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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2021.164)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2021.164: Verwaltungsgericht

A.___ arbeitete vom 1. Dezember 2013 bis 31. Dezember 2017 als juristischer Mitarbeiter, danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Nach Krankheit und Konflikten wurde sein Anstellungsverhältnis per 27. September 2020 aufgelöst. A.___ erhob Beschwerde, argumentierte arbeitsplatzbedingte Arbeitsunfähigkeit und mangelnde Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde ab, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Auflösung erfüllt seien. A.___ akzeptierte einen Vergleich, lehnte ihn später ab. Das Verwaltungsgericht bestätigte die Auflösung des Anstellungsverhältnisses.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.164

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2021.164
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2021.164 vom 13.12.2022 (SO)
Datum:13.12.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Arbeit; Beschwerde; Lohnfortzahlung; Anstellung; Arbeitsunfähigkeit; Arbeitgeber; Anstellungsverhältnis; Kanton; Beschwerdegegner; Fürsorgepflicht; Arbeitnehmer; Regierungsrat; Verwaltung; Arbeitsverhältnis; Personalamt; Anspruch; Beschwerdeführers; Lohnfortzahlungspflicht; Verwaltungsgericht; Gesundheit; Kantons; Solothurn; Anstellungsverhältnisses; Auflösung; Arbeitsverhältnisses; Massnahmen
Rechtsnorm: Art. 324 OR ;Art. 328 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Oser, Basler Obligationenrecht I, Art. 328 OR, 2020

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2021.164

 
Geschäftsnummer: VWBES.2021.164
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 13.12.2022 
FindInfo-Nummer: O_VW.2022.210
Titel: Lohnfortzahlung / Anstellungsverhältnis

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

 

Urteil vom 13. Dezember 2022

Es wirken mit:

Vizepräsident Müller

Oberrichter Frey   

Oberrichter Thomann

Gerichtsschreiber Schaad

 

A.___, vertreten durch Rechtsanwältin Renate von Arx,    

 

Beschwerdeführer

 

 

 

gegen

 

 

 

1.    Regierungsrat des Kantons Solothurn, vertreten durch Finanzdepartement,   

2.    Personalamt des Kantons Solothurn,   

 

Beschwerdegegner

 

 

 

 

betreffend     Lohnfortzahlung / Anstellungsverhältnis


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

 

I.

 

1.1 A.___ arbeitete vom 1. Dezember 2013 bis am 31. Dezember 2017 als juristischer Mitarbeiter bei der [...] des Kantons Solothurn. Nach einer Reorganisation war er dort ab dem 1. Januar 2018 als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt. Sein Arbeitspensum betrug anfänglich 90 %. Per 1. September 2019 wurde der Beschäftigungsgrad im gegenseitigen Einvernehmen auf 80 % reduziert.

 

1.2 Am 28. September 2019 wurde A.___ krank. Das Pensum, das er noch leisten konnte, variierte. Bis am 27. September 2020 wurde ihm der Lohn ausbezahlt.

 

Im Juni 2020 hatte A.___ noch die Wiederaufnahme seiner Arbeit per 1. Juli 2020 in Aussicht gestellt. Er machte indessen geltend, er gehöre zu einer Risikogruppe und sei wegen des Coronavirus schutzbedürftig.  Der Arbeitgeber teilte ihm mit, es bestehe kein Anspruch auf Heimarbeit. Dem Begehren, es sei eine beschwerdefähige Verfügung zu erlassen, wurde nicht entsprochen, denn das Personalamt ging davon aus, die dienstlichen Anordnungen seien dem Weisungsrecht des Arbeitgebers zuzuordnen, mithin nicht anfechtbar. Weil er angeblich ohne Zeugnis der Arbeit ferngeblieben war, wurde A.___ verwarnt. 

