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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2020.459)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2020.459: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht entschied am 8. Juli 2021 in einem Fall zur Kindesanerkennung durch letztwillige Verfügung. Der Erblasser hinterliess kein rechtliches Kindesverhältnis. Die Beschwerdeführer forderten die Anerkennung als Kinder und klagten gegen die Entscheidungen des Zivilstandsamts und des Volkswirtschaftsdepartements. Letztendlich wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, bestätigte die Gerichtskosten von CHF 1'000 und entschied gegen die Beschwerdeführer.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2020.459

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2020.459
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2020.459 vom 08.07.2021 (SO)
Datum:08.07.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Erblasser; Kindes; Anerkennung; Vater; Kindesverhältnis; Zivilstand; Testament; Kinder; Verfügung; Erben; Recht; Vaters; Vaterschaft; Zivilstandsamt; Entscheid; Beschwerde; Wille; Kindesanerkennung; Verwaltungsgericht; Erblassers; Personen; Zahlvaters; Gesuch; Beschwerdeführern; Schweiz; Willen; Verfahren
Rechtsnorm: Art. 258 ZGB ;Art. 260 ZGB ;Art. 303 ZGB ;Art. 307 ZGB ;Art. 319 ZGB ;Art. 323 ZGB ;Art. 500 ZGB ;
Referenz BGE:50 II 445;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2020.459

 
Geschäftsnummer: VWBES.2020.459
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 08.07.2021 
FindInfo-Nummer: O_VW.2021.140
Titel: Kindesanerkennung durch letztwillige Verfügung

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 8. Juli 2021            

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichterin Weber

Oberrichter Müller    

Gerichtsschreiberin Gottesman

In Sachen

1.    A.___   

2.    B.___   

beide vertreten durch Rechtsanwalt Paul Eitel,    

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    Volkswirtschaftsdepartement,    

 

2.    Zivilstandsamt Solothurn, Patriotenweg 9, 4502 

 

Beschwerdegegner

 

betreffend     Kindesanerkennung durch letztwillige Verfügung


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Am 4. Juli 2019 verstarb C.___ (nachfolgend: Erblasser), geboren am 12. Dezember 1940, mit letztem Wohnsitz in Lüterswil-Gächliwil. Gemäss Zivilstandsregister war er ledig und hinterlässt keine Kinder. Sein am 8. Mai 2019 errichtetes öffentliches Testament lautet:

«

1.    Hiermit widerrufe ich meine bisherige letztwillige Verfügung.

2.    Als gesetzliche Erben hinterlasse ich voraussichtlich meine Nachkommen, nämlich:

a.    Herrn A.___, 28.12.1966, [...]

b.    Herrn D.___, 29.05.1968, [...]

c.     Frau B.___, 18.11.1972, [...]

3.    Für denjenigen Teil meines Nachlasses, worüber ich frei verfügen kann, setze ich meinen Neffen, Herrn E.___, 15.02.1963, [...], als Erben ein, und zwar in Anbetracht dessen, dass er mir zu Lebzeiten ein guter Gefährte war.

 

4.    Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, dass alle oben genannte Personen zu gleichen Teilen, also zu je einem Viertel, erbberechtigt sind.

 

Sollte einer der hier eingesetzten Erben meinen Erbfall nicht erleben, so bezeichne ich dessen Nachkommen zu gleichen Teilen nach Stämmen als Ersatzerben.

[…]»

 

2. Das Zivilstandsamt Solothurn prüfte dieses Testament und teilte der Amtschreiberei in der Folge am 3. März 2020 mit, der Erblasser sei gemäss den Eintragungen im Schweizer Personenstandsregister rechtlich kinderlos verstorben. Bei allen drei aufgeführten Personen sei nach altem Kindesrecht (bis 31. Dezember 1977) kein rechtliches Kindesverhältnis zum Erblasser entstanden. Man spreche in solchen Fallen von sogenannten «Zahlvaterschaften». Es lägen keine testamentarischen Kindesanerkennungen vor. Es fehle an der klaren Formulierung, diese Personen als Kinder anerkennen zu wollen. Eine Auflistung unter den «gesetzlichen Erben» lediglich die Bezeichnung als «Sohn» «Tochter» genüge in solchen Fällen nicht, seien ja alle drei «Kinder» vermutlich die biologischen Kinder des Erblassers (Zahlvaters) und diese Bezeichnungen daher nicht falsch. Solche Ausdrücke seien aber nicht als klarer Anerkennungswille feststellbar. Damit diese Personen zum rechtlichen Kind würden, brauche es, wie bei der Erklärung auf dem Zivilstandsamt, diese klare eindeutige Willensäusserung. Hinzu komme, dass im Testament auch nicht zwischen anerkennbaren und nicht anerkennbaren Kinder unterschieden werde, obschon man dies hätte tun müssen. D.___ könne nicht anerkannt werden, da er nicht vaterlos sei. Es liege mit dem vorliegenden Testament lediglich eine Erbeneinsetzung vor, mehr aber nicht. Die Erwähnung der drei Personen im Testament habe nicht zur Entstehung des Kindesverhältnisses zum Erblasser geführt, weshalb kein entsprechender Eintrag im Personenstandsregister vorgenommen werde.

