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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VWBES.2019.323)

Zusammenfassung des Urteils VWBES.2019.323: Verwaltungsgericht

Die Erbengemeinschaft E. hat ohne Baubewilligung einen Laufstall gebaut, was zu einem Rückbauurteil führte. A. hat Beschwerde gegen die Frist für den Rückbau eingelegt, da F. die Unterschrift verweigert hatte. Das Bau- und Justizdepartement trat nicht auf die Beschwerde ein, woraufhin A. und die anderen Erben sich ans Verwaltungsgericht wandten. Das Verwaltungsgericht hob die Entscheidung des Departements auf und wies die Angelegenheit zur erneuten Prüfung zurück. Die Kosten des Verfahrens vor Gericht trägt der Kanton Solothurn.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VWBES.2019.323

Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2019.323
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2019.323 vom 11.11.2019 (SO)
Datum:11.11.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Baubewilligung / Rückbau Laufstall
Schlagwörter: Recht; Erben; Verwaltungsgericht; Erbengemeinschaft; Beistand; Rückbau; Laufstall; Frist; Verfügung; Entscheid; Mitglied; Mitglieder; Unterschrift; Rechtsmittel; Interesse; Justizdepartement; Interessen; Urteil; Baugesuch; Beistands; Streitgenossen; Verfahrens; Bundesgericht; Präsidentin; Scherrer; Reber; Oberrichter
Rechtsnorm: Art. 6 VwVG ;Art. 602 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VWBES.2019.323

Urteil vom 11. November 2019

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli

Gerichtsschreiberin Droeser

In Sachen

1. A.___

2. B.___

3. C.___

4. D.___

Beschwerdeführer

gegen

1. Bauund Justizdepartement, Solothurn,

2. Bau-, Planungsund Umweltschutzkommission [ ],

Beschwerdegegner

betreffend Baubewilligung / Rückbau Laufstall


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. Am 31. Oktober 2016 stellte die Bau-, Planungsund Umweltkommission (nachfolgend BPUK) der Einwohnergemeinde [...] fest, dass die Erbengemeinschaft E.___ auf GB [...] Nr. [...] ohne entsprechende Bewilligung einen Laufstall gebaut hatte.

2. Auf Aufforderung der BPUK hin, reichte die Erbengemeinschaft am 5. Dezember 2016 ein nachträgliches Baugesuch für den Stall ein. Unterzeichnet wurde das Baugesuch von sämtlichen Erben. Die BPUK teilte der Erbengemeinschaft am 23. Dezember 2016 mit, dass sie das Gesuch als nicht bewilligungsfähig erachte. Eine landwirtschaftliche Baute sei in der Wohnzone W2 nicht zonenkonform; im Übrigen werde der Grenzabstand zur Zonengrenze nicht eingehalten. Nach Rücksprache mit den kantonalen Ämtern ergab sich, dass der Neubau auch aus Sicht der Luftreinhaltung (Unterschreitung des Mindestabstands einer Tierhaltungsanlage) nicht bewilligt werden kann und eine Umzonung in die Landwirtschaftszone aus demselben Grund nicht zielführend wäre. Infolgedessen hielt die BPUK mit Verfügung vom 23. November 2018 fest, der Laufstall werde nicht bewilligt. Sie ordnete den Rückbau an und setzte dazu eine Frist von 18 Monaten ab Rechtskraft dieser Verfügung. Eröffnet wurde der Entscheid der Erbengemeinschaft E.___, per Adresse von A.___.

3. Gegen den kommunalen Entscheid gelangte A.___ mit Eingabe vom 1. Dezember 2018 ans Bauund Justizdepartement (BJD), mit dem Antrag, es sei zum Rückbau eine Frist von insgesamt 48 Monaten seit Rechtskraft der Rückbauverfügung zu gewähren.

4. Mit Schreiben vom 14. Januar 2019 forderte das BJD A.___ auf, bis 25. Januar 2019 eine schriftliche Vollmacht der übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft einzureichen. Im Unterlassungsfall werde auf die Beschwerde nicht eingetreten.

