Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWBES.2019.213 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 18.12.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Registereintragung Leihmutter |
Zusammenfassung: | Das Verwaltungsgericht hat in einem Fall von Leihmutterschaft entschieden, dass die Leihmutter nicht als Mutter der Kinder eingetragen werden soll, sondern nur der genetische Vater. Der Beschwerdeführer hatte gegen die Entscheidung des Volkswirtschaftsdepartements Beschwerde eingelegt, da er und seine Kinder sowohl Schweizer als auch US-Bürger sind. Das Gericht entschied, dass die US-Gerichtsentscheide anzuerkennen sind und nur der genetische Vater und die anonyme Eizellenspenderin als Eltern eingetragen werden sollen. Der Kanton Solothurn muss die Verfahrenskosten tragen und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von CHF 3'098.95 zahlen. |
Schlagwörter: | Leihmutter; Mutter; Kinder; Geburt; Recht; Schweiz; Eltern; Vater; Urteil; Minnesota; Entscheid; Schweizer; Gericht; Staat; Leihmutterschaft; Person; Kindes; Elternteil; Personen; Zivilstand; Personenstandsregister; Beschwerde; Kindsverhältnis; Vaters; Bundesgericht; Schweizerische |
Rechtsnorm: | Art. 25 IPRG ; Art. 252 ZGB ; Art. 26 IPRG ; Art. 265a ZGB ; Art. 27 IPRG ; Art. 29 IPRG ; Art. 32 IPRG ; Art. 4 or; Art. 70 IPRG ; |
Referenz BGE: | 141 III 312; 141 III 328; |
Kommentar: | - |
Es wirken mit:
Präsidentin Scherrer Reber
Oberrichter Stöckli
Oberrichter Müller
Gerichtsschreiberin Kaufmann
In Sachen
A.___ vertreten durch Rechtsanwältin Christine Pappert, Herzer Rechtsanwälte,
Beschwerdeführer
gegen
Volkswirtschaftsdepartement Zivilstand und Bürgerrecht,
Beschwerdegegnerin
betreffend Registereintragung Leihmutter
zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer genannt) ging am 14. Februar 2018 mit den in Minnesota wohnhaften Ehegatten B.___ und C.___ einen Leihmutterschaftsvertrag ein. Dementsprechend wurden mit Hilfe von Eizellen einer anonymen Spenderin und Spermien des Beschwerdeführers Embryonen in vitro gezeugt und diese in die Gebärmutter von B.___ eingesetzt.
2. Am 12. und 13. Dezember 2018 wurden die Zwillinge D.___ und E.___ in [...] (Minnesota, USA) geboren. Im Geburtsregister des Bundesstaates Minnesota wurde A.___ als alleiniger Elternteil eingetragen. Er ist Schweizer und Amerikanischer Doppelbürger und hat Wohnsitz in der Schweiz.
3. Mit Urteil vom 11. Januar 2019 stellte der District Court of the State of Minnesota for the County of Stearns gestützt auf die Eingaben und Erklärungen der beiden Vertragsparteien in Bezug auf das Kindsverhältnis Folgendes fest:
Die Leihmutter, B.___, sei nicht die genetische Mutter und ab Entscheid auch nicht mehr die rechtliche Mutter von D.___ und E.___. Der Ehemann der Leihmutter, C.___, sei weder der genetische noch der gesetzliche Vater von D.___ und E.___. A.___ sei der genetische und rechtliche Vater von D.___ und E.___. Das Gericht erklärt die elterlichen Rechte und Pflichten von B.___ für vollständig beendet und überträgt A.___ das volle und alleinige Sorgerecht an D.___ und E.___.
4. Mit Schreiben vom 28. Februar 2019 wurden die entsprechenden Dokumente durch das Schweizerische Generalkonsulat in New York über das Bundesamt für Justiz an das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Solothurn, Abteilung Zivilstand und Bürgerrecht, zur Eintragung in das Personenstandsregister weitergeleitet, da der Beschwerdeführer Wohnsitz in der Schweiz und Heimatort im Kanton Solothurn hat.