 

3. Mit Gesuch vom 30. April 2020 wandten sich A.___ und B.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer), v.d. Rechtsanwalt Paul Eitel, an das Amt für Gemeinden, Zivilstandsaufsicht und stellten folgende Rechtsbegehren:

 

«A. Im Verfahrenspunkt

Es sei das vorliegende Gesuch der zuständigen Zivilstandsbehörde am Geburtsort der beiden Gesuchsteller zum Entscheid zu unterbreiten; eventualiter: Es sei das vorliegende Gesuch dem Zivilstandsamt Solothurn zum Entscheid zu unterbreiten.

 

B. Im Hauptpunkt

Es sei festzustellen, dass der Erblasser in seiner öffentlichen letztwilligen Verfügung vom 08.05.2019 die beiden Gesuchsteller als seine Kinder anerkannt hat, und es sei das entsprechende Kindesverhältnis der beiden Gesuchsteller zum Vater (und Erblasser) im Zivilstandsregister einzutragen.

 

C. Verfahrenskosten

Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen nach Recht und Gesetz.»

 

Zur Begründung des Hauptpunktes wurde sinngemäss und im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Es stehe fest, dass der Erblasser der biologische Vater (der Erzeuger) der Beschwerdeführer sei. Ebenso stehe fest, dass der Erblasser nicht auch der juristische Vater (der Registervater) der beiden Beschwerdeführer sei. Weiter sei anzunehmen, dass der Erblasser auch der biologische Vater von D.___ sei. Sodann habe dieser zwar einen juristischen Vater; es handle sich dabei aber nicht um den Erblasser. Die Beschwerdeführer machen geltend, der Erblasser habe sie im Testament vom 8. Mai 2019 im Sinne von Art. 260 Abs. 1 und 3 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) als seine Kinder anerkannt. Sogar der Neffe des Erblassers anerkenne, dass das Kindesverhältnis zwischen dem Erblasser und den beiden Beschwerdeführern in der ganzen Familie unbestritten gewesen sei. Der Erblasser habe in seinem Testament wörtlich festgehalten, dass es sich bei den Beschwerdeführern um seine «gesetzlichen Erben» und um seine «Nachkommen» handle. Als solche habe er sie dann auch testamentarisch eingesetzt. Dass es nicht angehe, die (rechtlich mögliche) Anerkennung der Beschwerdeführer im Testament mit Hinweis auf die (rechtlich nicht mögliche) Anerkennung auch von D.___ im Testament abzulehnen, liege auf der Hand. Das Zivilstandsamt Solothurn begründe mit keinem Wort, welche öffentlichen (noch dazu überwiegenden) Interessen der Eintragung der Beschwerdeführer als Kinder des Erblassers entgegenstehen könnten. Dies sei umso stossender, wenn man bedenke, dass die unterbliebene «Überführung» der blossen Zahlvaterschaft in ein gewöhnliches Kindesverhältnis Ende 70er Jahre einem krassen Versäumnis der damals zuständigen Vormundschaftsbehörde entspreche. Vorliegend seien Äusserungen eines Laien zu beurteilen. Die Argumentation des Zivilstandsamts sei überspitzt formalistisch.

 

4. Das in der Sache als zuständig erachtete Zivilstandsamt Solothurn erliess am 13. Juli 2020 folgende Verfügung:

 

1.    Es wird festgestellt, dass eine klare Formulierung in der letztwilligen Verfügung von C.___ in Bezug auf die geltend gemachte testamentarische Kindesanerkennung nicht erfüllt ist und somit die testamentarische Kindesanerkennung nicht gültig erfolgte. Es handelt sich bei vorliegendem Testament um eine reine Erbeneinsetzung.

