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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VSBES.2022.17)

Zusammenfassung des Urteils VSBES.2022.17: Verwaltungsgericht

Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn hat in einem Urteil vom 25. Mai 2023 entschieden, dass die Kurzarbeitsbewilligungen für den Zeitraum vom 23. März 2020 bis 13. September 2021 aufgehoben werden. Die Beschwerdegegnerin, das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn, hat sich gegen die Kurzarbeitsentschädigung für die Beschwerdeführerin, die A.___ GmbH, durchgesetzt. Es wird festgestellt, dass die Arbeitsausfälle nicht überwiegend auf die Coronapandemie zurückzuführen sind. Die Beschwerde wird abgewiesen, ohne Parteientschädigungen oder Verfahrenskosten.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VSBES.2022.17

Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2022.17
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Versicherungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VSBES.2022.17 vom 25.05.2023 (SO)
Datum:25.05.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Arbeit; AWA-Nr; Kurzarbeit; Apos; Arbeitsausfall; Pandemie; Revision; Massnahmen; Arbeitsausfälle; Verfügung; Bestellung; Zusammenhang; Umsatz; Entscheid; Umsätze; Tatsache; Abrechnung; Recht; Kurzarbeitsentschädigung; Parteien; Versicherung; Arbeitgeber; Arbeitnehmer; Betrieb; Bewilligung; Versicherungsgericht; Einsprache
Rechtsnorm: Art. 32 AVIG;Art. 55 ATSG ;
Referenz BGE:143 V 105; 143 V 95; 148 V 144;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VSBES.2022.17

 
Geschäftsnummer: VSBES.2022.17
Instanz: Versicherungsgericht
Entscheiddatum: 25.05.2023 
FindInfo-Nummer: O_VS.2023.63
Titel: Kurzarbeitsentschädigung

Resümee:

 

 

 

 

 

 

 


Urteil vom 25. Mai 2023

Es wirken mit:

Vizepräsident Flückiger

Oberrichter Marti

Oberrichter Thomann

Gerichtsschreiber Haldemann

In Sachen

A.___ vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Keller

Beschwerdeführerin

gegen

Amt für Wirtschaft und Arbeit, Kantonale Amtsstelle, Juristische Dienstleistungen, Rathausgasse 16, 4509 Solothurn,

Beschwerdegegnerin

 

betreffend     Kurzarbeitsentschädigung (Einspracheentscheid vom 2. Dezember 2021)

 


 

zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:

I.       

 

1.

1.1     Das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Solothurn (fortan: Beschwerdegegnerin) bewilligte der Arbeitgeberin A.___ GmbH (fortan: Beschwerdeführerin) wie folgt Kurzarbeit (Akten der Beschwerdegegnerin / AWA-Nrn. 55 / 57 / 59 / 61 / 63):

·       6. April 2020 (Nr. 339285045):             23. März bis 22. September 2020 (später:

31. August 2020, Nr. 340069702)

·       2. September 2020 (Nr. 340153604):  1. September bis 30. November 2020

·       8. Dezember 2020 (Nr. 340755852):   14. Dezember 2020 bis 13. März 2021

·       23. Februar 2021 (Nr. 341194428):     14. März bis 13. Juni 2021

·       16. April 2021 (Nr. 341513108):           14. März bis 13. September 2021

 

1.2     Am 31. August 2021 erliess die Beschwerdegegnerin eine Revisionsverfügung, in deren Dispositiv sie die Bewilligungen vom 6. April und 2. September 2020 sowie 16. April 2021 aufhob und festhielt, bereits ausgezahlte Kurzarbeitsentschädigungen seien von der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn (fortan: ALK) zurückzufordern (AWA-Nr. 1). Die Beschwerdegegnerin begründete dies damit, der geltend gemachte Arbeitsausfall könne weder aufgrund von behördlichen Massnahmen noch durch die Auswirkungen der Pandemie plausibel erklärt werden. Die gegen diese Verfügung gerichtete Einsprache (unter AWA-Nr. 2) wies die Beschwerdegegnerin mit Entscheid vom 2. Dezember 2021 ab (Aktenseite / A.S. 1 ff.).

 

2.

