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Urteil Verwaltungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2019.223
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2019.223 vom 02.03.2020 (SO)
Datum:02.03.2020
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Mandatsentschädigung
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 404 ZGB ; Art. 413 ZGB ; Art. 425 ZGB ; Art. 450 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 2. März 2020

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli

Gerichtsschreiberin Droeser

In Sachen

A.___

Beschwerdeführer

gegen

 

KESB Olten-Gösgen,

Beschwerdegegnerin

betreffend Mandatsentschädigung


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. Für B.___ besteht eine Beistandschaft nach Art. 394 i.V.m. Art. 395 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210). Als Beistandsperson wurde mit Beschluss der damaligen Vormundschaftsbehörde der Einwohnergemeinde [...] vom 10. Oktober 1996 A.___ eingesetzt.

2. Der Beistand wurde von der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Olten-Gösgen sowie der Sozialregion Unteres Niederamt (SRUN) wiederholt zur Abgabe der Rechnung und des Berichtes für die Perioden 01.01.2010 31.12.2011, 01.01.2012 31.12.2013, 01.01.2014 31.12.2015 sowie 01.01.2016 31.12.2017 aufgefordert beziehungsweise abgemahnt. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 wurde er gebeten, der KESB Olten-Gösgen bis spätestens 16. Dezember 2016 schriftlich mitzuteilen, ob er das Amt als Beistand weiterführen oder entlassen werden möchte. Innert der angesetzten Frist erhielt die KESB Olten-Gösgen keine Antwort. Am 13. April 2017 drohte ihm die KESB Olten-Gösgen die Absetzung als Beistandsperson. Der Beistand erhielt die Möglichkeit, eine Stellungnahme zur vorgesehenen Entlassung bis 27. April 2017 einzureichen. Die KESB Olten-Gösgen erhielt erneut keine Antwort auf dieses Schreiben.

3. Am 12. Dezember 2018 erliess die KESB Olten-Gösgen unter anderem folgenden superprovisorischen Entscheid:

1.    Der bisherige Beistand, A.___, wird mit sofortiger Wirkung aus seinem Amt als Beistand entlassen.

2.    Als neue Beiständin wird mit sofortiger Wirkung C.___ eingesetzt.

3.    A.___ hat innert 30 Tagen Rechnungen für die Berichtsperioden 01.01.2010 31.12.2011, 01.01.2012 31.12.2013, 01.01.2014 31.12.2015, 01.01.2016 31.12.2017, 01.01.2018 12.12.2018 sowie sämtliche für die Mandatsführung relevanten Unterlagen bei der KESB Olten-Gösgen abzuliefern.

4.    Für den Fall, dass A.___ die Anweisung zur Ablieferung der Rechnungen und Unterlagen nicht befolgt, so wird die KESB Olten-Gösgen als Vollstreckungshandlung dem säumigen Beistand A.___ die Akten abnehmen und auf dessen Kosten die Rechnung von einer fachkundigen Drittperson ausfertigen lassen.

4. Am 16. Januar 2019 wurde der superprovisorische Entscheid bestätigt und A.___ Frist bis zum 21. Januar 2019 zur Einreichung der offenen Rechnungen und der Unterlagen gesetzt. Am 28. Januar 2019 erstellte der Beistand die offenen Rechnungen und Berichte.

5. Die KESB Olten-Gösgen erliess am 21. Mai 2019 folgenden Entscheid:

3.1 Die vorliegenden Berichte und Rechnungen für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 30. November 2018 werden zur Kenntnis genommen und nicht genehmigt.

3.2 Dem bisherigen Beistand A.___ wird die Entlastung gemäss Art. 425 Abs. 4 ZGB verweigert.

3.3 Dem bisherigen Beistand A.___ wird keine Mandatsentschädigung zugesprochen.

[ ]

6. Dagegen erhob A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt) mit Schreiben vom 21. Juni 2019 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit den folgenden Rechtsbegehren:

1.    Es sei die Ziffer 3.3 des Entscheides aufzuheben und für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 30. November 2018 eine Mandatsentschädigung von mindestens CHF 100.00 monatlich, somit insgesamt mindestens CHF 10'700.00 zuzusprechen.

2.    Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung der Mandatsentschädigung für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 30. November 2018 im Umfang von mindestens CHF 100.00 monatlich, somit insgesamt mindestens CHF 10'700.00 an die Vorinstanz zurückzuweisen.