 

Nachdem er für die Zeit ab dem 6. September 2020 wiederum kein Zeugnis vorgelegt hatte, wurde dem Personalamt die sofortige Freistellung und fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses beantragt. A.___ reichte ein Arztzeugnis für die Zeit vom 6. September 2020 bis zum 4. Oktober 2020 nach. Das Personalamt informierte ihn, weil die Lohnfortzahlung ein Jahr zuvor, nämlich am 28. September 2019 begonnen habe, sei diese Arbeitgeberverpflichtung nunmehr erloschen. Das Anstellungsverhältnis müsse von Gesetzes wegen als aufgelöst gelten. Das Personalamt erliess am 1. Oktober 2020 eine Feststellungsverfügung des Inhalts, das Anstellungsverhältnis sei per 27. September 2020 aufgelöst.

 

2.1 Dagegen erhob A.___ Beschwerde beim Regierungsrat. Das Hauptbegehren lautete, die Sache sei an das Personalamt zurückzuweisen; dem Beschwerdeführer sei eine angepasste Tätigkeit zuzuweisen. In einer angepassten Tätigkeit sei eine vollständige Arbeitsfähigkeit gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses seien somit nicht gegeben. Es hätte nicht allein auf das Zeugnis des Hausarztes abgestellt werden dürfen. Es könne für die Auflösung des Anstellungsverhältnisses eine Rolle spielen, was Ursache der Arbeitsunfähigkeit gewesen sei. Gerade bei arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeiten müsse der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nachkommen. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die Arbeitsunfähigkeit sei von Anbeginn an arbeitsplatzbezogen gewesen. Sie hätte durch Wahrnehmung der Fürsorgepflicht behoben werden können. Die besonderen Umstände des Falls würden eine angemessene Erstreckung der Lohnfortzahlung rechtfertigen.

 

2.2. Der Kanton entgegnete, das Arztzeugnis des Hausarztes bestätige eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bis am 4. Oktober 2020 und damit über den 27. September 2020 hinaus. Damit sei der Anspruch auf Lohnfortzahlung erloschen, was auch die Auflösung des Anstellungsverhältnisses zur Folge habe. Für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses sei nur der Ablauf des Anspruches auf Lohnfortzahlung massgebend. Die konkrete Ursache der Arbeitsunfähigkeit sei nicht von Belang.

 

Der Kanton sei seiner Fürsorgepflicht nachgekommen. Gesprächsbereitschaft sei stets vorhanden gewesen. Es sei unzutreffend, dass kein Interesse an einer Weiterbeschäftigung und Wiedereingliederung des Beschwerdeführers bestanden habe. Mit der Bereitstellung eines Einzelbüros habe der Beschwerdegegner auch Massnahmen getroffen, um eine Wiedereingliederung zu ermöglichen. Der Beschwerdeführer habe seine Mitwirkungspflicht verletzt, weil er keine Informationen zum Gesundheitszustand geliefert habe. Es sei dem Beschwerdeführer anzulasten, dass keine Wiedereingliederung habe erfolgen können.

 

2.3 Der Regierungsrat zog namentlich Folgendes in Erwägung: Nach § 40 Bst. e und § 48 des Gesamtarbeitsvertrages vom 25. Oktober 2004 (GAV; BGS 126.3) und § 30 StPG ende das Anstellungsverhältnis bei dauernder längerfristiger Arbeitsunfähigkeit mit dem Erlöschen des Anspruchs auf Lohnfortzahlung. Bei unbefristeten Anstellungen dauere die Lohnfortzahlung, unabhängig vom Ausmass der Arbeitsunfähigkeit, in der Regel zwölf Monate (§ 47 Abs. 1 Bst. b StPG und § 174 Abs. 1 Bst. b GAV). Wenn besondere Verhältnisse vorlägen, sei der Regierungsrat gemäss § 174 Abs. 1bis GAV ausnahmsweise befugt, die Lohnfortzahlung angemessen zu erstrecken.

 

Der Beschwerdeführer bestreite nicht, dass er vom 28. September 2019 bis am 27. September 2020 ohne Unterbruch zumindest teilweise an seiner Aufgabenerfüllung verhindert gewesen sei. Er stelle sich aber auf den Standpunkt, dass in einer angepassten Tätigkeit eine vollständige Arbeitsfähigkeit vorgelegen hätte. Es sei letztlich dem Kanton anzulasten, dass die Arbeitstätigkeit nicht habe ausgeübt werden können. Folglich seien auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht gegeben.

