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Urteil Verwaltungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2017.499
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2017.499 vom 23.01.2018 (SO)
Datum:23.01.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Alimentenbevorschussung
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 131 ZGB ; Art. 277 ZGB ; Art. 279 ZGB ; Art. 289 ZGB ; Art. 80 KG ;
Referenz BGE:102 Ia 101; 112 II 199;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 23. Januar 2018

Es wirken mit:

Oberrichterin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli

Gerichtsschreiberin Kaufmann

In Sachen

A.___

Beschwerdeführerin

gegen

Departement des Innern, vertreten durch Oberamt Olten-Gösgen Alimentenbevorschussung und Inkasso,

Beschwerdegegner

betreffend Alimentenbevorschussung


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1. A.___ (in der Folge Beschwerdeführerin genannt) ist die Mutter der beiden minderjährigen Töchter B.___ (geb. 7. Juli 2000) und C.___ (geb. 12. Januar 2002). Am 12. Dezember 2017 verfügte das Departement des Innern (DdI), vertreten durch das Oberamt Olten-Gösgen, die Weiterführung der Alimentenbevorschussung für die beiden Töchter ab 1. Januar 2018 in der Höhe von je CHF 523.00. Gleichzeitig aber wurde verfügt, dass die Bevorschussung für B.___ ab August 2018 eingestellt werde, da sie am 7. Juli 2018 volljährig werde und die Unterhaltspflicht gemäss Scheidungsurteil bis zum Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit, längstens bis zur Mündigkeit daure. Somit seien die Bevorschussungsleistungen vom Oberamt mit Vollendung des 18. Lebensjahres einzustellen.

2. Gegen diese Verfügung erhob A.___ mit Schreiben vom 18. Dezember 2017 Beschwerde. B.___ werde im Juli 18 Jahre alt, habe aber ihre Erstausbildung noch nicht fertig. Es könne doch nicht sein, dass sie jedes Jahr die Unterlagen neu einreichen müsse und dann die Unterhaltszahlungen doch nicht bekomme. Bei der älteren Tochter [...] sei es dasselbe gewesen. Sie sei nun um ein halbes Jahr beschissen worden, da der Antrag in Olten verloren gegangen sei. Weshalb werde eine Mutter bestraft, wenn der Ex-Mann seine Unterhaltsbeiträge nicht bezahle? Sie bitte darum, ihr einen Antrag rechtzeitig zu schicken, so dass sie das Formular ausfüllen könne und ihre Tochter die Unterhaltsbeiträge bekomme bis zum Ende ihrer Erstausbildung.

3. Es wurde darauf verzichtet, das DdI zur Stellungnahme aufzufordern. Der Entscheid kann aufgrund der Akten und ohne weitere Beweismassnahmen gefällt werden.

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). A.___ ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2. Nach Art. 276 Abs. 1 Zivilgesetzbuch (ZGB, SR 210) haben grundsätzlich die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegriffen die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen. Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert bis zur Volljährigkeit des Kindes. Hat es dann noch keine angemessene Ausbildung, so haben die Eltern, soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet werden darf, für seinen Unterhalt aufzukommen, bis eine entsprechende Ausbildung ordentlicherweise abgeschlossen werden kann (Art. 277 ZGB). Gemäss Art. 131 Abs. 2 ZGB bleibt es dem öffentlichen Recht vorbehalten, die Ausrichtung von Vorschüssen zu regeln, wenn die verpflichtete Person ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Soweit das Gemeinwesen für den Unterhalt des Kindes aufkommt, geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über (sog. Subrogation; vgl. Art. 131 Abs. 3 und Art. 289 Abs. 2 ZGB).

3. Die Alimentenbevorschussung bezweckt gemäss § 94 Sozialgesetz (SG, BGS 831.1) die Existenzsicherung des Kindes in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen, indem sein Unterhaltsanspruch subsidiär und bedarfsgerecht erfüllt wird. Anspruch auf Vorschuss haben Kinder, die nicht mit beiden Eltern zusammenwohnen (§ 95 Abs. 1 SG). Ist das Kind, nachdem es mündig geworden ist, noch in Ausbildung, so besteht sein Anspruch auf Bevorschussung so lange, bis die Erstausbildung ordentlicherweise abgeschlossen werden kann, längstens aber bis zum zurückgelegten 25. Altersjahr (§ 95 Abs. 2 SG). Bevorschusst werden Unterhaltsbeiträge des Vaters oder der Mutter, die in einer vollstreckbaren Verfügung, einem vollstreck­baren Urteil oder einem Unterhaltsvertrag festgelegt sind (§ 95 Abs. 3 SG).