3.    Unter Kostenund Entschädigungsfolge.

7. Die Beiständin von B.___ teilte dem Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 26. Juni 2019 mit, sie könne zur Beistandstätigkeit des Beschwerdeführers keine Stellungnahme einreichen.

8. Die KESB Olten-Gösgen schloss mit Stellungnahme vom 11. Juli 2019 auf Abweisung der Beschwerde

9. Der Beschwerdeführer reichte am 2. August 2019 Bemerkungen zur Stellungnahme der KESB Olten-Gösgen ein.

10. Mit Schreiben vom 18. September 2019 reichte die KESB Olten-Gösgen weitere Akten seit dem 11. Juli 2019 ein.

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. Art. 450 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 130 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum ZGB [EG ZGB, BGS 211.1]). Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.1 Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid im Wesentlichen erwogen, gemäss Revisionsbericht der SRUN vom 8. (recte: 7.) Februar 2019 sei der Beistand die letzten zehn Jahre seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Er habe es unterlassen, Rückerstattungsansprüche bei der Krankenkasse und den Ergänzungsleistungen geltend zu machen. Die neu eingesetzte Beiständin habe die Rückerstattungsansprüche bei der Krankenkasse lediglich um fünf Jahre und bei den Ergänzungsleistungen lediglich um 15 Monate rückwirkend einfordern können, so dass ein Schaden in Höhe von CHF 9'453.75 entstanden sei. Dadurch könne weder die Rechnung genehmigt noch dem Bericht die Entlastung erteilt werden. Der Beistand sei weder seinen Pflichten zur ordnungsgemässen und regelmässigen Berichtsund Rechnungsabgabe nachgekommen, noch habe er seine Entschädigungsansprüche konkret geltend gemacht. Deshalb habe er keinen Anspruch auf eine Entschädigung.

2.2 Der Beschwerdeführer wendet dagegen zusammenfassend ein, entgegen der Meinung der KESB Olten-Gösgen habe er jeweils in seinen Beistandsberichten eine Mandatsentschädigung gemäss gesetzlicher Vorgabe beantragt. Er habe diese Formulierung deshalb gewählt, weil ihm nicht klar gewesen sei, ob die Entschädigung für die altrechtliche Beiratschaft identisch sei. Gemäss Richtlinien für die Entschädigung der Beiständinnen und Beistände bei Kindesund Erwachsenenschutzmassnahmen (nachfolgend «Richtlinien» genannt, Stand Februar 2014) betrage die Entschädigung somit mindestens CHF 100.00 im Monat. Aufgrund der intensiven persönlichen Betreuung könnten vorliegend auch CHF 150.00 monatlich gerechtfertigt sein. Auf einen Spesenersatz für Telefonate sowie Fahrten nach Olten und Solothurn habe er verzichtet. Ferner hätte die SRUN gemäss Richtlinien die Entschädigungsansprüche abzuklären, was jedoch nicht gemacht worden sei. Der behauptete Schaden sei ihm gegenüber nicht detailliert dargelegt worden und werde bereits heute bestritten. Die Abrechnungen für die Jahre 2010 bis 30. November 2018 habe er wie in den Jahren zuvor erstellt. Zu keinem Zeitpunkt sei sein Handeln bemängelt worden. Würde der angefochtene Entscheid in Rechtskraft erwachsen, hätte dies für ihn zur Folge, dass er für seine Tätigkeit keine Mandatsentschädigung bekäme und darüber hinaus mit einer allfälligen Regressforderung zu rechnen hätte. Dies könne nicht sein.

3.1 Der Beistand oder die Beiständin hat gemäss Art. 404 Abs. 1 ZGB Anspruch auf eine angemessene Entschädigung und auf Ersatz der notwendigen Spesen aus dem Vermögen der betroffenen Person. Die Erwachsenenschutzbehörde legt die Höhe der Entschädigung fest. Sie berücksichtigt dabei insbesondere den Umfang und die Komplexität der dem Beistand oder der Beiständin übertragenen Aufgaben (Abs. 2). Die Kantone erlassen Ausführungsbestimmungen und regeln die Entschädigung und den Spesenersatz, wenn diese nicht aus dem Vermögen der betroffenen Person bezahlt werden können (Abs. 3).

Laut § 119 Abs. 2 EG ZGB hat der Mandatsträger spätestens zum Zeitpunkt der Berichterstattung einen Antrag mit Begründung darüber zu stellen, von wem und zu welchen Anteilen die Entschädigung und Auslagen zu tragen sind. Die durch die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde festzulegende Entschädigung und der notwendige Auslagenersatz für Mandatsträger richtet sich nach dem kantonalen Gebührentarif (GT, BGS 615.11).

