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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VSBES.2024.51)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2024.51
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Versicherungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VSBES.2024.51 vom 19.04.2024 (SO)
Datum:19.04.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die Beschwerdeführerin A.___ wurde von der CSS Versicherung wegen nicht bezahlter Krankenkassenprämien betrieben. Nachdem die Beschwerdeführerin Rechtsvorschlag erhoben hatte, wurde dieser beseitigt. In einem langwierigen Verfahren ging es darum, ob die Einsprache der Beschwerdeführerin rechtzeitig war. Letztendlich wurde entschieden, dass die Einsprache zu spät kam und die Beschwerde abgewiesen wurde. Es wurde keine Parteientschädigung zugesprochen und keine Verfahrenskosten erhoben.
Schlagwörter: Einsprache; Verfügung; Versicherung; Versicherungsgericht; Recht; Brief; A-Post; Urteil; Empfänger; CSS-Nr; Track; Trace; Verfahren; Empfängers; Sendung; Vizepräsident; Apos; Entscheid; Zustellung; Postzustellung; VSBES; Krankenversicherung; Einspracheentscheid; Solothurn; Betrag; Akten; Begründung; Wohnung; Frist
Rechtsnorm: Art. 52 ATSG ;
Referenz BGE:142 III 599; 142 III 671; 144 IV 57;
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: VSBES.2024.51
Instanz: Versicherungsgericht
Entscheiddatum: 19.04.2024 
FindInfo-Nummer: O_VS.2024.86
Titel: Krankenversicherung KVG

Resümee:

 

 

Urteil vom 19. April 2024

Es wirken mit:

Vizepräsident Flückiger

Gerichtsschreiber Isch

In Sachen

A.___

Beschwerdeführerin

 

gegen

CSS Versicherung, Recht & Compliance

Beschwerdegegnerin

 

betreffend       Krankenversicherung KVG (Einspracheentscheid vom 7. Februar 2024)

 


zieht der Vizepräsident des Versicherungsgerichts in Erwägung:

I.

 

1.       Mit Zahlungsbefehl Nr. [...] des Betreibungsamtes Region Solothurn vom 1. Juni 2023 liess die Krankenversicherung CSS (nachfolgend Beschwerdegegnerin) A.___ (nachfolgend Beschwerdeführerin) wegen nicht bezahlter Prämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung für die Monate Januar 2021 bis August 2022 im Betrag von CHF 8'348.15, Spesen von CHF 250.00, Zinsen von CHF 286.35 sowie 5 % Verzugszins ab dem 2. Juni 2023 auf dem Betrag von CHF 8'348.15 betreiben (CSS-Nr. [CSS Akten] 5). Gegen diesen Zahlungsbefehl erhob die Beschwerdeführerin am 13. Juni 2023 ohne Begründung Rechtsvorschlag. Diesen Rechtsvorschlag beseitigte die Beschwerdegegnerin mit Verfügung vom 31. Juli 2023 (CSS-Nr. 6).

 

2.       Mit Eingabe vom 24. November 2023 (CSS-Nr. 25) gelangte die Beschwerdeführerin an das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und machte sinngemäss geltend, sie erhebe Beschwerde gegen die Pfändungsankündigung. Sie habe die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 31. Juli 2023 nie erhalten. Diese sei mit A-Post Plus verschickt worden. Deshalb habe sie keine Einsprache erheben können. Sie habe die Wohnung gewechselt. Am 29. Juni 2023 sei die Wohnungsabgabe an der alten Adresse gewesen. Sie bitte um sofortigen Betreibungsstopp, zumal sich das Versicherungsgericht seit Monaten mit dem Entscheid der Ausgleichskasse betreffend Entzug der IPV und der EL beschäftige.

 

Auf diese Beschwerde trat das Versicherungsgericht mit Urteil VSBES.2023.287 vom 29. Januar 2024 nicht ein und überwies das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 24. November 2023 der Beschwerdegegnerin als Einsprache, damit diese mittels Einspracheentscheid darüber zu befinde. Zur Begründung hielt das Versicherungsgericht im Wesentlichen fest, mangels eines beschwerdefähigen Einspracheentscheides fehle es am Anfechtungsobjekt, weshalb auf die Eingabe vom 24. November 2023 nicht eingetreten werden könne.

