Zusammenfassung des Urteils VSBES.2022.36: Verwaltungsgericht
Der Beschwerdeführer A.___ war obligatorisch bei der Atupri Gesundheitsversicherung versichert. Nach einem stationären Aufenthalt in der C.___ forderte die Beschwerdegegnerin CHF 2'739.35 für die Kosten ein. Der Beschwerdeführer weigerte sich zu zahlen und erhob Beschwerde, die schliesslich vor dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn landete. Das Gericht entschied, dass der Beschwerdeführer die Kosten zahlen muss, da eine Akutspitalbedürftigkeit bestand. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und der Betrag von CHF 2'739.35 muss bezahlt werden.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VSBES.2022.36 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Versicherungsgericht |
Datum: | 27.04.2022 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Spital; Behandlung; Leistung; Apos; Aufenthalt; Person; Atupri; Rechnung; Kanton; Beschwerdeführers; Entscheid; Klinik; Pflege; Verwaltungsgericht; Krankheit; Akutspital; Versicherungsgericht; Kantons; Solothurn; Unterbringung; Selbstbehalt; Leistungen; Recht; Akten; Verfahren; Betrag; Spitalbeitrag; ärztlich |
Rechtsnorm: | Art. 24 KVG ;Art. 32 KVG ;Art. 39 KVG ;Art. 42 KVG ;Art. 49 KVG ;Art. 50 KVG ;Art. 56 KVG ;Art. 58 ATSG ;Art. 64 KVG ; |
Referenz BGE: | 115 V 48; 120 V 206; 124 V 364; 126 V 326; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VSBES.2022.36 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Entscheiddatum: | 27.04.2022 |
FindInfo-Nummer: | O_VS.2022.54 |
Titel: | Krankenversicherung KVG |
Resümee: |
Urteil vom 27. April 2022 Es wirken mit: Gerichtsschreiber Isch In Sachen A.___ Beschwerdeführer
gegen Atupri Gesundheitsversicherung Beschwerdegegnerin
betreffend Krankenversicherung KVG (Einspracheentscheid vom 28. Januar 2022)
zieht die Vizepräsidentin des Versicherungsgerichts in Erw.ung: I.
1. 1.1 A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer) geb. 1985, ist seit dem 1. April 2021 bei der Atupri Gesundheitsversicherung (nachfolgend Beschwerdegegnerin) obligatorisch krankenpflegeversichert (vgl. AA [Akten der Atupri] 3.1).
1.2 Am 17. Juli 2021 erfolgte gestützt auf die ärztliche Einweisung von Dr. med. B.___ die fürsorgerische Unterberingung (nachfolgend FU) des Beschwerdeführers in die C.___. Mit Entscheid vom 19. Juli 2021 verlängerte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) D.___ die mit Verfügung vom 17. Juli 2021 angeordnete FU. Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer am 19. Juli 2021 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und verlangte die sofortige Aufhebung der FU. In der Folge führte das Verwaltungsgericht am 20. Juli 2021 in der C.___ eine Instruktionsverhandlung mit Befragung des Beschwerdeführers sowie des behandelnden Arztes, Dr. med. E.___, durch. Schliesslich schrieb das Verwaltungsgericht das Verfahren betreffend fürsorgerische Unterbringung mit Urteil vom 27. Juli 2021 als gegenstandslos ab, da der Beschwerdeführer am 26. Juli 2021 aus der C.___ entlassen werden konnte und die FU somit aufgehoben wurde (s. Akten VWBES.2021.282 des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn.)
1.3 Mit Leistungsabrechnung vom 4. November 2021 (AA 1.1) forderte die Beschwerdegegnerin vom Beschwerdeführer betreffend die stationäre Unterbringung in der C.___ vom 18. – 26. Juli 2021 den Betrag von CHF 2'739.35 (CHF 135.00 Spitalbeitrag, CHF 2'500.00 Jahresfranchise, CHF 104.35 Selbstbehalt). Nachdem der Beschwerdeführer die Bezahlung verweigerte und eine anfechtbare Verfügung verlangte, erliess die Beschwerdegegnerin am 20. Januar 2022 eine Verfügung (AA 1.3). Schliesslich wies sie die dagegen erhobene Einsprache (AA 1.4) mit Entscheid vom 28. Januar 2022 ab (A.S. [Akten-Seite] 1 ff.).
