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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VSBES.2022.98)

Zusammenfassung des Urteils VSBES.2022.98: Verwaltungsgericht

Zusammenfassung: Der Beschwerdeführer war als Logistiker bei der Suva versichert und zog sich eine Verletzung an der rechten Schulter zu. Die Suva lehnte die Leistungen ab, da sie die Beschwerden auf Abnützung oder Erkrankung zurückführte. Der Beschwerdeführer legte Einspruch ein und reichte eine Beschwerde beim Versicherungsgericht ein. Nach weiteren Untersuchungen und Gutachten stellte das Gericht fest, dass es sich um unfallähnliche Körperschädigungen handelte, für die die Suva leistungspflichtig war. Die Beschwerde wurde gutgeheissen, und die Suva musste die Kosten des Gerichtsgutachtens tragen. Der Beschwerdeführer hatte Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VSBES.2022.98

Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2022.98
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Versicherungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VSBES.2022.98 vom 10.11.2023 (SO)
Datum:10.11.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Schulter; Suva-Nr; Läsion; Subscapularis; Beurteilung; Unfall; Versicherung; Beweis; Ereignis; Beschwerden; Subscapularissehne; Körper; Pulley; Gutachten; Recht; Sehne; Supraspinatus; Thoracic; Schmerz; Verkalkung; Thoracic-Outlet-Syndrom; Gericht; Abklärung; Akten; Stellung
Rechtsnorm: Art. 4 ATSG ;Art. 43 ATSG ;Art. 6 UVG ;
Referenz BGE:122 V 157; 125 V 351; 134 V 231; 134 V 72; 135 V 465; 139 V 327; 146 V 51;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VSBES.2022.98

 
Geschäftsnummer: VSBES.2022.98
Instanz: Versicherungsgericht
Entscheiddatum: 10.11.2023 
FindInfo-Nummer: O_VS.2023.186
Titel: Unfallversicherung

Resümee:

 

 

Urteil vom 10. November 2023

Es wirken mit:

Präsidentin Weber-Probst

Oberrichterin Kofmel

Oberrichter Thomann

Gerichtsschreiberin von Arx

In Sachen

A.___ vertreten durch B.___

Beschwerdeführer

 

gegen

Suva Rechtsabteilung, Postfach 4358, 6002 Luzern,

Beschwerdegegnerin

 

betreffend       Unfallversicherung (Einspracheentscheid vom 22. April 2022)

 

                                                                                                                             

 


zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:

I.

 

1.

1.1     Der 1972 geborene A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) war als Logistiker angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Suva obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert.

 

1.2     Gemäss Schadenmeldung UVG vom 14. April 2021 zog sich der Beschwerdeführer am 7. April 2021 eine Verletzung an der rechten Schulter zu (Suva-Nummer [Suva-Nr.] 1).

 

1.3     Mit Schreiben vom 27. Mai 2021 teilte die Suva dem Beschwerdeführer mit, dass das Ereignis vom 7. April 2021 den Unfallbegriff nicht erfülle und auch keine unfallähnliche Körperschädigung vorliege. Die Beschwerden seien vorwiegend auf Abnützung Erkrankung zurückzuführen (Suva-Nr. 41). Der Beschwerdeführer erklärte am 11. Juni 2021, dass er mit diesem Entscheid nicht einverstanden sei (Suva-Nr. 45). Mit Verfügung vom 14. Juli 2021 hielt die Beschwerdegegnerin daran fest, dass die Beschwerden weder auf einen Unfall noch auf eine unfallähnliche Körperschädigung zurückzuführen seien, weshalb keine Versicherungsleistungen erbracht werden könnten (Suva-Nr. 65). In ihrer Verfügung verwies die Beschwerdegegnerin auf eine kreisärztliche Beurteilung vom 12. Juli 2021, die der Verfügung beilag (Suva-Nr. 65, S. 3 ff.).

 

1.4.    Die gegen die Verfügung vom 14. Juli 2021 erhobene Einsprache (Suva-Nr. 68) wurde von der Beschwerdegegnerin mit Einspracheentscheid vom 22. April 2022 abgewiesen (Akten-Seite [A.S.] 1 ff.).

 

2.

2.1     Gegen den Einspracheentscheid vom 22. April 2022 erhebt der Beschwerdeführer, vertreten durch B.___, am 25. Mai 2022 Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn (nachfolgend: Versicherungsgericht), indem er folgende Rechtsbegehren stellt (A.S. 13 ff.):

1.     Es sei der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 22. April 2022 vollumfänglich aufzuheben.

2.     Es seien dem Beschwerdeführer die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen. Insbesondere seien die Heilbehandlungskosten und Unfalltaggelder zu erbringen.

3.     Eventualiter sei eine versicherungsexterne medizinische Begutachtung einzuholen.

4.     Subeventualiter sei die Angelegenheit an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen und diese zu verpflichten, eine versicherungsexterne medizinische Begutachtung in Auftrag zu geben.

5.     Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

 

2.2     Mit Beschwerdeantwort vom 5. Juli 2022 schliesst die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde (A.S. 26 ff.), wobei sie sich auf eine am 23. Juni 2022 eingeholte kreisärztliche Beurteilung stützt (A.S. 30 ff.).

 

2.3     Der Beschwerdeführer verzichtet auf das Einreichen einer Replik (A.S. 38). Mit Eingabe vom 9. September 2022 geht die Kostennote der B.___ ein (A.S. 39 f.).

 

2.4     Mit Verfügung vom 8. Februar 2023 wird bei Dr. med. C.___, FMH Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates, ein Gerichtsgutachten veranlasst (A.S. 54 f.). Das Gutachten ergeht am 11. Mai 2023 (A.S. 57 ff.).

 

2.5     Mit Stellungnahme vom 12. Juni 2023 lässt sich die Beschwerdegegnerin zum eingeholten Gutachten vernehmen (A.S. 80 f.). Der Beschwerdeführer verzichtet auf das Einreichen einer Stellungnahme (A.S. 82) und reicht am 29. Juni 2023 die Kostennote zu den Akten (A.S. 84).

 

3.       Auf die Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird nachfolgend, soweit erforderlich, eingegangen. Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

 

II.

 

1.       Die Sachurteilsvoraussetzungen (Einhaltung von Frist und Form, örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

2.

2.1     Soweit das Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG, SR 832.20) nichts anderes bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt (Art. 6 Abs. 1 UVG).

 

2.2     Unfall ist die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit den Tod zur Folge hat (Art. 4 Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG, SR 830.1]).

 

2.3     Die Versicherung erbringt ihre Leistungen auch bei bestimmten Körperschädigungen, sofern sie nicht vorwiegend auf Abnützung Erkrankung zurückzuführen sind (sogenannte unfallähnliche Körperschädigungen). Zu diesen «Listenverletzungen» zählen u.a. Sehnenrisse und Bandläsionen (Art. 6 Abs. 2 lit. f und g UVG).

 

3.

