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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VSKLA.2020.3)

Zusammenfassung des Urteils VSKLA.2020.3: Verwaltungsgericht

Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn hat in einem Urteil vom 12. Mai 2021 entschieden, dass die Klägerin A.___ Anspruch auf eine Dreiviertelsrente der beruflichen Vorsorge hat. Die Beklagte B.___ hatte die Rente wegen Überentschädigung gekürzt, was laut Gericht nicht korrekt berechnet wurde. Die Klage des Klägers wurde teilweise gutgeheissen, und die Beklagte wurde verpflichtet, dem Kläger rückwirkend ab 7. Juni 2017 Versicherungsleistungen in der Höhe von CHF 30'630.00 jährlich zu bezahlen. Die Gerichtskosten betragen CHF 5'000.00.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VSKLA.2020.3

Kanton:SO
Fallnummer:VSKLA.2020.3
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Versicherungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VSKLA.2020.3 vom 12.05.2021 (SO)
Datum:12.05.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Apos; Kinder; Reglement; Kürzung; Kinderrente; Invaliden; Invalidenrente; Leistung; Überentschädigung; Vorbezug; Kinderrenten; Vorsorge; Leistungen; Anspruch; Rente; Alter; Beklagten; WEF-Kürzung; Reglements; Klage; Vorbezugs; Betrag; Kinderzulage; Berechnung; Regel; Kinderzulagen; Regelung; Recht; ätzlich
Rechtsnorm: Art. 105 OR ;Art. 124a ZGB ;Art. 1g BV ;Art. 21 BV ;Art. 24 BV ;Art. 26 BV ;Art. 30c BV ;Art. 320e OR ;Art. 331e OR ;Art. 34a BV ;Art. 49 BV ;Art. 73 BV ;
Referenz BGE:128 V 323; 132 V 149; 134 V 64; 137 V 20; 137 V 373;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VSKLA.2020.3

 
Geschäftsnummer: VSKLA.2020.3
Instanz: Versicherungsgericht
Entscheiddatum: 12.05.2021 
FindInfo-Nummer: O_VS.2021.99
Titel: Berufsvorsorge / Invaliden- und Kinderrente

Resümee:

 

 

 

 

 

 

 


Urteil vom 12. Mai 2021

Es wirken mit:

Präsident Flückiger

Oberrichterin Weber-Probst

Oberrichterin Hunkeler

Gerichtsschreiber Isch

In Sachen

A.___ vertreten durch Rechtsanwalt Roger Zenari

Kläger

 

gegen

B.___ vertreten durch Rechtsanwältin Isabelle Vetter-Schreiber

Beklagte

 

betreffend     Berufsvorsorge / Invaliden- und Kinderrente (Klage vom 9. März 2020)

 


 

zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:

I.       

 

1.

1.1     Mit Verfügung vom 12. Juni 2019 sprach die IV-Stelle des Kantons Solothurn dem 1980 geborenen A.___ (nachfolgend: Kläger) rückwirkend ab 1. Juni 2016 eine Dreiviertelsrente der Invalidenversicherung nebst einer Kinderrente vom 1. August 2016 bis 31. Juli 2017 respektive zwei Kinderrenten ab 1. August 2017 zu (Klagebeilage [KB] 5).

 

1.2     In der Folge teilte die B.___ als zuständige Vorsorgeeinrichtung dem Kläger mit, er habe ab dem 1. Juni 2016 auch Anspruch auf eine Dreiviertelsrente der beruflichen Vorsorge, ab 1. August 2016 mit einer Kinderrente und ab 1. August 2017 mit zwei Kinderrenten. Diese Rente belaufe sich auf CHF 622.00 pro Monat für den Kläger und CHF 156.00 pro Kind (Schreiben vom 5. Juli 2019, KB 6). Auf eine entsprechende Nachfrage hin (KB 7) erläuterte die Beklagte am 19. September 2019 die Berechnung dieser Beträge (KB 8). Die anschliessende Korrespondenz zwischen den Parteien führte zu keiner Einigung (KB 9 – 16).

 

2.       Am 9. März 2020 lässt der Kläger beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn (nachfolgend: Versicherungsgericht) Klage erheben mit den folgenden Rechtsbegehren (Aktenseiten [A.S.] 1 ff.):

 

1.    Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger rückwirkend ab 7. Juni 2017 Versicherungsleistungen (Invalidenrente und Kinderrenten) in der Höhe von CHF 18'194.00 jährlich, zuzüglich Zins zu 5% seit 9. März 2020 zu bezahlen.

2.    Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Klägerin.

 

Zur Begründung wird erklärt, der Kläger habe Anspruch auf eine Dreiviertels-Invalidenrente der Beklagten. Die Beklagte habe die Rente wegen Überentschädigung gekürzt. Diese Kürzung sei nicht korrekt berechnet worden. Bei richtiger Berechnung resultiere der eingeklagte Anspruch.

 

3.       Die Beklagte lässt in ihrer Klageantwort vom 20. Mai 2020 (A.S. 21 ff.) die Abweisung der Klage beantragen.

 

4.       In seiner Replik vom 13. Juli 2020 (A.S. 40 ff.) stellt der Kläger die folgenden, angepassten Rechtsbegehren:

 

1.    Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger rückwirkend ab 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 Versicherungsleistungen (Invalidenrente und 1 Kinderrente) in der Höhe von CHF 30'630.00 jährlich, zuzüglich Zins zu 5 % seit 9. März 2020 zu bezahlen.

2.    Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger rückwirkend ab 1. August 2017 bis auf Weiteres Versicherungsleistungen (Invalidenrente und 2 Kinderrenten) in der Höhe von CHF 22'914.00 jährlich, zuzüglich Zins zu 5 % seit 9. März 2020 zu bezahlen.

3.    Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

 

Er führt aus, wie sich ergeben habe, sei die Überentschädigungs-Berechnung der Beklagten nicht nur rechnerisch inkorrekt, sondern die Kürzung der Rente wegen des erfolgten WEF-Vorbezugs sei bereits im Grundsatz nicht rechtmässig.

 

5.       Die Beklagte beantragt in ihrer Duplik vom 6. Oktober 2020 (A.S. 66 ff.) weiterhin die Abweisung der Klage, einschliesslich der Klageänderung in der Replik vom 13. Juli 2020, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Klägers.

 

6.       Am 1. Dezember 2020 lässt der Kläger eine Triplik einreichen (A.S. 92 ff.). Darin werden die Rechtsbegehren insofern angepasst, als der Anspruch für die Zeit ab 1. Juli 2020 beziffert wird. Daraus resultieren die folgenden Anträge:

 

1.    Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger rückwirkend ab 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 Versicherungsleistungen (Invalidenrente und 1 Kinderrente) in der Höhe von CHF 30'630.00 jährlich, zuzüglich Zins zu 5 % seit 9. März 2020 zu bezahlen.

2.    Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger rückwirkend ab 1. August 2017 bis 30. Juni 2020 Versicherungsleistungen (Invalidenrente und 2 Kinderrenten) in der Höhe von CHF 22'914.00 jährlich, zuzüglich Zins zu 5 % seit 9. März 2020 zu bezahlen.

3.    Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger rückwirkend ab 1. Juli 2020 bis auf weiteres Versicherungsleistungen (Invalidenrente und 3 Kinderrenten) in der Höhe von CHF 17'478.00 jährlich zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. Juli 2020 zu bezahlen.

4.    Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

 

7.       Mit Verfügung vom 17. Februar 2021 wird die Beklagte gebeten, dem Gericht die technischen Grundlagen, auf welchen die Faktoren gemäss Anhang A zum Versicherungsreglement beruhen (BVG 2010), einzureichen. Weiter erhält sie Gelegenheit, sich zu den Ansprüchen des Klägers ab 1. Juli 2020 zu äussern (A.S. 113 f.).

 

8.       Mit Schreiben vom 8. März 2021 (A.S. 116 ff.) lässt die Beklagte einen Auszug aus den technischen Grundlagen (BVG 2010), einen Expertenbericht vom 14. Januar 2013 sowie ein Schreiben vom 5. Februar 2021 an den Kläger (mit einer Berechnung des Anspruchs für die Zeit ab 1. Juli 2020) einreichen. Diese Eingabe geht am 11. März 2021 zur Kenntnis an den Kläger (A.S. 119).

 

9.       Auf die Ausführungen in den Rechtsschriften der Parteien wird im Folgenden, soweit erforderlich, eingegangen. Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

 

II.      

 

1.      

1.1     Die Klage betrifft einen Anspruch aus der beruflichen Vorsorge und ist deshalb gemäss Art. 73 BVG durch das zuständige Vorsorgegericht zu beurteilen (Art. 73 Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVG, SR 831.40]). Da sich der Ort des Betriebes, bei dem der Kläger angestellt war, in [...] befindet, ist das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn örtlich zuständig (vgl. Art. 73 Abs. 3 BVG). Auf die Klage ist deshalb einzutreten.

 

1.2     Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf eine Invalidenrente der Beklagten für die Zeit ab 7. Juni 2017. Im vorsorgerechtlichen Klageverfahren hat das Gericht grundsätzlich den Sachverhalt zu berücksichtigen, wie er sich bis zur Fällung seines Urteils entwickelt hat (Urteil des Bundesgerichts 9C_73/2010 vom 28. September 2010 E. 7.1 und 7.2; Ulrich Meyer/Laurence Uttinger, in: Schneider/Geiser/Gächter [Hrsg.], BVG und FZG, 2. Auflage 2019 [nachfolgend: BVG und FZG], N 98 zu Art. 73 BVG).

 

1.3     Der Kläger hat in der Replik vom 13. Juli 2020 Rechtsbegehren gestellt, welche weitergehen als diejenigen in der Klageschrift vom 9. März 2020. In der Triplik vom 1. Dezember 2020 wurden die Anträge – bezogen auf den Zeitraum ab 1. Juli 2020 – nochmals neu formuliert. Eine solche Klageänderung ist zulässig (§ 58 Abs. 1 Verwaltungsrechtspflegegesetz [VRG, BGS 124.11] in Verbindung mit Art. 227 Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]). Für die Beurteilung massgebend sind daher die Rechtsbegehren gemäss der Triplik vom 1. Dezember 2020 (A.S. 92 ff., 93; vgl. E. I. 6 hiervor).