2. Gegen diesen Entscheid erhebt der Beschwerdeführer am 10. Februar 2022 beim Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern Beschwerde (A.S. 5 f.), welche vom Einzelrichter des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Urteil vom 11. Februar 2022 zuständigkeitshalber an das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn (nachfolgend Versicherungsgericht) weitergeleitet wird. In seiner Beschwerde verlangt der Beschwerdeführer im Wesentlichen, die Rechnung der Atupri sei zu stornieren und das Geld bei der Klinik zurückzufordern. Ebenfalls zu stornieren seien die Kostenbeteiligungsrechnung.
3. Mit Beschwerdeantwort vom 21. Februar 2022 (A.S. 13 ff.) schliesst die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 3. März 2022 (A.S. 18) reicht die Beschwerdegegnerin einen Bericht der C.___ vom 22. Februar 2022 (A.S. 19 f.) ein.
4. Mit Stellungnahme vom 9. März 2022 (A.S. 22 f.) lässt sich der Beschwerdeführer abschliessend vernehmen.
5. Mit Verfügung vom 11. April 2022 (A.S. 27) werden im vorliegenden Fall die Akten des Verwaltungsgerichts aus dem Verfahren VWBES.2021.282 betreffend fürsorgerische Unterbringung des Beschwerdeführers eingeholt.
6. Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird im Folgenden, soweit erforderlich, eingegangen.
II.
1. Die Sachurteilsvoraussetzungen (Einhaltung von Frist und Form sowie sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts) sind erfüllt. Ebenfalls erfüllt ist die örtliche Zuständigkeit des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn, da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung unbestrittenermassen Wohnsitz im Kanton Solothurn hatte (vgl. Art. 58 Abs. 1 ATSG). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.
1.2 Im vorliegenden Fall fordert die Beschwerdegegnerin vom Beschwerdeführer den Betrag von CHF 2'739.35 (CHF 135.00 Spitalbeitrag, CHF 2'500.00 Jahresfranchise, CHF 104.35 Selbstbehalt). Damit liegt der Streitwert unter CHF 30'000.00, weshalb die Vizepräsidentin des Versicherungsgerichts die Angelegenheit gemäss § 54bis Abs. 1 lit. a GO als Einzelrichterin beurteilt.
2. 2.1 Die obligatorische Krankenversicherung übernimmt nach Art. 24 KVG die Kosten für die Leistungen gemäss Art. 25 – 31 KVG nach Massgabe der in Art. 32 – 34 festgelegten Voraussetzungen. Die Leistungen umfassen unter anderem die Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die ambulant, bei Hausbesuchen, stationär, teilstationär in einem Pflegeheim durchgeführt werden von Ärzten, Chiropraktoren und Personen, die im Auftrag eines Arztes einer Ärztin Leistungen erbringen (Art. 25 Abs. 2 lit. a KVG), die ärztlich durchgeführten angeordneten Massnahmen der medizinischen Rehabilitation (Art. 25 Abs. 2 lit. d KVG) und den Aufenthalt im Spital entsprechend dem Standard der allgemeinen Abteilung (Art. 25 Abs. 2 lit. e KVG).
2.2 Eine versicherte Person hat nur dann Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, wenn diese wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind (Art. 32 Abs. 1 KVG). Unter den wirksamen und zugelassenen Massnahmen hat der Arzt jene zu wählen, welche am besten geeignet ist, den angestrebten medizinischen Erfolg zu bewirken (Zweckmässigkeit), und diesen mit einem optimalen Kosten-Nutzenverhältnis zu erzielen (Wirtschaftlichkeit). Die medizinischen und pflegerischen Leistungen haben sich auf das zu beschränken, was im Interesse der versicherten Person liegt und für den Behandlungszweck notwendig ist (Art. 56 Abs. 1 KVG). Notwendig ist eine Leistung, wenn sie in medizinischer Hinsicht zur Erzielung des Erfolgs unentbehrlich und unvermeidlich ist. Die veranlassten Leistungen müssen sodann nicht nur medizinisch notwendig sein, sondern sind auf wirtschaftliche Art und Weise zu erbringen. Die Notwendigkeit einer bestimmten medizinischen Massnahme ist grundsätzlich nach objektiven Kriterien festzustellen. Nicht entscheidend ist die subjektive Sicht des Versicherten des behandelnden Arztes.