3.1     Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht gilt der Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Danach hat der Versicherungsträger beziehungsweise das Gericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Zur Abklärung medizinischer Sachverhalte ist die rechtsanwendende Behörde regelmässig auf Unterlagen angewiesen, die ihr vorab von Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu stellen sind (BGE 122 V 157 E. 1b). Diese medizinischen Unterlagen hat das Versicherungsgericht nach dem im Sozialversicherungsprozess gültigen Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG) umfassend, objektiv und inhaltsbezogen zu würdigen (BGE 132 V 393 E. 4.1). Das bedeutet, dass das Gericht alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruchs gestatten. Insbesondere darf es bei einander widersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum es auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist also entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Bewertung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Fachperson begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a).

 

3.2     Die Rechtsprechung erachtet es als mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung vereinbar, in Bezug auf bestimmte Formen medizinischer Berichte und Gutachten Richtlinien für die Beweiswürdigung aufzustellen (BGE 125 V 351 E. 3b). So ist einem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten medizinischen Gutachten durch externe Spezialärztinnen und -ärzte, welches aufgrund eingehender Beobachtungen und Untersuchungen sowie nach Einsicht in die Akten erstellt worden ist und bei der Erörterung der Befunde zu schlüssigen Ergebnissen gelangt, in der Beweiswürdigung volle Beweiskraft zuzuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 125 V 351 E. 3b/bb). Andererseits ist der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen, dass behandelnde Ärztinnen und Ärzte im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen mitunter eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125 V 351 E. 3b/cc). Ferner haben rechtsprechungsgemäss Berichte versicherungsinterner medizinischer Fachpersonen Beweiswert, doch kommt ihnen nicht dieselbe Beweiskraft zu wie einem Gutachten, das der Versicherungsträger im Verfahren nach Art. 44 ATSG von einer externen Fachperson eingeholt hat, einem Gerichtsgutachten. Zwar lässt der Umstand, dass versicherungsinterne Fachpersonen in einem Anstellungsverhältnis zum Versicherungsträger stehen, für sich allein noch nicht auf mangelnde Objektivität und Befangenheit dieser Personen schliessen. Soll ein Versicherungsfall jedoch ohne Einholung eines externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 135 V 465 E. 4.4 mit Hinweisen).

 

4.       Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin ihre Leistungspflicht bezüglich des Ereignisses vom 7. April 2021 mit Einspracheentscheid vom 22. April 2022 (A.S. 1 ff.) zu Recht verneint hat. In diesem Zusammenhang sind im Wesentlichen folgende Akten relevant:

 

4.1     Im Notfallbericht des D.___ vom 22. Juni 2017 wurden ein Verdacht auf ein subakromiales Impingement Schulter rechts (dominant) und ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus diagnostiziert. Gemäss der Anamnese sei es im Verlauf des Nachmittags plötzlich zu einschiessenden Schmerzen ventral in der rechten Schulter und leichter Armschwäche gekommen. Der Versicherte habe sich danach ein bis zwei Stunden hingelegt. Anschliessend seien sowohl der Schmerz als auch die Armschwäche verstärkt gewesen und es sei ein Kribbeln im rechten Arm aufgetreten. Bereits ungefähr zwei Jahre davor sei eine ähnliche Episode aufgetreten, jedoch mit weniger starken Schmerzen. Damals sei die Symptomatik unter oraler Therapie nach etwa einer Woche wieder abgeklungen (Suva-Nr. 74).

 

4.2     Im Radiologiebericht des D.___ vom 23. Juni 2017 wurde festgehalten, dass kein Nachweis einer Luxation und kein sicherer Nachweis einer frischen traumatischen ossären Läsion zu erkennen sei, wobei eine schalenförmige Absprengung im Bereich des Tuberculum majus nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne (Suva-Nr. 34).

 

4.3     Mit Notfallbericht des D.___ vom 10. April 2021 wurde ein Verdacht auf eine traumatische Rotatorenmanschettenläsion rechts diagnostiziert. Als Nebendiagnose wurde unter anderem ein Diabetes mellitus Typ 2, insulinpflichtig seit 2016, mit Spätfolgen einer schweren peripheren Polyneuropathie und diabetischem Fusssyndrom Wagner genannt. Der Versicherte habe bei der Arbeit mit der rechten Schulter eine forcierte Abduktion gemacht und dabei ein Knacken gehört. Darauf seien einschiessende Schulterschmerzen gefolgt. Er habe vorerst weitergearbeitet. Im Tagesverlauf sei es nach der Ruhigstellung der Schulter schmerzbedingt zu einer stark eingeschränkten Beweglichkeit gekommen, wobei das Gewicht des hängenden Arms Schmerzen bereite. Zudem sei es im Verlauf zu leichten Parästhesien an der rechten Hand gekommen. In der ärztlichen Beurteilung wurde festgehalten, dass sich konventionellradiologisch keine ossäre Läsion und eine korrekte Artikulation der rechten Schulter gezeigt hätten. Bei klinisch deutlich eingeschränkter Beweglichkeit der Schulter bestehe am ehesten der Verdacht auf eine Läsion der anterosuperioren Rotatorenmanschette (Suva-Nr. 20).

 

4.4     Im Radiologiebericht des D.___ vom 10. April 2021 führte Dr. med. E.___ aus: «Keine frische ossäre Läsion des rechten proximalen Numerus. Vorbestehende Eindellung des Tuberculum majors, DD Status nach stattgehabter Hill-Sachs. Unklare röntgendichte Struktur Ve inferior-anterior des Glenoids. Kein Nachweis einer knöchernen Bankart-Läsion. Regelrechte glenohumerale Artikulation» (Suva-Nr. 33).

 

4.5     Anlässlich der MRT Arthrographie des rechten Schultergelenks vom 22. April 2021 hielt Dr. med. F.___, Facharzt FMH Radiologie, in der Beurteilung eine akute Läsion des Rotatorenintervalls (Ruptur des Ligamentum glenohumerale superior) sowie eine fragliche niedriggradige Läsion am Ansatz der Subskapularissehne, DD iatrogen im Rahmen der Arthrographie, fest (Suva-Nr. 27).

 

4.6     Im Suva-Fragebogen gab der Versicherte am 26. April 2021 an, dass es beim Heben eines Faltrahmens in der Schulter geknackt habe. Danach habe er einen stechenden Schmerz beim Bewegen erlitten. Er habe bis am 10. April 2021 weitergearbeitet, aber immer weniger bewegen können. Auf die Frage, ob sich etwas Besonderes ereignet habe wie beispielsweise Ausgleiten, Sturz Anschlagen, vermerkte der Versicherte, dass er sich mit dem gehobenen Rahmen abgedreht habe. Die Beschwerden hätten sich sofort bemerkbar gemacht. Ab dem 9. April 2021 seien die Schmerzen sehr stark gewesen. Früher hätten keine Beschwerden ärztliche Behandlungen im Zusammenhang mit dem zur Diskussion stehenden Körperteil bestanden (Suva-Nr. 14).