 

Wie der Kanton zu Recht vorbringe, seien die konkreten Ursachen für die Arbeitsunfähigkeit bei der Feststellung einer Beendigung des Anstellungsverhältnisses grundsätzlich irrelevant. Für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses werde einzig vorausgesetzt, dass die Lohnfortzahlung abgelaufen sei (§ 30 StPG und § 48 GAV; vgl. auch GER 6/2017, E 4.3.2.1.). Sei dies der Fall, so habe die Anstellungsbehörde die Beendigung des Dienstverhältnisses bloss festzustellen (Botschaft und den Entwurf des Regierungsrates an den Kantonsrat von Solothurn vom 4. Juli 2000 in RRB Nr. 1435 zu § 30 StPG).

 

Wenn der Beschwerdeführer sich nun auf den Standpunkt stelle, eine Arbeitsunfähigkeit habe nicht vorgelegen, so verhalte er sich widersprüchlich.

 

Der Arbeitgeber habe sehr wohl Massnahmen getroffen, um den medizinischen Anliegen des Beschwerdeführers gerecht zu werden und den Wiedereinstieg zu ermöglichen (Einzelbüro, Verminderung der Arbeitslast durch Beschränkung auf juristische Arbeiten).

 

Ob die dienstrechtlichen Vorgaben betreffend Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitstage sachgerecht und sinnvoll gewesen seien, könne offenbleiben. Die Erstreckung der Lohnfortzahlung sei vorliegend nicht angezeigt. Zwar sei der Regierungsrat gemäss § 174 Abs. 1bis GAV befugt, die Lohnfortzahlung bei Vorliegen besonderer Verhältnisse angemessen zu erstrecken. Von dieser Möglichkeit mache er indes nur zurückhaltend Gebrauch. Eine Erstreckung solle nur dann erfolgen, wenn es aufgrund der konkreten Umstände zu Lücken zwischen Lohnfortzahlung und Krankentaggeld komme (RRB 2013/1787). Dies sei vorliegend nicht der Fall.

 

Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass die Voraussetzungen zur Auflösung des Anstellungsverhältnisses infolge Erlöschen des Anspruchs auf Lohnfortzahlung im Sinne von § 30 StPG und § 48 GAV gegeben seien. Die Feststellungsverfügung sei zu Recht erfolgt.

 

3.1 Dagegen liess A.___ Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben. Die Anträge lauteten:

 

1.    Der Beschluss des Regierungsrates vom 27. April 2021 sei aufzuheben.

2.    Die Verfügung des Personalamtes vom 1. Oktober 2020 sei aufzuheben.

3.    Die Streitsache sei an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Weisung, dem Beschwerdeführer sei eine angepasste Tätigkeit im Sinne der ärztlichen Empfehlungen zuzuweisen (ruhigere Arbeitsumgebung, Reduktion der geforderten Arbeitsmenge Tätigkeit in einer anderen Abteilung), unter entsprechender Lohnfortzahlungspflicht.

 