2.    Das Gesuch von A.___ und B.___ um Anerkennung der testamentarischen Anerkennung in der letztwilligen Verfügung von C.___ und Beurkundung des rechtlichen Kindsverhältnisses im Schweizer Personenstandsregister wird abgewiesen.

3.    Es werden keine Gebühren erhoben.

 

5. Gegen diese Verfügung wandten sich die Beschwerdeführer, v.d. Rechtsanwalt Paul Eitel, am 23. Juli 2020 an das Volkswirtschaftsdepartement, welches die Beschwerde mit Entscheid vom 9. November 2020 abwies, die Verfahrenskosten von CHF 1'000.00 den Beschwerdeführern auferlegte und keine Parteientschädigung ausrichtete.

 

6. Mit Beschwerde vom 19. November 2020 wandten sich die Beschwerdeführer, v.d. Rechtsanwalt Paul Eitel, an das Verwaltungsgericht und beantragten, der angefochtene Beschwerdeentscheid vom 9. November 2020 sei aufzuheben, es sei festzustellen, dass der Erblasser in seiner öffentlichen letztwilligen Verfügung vom 8. Mai 2019 die beiden Beschwerdeführer als seine Kinder anerkannt habe, und es sei das entsprechende Kindesverhältnis der beiden Beschwerdeführer zum Vater (und Erblasser) im Zivil­standsregister einzutragen bzw. es seien das Zivilstandsamt Solothurn und/oder die Vorinstanz anzuweisen, diese Eintragung vorzunehmen (und vornehmen zu lassen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen in allen Instanzen zu Lasten des Zivil­standsamts und der Vorinstanz bzw. zu Lasten des Staates.

 

7. Mit Eingabe vom 8. Dezember 2020 verwies das Zivilstandsamt vollumfänglich auf die Ausführungen in der Verfügung vom 13. Juli 2020.

 

8. Das Volkswirtschaftsdepartement, Zivilstand und Bürgerrecht, nahm mit Schreiben vom 11. Januar 2021 Stellung zur Beschwerde.

 

9. Die Beschwerdeführer replizierten am 17. Februar 2021. Am 11. März 2021 ersuchten sie darum, die Parteientschädigung zu ihren Gunsten nach billigem gerichtlichen Ermessen festzusetzen.

 

10. Das Volkswirtschaftsdepartement äusserte sich mit Eingabe vom 10. März 2021 nochmals in der Sache.

 

11. Die Beschwerdeführer hielten mit Eingabe vom 18. März 2021 an ihren bisher vertretenen Standpunkten fest.

 

 

 

 

II.

 

1.1 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. Art. 90 Abs. 2 Zivilstandsverordnung [ZStV, SR 211.112.2] i.V.m. § 19 Abs. 2 Verordnung über den Zivilstandsdienst [VZD, BGS 212.11] sowie § 49 Gerichtsorganisationsgesetz [GO, BGS 125.12]). A.___ und B.___ sind durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

1.2 Das Verwaltungsgericht überprüft den angefochtenen Entscheid auf unrichtige unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie auf Verletzung von kantonalem Bundesrecht. Die Überschreitung der Missbrauch des Ermessens gelten als Rechtsverletzung (vgl. § 67bis Abs. 1 Verwaltungsrechtspflegegesetz [VRG, BGS 124.11]). Weil das Departement in der Sache bereits als zweite Instanz entschieden hat, steht es dem Verwaltungsgericht nicht zu, den Entscheid auf Unangemessenheit hin zu überprüfen (vgl. § 67bis Abs. 2 VRG).

 

2.1 Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen (Art. 260 Abs. 1 Schweizerisches Zivilgesetzbuch [ZGB, SR 210]). Die Anerkennung erfolgt durch Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten durch letztwillige Verfügung oder, wenn eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft hängig ist, vor dem Gericht (Art. 260 Abs. 3 ZGB).

 

2.2 Die Anerkennung eines Kindes vor Gericht durch letztwillige Verfügung wird vom Zivilstandsamt am Sitz des Gerichts am Ort der Testamentseröffnung beurkundet (Art. 21 Abs.3 erster Satz ZStV).