 

4.7     Gemäss Suva-Telefonnotiz vom 3. Mai 2021 habe es beim Runternehmen von Ware in der Schulter geknackt (Suva-Nr. 13).

 

4.8     Im Sprechstundenbericht des D.___ vom 4. Mai 2021 diagnostizierte Dr. med. G.___, leitender Arzt Orthopädie, eine traumatische Teilruptur des Subscapularis Schulter rechts vom 9. April 2021. Zwei Wochen posttraumatisch zeige sich eine nur leicht verbesserte Beschwerdesymptomatik. Es bestünden weiterhin Schmerzen bei der Bewegung des Schultergelenks, insbesondere bei der Abduktion. Im MRI vom 22. April 2021 sei eine traumatische Teilruptur des Subscapularis zu sehen (Suva-Nr. 24).

 

4.9     In den kreisärztlichen Stellungnahmen vom 18. Mai 2021 und 26. Mai 2021 kam Dr. med. H.___ zum Schluss, dass eine Körperschädigung vorliege, die vorwiegend auf Abnützung Erkrankung zurückzuführen sei (Suva-Nr. 28 und 35).

 

4.10   Am 1., 2. und 10. Juni 2021 erfolgte eine neurologische Abklärung der lageabhängigen Dysästhesie und lividen Verfärbung der rechten Hand nach Teilruptur des M. subscapularis rechts. Prof. Dr. med. I.___, Oberärztin Neurologie am D.___, diagnostizierte im Wesentlichen eine traumatische Teilruptur des M. Subscapularis Schulter rechts vom 9. April 2021, eine Scapula alta rechts und eine diabetische Polyneuropathie. Es fänden sich keine Zeichen einer Kompressionsneuropathie an den typischen Stellen des N. medianus und ulnaris rechts, jedoch bei auffälligen F-Wellen Hinweise auf eine Irritation im proximalen Verlauf der Nerven (Plexus brachialis, polyradikulär). Die MRI-Untersuchung habe keine Hinweise auf einen Wurzelausriss eine Plexuskompression gezeigt, was eine Plexopathie nicht ausschliesse (Suva-Nr. 48, 49 und 50).

 

4.11   Im Radiologiebericht des D.___ vom 10. Juni 2021 wurde festgehalten, dass kein Nachweis einer Plexusläsion vorliege (Suva-Nr. 52).

 

4.12   Mit E-Mail vom 11. Juni 2021 teilte der Beschwerdeführer unter anderem mit, der Unfall habe sich spontan beim Anheben und Abdrehen eines Faltrahmens ereignet (Suva-Nr. 45).

 

4.13   Im Orthopädiebericht vom 17. Juni 2021 stellte Dr. med. G.___ unter anderem fest, dass die Beschwerden des Versicherten, hauptsächlich Einschlafen und Kribbelparästhesien im Bereich der rechten Hand sowie eine livide Verfärbung, neben der Schulterproblematik noch suspekt auf eine zusätzliche Pathologie entweder vaskulär neurologisch hinwiesen. Mit einer alleinigen Reinsertion der Subscapularissehne lasse sich nur ein Teil der Probleme lösen. Der Beschwerdeführer habe einen punktuellen Schmerz im Bereich der anterioren Schulter mit Zunahme der Beschwerden bei forcierter Innenrotation, was ganz hervorragend zur Problematik der Rotatorenmanschette passe (Suva-Nr. 51).

 

4.14   Im Rahmen einer von der Suva eingeholten Zweitmeinung führte Dr. med. J.___ vom K.___ am 7. Juli 2021 zur Beurteilung aus, dass eine kleine Intervallläsion mit Kontrastleakage auf Höhe des Intervalles vor der Subscapularissehne bestehe. Die Kontrastimbibierung der Unterfläche der Subscapularissehne sei mit einer Partialruptur vereinbar. Daneben sei eine Susceptibilitätsstörung innerhalb der Sehnenplatte zu erkennen wie es im Rahmen einer PHS zu sehen sei. Es lägen konventionelle Röntgenaufnahmen der Schulter vom 22. Juni 2017 respektive 10. April 2021 vor. Ein Vergleich ergebe, dass im Bereich des Tuberculum minus eine Verkalkung frisch aufgetreten sei, passend zu einer Verkalkung innerhalb der Sehne. Ansonsten fänden sich kongruente Gelenkkonturen mit gut zentriertem Humeruskopf im Glenoid (Suva-Nr. 58).

 

4.15   In der erneuten kreisärztlichen Beurteilung vom 13. Juli 2021 kam Dr. med. H.___ zum Schluss, dass beim Beschwerdeführer keine Listendiagnose vorliege, die nicht auf Abnützung Erkrankung zurückzuführen sei. Gemäss Röntgendokumentation und veranlasster Zweitbefundung zeige sich beim Versicherten eine kleine Intervallläsion im Bereich der Subscapularissehne, die höchstens mit einer Partialläsion vereinbar sei. Gleichzeitig sei im Bereich der Sehnenplatte eine Verkalkung im Sinne einer PHS nachzuweisen. Diese Befunde seien degenerativer Genese, respektive chronischer Genese. Für die zusätzlich beklagten Kribbelparästhesien und die livide Verfärbung der rechten Hand liege kein objektivierbares Korrelat respektive keine Diagnose vor (Suva-Nr. 60).

 

4.16   Im Operationsbericht vom 1. September 2021 diagnostizierten Dr. med. G.___ und Dr. med. L.___ eine traumatische Teilruptur des Subscapularis Schulter rechts vom 9. April 2021 mit anterior Ruptur Supraspinatus und Instabilität Bizeps. Anlässlich der Operation sei eine Schulterarthroskopie rechts durchgeführt worden, unter anderem mit Resektion des Rotatorenintervalls, Débridement der Unterflächenläsion der Subscapularis und Supraspinatussehne, subacromiale Bursektomie, Rekonstruktion der Subscapularissehne, Bizepstenodese und Rekonstruktion der kleinen Vorderrandläsion der Supraspinatussehne. Zum diagnostischen Rundgang wurde unter anderem festgehalten: Unauffällige Knorpelverhältnisse, Labrum intakt, Bizepssehne im Ankerbereich intakt, Subscapularissehne wie vermutet abgerissen mit einer deutlichen Läsion, das vordere und hintere Pulley der Bizepssehne sei instabil. Damit zeige sich auch, dass die Vorderrandläsion der Supraspinatussehne für den Beschwerdeführer symptomatisch sei (Suva-Nr. 82).