3.2 Die Beschwerde wurde namentlich wie folgt begründet:

Der Hausarzt sei beim Beschwerdeführer immer von einer vorwiegend arbeitsplatzbedingten Arbeitsunfähigkeit ausgegangen. Aus psychiatrischer Sicht habe ein Arbeitsplatzkonflikt bestanden. Der Beschwerdeführer habe somatische Beschwerden in Form von Darm-, Haut- und Herzbeschwerden sowie einen Tinnitus entwickelt. Zudem habe er an Gewicht abgenommen und nicht mehr schlafen können. Seit Juni 2020 unterziehe sich der Beschwerdeführer einer psychiatrisch-psychologischen Behandlung. Aus medizinischer Sicht bestehe in der aktuellen Tätigkeit, d.h. in der aktuellen Abteilung im aktuellen Büro mit der aktuellen Arbeitsmenge keine Arbeitsfähigkeit mehr. In einer angepassten Tätigkeit – und zwar könne dies auch die bisherige Tätigkeit in einer angepassten Umgebung sein (ruhigere Arbeitsumgebung, Reduktion der geforderten Arbeitsmenge) aber in einer Tätigkeit in einer anderen Abteilung des Beschwerdegegners – sei eine hundertprozentige Arbeitsfähigkeit möglich. Der angefochtene Entscheid gehe davon aus, auf den Grund der Arbeitsunfähigkeit komme es nicht an. Massgebend sei einzig, dass der Beschwerdeführer in seiner angestammten Tätigkeit während zwölf Monaten arbeitsunfähig gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei jedoch mit den von ihm verlangten und den ärztlich empfohlenen Anpassungsmassnahmen sowohl in seiner bisherigen Tätigkeit als auch in einer angepassten Tätigkeit in einer anderen Abteilung des Kantons während der ganzen Dauer des Arbeitsverhältnisses arbeitsfähig gewesen. Der Beschwerdeführer sei als Jurist mit langjähriger Erfahrung und Spezialkenntnissen in der Buchprüfung in der kantonalen Verwaltung vielseitig einsetzbar. Es dürfe davon ausgegangen werden, dass schon längst eine andere Einsatzmöglichkeit hätte gefunden werden können, wenn der Beschwerdegegner seiner Fürsorgepflicht nachgekommen wäre.

 

Am 7. Januar 2020 habe der Beschwerdeführer gegenüber dem Case Manager den Wunsch nach einem Einzelbüro und nach der Möglichkeit geäussert, seine Arbeit im Home-Office zu erledigen. Es sei ihm aufgrund der räumlichen Verhältnisse unwohl am Arbeitsplatz (laut, heiss). Weiter habe der Beschwerdeführer den Wunsch nach geeigneten Massnahmen geäussert, um den Arbeitsfluss besser zu steuern; teilweise Entlastung und Optimierung der Arbeit, Fallbesprechung mit anderen Juristen, mehr Unterstützung durch die Vorgesetzten. Die Vorgesetzten des Beschwerdeführers hätten gegenüber dem Case Manager bereits am 2. März 2020 geäussert, sie möchten in Zukunft nicht mehr mit dem Beschwerdeführer zusammenarbeiten. Der direkte Vorgesetzte habe in einem Telefonat vom 15. Juni 2020 geäussert, das Problem sei, dass die Beziehungsebene nicht stimme, dass man den Beschwerdeführer eigentlich nicht mehr als Mitarbeiter haben wolle. Man befürchte, dass sich die Situation wieder zuspitze eskaliere, wenn der Beschwerdeführer wieder am Arbeitsplatz sei.

 

Der Beschwerdegegner sei von Anfang nicht bereit gewesen, für die vom Beschwerdeführer gewünschten und die ärztlich empfohlenen Massnahmen zur Anpassung der Arbeitstätigkeit des Beschwerdeführers Hand zu bieten. Auch zur Konfliktlösung habe der Beschwerdegegner nichts unternommen. Die Arbeiten im Home-Office zu erledigen, sei dem Beschwerdeführer verwehrt worden, obschon er, was Covid 19 anbelange, ein Risikopatient sei. Die angeordnete Blockzeit hätte zur Folge gehabt, dass er während einer Pandemie zu Stosszeiten von […] nach Solothurn hätte pendeln müssen. Der Vorhalt einer Verletzung der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers sei unberechtigt. Richtig sei einzig, dass er zwei Arztzeugnisse verspätet eingereicht habe.  Die Verwarnung vom 9. Juli 2020 und der Antrag auf sofortige Freistellung und fristlose Kündigung vom 15. September 2020 wegen angeblich unberechtigten Fernbleibens von der Arbeit seien völlig unverhältnismässig gewesen.