5. Mit Verfügungen des Volkswirtschaftsdepartements vom 27. Mai 2019 wurde lediglich die in Minnesota erfolgte richterliche Feststellung der Vaterschaft anerkannt, welche im schweizerischen Personenstandsregister INFOSTAR so zu beurkunden sei, dass B.___ als Mutter und A.___ als Vater der Kinder einzutragen seien. Wirkungen nach der Vaterschaftsfeststellung seien der Name «A.___» und der Heimatort «[...] SO». In der Maske Bürgerrechte sei die amerikanische Staatsangehörigkeit mit einem technischen Verlust per 11. Januar 2019 zu limitieren.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen angegeben, das Kindsverhältnis zur Mutter entstehe durch Geburt und könne nicht mit der Begründung der Leihmutterschaft aberkannt werden. Sämtliche Arten der Leihmutterschaft würden gegen den schweizerischen ordre public verstossen.
6. Gegen diese Verfügungen erhob A.___ am 6. Juni 2019 Beschwerde an das Verwaltungsgericht und beantragte, die Verfügungen seien so zu ändern, dass nur er als genetischer Vater auf der Urkunde ersichtlich sei. Die US-Gerichtsentscheide sollen vollständig anerkannt und das Kindsverhältnis zur Leihmutter aufgehoben werden. Er wies darauf hin, dass er und seine Kinder sowohl Schweizerals auch US-Bürger seien und beantragte eine Frist zur ergänzenden Beschwerdebegründung.
7. Am 18. Juni 2019 wurde die Beschwerde durch Rechtsanwältin Christine Pappert ergänzend begründet und ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Kinder durch die Geburt auf Boden der USA auch die US-Staatsbürgerschaft innehätten. Die Verfügung sei auch diesbezüglich falsch.
Es sei für die Kinder D.___ und E.___ keine Kindsmutter einzutragen und lediglich ein Verweis auf die Leihmutter zu machen. Als Heimatort/Staatsbürgerschaft beider Kinder seien neben [...] SO auch die Vereinigten Staaten einzutragen. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschwerdegegner aufzuerlegen und dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen.
8. Mit Vernehmlassung vom 18. Juli 2019 beantragte das Volkswirtschaftsdepartement die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge.
9. Mit Verfügung vom 22. Juli 2019 wurde B.___ das rechtliche Gehör gewährt, welche mit notariell beglaubigter Stellungnahme vom 6. August 2019 sinngemäss und im Wesentlichen mitteilte, dass sie weder die rechtliche noch die biologische Mutter der beiden Kinder sein wolle. Sie wolle ihren Namen in kein Schweizer Register eintragen lassen. Sie unterstütze somit die Beschwerde von A.___ vollkommen. Sie habe selber drei eigene Kinder und wolle keine weiteren zu ihrem Haushalt hinzufügen. Ihre einzige Intention sei es gewesen, dem Beschwerdeführer zur Vaterschaft zu verhelfen. Der Bruder des Beschwerdeführers und dessen Ehefrau seien Paten der Zwillinge und es sei klar, dass die Kinder von dieser Familie adoptiert würden, falls dem Kindsvater etwas Tragisches zustossen sollte. Würde sie selbst als Mutter ins Geburtsregister eingetragen, würde dies nur zu unnötigen Verzögerungen führen.
10. Am 20. August 2019 liess der Beschwerdeführer eine Stellungnahme einreichen.
11. Am 30. August 2019 äusserte sich das Volkswirtschaftsdepartement zur Stellungnahme der Leihmutter und beantragte erneut die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge.
12. Der Beschwerdeführer liess am 12. September 2019 eine abschliessende Stellungnahme einreichen.
II.
1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. Art. 90 Abs. 2 Zivilstandsverordnung [ZStV, SR 211.112.2] i.V.m. § 19 Abs. 2 Verordnung über den Zivilstandsdienst [VZD, BGS 212.11] i.V.m. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz [GO, BGS 125.12]). A.___ ist als Vater der beiden Kinder durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Mit Urteilen vom 11. Januar 2019 erklärte der District Court of the State of Minnesota for the County of Stearns die elterlichen Rechte und Pflichten von B.___ an den beiden Kindern D.___ und E.___ für vollständig beendet und übertrug die Vaterschaft, das alleinige Sorgerecht und die elterliche Obhut an den Kindern an den Beschwerdeführer. Der Nachname der Kinder laute ab Urteilszeitpunkt «A.___».
Die amerikanischen Dokumente wurden durch das Schweizerische Generalkonsulat in New York an das Bundesamt für Justiz übermittelt, zur Weiterleitung an die Aufsichtsbehörde des Kantons Solothurn.