2.1     Die Beschwerdeführerin lässt am 18. Januar 2021 [recte: 2022] beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn (fortan: Versicherungsgericht) Beschwerde erheben und begehren, der Einspracheentscheid vom 2. Dezember 2021 sowie die Verfügung vom 31. August 2021 seien ersatzlos aufzuheben, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin (A.S. 5 ff.).

 

2.2     Die Beschwerdegegnerin beantragt mit Beschwerdeantwort vom 18. Februar 2022, die Beschwerde sei abzuweisen und es seien weder Gerichtskosten aufzuerlegen noch sei eine Parteientschädigung auszuzahlen (A.S. 19 ff.).

 

2.3     Die Parteien halten mit Replik vom 27. April 2022 resp. Duplik vom 17. Mai 2022 an ihren Rechtsbegehren fest (A.S. 37 ff. / 42 f.). Der Vertreter der Beschwerdeführerin reicht zudem am 30. Mai 2022 eine Kostennote ein (A.S. 46 ff.).

 

II.

 

1.

1.1     Da die Sachurteilsvoraussetzungen (zulässiges Anfechtungsobjekt, Einhaltung von Frist und Form, örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, Legitimation) erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

1.2     Die Beschwerdeführerin hält dafür, in der Verfügung vom 31. August 2021 seien lediglich die drei Kurzarbeitsbewilligungen vom 6. April und 2. September 2020 sowie 16. April 2021 widerrufen worden, nicht aber die Bewilligungen vom 8. Dezember 2020 und 23. Februar 2021. Die Beschwerdegegnerin begründe indes nicht, weshalb die verschiedenen Bewilligungszeiträume unterschiedlich zu behandeln seien, so dass der angefochtene Einspracheentscheid wegen Widersprüchlichkeit und Unklarheit aufzuheben sei (A.S. 11).

 

Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Inhalt und Tragweite einer Verfügung ergeben sich in erster Linie aus dem Dispositiv. Ist dieses unklar, unvollständig, zweideutig widersprüchlich, so muss die Unsicherheit durch Auslegung behoben werden. Zu diesem Zweck kann auf die Begründung der Verfügung zurückgegriffen werden. Verwaltungsverfügungen sind nicht nach ihrem bisweilen nicht sehr treffend verfassten Wortlaut, sondern – vorbehältlich des Vertrauensschutzes – nach ihrem wirklichen rechtlichen Bedeutungsgehalt zu verstehen. Oder anders ausgedrückt: Es ist durch Auslegung zu klären, welche Teile der Verfügung Dispositivcharakter aufweisen. Eine Verfügung darf dabei nur so ausgelegt werden, wie sie der Empfänger aufgrund aller Umstände, die ihm im Zeitpunkt der Eröffnung bekannt waren hätten bekannt sein müssen, in guten Treuen verstehen durfte und musste. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben haben Verfügungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung so zu gelten, wie sie nach gemeinverständlichem Wortlaut zu verstehen sind (Urteile des Bundesgerichts 8C_156/2019 vom 11. September 2019 E. 3.3 sowie 9C_95/2015 vom 27. Mai 2015 E. 5.1). Im formellen, als «Entscheid» betitelten Dispositiv der Revisionsverfügung vom 31. August 2021 werden zwar in der Tat nur die Kurzarbeitsverfügungen vom 6. April und 2. September 2020 sowie 16. April 2021 ausdrücklich erwähnt. Aus Sachverhalt und Begründung der Verfügung ist indes zu schliessen, dass alle erteilten Bewilligungen revidiert werden sollen, denn es ist nirgends die Rede davon, dass sich die Revision auf bestimmte Zeiträume beschränkt. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass gemäss dem Rubrum der Revisionsverfügung die Bewilligungen Nr. 341513108 (14. März bis 13. September 2021), 340755852 (14. Dezember 2020 bis 13. März 2021), 340069702 (23. März bis 31. August 2020) und 340153604 (1. September bis 30. November 2020) aufgehoben wurden. Dies kann nach Treu und Glauben nur so verstanden werden, dass die Revision den gesamten Bewilligungszeitraum vom 23. März 2020 bis 13. September 2021 erfasst. Ein Widerspruch, aus dem die Beschwerdeführerin etwas für sich ableiten könnte, gar ein gravierender Mangel, der zur Nichtigkeit führen würde, liegen nicht vor.