 

Es werde nicht bestritten, dass in einem unbefristeten Anstellungsverhältnis stehende Arbeitnehmer nach Ablauf der Probezeit Anspruch auf den vollen Lohn für die Dauer von zwölf Monaten hätten, und dass das Anstellungsverhältnis bei dauernder längerfristiger Arbeitsunfähigkeit mit dem Erlöschen des Lohnfortzahlungsanspruchs nach Art. 40 lit. e) des Gesamtarbeitsvertrages vom 25. Oktober 2004 (GAV; BGS 126.3) und § 30 des Gesetzes über das Staatspersonal (StPG; BGS 126.1) ende. Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach den genannten Bestimmungen jedoch nicht gegeben.

 

Die Bestimmung von Art. 328 OR (Fürsorgepflicht), die als ergänzendes öffentliches Recht zur Anwendung gelange, verpflichte den Arbeitgeber, die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen und auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen. Art. 328 Abs. 2 OR statuiere im Bereich des arbeitsbezogenen Gesundheitsschutzes eine Handlungspflicht des Arbeitgebers. Eine im Wesentlichen übereinstimmende Pflicht, insbesondere zum Schutz der physischen und psychischen Gesundheit, ergebe sich auch aus den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zum Arbeitsschutz (Art. 6, Art. 35 und Art. 36 des Arbeitsgesetzes), die auch auf die Verwaltung des Kantons anwendbar seien (§ 37 GAV). Der Arbeitnehmer dürfe weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht derart belastet werden, dass auf Dauer seine physische und psychische Gesundheit beeinträchtigt werde. Gegenüber einem gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitnehmer bestehe sogar eine erhöhte Fürsorgepflicht (BVGer A4147/2016, E. 7.5.3.). Zudem handle es sich beim Beschwerdeführer um einen langjährigen Mitarbeiter, der im Dezember 2022 das 58. Altersjahr erreiche. Der Beschwerdeführer werde nach § 23 Abs. 1 des Vorsorgereglements der Pensionskasse des Kantons Solothurn (VOR) mit der Vollendung des 58. Lebensjahres einen Anspruch auf eine Altersrente haben. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses im gegenwärtigen Zeitpunkt habe für den Beschwerdeführer den Verlust seiner Rentenansprüche zur Folge. Mit 56 Jahren sei es für den Beschwerdeführer nahezu aussichtslos, eine Stelle ausserhalb der kantonalen Verwaltung zu finden.

 

Der Arbeitgeber sei verpflichtet, die Arbeitsumgebung und die Arbeitsabläufe einschliesslich der Verteilung der Arbeit in einer Weise zu gestalten bzw. zu organisieren, dass eine übermässige Beanspruchung vermieden werde (BVGer A-6750/2018, E. 5.2.1). Diese Vorgaben beträfen nebst den zeitlichen und mengenmässigen Anforderungen bzw. Zielvorgaben auch andere Aspekte der Arbeitsorganisation wie etwa Stellvertretungen, Unterstützungsangebote, die Instruktion und die Zuweisung von Arbeit sowie den Personalbestand. Weiter sei der Arbeitgeber bei Konflikten am Arbeitsplatz dazu verpflichtet, aktiv zur Konfliktlösung beizutragen. Vorliegend sei der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen. Der Beschwerdegegner habe keine Hand zu den vom Beschwerdeführer gewünschten Massnahmen geboten (Massnahmen zur Steuerung des Arbeitsflusses, teilweise Entlastung und Optimierung der Arbeit, Fallbesprechung mit anderen Juristen, mehr Unterstützung durch seine Vorgesetzten, Home-Office). Auch zur Konfliktlösung habe der Beschwerdegegner zu keinem Zeitpunkt aktiv beigetragen. Der Umstand, dass der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer im […] ein Einzelbüro angeboten habe, vermöge ihn nicht zu entlasten, nachdem sich der Beschwerdegegner zu keinen weiteren Massnahmen bereitgefunden habe.