 

1.4     Materiell ist unbestritten, dass der Kläger Anspruch auf eine Dreiviertels-Invalidenrente der Beklagten hat. Die IV-Stelle hat ihm eine Dreiviertelsrente ab 1. Juni 2016 zugesprochen (E. I. 1.1 hiervor). Er bezog jedoch in der Folge noch bis 6. Juni 2017 den vollen Lohn (vgl. Schreiben der Beklagten vom 31. Oktober 2019, KAB 4 S. 3), so dass der Rentenanspruch gegenüber der Beklagten aufgeschoben wurde und erst am 7. Juni 2017 einsetzt. Unbestritten ist weiter, dass dem Kläger vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 eine Kinderrente (für die im August 2016 geborene Tochter), ab 1. August 2017 zwei Kinderrenten (zusätzlich für die im August 2017 geborene Tochter) und ab 1. Juli 2020 drei Kinderrenten (zusätzlich für den im Juli 2020 geborenen Sohn) zustehen. Umstritten ist die betragsmässige Höhe des Rentenanspruchs. Die Uneinigkeit zwischen den Parteien betrifft zum einen die Auswirkungen des am 30. April 2013 erfolgten Vorbezugs für Wohneigentum von CHF 33'000.00 und zum anderen die Überentschädigungsberechnung.

 

2.      

2.1     Das BVG enthält Mindestvorschriften. Die Vorsorgeeinrichtungen können in ihren reglementarischen statutarischen Bestimmungen davon abweichen, sofern zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens müssen die Leistungen nach der autonomen Regelung mindestens ebenso hoch ausfallen wie diejenigen, welche aus dem Gesetz resultieren (Art. 49 Abs. 1 BVG) und zweitens müssen bestimmte Vorschriften, welche das Gesetz aufzählt (Art. 49 Abs. 2 BVG), eingehalten werden. Bei sogenannten umhüllenden Vorsorgeeinrichtungen, welche ihre Leistungen in einem Reglement festhalten, ohne zwischen obligatorischer und weitergehender Vorsorge zu unterscheiden, ist der Anspruch gestützt auf das Reglement zu ermitteln und anschliessend im Rahmen einer «Schattenrechnung» denjenigen Leistungen gegenüberzustellen, welche aus dem BVG resultieren. Das Reglement ist massgebend, wenn es nicht zu niedrigeren Leistungen führt als das Gesetz («Anrechnungsprinzip»). Dabei sind die gesamten Ansprüche, unter Einbezug der Kinderrenten, zu vergleichen (BGE 136 V 313).

 

2.2     Das Gesetz legt die Rentenansprüche bei Invalidität wie folgt fest:

 

2.2.1  Der Versicherte hat Anspruch auf eine volle Invalidenrente, wenn er im Sinne der IV zu mindestens 70 % invalid ist; eine Dreiviertelsrente, wenn er zu mindestens 60 % invalid ist, eine halbe Rente, wenn er mindestens zur Hälfte invalid ist und eine Viertelsrente, wenn er mindestens zu 40 % invalid ist (Art. 24 Abs. 1 BVG).

 

2.2.2  Die Invalidenrente wird nach dem gleichen Umwandlungssatz berechnet wie die Altersrente im 65. Altersjahr (Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BVG). Das der Berechnung zugrundeliegende Altersguthaben besteht aus dem Altersguthaben, das der Versicherte bis zum Beginn des Anspruchs auf die Invalidenrente erworben hat, und der Summe der Altersgutschriften für die bis zum ordentlichen Rentenalter fehlenden Jahre, ohne Zinsen (Art. 24 Abs. 3 BVG). Diese Altersgutschriften werden auf dem koordinierten Lohn des Versicherten während seines letzten Versicherungsjahres in der Vorsorgeeinrichtung berechnet (Art. 24 Abs. 4 BVG).

 

2.2.3  Die Invalidenrente basiert demnach, ebenso wie die Altersrente, auf einer Berechnung nach dem Beitragsprimat. Sie wird berechnet unter der Annahme, dass der Versicherte bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters denselben Lohn erzielt hätte wie im letzten Versicherungsjahr. Das so ermittelte Altersguthaben wird multipliziert mit dem Umwandlungssatz, der gegolten hätte, wenn nicht der Versicherungsfall Invalidität, sondern der Versicherungsfall Alter eingetreten wäre.

 

2.2.4  Die gesetzliche Kinderrente beläuft sich für jedes Kind auf 20 % der Hauptrente (Art. 25 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 BVG).

 

2.2.5  Laut den in diesem Punkt unbestritten gebliebenen Angaben der Beklagten (vgl. Schreiben vom 22. November 2019, KB 14) beläuft sich die Dreiviertels-Invalidenrente nach BVG, welche dem Kläger ohne Berücksichtigung des Vorbezugs (dazu E. II. 3 hiernach) zustünde, auf CHF 19'066.00. Die Kinderrenten betragen CHF 3’814.00 pro Kind.

 

2.3     Das Reglement der Beklagten regelt den Invalidenrentenanspruch wie folgt:

 

2.3.1  Laut Art. 29 Abs. 2 des Reglements 2017 (identisch mit Art. 29 Abs. 2 des vom Kläger eingereichten Reglements 2012; KB 17) entspricht der Jahresbetrag der vollen Invalidenrente der Altersrente, die der Versicherte im ordentlichen Rücktrittsalter gemäss Art. 23 erhalten hätte, wenn er bis dahin unter Beibehaltung seines letzten beitragspflichtigen Lohnes im Arbeitsverhältnis geblieben wäre. Wenn die IV eine Teilrente ausrichtet, «so zahlt die Kasse auch eine Teilrente zum gleichen Prozentsatz. Dieser wird auf dem Jahresbetrag der vollen Rente gemäss Art. 29 angewendet» (Art. 30 Abs. 1 Reglement 2017 und Reglement 2012).

 

2.3.2  Zur Höhe der Altersrente hält Art. 22 Reglement 2017 unter der Überschrift «Betrag der erworbenen Altersrente» fest: «Der Jahresbetrag der erworbenen Altersrente entspricht der Summe der Jahr für Jahr gemäss Abs. 2 erworbenen Altersrente, gegebenenfalls zuzüglich der gemäss Art. 7 eingekauften Altersrente [bis hierher ist die Formulierung identisch mit dem Reglement 2012, dessen Abs. 1 hier aufhört] und laut Art. 50 Abs. 2 und 58 Abs. 8 gekürzt» (Abs. 1). «Für jedes volle Kalenderjahr erwirbt der Versicherte eine Altersrente, deren Betrag aufgrund des Tarifs im Anhang B zu diesem Reglement, aufgrund des beitragspflichtigen Lohnes und aufgrund des Alters des Versicherten berechnet wird. […]». Anhang B zum Reglement 2017 (identisch im Reglement 2012) enthält dementsprechend eine Tabelle, in welcher, abgestuft nach dem Lebensalter der versicherten Person, der erworbene Betrag der Rente (pro CHF 1'000.00 beitragspflichtiger Lohn) aufgeführt ist. Der Betrag beläuft sich auf CHF 22.40 im Alter von 24 Jahren und reduziert sich mit jedem zusätzlichen Lebensjahr um CHF 0.40, so dass mit 45 Lebensjahren ein Betrag von CHF 14.00 erreicht wird; dieser bleibt dann bis zum Alter von 65 Lebensjahren konstant.

 

2.3.3  Der «Jahresbetrag der versicherten Altersrente» entspricht gemäss Art. 23 Reglement 2017 (identisch mit Reglement 2012) dem Jahresbetrag der am Berechnungsstichtag gemäss Art. 22 erworbenen Altersrente zuzüglich der Altersrenten, die bis zum ordentlichen Rücktrittsalter noch erworben werden könnten, wenn der Versicherte bis zu diesem Zeitpunkt mit seinem letzten beitragspflichtigen Lohn angestellt bliebe.

 

2.3.4  Die Kinderrenten bei Invalidität belaufen sich gemäss Art. 42 Abs. 1 lit. a des Reglements 2012 auf 25 % der Invalidenrente. Art. 42 Abs. 1 lit. a des Reglements 2017 lautet ebenso und enthält lediglich einen hier nicht relevanten Vorbehalt für den Fall, dass ein Teil der Rente in Anwendung des seit 1. Januar 2017 geltenden Art. 124a ZGB dem Ehegatten zugesprochen wird.

 

2.3.5  Zusammenfassend sieht die reglementarische Regelung eine Invalidenrente vor, welche, wie die gesetzliche, nach dem Beitragsprimat berechnet wird. Die Umrechnung des auf das ordentliche Rentenalter hochgerechneten Altersguthaben erfolgt jedoch nicht mithilfe eines Umwandlungssatzes, sondern anhand eines jährlich erworbenen Rentenbetrags. Die Kinderrenten betragen 25 % der Hauptrente.

 

2.3.6  Laut den Versicherungsausweisen per 1. Januar 2016 und per 1. Januar 2017 (KB 18 und 19) beläuft sich die (volle) reglementarische Invalidenrente auf CHF 47'071.00 pro Jahr. Für eine Dreiviertelsrente entspricht dies CHF 35'304.00 pro Jahr CHF 2'942.00 pro Monat. Bei diesen Beträgen ist eine Kürzung zufolge Vorbezugs um (bezogen auf eine volle Rente) CHF 7'064.00 berücksichtigt, deren Berechtigung noch zu prüfen sei wird (vgl. E. II. 3 hiernach). Die volle reglementarische Invalidenrente ohne diesen Vorbezug beträgt demnach CHF 54'135.00 pro Jahr, eine Dreiviertelsrente CHF 40'602.00 (vgl. KB 16). Die Kinderrenten machen einen Viertel dieser Beträge aus; die ungekürzte Dreiviertelsrente beträgt demnach CHF 10'152.00 pro Kind (vgl. Schreiben der Beklagten vom 14. Januar 2020, KB 16).