 

2.

2.1     Formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide sind in Revision zu ziehen, wenn nach ihrem Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt Beweismittel aufgefunden werden, deren Beibringung zuvor nicht möglich war (Art. 53 Abs. 1 Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG, SR 830.1]). Neue Tatsachen liegen vor, wenn sie sich vor Erlass des zu revidierenden Entscheides verwirklicht haben, aber trotz hinreichender Sorgfalt damals nicht bekannt waren. Die neuen Tatsachen müssen zudem erheblich sein, was dann der Fall ist, wenn sie die tatbestandliche Grundlage des rechtskräftigen Entscheides so zu ändern vermögen, dass bei zutreffender rechtlicher Würdigung ein anderer Entscheid resultiert (BGE 143 V 105 E. 2.3 S. 107 f.). Die neuen Tatsachen Beweismittel sind innert 90 Tagen nach deren Entdeckung geltend zu machen, spätestens jedoch innert zehn Jahren nach der Eröffnung des zu revidierenden Entscheides (Art. 67 Abs. 1 Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021] i.V.m. Art. 55 Abs. 1 ATSG). Praxisgemäss beginnt die relative 90tägige Revisionsfrist zu laufen, sobald bei der Partei eine sichere Kenntnis über die neue erhebliche Tatsache das entscheidende Beweismittel vorhanden ist. Blosse Vermutungen genügen dagegen nicht (BGE 143 V 105 E. 2.4 S. 108). Ergeben sich aus den neu entdeckten Tatsachen und Beweismitteln (lediglich) gewichtige Indizien für das Vorliegen eines prozessualen Revisionsgrundes, so hat die Verwaltung innert angemessener Frist die erforderlichen Abklärungen durchzuführen. Die relative Revisionsfrist beginnt diesfalls erst zu laufen, sobald es die Unterlagen erlauben, die Erheblichkeit des geltend gemachten Revisionsgrundes zu prüfen (a.a.O. E. 2.4 S. 109).

 

2.2

2.2.1  Arbeitnehmende, deren normale Arbeitszeit verkürzt deren Arbeit ganz eingestellt ist, haben Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (Art. 31 Abs. 1 Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [AVIG, SR 837.0]), wenn (kumulativ)

·      sie für die Versicherung beitragspflichtig sind das Mindestalter für die Beitragspflicht noch nicht erreicht haben (lit. a),

·      der Arbeitsausfall anrechenbar ist (lit. b),

·      das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt ist (lit. c),

·      der Arbeitsausfall voraussichtlich vorübergehend ist und erwartet werden darf, dass durch Kurzarbeit ihre Arbeitsplätze erhalten werden können (lit. d).

 

2.2.2  Ein Arbeitsausfall ist anrechenbar, wenn er (Art. 32 Abs. 1 AVIG):

a.    auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen und unvermeidbar ist und

b.    je Abrechnungsperiode mindestens 10 % der Arbeitsstunden ausmacht, die von den Arbeitnehmern des Betriebes normalerweise insgesamt geleistet werden (wobei als Abrechnungsperiode ein Zeitraum von einem Monat von vier zusammenhängenden Wochen gilt, s. Art. 32 Abs. 5 AVIG).

 

Ein Arbeitsausfall ist u.a. dann nicht anrechenbar, wenn er durch Umstände verursacht wird, die zum normalen Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehören (Art. 33 Abs. 1 lit. a AVIG). Arbeitsausfälle, die auf behördliche Massnahmen andere nicht vom Arbeitgeber zu vertretende Umstände zurückgehen, sind anrechenbar, wenn der Arbeitgeber sie nicht durch geeignete, wirtschaftlich tragbare Massnahmen vermeiden keinen Dritten für den Schaden haftbar machen kann (Art. 51 Abs. 1 Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [AVIV, SR 837.02]).