2.3 Bei einem stationären Aufenthalt muss aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eine Krankheit vorliegen, welche nur in einem Spital behandelt werden kann, d.h. es muss eine Spitalbedürftigkeit vorliegen. Die Leistungspflicht für stationäre Behandlung setzt ferner voraus, dass sich die versicherte Person in einem Spital aufhält, das der stationären Behandlung akuter Krankheiten der stationären Durchführung von Massnahmen der medizinischen Rehabilitation dient (Art. 39 Abs. 1 KVG). Spitalbedürftigkeit in diesem Sinne ist einerseits dann gegeben, wenn die notwendigen diagnostischen und therapeutischen Massnahmen nur in einem Spital zweckmässig durchgeführt werden können, anderseits auch dann, wenn die Möglichkeiten ambulanter Behandlung erschöpft sind und nur noch im Rahmen eines Spitalaufenthaltes Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht. Dabei kann eine Leistungspflicht für den Spitalaufenthalt auch dann bestehen, wenn der Krankheitszustand der versicherten Person einen solchen nicht unbedingt erforderlich macht, die medizinische Behandlung jedoch wegen besonderer persönlicher Lebensumstände nicht anders als im Spital durchgeführt werden kann. Die notwendige krankheitsbedingte Behandlungsintensität ist daher denn auch nicht alleiniges Entscheidungskriterium. Entscheidend ist, ob der Zustand eine Hospitalisierung rechtfertigt. Keine Leistungspflicht besteht hingegen, wenn eine Hospitalisierung aus rein sozialen Gründen erfolgte (BGE 126 V 326 E. 2b, BGE 120 V 206 E. 6a mit Hinweisen; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts, EVG, in Sachen P. vom 31. Januar 2001, K 34/00, E. 2b).
2.4 Das Kriterium der Wirtschaftlichkeit verlangt ferner, dass ein Aufenthalt in einem Akutspital zum Spitaltarif nur so lange möglich ist, als die Akutspitalbedürftigkeit gegeben ist, d.h. vom Behandlungszweck her ein Aufenthalt im Akutspital notwendig ist (BGE 124 V 362; SVR 1995 KV Nr. 38 S. 121). Gemäss Art. 49 Abs. 2 KVG richtet sich bei Spitalaufenthalten die Vergütung nach dem Spitaltarif gemäss Art. 49 Abs. 1 und 2 KVG, solange der Patient nach medizinischer Indikation der Behandlung und Pflege im Spital bedarf. Wenn diese Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllt ist, gelangt der Tarif nach Art. 50 KVG zur Anwendung, d.h. die versicherte Person erhält nur die Pflegeleistungen. Für die Bestimmung des massgebenden Leistungstarifs wird in Art. 49 Abs. 3 KVG die Unterscheidung zwischen Akutspitalbedürftigkeit im Spitalumfeld einerseits und Pflegebedürftigkeit bzw. Langzeitpflegebedürftigkeit im Rahmen einer Einrichtung für Langzeitpflege (Art. 35 Abs. 2 lit. k KVG; Art. 39 Abs. 3 KVG) getroffen.