 

3.       Die Beklagte hat die aus dem Reglement abgeleiteten Rentenansprüche (E. II. 2.1 hiervor) um CHF 7’064.00 (respektive CHF 5'298.00 für die Dreiviertelsrente) für die Hauptrente und CHF 1'766.00 (respektive CHF 1'325.00) für jede Kinderrente gekürzt, weil der Kläger am 30. April 2013 im Rahmen der Bestimmungen über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (Art. 30c BVG, Art. 331e OR) einen Betrag von CHF 33'000.00 vorbezogen hatte. Der Kläger bestreitet die Zulässigkeit dieser Kürzung.

 

3.1     Am 3. April 2013 schlossen der Kläger und die Beklagte einen «Vertrag für einen Vorbezug» mit der Überschrift «Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge» (KB 10 S. 4 f.). Darin wird festgehalten, der Kläger tätige am 30. April 2013 einen Vorbezug im Betrag von CHF 33'000.00. Er werde diese Summe für den Kauf eines Einfamilienhauses verwenden, welches er für den Eigenbedarf als festen Wohnsitz benützen werde. In Ziffer 7 dieses «Vertrags» wird festgehalten, die Vorsorgeleistungen des Klägers reduzierten sich «gemäss dem beiliegenden Vorbezugsprojekt». Beim Vorbezugsprojekt handelt es sich, davon kann ausgegangen werden, um das vom 27. März 2013 datierte Papier (KB 20). Ziffer 8 des Vertrags für einen Vorbezug weist darauf hin, dass die Beklagte in der Lage sei, eine zusätzliche Risikoversicherung für Tod und Invalidität zu günstigen Bedingungen anzubieten, um die Einbusse auf den Versicherungsleistungen zu kompensieren. Der Kläger unterzeichnete am 3. April 2013 den Vertrag für den Vorbezug und ein separates Formular mit dem Titel «Antwortschein Offerte für eine Todesfall- und / oder Invaliditätsrisikoversicherung» (KB 10 S. 6), in dem er erklärte, er verzichte auf den Abschluss einer zusätzlichen Risikoversicherung. Daraufhin wurde ihm am 5. April 2013 ein neuer Versicherungsausweis ausgestellt, der die neuen, wegen der Vorbezugs-Kürzung reduzierten Leistungen festhält (KB 21).

 

3.2     Der Beschwerdeführer hat am 30. April 2013 einen Betrag von CHF 33'000.00 vorbezogen. Der Vorbezug erfolgte gestützt auf die Bestimmungen über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge. Die Parteien sind unterschiedlicher Ansicht über die Auswirkungen dieses Vorbezugs auf die Rentenhöhe. Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dieser Vorbezug führe zu einer Reduktion der jährlichen Invalidenrente um CHF 7'064.00. Dieser Reduktionsbetrag resultiere aus dem Vorbezug von CHF 33'000.00, dividiert durch den Faktor 4'672 gemäss Anhang A zum Reglement 2012, das im Zeitpunkt des Vorbezugs in Kraft war. Bei einer Dreiviertelsrente resultiere eine Reduktion zufolge Vorbezugs von CHF 5'298.00 (3/4 von CHF 7'064.00). Dementsprechend reduziere sich der jährliche Rentenanspruch von CHF 40’602.00 auf CHF 35'304.00. Eine analoge Kürzung habe auch bei den Kinderrenten stattzufinden. Der Kläger stellt sich dagegen in der Replik auf den Standpunkt, es bestehe keine Grundlage für die Kürzung seiner Invalidenrente und der Kinderrenten.

 

3.3     Umstritten ist zunächst, ob eine Kürzung im Grundsatz zulässig ist.

 

3.3.1  Die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen lauten wie folgt: «Mit dem Bezug wird gleichzeitig der Anspruch auf Vorsorgeleistungen entsprechend den jeweiligen Vorsorgereglementen und den technischen Grundlagen der Vorsorgeeinrichtung gekürzt. Um eine Einbusse des Vorsorgeschutzes durch eine Leistungskürzung bei Tod Invalidität zu vermeiden, bietet die Vorsorgeeinrichtung eine Zusatzversicherung an vermittelt eine solche» (Art. 30c Abs. 4 BVG für den obligatorischen Bereich; gleichlautend Art. 331e Abs. 4 OR für die weitergehende berufliche Vorsorge). In welchem Ausmass eine Kürzung stattzufinden hat, legt das Gesetz nicht fest, sondern es verweist auf die Vorsorgereglemente und die technischen Grundlagen der Vorsorgeeinrichtung. In der Lehre wird in diesem Zusammenhang auf die unterschiedlichen Auswirkungen eines Vorbezugs auf die Risikoleistungen im Beitragsprimat und im Leistungsprimat hingewiesen (vgl. Hans-Ulrich Stauffer, in: BVG und FZG, N 33 ff. zu Art. 30c BVG; Marco Heusser, Vorsorgemittel fürs Wohneigentum: Die Sicht des Experten für berufliche Vorsorge, in: Cardinaux [Hrsg.], 20 Jahre Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge, Bern 2014, S. 151 ff., 155 f.).

 

3.3.2  Reglement Statuten einer Vorsorgeeinrichtung stellen den vorformulierten Inhalt des Vorsorgevertrages dar, vergleichbar Allgemeinen Vertrags- Versicherungsbedingungen, denen sich der Versicherte in der Regel konkludent, durch Antritt des Arbeitsverhältnisses und unwidersprochen gebliebene Entgegennahme von Versicherungsausweis und Vorsorgereglement, unterzieht. Nach ständiger Rechtsprechung hat die Auslegung der Vorsorgeverträge nach dem Vertrauensprinzip zu erfolgen. Es ist darauf abzustellen, wie die zur Streitigkeit Anlass gebende Willenserklärung vom Empfänger in guten Treuen verstanden werden durfte und musste. Dabei ist nicht auf den inneren Willen des Erklärenden abzustellen, sondern auf den objektiven Sinn seines Erklärungsverhaltens. Der Erklärende hat gegen sich gelten zu lassen, was ein vernünftiger und korrekter Mensch unter der Erklärung verstehen durfte. Weiter sind die besonderen Auslegungsregeln bei Allgemeinen Geschäfts- Versicherungsbedingungen zu beachten, insbesondere die Unklarheits- und die Ungewöhnlichkeitsregel (BGE 132 V 149 E. 5 S. 150 f. mit Hinweisen).

 

3.3.3  Art. 58 des Reglements der Beklagten in der ab 2012 geltenden Fassung (KB 17; nachfolgend: Reglement 2012), welche im Zeitpunkt des Vorbezugs in Kraft stand, steht unter der Überschrift «Vorbezug» im Kapitel über die Wohneigentumsförderung. Art. 58 Abs. 8 hat den folgenden Wortlaut: «Der Vorbezug hat eine Herabsetzung der versicherten Leistungen zur Folge.» Das Ausmass dieser Herabsetzung wird nicht umschrieben. Das Reglement 2012 enthält auch an keiner anderen Stelle eine ausdrückliche Regelung des Umfangs der in Art. 58 Abs. 8 vorgesehenen Vorbezugs-Kürzung. Dieser Umstand kann aber entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu führen, dass eine solche Kürzung, obwohl reglementarisch vorgesehen, vollständig zu unterbleiben hätte. Stattdessen sind im Rahmen einer Auslegung nach dem Vertrauensprinzip diejenigen Regelungen heranzuziehen, welche das Reglement für vergleichbare Konstellationen getroffen hat. In diesem Zusammenhang drängt es sich auf, Art. 50 des Reglements heranzuziehen, der die Folgen einer Überweisung an den früheren Ehegatten bei Ehescheidung betrifft, denn dieser Vorgang kommt wirtschaftlich einem Vorbezug gleich, indem Kapital aus der Vorsorgeeinrichtung abfliesst. Art. 50 regelt die Auswirkungen auf die Leistungen (Abs. 2), die Summe der persönlichen Beiträge (Abs. 3) und das Altersguthaben (Abs. 4). Abs. 2 lautet wie folgt: «Wenn ein Teil der Freizügigkeitsleistung […] überwiesen wird, wird der Jahresbetrag der gemäss Art. 22 bei der Scheidung erworbenen Altersrente und der damit verbundenen Leistungen gekürzt im Verhältnis zwischen dem Ehegatten zugesprochenen Betrag und der gemäss Art. 53 und 54 auf den Zeitpunkt der Ehescheidung berechneten Freizügigkeitsleistung. Der überwiesene Betrag kann gemäss Art. 7 ganz teilweise wieder eingekauft werden.» Gemäss Art. 53 des Reglements entspricht die Freizügigkeitsleistung «dem Barwert der bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäss Art. 22 des Reglements erworbenen Altersrente und der damit verbundenen Leistungen. Der Barwert wird ermittelt durch Multiplikation des Betrages der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erworbenen Altersrente mit dem Faktor im Anhang A zu diesem Reglement, welcher dem Alter des Versicherten zu diesem Zeitpunkt entspricht». Wendet man diese Bestimmung auf den Vorbezug an, ergibt sich die jährliche Rentenkürzung, indem der vorbezogene Betrag durch den einschlägigen Faktor gemäss Anhang A zum Reglement dividiert wird. Art. 58 Abs. 9 des Reglements hält fest, der Versicherte könne den für den Erwerb von Wohneigentum vorbezogenen Betrag (mit hier nicht interessierenden Einschränkungen) jederzeit zurückerstatten. Art. 58 Abs. 11 lautet wie folgt: «Der Rückzahlungsbetrag wird für den Einkauf von Vorsorgeleistungen gemäss Artikel 7 verwendet». Auch aus diesen Bestimmungen wird deutlich, dass die Leistungskürzung der Erhöhung der Leistung respektive Anwartschaft entspricht, welche bei einem Einkauf in gleicher Höhe resultiert. Der für den Einkauf massgebende Art. 7 des Reglements verweist ebenfalls auf die Faktoren gemäss Anhang A.