4. Im Scheidungsverfahren regelt das Gericht nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses namentlich den Unterhaltsbeitrag des nicht sorgeberechtigten Elternteils (vgl. Art. 133 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB). Grundsätzlich betrifft die ehegerichtliche Unterhaltsregelung nur minderjährige Kinder, während Volljährige im eigenen Namen einen Anspruch auf Unterhalt aus Art. 277 Abs. 2 ZGB geltend zu machen haben (vgl. Peter Breitschmid in: Heinrich Honsell et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Zürich/St. Gallen 2014, Art. 133 N 22; BGE 102 Ia 101). Der Unterhaltsbeitrag kann jedoch über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus festgelegt werden (Art. 133 Abs. 3 ZGB), wenn die Mündigkeit des Kindes kurz bevorsteht oder während des Scheidungsprozesses erreicht wird und sich das Kind bereits in einer Ausbildung befindet, welche über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus andauert (vgl. BGE 112 II 199 E. 2). Auch zulässig und genehmigungsfähig sind Konventionsinhalte, welche dem Kind einen Unterhaltsanspruch über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus einräumen (Verträge zu Gunsten Dritter i.S.v. Art. 112 Obligationenrecht, SR 220). Damit eine Regelung des Mündigenunterhaltes Gültigkeit erlangt, muss sie konkret festgelegt und in ihrer Höhe bis zum Abschluss der Ausbildung beziffert sein, der blosse Verweis auf Art. 277 Abs. 2 ZGB genügt dabei nicht (Daniel Staehelin in: Adrian Staehelin et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, Basel 2010, Art. 80 SchKG N 47 mit Hinweisen).

5.1 Vorliegend wurde der Vater von B.___ im Scheidungsurteil vom 2. Dezember 2010 verpflichtet, Unterhaltszahlungen von monatlich CHF 530.00 bis zum Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit des Kindes, längstens jedoch bis zur Mündigkeit zu erbringen. Vorbehalten wurde eine länger dauernde Unterhaltspflicht, bis die (vier) Kinder ihre Erstausbildung in ordentlicher Weise abschliessen könnten. In der Konvention wurde somit der Mündigenunterhalt nicht konkret umschrieben und beziffert, sondern lediglich auf die gesetzliche Bestimmung von Art. 277 Abs. 2 ZGB hingewiesen. Ein solcher Verweis allein genügt nicht und stellt insbesondere keinen Rechtsöffnungstitel für die Zeit nach der Mündigkeit dar. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass gesetzliche Bestimmungen über das Bestehen einer Leistungspflicht für sich allein nicht schon einen definitiven Rechtsöffnungstitel bilden (vgl. Ronnie Bettler, Volljährigenunterhalt im Scheidungsurteil Festlegung und Vollstreckung, in: ZBJV 149/2013, S. 915 - 933, S. 928 mit Hinweisen; Urteil des Verwaltungsgerichts Solothurn vom 21. März 2016 VWBES.2015.453; so auch die ständige Praxis der Zivilkammer des Obergerichts Solothurn, z.B. Urteil vom 2. Februar 2015 ZKBES.2015.7 in Sachen X, E. 4.3).

5.2 Allein der Umstand, dass sich B.___ nach Vollendung des 18. Lebensjahres noch in Ausbildung befindet, hat daher nicht zur Folge, dass der ihr wohl zustehende Mündigenunterhalt gestützt auf das Scheidungsurteil bereits vollstreckbar festgesetzt ist. Es wird ihr deshalb nichts anderes übrigbleiben, als sich zu bemühen, möglichst rasch zu einem vollstreckbaren Rechtstitel zu gelangen. Sei es, dass sie mit ihrem Vater, resp. ihren Eltern einen entsprechenden Unterhaltsvertrag abschliesst, sei es, dass sie beim zuständigen Gericht eine Unterhaltsklage nach Art. 279 ZGB einreicht. Nur gestützt auf einen solchen Rechtstitel kann das Oberamt die Alimentenbevorschussung über das 18. Altersjahr hinaus rechtsgültig vornehmen.

5.3 Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass das Scheidungsurteil vom 2. Dezember 2010 keinen vollstreckbaren Rechtstitel für die Unterhaltsbeiträge nach der Volljährigkeit von B.___ darstellt und die Alimentenbevorschussung daher zu Recht ab August 2018 eingestellt wurde.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Praxisgemäss werden in Verfahren betreffend Alimentenbevorschussung keine Verfahrenskosten erhoben.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Auf die Erhebung von Kosten wird verzichtet.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin

Scherrer Reber Kaufmann



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