 

3.1 Vor dem 1. Januar 1978 kannte das Zivilrecht zwei unterschiedliche Beziehungen eines Kindes zu seinem im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter nicht verheirateten Vater: Zum einen gab es die Möglichkeit, eine familienrechtliche Beziehung herzustellen, sei es durch die Ehelicherklärung bei nachträglicher Eheschliessung mit der Mutter, durch Anerkennung durch den Vater durch richterliche Zusprechung mit Standesfolge, wobei Letztere strenge Voraussetzungen kannte (vgl. aArt. 258 ff. ZGB [Ehelicherklärung], aArt. 303 ff. ZGB [Anerkennung] sowie aArt. 307 ff. ZGB [Vaterschaftsklage]). Zum anderen gab es die Möglichkeit, den biologischen Vater mittels Vaterschaftsklage zu einer Vermögensleistung zu verpflichten, ohne dass ein Kindesverhältnis entstand (vgl. aArt. 309 Abs. 1 und aArt. 319 ZGB). Diese Unterscheidung zwischen Vaterschaft mit Standesfolge und Vaterschaft mit blosser finanzieller Verpflichtung wurde mit der erwähnten Revision des Kindesrechts aufgehoben (zu den Gründen vgl. Botschaft vom 5. Juni 1974 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Kindesverhältnis], BBl 1974 II 1). In den Schlusstiteln des ZGB wurde für hängige Vaterschaftsklagen in übergangsrechtlicher Hinsicht festgelegt, dass das neue Recht zur Anwendung kommen sollte (vgl. Art. 13 Abs. 1 SchlT ZGB). Kinder, deren (biologischer) Vater gemäss dem früheren Recht zu einer Zahlung verpflichtet worden war sich zu einer Vermögensleistung verpflichtet hatte («Zahlvaterschaft»), konnten, sofern sie bei Inkrafttreten, das heisst am 1. Januar 1978, das zehnte Altersjahr noch nicht vollendet hatten, innerhalb von zwei Jahren auf Feststellung des Kindesverhältnisses klagen (vgl. Art. 13a SchlT ZGB; vgl. BVGE 2013/47, E. 4.1 m.w.H.).

 

3.2 Die Beschwerdeführer, geb. 1966 und 1972, wurden aktenkundig weder im Sinne von Art. 303 aZGB vom Erblasser anerkannt noch dem Erblasser im Sinne von Art. 323 aZGB mit Standesfolge zugesprochen. Es ergingen auch keine entsprechenden Mitteilungen an die massgebenden Zivilstandsämter. Hingegen steht fest, dass der Erblasser vor den Vormundschaftsbehörden [...] und [...] anerkannte, ausserehelicher Vater der beiden Beschwerdeführer zu sein und sich zu Unterhaltsleistungen verpflichtete (vgl. Vaterschaftsvergleiche in Beilage 14 und 16 der Beschwerde an das Volkswirtschaftsdepartement vom 23. Juli 2020). Nach dem Gesagten sind die Beschwerdeführer Nachkommen aus einer sogenannten «Zahlvaterschaft». Diese Vaterschaft mit blosser finanzieller Verpflichtung hat kein rechtliches Kindesverhältnis zwischen dem Erblasser und den Beschwerdeführern geschaffen und kann auch keine erbrechtlichen Ansprüche begründen. Der 1966 geborene Beschwerdeführer hatte bei Inkrafttreten des revidierten Kindsrechts das zehnte Altersjahr bereits vollendet, weshalb ihm die übergangsrechtliche Möglichkeit der Umwandlung der sogenannten Zahlvaterschaft in ein Kindesverhältnis nicht offen stand (vgl. Art. 13a SchlT ZGB). Auch bei der Beschwerdeführerin erfolgte nach Inkrafttreten des neuen Kindesrechts im Jahr 1978 keine Kindesanerkennung. Streitig und zu prüfen ist demnach, ob eine testamentarische Kindesanerkennung vorliegt.