 

3.3.4  Zusammenfassend ist Art. 58 Abs. 8 des Reglements 2012 insofern kein Vorbild an Verständlichkeit, als er die Frage nach dem Umfang der Leistungskürzung nicht ausdrücklich regelt. Von einer nicht auflösbaren Unklarheit, welche zur Folge haben müsste, dass gar keine Kürzung stattfindet, kann jedoch nicht gesprochen werden, denn unter Heranziehung von Art. 58 Abs. 9 und 11 sowie Art. 50 Abs. 2 und Art. 53 Abs. 1 wird die Konzeption des Reglements deutlich: Der Vorbezug wird behandelt wie die Auszahlung eines Teils des Vorsorgeguthabens an eine Drittperson im Rahmen einer Ehescheidung wie ein «umgekehrter Einkauf». Die Auswirkungen des Vorbezugs bemessen sich, analog zu einer Reduktion des Freizügigkeitsguthabens zufolge Scheidung und «umgekehrt analog» zu einem Einkauf, nach Anhang A zum Reglement. Die jährliche Kürzung entspricht der vorbezogenen Summe dividiert durch den Faktor gemäss Anhang A, der dem Alter der versicherten Person im Zeitpunkt des Vorbezugs entspricht.

 

3.3.5  Nach dem Gesagten enthält das Reglement 2012 eine hinreichende Grundlage für eine Leistungskürzung wegen eines WEF-Vorbezugs. Der Auffassung des Klägers, eine Kürzung müsse, obwohl sie in Art. 58 Abs. 8 Reglement 2012 explizit vorgesehen sei, vollständig entfallen, weil ihr Ausmass nicht klar genug festgelegt sei, kann nicht gefolgt werden. Im Reglement 2017 wird das Zusammenspiel zwischen den genannten Reglementsbestimmungen verdeutlicht. Art. 58 Abs. 8 lautet nunmehr wie folgt: «Der Vorbezug hat eine Kürzung der versicherten Leistungen, der Summe der persönlichen Beiträge des Versicherten bis zum Vorbezug (persönliche Beiträge ohne Zins einerseits, bereits bezahlte Beiträge für den Einkauf von Vorsorgeleistungen mit Zins andererseits) und des Altersguthabens gemäss Art. 50 zur Folge». Ebenso verhielt es sich bereits unter dem Reglement 2012.

 

3.3.6  Unter Aspekt von Treu und Glauben ergibt sich kein anderes Resultat. Insbesondere kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der dargelegte Inhalt des Reglements dem Kläger, bevor er sich für den Vorbezug entschied, auf dem Papier «Möglicher Vorbezug für die Wohneigentumsförderung per 30.04.2013» vom 27. März 2013 (KB 20) so mitgeteilt wurde. Der Kläger hatte also, als er sich entschloss, den Betrag von CHF 33'000.00 vorzubeziehen, Kenntnis davon, wie das Reglement nach Ansicht der Beklagten auszulegen war und mit welchen Rentenkürzungen im Fall einer Invalidität zu rechnen war. Ebenso wurde ihm mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestehe, eine Zusatzversicherung abzuschliessen, um diese Kürzungen zu vermeiden, wovon er jedoch keinen Gebrauch machte (vgl. E. II. 3.1 hiervor). Mit dem genannten Papier ist die Beklagte auch der Informations- und Beratungspflicht, welche ihr im Zusammenhang mit einem WEF-Vorbezug und dessen Auswirkungen auf die versicherten Leistungen obliegt (vgl. Stauffer, in BVG und FZG, N 41 zu Art. 30c BVG), gerecht geworden. Vor diesem Hintergrund erscheint es als treuwidrig, wenn sich der Kläger nun auf die mangelnde Klarheit der Regelung beruft und geltend macht, dem Reglement lasse sich nicht entnehmen, wie die im Grundsatz unmissverständlich vorgesehene Kürzung erfolge.

 

3.4     Zu prüfen bleibt, ob die Kürzungsregelung inhaltlich rechtmässig, d.h. mit übergeordneten Normen und allgemeinen Grundsätzen vereinbar ist. Das Gesetz (Art. 30c Abs. 4 BVG und Art. 320e Abs. 4 OR) verlangt in diesem Zusammenhang, dass die Kürzung entsprechend den technischen Grundlagen der Vorsorgeeinrichtung erfolgt. Weiter müssen die allgemeinen Grundsätze, insbesondere die vom Kläger angeführten Aspekte der Sachlichkeit und Gleichbehandlung, gewahrt sein.

 

3.4.1  Dem Kläger ist insofern beizupflichten, als die Kürzung im Vergleich zu den (wenigen) in der Literatur erwähnten Beispielen (vgl. z.B. Heusser, a.a.O., S. 155 ff.) hoch ausfällt. Indem die vorbezogene Summe von CHF 33'000.00 für die Bemessung der jährlichen Kürzung durch einen Faktor von lediglich 4.672 geteilt wird, erfährt eine später entstehende Invalidenrente, wenn keine Zusatzversicherung abgeschlossen wird, in jedem Jahr eine Kürzung um 21.4 % des Vorbezugs. Diese Kürzung erhöht sich zusätzlich um die im gleichen Verhältnis erfolgende Herabsetzung der Kinderrenten für die (erst nach dem Vorbezug geborenen) Kinder des Klägers. Im Vergleich zur Invalidenrente ohne Kürzung von CHF 54'135.00 (CHF 47'071.00 plus CHF 7'064.00) beläuft sich die konkrete Kürzung wegen des WEF-Vorbezugs vom 30. April 2013 auf 13 %. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2012, welche sich auf Daten der Axa Leben AG stützte, bezifferte demgegenüber die durchschnittliche Einbusse bei den Invalidenrenten für die versicherte Person auf 3.4 %, diejenige bei den Kinderrenten auf 8.4%, wobei die Einbusse bei jüngeren Versicherten (wie dem Kläger) tendenziell eher unter dem Durchschnitt lag (vgl. Stephan Huwiler, WEF-Bezüge mit Mitteln der beruflichen Vorsorge, Auswirkungen auf die Vorsorgeleistungen, herausgegeben von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, 2012, S. 33 f.; vgl. aber ebenda, S. 54, wo festgestellt wird, dass Studien zu dieser Frage bislang fehlen und sich der Autor nur auf eine begrenzte Datengrundlage stützen konnte). Allerdings bezogen sich die dortigen Daten offenbar grossmehrheitlich, wenn nicht ausschliesslich auf Vorsorgelösungen mit einkommensbasierten, d.h. auf dem Leistungsprimat beruhenden Risikoleistungen (vgl. Huwiler, a.a.O., S. 54). Diese lassen sich, wie erwähnt (E. II. 3.3.1 hiervor), nicht mit Leistungen vergleichen, welche auf dem Beitragsprimat basieren; dort resultieren regelmässig höhere Kürzungen. Dennoch ist davon auszugehen, dass das Ausmass der Rentenkürzung überdurchschnittlich hoch ist.

 

3.4.2  Vor diesem Hintergrund erhält die Frage, ob die Kürzung den technischen Grundlagen entspricht, erhöhtes Gewicht. Um dies überprüfen zu können, hat das Gericht bei der Beschwerdegegnerin die entsprechenden Tabellen eingeholt. Dem eingereichten Papier mit dem Titel «Tarif de libre passage [...]» lässt sich entnehmen, dass die Werte des Anhangs A zum Reglement 2012 einem «Tarif comb» entsprechen, der aus verschiedenen Tabellen der technischen Grundlagen BVG 2010 abgeleitet wurde. Herangezogen wurden namentlich die Tabelle 4 (Temporäre Aktivenrente [Beitrag]), die Tabelle 14 (Anwartschaft auf Altersrente) und die Tabelle 18 (temporäre Anwartschaft eines Aktiven und eines Invaliden auf eine Witwenrente). Weiter wurde die Bestätigung des Experten für berufliche Vorsorge gemäss Art. 52e Abs. 1 lit. b BVG eingereicht, in welcher dieser bescheinigt, dass die reglementarischen versicherungstechnischen Bestimmungen des Reglements 2012 über die Leistungen und die Finanzierung den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Vor diesem Hintergrund besteht – auch wenn sich die Herleitung des «tarif comb» respektive der Werte des Anhangs A aus den angegebenen Tabellenwerten nicht ohne weiteres nachvollziehen lässt – kein Anlass, daran zu zweifeln, dass die reglementarischen Bestimmungen des Reglements 2012, einschliesslich der Berechnung der Auswirkungen eines Einkaufs, eines Abflusses zufolge Ehescheidung und damit auch eines WEF-Vorbezugs, den versicherungstechnischen Grundlagen entsprechen. Letztlich erklärt sich die überdurchschnittlich hohe Kürzung mit der ungewöhnlichen, aber grundsätzlich zulässigen Art der Bemessung der Altersleistungen, welche den in jungen Jahren einbezahlten Beiträgen ein besonders hohes Gewicht beimisst, und mit der Anknüpfung der Risikoleistungen an die Berechnung der Altersleistungen nach dem Beitragsprimat. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Reduktion der obligatorischen Leistungen prozentual sogar noch höher ausfällt (vgl. E. II. 3.4.5 hiernach).

 

3.4.3  Auf der Basis der Tabelle des Anhangs A zum Reglement 2012 ist die Berechnung der Rentenkürzung korrekt erfolgt: Der Faktor 4.672 resultiert aus einer linearen Verbindung zwischen den im Anhang A genannten Faktoren 4.558 (32 Jahre) und 4.729 (33 Jahre) für 8 Monate 2/3 Jahre. Die Kürzung der vollen Invalidenrente um CHF 7'064.00 (Vorbezug CHF 33'000.00 dividiert durch 4.672) entspricht somit dem Reglement. Dasselbe gilt für die Kinderrenten, welche gemäss Art. 42 Ziff. 1 lit. a des Versicherungsreglements einen Viertel der Invalidenrente betragen, so dass sich die Kürzung auf CHF 1'766.00 pro Kinderrente (für eine volle Rente) beläuft.