 

3.       Mit Entscheid vom 17. Februar 2024 (A.S. [Akten-Seite] 1 ff.) trat die Beschwerdegegnerin auf die Einsprache der Beschwerdeführerin vom 24. November 2023 nicht ein. Zur Begründung hielt die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen fest, die Einsprache sei nicht innert der 30-tägigen Frist gemäss Art. 52 Abs. 1 ATSG erfolgt, weshalb darauf nicht eingetreten werden könne.

 

4.       Dagegen erhebt die Beschwerdeführerin am 6. März 2024 (A.S. 4) Beschwerde und verlangt sinngemäss, auf ihre Einsprache sei einzutreten. So habe sie die Verfügung vom 31. Juli 2023 nie erhalten.

 

5.       Mit Beschwerdeantwort vom 14. März 2024 (A.S. 8) schliesst die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde.

 

6.       Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird im Folgenden, soweit notwendig, eingegangen.

 

II.

 

1.       Im vorliegenden Fall ist die Bezahlung von ausstehenden Krankenkassenprämien in der Höhe von CHF 8'348.15, Spesen von CHF 250.00, Zinsen von CHF 286.35 sowie 5 % Verzugszins ab dem 2. Juni 2023 auf dem Betrag von CHF 8'348.15 strittig, womit der Streitwert unter CHF 30‘000.00 liegt, weshalb die Angelegenheit vom Vizepräsidenten als Vertreter der Präsidentin des Versicherungsgerichts als Einzelrichter zu beurteilen ist (§ 54bis Abs. 1 lit. a GO).

 

2.       Streitig und zu prüfen ist vorliegend, ob die Beschwerdegegnerin auf die Einsprache der Beschwerdeführerin vom 24. November 2023 zu Recht aufgrund verpasster Rechtsmittelfrist nicht eingetreten ist.

 

2.1     Gegen Verfügungen kann innerhalb von 30 Tagen bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden (Art. 52 Abs. 1 ATSG). Gemäss Track & Trace der Post (CSS-Nr. 7) wurde die betreffende Verfügung vom 31. Juli 2023 der Beschwerdeführerin mittels A-Post Plus am 3. August 2023 zugestellt.

 

2.2     Die Beschwerdeführerin verweist in ihrer Beschwerde ergänzend auf das Schreiben vom 10. Januar 2024 (Beschwerdebeilage 3), welches sie im vorgehenden Verfahren VSBES.2023.287 eingereicht hatte. Darin hielt die Beschwerdeführerin fest, die Verfügung vom 31. Juli 2023 sei ihr gemäss Track & Trace angeblich am 3. August 2023 zugestellt worden, jedoch ohne Unterschrift des Empfängers. Die Post hafte für den Brief A-Post Plus nicht. Die Zustellung eines Briefes sei durch den Absender zu beweisen. Aufgrund der Adressänderung habe sie die Postweiterleitung bis Ende Dezember 2023 bezahlt. Bei der Beschwerdegegnerin habe sie die Adressänderung erst am Anfang Dezember online korrigiert.

 

2.3    

2.3.1  Bei der Versandmethode A-Post Plus wird der Brief mit einer Nummer versehen und ähnlich wie ein eingeschriebener Brief mit A-Post spediert. Im Unterschied zu den eingeschriebenen Briefpostsendungen wird aber der Empfang durch den Empfänger nicht quittiert. Die Zustellung wird vielmehr elektronisch erfasst, wenn die Sendung in das Postfach in den Briefkasten des Empfängers gelegt wird (BGE 144 IV 57 E. 2.3.1; 142 III 599 E. 2.2 mit Hinweisen). Der ständigen bundesgerichtlichen Praxis zum Verfahren «A-Post Plus» zufolge gilt, dass mit der elektronischen Sendungsverfolgung «Track & Trace» der Post CH AG zwar nicht bewiesen wird, dass die Sendung tatsächlich in den Empfangsbereich des Empfängers gelangt ist, sondern bloss, dass die Post CH AG einen entsprechenden Eintrag in ihrem Erfassungssystem vorgenommen hat. Im Sinne eines Indizes lässt sich aus dem Eintrag aber darauf schliessen, dass die Sendung in den Briefkasten in das Postfach des Adressaten gelegt wurde (BGE 142 III 599 E. 2.2; Urteile 2C_170/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 5.3; 2C_1008/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 3.2.1).