 

4.1 Für die Frage, ob eine familienrechtlich wirksame Anerkennung vorliegt, sind folgende Überlegungen anzustellen. Die Anerkennung ist nach ihrem Wortlaut die rechtgeschäftliche Erklärung des Willens zur Begründung des väterlichen Kindesverhältnisses. Ihrem Sinn nach enthält sie aber auch die Erklärung der Vorstellung, das Kind gezeugt zu haben. Bei der Anerkennung durch letztwillige Verfügung muss der eindeutige Wille des Verfügenden zum Ausdruck kommen, das Kind als das seinige zu anerkennen; die Einsetzung als Erbe genügt nicht, ebensowenig, dass der Verfügende von seinem Kind spricht (BGE 50 II 445 f.). Dies wird auch aus dem Merkblatt über die testamentarische Kindesanerkennung in der Schweiz Nr. 152.4 des Bundesamts für Justiz (Stand Mai 2020) deutlich, wo in Ziff. 5 unmissverständliche Formulierungen beispielhaft aufgezählt werden («Hiermit anerkenne ich das Kind X […] »). Bei der Auslegung des vorliegenden Testaments ist zu beachten, dass es sich um eine öffentliche letztwillige Verfügung handelt, die unter Mitwirkung eines rechtskundigen Notars formuliert wurde (vgl. Cyril Hegnauer: Anerkennung durch letztwillige Verfügung, Art. 260 Abs. 3 ZGB – Zuständigkeit zum Entscheid über Eintragung, Art. 134 ZStV, in: Zeitschrift für Zivilstandswesen ZZW, 1993, S. 178 ff., S. 182).

 

4.2 Mit Blick auf den Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit kann die Anerkennung sehr wohl zur Folge haben, dass ein Kindesverhältnis auf den Zeitpunkt der Geburt hin wirksam wird, ohne dass jemals ein soziales Kindesverhältnis bestanden hat und jemals bestehen wird. Sie setzt aber auch nicht das tatsächliche Bestehen einer biologischen Vaterschaft voraus. Mit dem Umstand, dass eine Anerkennung nur möglich ist, wenn nicht schon ein Kindesverhältnis zu einem anderen Mann besteht, schützt die geltende Regelung aber die soziale Vaterschaft. Ist eine Vaterschaft einmal begründet, kann der genetische Vater diese nicht einfach durch Anerkennung aufheben (vgl. Thomas Geiser: Kind und Recht – von der sozialen zur genetischen Vaterschaft?, in: FamPra.ch 1/2009, S. 41-59, S. 47 f.). Im Erbrecht spielt grundsätzlich nur das rechtliche Kindesverhältnis eine Rolle. Die Statuswirkung des Kindesverhältnisses ist hier ausschlaggebend. Ob diese Rechts­beziehung auf der sozialen genetischen Elternschaft beruht, ist für das Erbrecht ohne Bedeutung (Thomas Geiser, a.a.O., S. 57).

 

5. Die Vorinstanz kommt in ihrem Entscheid zum Schluss, letztwillige Verfügungen seien nach dem sogenannten Willensprinzip auszulegen. Es sei der wirkliche Wille des Erblassers zu eruieren. Primär massgebend seien der Wortlaut und die Gliederung des Testaments. So müsse auch bei der Anerkennung durch letztwillige Verfügung der eindeutige Wille des Verfügenden klar zum Ausdruck kommen, die Kinder als die seinigen zu anerkennen (Art. 500 Abs. 1 ZGB). Dieser Wille möge der Erblasser früher bei der Zahlvaterschaft, bei der Errichtung seines Stammbaumes im Kreise seiner Familie beständig geäussert haben. Doch werde das Kindesverhältnis durch Anerkennung der Vaterschaft weder durch einen Unterhaltsvertrag noch im privaten Rahmen geäusserte Bekenntnisse begründet. Die Aussenwirkungen der Beurkundung durch Anerkennung (welche verschiedene Rechte begründeten, wie ein Kindesverhältnis, Verwandtschaft, Name, Bürgerrecht etc.) verlange klare Formvorschriften und die Ermittlung des tatsächlichen Erklärungswillens. Fakt sei, dass der Erblasser die Beschwerdeführer nie im Sinne von Art. 260 Abs. 3 ZGB wirksam anerkannt habe, nicht auf dem Zivilstandsamt und auch nicht in seiner letztwilligen Verfügung vom 8. Mai 2019. Die Bezeichnung der Beschwerdeführer und D.___ als «gesetzliche Erben» sei nicht geeignet, ein statusrechtliches Kindesverhältnis zu begründen, da lediglich aufgrund der Benutzung des Adjektivs «gesetzlich» kein auf die Anerkennung der Beschwerdeführer als seine Kinder gerichteter Erklärungswille ersichtlich sei. Den apodiktischen Behauptungen der Beschwerdeführer, dass allein schon die Wortwahl «gesetzliche Erben» genüge, um neben dem erbrechtlichen Willen auch den testamentarischen Anerkennungswillen des Erblassers zu begründen, könne rechtlich nicht gefolgt werden.  

