Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWBES.2020.242 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 27.05.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Die A.___ beantragte eine Ausnahmebewilligung für einen Arbeitsplatz ohne Sicht ins Freie, da der Küchenchef in einem fensterlosen Untergeschoss arbeitet. Das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit lehnte das Gesuch ab, was zu einem langwierigen Rechtsstreit führte. Das Bundesgericht entschied zugunsten der A.___ und wies den Fall zur erneuten Prüfung ans Verwaltungsgericht zurück. Letztendlich entschied das Verwaltungsgericht, dass der Einbau eines Kontaktfensters nicht erforderlich ist, solange andere Massnahmen zum Gesundheitsschutz des Kochs ergriffen werden. Die A.___ wurde in ihrem Anliegen unterstützt und erhielt eine Entschädigung in Höhe von CHF 3'931.25. |
Schlagwörter: | Arbeit; Küche; Massnahme; Licht; Massnahmen; Tageslicht; Verwaltungsgericht; Gesundheit; Gesundheitsschutz; Kontaktfenster; Bundesgericht; Apos; Fenster; Arbeitgeber; Beleuchtung; Lichts; Arbeitsplatz; Restaurant; Blick; Arbeitnehmer; Lichthof; Anforderungen; Wegleitung; Decke; Ausnahmebewilligung; Sicht |
Rechtsnorm: | Art. 15 ArG ; Art. 24 ArG ; Art. 33 ArG ; Art. 39 ArG ; Art. 6 ArG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VWBES.2020.242 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Entscheiddatum: | 27.05.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_VW.2021.112 |
Titel: | Ausnahmebewilligung für Arbeitsplatz ohne Sicht ins Freie |
Resümee: |
Verwaltungsgericht
Urteil vom 27. Mai 2021 Es wirken mit: Oberrichter Müller Oberrichter Stöckli Gerichtsschreiber Schaad In Sachen A.___ vertreten durch Rechtsanwalt und Notar Markus Spielmann, Olten 1 Fächer
Beschwerdeführerin
gegen
1. Volkswirtschaftsdepartement, Solothurn, 2. Amt für Wirtschaft und Arbeit,
Beschwerdegegner
betreffend Ausnahmebewilligung für Arbeitsplatz ohne Sicht ins Freie zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. Die A.___ ersuchte am 4. Oktober 2018 für das Restaurant «…» um eine Ausnahmebewilligung für einen ständigen Arbeitsplatz ohne Sicht ins Freie. Das Gesuch wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Gesundheitsschutz des Küchenchefs, der in der Küche des fensterlosen Untergeschosses arbeite, gewährleistet sei. Der Einbau eines Fensters im Untergeschoss würde erheblichen baulichen Aufwand erfordern, um den Blick ins Freie zu ermöglichen.
2. Mit Verfügung vom 14. November 2018 wies das kantonale Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) das Gesuch ab. Im Untergeschoss müsse mindestens ein Fenster mit einer Fläche von einem Quadratmeter eingebaut werden, das sich zwar nicht unmittelbar beim Arbeitsplatz befinde, welches der betroffene Arbeitnehmer aber für einen gelegentlichen Blick in die Aussenwelt aufsuchen könne (sogenanntes Kontaktfenster). Ein Böschungswinkel von 45° werde akzeptiert, sofern der entstehende Lichthof eine Absturzsicherung erhalte. Das Fenster wäre als Notausstieg zu konzipieren. Die gegen diese Verfügung ergriffenen Rechtsmittel wiesen zunächst das Volkswirtschaftsdepartement (VWD), dann auch das Verwaltungsgericht (VWBES.2019.106) ab.
3. Mit Urteil 2C_1044/2019 vom 18. Mai 2020 hiess das Bundesgericht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten der A.___ gut und wies die Angelegenheit ans Verwaltungsgericht zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen und zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen zurück.