5. Innert mehrfach erstreckter Frist wurden mit Schreiben vom 26. April 2019 die Unterschriften von B.___, C.___ und D.___ nachgereicht. Die Unterschrift von F.___ konnte zunächst wegen Abklärungen zur Errichtung einer Beistandschaft nicht beigebracht werden, danach kam es zu Verzögerungen aufgrund der noch ausstehenden Ernennung eines Beistands. Der am 24. April 2019 ernannte Beistand ersuchte tags darauf um Akteneinsicht. Das BJD gewährte ihm diese und stellte ihm eine nicht erstreckbare Frist bis 31. Mai 2019, um der Beschwerdeerhebung zuzustimmen. Im Unterlassungsfall werde das Departement nicht auf die Beschwerde eintreten.

6. Zufolge unbenutzten Ablaufens dieser Frist trat das BJD mit Verfügung vom 20. August 2019 auf die Beschwerde der übrigen Erben nicht ein und auferlegte A.___, B.___, C.___ und D.___ die Verfahrenskosten von CHF 300.00.

7. Dagegen reichte A.___ mit Schreiben vom 2. September 2019 Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein. Er führte sinngemäss aus, F.___ habe vor dem BJD seine Unterschrift verweigert. Nachdem dieser einen Beistand erhalten habe, hätten sich die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft und der Beistand Anfang Mai 2019 getroffen und die Situation erläutert. Dabei sei mündlich vereinbart worden, dass der Beistand die Beschwerde ans BJD als Vertreter von F.___ bis 31. Mai 2019 unterzeichnen werde. Da er (A.___) und die Miterbinnen nichts Gegenteiliges gehört hätten, seien sie davon ausgegangen, die Unterschrift sei fristgerecht eingegangen. Die Verfehlung des Beistands habe ihnen nun die Möglichkeit genommen, ihre Beschwerde materiell überprüfen zu lassen. Daher beantragte A.___ dem Verwaltungsgericht, die Einsprache [recte: Beschwerde] vom 1. Dezember 2018 zu prüfen.

Innert Frist unterzeichneten auch B.___, C.___ und D.___ die Beschwerde ans Verwaltungsgericht.

8. Der Beistand von F.___, G.___, nahm am 5. Oktober 2019 zur Angelegenheit Stellung und führte im Wesentlichen aus, aus seiner Sicht sei klar, dass der Rückbau des Laufstalls zu erfolgen habe. F.___ wolle, dass der Laufstall so schnell wie möglich zurückgebaut werde, weil er mit seinem Bruder, der den Hof bewirtschafte, zerstritten sei. Er als Beistand habe diesen Wunsch zu berücksichtigen. U.a. ersuchte der Beistand darum, den Zeitpunkt für den Rückbau des Laufstalls zusammen mit der Auflösung der Erbengemeinschaft zu terminieren.

9. Das BJD schloss am 18. Oktober 2019 auf Abweisung der Beschwerde, ebenso wie die BPUK der Einwohnergemeinde [...].

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 2 Abs. 3 der Kantonalen Bauverordnung, KBV, BGS § 711.61, i.V.m. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). A.___, B.___, C.___ und D.___ sind durch den angefochtenen Entscheid, mit dem das BJD nicht auf ihre Beschwerde eingetreten ist, beschwert und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung, damit ihre Anliegen in materieller Hinsicht überprüft werden können. Entsprechend sind sie zur Beschwerdeerhebung ans Verwaltungsgericht legitimiert und auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.1 Das BJD ist auf die Beschwerde nicht eingetreten mit der Argumentation, die Erben des E.___ würden als Eigentümer der streitbetroffenen Parzelle eine notwendige Streitgenossenschaft bilden und seien nur gemeinsam befugt, ein Rechtsmittel gegen die Verfügung der BPUK zu ergreifen.