Gemäss Art. 32 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG, SR 291) wird eine ausländische Entscheidung Urkunde über den Zivilstand aufgrund einer Verfügung der kantonalen Aufsichtsbehörde in die Zivilstandsregister eingetragen.
Nach Art. 29 Abs. 1 IPRG ist das Begehren auf Anerkennung Vollstreckung an die zuständige Behörde des Kantons zu richten, in dem die ausländische Entscheidung geltend gemacht wird.
Nach Art. 23 Abs. 1 ZStV werden ausländische Entscheidungen und Urkunden über den Zivilstand aufgrund einer Verfügung der Aufsichtsbehörde des Heimatkantons der betroffenen Person durch das zuständige Zivilstandsamt beurkundet.
Heimatort des Beschwerdeführers und seiner Kinder ist [ ] SO. Das Departement ist nach § 37 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG ZGB, BGS 211.1) i.V.m. § 7 Abs. 1 VZG kantonale Aufsichtsbehörde, womit die Vorinstanz als zuständige Behörde gehandelt hat.
3. Nach Art. 70 IPRG werden ausländische Entscheidungen betreffend die Feststellung Anfechtung des Kindesverhältnisses in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes, in dessen Heimatstaat im Wohnsitzoder im Heimatstaat der Mutter des Vaters ergangen sind.
Nach Art. 32 Abs. 2 IPRG wird die Eintragung bewilligt, wenn die Voraussetzungen der Artikel 2527 erfüllt sind.
Gemäss Art. 25 IPRG wird eine ausländische Entscheidung in der Schweiz anerkannt, wenn die Zuständigkeit der Gerichte Behörden des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, begründet war (lit. a); wenn gegen die Entscheidung kein ordentliches Rechtsmittel mehr geltend gemacht werden kann wenn sie endgültig ist (lit. b), und wenn kein Verweigerungsgrund im Sinne von Art. 27 vorliegt (lit. c).
Art. 26 IPRG nennt die Voraussetzungen für die Begründung der Zuständigkeit der ausländischen Behörde.
Vorliegend besteht kein Grund, an der Zuständigkeit des US-Gerichts an der Rechtskraft der eingereichten Urteile zu zweifeln. Die Angaben sind somit grundsätzlich in das Schweizerische Personenstandsregister einzutragen.
4. Art. 27 IPRG hält jedoch fest, dass eine im Ausland ergangene Entscheidung in der Schweiz nicht anerkannt wird, wenn die Anerkennung mit dem schweizerischen ordre public offensichtlich unvereinbar wäre.
4.1 Die Vorinstanz verfügte die Registereintragung des Beschwerdeführers als Kindsvater der beiden Kinder durch Anerkennung der Vaterschaft. Sie anerkannte auch, dass die Kinder dadurch den Nachnamen «A.___» tragen und den Heimatort [...] SO haben. Soweit ist der vorinstanzliche Entscheid unstrittig.
4.2 Unter «Bemerkungen zu den Beurkundungen» hat die Vorinstanz im 3. Satz festgehalten «In der Maske Bürgerrechte (ISR 0.70) ist die amerikanische Staatsangehörigkeit mit einem technischen Verlust per 11.01.2019 zu limitieren.».
Nachdem die beiden Kinder das US-Bürgerrecht mit Geburt auf amerikanischem Boden und auch aufgrund der US-Schweizerischen-Doppelbürgerschaft ihres Vaters erworben haben, kann ihnen dieses nicht entzogen werden. Die Vorinstanz hat dies in ihrer Vernehmlassung vom 18. Juli 2019 selbst anerkannt. Somit ist der 3. Satz unter den «Bemerkungen zu den Beurkundungen» bezüglich beider Kinder zu streichen und entsprechend die USund Schweizer-Staatsangehörigkeit in das Register einzutragen.
5. Im Wesentlichen strittig ist vorliegend, ob die Leihmutter als Mutter der Kinder in das Register einzutragen ist nicht.
