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Urteil Verwaltungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2020.47
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2020.47 vom 09.04.2020 (SO)
Datum:09.04.2020
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:therapeutische Ausgänge
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 123 ZPO ; Art. 62d StGB ; Art. 64 StGB ; Art. 74 StGB ; Art. 75 StGB ; Art. 75a StGB ; Art. 86 StGB ;
Referenz BGE:124 I 203;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 9. April 2020

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Stöckli

Oberrichter Frey

Gerichtsschreiberin Gottesman

In Sachen

A.___ vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Krumm, Anwaltsbüro Landmann,

Beschwerdeführer

gegen

1. Departement des Innern, vertreten durch Rechtsdienst Departement des Innern,

2. Amt für Justizvollzug,

Beschwerdegegner

betreffend therapeutische Ausgänge


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. Mit Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 27. Juli 2005 wurde A.___ (geb. 26. März 1962, nachfolgend Beschwerdeführer) wegen Schändung und Hausfriedensbruch, begangen am 21. Mai 2002, zu einer Gefängnisstrafe von 20 Monaten verurteilt (abzüglich 288 Tage Untersuchungshaft). Der Beschwerdeführer wurde in eine Heilund Pflegeanstalt eingewiesen und der Vollzug der Freiheitsstrafe für die Dauer der Massnahme aufgeschoben.

2. Die für den Beschwerdeführer angeordnete stationäre Massnahme wurde mit Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 28. Oktober 2010 sowie mit Urteil des Amtsgerichts Thal-Gäu vom 19. Mai 2015 jeweils um fünf Jahre verlängert (letztmals bis 22. Dezember 2019).

3. Mit Verfügung vom 27. November 2019 hob das Departement des Innern (nachfolgend DdI genannt) die bis am 22. Dezember 2019 verlängerte stationäre Massnahme zufolge Aussichtslosigkeit auf und stellte beim Amtsgericht Thal-Gäu Antrag auf Anordnung der Verwahrung und beantragte, es sei bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nachverfahrens beim Haftgericht um Anordnung von Sicherheitshaft zu ersuchen. Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer an das Verwaltungsgericht, welches seine Beschwerde mit Urteil vom 7. April 2020 guthiess, soweit es darauf eintrat (VWBES.2019. 432).

4. Das Haftgericht verfügte am 20. Dezember 2019 die Anordnung von Sicherheitshaft gegen den Beschwerdeführer bis am 20. März 2020. Mit Verfügung vom 17. März 2020 wurde die Sicherheitshaft bis am 20. Juni 2020 verlängert.

5. Seit dem 17. Dezember 2014 befindet sich der Beschwerdeführer in der Justizvollzugsanstalt [ ]. Anlässlich eines persönlichen Gesprächs mit der Vollzugsbehörde am 5. Juli 2019 beantragte der Beschwerdeführer letztmals die Gewährung von begleiteten therapeutischen Ausgängen.

6. Mit Verfügung vom 5. August 2019 wies das Amt für Justizvollzug (AJUV), Abteilung Strafund Massnahmenvollzug, die vom Beschwerdeführer beantragte Durchführung von begleiteten therapeutischen Ausgängen ab. Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer, v.d. Rechtsanwalt Jürg Krumm, am 15. August 2019 erfolglos an das Departement des Innern, welches die Beschwerde mit Entscheid vom 27. Januar 2020 abwies, soweit darauf eingetreten wurde.

7. Mit Beschwerde vom 7. Februar 2020 wandte sich der Beschwerdeführer, v.d. Rechtsanwalt Jürg Krumm, an das Verwaltungsgericht und stellte folgende Rechtsbegehren in der Sache:

1.    Die Verfügung der Beschwerdegegnerin 2 vom 27. Januar 2020 sei aufzuheben.

2.    Dem Beschwerdeführer seien unverzüglich begleitete therapeutische Ausgänge (btA) zu bewilligen.

3.    Alles unter ausgangsgemässer Kostenund Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zulasten der Beschwerdegegnerinnen.

Weiter stellte der Beschwerdeführer folgende prozessuale Anträge:

1.    Dem Beschwerdeführer sei die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und es sei ihm in Form des Unterzeichnenden ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zur Seite zu stellen.

2.    Vorliegendes Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren sei mit dem Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren (VWBES.2019.432) betreffend Prüfung der Entlassung und der Aufhebung der stationären therapeutischen Massnahme des Beschwerdeführers zu vereinen.