3.2 Als Aufwand darf nur verrechnet werden, was im Rahmen des Auftrages der Erwachsenenschutzbehörde zu einer sorgfältigen Amtsführung des Beistandes gehört (Art. 413 Abs. 1 ZGB). Übertriebene oder unnötige Aufwendungen dürfen nicht in Rechnung gestellt werden. Auch pflichtwidrige Handlungen geben keinen Anspruch auf Entschädigung. Nur Tätigkeiten, die auftragsgemäss ausgeführt werden, müssen entschädigt werden. Für einen kompletten Verzicht auf eine Entschädigung und Spesenersatz besteht im Bundesrecht indessen keine gesetzliche Grundlage. Fehlt eine solche auch im kantonalen Recht, muss z.B. trotz Verdachtes auf Veruntreuung von Mündelvermögen eine Entschädigung für Geschäfte, die auftragsgemäss besorgt worden sind, vorgesehen werden. Diese kann dann allenfalls nach Festlegung von Schadenersatz und Regressansprüchen verrechnet werden (vgl. Ruth E. Reusser in: Thomas Geiser/Christiana Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch 1, Basel 2018, Art. 404 ZGB N 21 mit Hinweis).

3.3 Eine gesetzliche Grundlage für einen kompletten Verzicht auf Entschädigung und Spesenersatz besteht vorliegend weder nach Art. 404 ZGB noch nach den kantonalen Bestimmungen (vgl. EG ZGB § 119, GT 88, Richtlinien). Dem Beschwerdeführer wird vor allem vorgeworfen, die Rückerstattungsansprüche bei der Krankenkasse und den Ergänzungsleistungen nicht geltend gemacht und die Berichte und Rechnungen nicht fristgerecht eingereicht zu haben. Der Beschwerdeführer hat seine Arbeit als Beistand nicht vollständig verweigert, sondern zumindest teilweise auftragskonform ausgeführt (z.B. Beratung bezüglich eines betreuten oder eines begleiteten Wohnens, Organisation bei Bedarf dieser Wohnform und Vertretung bei Notwendigkeit, vgl. Ernennungsurkunde vom 9. Dezember 2018, act. 47 Bund 1). An der Anhörung vom 12. November 2015 etwa wurde von Seiten der KESB festgehalten, für sie (die KESB) übe der Beschwerdeführer sein Amt sehr gewissenhaft aus (act. 40/41 Bund 1). Den pflichtwidrigen Handlungen des Beschwerdeführers ist durch eine Reduktion der Entschädigung bzw. Spesenersatzes Rechnung zu tragen. Die Vorinstanz hätte demnach einen Betrag als Entschädigung festlegen müssen. Dieser kann allenfalls nach Klärung der Schadenersatz und Regressansprüche verrechnet, aber nicht von Grund auf verweigert werden. Zwar hat der Beschwerdeführer seine Entschädigungsansprüche nicht betragsmässig beziffert, jedoch hat er klar unter Ziffer 10.1 der jeweiligen Beistandsberichte eine Mandatsentschädigung gemäss gesetzlicher Vorgabe verlangt. Die SRUN hat zudem in ihrer «Revision: Vorprüfung durch Sozialregion» vom 7. Februar 2019 (act. 66 unnummerierter Bund) eine Mandatsentschädigung von CHF 1'200.00 vorgeschlagen. Würde das Verwaltungsgericht die Entschädigung des Beistandes vorliegend festsetzen, ginge dem Beschwerdeführer eine Instanz verloren, da sich die Vorinstanz mit der Frage der Höhe der auszurichtenden Entschädigung noch gar nicht befasst hat. Die Sache ist daher zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird auch zu prüfen haben, ob der Anspruch auf Entschädigung rechtzeitig gestellt wurde oder (teilweise) bereits verjährt ist (vgl. VWBES.2015.27, Urteil vom 13. Mai 2015).

4. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet; sie ist gutzuheissen: Ziffer 3.3 des Entscheides der KESB Olten-Gösgen vom 21. Mai 2019 ist aufzuheben und zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der Kanton Solothurn die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00 zu tragen.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird gutgeheissen: Ziffer 3.3 des Entscheides der KESB Olten-Gösgen vom 21. Mai 2019 wird aufgehoben und zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.    Der Kanton Solothurn hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'000.00 zu tragen.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin

Scherrer Reber Droeser



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