5.1 Die Vorinstanz begründet die Eintragung im Wesentlichen damit, dass die Leihmutterschaft in der Schweiz auf Verfassungsstufe verboten sei (vgl. Art. 119 Abs. 2 lit. d Bundesverfassung [BV, SR 101] sowie Art. 4 Fortpflanzungsmedizingesetz [FMedG, SR 810.11]), weshalb das Urteil, nach welchem die Kinder gar keine Mutter hätten, mit dem ordre public, also mit wesentlichen Grundsätzen des schweizerischen Rechts, offensichtlich nicht vereinbar sei. Der Leihmuttervertrag sei rechtsund sittenwidrig und nach Art. 20 Abs. 1 des Obligationenrechts (OR, SR 220) somit nichtig. Nach dem Grundsatz von Art. 252 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210) entstehe das Kindsverhältnis zwischen Mutter und Kind mit der Geburt, was grundsätzlich nicht angefochten werden könne. Dies müsse auch im vorliegenden Fall gelten, weshalb die Geburtsmutter als Mutter in das Register einzutragen sei. Mit der Anerkennung des Urteils würde die Umgehung der schweizerischen Rechtsordnung gutgeheissen, was nicht angehen könne. Eine Zivilstandsurkunde ohne Mutter sei eigentlich «unmöglich» und könne diskriminierend für das Kind sein. Damit die gewünschten Rechtswirkungen erzielt werden könnten, wäre ein Adoptionsverfahren erforderlich.
5.2 Der Beschwerdeführer lässt dagegen im Wesentlichen vorbringen, die Eintragung der Leihmutter als Mutter widerspreche den Feststellungen des US-Gerichtshofs. Er und die Kinder seien nicht nur Schweizersondern auch US-Bürger. Die Geburten und Legalisierungen hätten alle in den USA stattgefunden. Die Nichteintragung der Mutter entspreche dem Wunsch aller Beteiligten. Das Bundesgericht habe in seinem Leiturteil (BGE 141 III 312 E. 6.4.2 S. 326) den vorliegenden Fall klar geregelt und festgehalten, dass eine Leihmutter nach dem ausländischen Urteil nie rechtliche Mutter geworden sei. Es sei den Schweizer Behörden nicht erlaubt, ersatzweise, weil keine rechtliche Mutter vorhanden sei, die Leihmutter als solche zu betrachten. In Minnesota könne die Leihmutter nicht zweiter Elternteil sein, und sie wolle dies auch nicht. Dies führe in der Schweiz zur Rechtslage des «Ein-Eltern-Kindes». Das Bundesgericht halte auch fest, dass dem Anspruch des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft dadurch Rechnung getragen werde, dass eine Anmerkung des Namens der Leihmutter im Personenstandsregister erfolge. Eine rechtliche Mutterschaft gebe es aber in einem solchen Fall nicht. Beim Eingehen einer eingetragenen Partnerschaft hätte der Partner des Beschwerdeführers rechtlich die Möglichkeit, die Kinder zu adoptieren. Sei jedoch die Leihmutter als zweiter Elternteil eingetragen, stehe diese Möglichkeit nicht offen. In verschiedenen anderen Kantonen seien bereits Eintragungen in analogen Fällen erfolgt. In keinem der Schreibenden bekannten Fall sei aber die Leihmutter als Mutter im Personenstandsregister eingetragen worden. Es sei nicht mit dem Kindswohl vereinbar, eine Mutter ins Personenstandsregister einzutragen, die gar nicht Mutter sein wolle und es nach dem Recht ihres Heimatstaates auch nicht sei.