3.    Es sei eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und sowohl der Beschwerdeführer als auch der Gutachter PD Dr. B.___ seien vor Schranken anzuhören respektive zu befragen.

8. Mit verfahrensleitender Verfügung vom 10. Februar 2020 wurde dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege samt unentgeltlichem Rechtsbeistand bewilligt.

9. Mit Vernehmlassung vom 11. Februar 2020 schloss das Departement des Innern (nachfolgend DdI) auf Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zulasten des Beschwerdeführers. Das Amt für Justizvollzug verzichtete mit Eingabe vom 18. Februar 2020 auf eine Stellungnahme.

10. Am 28. Februar 2020 wurde das Gesuch im Verfahrensvereinigung im Parallelverfahren (VWBES.2019.432) abgewiesen.

11. Auf die Ausführungen der Parteien wird, soweit für die Entscheidfindung wesentlich, im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Fraglich ist, ob auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführer befindet sich zur Zeit nicht mehr im Massnahmenvollzug, sondern in Sicherheitshaft. Die bis zum 22. Dezember 2019 verlängerte stationäre Massnahme ist abgelaufen. Selbst eine Gutheissung der Beschwerde könnte bei dieser Sachlage nicht dazu führen, dass ihm unverzüglich begleitete therapeutische Ausgänge gewährt würden. Bereits im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheides des DdI vom 27. Januar 2020 befand sich der Beschwerdeführer in Sicherheitshaft. Unklar ist zwar das Haftsetting während der Sicherheitshaft. Ein praktischer Nutzen für den Beschwerdeführer ist im Falle eines günstigen Entscheides jedoch nicht ersichtlich. Die Eintretensfrage kann letztlich offen bleiben, da der Beschwerde auch sonst kein Erfolg beschieden wäre, wie nachfolgend aufgezeigt wird.

2.1 Für den Strafund Massnahmenvollzug sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht (Art. 123 Abs. 2 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV, SR 101]). Art. 74 ff. Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0) regeln die Grundzüge des Strafund Massnahmenvollzugs. Die Einzelheiten des Vollzugs richten sich nach kantonalem Recht und den für den einzelnen Kanton jeweils massgebenden Konkordatsrichtlinien (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_240/ 2018 vom 23. November 2018, E. 2.3).

2.2 Die Vollzugsbehörde bestimmt die Vollzugsform und die geeignete Vollzugseinrichtung und entscheidet namentlich über Vollzugslockerungen (vgl. § 7 Abs. 2 lit. a Gesetz über den Justizvollzug [JUVG, BGS 331.11] und § 4 Abs. 1 lit. b und d Verordnung über den Justizvollzug [JUVV, BGS 331.12]).). Im Kanton Solothurn ist das Amt für Justizvollzug Vollzugsbehörde im Sinne der Strafprozessordnung (§ 7 Abs. 1 JUVG).

2.3 Der Strafvollzug muss gemäss Art. 74 StGB die Menschenwürde achten und darf die Rechte des Gefangenen nur soweit beschränken, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Anstalt es erfordern (BGE 124 I 203 E. 2b S. 204 mit Hinweis). Art. 74 und 75 StGB schreiben einen namentlich auf Wiedereingliederung und Resozialisierung des Insassen ausgerichteten Strafvollzug vor. Nach Art. 75 Abs. 1 StGB sollen Gefangene im Vollzug denn auch vorab dazu befähigt werden, künftig straffrei zu leben. Die Vollzugsbedingungen haben sich somit am Grundsatz der Rückfallverhütung nach der Entlassung aus dem Vollzug zu orientieren. Der Vollzug beruht auf einem Stufensystem. Dem Gefangenen werden im Hinblick auf seine Rückkehr in die Gesellschaft zunehmend mehr Freiheiten gewährt. Je grösser die Fluchtoder Rückfallgefahr ist, desto engere Grenzen sind allerdings solchen stufenweisen Vollzugsöffnungen gesetzt (Urteil des Bundesgerichts 6B_240/2018 vom 23. November 2018, E. 2.3).