 

3.4.4  Die vorgenommene Kürzung der Invalidenrente und der Kinderrenten ist demnach reglementarisch vorgesehen. Wie dargelegt, gilt der Anhang A nicht nur für Vorbezüge, sondern auch für Einkäufe und für eingebrachte Freizügigkeitsleistungen; von einer Ungleichbehandlung der Versicherten, welche einen Vorbezug getätigt haben, gegenüber anderen Versicherten kann daher nicht gesprochen werden. Da die Regelung auf Parametern beruht, die nach fachlich anerkannten Grundsätzen festgelegt wurde, ist auch das Kriterium der Planmässigkeit (Art. 1g BVV 2) erfüllt. Die Kürzung der dem Kläger zustehenden Dreiviertelsrente wegen des Vorbezugs um CHF 5'298.00 pro Jahr bei der Hauptrente und CHF 1'325.00 pro Jahr bei den Kinderrenten lässt sich daher nicht beanstanden.

 

3.4.5  Im Bereich der obligatorischen Leistungen nach BVG belaufen sich gemäss den Angaben der Beklagten die Hauptrente auf CHF 19'066.00 ohne Kürzung und auf CHF 13'768.00 mit Kürzung, die Kinderrenten für jedes Kind auf CHF 3'814.00 ohne Kürzung und CHF 2’754.00 mit Kürzung. Diese Beträge sind unbestritten geblieben und es besteht kein Anlass, darauf weiter einzugehen.

 

4.       Umstritten ist weiter, inwieweit die vorstehend ermittelten Leistungsansprüche zur Vermeidung einer Überentschädigung zu kürzen sind.

 

4.1     Strittig ist die Kürzung von Leistungen für die Zeit ab 7. Juni 2017. In zeitlicher Hinsicht sind daher in Bezug auf die Überentschädigung die seit 1. Januar 2017 in Kraft stehenden Fassungen des BVG; SR 831.40 und der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1) massgebend. Anzumerken ist, dass die Überentschädigungsregelung in der seit dem 1. Januar 2017 gültigen Fassung der Art. 34a Abs. 1 BVG und Art. 24 BVV 2 inhaltlich der bisherigen Regelung entspricht.

 

4.2     Gemäss Art. 34a Abs. 1 BVG kann die Vorsorgeeinrichtung die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen kürzen, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90 Prozent des mutmasslich entgangenen Verdiensts übersteigen. Treffen Leistungen nach diesem Gesetz mit gleichartigen Leistungen anderer Sozialversicherungen zusammen, so findet Art. 66 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) Anwendung (Abs. 2). Diese Regelungen gelten grundsätzlich für die obligatorische berufliche Vorsorge. Im weitergehenden (überobligatorischen) Bereich können die Vorsorgeeinrichtungen die Kürzung der Leistungen wegen Überentschädigung unter Beachtung des verfassungsmässigen Minimalstandards (rechtsgleiche Behandlung, Willkürverbot, Verhältnismässigkeit) anders regeln, solange die obligatorischen Ansprüche gewahrt bleiben (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_824/2013 vom 20. Februar 2014 E. 5.2).

 

4.3     Die Überentschädigung ist nach jenem Reglement zu beurteilen, welches im Zeitpunkt gilt, in dem sich die Frage nach der Überentschädigung stellt (BGE 134 V 64 E. 2.3.1 S. 67, 126 V 93 E. 3 S. 96 f., 122 V 316 E. 3c S. 319). Dem Kläger kann daher nicht gefolgt werden, soweit er geltend macht, die Überentschädigungsregelung richte sich für die gesamte Dauer des Leistungsbezugs nach dem Reglement 2012, welches im Zeitpunkt der Entstehung des Leistungsanspruchs galt (vgl. Replik S. 12, A.S. 51). Da sich die Überentschädigungsfrage im Jahr 2017 erstmals stellte, ist das Versicherungsreglement der Beklagten in der ab 1. Januar 2017 gültigen Fassung (nachfolgend: Versicherungsreglement 2017; KAB 7) massgebend. Anzumerken ist, dass das Reglement 2012 in den entscheidenden Punkten keine Abweichungen enthält, so dass die nachfolgenden Erwägungen auch gelten, wenn dieses Reglement als massgebend anzusehen wäre.

 

5.       Einzugehen ist zunächst auf die Überentschädigungsberechnung nach dem Reglement der Beklagten. Unbestrittenermassen sind hierbei drei Phasen zu unterscheiden, nämlich der Zeitraum vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 mit einer Kinderrente, der Zeitraum vom 1. August 2017 bis 30. Juni 2020 mit zwei Kinderrenten und der Zeitraum ab 1. Juli 2020 mit drei Kinderrenten.

 

5.1     Das Reglement 2012 sieht in Art. 16 Abs. 1 unter dem Titel «Zusammenfallen von Leistungen bei Invalidität und Tod» Folgendes vor: «Ergeben die Leistungen der Kasse an einen Invaliden (…) zusammen mit den in Abs. 3 erwähnten Leistungen Dritter einen Betrag, der grösser ist als 95 % des Bruttojahreslohnes, den der Versicherte bei Weiterbeschäftigung hätte erzielen können, zuzüglich allfälliger Kinder- und Haushaltszulagen, werden die Kassenleistungen entsprechend gekürzt.» Art. 16 Abs. 1 des Reglements 2017 lautet identisch, wobei die Haushaltszulagen nicht mehr erwähnt werden (wohl aber die Kinderzulagen). Falls die AHV, die IV, die Unfall- die Militärversicherung ihre Leistungen kürzt, weil der Versicherungsfall durch den Anspruchsberechtigten verschuldet wurde, so sind für die Berechnung der Überversicherung die vollen versicherten Leistungen massgebend (Art. 16 Abs. 5 Reglement 2012 und 2017). Werden die von der Kasse geschuldeten Leistungen infolge Anwendung von Art. 58 Abs. 8 [Vorbezug, vgl. E. II. 3.3.3 hiervor] gekürzt, so werden für die Berechnung der Überversicherung jene Leistungen der Kasse berücksichtigt, die geschuldet gewesen wären, wie wenn keine Kürzung gemäss den erwähnten Artikeln erfolgt wäre (Art. 16 Abs. 6 Reglement 2012 und 2017). Falls die Leistungen der Kasse gekürzt werden so werden sie alle im gleichen Verhältnis gekürzt (Art. 16 Abs. 8 Reglement 2017, Art. 16 Abs. 9 Reglement 2012).

 

5.2     Die strittigen Punkte sind für alle drei Zeitabschnitte grundsätzlich dieselben. Es rechtfertigt sich daher, sie für die gesamte Periode ab 7. Juni 2017 gemeinsam zu behandeln.

 

5.2.1  Unter dem mutmasslich entgangenen Verdienst ist das hypothetische Einkommen zu verstehen, welches der Versicherte ohne Invalidität erzielen könnte, und zwar im Zeitpunkt, in welchem sich die Kürzungsfrage stellt (BGE 123 V 193 E. 5a S. 197). Dabei kann vom durch die Invalidenversicherung ermittelten Valideneinkokommen ausgegangen werden, falls keine Gründe vorgebracht werden, welche ein Abweichen als angezeigt erscheinen lassen (BGE 137 V 20 E. 2.2 S. 23). So verhält es sich hier. Den Ausgangspunkt bildet demnach das Valideneinkommen von CHF 89'578.00 gemäss der IV-Verfügung vom 12. Juni 2019 (KB 5). Da sich die Kürzungsfrage im Jahr 2017 stellt, ist der genannte Betrag, der sich auf das Jahr 2016 bezieht, der Lohnentwicklung von 2016 auf 2017 anzupassen (+ 0,5 %; vgl. Bundesamt für Statistik, Nominallohnindex, Tabelle 1.1.10, Wirtschaftszweige 10 – 33 «verarbeitendes Gewerbe / Herstellung von Waren»). Damit resultiert ein mutmasslich entgangener Verdienst im Jahr 2017 von CHF 90'026.00. Die Hochrechnung dieses Betrags auf das Jahr 2020, in dem wegen des Hinzutretens der dritten Kinderrente eine Neuberechnung vorzunehmen ist, ergibt eine Summe von CHF 91'566.00 (CHF 90'026.00 : 105.2 [Index 2017] x 107.0 [Index 2020]).

 

5.2.2  Die Rechtsprechung hat die Frage, ob bei der Überentschädigungsberechnung nach Art. 24 BVV 2 die Kinder- bzw. Familienzulagen zum mutmasslich entgangenen Verdienst zählen, vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Familienzulagen [FamZG, SR 836.2] am 1. Januar 2009 bejaht (Urteile des Bundesgerichts 9C_753/2009 vom 27. Januar 2010 E. 5.3; 8C_367/2010 vom 6. April 2011 E. 4.5 mit Hinweis). Für das neue Recht wurde die Frage dagegen offengelassen (Urteil des Bundesgerichts 9C_753/2009 vom 27. Januar 2010 E. 5.1). Den Grund für eine mögliche Neubeurteilung bildet der Umstand, dass nunmehr auch Nichterwerbstätige grundsätzlich Anspruch auf Familienzulagen haben (vgl. Art. 19 FamZG). Da mit der aktuellen, gegenüber früher veränderten Ausgestaltung der Familienzulagenordnung und der weiteren Entwicklung seit 2009 der Grundsatz «für jedes Kind eine Zulage» weitgehend (wenn auch nicht vollständig lückenlos) umgesetzt ist, besteht in der neueren Lehre eine Tendenz, die Anrechnung nunmehr abzulehnen, da in aller Regel weiterhin ein Zulagenanspruch besteht, so dass nicht von einem «entgangenen» Verdienstbestandteil gesprochen werden kann (vgl. zum Ganzen Marc Hürzeler, in BVG und FZG, N 22 zu Art. 34a BVG, mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Ehefrau für alle drei Kinder eine Kinderzulage beziehen kann (die Kinderrenten der IV stehen dem nicht entgegen). Es rechtfertigt sich daher für die Schattenrechnung, welche in Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen ist, die Kinderzulagen unberücksichtigt zu lassen.