 

6. Demgegenüber machen die Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, der Erblasser habe dem Notar mit Sicherheit erklärt, dass die beiden Beschwerdeführer seine gesetzlichen Erben seien, zumal diese Wendung im Testament nicht einmal «nur» als solche enthalten sei, sondern sogar unterstrichen worden sei. Aber nicht nur das: Im Testament sei auch vom verfügbaren Teil die Rede. Dieser betrage stets, wenn ein Erblasser gesetzliche Erben hinterlasse, die Nachkommen seien, 1/4, weil Pflichtteile dann (unabhängig von der Anzahl der Nachkommen) 3/4 betragen würden. Dem entspreche, dass der Erblasser seinem Neffen (ebenfalls) 1/4 als verfügbaren Teil des Nachlasses zugewiesen habe. Der Erblasser habe somit auch die Pflichtteilsansprüche der Kinder berücksichtigt. Dies sei aber nur erforderlich gewesen, weil er sie als seine gesetzlichen Erben anerkannt habe. Denn es wäre dem Erblasser ohne diese Anerkennung problemlos möglich gewesen, seinem Neffen seinen ganzen Nachlass zuzuwenden. Der Erblasser habe seine Kinder explizit als gesetzliche Erben und damit auch als Pflichtteilserben bezeichnet und zwar formgültig in seinem Testament, womit er sie eben auch als das anerkannt habe, was sie als gesetzliche und pflichtteilsgeschützte Erben seien, nämlich seine Kinder im Rechtssinne. Die Argumentation der Vorinstanz vermöge den Vorwurf nicht zu kaschieren, dass das Zivilstandsamt in seinem Entscheid in einem blossen Wortformalismus verharrt sei und zu Unrecht die Anforderungen an die Anerkennung hochgeschraubt habe. Der Wille des Erblassers zur Anerkennung der Beschwerdeführer als seine Kinder im Rechtssinne sei erstellt. Es liege mitnichten «nur» eine «reine Erbeinsetzung» vor. Es sei nicht richtig, zwischen dem erb- und zivilstandsrechtlichen Aspekt bzw. Willen des Testators zu unterscheiden. Denn wenn Formvorschriften des Erbrechts erfüllt seien, genüge deren Erfüllung auch für das Zivilstandsrecht. Die Vorinstanz verkenne das von ihr herangetragene «Null-Toleranz-Prinzip» gänzlich. Unter Bezugnahme auf die gutachterliche Stellungnahme von Prof. P. Breitschmid vom 21. November 2019 führen die Beschwerdeführer weiter aus, die Vormundschaftsbehörde habe es unterlassen, die gewissermassen «automatische» Überführung der blossen Vermögensleistungen in ein gewöhnliches Kindesverhältnis zu veranlassen. Wenn dies heutige Erbinnen und Erben einerseits erbschaftssteuerlich «ausbaden» müssten und ihnen andererseits die Stellung als rechtmässige Nachkommen ihres Vaters vorenthalten werde, weil Zivilstandsbehörden an die Anerkennung durch Laien für diese unerfüllbare formale Anforderungen stellten, liege einerseits überspitzter Formalismus und andererseits eine Verletzung von Art. 8 i.V.m. Art. 14 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) vor. Namentlich sei zu bedenken, dass kein begründetes Vertrauen anderer Familien in den Fortbestand einer diskriminierenden altrechtlichen Regelung geltend gemacht werden könne, da der Erblasser keine anderen Nachkommen habe als jene, die er als seine gesetzlichen Erben benannt habe, sondern einzig erbschaftssteuerliche Interessen der involvierten Gemeinwesen im Spiele stünden. Im Ergebnis stehe fest, dass der Erblasser die beiden Beschwerdeführer in seinem Testament als seine Kinder anerkannt habe. Dies ergebe sich aus der rechtskonformen Auslegungen und Anwendung von Art. 260 Abs. 3 ZGB. Dasselbe ergebe sich erst recht, wenn wider Erwarten «nur» (aber eben immerhin) auf den mutmasslichen, hypothetischen Willen des Erblassers abgestellt werden könnte.