Mit eigenen Worten führt der Beschwerdeführer weiter aus, vorliegend gehe es nicht um die Anerkennung eines Leihmuttervertrags. Im Staat Minnesota gehe man nicht davon aus, dass Leihmutterschaftsverträge eine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung für die Leihmutter begründen würden, auf ihren elterlichen Anspruch zu verzichten. Die Leihmutter und ihr Ehemann hätten vor Gericht erklärt, dass sie weder vor noch nach der Schwangerschaft die Eltern der Zwillinge hätten sein wollen. Er sei in Minnesota Vater der Kinder geworden, weil die Kinder genetisch von ihm abstammten, und nicht aufgrund eines Leihmuttervertrags. Sein Vorgehen könne nicht als «Umgehung» der Schweizerischen Rechtsordnung deklariert werden. Er sei US-Staatsbürger, sei in den USA geboren und habe dort einen wesentlichen Teil seines Lebens verbracht. Es sei für ihn nur normal, dass seine Kinder auch dort auf die Welt kommen würden. Seine Kinder seien per Geburt US-Staatsbürger per Verfassung und sie hätten dort auch Verwandtschaft, die den Kindern in den ersten Wochen nach der Geburt viel Beistand hätten zukommen lassen. Die negative Etikettierung «Reproduktions-Tourismus» komme für ihn nicht in Frage. Er habe viele Abklärungen getroffen und sei davon ausgegangen, dass Leihmutterschaft nur in der Schweiz selbst ausgeschlossen sei. Er sei davon ausgegangen, sich rechtskonform und ethisch zu verhalten. Der Entscheid würde die Leihmutter und seine Kinder verletzen, die nie Anlass gehabt hätten zu glauben, sie würden sich etwas zuschulden kommen lassen. Es sei schwer nachvollziehbar, wie der Entscheid zur Wahrung von Schweizerischem Recht und Politik beitragen solle. Wenn das Zivilstandsamt eine Frau in einem Land zur Mutter mache, während sie es in einem anderen nicht sei, schaffe dies Probleme der Identität und Authentizität. Der Beschluss, die Leihmutter gegen ihren erklärten Willen zur Mutter zu machen, könne nicht dazu dienen, sie zu beschützen, wo doch der Schutz der Leihmutter als eines der politischen Ziele beschrieben werde. Das Zivilstandsamt setze die Kinder der Gefahr aus, ihre ganze Familie zu verlieren, falls ihm etwas zustossen sollte. Derzeit seien sein Bruder und dessen Ehefrau vertraglich als Erziehungsberechtigte benannt für den Fall seiner Unfähigkeit seines Todes. Er wisse nicht, wie eine schweizerische Entscheidungsinstanz dies mit einem künstlichen mütterlichen Status für die Leihmutter in Einklang bringen solle. Es schaffe grosse Rechtsunsicherheit, wenn in den beiden Ländern unterschiedliche Abstammungen in den Registern eingetragen seien.
5.3 Das Bundesgericht hat sich in zwei Grundsatzentscheiden zum Thema Leihmutterschaft geäussert. Im Urteil BGE 141 III 328 hat es die Anerkennung einer kalifornischen Geburtsurkunde und damit die Eintragung im schweizerischen Personenstandsregister verweigert, in welcher das Kindsverhältnis zu beiden genetisch nicht verwandten Schweizer-Elternteilen in Umgehung des schweizerischen Leihmutterschaftsverbots entstanden war. Im Verfahren zu BGE 141 III 312 hatte das kantonale Verwaltungsgericht das amerikanische Gerichtsurteil und die amerikanische Geburtsurkunde und damit die Elternschaft von zwei in eingetragener Partnerschaft lebenden Männern anerkannt. Es hatte zudem festgehalten, dass in der Geburtsurkunde Angaben zur Abstammung festzuhalten seien, und zwar der Name des genetischen Vaters, den Hinweis auf die anonyme Eizellenspende zur Angabe der genetischen Mutter und der Name, sowie Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnort der Leihmutter als Geburtsmutter. Das Bundesgericht hat die durch das Bundesamt für Justiz dagegen erhobene Beschwerde gutgeheissen und festgehalten, ein kalifornisches Vaterschaftsurteil, welches das mittels Leihmutterschaft begründete Kindesverhältnis zu eingetragenen Partnern feststelle, könne bei Umgehung des schweizerischen Leihmutterschaftsverbots nur mit Bezug zum genetischen Elternteil anerkannt werden. Im Dispositiv wurde zudem bestätigt, dass zusätzlich zum Kindesverhältnis gemäss Geburtsurkunde folgende Angaben zur Abstammung des Kindes einzutragen seien:
- Genetischer Vater: Name
- Genetische Mutter: anonyme Eizellenspenderin
- Gebärende Mutter: Name (samt Hinweis auf Geburtsdatum, Geburtsort und Wohnsitz gemäss dem kalifornischen Gerichtsurteil).