 

Das Gesagte bedeutet, dass die Beklagte nicht von Gesetzes wegen verpflichtet ist, eine Berechnung vorzunehmen, welche die Kinderzulagen bei der Festlegung der Überentschädigungsgrenze, nicht aber bei den anrechenbaren Einnahmen berücksichtigt. Das Gesetz steht jedoch einer grosszügigeren autonomen Regelung nicht entgegen. Das Reglement der Beklagten sieht sowohl in der Fassung von 2012 als auch in jener von 2017 in Art. 16 Abs. 1 den Einbezug allfälliger Kinderzulagen bei der Bestimmung der Überentschädigungsgrenze vor (vgl. E. II. 5.1 hiervor). Die Beklagte macht allerdings geltend, erfasst würden gemäss dem expliziten Wortlaut von Art. 16 Abs. 1 nur «verlorene» Kinderzulagen, die schon vor Anspruchsbeginn bezogen wurden (Klageantwort S. 10; A.S. 30). Inwiefern die Formulierung «95 % des Bruttojahreslohnes, den der Versicherte bei Weiterbeschäftigung hätte erzielen können, zuzüglich allfälliger Kinder- und Haushaltszulagen» zwingend besagen sollte, es fielen ausschliesslich solche Kinderzulagen in Betracht, die schon vor dem Eintritt des Gesundheitsschadens bezogen wurden, ist nicht erkennbar. Vielmehr lässt sie sich ohne weiteres in dem Sinn verstehen, dass diejenigen Zulagen zu berücksichtigen sind, welche der Versicherte «bei Weiterbeschäftigung», also wenn das Anstellungsverhältnis fortbestehen würde, zum für die jeweilige Überentschädigungsberechnung massgebenden Zeitpunkt beziehen könnte. Diese Interpretation, welche auch den Umstand einbezieht, dass gleichzeitig mit dem Zulagenanspruch jeweils auch ein Kinderrentenanspruch entsteht, der eine Anpassung der Überentschädigungsberechnung auslöst, liegt näher als das Gegenteil, und wenn die Formulierung als unklar zu gelten hätte, wäre die Unklarheit zu Ungunsten der Beklagten, von welcher der Text stammt, aufzulösen. Die Beklagte macht allerdings geltend, sie habe die Kinderzulagen beim anrechenbaren Resterwerbseinkommen nicht berücksichtigt und deshalb sei die Korrelation gewährleistet (Klageantwort S. 9; A.S. 29). Diese Argumentation weist zwar, wie vorstehend dargelegt, inhaltlich eine gewisse Überzeugungskraft auf und spricht gegen einen Einbezug der Kinderzulagen, soweit es um die gesetzlichen Ansprüche geht. Sie findet aber keine Stütze in der autonomen Regelung der Beklagten, denn die Kinderzulagen figurieren nicht in der Aufzählung der anrechenbaren Leistungen Dritter in Art. 16 Abs. 3 des Reglements. Die einzig in Betracht fallende Position «die Leistungen einer Versicherungs- Vorsorgeeinrichtung, die ganz teilweise durch den Arbeitgeber finanziert wurden», ist angesichts der anderen, sehr konkret umschriebenen Positionen – und auch im Vergleich zu Abs. 1, der die Kinderzulagen ausdrücklich nennt – zu allgemein gehalten, als dass sie in diesem Sinn verstanden werden könnte. Auf dieser ihrer eigenen Regelung, welche die Kinderzulagen in die Überentschädigungsgrenze, aber nicht in die anrechenbaren Einnahmen einbezieht, muss sich die Beklagte behaften lassen. Die Unterscheidung hat insofern einen sachlichen Grund, als die im Invaliditätsfall ausgerichteten Kinderrenten inhaltlich ebenfalls den Kinderzulagen entsprechen und sachlich kongruent sind (vgl. das zitierte Urteil des Bundesgerichts 9C_753/2009 vom 27. Januar 2010 E. 5.3). Eine Regelung, welche die Kinderzulagen in die Überentschädigungsgrenze einbezieht, nicht dagegen in die anrechenbaren Einnahmen, kann daher nicht als sachfremd gelten. Es spricht daher nichts gegen die Anwendung von Art. 16 Abs. 1 des Reglements, der wie dargelegt in diesem Sinn zu verstehen ist. Der Arbeitsvertrag (KB 3) sieht Kinderzulagen von CHF 200.00 pro Kind vor. Dementsprechend sind Kinderzulagen in der Höhe von CHF 2'400.00 bis Ende Juli 2017, CHF 4'800.00 vom 1. August 2017 bis 30. Juni 2020 und CHF 7'200.00 ab 1. Juli 2020 bei der Bestimmung der reglementarischen (nicht dagegen bei der gesetzlichen) Überentschädigungsgrenze zu berücksichtigen.

 

5.2.3  Umstritten ist weiter, ob es korrekt ist, dass die Beklagte bei der Berechnung der Überentschädigung die Ansprüche des Klägers (Invalidenrente und Kinderrente) in dem Umfang berücksichtigt, den sie ohne WEF-Vorbezug hätten. Der Kläger macht diesbezüglich geltend, damit werde der Vorbezug doppelt berücksichtigt. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden: Das beschriebene Vorgehen basiert auf Art. 16 Abs. 6 des Reglements. Danach werden, falls sich die von der Kasse geschuldeten Leistungen infolge Anwendung von Art. 58 Abs. 8 (Kürzung wegen WEF-Vorbezugs) reduzieren, für die Berechnung der Überversicherung jene Leistungen der Kasse berücksichtigt, die geschuldet gewesen wären, wie wenn keine Kürzung gemäss den erwähnten Artikeln erfolgt wäre (vgl. E. II. 5.1 hiervor). Entgegen der Argumentation des Klägers kollidiert die erwähnte Regelung weder mit einer spezifischen höherrangigen Normierung noch widerspricht sie dem Sinn der Überentschädigungsbestimmungen. Vielmehr lässt sich nur auf diese Weise erreichen, dass die Kürzung auch dann greift, wenn eine Überentschädigungssituation vorliegt. Ohne eine solche Regelung wird die beim Leistungsanspruch vorgenommene Kürzung ihrerseits gleichsam «weggekürzt», wenn sich die Überentschädigungsfrage stellt (vgl. ausführlich zu diesem Effekt in einem anderen, hier durch Art. 16 Abs. 5 des Reglements erfassten Zusammenhang: Franz Schlauri, Zur Frage der Kompensation von Selbstverschuldenskürzungen in der Überversicherungsberechnung der Sozialversicherungen, in: Sozialversicherungsrechtstagung 2007, S. 167 ff.). Einem ähnlichen Zweck dient beispielsweise auch Art. 53bis AHVV (Rentenplafonierung, wenn [nur] ein Ehegatte keine vollständige Beitragsdauer aufweist). Von einer sachfremden Normierung kann nicht gesprochen werden. Die Frage, wie es sich diesbezüglich bei der Schattenrechnung nach BVG verhält, kann offenbleiben, wie noch darzulegen ist (vgl. E. II. 6.1 und 6.2 hiernach).

 

5.2.4  Eine weitere, relativ geringe Differenz betrifft das anrechenbare mögliche Erwerbseinkommen. Die Beklagte beziffert dieses auf CHF 32'493.00. Wie aus dem Schreiben vom 15. Oktober 2019 (KB 10) hervorgeht, multiplizierte sie den von ihr ermittelten mutmasslich entgangenen Verdienst von CHF 88'800.00 mit der nach Abzug des Invaliditätsgrades von 64 % verbleibenden Resterwerbsfähigkeit von 36 %, was CHF 31'968.00 ergibt, und addierte dazu einen Viertel (verbleibender «Aktivitätsteil» aufgrund der zugesprochenen Dreiviertelsrente) der Krankenkassenzulage von CHF 2'100.00, also CHF 525.00, so dass der erwähnte Betrag von CHF 32'493.00 resultierte. Der Kläger wendet ein, das mögliche Erwerbseinkommen entspreche dem von der IV-Stelle ermittelten Invalideneinkommen von CHF 32'040.00. In der Klageantwort vom 20. Mai 2020 (S. 9; A.S. 29) wird dies grundsätzlich anerkannt; die Beklagte macht aber geltend, es müsse die Nominallohnentwicklung (0.4 % im Jahr 2017, 0.5 % im Jahr 2018) berücksichtigt werden, so dass eine Summe von CHF 32'329.00 resultiere. Hinzu kämen die Kinderzulagen (was aber für die Berechnung nach Reglement abzulehnen ist, vgl. E. II.5.2.2 hiervor).

 

Die durch die Beklagte vorgenommene Berechnung (Valideneinkommen multipliziert mit der von der IV ermittelten Rest-Erwerbsfähigkeit von 36 %) mutet merkwürdig an, ist allerdings in Art. 16 Abs. 3 des Reglements in der Tat so vorgesehen. Nicht ersichtlich ist jedoch, auf welcher Grundlage ein Viertel der Krankenkassenzulage berücksichtigt wird, war diese doch an die bisherige Tätigkeit geknüpft, während das Invalideneinkommen gestützt auf statistische Grundlagen ermittelt wurde. Für den – betragsmässig nur geringfügig abweichenden – Standpunkt des Klägers spricht die von der Rechtsprechung anerkannte Vermutung, das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen stimme mit dem von der IV-Stelle ermittelten Invalideneinkommen überein (BGE 134 V 64 E. 4.1.3 S. 70). Es rechtfertigt sich, von dieser Vermutung auszugehen, wobei analog zum mutmasslich entgangenen Verdienst die allgemeine Lohnentwicklung von 2016 auf 2017 einzubeziehen ist. Diese belief sich gemäss der bereits zitierten Tabelle T1.1.10 auf +0.4 %. Das mögliche Erwerbseinkommen für das Jahr 2017 beträgt demnach CHF 32'186.00 (CHF 32'040.00 plus 0.4 %), dasjenige für das Jahr 2020 CHF 32'904.00 (CHF 32'186.00 : 104.8 [Index für 2017] x 107.2 [Index für 2020]).