3. Gemäss den Ausführungen des Beschwerdeführers sei die Verrechnung der Kosten für den Aufenthalt in der C.___ ohne seine Zustimmung erfolgt. Zudem habe zum Behandlungszeitraum noch keine Deckung nach KVG bestanden. Des Weiteren sei bei der Atupri keine Kostengutsprache einverlangt worden. Von Seiten des Versicherungsnehmers sei zudem bei dieser Rechnung das Tiers Payant Abrechnungsverfahren explizit ausgeschlossen worden. Dies, damit die Streitigkeit direkt zwischen dem Leistungserbringer und Versicherungsnehmer geklärt werden könne. Mit der zu stornierenden Krankenkassenrechnung müsse ebenfalls die stationäre Spitalrechnung beim Kanton Solothurn storniert werden. Sämtliche stationäre Pflichtleistungen würden zu 55 % vom Kanton mitfinanziert. Die dazugehörige Transportrechnung, welche irrtümlich durch die Atupri bezahlt worden sei, sei inzwischen von der Atupri storniert worden. Diese Kosten habe der Beschwerdeführer der Atupri bereits zurückbezahlt. Der Rechtstreit bezüglich der Transportrechnung und der Behandlungskosten sollte in einem Rechtsverfahren und nicht in zwei verschiedenen abgewickelt werden. Des Weiteren habe zu keinem Zeitpunkt vorher eine ambulante Behandlung stattgefunden. Eine medikamentöse Behandlung habe weder vorher noch während und auch nachher nicht stattgefunden. Der Klinikaufenthalt sei ein illegaler Freiheitsentzug gewesen. Dieser sei angefochten worden. Als Zeuge werde F.___ zur Aussage gebeten, welcher die Einsprache entgegengenommen habe. Über dieses Verfahren sei nie Korrespondenz geführt worden. Herr F.___ sei ihm von der Klinik als Staatsanwalt vorgestellt worden. Der Beschwerdeführer gehe davon aus, dass er Rechtsanwalt sei. Alleine dieser Umstand sei sehr zweifelhaft, allenfalls müsse bei Herrn F.___ eine Zeugeneinvernahme gemacht werden. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht habe nie stattgefunden. Es seien eine Vertreterin des Sozialdienstes und Herr F.___ anwesend gewesen. Sollte ein Richter anwesend gewesen sein, sei dieser zwingend zu befragen, bzw. das Gerichtsprotokoll zu konsultieren. Sodann sei die Behandlung sehr zweifelhaft gewesen, in der Klinik habe es einzelne Gespräche gegeben, ansonsten keinerlei Behandlung. Die Diagnose Schizophrenie sei ebenfalls sehr zweifelhaft. Bei einer Schizophrenie läge eine Persönlichkeitsstörung vor, welche nicht kurzzeitig vorhanden sei. Diese könne dann auch nicht einfach nach einem Austritt wieder weg sein. Der nachträglich am 22. Februar 2022 erstellte Arztbericht habe Falschangaben wie das Hineingehen in fremde Schlafzimmer drin. Auch die Diagnosen mit den starken psychotischen Störungen seien sehr zweifelhaft, da diese nicht sofort auftreten könnten. In der Klinik habe er die medikamentöse Behandlung verweigert. Dr. med. E.___ sei informiert gewesen, dass er das Risperdal nicht eingenommen habe. Die Geräusche seien keine Stimmen, sondern Funkgeräusche. Der Funkterror und das Stalken seien die Probleme, die Abholung sei ein Trick der Stalker gewesen. Wie könne Dr. med. B.___ der einweisende Arzt sein, wenn er nie bei ihm in der Wohnung gewesen sei? Wer habe den Krankenwagen bestellt? Aufgrund der vielen Ungewissheiten beantrage er, dass die Rechnung bei der Atupri storniert und das Geld bei der Klinik zurückgefordert werden müsse. Ebenfalls zu stornieren sei die Kostenbeteiligungsrechnung.
Demgegenüber vertritt die Beschwerdegegnerin die Ansicht, der Versicherungsnehmer sei mittels Ambulanz in die stationäre Pflege verbracht worden. Diagnostiziert sei gemäss Rechnung eine Schizophrenie (Diagnosecode F20.0). In der Klinik seien gemäss den vorliegenden Unterlagen zumindest eine Befundaufnahme und Betreuung erfolgt. Damit sei der Krankheitswert in medizinischer und leistungsbezogener Hinsicht erstellt und stehe in dieser Hinsicht einer Kostenübernahme nicht entgegen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass eine Akutspitalbedürftigkeit nicht ausgewiesen wäre. Dies gehe auch aus dem eingereichten Bericht der C.