 

7. Aufgrund des Wortlauts des Testaments vom 8. Mai 2019 kann nicht auf einen Anerkennungswillen des Erblassers geschlossen werden. Hingegen legt die Formulierung des Testaments nahe, dass der Erblasser von einem bestehenden Kindesverhältnis ausging. So bezeichnet der Erblasser die Beschwerdeführer und D.___ als gesetzliche Erben und überlässt jedem der drei Kinder einen Viertel des Nachlasses und setzt seinen Neffen für die frei verfügbare Quote von einem Viertel ein. Demnach betrachtete der Erblasser die Kinder als pflichtteilsgeschützte Nachkommen. Hätte der Erblasser die Beschwerdeführer und D.___ nicht als seine Kinder im Rechtssinne betrachtet, hätte er eine beliebige Aufteilung des Nachlasses vornehmen können. Diese Vermutung wird auch durch die aktenkundige Stellungnahme des involvierten Notars bestätigt, wonach die entscheidende Frage der rechtlichen Vaterschaft offenbar gar nicht aufgeworfen wurde. Das Testament vom 8. Mai 2019 enthält zwar eine wirksame Einsetzung der drei Kinder als Erben für je einen Viertel des Nachlasses, reicht aber nicht aus, um von einer rechtsgültigen Kindesanerkennung im Sinne von Art. 260 ZGB auszugehen. Ein Anerkennungswille ist nicht erkennbar und aufgrund des unmissverständlichen Wortlautes besteht kein Interpretationsspielraum. Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid einleuchtend dargelegt hat, fehlt es in Bezug auf die Kindesanerkennung an der rechtsgeschäftlichen Willensäusserung des Erblassers. Dafür spricht auch der Umstand, dass im Testament nicht zwischen den Beschwerdeführern und D.___, bei welchem gemäss Akten ein Kindesverhältnis zu einem anderen Mann besteht, unterschieden wird. Bei letzterem wäre eine testamentarische Anerkennung nicht möglich. Die Erbeinsetzung als solche ist unbestritten, darum geht es hier aber nicht. Das Argument der Beschwerdeführer, wonach ein mangelhaftes Laientestament vorliege, an welches keine strengen Anforderungen gestellt werden dürften, überzeugt nicht, handelt es sich doch in casu um ein öffentliches Testament, welches unter Mitwirkung eines fachkundigen Notars formuliert wurde. Zu den von den Beschwerdeführern sodann vorgebrachten Vergleichsfällen erübrigen sich weitere Ausführungen, da diese zur Beurteilung des hier massgeblichen Sachverhalts nichts Wesentliches beitragen. Vergleichbar ist indes der von Hegnauer skizzierte Fall im bereits zitierten Aufsatz (E. 4.1 hiervor). Auch dort ging der Erblasser von einem bestehenden Kindesverhältnis aus, auch dort genügte die Formulierung nicht, um eine Anerkennung i.S.v. Art. 260 ZGB zu bejahen. Eine Verletzung der EMRK ist schliesslich nicht ersichtlich und auch nicht rechtsgenüglich dargetan. Es ist nachvollziehbar, dass die von den Beschwerdeführern dargelegten Folgen des fehlenden Kindesverhältnisses, welche im Verhältnis zu ehelichen Kindern eine erbrechtliche Schlechterstellung bedeuten, als stossend empfunden werden. Die vorliegende Konstellation entsprach indes der damals geltenden Rechtslage. Weshalb der Erblasser die Beschwerdeführer nicht zu Lebzeiten anerkannte, ist unklar und kann offen bleiben. Es geht aber nicht an, mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut des Testaments eine Kindesanerkennung zu konstruieren. Allfällige steuerrechtliche Aspekte sind sodann nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

 

8. Zusammenfassend erweisen sich die Rügen der Beschwerdeführer als unbegründet, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die unterliegenden Beschwerdeführer die Kosten für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00, unter solidarischer Haftbarkeit, zu tragen (§ 77 VRG i.V.m. Art. 106 ff. der eidgenössischen Zivilprozessordnung [ZPO; SR 272]).

 

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    A.___ und B.___ haben die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00, unter solidarischer Haftbarkeit, zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

 

Die Präsidentin                                                                 Die Gerichtsschreiberin

 

 

Scherrer Reber                                                                 Gottesman

 

 

Das vorliegende Urteil wurde vom Bundesgericht mit Urteil 5A_631/2021 vom 20. Juni 2022 bestätigt.



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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