 

Die Verletzung der Fürsorgepflicht spiele eine Rolle für die Frage, ob das Arbeitsverhältnis wegen Ablaufs der Lohnfortzahlungspflicht aufgelöst worden sei. Missachte der Arbeitgeber seine (erhöhte) Fürsorgepflicht, sei es durch aktives Tun durch Unterlassen, verletze er Art. 328 OR und verhalte sich entsprechend widerrechtlich.

 

Als Nebenpflicht ergänze die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers die Hauptpflicht, die Lohnzahlungspflicht. Verletze der Arbeitgeber die Fürsorgepflicht in einer Weise, die die Erbringung der Arbeit unzumutbar mache, dürfe diese vom Arbeitnehmer verweigert werden. Der Arbeitgeber gerate dadurch in Annahmeverzug (beispielsweise bei Gesundheitsgefährdung durch mangelnde Schutzmassnahmen), müsse also Lohn bezahlen, obwohl der Arbeitnehmer seiner vertraglichen Verpflichtung nicht nachkomme.

 

Im vorliegenden Fall habe sich der Beschwerdegegner wegen der Verletzung seiner Fürsorgepflicht seit der Besprechung mit dem Case Manager vom 2. März 2020, in welcher die Vorgesetzten die weitere Zusammenarbeit mit dem Beschwerdeführer ablehnten, im Annahmeverzug befunden, spätestens aber seit der expliziten Gesprächsverweigerung anlässlich des Gesprächs zwischen dem direkten Vorgesetzten und dem Case Manager vom 15. Juni 2020.

 

Unter diesen Umständen habe eine Lohnfortzahlungspflicht des Beschwerdegegners unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers bestanden; sie bestehe immer noch. Die Lohnfortzahlungspflicht des Beschwerdegegners wegen des Annahmeverzugs habe über den 27. September 2020 hinaus gedauert. Sie dauere nach wie vor an. Die Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Art. 40 lit. e) des GAV und § 30 StPG seien deshalb nicht erfüllt. Das Arbeitsverhältnis habe aus den dargelegten Gründen nicht am 27. September 2020 geendet. Als Jurist mit langjähriger Erfahrung und Spezialkenntnissen in der Buchprüfung sei der Beschwerdeführer in der kantonalen Verwaltung vielseitig einsetzbar.

 

Gemäss § 174 Abs. 1bis des GAV sei der Regierungsrat befugt, die Lohnfortzahlung bei Vorliegen besonderer Verhältnisse angemessen zu erstrecken. Die Vorinstanz schöpfe im angefochtenen Entscheid ihren Ermessensspielraum nicht aus.

 

Der Beschwerdeführer gehe davon aus, dass gerade auch Fälle von arbeitsplatzbedingter Arbeitsunfähigkeit dem Kanton die Möglichkeit zur angemessenen Erstreckung der Lohnfortzahlungspflicht einräumen würden. Eine Erstreckung dränge sich im vorliegenden Fall v.a. auch im Hinblick auf die Verletzung der Fürsorgepflicht des Beschwerdegegners auf. Unter den gegebenen Umständen erscheine eine maximale Erstreckung der Lohnfortzahlungspflicht um 12 Monate angemessen. Der Beschwerdeführer schliesse auch eine Rückkehr an den alten Arbeitsplatz nicht aus.

 

3.3 Das Finanzdepartement beantragte, die Beschwerde sei kostenfällig abzuweisen.

 

3.4 An der Vergleichsverhandlung vom 18. August 2021 schlossen die Parteien einen Vergleich, der hier auszugsweise wiedergegeben wird:

 

1.    Das Personalamt bemüht sich, für A.___ bis Ende November 2021 eine andere seinem Profil entsprechende Anstellung beim Kanton Solothurn zu finden.

2.    Scheitern die Bemühungen gemäss Ziffer 1 hiervor, gilt Folgendes: Die Lohnfortzahlungspflicht dauert bis Ende März 2021, und die Parteien stellen fest, dass das Arbeitsverhältnis damit auf diesen Zeitpunkt hin beendet ist.