4. Das Verwaltungsgericht forderte die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 27. Juli 2020 zunächst auf, zwei Offerten für ein solches Küchenfenster einzureichen, wie es das AWA verlangt hatte (inkl. Lichtschacht und Entwässerung desselben). Zudem wurde die Beschwerdeführerin gebeten, die in der Küche bereits getroffenen und noch geplanten baulichen Massnahmen aufzulisten und je drei aktuelle Fotos der Küche, des Aufenthaltsraums sowie des Restaurants einzureichen. Weiter habe die Beschwerdeführerin die Öffnungszeiten der Küche bekannt zu geben, die Aufgaben/Arbeitsabläufe des Kochs zu schildern und die für die Küche möglichen organisatorischen Massnahmen aufzulisten.
5. Die Beschwerdeführerin reichte am 4. November 2020 sämtliche verlangten Unterlagen ein. Offerte hatte sie lediglich eine eingeholt (über CHF 77'307.06), da es äusserst umständlich sei, einen Baumeister zur Erstellung einer konkreten Offerte zu bewegen, zumal die Ausführung der baulichen Massnahmen mehr als vage sei.
6. In der Folge führte das Verwaltungsgericht am 5. Mai 2021 einen Augenschein mit Parteibefragung durch. Es wird auf das dazu verfasste Protokoll und die entsprechenden Fotos verwiesen, nachdem die Parteien auf eine Stellungnahme hierzu verzichtet haben.
II.
1. Die Beschwerde war frist- und formgerecht erhoben worden. Aufgrund der Rückweisung der Angelegenheit durch das Bundesgericht erübrigen sich weitere Ausführungen zur unbestritten gegebenen Legitimation der Beschwerdeführerin.
2.1 Nach Art. 6 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG; SR 822.11) sind die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen verpflichtet, zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind. Art. 6 Abs. 4 ArG erteilt dem Bundesrat die Kompetenz zu bestimmen, welche Massnahmen für den Gesundheitsschutz in den Betrieben zu treffen sind.
2.2 Gestützt darauf hat der Bundesrat am 18. August 1993 die Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3, Gesundheitsschutz; SR 822.113) erlassen. Art. 15 ArGV 3 sieht vor, dass Räume, Arbeitsplätze und Verkehrswege innerhalb und ausserhalb der Gebäude entsprechend ihrer Verwendung ausreichend natürlich künstlich beleuchtet sein müssen (Abs. 1). In den Arbeitsräumen soll Tageslicht vorhanden sein sowie eine künstliche Beleuchtung, welche der Art und den Anforderungen der Arbeit angepasste Sehverhältnisse (Gleichmässigkeit, Blendung, Lichtfarbe, Farbspektrum) gewährleistet (Abs. 2). Räume ohne natürliche Beleuchtung dürfen nur dann als Arbeitsräume benützt werden, wenn durch besondere bauliche organisatorische Massnahmen sichergestellt ist, dass den Anforderungen des Gesundheitsschutzes insgesamt Genüge getan ist (Abs. 3; sogenannte kompensatorische Massnahmen). Ausserdem muss gemäss Art. 24 Abs. 5 ArGV 3 von ständigen Arbeitsplätzen aus die Sicht ins Freie vorhanden sein. In Räumen ohne Fassadenfenster sind ständige Arbeitsplätze nur zulässig, wenn durch besondere bauliche organisatorische Massnahmen sichergestellt ist, dass den Anforderungen des Gesundheitsschutzes insgesamt Genüge getan ist.
2.3 Die Behörden können auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers der Arbeitgeberin im Einzelfall Ausnahmen von den Vorschriften der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz bewilligen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitgeberin eine andere, ebenso wirksame Massnahme trifft die Durchführung der Vorschrift zu einer unverhältnismässigen Härte führen würde und die Ausnahme mit dem Schutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vereinbar ist (vgl. Art. 39 Abs. 1 lit. a und lit. b ArGV 3).
2.4 Nachdem das Verwaltungsgericht die vorinstanzlichen Entscheide geschützt und eine solche Ausnahmebewilligung verweigert hatte, befand das Bundesgericht, es sei zu prüfen, ob mit baulichen und organisatorischen Massnahmen den Anforderungen des Gesundheitsschutzes ausreichend Nachachtung verschafft werden könne.