2.4 Art. 90 Abs. 4bis StGB hält für den Vollzug von Massnahmen fest, dass für die Einweisung in eine offene Einrichtung und für die Bewilligung von Vollzugsöffnungen Art. 75a sinngemäss gilt. Art. 75a Abs. 1 StGB schreibt bei Vollzugsöffnungen besondere Sicherheitsmassnahmen vor. Die Kommission nach Art. 62d Abs. 2 StGB beurteilt in diesen Fällen die Gemeingefährlichkeit des Täters, wenn dieser ein Verbrechen nach Art. 64 Abs. 1 StGB begangen hat (Art. 75a Abs. 1 lit. a StGB) und die Vollzugsbehörde die Frage der Gemeingefährlichkeit nicht eindeutig beantworten kann (Art. 75a Abs. 1 lit. b StGB). Vollzugsöffnungen sind Lockerungen im Freiheitsentzug. Darunter fällt auch die hier zur Diskussion stehende Gewährung von begleiteten Ausgängen (Art. 75a Abs. 2 StGB). Gemeingefährlichkeit ist anzunehmen, wenn die Gefahr besteht, dass der Gefangene flieht und eine weitere Straftat begeht, durch die er die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person schwer beeinträchtigt (Art. 75a Abs. 3 StGB; vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1028/2015 vom 17. Juli 2015, E. 3.3.).

2.5 Die Einweisungsbehörde hat mithin bei Personen, die wegen einer Straftat verurteilt wurden, durch welche die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person grundsätzlich schwer beeinträchtigt werden kann oder bei denen aus anderen Gründen Hinweise auf eine Gefahr für Dritte bestehen, die Gefährlichkeit nötigenfalls unter Beizug der Kommission genauer abzuklären. Ob eine Vollzugsöffnung im Einzelfall bewilligt werden kann, ist aufgrund einer Analyse des konkreten Risikos für eine Flucht oder eine neue Straftat in Berücksichtigung des Zwecks und der konkreten Modalitäten der geplanten Öffnung sowie der aktuellen Situation der eingewiesenen Person zu entscheiden. Die Anforderungen an das Verhalten des Eingewiesenen im Strafvollzug und die Risiken einer Fluchtoder Rückfallgefahr definieren sich dabei grundsätzlich nach den Massstäben, wie sie bei der bedingten Entlassung nach Art. 86 StGB gelten. Die Nichtbewilligung von Vollzugslockerungen muss sich auf ernsthafte und objektive Gründe stützen. Die kantonalen Behörden verfügen im Bereich des Strafund Massnahmenvollzugs über ein weites Ermessen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_240/2018 vom 23. November 2018, E. 2.3 m.w.H).

3. Die Vorinstanz folgt in ihrem Entscheid der Expertise der konkordatlichen Fachkommission zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit von Straftätern (nachfolgend KoFako genannt) vom 8. April 2019, welche die Gewährung von Vollzugsöffnungen (inklusive begleitete therapeutische Ausgänge) nicht empfiehlt. Die KoFako begründet ihre Empfehlung mit der erhöhten Fluchtgefahr infolge des nicht absehbaren Endes der stationären Massnahme bzw. einer allfällig bevorstehenden Verwahrung. Voraussetzung für die Gewährung von ersten Vollzugsöffnungen seien das Vorliegen von legalprognostisch wesentlichen Fortschritten in der Therapie, welche klare Verhaltensänderungen erwarten liessen, welche zur Zeit nicht angegangen werden könnten.