In Erwägung 6.4.2 hielt das Bundesgericht in Bezug auf die Leihmutter fest, diese sei nach dem kalifornischen Urteil nie rechtliche Mutter geworden, was sie in der Folge bestätigt habe. Die Verweigerung der Anerkennung der Feststellung des Kindsverhältnisses zum Beschwerdegegner 2 erlaube den schweizerischen Behörden nicht ohne weiteres, ersatzweise die Leihmutter als rechtliche Mutter zu betrachten. In Kalifornien könne die Leihmutter wegen der entgegenstehenden dortigen Gerichtsentscheidung ohnehin nicht zweiter Elternteil des Kindes sein; zudem wolle sie überhaupt nicht dessen Mutter sein. Bei blosser Teilanerkennung des kalifornischen Urteils sei daher die Rechtslage eines rechtlichen «Ein-Eltern-Kindes» näher zu erörtern. Das Bundesgericht hielt dazu weiter fest, mit der Eintragung des einen genetischen Elternteils erhalte das Kind dessen Namen und Staatsangehörigkeit, stehe unter dessen elterlicher Sorge und werde auch in das Register eingetragen, womit die Rechte aus Art. 7 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (UN-KRK, SR 0.107) sichergestellt seien und das Kindswohl gewahrt werde. Mit der Stiefkindadoption (welche inzwischen auch für gleichgeschlechtliche Paare möglich ist) könnte das Statusverhältnis zwischen dem Kind und dem Lebenspartner des genetischen Vaters grundsätzlich hergestellt werden.
5.4 Vorliegend präsentiert sich die Situation fast identisch, sodass der Beschwerdeführer als genetischer Kindsvater in das Personenstandsregister eingetragen worden ist. Ein zweiter Elternteil, der auch in das Register eingetragen werden möchte, dies aber wegen des Leihmutterschaftsverbotes nicht könnte, ist gar nicht vorhanden.
Das Bundesgericht ging offenbar in seinem Urteil BGE 141 III 312 ganz selbstverständlich davon aus, dass die Aberkennung des Kindsverhältnisses zur Leihmutter auch in der Schweiz Gültigkeit hat und verwies in Erwägung 4.2.4 auf die Lehrmeinung, wonach die Nichtanerkennung zumindest des genetisch verwandten Elternteils zur Elternlosigkeit des Kindes führen würde, was dessen Grundrechte verletzen würde. Es anerkannte deshalb die Elternschaft des genetisch verwandten Elternteils und erörterte in den Erwägungen 6.4.3 und 6.4.4 die Rechtsstellung des Ein-Eltern-Kindes, wie es auch vorliegend gegeben wäre, wenn die Geburtsmutter nicht als Mutter in das Personenstandsregister eingetragen würde.
5.5 Im vorliegenden Fall präsentiert sich die Situation der Leihmutter aber nicht ganz identisch wie im genannten Bundesgerichtsurteil, da vorliegend das Kindsverhältnis nicht bereits vor der Geburt aberkannt wurde. Die gesetzliche Situation im Staat Minnesota ist offenbar anders als in Kalifornien. Aus den eingereichten Unterlagen des District Court of the State of Minnesota for the County of Stearns geht hervor, dass das Kindsverhältnis zur Geburtsmutter B.___ nicht gestützt auf den Leihmuttervertrag aufgehoben wurde, sondern gestützt auf die vor dem Gericht vertretenen, mit eidesstattlicher Erklärung unterschriftlich festgehaltenen Willensäusserungen von B.___ und ihres Ehemannes, auf die Rechte an den Kindern verzichten zu wollen. Die gesetzliche Grundlage, auf die sich das Urteil stützt, bezieht sich denn auch nicht auf die Leihmutterschaft, welche im Staat Minnesota weder explizit erlaubt noch verboten ist. Sondern das Urteil bezieht sich auf Minnesota Statute § 260.301, subd. 1(a), wonach ein Elternteil mit schriftlichem Einverständnis auf die Rechte an seinem Kind verzichten kann. Im «Judgement to establish paternity, maternity and award of custody» wurde explizit unter Ziffer 2 «Maternity» festgehalten, B.___ sei die Geburtsmutter, rechtliche Mutter und Inhaberin der elterlichen Obhut bis zum Datum dieses Entscheids. Unter Ziffer 8 «Birth Certificates» wurde auch festgehalten, ihr Name sei als Mutter in die Geburtsurkunde einzutragen. Das Urteil widerspricht somit Art. 252 ZGB nicht, womit das Kindsverhältnis zur Mutter durch Geburt entsteht. Die Leihmutter wurde auch nach amerikanischem Recht durch Geburt zur rechtlichen Mutter dieser Kinder.