3.    Der Beschwerdeführer erklärt sein Desinteresse an dem von ihm eingeleiteten Mobbingverfahren.

4.    Das Personalamt wirkt bei der […] darauf hin, dass der Beschwerdeführer umgehend ein Arbeitszeugnis erhält.

5.    Von diesem Vergleich nicht erfasst, sind die noch offenen Differenzen bei der Schlussabrechnung (Ferien, Gleitzeitsaldo und dergleichen). (…)

 

Der Kanton hat diesen Vergleich akzeptiert. Der Beschwerdeführer hat den Vergleich nachträglich verworfen.

 

 

II.

 

1. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel, und das Verwaltungsgericht ist zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.

 

Das Eventualbegehren, die Lohnfortzahlungspflicht sei gestützt auf § 174 Abs. 1bis GAV (ohne Zuweisung einer angepassten Tätigkeit) um zwölf Monate zu erstrecken, wurde erst mit der ergänzenden Begründung, mithin nach Ablauf der Rechtsmittelfrist gestellt. Darauf ist nicht einzugehen. Der Antrag, der Beschwerde sei gestützt auf § 77 VRG die aufschiebende Wirkung zu erteilen, wurde mit Verfügung vom 8. Juni 2021 abgewiesen.

 

2.1 Der Beschwerdeführer war Ende September 2020 zu 100 % arbeitsunfähig. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist das Anstellungsverhältnis an diesem Tag aufgelöst worden; und zwar vollständig (§§ 48 und 174 GAV; §§ 30 und 47 StPG). Nach einem Grundsatzentscheid des Regierungsrats, GER 2017 Nr. 6, endet das Anstellungsverhältnis von Gesetzes wegen nach Erlöschen des Anspruchs auf Lohnfortzahlung und gründet allein auf dem objektiven Kriterium des Zeitablaufs. Mittlerweile ist das Arbeitsverhältnis sicher durch weiteren Zeitablauf aufgelöst. Im Grundsatz ist dies auch unbestritten geblieben.

 

2.2 Der Beschwerdeführer machte geltend, die Arbeitsunfähigkeit sei primär arbeitsplatzbedingt gewesen. Ein Arztzeugnis dafür liegt vor (Psychiaterin Dr. [...]). Die arbeitsplatzbedingte Arbeitsunfähigkeit wird in der Lehre indessen vor allem im Hinblick auf ein Krankentaggeld und eine Kündigung diskutiert. Beides spielt hier keine Rolle. Der Arbeitgeber soll wegen seiner Fürsorgepflicht zwar alles ihm Zumutbare unternehmen, um die Umstände zu beseitigen, die beim Arbeitnehmer zur Verhinderung der Arbeitsleistung führen. Eine arbeitsplatzbedingte Arbeitsunfähigkeit löst jedoch, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, keinen Annahmeverzug des Arbeitgebers aus. Der Arbeitgeber eines Mitarbeiters, der die ursprüngliche vertragsmässige Arbeit nicht mehr leisten kann und seine Arbeitskraft für eine andere Arbeit anbietet, befindet sich nicht in Verzug.

 

2.3 Die Arbeit ist so zu organisieren, dass sich die Reserven des Arbeitnehmers nicht nachhaltig erschöpfen, es namentlich zu keinem Burnout-Syndrom kommt. Dass der Beschwerdeführer so mit Arbeit überfordert, überhäuft wurde, dass seine Gesundheit dauernden Schaden nahm, ist indessen nicht erstellt. Es wurde durchaus versucht, die Arbeitslast zu reduzieren. (Widmer, Lüchinger, Oser [Hrsg.]: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, Basel 2020 N 19 b ff. un d 21c zu Art. 328 OR). Ein Mobbing-Verfahren stand im Raum; darüber ist aber nichts Konkretes aktenkundig. Dem Beschwerdeführer wurde ein Einzelbüro angeboten, was in den historischen Mauern des [...] nicht einfach ist. Das Arbeitsgebiet wurde auf die juristische Tätigkeit beschränkt. Dies hätte genügen müssen, um die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen und die Situation zu entspannen. Ein formelles Gesuch um Homeoffice wurde offenbar nicht gestellt; jedenfalls nicht rechtzeitig (Mail des Departementssekretärs [...] vom 30. Juni 2020 und Brief vom 9. Juli 2020).