4. Demgegenüber befürwortet PD Dr. med. B.___ in seinem 244 Seiten umfassenden Gutachten vom 12. November 2018 die Gewährung von begleiteten milieutherapeutischen Ausgängen. Deren Erprobung erscheine zum einen verantwortbar, zum anderen aus therapeutischen und prognostischen Erwägungen sinnvoll und notwendig. Das Risiko einer Flucht oder eines Missbrauchs bei solchen Ausgängen sei als gering einzuschätzen: Zwar sei der Beschwerdeführer früher aus Heimen wiederholt entwichen, allerdings sei er dort nicht unter der gleichen Kontrolle wie bei etwaigen begleiteten therapeutischen Ausgängen, er habe sich damals in einer ganz anderen Lebensphase befunden und es sei dabei für ihn anders als jetzt wenig auf dem Spiel gestanden; zudem seien zwei begleitete Ausgänge während der Zeit im Therapiezentrum «Im Schache» (2007) problemlos verlaufen. Therapeutisch sinnvoll und notwendig erschienen solche Ausgänge, zum einen um die Reaktionen des Beschwerdeführers auf die dabei auf ihn einwirkenden Eindrücke und sozialen Kontakte beobachten und mit ihm bearbeiten zu können und damit den Radius der Milieutherapie auf ein realistisches, einem Leben in Freiheit entsprechenden Umfeld auszuweiten, zum anderen um seine Motivation zur Fortführung und Intensivierung der Behandlung z.B. bezüglich der Suchtproblematik zu erhalten und zu fördern. Belohnungen für prosoziales Verhalten seien bei Straftätern mit sog. psychopathologischen Persönlichkeitsmerkmalen oft wirksamer als Sanktionierungen. Die Gewährung von begleiteten Ausgängen könnte als Belohnung für die deutlich erkennbare Abnahme dissozialer Verhaltensweisen eingesetzt werden und damit Anreiz sein für eine weitere Reduktion dissozialer wie auch narzisstischer Persönlichkeitsmerkmale, z.B. indem das Selbstwertgefühl des Beschwerdeführers durch die mit den Ausgängen ausgedrückte Anerkennung seiner Fortschritte auf angemessene Weise stabilisiert werden könnte. Aus prognostischen Gründen erschienen begleitete Ausgänge sinnvoll, weil sich durch die dabei zu machenden Beobachtungen und die Bearbeitung der Erfahrungen in der Therapie wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Beurteilung des Rückfallrisikos und für ein adäquates Risikomanagement generieren liessen (Gutachten S. 233 f.). Aktuell seien unbegleitete Lockerungen aufgrund des noch bestehenden Risikos erneuter sexueller Übergriffe nicht zu empfehlen (Gutachten, S. 234).

5. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid aufgezeigt, weshalb sie bei der streitigen Frage der Gewährung von begleiteten therapeutischen Ausgängen von der Einschätzung im aktuellen Gutachten von PD Dr. med. B.___ abgewichen und der gegenteiligen Empfehlung der KoFako gefolgt ist. Die Zweifel der Vorinstanz an der gutachterlichen Einschätzung sind bei der vorliegenden Vollzugsfrage begründet. Zu berücksichtigen ist, dass der Gutachter dem Beschwerdeführer nach wie vor ein mittelgradiges bis hohes Risiko erneuter sexueller bzw. sexuell motivierter Gewaltdelikte attestiert, während das Risiko für nicht sexuell motivierte Gewaltdelikte deutlich niedriger eingeschätzt wird. Das Risiko eines erneuten Tötungsdelikts sei generell niedrig, aber nicht auszuschliessen. Das Risiko für erneute Betäubungsmitteldelikte stuft der Gut­achter  bes. bei einem nicht unwahrscheinlichen Rückfall in eine Opiatabhängigkeit als mittelgradig bis hoch ein (Gutachten S. 238). Dieser Rückfallgefahr ist im vorliegenden Fall grosses Gewicht beizumessen, da die Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter auf dem Spiel steht. Was die Fluchtgefahr betrifft, gilt es zu bedenken, dass der Beschwerdeführer mittlerweile seit etwas mehr als 15 Jahren im Massnahmen­vollzug ist und ausserhalb der Vollzugseinrichtung soziale Beziehungen mit Kontroll­funktionen praktisch nicht bestehen (Gutachten, S. 222). Der Beschwerdeführer hat sodann die Idee über ein Leben im Ausland geäussert (Gutachten, S. 230). Die Justizvollzugsanstalt [ ], wo der Beschwerdeführer zur Zeit untergebracht ist, sieht die milieutherapeutischen Ausgänge formal und inhaltlich nicht als Lockerungen, sondern als therapeutisches Mittel (Gutachten S. 165). Man erhoffe, durch eine solche Realitätskonfrontation die Motivation für eine weitere und tiefer gehende Psychotherapie zu fördern (Gutachten, S. 168). In eine ähnliche Richtung gehen auch die Ausführungen des Gutachters selbst. Fest steht indes, dass die begleiteten Ausgänge als Vollzugs­lockerungen gelten und daher den gesetzlichen Anforderungen genügen müssen. Jedenfalls ist mit Blick auf die geschilderte Rückfall und Fluchtgefahr nicht zu bean­standen, wenn die Vorinstanz dem Sicherheitsinteresse an der Verweigerung der begleiteten therapeutischen Ausgänge höheres Gewicht beigemessen hat als dem Interesse des Beschwerdeführers an dieser Vollzugslockerung. Daran vermag auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Vollzugsalltag ein mehrheitlich sozial angepasstes, weitgehend regelkonformes und konfliktfreies Verhalten gezeigt hat (vgl. Vollzugsbericht vom 18. Dezember 2018, S. 5), nichts zu ändern.