___ vom 22. Februar 2022 hervor. Der Versicherungsnehmer habe seit dem 1. April 2021 bei der Atupri eine OKP-Deckung mit einer Wahlfranchise von CHF 2'500.00 abgeschlossen (Wiedereinreise aus dem Ausland). Weshalb zum Zeitpunkt der Behandlung keine KVG-Deckung bestanden haben solle, erschliesse sich nicht. Die Leistungspflicht zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wäre beispielsweise in Frage zu stellen, wenn im Verlaufe des Aufenthalts nicht mehr medizinische, sondern vorwiegend sozial-fürsorgliche strafrechtliche Aufenthaltsgründe im Vordergrund gestanden hätten. Dies sei hier nicht zutreffend. Das elektronische Prüfsystem resp. die Mitarbeitenden der Atupri hätten die versicherungstechnischen und gesetzlichen Voraussetzungen, sowie die tarifarische Richtigkeit der Rechnung der G.___ im Betrag von CHF 3'678.40 geprüft. Mangels Auffälligkeiten sei die Rechnung entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen Regelungen an die G.___ vergütet und beim Versicherungsnehmer die Kostenbeteiligung eingefordert worden (CHF 135.00 Spitalbeitrag, CHF 2'500.00 Jahresfranchise 2021, CHF 104.35 Selbstbehalt). Sodann sei die in der Beschwerde erwähnte Transportrechnung nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids. Der Versicherungsnehmer habe im November 2021 zunächst eine Transportrechnung zur Rückerstattung (Zahlungssystem tiers garant) eingereicht. Später habe er aus unbekannten Gründen die Stornierung der Leistungsabrechnung verlangt und den bereits erhaltenen Betrag zurückerstattet. Es bestehe somit auch kein materieller Streitwert ein rechtliches Interesse. Des Weiteren seien nach der Vorschrift von Art. 42 Abs. 2 KVG Rechnungen stationärer Behandlungen zwingend nach dem Zahlungssystem tiers payant abzuwickeln. Eine Kostengutsprache-Anfrage sei weder gesetzlich noch vertraglich vorgesehen. Es sei deshalb auch daraus nicht ersichtlich, weshalb dies einer KVG-Leistungspflicht entgegenstehen sollte resp. welche Änderung eine Kostengutsprache-Anfrage bewirkt hätte.
4. Streitig und zu prüfen ist somit, ob die Beschwerdegegnerin der G.___ aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung des Beschwerdeführers zu Recht CHF 3'678.40 vergütet und vom Beschwerdeführer in der Folge Kostenbeteiligungen von CHF 2'739.35 (CHF 135.00 Spitalbeitrag, CHF 2'500.00 Jahresfranchise, CHF 104.35 Selbstbehalt) gefordert hat. Nicht zum Streitgegenstand gehört hingegen – wie von der Beschwerdegegnerin zu Recht festgehalten – die vom Beschwerdeführer erwähnte Transportrechnung. So war diese Rechnung weder Gegenstand der angefochtenen Verfügung vom 20. Januar 2022 noch des Einspracheentscheides vom 28. Januar 2022.
5. 5.1 5.1.1 Nach der Rechtsprechung begründet der blosse Aufenthalt in einer Psychiatrischen Klinik noch keinen Anspruch auf die gesetzlichen statutarischen Leistungen, namentlich dann nicht, wenn eine Hospitalisierung aus sozialen Gründen erfolgt, ohne dass die versicherte Person im Sinne des Gesetzes krank ist, wenn die Gesamtheit der ärztlichen und sonstigen wegen seiner Krankheit erforderlichen Behandlung einen Klinikaufenthalt nicht rechtfertigt. Die Kassen sind jedoch für jeden sachlich notwendigen Heilanstaltsaufenthalt leistungspflichtig, was auch dann der Fall ist, wenn der Krankheitszustand eines Versicherten nicht unbedingt eine ärztliche Behandlung, sondern lediglich einen Aufenthalt im Spitalmilieu erfordert. Die Intensität der ärztlichen Behandlung, welche die Krankheit eines Versicherten verlangt, ist nicht alleiniges Entscheidungskriterium, ob sein Zustand eine Hospitalisierung rechtfertigt, insbesondere wenn ein Versicherter wegen seines hohen Alters, seiner familiären Verhältnisse weil er alleinstehend ist, keine Möglichkeit hat, die seinem Zustand entsprechende Pflege und Beaufsichtigung zu Hause zu erhalten, wenn dies der Familie des Versicherten nicht zugemutet werden kann (BGE 115 V 48 E. 3b/aa; RKUV 1989 K 804 S. 156 E. 1, 1986 K 680 S. 231 E. 1b, 1984 K 591 S. 199 E. 2b). Folglich ist der Umstand, dass die ärztliche aber andere Behandlungen überwiegen, nicht ausschlaggebend dafür, ob die Hospitalisationskosten eines Versicherten zu Lasten der Krankenkasse gehen nicht (BGE 124 V 365 E. 1b).