 

4.17   Im Bericht vom 5. Oktober 2021 nahm Dr. med. L.___ zu den Fragen der Rechtsschutzversicherung des Beschwerdeführers Stellung. Die Diagnose lautete auf St. nach Schulterarthroskopie rechts vom 31. August 2021 mit / bei traumatischer Teilruptur des Subscapularis Schulter rechts vom 9. April 2021 mit ant. Ruptur Supraspinatus und Instabilität Bizeps. Als Nebendiagnosen führte er ein Schulterkompressionssyndrom (Thoracic outlet) rechts, eine anamnestisch vorbestehende Scapula alta rechts sowie eine diabetische Polyneuropathie auf. Die Beschwerden seien akut beim Herunterziehen einer Plastikbox mit akuter Überlastung der abduzierten und innenrotierten Schulter am 7. April 2021 aufgetreten. Erst nach diesem Ereignis seien die Schmerzen in der Schulter aufgetreten. Entsprechend sei davon auszugehen, dass die Beschwerden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf dieses Ereignis zurückzuführen seien. Da die Beschwerden vor dem Ereignis vom 7. April 2021 nicht vorhanden gewesen seien und ein klares Ereignis mit akuter Überlastung der Schulter an diesem Tag dokumentiert sei, sei nicht von einer überwiegend degenerativen Natur der Verletzung auszugehen. Zur kreisärztlichen Beurteilung nahm Dr. med. L.___ wie folgt Stellung: Im Schulter-MRI vom 22. April 2021 sei klar eine Teilläsion der Subscapularissehne zu beobachten. Die Zweitbeurteilung von Dr. med. J.___ vom 7. Juli 2021 weise auf eine mögliche kleine Verkalkung im Bereich der Subscapularissehne hin, lege sich hier jedoch nicht klar fest. Eine Verkalkung sei MR-tomographisch sowie konventionell-radiologisch am Ansatz der Sehne nicht klar auszumachen. Dies decke sich mit den intraoperativen Befunden der Schulter-Arthroskopie vom 31. August 2021, bei denen sich eine deutliche Läsion mit abgerissener Subscapularissehne sowie eine vordere und hintere Pulleyläsion gezeigt habe. Verkalkungen fortgeschrittene degenerative Veränderungen der Sehnen hätten nicht gezeigt werden können. Bezüglich der Kribbelparästhesien sowie der Verfärbung der rechten Hand seien umfangreiche Abklärungen erfolgt. Die neurologischen Untersuchungen hätten keine Hinweise auf eine Kompressionsneuropathie des Nervus medianus ulnaris im distalen Bereich rechts ergeben. Es hätten sich jedoch auffällige F-Wellen in der neurophysiologischen Abklärung gezeigt, sodass bei MR-tomographisch fehlendem Korrelat von einer Irritation der Nerven im proximalen Verlauf ausgegangen worden sei. Entsprechend sei die Symptomatik auf ein Thoracic-Outlet-Syndrom zurückgeführt worden (Suva-Nr. 70).

 

4.18   In der kreisärztlichen Beurteilung vom 7. April 2022 bestätigte Dr. med. M.___ die Voreinschätzung von Dr. med. H.___, wonach die geltend gemachten und operierten Schäden an der rechten Schulter überwiegend wahrscheinlich verschleissbedingt seien. Der Versicherte habe bereits vor dem geltend gemachten Ereignis mindestens zwei Episoden von spontan eintretenden Schulterschmerzen rechts mit Bewegungseinschränkung und Sensibilitätsstörungen mit Muskelschwäche im Arm rechts gehabt. Auch aktuell sei wiederum eine Funktionsschwäche des rechten Armes eingetreten. Diese sei allerdings nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine akute Schädigung der Rotatorenmanschette zurückzuführen, sondern auf eine vorbestehende neurologische Konstellation im Sinne eines neurogenen Thoracic-Outlet-Syndroms. Ein mechanisches Thoracic-Outlet-Syndrom sei ausgeschlossen worden. Im Operationsbericht vom 31. August 2021 seien zwar Läsionen an der Supraspinatus- und Subscapularissehne sowie am Rotatorenintervall als Diagnosen aufgeführt. Ein detaillierter intraoperativer Befund sei dem OP-Bericht jedoch nicht zu entnehmen. Es lägen mehrere kurze Videosequenzen aus der intraoperativen Bilddokumentation vor. Diesen seien aber die Schäden nicht zu entnehmen. Jedenfalls liege eine erhebliche Inkonsistenz der Angaben im OP-Bericht zu den Befunden aus dem MRI vom 22. April 2021 vor. Bei der eigenen Durchsicht der MRI-Bilder könne sich Dr. med. M.___ den Befunden der Radiologen anschliessen. Die Befunde an der rechten Schulter des Versicherten seien überwiegend wahrscheinlich auf Verschleiss resp. im Falle des Thoracic-Outlet-Syndroms auf Krankheit zurückzuführen (Suva-Nr. 95).

 

4.19   In der orthopädischen Stellungnahme vom 18. Mai 2022 hielt Dr. med. L.___ daran fest, dass die Beschwerden an der rechten Schulter traumatischer Genese seien, da diese akut nach einem Ereignis aufgetreten seien. Entgegen der Einschätzung der SUVA sei auf den dokumentierten Bildern sehr wohl eine Läsion der Sub­scapularissehne und der Supraspinatussehne zu sehen. Es seien nicht komplette Rupturen der Sehnen, jedoch Partialläsionen, welche für die beschriebenen Beschwerden verantwortlich sein könnten. Ein zeitgleich bestehendes neurogenes Thoracic-Outlet-Syndrom sei parallel dazu möglich. Die Verdachtsdiagnose hierzu sei bereits am 10. Juni 2021 von Prof. Dr. med. I.___ beschrieben worden. Hier sei jedoch auch darauf hingewiesen worden, dass dies im Zusammenhang mit der Ruhigstellung nach dem Trauma und der nach dem Trauma bestehenden Schwäche der Schulterheber ausgelöst worden sein könnte. Dies schliesse entsprechend eine traumatische Läsion an der Rotatorenmanschette nicht aus (Suva-Nr. 99).

 