Mit dem «findings of fact, conclusions of law, and order for judgement to terminate parental rights persuant to Minn.Stat. § 260C.301, subd. 1(a)» wurden dann die Elternrechte von B.___ an den beiden Zwillingen aufgehoben (Ziff. 1), das alleinige Sorgerecht an den Beschwerdeführer als Kindsvater übertragen (Ziff. 2) und festgehalten, B.___ sei aus der Geburtsurkunde zu löschen und niemanden als Mutter einzutragen. Dies wurde wie erwähnt nicht mit dem Leihmutterschaftsvertrag begründet, sondern mit der gesetzlichen Grundlage von § 260.301, subd. 1(a) des Minnesota Statute, wonach ein Elternteil mit seinem schriftlichen Einverständnis auf die Rechte an seinen Kindern verzichten kann, wie dies B.___ und ihr Ehemann getan haben.
Ein solches Vorgehen ist nicht ordre-public-widrig, entspricht es doch Art. 265a ZGB, wonach Eltern ihr Kind zur Adoption freigeben und damit auf die Rechte an diesem verzichten können. Die gesetzliche Grundlage in der Schweiz enthält keine Formvorschrift für ein solches Vorgehen, womit die eidesstattliche Erklärung von B.___ mit gerichtlicher Genehmigung die Anforderungen an eine solche Erklärung sicher erfüllt. Nach Art. 265a Abs. 3 ZGB ist die elterliche Zustimmung zur Freigabe des Kindes zur Adoption auch gültig, wenn die adoptionswilligen Personen nicht genannt noch nicht bestimmt sind. Die Vorinstanz hält selber fest, dass ein Adoptionsverfahren erforderlich wäre, um die gewünschte Rechtswirkung erzielen zu können. Was es denn zusätzlich noch brauchen würde, als die Zustimmung der Geburtsmutter, benennt die Vorinstanz nicht.
6. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet; sie ist gutzuheissen: Die Entscheide vom 27. Mai 2019 des Volkswirtschaftsdepartements sind in dem Sinne abzuändern, dass den Kindern D.___ und E.___ die amerikanische Staatsbürgerschaft nicht abzuerkennen ist, und dass das Urteil (judgement to terminate parental rights) vom 11. Januar 2019 des District Court of the State of Minnesota for the County of Stearns und die Auszüge aus dem Geburtsregister vom 22. Januar 2019 anzuerkennen sind. Entsprechend der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (5A_748/2014 vom 21. Mai 2015, publiziert als BGE 141 III 312) sind folgende Angaben zur Abstammung der beiden Kinder in das Personenstandsregister einzutragen:
- Genetischer Vater: A.___
- Genetische Mutter: anonyme Eizellenspenderin
- Gebärende Mutter: B.___ (geb. [...] in [...], Wohnsitz gemäss Gerichtsurteil des District Court of the State of Minnesota for the County of Stearns vom 11. Januar 2019: [...])
7. Bei diesem Ausgang hat der Kanton Solothurn die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 1'500.00 zu tragen. In Anwendung von § 161 i.V.m. § 160 Abs. 1 des Gebührentarifs (GT, BGS 615.11) hat das Gericht Parteientschädigungen namentlich nach dem Umfang der Bemühungen sowie der Wichtigkeit und Schwierigkeit der Sache in einer Pauschalsumme festzusetzen. Im vorliegenden Fall erscheint eine Parteientschädigung gemäss den eingereichten Honorarnoten von 15. August und 12. September 2019 von CHF 3'098.95 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen. Die Entschädigung ist durch den Kanton Solothurn zu bezahlen.
Demnach wird erkannt:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen: Die Entscheide vom 27. Mai 2019 des Volkswirtschaftsdepartements sind in dem Sinne abzuändern, dass den Kindern D.___ und E.___ die amerikanische Staatsbürgerschaft nicht abzuerkennen ist, und dass das Urteil (judgement to terminate parental rights) vom 11. Januar 2019 des District Court of the State of Minnesota for the County of Stearns und die Auszüge aus dem Geburtsregister vom 22. Januar 2019 anzuerkennen sind. Zudem sind folgende Angaben zur Abstammung der beiden Kinder in das Personenstandsregister einzutragen:
- Genetischer Vater: A.___
- Genetische Mutter: anonyme Eizellenspenderin
- Gebärende Mutter: B.___ (geb. [...] in [...], Wohnsitz gemäss Gerichtsurteil des District Court of the State of Minnesota for the County of Stearns vom 11. Januar 2019: [...])
2. Der Kanton Solothurn hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu tragen.
3. Der Kanton Solothurn hat A.___ eine Parteientschädigung von CHF 3'098.95 (inkl. Auslagen und MwSt.) auszurichten.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts
Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin
Scherrer Reber Kaufmann
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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