3.1 Art. 15 Abs. 3 ArGV 3 verlangt, dass Arbeitsräume ohne Tageslichtanteil nur dann benützt werden dürfen, wenn durch sogenannten kompensatorische (bauliche organisatorische) Massnahmen sichergestellt ist, dass den Anforderungen des Gesundheitsschutzes insgesamt Genüge getan ist. In der vorliegenden Angelegenheit verlangt der Grundsatz der Verhältnismässigkeit eine Prüfung der Frage, ob die zum Gesundheitsschutz geeigneten kompensatorischen Massnahmen milder sind, als die bauliche Zuführung von Tageslicht - beispielsweise durch den Einbau eines Kontaktfensters. Kann durch geeignete bauliche und organisatorische kompensatorische Massnahmen im Sinne von Art. 15 Abs. 3 ArGV 3 der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sichergestellt werden, ist ein Arbeitsraum ohne Tageslichtanteil unter Auflage der erforderlichen kompensatorischen Massnahmen zu bewilligen. Insofern ist der Verhältnismässigkeitsgrundsatz die absolute Schranke einer angeordneten Massnahme zur Schaffung von Tageslicht.
3.2 Gemäss der Wegleitung des SECO sind bei Arbeitsräumen ohne Tageslicht - analog wie bei Arbeitsplätzen ohne Sicht ins Freie - besondere Massnahmen zu treffen, damit insgesamt die Anforderungen des Gesundheitsschutzes erfüllt und die baulichen Mängel in den Gebäuden des Arbeitgebers der Arbeitgeberin kompensiert werden. Als bauliche Massnahmen werden der Einbau einer tageslichtähnlichen künstlichen Beleuchtung am Arbeitsplatz, die Verwendung von hellen Farben an den Decken und Wänden die Benützung von Ess- und Aufenthaltsräumen mit Tageslicht aufgeführt (vgl. Wegleitung ArGV 3 und 4, S. 315-8 f. und S. 324-13; vgl. auch Art. 13 und Art. 33 ArGV 3). Als organisatorische Massnahmen fallen die Arbeitsplatzrotation zu Plätzen mit hohem Tageslichtanteil, die Möglichkeit zum Aufsuchen eines Kontaktfensters kurze Gänge ins Freie in Betracht (vgl. Wegleitung ArGV 3 und 4, S. 315-9 und S. 324-13 f; Urteil 2C_1044/2019 des Bundesgerichts vom 18. Mai 2020 E. 6.2.1 ff. mit Hinweisen).
3.3 Das Bundesgericht hat das Verwaltungsgericht angewiesen, zu berücksichtigen, dass der Einbau eines Kontaktfensters zwar geeignet sei, der Küche als Arbeitsraum im Untergeschoss einen gewissen Tageslichtanteil zuzuführen; das Fenster könne aber aus technischen Gründen nicht am Arbeitsplatz des angestellten Küchenchefs eingebaut werden, weshalb der Einbau eines Kontaktfensters habe angeordnet werden müssen. Sodann bedürfe es eines davor liegenden Lichthofs mit einer Terrain-Anböschung von maximal 45 Grad. Unabhängig von der noch nicht festgestellten Tiefe des Lichthofs dürfte der zugeführte Tageslichtanteil weiter verringert werden, zumal an der Oberfläche gewährleistet werden müsse, dass sich kein Schmutz Schnee im Lichthof sammle. Ferner werde zu beachten sein, dass das Restaurant lediglich in den Abendstunden ab 17:00 Uhr öffne. Die Beschwerdeführerin bringe vor, sie habe helle Farben verwendet. Sodann könnten organisatorische Massnahmen ergriffen werden, um den baulichen Defiziten entgegen zu wirken. In diesem Zusammenhang werde zu beachten sein, dass sich der Ess- und Aufenthaltsraum im darüber liegenden Erdgeschoss befinde und der angestellte Küchenchef nach einer Gehdistanz von ungefähr zehn Metern in dieser Räumlichkeit ein Kontaktfenster mit einer Fläche von mindestens 80 m2 aufsuchen könne. Zudem habe das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen, dass der angestellte Küchenchef diesen Arbeitsbereich des Restaurants ohnehin regelmässig aufsuchen müsse (Urteil 2C_1044/2019 E. 6.3 f.). Schliesslich relativierte das Bundesgericht die Verbindlichkeit der Wegleitung des SECO hinsichtlich deren Anforderungen an eine Ausnahme vom Tageslichterfordernis (E. 6.2.4).