4.20   In der kreisärztlichen Stellungnahme vom 23. Juni 2022 stellte Dr. med. M.___ fest, im vorliegenden Fall könne mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit vorwiegend von degenerativen Veränderungen an der Rotatorenmanschette und dem Biceps-Pulley ausgegangen werden. Die medizinische Aktenlage aus dem Jahr 2017 gebe Hinweise auf degenerative Veränderungen am rechten Schultergelenk. Anamnestisch bekannt sei eine Behandlung wegen spontan aufgetretener Schulterschmerzen rechts aus dem Jahr 2017 sowie eine ähnliche Episode zwei Jahre zuvor. Zu bewerten seien eine Unterflächenpartialläsion der Subscapularissehne, eine fragliche Intervallläsion (Pulley-Läsion) und eine Unterflächenpartialläsion der Supraspinatussehne. Zweifelsfrei sei, dass der Versicherte nach der Entnahme eines 15 kg schweren Faltrahmens aus einem Regal über Schmerzen im rechten Schultergelenk geklagt habe. Es sei naheliegend, dass durch die beschriebene Aktion ein vorbestehendes neurogenes Thoracic-Outlet-Syndrom provoziert worden sei. Andererseits könnten bei dem Hergang vorbestehende Schäden am rechten Schultergelenk zutage getreten sein. Das Argument von Dr. med. L.___, der Versicherte sei vor dem 7. April 2021 völlig beschwerdefrei gewesen, sei kein Beweis dafür, dass die Schädigungen zu diesem Datum eingetreten seien. Der Versicherte habe in einem Telefonat mit der Suva geäussert, dass er zuvor nie Beschwerden am rechten Schultergelenk gehabt habe. Dem widerspreche der Notfallbericht vom 22. Juni 2017 sowie eine offensichtlich zwei Jahre zuvor stattgehabte anamnestisch bekannte Episode. Die Röntgenaufnahme vom 10. April 2021 zeige deutliche schollige Verkalkungen im Bereich des Tuberculum majus. Ebenso zeigten sich kleine Verkalkungen im Ansatzbereich der Supraspinatussehne. Diese seien älteren Datums und vorbestehend und wiesen auf verschleissbedingte Veränderungen hin. Sie seien jedenfalls eindeutige Zeichen für be- respektive überlastungsbedingte Schäden. Im Weiteren ergebe eine Durchsicht der MRI-Bilder, dass der gesamte Biceps-Pulley keine Veränderungen zeige, die traumatischer Genese sein könnten, bis auf eine minimale Kontrastmittel-Leckage cranial, von der vermutet werden könne, dass sie iatrogen bei der Arthrographie entstanden sei. Die Bicepssehne selber zeige auch keinerlei Luxationstendenz nach medial, was für eine Pulley-Läsion spräche, sondern sei im Sulcus bicipitalis zentriert (A.S. 30 ff.).

 

5.       Zu prüfen ist vorliegend zunächst die Frage, ob das Ereignis vom 7. April 2021 einen Unfall im Rechtssinne darstellt.

 

5.1     Unfall ist die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der Gesundheit zur Folge hat (Art. 4 ATSG). Vorliegend sind die Tatbestandsmerkmale der Körperverletzung, Plötzlichkeit und fehlenden Absicht gegeben. Fraglich ist hingegen, ob ein ungewöhnlicher äusserer Faktor vorliegt.

 

5.2     Der für die Erfüllung des Unfallbegriffs im Rechtssinne notwendige äussere Faktor verlangt ein von aussen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Der äussere Faktor ist damit das Gegenstück zur – den Krankheitsbegriff konstituierenden – inneren Ursache (BGE 134 V 72 E. 4.1.1). Erforderlich ist die Einwirkung objektiv feststellbarer, vom menschlichen Körper unabhängiger Kräfte (BGE 139 V 327 E. 3.3.1; Pra 2013 Nr. 101 S. 778). Dies kann auch in einer unkoordinierten Bewegung bestehen. Eine solche liegt dann vor, wenn der Bewegungsablauf durch eine gewisse Programmwidrigkeit, wie Stolpern, Ausgleiten Anstossen gestört wird, wenn die versicherte Person eine reflexartige Abwehrhaltung ausführt (Urteil des Bundesgerichts 8C_783/2013 vom 10. April 2014 E. 4). Der äussere Faktor ist ungewöhnlich, wenn er – nach einem objektiven Massstab – nicht mehr im Rahmen dessen liegt, was für den jeweiligen Lebensbereich alltäglich und üblich ist (BGE 134 V 72 E. 4.1). Die Ungewöhnlichkeit der äusseren Einwirkung kann auch bei einer ausserordentlichen Kraftanwendung und damit verbundener Überanstrengung vorliegen. Insbesondere beim Heben von schweren Lasten treten oft Verletzungen auf (Verhebetrauma). Hier ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob die Anstrengung im Hinblick auf Konstitution und berufliche ausserberufliche Gewöhnung der betreffenden Person ausserordentlicher Art war (Urteil des Bundesgerichts 8C_395/2020 vom 28. September 2020 E. 4.2 mit Hinweisen).

 

5.3     Hinsichtlich des Ereignishergangs vom 7. April 2021 sind den Akten folgende Angaben zu entnehmen: Gemäss Notfallbericht vom 10. April 2021 habe der Beschwerdeführer bei der Arbeit mit der rechten Schulter eine forcierte Abduktion gemacht und dabei ein Knacken gehört. Darauf seien einschiessende Schulterschmerzen gefolgt (Suva-Nr. 20). Am 26. April 2021 gab er im Suva-Fragebogen an, dass es beim Heben eines Faltrahmens in der Schulter geknackt habe. Danach habe er beim Bewegen unter stechendem Schmerz gelitten. Der Faltrahmen habe ungefähr 15 kg gewogen. Auf die Frage, ob sich etwas Besonderes ereignet habe wie beispielsweise Ausgleiten, Sturz Anschlagen vermerkte er, dass er sich mit dem gehobenen Rahmen abgedreht habe (Suva-Nr. 14). Gemäss Suva-Telefonnotiz vom 3. Mai 2021 habe es beim Runternehmen von Ware in der Schulter geknackt (Suva-Nr. 13). Mit E-Mail vom 11. Juni 2021 teilte der Beschwerdeführer mit, der Unfall habe sich spontan beim Anheben und Abdrehen eines Faltrahmens ereignet (Suva-Nr. 45). Gemäss Orthopädiebericht vom 5. Oktober 2021 seien die Beschwerden akut beim Herunterziehen einer Plastikbox mit akuter Überlastung der abduzierten und innenrotierten Schulter aufgetreten (Suva-Nr. 70).

 

Die vorstehenden Sachverhaltsschilderungen weichen zwar teilweise voneinander ab, sind jedoch in den entscheidenden Punkten nicht widersprüchlich. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer einen 15 kg schweren Faltrahmen mit abduzierter Schulter (über Kopf) gehoben hat und sich dann mit dem gehobenen Faltrahmen abgedreht hat. Es knackte in der Schulter und er spürte einen einschiessenden Schulterschmerz.

 

5.4     Der vorliegend zu beurteilende Bewegungsablauf wurde nicht durch eine Programmwidrigkeit wie Stolpern, Ausgleiten, Anstossen eine reflexartige Abwehrhaltung gestört. Beim Abdrehen der abduzierten, mit einem 15 kg schweren Faltrahmen beladenen Schulter ist eine unkoordinierte Bewegung nicht ersichtlich.

Auch eine ausserordentliche Kraftanwendung ist vorliegend zu verneinen. Eine Überanstrengung durch ein Verhebetrauma ist allein mit Blick auf das gehobene Gewicht von 15 kg nicht gegeben.

 

5.5     Folglich liegt kein Unfall im Sinne des Gesetzes vor. Eine Leistungspflicht unter diesem Titel ist daher zu verneinen.