Aus krankenversicherungsrechtlicher Sicht ist nicht massgebend, an welchem Ort die Behandlung der versicherten Person erfolgt. Die Leistungspflicht des Krankenversicherers richtet sich vielmehr danach, in welche Abteilung die versicherte Person aus medizinischer Sicht gehört (BGE 124 V 364 E. 1b mit Hinweisen). Demnach besteht kein Anspruch auf Ersatz der Spitalkosten, wenn die notwendige Behandlung und Betreuung auch von einer Pflegeabteilung hätte erbracht werden können. Akutspitalbedürftigkeit als Voraussetzung für die Übernahme der Kosten nach Spitaltarif (Art. 49 Abs. 4 KVG) und Langzeitpflegebedürftigkeit, bei welcher die Krankenversicherer lediglich die Kosten im Rahmen des Tarifs für ein Pflegeheim (Art. 50 KVG) zu entschädigen haben, lassen sich nicht streng voneinander abgrenzen. Bei der Unterscheidung von Akutspitalbedürftigkeit und blosser Pflegebedürftigkeit ist dem behandelnden Arzt ein gewisser Ermessensspielraum zuzugestehen.
5.1.2 Eine Person, die an einer psychischen Störung an geistiger Behinderung leidet schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung Betreuung nicht anders erfolgen kann. Die Belastung und der Schutz von Angehörigen sind zu berücksichtigen (Art. 426 Abs. 1 und 2 ZGB). Voraussetzungen für eine fürsorgerische Unterbringung bilden somit das Vorliegen eines Schwächezustandes sowie die Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person. Weiter ist das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen: Die stationäre Unterbringung muss geeignet und erforderlich sein und kommt nur dann in Betracht, wenn der schutzbedürftigen Person die nötige Behandlung Betreuung nicht in anderer Weise, z.B. im ambulanten Rahmen, geboten werden kann. Und schliesslich hat die Unterbringung in einer geeigneten Einrichtung zu erfolgen. Die Belastung und der Schutz von Angehörigen allein ist für die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung nicht ausreichend, muss aber mitberücksichtigt werden.
5.2 Wie aus dem Bericht der C.___ vom 22. Februar 2022 (A.S. 19 f.) ersichtlich ist, erfolgte gestützt auf die ärztliche Einweisung von Dr. med. B.___ die fürsorgerische Unterberingung (nachfolgend FU) des Beschwerdeführers in die C.___. Als Diagnosen wurden ein psychotisches Syndrom, DD paranoide Schizophrenie (F20.0), DD substanzinduzierte psychotische Störungen, DD organische psychotische Störung gestellt. Die Zuweisung sei wegen Selbstgefährdung (der Beschwerdeführer sei auf den Balkon im 3. Stock geklettert) und Fremdgefährdung (er sei ins Schlafzimmer seiner schlafenden Nachbarin gegangen) bei Verdacht auf Psychose unklarer Ätiologie, mit der Ambulanz in Begleitung der Polizei erfolgt. Bei der Aufnahme in die Klinik hätten formale (leicht verlangsamt, schwer eingeengt, komme immer wieder darauf zurück, dass alles in Ordnung sei) als auch inhaltliche (Verfolgungs-, Beeinträchtigungs- und fraglich Vergiftungswahn) Denkstörungen bestanden. Ausserdem hätten akustische Halluzinationen in Form von leichtem Stimmen hören (bedrohliche Stimme, die ihm in der Nacht der Aufnahme gesagt habe: «Ich habe dich») sowie ein brummendes Geräusch im linken Ohr, das komme und gehe, vorgelegen. Aufgrund der Umstände der Aufnahme habe eine Selbst- und Fremdgefährdung nicht ausgeschlossen werden können, weshalb der Beschwerdeführer eine Nacht im IVZ habe verbringen müssen, wo eine Therapie mit 2 mg Risperdal begonnen worden sei. Am nächsten Tag sei er absprachefähig gewesen und habe die Aufnahmeereignisse bestätigt, habe aber wenig Angaben zu den Gründen für sein Handeln gemacht. Der Beschwerdeführer habe die Einnahme von Risperidon nach der einmaligen Gabe in der Nacht der Aufnahme verweigert. Er habe auch die körperliche Untersuchung, eine Blut- Urinuntersuchung und das Angebot, ein MRT des Schädels zum Ausschluss