2.2 Das Recht zur Beschwerdeführung setzt die Parteiund Prozessfähigkeit voraus. Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft stehen kraft Zivilrechts (Art. 602 ZGB) in einer Rechtsgemeinschaft, aufgrund derer sie grundsätzlich nur zum gemeinsamen Handeln befugt sind. Dies gilt grundsätzlich auch im öffentlichen Recht, soweit es darum geht, die der Gesamthand zustehenden Rechte auszuüben (sog. notwendige Streitgenos­senschaft). Da aber die Parteistellung im öffentlichen Recht nicht auf die Ausübung subjektiver Rechte beschränkt ist, sondern auch dem Schutz tatsächlicher Interessen dient, können nach Rechtsprechung und Lehre die Mitglieder einer materiellen Streitgenossenschaft unter Umständen auch einzeln zur Beschwerde legitimiert sein, so wenn ein einzelnes Mitglied seine eigene Rechtsstellung gegen die anderen Mitglieder verteidigt wenn es um die Abwehr belastender pflichtbegründender Anordnungen geht und die Durchsetzung des Rechtsstandpunkts die Interessen der Gemeinschaft der übrigen Streitgenossen nicht zu beeinträchtigen vermag (Urteile des Bundesgerichts 2C_1028/2014 vom 20. Juli 2015 E. 3 mit zahlreichen Hinweisen und Beispielen; 2C_747/2013 vom 8. September 2014 E. 3.3 m.w.H.; siehe auch VWBES.2019.69 vom 2. September 2019 E. 1.1; Vera Marantelli/Said Huber in: Bern­hard Waldmann/Philippe Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar zum Verwaltungs­verfahrensgesetz, Zürich 2016, Art. 6 VwVG N 11).

2.3 Der rückzubauende Laufstall steht im Eigentum der Erbengemeinschaft. Die vier beschwerdeführenden Erben wenden sich nicht gegen den Rückbau an sich. Selbst wenn sie dies getan hätten, hätten sie die Interessen von F.___ durch die Beschwerdeführung kaum beeinträchtigt. Immerhin hat er das nachträgliche Baugesuch mitunterzeichnet. Die Beschwerdeführer haben sich aber nur gegen die für den Rückbau gesetzte Frist gewandt. Mit Blick auf die zitierte Rechtsprechung und Lehre hätte das BJD darum auf die Beschwerde eintreten müssen, geht es doch um eine die Erbengemeinschaft belastende Pflicht, deren Erfüllung mit dem Rechtsmittel auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden soll. Dies dürfen auch die einzelnen Erben auf dem Beschwerdeweg beantragen (vgl. § 12 Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes, VRG, BGS 124.119). Daran ändert nichts, dass F.___ mit seinem Bruder A.___ zerstritten ist. Würde der Laufstall später zurückgebaut als von der BPUK verlangt, hätte das keinen erkennbaren negativen Einfluss auf die Interessen von F.___.

2.4 Demzufolge dringen die Beschwerdeführer mit ihrem Hauptantrag auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung durch. Das BJD wird umgehend über die Frage der zumutbaren Rückbaufrist zu entscheiden haben, steht doch grundsätzlich seit Ende 2016 fest, dass der Laufstall nicht bewilligt werden kann. Das Verwaltungsgericht kann aber nicht wie von den Beschwerdeführern beantragt direkt materiell über ihr Vorbringen entscheiden, weil damit der Rechtsmittelweg um eine Instanz verkürzt würde.

3. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet, sie ist gutzuheissen; der angefochtene Entscheid des BJD vom 20. August 2019 ist aufzuheben und die Angelegenheit an das BJD zum materiellen Entscheid zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der Kanton die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 800.00 zu tragen. Parteientschädigung ist keine zuzusprechen, da die Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten waren und lediglich eine einseitige Eingabe gemacht haben.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Verfügung des Bauund Justizdepartements vom 20. August 2019 aufgehoben. Die Angelegenheit wird an das Bauund Justizdepartement zur materiellen Behandlung im Sinn von E. 2.4 zurückgewiesen.

2.    Die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 800.00 trägt der Kanton Solothurn.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin                                                                Die Gerichtsschreiberin

Scherrer Reber                                                                 Droeser



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