 

6.       Zu prüfen bleibt, ob die Beschwerdegegnerin nach Art. 6 Abs. 2 UVG leistungspflichtig ist. Die zur Diskussion stehenden Teilrupturen der Subscapularissehne und der Supraspinatussehne stellen Sehnenrisse gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. f UVG dar. Mit der Rotatorenintervall-Läsion (Pulley-Läsion) liegt zudem eine Bandläsion im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. g UVG vor. Das wiederholt erwähnte neurogene Thoracic-Outlet-Syndrom stellt dagegen unbestrittenermassen keine Listenverletzung dar.

 

6.1     Gemäss dem zu dieser neueren Bestimmung ergangenen BGE 146 V 51 ist für die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 UVG zwar kein äusserer Faktor und damit kein unfallähnliches sinnfälliges Ereignis eine allgemein gesteigerte Gefahrenlage im Sinne der Rechtsprechung zu aArt. 9 Abs. 2 UVV mehr vorausgesetzt. Insoweit führt grundsätzlich bereits die Tatsache, dass eine in Art. 6 Abs. 2 lit. a – h UVG genannte Körperschädigung vorliegt, nunmehr zur Vermutung, es handle sich hierbei um eine unfallähnliche Körperschädigung, die vom Unfallversicherer übernommen werden muss. Indessen ergibt sich aus der in Art. 6 Abs. 2 UVG vorgesehenen Möglichkeit des Gegenbeweises weiterhin die Notwendigkeit der Abgrenzung der vom Unfallversicherer zu übernehmenden unfallähnlichen Körperschädigung von der abnützungs- und erkrankungsbedingten Ursache einer Listenverletzung und damit letztlich zur Leistungspflicht des Krankenversicherers. Insoweit ist die Frage nach einem initialen erinnerlichen und benennbaren Ereignis – nicht zuletzt auch aufgrund der Bedeutung eines zeitlichen Anknüpfungspunktes (Versicherungsdeckung; Zuständigkeit des Unfallversicherers; Berechnung des versicherten Verdienstes; intertemporalrechtliche Fragestellungen) – auch nach der UVG-Revision relevant. Zu betonen ist aber, dass der Unfallversicherer bei Vorliegen einer Listenverletzung grundsätzlich in der Pflicht steht, Leistungen zu erbringen, solange er nicht den Nachweis für eine vorwiegende Bedingtheit durch Abnützung Erkrankung erbringt. Dies setzt voraus, dass er im Rahmen seiner Abklärungspflicht (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG) nach Eingang der Meldung einer Listenverletzung die Begleitumstände der Verletzung genau abklärt. Lässt sich dabei kein initiales Ereignis erheben lediglich ein solches ganz untergeordneter respektive harmloser Art, so vereinfacht dies zwangsläufig in aller Regel den Entlastungsbeweis des Unfallversicherers. Denn bei der in erster Linie von medizinischen Fachpersonen zu beurteilenden Abgrenzungsfrage ist das gesamte Ursachenspektrum der in Frage stehenden Körperschädigung zu berücksichtigen. Nebst dem Vorzustand sind somit auch die Umstände des erstmaligen Auftretens der Beschwerden näher zu beleuchten. Die verschiedenen Indizien, die für gegen Abnützung Erkrankung sprechen, müssen aus medizinischer Sicht gewichtet werden. Damit der Entlastungsbeweis gelingt, hat der Unfallversicherer gestützt auf beweiskräftige ärztliche Einschätzungen – mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit – nachzuweisen, dass die fragliche Listenverletzung vorwiegend, d.h. im gesamten Ursachenspektrum zu mehr als 50 %, auf Abnützung Erkrankung zurückzuführen ist. Besteht das Ursachenspektrum einzig aus Elementen, die für Abnützung Erkrankung sprechen, so folgt daraus unweigerlich, dass der Entlastungsbeweis des Unfallversicherers erbracht ist und sich weitere Abklärungen erübrigen. 

 

6.2     Fest steht, dass der Beschwerdeführer am 7. April 2021 einen 15 kg schweren Faltrahmen gehoben und die abduzierte Schulter abgedreht hat. In der Folge hörte er ein Knacken in der Schulter und spürte einen einschiessenden Schmerz (vgl. E. II. 5.3 hiervor). Damit liegt ein initiales, nicht ganz untergeordnetes Ereignis als potenzielle Ursache seines Gesundheitsschadens vor.

 

6.3     Weiter ist zu prüfen, ob die vorliegenden Verletzungen als Listendiagnosen zu mehr als 50 % auf Abnützung Erkrankung zurückzuführen sind. Die Beschwerdegegnerin stützt sich in ihrem Entscheid und in ihren Rechtsschriften im Wesentlichen auf die kreisärztlichen Beurteilungen, weshalb nachfolgend deren Beweiswert zu prüfen ist.

 

Den Berichten und Gutachten versicherungsinterner Ärzte kommt Beweiswert zu, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen. Soll ein Versicherungsfall ohne Einholung eines externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 135 V 465 E. 4.4; Urteil des Bundesgerichts 9C_481/2016 vom 18. Januar 2017 E. 2.2). Solche Zweifel können sich namentlich aus einem nachvollziehbaren Bericht eines behandelnden Arztes ergeben. Der pauschale Hinweis auf dessen auftragsrechtliche Stellung genügt in diesem Zusammenhang nicht, um die geltend gemachten Zweifel auszuräumen (Urteil des Bundesgerichts 8C_193/2014 vom 19. Juni 2014 E. 4.1).

 