 

5.3     Aus den vorstehenden Erwägungen ergeben sich für die reglementarischen Ansprüche die folgenden Berechnungen:

 

5.3.1  Für den Zeitraum vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 (ein Kind):

 

Massgebender Referenzlohn                                                           CHF   90'026.00

Hiervon 95 %                                                                                    CHF   85'525.00

Kinderzulage (1)                                                                               CHF     2'400.00

Überentschädigungsgrenze                                                              CHF   87'925.00

 

IV-Rente                                                                                            CHF   19'296.00

IV-Kinderrente (1)                                                                             CHF     7'716.00

Mögliches Erwerbseinkommen                                                        CHF   32'186.00

Invalidenrente Beklagte ohne WEF-Kürzung                                   CHF   40'602.00

Kinderrente der Beklagten ohne WEF-Kürzung (1)                          CHF   10'152.00

Total anrechenbare Einnahmen                                                        CHF 109'952.00

Überentschädigung                                                                           CHF   22'027.00

 

Invalidenrente Beklagte mit WEF-Kürzung                                      CHF  35'304.00

Kinderrente Beklagte mit WEF-Kürzung                                          CHF    8'832.00

Total Leistungen                                                                               CHF  44'136.00

Minus Überentschädigung                                                                CHF  22'027.00

Anspruch                                                                                           CHF  22'109.00

 

Aufgerundet resultieren CHF 1'843.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 1'475.00; Kinderrente CHF 368.00). Gegenüber dem von der Beklagte anerkannten Betrag von CHF 19'567.00 pro Jahr respektive CH 1'632.00 pro Monat (vgl. das direkt an den Kläger gerichtete Schreiben der Beklagten vom 31. Oktober 2019, in KAB 4) ergibt sich also ein zusätzlicher Anspruch von CHF 211.00 pro Monat für die Zeit vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017.

 

5.3.2  Für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis 30. Juni 2020 (2 Kinder)

 

Massgebender Referenzlohn                                                           CHF   90'026.00

Hiervon 95 %                                                                                    CHF   85'525.00

Kinderzulagen (2)                                                                             CHF     4’800.00

Überentschädigungsgrenze                                                              CHF   90'325.00

 

IV-Rente                                                                                            CHF   19'296.00

IV-Kinderrenten (2)                                                                           CHF   15'432.00

Mögliches Erwerbseinkommen                                                        CHF   32'186.00

Invalidenrente Beklagte ohne WEF-Kürzung                                   CHF   40'602.00

Kinderrenten der Beklagten ohne WEF-Kürzung (2)                       CHF   20'314.00

Total anrechenbare Einnahmen                                                       CHF 127’830.00

minus Überentschädigungsgrenze                                                   CHF   90'325.00

Überentschädigung                                                                           CHF   37'505.00

 

Invalidenrente Beklagte mit WEF-Kürzung                                      CHF   35'304.00

Kinderrenten Beklagte mit WEF-Kürzung (2)                                   CHF   17'664.00

Total Leistungen                                                                               CHF   52'968.00

Minus Überentschädigung                                                                CHF   37'505.00

Anspruch                                                                                           CHF   15'463.00

 

Aufgerundet resultieren CHF 1'289.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 861.00; zwei Kinderrenten zu je CHF 214.00). Gegenüber dem von der Beklagten anerkannten Betrag von CHF 11’186.00 pro Jahr respektive CHF 934.00 pro Monat (vgl. Schreiben der Beklagten vom 31. Oktober 2019, KB 10, sowie Klageantwort S. 7, A.S. 27) beläuft sich der zusätzliche Anspruch auf CHF 355.00 pro Monat.

 

5.3.3  Für den Zeitraum ab 1. Juli 2020 (3 Kinder)

 

Massgebender Referenzlohn                                                           CHF   91’566.00

Hiervon 95 %                                                                                    CHF   86'988.00

Kinderzulagen (3)                                                                             CHF     7’200.00

Überentschädigungsgrenze                                                              CHF   94'188.00

 

IV-Rente                                                                                            CHF   19'452.00

IV-Kinderrenten (3)                                                                           CHF   23’364.00

Mögliches Erwerbseinkommen                                                        CHF   32'904.00

Invalidenrente Beklagte ohne WEF-Kürzung                                   CHF   40'602.00

Kinderrenten der Beklagten ohne WEF-Kürzung (3)                       CHF   30'471.00

Total anrechenbare Einnahmen                                                       CHF 146’793.00

minus Überentschädigungsgrenze                                                   CHF   94'188.00

Überentschädigung                                                                           CHF   52'605.00

 

Invalidenrente Beklagte mit WEF-Kürzung                                      CHF   35'304.00

Kinderrenten Beklagte mit WEF-Kürzung (3)                                   CHF   26'496.00

Total Leistungen                                                                               CHF   61’800.00

Minus Überentschädigung                                                                CHF   52'605.00

Anspruch                                                                                           CHF     9'195.00

 

Aufgerundet resultieren CHF 767.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 440.00; drei Kinderrenten zu je CHF 109.00). Gegenüber dem von der Beklagten anerkannten Betrag von CHF 2'874.00 pro Jahr respektive CHF 242.00 pro Monat (vgl. Schreiben der Beklagten vom 5. Februar 2021, Beilage 3 zur Eingabe vom 8. März 2021) beläuft sich der zusätzliche Anspruch auf CHF 525.00 pro Monat.

 

6.      

6.1     Der Kläger macht weiter geltend, er dürfe nicht schlechter gestellt werden, als wenn die Überentschädigungsberechnung anhand der Mindestvorschriften von Art. 34a BVG und Art. 24 BVV 2 vorgenommen werde. Dies ist insofern zu präzisieren, als gemäss dem Anrechnungsprinzip eine Schattenrechnung vorzunehmen ist, welche ausschliesslich (also nicht nur in Bezug auf die Überentschädigung) auf den gesetzlichen Vorgaben basiert. Wenn aus der reglementarischen Normierung mindestens derselbe betragsmässige Anspruch resultiert, ist die Regelung gesetzmässig. Andernfalls gelten die gesetzlichen Ansprüche (vgl. zum Ganzen Hürzeler, in: BVG und FZG, N 11 zu Art. 34a BVG). Es ist deshalb nachfolgend eine Schattenrechnung gemäss BVG durchzuführen. Dabei ist soweit ersichtlich unbestritten, dass sich die BVG-Invalidenrente auf CHF 19'066.00 ohne WEF-Kürzung und auf CHF 13'768.00 mit WEF-Kürzung beläuft. Die Kinderrenten belaufen sich auf 20 % dieser Beträge (Art. 25 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 BVG), also auf CHF 3'814.00 ohne WEF-Kürzung respektive CHF 2'754.00 mit WEF-Kürzung. Wie sich aus den nachfolgenden Berechnungen ergibt, kann offenbleiben, ob der im Reglement zulässigerweise statuierte Grundsatz, wonach in die Überentschädigungsberechnung die Rente ohne WEF-Kürzung einzusetzen ist, auch für die Schattenrechnung gilt, denn der Anspruch gemäss BVG fällt auch dann niedriger aus als derjenige gemäss Reglement, wenn man nur die gekürzte Rente einsetzt. Die Kinderzulagen sind, wie dargelegt, in diesem Zusammenhang nicht zum mutmasslich entgangenen Verdienst zu zählen (E. II. 5.2.2 hiervor).

 

6.2     Gestützt auf die genannten Zahlen und mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen resultieren – wie erwähnt, unter Einbezug nur der gekürzten BVG-Rente in die Überentschädigungsberechnung – die folgenden Ansprüche:

 

6.2.1  Für die Zeit vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 (ein Kind):

 

Massgebender Referenzlohn                                                           CHF  90'026.00

Hiervon 90 %  = Überentschädigungsgrenze                                   CHF  81'023.00

 

IV-Rente                                                                                            CHF  19'296.00

IV-Kinderrente (1)                                                                             CHF    7'716.00

Mögliches Erwerbseinkommen                                                        CHF  32'186.00

BVG-Invalidenrente mit WEF-Kürzung                                             CHF  13’768.00

BVG-Kinderrente mit WEF-Kürzung (1)                                           CHF    2’754.00

Total anrechenbare Einnahmen                                                       CHF  75’720.00

Überentschädigung                                                                           CHF           0.00

 

Invalidenrente Beklagte mit WEF-Kürzung                                      CHF  13'768.00

Kinderrente Beklagte mit WEF-Kürzung                                          CHF    2’754.00

Total Leistungen                                                                               CHF  16'522.00

Minus Überentschädigung                                                                CHF           0.00

Anspruch                                                                                           CHF  16’522.00

 

Der Anspruch ist niedriger als derjenige gemäss Reglement von CHF 22'109.00 (E. II. 5.3.1 hiervor).

 

6.2.2  Für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis 30. Juni 2020 (2 Kinder):

 

Massgebender Referenzlohn                                                           CHF  90'026.00

Hiervon 90 % = Überentschädigungsgrenze                                    CHF  81'023.00

 

IV-Rente                                                                                            CHF  19'296.00

IV-Kinderrenten (2)                                                                           CHF  15'432.00

Mögliches Erwerbseinkommen                                                        CHF  32'186.00

BVG-Invalidenrente mit WEF-Kürzung                                             CHF  13’768.00

BVG-Kinderrenten mit WEF-Kürzung (2)                                          CHF    5’508.00

Total anrechenbare Einnahmen                                                       CHF  86’190.00

Überentschädigung                                                                           CHF   5’167.00.