4.1 Die Vorgaben des Bundesgerichts belassen keinen grossen Spielraum bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit. Ob die Ausnahme damit zur Regel wird, weil es in zahlreichen Fällen einfacher sein kann, Decken hell zu streichen und künstliche Lichtmittel einzusetzen, als ein Fenster einzubauen, sei dahingestellt. Wie der Augenschein vom 5. Mai 2021 gezeigt hat, kommen bei dem zur Diskussion stehenden Raum verschiedene Besonderheiten dazu: Das Restaurant, das in dem kleinen historischen […] betrieben wird, ist ein eigentliches Liebhaberprojekt des Besitzers. Das Gebäude ist nicht wirklich für einen solchen Betrieb geeignet. Im Zonenplan der Gemeinde […] ist das «…» als erhaltenswertes Kulturobjekt verzeichnet. Gemäss einem Bericht in der Solothurner Zeitung vom 14. Februar 2019 (https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/niederamt/neues-leben-kehrt-ein-das-[...]-wird-zum-restaurant-ld.1344777, zuletzt abgerufen am 19. Mai 2021) verfügt das Lokal über 30 Sitzplätze im Erdgeschoss und 30 weitere im Obergeschoss («Multimediaraum» gemäss Homepage https://[...].ch). Der Besitzer gab an, im Schnitt würden etwa 20 Leute bedient, es seien nie alle Plätze besetzt. Das Untergeschoss, in dem jetzt die Küche untergebracht ist, wurde zuletzt als Lagerraum eines Antiquitätengeschäfts genutzt.
4.2 Der Koch ist alleine tätig und erledigt gemäss den Angaben am Augenschein sowohl Einkauf, Küche, Abwasch als auch (aushilfsweise) den Service. Als der Vertreter des AWA im Rahmen des Baugesuchverfahrens beigezogen wurde, war die Küche noch nicht eingerichtet. Im damaligen Zeitpunkt hätte die Möblierung so angepasst werden können, dass das vom AWA verlangte Fenster auch Wirkung gezeitigt hätte. Heute befindet sich das (für eine Restaurantküche kleine) Kochfeld in der davon abgewandten anderen Raumhälfte, abgeschirmt durch eine Trennwand. Immerhin beim Abwasch – der offenbar auch vom Koch erledigt wird – wäre am vorgesehenen Ort der Blick ins Freie möglich. Das Fenster befände sich über der kleinen Spüle, neben dem Geschirrspüler. Indes ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Koch in kurzer Distanz über die Treppe (15 Stufen) ins fast vollständig verglaste Erdgeschoss gelangen kann. Vom Herd aus ist der Weg nach oben bzw. nach draussen nicht wesentlich weiter als zum vorgesehenen Kontaktfenster. Der Raum an sich ist nicht gross und die Distanz ans Tageslicht kurz. Insofern stellte sich die Frage der Verhältnismässigkeit bereits vor der Einrichtung der Küche und wird nicht erst durch die inzwischen geschaffenen Fakten aufgeworfen.