In der kreisärztlichen Beurteilung vom 7. April 2022 (Suva-Nr. 95) kam Dr. med. M.___ zum Schluss, dass die Schulterbeschwerden nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine akute Schädigung der Rotatorenmanschette zurückzuführen seien, sondern auf eine vorbestehende neurologische Konstellation im Sinne eines neurogenen Thoracic-Outlet-Syndroms. Im Operationsbericht vom 31. August 2021 seien zwar Läsionen an der Supraspinatus- und Subscapularissehne aufgeführt. Ein detaillierter intraoperativer Befund gehe aus dem Bericht jedoch nicht hervor. Den Videosequenzen aus der intraoperativen Bilddokumentation seien die Schäden nicht zu entnehmen. Jedenfalls liege eine erhebliche Inkonsistenz zu den Befunden aus dem MRI vom 22. April 2021 vor, denen er sich nach eigener Durchsicht der Bilder anschliessen könne. Demgegenüber diagnostizierten die operierenden Ärzte, Dres. med. G.___ und L.___, im vorgenannten Operationsbericht (Suva-Nr. 82) eine traumatische Teilruptur des Subscapularis Schulter rechts vom 9. April 2021 mit ant. Ruptur Supraspinatus und Instabilität Bizeps. Sie beschrieben unter anderem, dass die Subscapularissehne abgerissen sei mit einer deutlichen Läsion und dass das vordere und hintere Pulley der Bizepssehne instabil sei. Damit zeige sich, dass die Vorderrandläsion der Supraspinatussehne für den Beschwerdeführer symptomatisch sei. Diese Beschreibung der Läsion durch die operierenden Ärzte wird von Dr. med. M.___ in Abrede gestellt, weil sie sich ihm zufolge im Bildmaterial nicht bestätigen lasse und weil eine erhebliche Inkonsistenz zu den Befunden aus dem MRI vom 22. April 2021 vorliege (Suva-Nr. 95). Gemäss Dr. med. L.___ ist jedoch auch in diesem MRI «klar eine Teilläsion der Subscapularissehne zu beobachten» (Suva-Nr. 70). Die dezidiert anderslautende Beurteilung durch die operierenden Ärzte ruft zumindest geringe Zweifel an der kreisärztlichen Beurteilung hervor. Insoweit Dr. med. M.___ von einem vorbestehenden Thoracic-Outlet-Syndrom ausgeht (Suva-Nr. 95), trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführer bereits im Juni 2017 Schulterbeschwerden hatte, die damals zu einer notfallmässigen Selbstvorstellung im D.___ führten (Suva-Nr. 74). Doch diese Episode, die im Zeitpunkt des vorliegend zu beurteilenden Ereignisses bereits knapp vier Jahre zurücklag, hatte, soweit ersichtlich, keine anhaltenden Beschwerden Einschränkungen zur Folge. Dr. med. L.___ ging denn auch von Beschwerdefreiheit vor dem 7. April 2021 aus (Suva-Nr. 70) und wies in einem Bericht zuhanden der Beschwerdegegnerin darauf hin, dass ein mit den traumabedingten Beschwerden zeitgleich bestehendes neurogenes Thoracic-Outlet-Syndrom parallel möglich sei (Suva-Nr. 99). Dieses könne im Zusammenhang mit der Ruhigstellung nach dem Trauma und der nach dem Trauma bestehenden Schwäche der Schulterheber ausgelöst worden sein. Auch wenn das Thoracic-Outlet-Syndrom keine Listendiagnose im Sinne von Art. 6 Abs. 2 UVG darstellt, ist diese Erklärung insoweit relevant, als sie die kreisärztliche Beurteilung des Vorzustands mindestens geringfügig infrage zu stellen vermag. In der jüngsten Stellungnahme von Dr. med. M.___ (A.S. 30 ff.) wird «ausschliesslich von degenerativen Veränderungen am Vorderrand der Supraspinatussehne und am Oberrand der Subscapularissehne» ausgegangen. Demgegenüber verneint Dr. med. L.___ das Vorliegen von Verkalkungen degenerativen Veränderungen (Suva-Nr. 70). Ihm zufolge lege sich auch die von der Beschwerdegegnerin eingeholte konsiliarische Zweitbeurteilung des K.___ in Bezug auf eine Verkalkung nicht klar fest. Auch diesbezüglich bestehen deshalb geringfügige Zweifel an der kreisärztlichen Beurteilung. Schliesslich besteht Unklarheit, was die Pulley-Läsion anbelangt. Im Operationsbericht wurde festgestellt, dass das vordere und hintere Pulley der Bizepssehne instabil sei (Suva-Nr. 82). Dr. med. L.___ bestätigte in einer Stellungnahme vom 5. Oktober 2021 eine vordere und hintere Pulley-Läsion (Suva-Nr. 70). Demgegenüber vertritt Dr. med. M.___ die Auffassung, dass der gesamte Biceps-Pulley keine Veränderungen zeige, die traumatischer Genese sein könnten, bis auf eine minimale Kontrastmittel-Leckage cranial, von der vermutet werden könne, dass sie iatrogen (durch ärztliche Einwirkung) bei der Arthographie entstanden sei (A.S. 34). Als iatrogen bezeichnet wurde indes im Bericht des Röntgeninstituts vom 22. April 2021 (Suva-Nr. 27) die Läsion am Ansatz der Subskapularissehne, nicht die Läsion des Rotatorenintervalls (Ruptur des Ligamentum glenohumerale superior), zu der sich Dr. med. M.___ ansonsten nicht äussert. Bei alledem ist hervorzuheben, dass die Beschwerdegegnerin bei einer Listendiagnose gemäss Art. 6 Abs. 2 UVG die Beweislast trägt. Bei Verneinung der Leistungspflicht hat sie somit nachzuweisen, dass die Diagnose zu mehr als 50 % auf eine Krankheit und / ein degeneratives Geschehen zurückzuführen ist. Dies ist ihr vorliegend nicht mit hinreichender Klarheit gelungen, nachdem Zweifel an der Richtigkeit der kreisärztlichen Beurteilung bestehen.

 

Zusammenfassend sind damit weitere Abklärungen erforderlich, weshalb das Versicherungsgericht bei Dr. med. C.___ ein Gerichtsgutachten veranlasst hat.

 

