzbaren unterirdischen Gewässer sowie die zu ihrem Schutz notwendigen Randgebiete umfasst. Auch der Grundwasserstrom erlaubt folglich keine Abgrenzung einer geschützten Vegetation, die noch zum Flussufer gehören könnte (vgl. BUWAL: Ufervegetation und Uferbereich nach NHG, Begriffsklärung 1997; Hanspeter Jenni, Kommentar NHG, N 12 ff., zu Art. 21 NHG). Durch das Pflanzen zahlreicher einheimischer Gehölze wird das Ufer im konkreten Fall aufgewertet. Es entsteht eine Steigerung der Aufenthaltsqualität, wie sich aus dem Situationsplan 4.1, 1:200 ergibt. Die Treppen ermöglichen den Zugang zum Fluss, die Stein-Quader einen Aufenthalt am Ufer. Aus der Ferne wirkt die künftige Gesamtsicht harmonisch (Technischer Bericht vom 2. März 2020, S. 31).
5.2 Durch die Treppen und das ergänzte Gehölz am Ufer entsteht noch kein Park. Die gesetzlichen Kriterien sind klar nicht erfüllt: Es geht nicht um ein grösseres Gebiet, das sich durch seine natur- und kulturlandschaftlichen Eigenarten besonders auszeichnet (vgl. Art. 23g NHG). Nach § 58 des Planungs- und Baugesetzes (PBG, BGS 711.1) gehört eine solche (kleine) Anlage auch nicht in den Richtplan. Auch umgangssprachlich würde das eng begrenzte Gebiet kaum als «Park» bezeichnet.
6. Zusammengefasst ergibt sich Folgendes: Das Quartier, der (Vordere) Steinacker, die Schützenmatte werden durch das Vorhaben gar nicht tangiert. Im Quartier selber sind keine Massnahmen vorgesehen. Es geht konkret bloss um einen Abschnitt des nördlichen Flussufers von ca. 150 m Länge. Der Flusslauf selber bleibt unangetastet. Die Vorgaben des ISOS, des NHG und des kommunalen Reglements sind eingehalten. Eine solche ist denn auch nicht ersichtlich.
6.1 Beim Projekt geht es um Gewässerunterhalt, weil die bestehende Ufermauer brüchig ist und nicht um die Erstellung eines Parks eines Raums für Events. Für Events fehlt der Platz. Es ist weder eine Tanz- noch eine Projektionsfläche vorhanden.
6.2 Die Aare hat in Olten eine recht starke Strömung. Der Fluss birgt Gefahren, namentlich für Nichtschwimmer. Auch ein Hochwasser kann periodisch Probleme mit sich bringen. Es ginge jedoch zu weit, deshalb gar nicht erst Möglichkeiten zu schaffen, sich am Wasser aufzuhalten. Die Beschwerdeführerin fürchtet Gefahren, nennt jedoch keine Norm (des SIA der VSS), die durch das Vorhaben verletzt sein soll. Eine solche ist denn auch nicht ersichtlich.
6.3 Die Beschwerdeführerin befürchtet polizeiwidrige Zustände wie Littering und Sprayereien. Am Flussufer für Ordnung (und Ruhe) zu sorgen, ist Sache der Gemeinde und der Polizei. Blosse Befürchtungen stehen einer Baubewilligung ebenso wenig entgegen wie die Auffassung, eine kommunale Anlage sei im Grunde gar nicht nötig.
7. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 2'000.00 festzusetzen sind. Nach § 77 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG, BGS 124.11) werden den am verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren beteiligten Behörden keine Verfahrenskosten auferlegt und keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 2'000.00 zu bezahlen. 3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen des Verwaltungsgerichts Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber Scherrer Reber Schaad
Das vorliegende Urteil wurde vom Bundesgericht mit Urteil 1C_654/2021 vom 28. November 2022 aufgehoben. |
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