 

2.4 Die Möglichkeiten, einem Arbeitnehmer neue Arbeiten in einem andern Amt zuzuweisen, sind faktisch aber auch rechtlich eng begrenzt (vgl. Streiff / von Kaenel / Rudolph: Arbeitsvertrag, Bern 2012, N 3 zu Art. 321d und N 2 zu Art. 324 OR, N 3 und 15 zu Art. 328 OR). Faktisch stehen im (vergleichsweise kleinen) Kanton kaum je juristische Arbeitsplätze offen, die vergeben werden könnten. Hinzu kommt, dass das Arbeitsgebiet des Beschwerdeführers relativ eng war. Die [...] ist ein Spezialgebiet. Buchhalterische Kenntnisse eines Juristen könnten allenfalls noch beim [...] und bei der [...] nützlich sein. Ein Departementsjurist hat gewöhnlich ein völlig anderes und viel breiteres Arbeitsgebiet; Kenntnisse des Rechnungswesens braucht er kaum. Das alles mag aber offenbleiben. Das Personalamt hat sich im geschlossenen Vergleich bereit erklärt, bei der internen Stellensuche (weiterhin) zu helfen. Der Beschwerdeführer hat den Vergleich jedoch verworfen.

 

2.5 Die Vorbringen des Beschwerdeführers gegen den angefochtenen Regierungsratsbeschluss sind daher unbegründet. Die Beschwerde ist abzuweisen.

 

3. Der Regierungsrat geht im angefochtenen Beschluss davon aus, dass das Arbeits­verhältnis mit dem Beschwerdeführer am 27. September 2020 angesichts der relativ lang andauernden Arbeitsunfähigkeit zu 100 % erlosch. Tatsache ist indessen, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 28. September 2019 bis 27. September 2020 nicht permanent zu 100 % arbeitsunfähig war, sondern das Pensum, das er noch leisten konnte, variierte. Entgegen dem Regierungsrat kann mit guten Gründen auch die Auffassung vertreten werden, dass gestützt auf den GAV ein Arbeitnehmer Anspruch auf eine Lohnfortzahlung im Umfang seines gesamten ursprünglichen Arbeitspensums hat, und zwar auch gestaffelt, bevor dieser Anspruch (und damit auch die Anstellung) erlischt. Der (teilweise) arbeitsunfähige Arbeitnehmer erhält nicht einfach ein Jahr lang den Lohn, sondern maximal einen Jahreslohn. Eine andere Auslegung kann finanzieller Ungleichbehandlungen der Arbeitnehmer und weitere unvernünftige Ergebnisse zur Folge haben (vgl. zum Ganzen auch VWBES.2016.328).

 

Das Personalamt hat ausgerechnet, dass der Beschwerdeführer, wenn man die wechselnden Beschäftigungsgrade während der Krankheit berücksichtigt, noch Anspruch auf den Lohn für 56.25 Arbeitstage hat. Die Lohnfortzahlungspflicht und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses verschieben sich somit vom 27. September 2020 um 56 Tage nach hinten. Erst dann hat der Beschwerdeführer einen Jahreslohn bezogen. In Franken macht dies netto 14'450.30 aus. Da das Arbeitsverhältnis aber durch weiteren Zeitablauf mittlerweile so so aufgelöst ist und diese Frage auch nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist, bleibt es bei der Abweisung der Beschwerde.

 

4. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 1'500.00 festzusetzen sind. Parteientschädigung ist keine zuzusprechen.

 

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.    Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 zu bezahlen.

3.    Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Der Vizepräsident                                                             Der Gerichtsschreiber

 

 

Müller                                                                                Schaad

 

 

Das vorliegende Urteil wurde vom Bundesgericht mit Urteil 8C_78/2023 vom 21. August 2023 bestätigt.

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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