 

2.3.2  Dass die Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelangte, hat der Absender zu beweisen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die sich auch auf die Zustellungsart A-Post Plus bezieht, liegt ein Fehler bei der Postzustellung nicht ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Eine fehlerhafte Postzustellung ist allerdings nicht zu vermuten, sondern nur anzunehmen, wenn sie aufgrund der Umstände plausibel erscheint. Auf die Darstellung des Adressaten, dass eine fehlerhafte Postzustellung vorliegt, ist daher abzustellen, wenn seine Darlegung der Umstände nachvollziehbar ist und einer gewissen Wahrscheinlichkeit entspricht, wobei sein guter Glaube zu vermuten ist (BGE 142 III 599 E. 2.4.1). Rein hypothetische Überlegungen des Empfängers genügen hingegen nicht (Urteile 2C_170/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 5.2; 2C_16/2019 vom 10. Januar 2019 E. 3.2.2; 4A_10/2016 vom 8. September 2016 E. 2.2.1, nicht publiziert in BGE 142 III 671; 2C_165/2015 vom 21. Februar 2015 E. 2.3). Eine Verwechslung bei der Zustellung aufgrund gleicher ähnlich lautender Familiennamen kann als nachvollziehbarer Umstand gelten, der eine fehlerhafte Postzustellung plausibel erscheinen lassen kann (vgl. Urteil 1C_330/2016 vom 27. September 2016 E. 2.6). 

 

2.4     Wie erwähnt, wurde die Verfügung vom 31. Juli 2023 gemäss Track & Trace am 3. August 2023 in das Postfach der Beschwerdeführerin gelegt. Auf dieses elektronisch erfasste Zustelldatum kann nach dem Gesagten abgestellt werden, wenn nicht ein Fehler der Post plausibel erscheint.

 

Die Beschwerdeführerin macht unter anderem sinngemäss geltend, sie sei Ende Juni 2023 in eine neue Wohnung gezogen. Aus den Akten ist in diesem Zusammenhang ersichtlich, dass die Verfügung vom 31. Juli 2023 an die Adresse [...] adressiert war, die aktuelle Anschrift der Beschwerdeführerin aber [...] lautet. Gemäss dem Reglement der Beschwerdegegnerin für Versicherungen nach KVG, Ausgabe 01.2018 (CSS-Nr. 35), Ziffer 5.2, haben die Versicherten jeden Wohnortwechsel innert zwei Wochen zu melden. Wie die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 10. Januar 2024 selbst eingeräumt hat, hat sie ihre Adressänderung der Beschwerdegegnerin [...] erst am Anfang Dezember online gemeldet. Es kann somit der Beschwerdegegnerin nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie die Verfügung vom 31. Juli 2023 noch an die alte Adresse der Beschwerdeführerin [...] adressierte. Vielmehr liegt dies in der Verantwortung der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, bei der Post einen entsprechenden Nachsendeauftrag veranlasst zu haben. Wie aus dem betreffenden Track & Trace ersichtlich, wurde darin am 2. August 2023 «Nachsendungsauftrag ausgelöst» vermerkt. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Verfügung vom 31. Juli 2023 aufgrund des Nachsendungsauftrags am 3. August 2023 an die neue Adresse der Beschwerdeführerin [...] zugestellt wurde. Demnach ist ein allfälliger Zustellfehler der Post nicht erstellt.

 

2.5     Zusammenfassend ist somit davon auszugehen, dass die Verfügung vom 31. Juli 2023 der Beschwerdeführerin am 3. August 2023 zugestellt wurde. Damit ist die Einsprache vom 24. November 2023 fraglos nicht innert der 30-tägigen Einsprachefrist gemäss Art. 52 Abs. 1 ATSG erhoben worden. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin darauf nicht eingetreten ist. Demnach ist die Beschwerde abzuweisen.

 

3.

3.1     Bei diesem Verfahrensausgang besteht kein Anspruch auf eine Parteientschädigung.

 

3.2     Grundsätzlich ist das Verfahren kostenlos. Von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

3.    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

 

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Vizepräsident                     Der Gerichtsschreiber

Flückiger                                   Isch



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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