organischer Ursachen für seine Psychose zu machen, verweigert. Er habe keine Krankheitseinsicht gezeigt. Er habe psychotische Erlebnisse (Halluzinationen) auf der Station gehabt. So sei er überzeugt gewesen, von Strahlen berührt zu werden, die von einem anderen Zimmernachbarn auf ihn projiziert würden. Es habe zudem der Verdacht bestanden, dass er einen Vergiftungswahn aufweise, da er wenig von den bereitgestellten Mahlzeiten zu sich genommen habe. Er habe ein sich wiederholendes Muster gezeigt, bei dem er ein wenig Auskunft über seine psychotischen Erlebnisse gegeben habe, sie dann aber wieder vollständig abgetan und wiederholt habe, dass er sich gut fühle und alles in Ordnung sei. Er habe es verweigert, den Kontakt mit dem Hausarzt und den Angehörigen aufzunehmen. Aus diesen Gründen sei eine definitive Diagnose nicht möglich gewesen. Er habe sich jedoch an die Regeln auf der Station gehalten, habe während des gesamten Aufenthaltes auf der Station weder Fremd- noch Selbstgefährdung gezeigt. Eine Belastungsprobe zuhause gegen Ende des Aufenthaltes sei komplikationslos verlaufen. Obwohl er psychotische Symptome gezeigt habe, habe es keine klare Indikation für eine Behandlung ohne Zustimmung Zwangsmedikation gegeben. Der Beschwerdeführer habe geäussert, dass er noch nicht bereit für eine medikamentöse Therapie sei und das Gefühl habe, dass seine psychotische Episode vorbei sei und er auf natürliche Weise versuchen wolle, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Bei fehlender Eigen- und Fremdgefährdung sei er in die vorbestehenden Verhältnisse entlassen worden. Abschliessend gab der behandelnde Arzt der C.___ auf Nachfrage der Beschwerdegegnerin an, es habe keine nicht-medizinische (soziale) Gründe gegeben, welche die damalige stationäre Therapie begründet hätten.
5.3 Gestützt auf die Vorakten sowie insbesondere den Bericht der C.___ vom 22. Februar 2022 ist es erstellt, dass beim Beschwerdeführer im Zeitraum der des stationären Aufenthaltes in der C.___ vom 18. – 26. Juli 2021 eine Akutspitalbedürftigkeit gegeben war. So bestanden begründete Anzeichen auf Eigen- sowie Fremdgefährdung. Zudem wurden auch während des stationären Aufenthaltes noch psychotische Erlebnisse beschrieben. Soziale Gründe für den Spitalaufenthalt werden von den behandelnden Ärzten verneint und sind denn auch nicht ersichtlich. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag zu keinem anderen Resultat zu führen. So wird seine Behauptung, wonach die gestellten Diagnosen zweifelhaft seien und damit keine Spitalbedürftigkeit vorgelegen habe, von keinem behandelnden Arzt gestützt. Des Weiteren ist gestützt auf die eingeholten Akten des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn VWBES.2021.282 sowie die elektronische Aktenerfassung des Verwaltungsgerichts festzustellen, dass Oberrichter F.___ im genannten Fall als Instruktionsrichter amtete und die am 20. Juli 2021 in der C.___ durchgeführte Instruktionsverhandlung leitete. Diesbezüglich weiterführende Informationen lassen sich allesamt aus den eingeholten Verfahrensakten VWBES.2021.282 entnehmen, weshalb die vom Beschwerdeführer beantragte Zeugenbefragung von F.___ nicht notwendig erscheint und demnach abzuweisen ist.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass aufgrund der im Zeitraum vom 18. – 26. Juli 2021 erstellten Akutspitalbedürftigkeit des Beschwerdeführers die diesbezüglichen medizinischen Leistungen im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu vergüten sind.
6. Sodann rügt der Beschwerdeführer, die Vergütung der Kosten der C.___ durch die Beschwerdegegnerin sei ohne seine Zustimmung erfolgt. Zudem sei von Seite der Atupri keine Kostengutsprache einverlangt worden und er habe bei dieser Rechnung das Tiers Payant Abrechnungsverfahren explizit ausgeschlossen.