7.       Das Gutachten von Dr. med. C.___ vom 11. Mai 2023 (A.S. 58 ff.) wird den allgemeinen rechtsprechungsgemässen Anforderungen gerecht. Die Beurteilung stammt von einer unabhängigen Fachärztin, die den Beschwerdeführer untersucht und die Vorakten studiert hat. In ihrer Beurteilung setzt sich Dr. med. C.___ eingehend mit den entscheidrelevanten Punkten auseinander und legt ihre Ausführungen nachvollziehbar dar. So geht sie auf die bisherige Aktenlage ein und diskutiert die verschiedenen ärztlichen Beurteilungen. Beispielsweise stellt sie klar, dass die von Dr. med. H.___ und Dr. med. J.___ erwähnte PHS, Periarthropathia Periarthritis humeroscapularis, eine heute nicht mehr gebräuchliche und unspezifische Sammelbezeichnung sei, mit der keine degenerative Veränderung bewiesen werden könne. Auch erläutert Dr. med. C.___ die bildgebenden Befunde auf nachvollziehbare Weise und stützt sich bei ihrer Beurteilung auf neuere Fachliteratur. Sie führt aus, dass in der konventionellen Aufnahme vom 10. April 2021 eine kleine Verkalkung im Bereich des Tuberculum minus auffalle. Diese sei im Vergleich zu einer Aufnahme vom 23. Juni 2017 neu. Im MRI vom 22. April 2021 sei diese kleine Verkalkung im nicht gerissenen Sehnenanteil abgrenzbar. Sie weise nicht auf eine degenerative Veränderung der Sehne hin, sondern könne am ehesten als kleine Verkalkung (Tendinitis calcarea) in der Sehne beurteilt werden. Sehnenverkalkungen, so die Gutachterin weiter, treten im Schultergelenk häufig auf, wobei die Ätiologie ungeklärt sei. In der Literatur könne nicht nachgewiesen werden, dass Sehnenverkalkungen zu einem Degenerationsprozess gehörten. Vielmehr handle es sich um ein dynamisches Geschehen mit hoher Spontanheilungstendenz. Ein degenerativer Vorzustand könne nicht postuliert werden (A.S. 69 ff.). Die von der Beschwerdegegnerin erwähnte Schmerzepisode 2017 sei kurzfristig wieder abgeklungen und habe keiner Behandlung bedurft. Das damals angefertigte Röntgenbild sei unauffällig, insbesondere lägen keine sichtbaren degenerativen Veränderungen vor. Ein anamnestisch und bildgebend vorliegender Vorzustand könne somit nicht bestätigt werden (A.S. 69 ff.). Bezüglich der Kribbelparästhesien und der lividen Verfärbung der rechten Hand kommt Dr. med. C.___ im Gutachten zum Schluss, dass die Befunde die Diagnose eines neurogenen Thoracic-Outlet-Syndroms zuliessen (A.S. 70). Es sei deshalb nicht korrekt, dass ein objektivierbares Korrelat fehle, wie dies Dr. med. N.___ ausgeführt habe (Suva-Nr. 60). Vielmehr bekräftige das akute Auftreten dieses Syndroms die Erheblichkeit der vom Beschwerdeführer erlittenen Traumatisierung (A.S. 71). Diese Erklärung leuchtet ein, nachdem gestützt auf die bisherige Aktenlage, wie oben dargelegt, die Annahme eines Vorzustands zumindest als fraglich erschien. Auch bezüglich der Pulley-Läsion vermag die Darstellung von Dr. med. C.___ zu überzeugen. Demnach handle es sich bei der im MRI vom 22. April 2021 diagnostizierten Ruptur des Ligamentum glenohumerale superior um eine Pulley-Läsion, die durch einen axialen Zug verursacht werden könne, wie er vom Beschwerdeführer als Unfallmechanismus beschrieben worden sei (A.S. 67 ff.). Der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 12. Juni 2023 (A.S. 80 f.) ist nichts zu entnehmen, das den Beweiswert des überzeugenden Gutachtens zu schmälern vermöchte. Die Beschwerdegegnerin macht in diesem Zusammenhang einzig geltend, dass die Beurteilung von Dr. med. C.___ unvollständig sei, weil sie sich nicht mit der Frage auseinandersetze, ob und inwiefern die vom Beschwerdeführer bis zum Ereignis intensiv betriebene Sportart zu Abnützungen in der rechten Schulter geführt habe. Zu einer Diskussion dieser Frage bestand indes kein Anlass, nachdem die Ärztin im Rahmen des Gutachtens nachvollziehbar begründet hat, weshalb kein degenerativer Vorzustand vorliege.

 

8.       Zusammenfassend ist gestützt auf das Gutachten von einer Partialruptur der Subscapularissehne (Sehnenriss) und einer Pulley-Läsion (Bandläsion) auszugehen, womit Listenverletzungen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 UVG lit. f und g vorliegen. Beim assoziierten Thoracic-Outlet-Syndrom handelt es sich, wie erwähnt, um keine Listenverletzung. Dass die Verletzungen frisch und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 7. April 2021 zurückzuführen sind, wurde im Gutachten ebenfalls überzeugend dargelegt. Dementsprechend ist die Beschwerdegegnerin mit Verfügung vom 14. Juli 2021 und Einspracheentscheid vom 22. April 2022 zu Unrecht zum Schluss gekommen, dass keine unfallähnliche Körperschädigung vorliege. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und die Sache zwecks Prüfung der konkreten Versicherungsleistungen gemäss UVG an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Im Hinblick auf die Dauer von vorübergehenden Leistungen (Taggelder, Heilbehandlungskosten) und den Fallabschluss werden Arztberichte zum postoperativen Verlauf einzuholen sein, da sich Dr. med. C.___ aufgrund der spärlichen Aktenlage hierzu nicht mit hinreichender Klarheit äussern konnte (A.S. 74 f.).

 

9.       Wie oben dargelegt, waren zur Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 UVG erfüllt sind, weitere Abklärungen notwendig. Die Beschwerdegegnerin wäre demnach gehalten gewesen, diese vorzunehmen. Indem sie darauf verzichtete, hat sie den Untersuchungsgrundsatz verletzt und das Gericht musste die Abklärungslücke durch ein Gerichtsgutachten schliessen. Die Beschwerdegegnerin hat daher die Kosten des von Dr. med. C.___ erstellten Gerichtsgutachtens in der Höhe von CHF 6'450.00 zu tragen.

 

10.

10.1   Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung, die von der Beschwerdegegnerin zu bezahlen ist. Diese Entschädigung bemisst sich ohne Rücksicht auf den Streitwert nach dem zu beurteilenden Sachverhalt sowie der Schwierigkeit des Prozesses (Art. 61 lit. g ATSG). Gemäss Praxis des Versicherungsgerichts werden fachlich besonders qualifizierte Vertreter ohne Anwaltspatent – als solche gelten unter anderem lic. iur. bzw. MLaw – mit dem hälftigen Stundenansatz eines Anwaltes entschädigt, auch wenn diese im Rahmen einer Rechtsschutzversicherung handeln. Im vorliegenden Fall wurden die Rechtsschriften des Beschwerdeführers durch MLaw Dragana Jovanovic verfasst, weshalb die diesbezüglichen Aufwände im genannten Rahmen zu entschädigen sind. Gemäss Beschluss der Gerichtsverwaltungskommission des Kantons Solothurn vom 19. Dezember 2022 gelten ab 1. Januar 2023 für anwaltliche Vertretungen Stundenansätze von CHF 250.00 bis 350.00, davor haben solche von CHF 230.00 bis 330.00 gegolten (§ 161 i.V.m. § 160 Abs. 2 des Gebührentarifs, BGS 615.11). Die Vertreterin des Beschwerdeführers machte mit Kostennote vom 29. Juni 2023 (A.S. 84) einen Aufwand von insgesamt 15,17 Stunden geltend, wovon 11 im Jahr 2022 angefallen sind. Der zeitliche Aufwand sowie die ausgewiesenen Auslagen in der Höhe von CHF 52.90 erscheinen angesichts von Aktenumfang und Schwierigkeit des Prozesses angemessen. Hingegen ist der geltend gemachte Stundenansatz (CHF 250.00) entsprechend den vorstehenden Ausführungen zu kürzen. Demnach resultiert eine Parteientschädigung von CHF 1'980.75 (11 Stunden zu CHF 115.00, 4,17 Stunden zu CHF 125.00, zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer zu 7,7 %). Dieser Betrag hat die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer zu bezahlen.

 

10.2   Grundsätzlich ist das Verfahren kostenlos. Es besteht kein Anlass, vorliegend von diesem Grundsatz abzuweichen.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, als der Einspracheentscheid vom 22. April 2022 aufgehoben und die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen wird, damit diese im Sinne der Erwägungen verfährt.

2.    Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von CHF 1'980.75 (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

3.    Die Beschwerdegegnerin hat die Kosten des Gerichtsgutachtens in der Höhe von CHF 6'450.00 zu bezahlen.

4.    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

 

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Die Präsidentin                         Die Gerichtsschreiberin

Weber-Probst                           von Arx

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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