4.3 Was die Wand- und Deckenfarbe anbelangt, sind Verbesserungen durchaus möglich und im Sinne der Wegleitung des SECO auch angezeigt. Der Sichtbeton, der weite Teile des Raums bestimmt, wäre heller zu streichen, um den Verzicht auf ein Kontaktfenster zu rechtfertigen, denn Oberflächenstruktur und Farbe von Decken und Wänden beeinflussen in erheblichem Mass das Wohlbefinden (vgl. Wegleitung SECO zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz, 324-13). Gleiches gilt für die Beleuchtung. Bereits das subjektive Empfinden während des Augenscheins machte deutlich, dass die jetzige Lösung nicht optimal ist. Die Beleuchtungssituation an den Arbeitsplätzen und in deren naher Umgebung ist mit beleuchtungstechnischen Massnahmen so zu gestalten, dass sie der Intensität und dem Farbspektrum des Lichts einer tageslichtähnlichen künstlichen Beleuchtung entspricht. Der Farbwiedergabeindex RA soll grundsätzlich grösser als 90 sein, die Farbtemperatur des Lichts zwischen 5300 und 6500 K und die Lichtintensität mindestens 600 Lux betragen (Wegleitung SECO, 315-8). Im vorliegenden Fall müsste wohl – in Rücksprache mit dem AWA - ein Lichtspezialist beigezogen werden, um die notwendigen beleuchtungstechnischen Massnahmen festlegen zu können.
4.4 Vom organisatorischen Ablauf her gab der Koch an, morgens zwei bis drei Stunden vor Ort zu sein und den Einkauf zu besorgen. Abends sei er ab 17:00 Uhr da. Das Restaurant hat Mittwoch bis Samstag von 17:00 - 23:00 Uhr geöffnet, am Sonntag von 11:00 – 20:00 Uhr. Auf Frage hin gab der Koch an, keine fixen Pausen zu haben. Er gehe immer mal wieder nach oben zum Rauchen zu den Gästen, um sich nach deren Befinden zu erkundigen. Zwischendurch helfe er auch einmal im Service. Das mag zwar ungewöhnlich erscheinen, ist aber wohl dem speziellen Liebhaber-Betrieb geschuldet, der offenbar mit wenig Personal auskommt. Gemäss den Angaben des Besitzers arbeiten zwei Personen im Service, in der Küche ist der Koch sonst alleine. Insofern ist nachvollziehbar, dass keine fix geregelten Pausen vereinbart wurden. Die reine Aufenthaltsdauer des Kochs in der Küche wird je nach Gästeaufkommen variieren. In diesem Sinn liess die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 4. November 2020 ausführen, es sei Teil des Betriebskonzepts und gehöre zu den Aufgaben des Kochs, dass er einen engen Austausch mit den Gästen zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Speisen pflege. Auch die Überprüfung und das Nachfüllen der Vitrine sowie die Entgegennahme von Lieferungen, Kontakte zu Lieferanten etc. würden ihn ins Erdgeschoss führen. Zudem habe der Koch das Recht und die Möglichkeit, alle zwei Stunden eine Pause einzulegen. Wie häufig er während eines Abends tatsächlich nach oben geht, ist sicher unterschiedlich. Aufgrund der kurzen Wege ist es jedenfalls möglich, zwischendurch problemlos ins Erdgeschoss ans natürliche Licht zu gelangen. Gerade in den Wintermonaten fällt der fehlende Blick ins Freie aufgrund der abendlichen Öffnungszeiten etwas weniger ins Gewicht.