6. Im Ergebnis ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit der KoFako (Beurteilung vom 8. April 2019) die Gewährung von begleiteten therapeutischen Ausgängen verweigert haben. Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

7.1 Der Beschwerdeführer verlangt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und eine Anhörung bzw. Befragung des Beschwerdeführers und des Gutachters PD Dr. med. B.___.

7.2 Ob im Rahmen der kantonalen Verwaltungsgerichtsbeschwerde eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, beurteilt sich nach dem kantonalen Verfahrensrecht und nicht nach der StPO (Urteil des Bundesgerichts 6B_1070/2016 vom 23. Mai 2017, E. 3.2). Nach § 71 VRG finden mündliche Verhandlungen nur bei Disziplinarbeschwerden statt. In allen übrigen Fällen entscheiden die Verwaltungsgerichtsbehörden aufgrund der Akten; sie können jedoch, auf Antrag oder von Amtes wegen, eine Verhandlung anordnen. Der Beschwerdeführer konnte in der Beschwerdeschrift seine Sicht der Dinge ausführlich darlegen. Es wird nicht ausgeführt und ist nicht ersichtlich, welche zusätzlichen relevanten Informationen das Gericht durch eine Parteibzw. Zeugenbefragung anlässlich einer Hauptverhandlung gewinnen könnte, zumal es um die Beantwortung einer Rechtsfrage geht. Der Behandlungsverlauf ist sodann in acht Bundesordnern umfassend dokumentiert. Ein Anspruch nach Art. 6 Ziff. 1 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) besteht ebenfalls nicht, geht es doch weder um eine strafrechtliche Anklage noch um zivilrechtliche Ansprüche. Vorliegend besteht weder die Notwendigkeit noch ein Anspruch auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Auf die Anhörung und Befragung des Beschwerdeführers und des Gutachters ist ebenfalls zu verzichten.

8. Der Beschwerdeführer ersucht um eine Verfahrensvereinigung mit dem Beschwerdeverfahren betreffend Prüfung der Entlassung und der Aufhebung der stationären therapeutischen Massnahme (VWBES.2019.432). Zwar bestehen zwischen den beiden Verfahren durchaus gewisse Berührungspunkte, da im Entscheid über die stationäre Massnahme die Gefahr weiterer Straftaten berücksichtigt wird wie im hier angefochtenen Entscheid. Nichtsdestotrotz handelt es sich um zwei verschiedene Entscheide, welche unterschiedliche Rechtsfragen betreffen. Eine Verfahrensvereinigung erscheint demnach nicht zweckmässig und aus prozessökonomischen Gründen ebenfalls nicht sinnvoll. Der entsprechende Antrag des Beschwerdeführers ist deshalb abzuweisen.

9.1 Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer grundsätzlich die Kosten des Verfahrens von CHF 1'000.00 vor Verwaltungsgericht zu bezahlen. Zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege trägt der Staat die Kosten; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald der Beschwerdeführer zur Rückzahlung in der Lage ist (vgl. Art. 123 Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]).

9.2 Der Aufwand für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht ist gemäss der von Rechtsanwalt Jürg Krumm eingereichten, angemessenen Honorarnote zu entschädigen. Dies ergibt eine Entschädigung von total CHF 1'199.90 (5.9 Stunden à CHF 180.00 zuzügl. CHF 52.10 Auslagen + 85.80 MWST), welche infolge unentgeltlicher Rechtspflege vom Staat zu bezahlen ist; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald der Beschwerdeführer zur Rückzahlung in der Lage ist (vgl. Art. 123 ZPO).

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.    Die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1000.00 werden A.___ zur Bezahlung auferlegt, sind aber zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege durch den Staat Solothurn zu übernehmen; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (vgl. Art. 123 ZPO).

3.    Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes, Rechtanwalt Jürg Krumm, wird auf CHF 1'199.90 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und ist zufolge unentgeltlicher Rechtspflege vom Staat Solothurn zu bezahlen; vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald A.___ zur Nachzahlung in der Lage ist (vgl. Art. 123 ZPO).

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin

Scherrer Reber Gottesman



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