 

Invalidenrente Beklagte mit WEF-Kürzung                                      CHF  13'768.00

Kinderrente Beklagte mit WEF-Kürzung                                          CHF    5’508.00

Total Leistungen                                                                               CHF  19'276.00

Minus Überentschädigung                                                                CHF    5’167.00

Anspruch pro Jahr                                                                            CHF 14'209.00.

 

Der Anspruch ist ebenfalls niedriger als derjenige gemäss Reglement von CHF 15'463.00 (E. II. 5.3.2 hiervor).

 

6.2.3  Für den Zeitraum ab 1. Juli 2020 (3 Kinder)

 

Massgebender Referenzlohn                                                           CHF  91’566.00

Hiervon 90 % = Überentschädigungsgrenze                                    CHF  82’410.00

 

IV-Rente                                                                                            CHF  19'452.00

IV-Kinderrenten (3)                                                                           CHF  23’364.00

Mögliches Erwerbseinkommen                                                        CHF  32'904.00

BVG-Invalidenrente mit WEF-Kürzung                                             CHF  13’768.00

BVG-Kinderrenten mit WEF-Kürzung (3)                                          CHF    8’262.00

Total anrechenbare Einnahmen                                                       CHF  97'750.00

minus Überentschädigungsgrenze                                                   CHF  82’410.00

Überentschädigung                                                                           CHF  15’340.00

 

BVG-Invalidenrente mit WEF-Kürzung                                             CHF  13'768.00

BVG-Kinderrenten mit WEF-Kürzung (3)                                          CHF    8’262.00

Total Leistungen                                                                               CHF  22’030.00

Minus Überentschädigung                                                                CHF  15’340.00

Anspruch                                                                                           CHF    6’690.00

 

Auch dieser Anspruch ist niedriger als derjenige CHF 9'195.00, der für denselben Zeitraum aufgrund des Reglements ermittelt wurde (E. II. 5.3.3 hiervor). Auch eine allfällige Teuerungsanpassung der BVG-Rente wäre nicht geeignet, dieses Ergebnis zu verändern.

 

6.3     Zusammenfassend ist der Anspruch gemäss Reglement für den gesamten Zeitraum höher als jener nach den Mindestvorschriften gemäss BVG. Der Kläger hat daher Anspruch auf eine reglementarische Rente in der Höhe gemäss E. II. 5 hiervor.

 

7.       Umstritten ist weiter der Verzugszins.

 

7.1     Nach der Rechtsprechung ist auf Leistungen der beruflichen Vorsorge ein Verzugszins erst ab Klageerhebung geschuldet (BGE 137 V 373 E. 6.6 S. 382 mit Hinweis auf Art. 105 Abs. 1 OR), hier also ab 9. März 2020. Nachforderungen für Leistungen, die erst nach diesem Zeitpunkt fällig wurden, sind ab Fälligkeit zu verzinsen. Der Zinssatz beträgt 5 %, wenn keine abweichende reglementarische Regelung besteht (Hürzeler, in: BVG und FZG, a.a.O., N 8 zu Art. 26 BVG, mit Hinweisen). Der Kläger verlangt deshalb, die Nachforderungen für die Zeit vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 sowie vom 1. August 2017 bis 30. Juni 2020 seien ab 9. März 2020 (Klageanhebung) zu 5 % zu verzinsen. Für die Nachforderung für die Zeit ab 1. Juli 2020 macht er einen Verzugszins von 5 % ab diesem Datum geltend. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf die von ihr eingereichte Reglementsänderung gemäss Beschluss des Stiftungsrats vom 28. Mai 2020, welche am 1. Juni 2020 in Kraft trat (vgl. KAB 1). Gemäss dem neuen Art. 65 Abs. 4 ist, wenn die Kasse mit der Zahlung von Leistungen im Verzug ist, «der Verzugszins ab dem Tag der Anhebung der Betreibung gerichtlichen Klage geschuldet und entspricht dem minimalen Zinssatz gemäss BVG».

 

7.2     Anpassungen durch den Stiftungsrat sind zulässig, wenn das Reglement es so vorsieht. Art. 69 des Reglements 2012 und Art. 67 des Reglements 2017 ermächtigen den Stiftungsrat, jederzeit Änderungen vorzunehmen, wobei jedoch (vorbehältlich einer hier nicht gegebenen Ausnahme) die im Zeitpunkt der Änderung erworbenen Ansprüche der Versicherten nicht gekürzt werden dürfen. Die Regelung zum Verzugszins, welche am 28. Mai 2020 beschlossen wurde und ab 1. Juni 2020 gelten soll, stützt sich demnach auf eine Ermächtigung im Reglement und bewegt sich zeitlich innerhalb des dort gesetzten Rahmens. Wenn die Beklagte eine zuvor in ihrem Reglement nicht enthaltene Bestimmung zum Verzugszins erlassen hat, lässt sich dies nicht beanstanden. Im Sinne einer zulässigen unechten Rückwirkung ist die neue Norm ab ihrem Inkrafttreten auch auf bereits laufende Leistungsansprüche anwendbar. Der Verzugszins beläuft sich demnach auf 5 % für die Zeit vom 9. März 2020 bis 31. Mai 2020 und auf den BVG-Mindestzinssatz von 1 % ab 1. Juni 2020.

 

8.      

8.1     Nach dem Gesagten ist die Klage teilweise gutzuheissen. Der Kläger hat Anspruch auf folgende Invalidenrenten und Kinderrenten:

 

·         CHF 1'843.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 1'475.00, eine Kinderrente zu CHF 368.00) vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017;

·         CHF 1'289.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 861.00; zwei Kinderrenten zu je CHF 214.00) vom 1. August 2017 bis 30. Juni 2020;

·         CHF 767.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 440.00; drei Kinderrenten zu je CHF 109.00) ab 1. Juli 2020.

 

Auf den Ausständen ist ab 9. März 2020 späterer Fälligkeit ein Verzugszins von 5 % pro Jahr bis 31. Mai 2020 und 1 % pro Jahr ab 1. Juni 2020 geschuldet. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger verlangt vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017 CHF 30'630.00 pro Jahr, die Beklagte anerkennt CHF 19'567.00 pro Jahr (KAB 4 S. 4), zugesprochen werden CHF 22'116.00 pro Jahr. Vom 1. August 2017 bis 30. Juni 2020 verlangt der Kläger CHF 22'914.00 pro Jahr, die Beklagte anerkennt CHF 11'186.00 (KB 8), zugesprochen werden CHF 15'468.00. Ab 1. Juli 2020 verlangt der Kläger CHF 17'478.00 pro Jahr, die Beklagte anerkennt CHF 2'874.00, zugesprochen werden CHF 9'204.00. Gemessen an den Anträgen obsiegt der Kläger demnach im Umfang von rund 40 % der strittigen Beträge.

 

8.2     Der obsiegende Kläger hat Anspruch auf eine Parteientschädigung zu Lasten der Beklagten. Diese wird ohne Rücksicht auf den Streitwert nach dem zu beurteilenden Sachverhalt und der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (§ 7 Abs. 3 der kantonalen Verordnung über das Verfahren vor dem Versicherungsgericht [VVV; BGS 125.922]).

 

Rechtsanwalt Zenari macht in seiner Honorarnote vom 1. Dezember 2020 (A.S. 109 f.) einen Zeitaufwand von 24.95 Stunden geltend. Bei teilweisem Obsiegen reduziert sich die Parteientschädigung praxisgemäss insoweit, als das weitergehende Rechtsbegehren den Prozessaufwand des Versichertenanwaltes erhöht hat (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_449/2016 vom 2. November 2016 E. 3.1.1). Ein solcher Fall liegt hier vor, denn ein erheblicher Teil der Ausführungen in den Rechtsschriften des Klägers betraf seinen ursprünglichen Hauptstandpunkt, Art. 16 Abs. 6 des Reglements der Beklagten sei bundesrechtswidrig (vgl. E. II. 5.2.3 hiervor), die später vertretene Auffassung, die Kürzung wegen des WEF-Vorbezugs sei unzulässig (vgl. E. II. 3 hiervor) sowie unzutreffende Ausführungen zum Anrechnungsprinzip. Es erscheint daher als angemessen, dem Kläger eine um rund die Hälfte reduzierte Parteientschädigung zuzusprechen und einen Aufwand von 12.5 Stunden zu entschädigen. Mit dem Stundenansatz von CHF 250.00 und den Auslagen von CHF 231.20 sowie der Mehrwertsteuer von 7,7 % resultiert eine Parteientschädigung von CHF 3'614.60.

 

8.3     Die Beklagte als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation hat dagegen keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung für das teilweise Obsiegen, da das Verhalten des Klägers offensichtlich nicht als mutwillig leichtsinnig zu bezeichnen ist (vgl. BGE 128 V 323; 126 V 143 E. 4 S. 149 ff.).

 

8.4     Das Verfahren ist kostenlos (vgl. Art. 73 Abs. 2 BVG).

Demnach wird erkannt:

1.    Die Klage wird teilweise gutgeheissen. Der Kläger hat Anspruch auf die folgenden Invalidenrentenleistungen der Beklagten:

·         CHF 1'843.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 1'475.00, eine Kinderrente zu CHF 368.00) vom 7. Juni 2017 bis 31. Juli 2017;

·         CHF 1'289.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 861.00; zwei Kinderrenten zu je CHF 214.00) vom 1. August 2017 bis 30. Juni 2020;

·         CHF 767.00 pro Monat (Invalidenrente CHF 440.00; drei Kinderrenten zu je CHF 109.00) ab 1. Juli 2020.

2.    Bereits geleistete Zahlungen sind an die Ansprüche gemäss Ziffer 1 hiervor anzurechnen. Auf den Ausständen ist ab 9. März 2020 späterem Verfall ein Verzugszins in der Höhe von 5 % für die Zeit vom 9. März 2020 bis 31. Mai 2020 respektive von 1 % ab 1. Juni 2020 geschuldet.

3.    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

4.    Die Beklagte hat dem Kläger eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 3'614.60 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.

5.    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

 

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Präsident                           Der Gerichtsschreiber

Flückiger                                   Isch



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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