4.5 Das von den Vorinstanzen verlangte Kontaktfenster bedingt eine Lösung mittels Lichthof, der neben die Eingangstür auf der Rückseite des Gebäudes führt. Das AWA war der Beschwerdeführerin entgegengekommen und hatte – neben der reduzierten Fenstergrösse - einen Böschungswinkel von 45 statt 30 Grad verlangt. Unbestritten ist, dass dazu auch eine Absturzsicherung nötig ist, würde der Lichthof doch direkt neben dem Eingang und am Rand der Aussenrestauration liegen. Offenbar verläuft im sehr weit ausladenden Walmdach des Hauses in der äusseren Kante eine Entwässerungsrinne. Gemäss dem Besitzer der Lokalität stelle sich dadurch auch ein Problem für die Entwässerung des Lichtschachts. Ob dem wirklich so ist, kann offen bleiben. Bei einer Realisierung, wie vom AWA vorgeschlagen, würde der Lichtschacht wohl weitgehend unter das Dach zu liegen kommen. Vor Ort wurde denn auch deutlich, dass die Forderungen des AWA vom Ausmass her bedeutend weniger weit gingen, als in der von der Beschwerdeführerin eingereichten Offerte vorgesehen. Ein Hauptposten der offerierten CHF 77'307.06 umfasst die Erdarbeiten für den Aushub des Lichthofs und des Pumpschachts (insgesamt CHF 17'980.00, davon allein CHF 4'480.00 für den Abtransport auf die Deponie). Ins Gewicht fallen auch die Kosten für den Pumpschacht (CHF 9'200.00 zuzügl. Kontrollschacht mit Durchlaufrinne für CHF 2'500.00) und eine Pumpleitung (CHF 3'000.00). Der Umstand, dass das AWA einen kleineren Lichtschacht gefordert hat, würde sicher zu einer Reduktion dieser Kosten führen. Auch ist unklar, ob die Entwässerung wirklich derart kompliziert wäre. Ob die Offerte plausibel ist, muss aber nicht weiter geprüft werden.
4.6 Zusammenfassend und mit Blick auf die Vorgaben des bundesgerichtlichen Urteils ist es verhältnismässiger, wenn der Koch über die Treppe den Blick ins Freie wirft und die Deckenfarbe sowie das Licht angepasst werden, als wenn der Lichtschacht gebaut wird. In der Zeit, in der sich der Küchenchef vom Herd zum Kontaktfenster begibt, ist er praktisch schon im fast vollständig verglasten Erdgeschoss angelangt. Werden die Farben und das Licht optimiert, erweist sich der Einbau des Kontaktfensters als zwar geeignet, der Küche einen gewissen Tageslichtanteil und dem Koch einen Blick auf die Bäume zu gewährleisten; aufgrund der örtlichen und organisatorischen Gegebenheiten scheint dies aber als nicht erforderlich, um dem Gesundheitsschutz des Kochs Genüge zu tun. Unbesehen davon wird die baupolizeiliche Ausnahme von § 57 Abs. 2 lit. b der kantonalen Bauverordnung (KBV, BGS 711.61) zu publizieren und zu erteilen sein.
5. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet, sie ist gutzuheissen, der Entscheid des VWD vom 12. März 2019 aufzuheben und die Ausnahmebewilligung für die Küche auf GB […] Nr. 132 nach Art. 15 Abs. 3 und Art. 24 Abs. 5 ArGV 3 i.V.m. Art. 39 Abs. 1 ArGV 3 unter Auflagen zu erteilen. Die Beschwerdeführerin hat Decke und Wände in Rücksprache mit dem Amt für Wirtschaft und Arbeit in hellen Farben zu streichen und die Beleuchtung im Sinne von E. 4.3 hiervor zu optimieren. Bei diesem Ausgang hat der Kanton Solothurn die Beschwerdeführerin gemäss der eingereichten und angemessenen Kostennote mit CHF 3'931.25 (15.42 h à CHF 230.00 inkl. Auslagen und MWSt) zu entschädigen.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde der A.___ wird gutgeheissen und der Entscheid des Volkswirtschaftsdepartements vom 12. März 2019 aufgehoben. 2. Die Ausnahmebewilligung für die Küche auf GB […] Nr. 132 nach Art. 15 Abs. 3 und Art. 24 Abs. 5 ArGV 3 i.V.m. Art. 39 Abs. 1 ArGV 3 wird mit den folgenden Auflagen erteilt: Die A.___ hat in Rücksprache mit dem kantonalen Amt für Wirtschaft und Arbeit Decke und Wände der Küche in hellen Farben zu streichen und die Beleuchtung im Sinne von E. 4.3 zu optimieren. 3. Der Kanton Solothurn hat die A.___ für das Verfahren vor Verwaltungsgericht mit CHF 3'931.25 (inkl. Auslagen und MWST) zu entschädigen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen des Verwaltungsgerichts Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber Scherrer Reber Schaad |
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