Im System des Tiers payant ist der Versicherer (Krankenkasse) gegenüber dem Leistungserbringer (Ärzte, Spitäler etc.) Honorarschuldner (Art. 42 Abs. 2 KVG). Der Versicherer seinerseits stellt in der Folge der versicherten Person, wie im vorliegenden Fall, die von ihr zu übernehmenden Kosten (Selbstbehalt, Franchise usw.) in Rechnung. Wie die Beschwerdegegnerin in diesem Zusammenhang korrekt ausgeführt hat, sind nach dem Wortlaut von Art. 42 Abs. 2 KVG Kosten einer stationären Behandlung zwingend nach dem Zahlungssystem tiers payant abzuwickeln, womit eine vorgängige Zustimmung des Beschwerdeführers nicht erforderlich war. Zudem handelte es sich bei der Spitaleinweisung bzw. der fürsorgerischen Unterbringung des Beschwerdeführers in der C.___ fraglos um eine Notfallbehandlung, weshalb bereits aus diesem Grund eine vorgängige Kostengutsprache nicht erforderlich war. Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin ist somit auch im Lichte dessen nicht zu beanstanden.
Insofern der Beschwerdeführer weiter geltend macht, im Behandlungszeitraum habe noch keine Deckung nach KVG bestanden, ist er darauf hinzuweisen, dass er gemäss den vorliegenden Akten seit dem 1. April 2021 bei der Beschwerdegegnerin in der obligatorischen Krankenpflege versichert ist, womit betreffend den Spitalaufenthalt vom 18. – 26. Juli 2021 eine entsprechende Deckung vorlag.
7. Schliesslich ist zu prüfen, ob die von der Beschwerdegegnerin vom Beschwerdeführer geforderte Kostenbeteiligung von total CHF 2'739.35 (CHF 135.00 Spitalbeitrag, CHF 2'500.00 Jahresfranchise, CHF 104.35 Selbstbehalt) korrekt ist.
Gemäss Art. 64 KVG besteht eine Kostenbeteiligung aus einem festen Jahresbetrag (Franchise) und 10 Prozent der die Franchise übersteigenden Kosten (Selbstbehalt) sowie einem Beitrag an die Kosten des Aufenthalts im Spital, welcher gemäss Art. 104 Abs. 1 KVV CHF 15.00 pro Tag beträgt.
Gestützt auf diese Vorschriften sind die von der Beschwerdegegnerin geforderten Kostenbeteiligungen nicht zu beanstanden. So ergibt sich die Höhe der Franchise von CHF 2'500.00 aus der Versicherungspolice 2021 des Beschwerdeführers (AA 3.1). Sodann befand sich der Beschwerdeführer vom 18. – 26. Juli 2021 in stationärer Spitalpflege, womit der Spitalbeitrag von CHF 135.00 (9 x CHF 15.00) ebenfalls korrekt ist. Des Weiteren verbleibt nach Abzug der Franchise von CHF 2'500.00 und des Spitalbeitrags von CHF 135.00 von den Gesamtkosten von CHF 3'678.40 ein Betrag von CHF 1'043.40, wovon die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer 10 %, also CHF 104.35, als Selbstbehalt in Rechnung gestellt hat, was ebenfalls nicht zu beanstanden ist.
8. 8.1 Zusammenfassend wird der Beschwerdeführer verpflichtet, der Beschwerdegegnerin den Betrag von CHF 2'739.35 zu bezahlen. Demnach wird die Beschwerde abgewiesen.
8.2 Bei diesem Verfahrensausgang besteht kein Anspruch auf eine Parteientschädigung.
8.3 Grundsätzlich ist das Verfahren kostenlos. Von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass. Demnach wird erkannt: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, der Beschwerdegegnerin den Betrag von CHF 2'739.35 zu bezahlen. 3. Es werden weder eine Parteientschädigung zugesprochen noch Verfahrenskosten erhoben.
Rechtsmittel Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Die Vizepräsidentin Der Gerichtsschreiber Weber-Probst Isch
Auf die gegen den vorliegenden Entscheid erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 9C_231/2022 vom 20. Juni 2022 nicht ein. |
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