 

2.2.3  Der Bundesrat erliess am 20. März 2020 notrechtlich die Verordnung über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, SR 837.033). Diese in der Folge mehrmals geänderte Verordnung sah in Abweichung von AVIG und AVIV verschiedene Erleichterungen in Bezug auf die Kurzarbeit vor, welche die schnelle und unbürokratische Auszahlung von Kurzarbeitsentschädigung mit einer Reduzierung des administrativen Aufwands für die Arbeitgeber und die Verwaltung bezweckten (BGE 148 V 144 E. 5.2.2 S. 154). Das für dringlich erklärte Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie vom 25. September 2020 (Covid-19-Gesetz, SR 818.102), angenommen in der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021, enthielt sodann in Art. 17 Abs. 1 (in Kraft ab 1. September 2020) eine Ermächtigung an den Bundesrat, bis 31. Dezember 2022 resp. 2023 in verschiedenen Punkten abweichende Bestimmungen über die Kurzarbeit zu erlassen. Gestützt darauf wurde der anrechenbare Verdienstausfall in einem summarischen Verfahren berechnet und die Kurzarbeitsentschädigung von 80 % als Pauschale ausgerichtet (Art. 8i Abs. 1 Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, in Kraft vom 9. April 2020 bis 31. März 2022). Der prozentuale wirtschaftlich bedingte Arbeitsausfall bestimmte sich aus dem Verhältnis der Summe wirtschaftlich bedingter Ausfallstunden der von Kurzarbeit betroffenen Personen zur Summe der Sollstunden aller anspruchsberechtigten Personen (Abs. 2). Der anrechenbare Verdienstausfall entspricht dem Anteil des wirtschaftlich bedingten Arbeitsausfalls an der der Summe der massgebenden Verdienste aller anspruchsberechtigen Personen (Abs. 3).

 

Das SECO wiederum erliess zwecks einheitlicher Rechtsanwendung an die Durchführungsstellen gerichtete Weisungen. Danach waren Arbeitsausfälle aufgrund rückläufiger Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, die auf die Pandemie zurückgingen, anrechenbar (SECO-Weisung 2020/06, Aktualisierung «Sonderregelungen aufgrund der Pandemie», vom 9. April 2020, S. 5, rückwirkend anwendbar seit 1. März 2020). Weiter fielen unter behördliche Massnahmen, die zu anrechenbaren Arbeitsausfällen führten, auch die Anordnungen der Behörden im Zusammenhang mit der Coronapandemie (a.a.O., S. 6 oben).

 

3.

3.1    

3.1.1  Die Beschwerdeführerin handelt mit Verpackungsmaterialien aller Art (s. Handelsregisterauszug, Beschwerdebeilage / BB-Nr. 2). Am 23. März 2020 reichte sie eine erste Voranmeldung von Kurzarbeit ein (AWA-Nr. 54). Sie gab an, derzeit beschäftige sie zwei Arbeitnehmer (B.___ [Gesellschafter und Geschäftsführer, s. BB-Nr. 2] und C.___), während es vor einem Jahr noch drei gewesen seien. Beide Arbeitnehmer seien unbefristet angestellt und von der Kurzarbeit ab 17. März 2020 betroffen. Der voraussichtliche Arbeitsausfall liege bei 80 %. Wegen der Coronapandemie habe man nur noch wenige Aufträge und es gebe keine neuen. Der Geschäftsgang in den nächsten vier Monaten sei ungewiss. Auftragstermine habe man noch keine verschoben. Nachdem die Beschwerdegegnerin vom 23. März bis 22. September 2020 Kurzarbeit bewilligt hatte (AWA-Nr. 55, was später wegen der neuen Rechtslage auf den 31. August 2020 korrigiert wurde), reichte die Beschwerdeführerin mehrere monatliche Abrechnungen ein, welche folgende Angaben zu den anspruchsberechtigten und von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmern sowie zum Arbeitsausfall enthielten:

 

März 2020 (AWA-Nr. 15)

2

27,27 %

April 2020 (AWA-Nr. 16)

2

100,00 %

Mai 2020 (AWA-Nr. 18)

2

79,41 %

Juni 2020 (AWA-Nr. 19)

1

82,35 %

Juli 2020 (AWA-Nr. 20)

1

82,35 %

August 2020 (AWA-Nr. 21)

1

82,15 %

 

3.1.2  In der weiteren Voranmeldung vom 21. August 2020 beantragte die Beschwerdeführerin ab 1. September 2020, für den Arbeitnehmer C.___ Kurzarbeit, wobei der voraussichtliche Arbeitsausfall bei 80 % liege (AWA-Nr. 56). Nachdem die Beschwerdegegnerin vom 1. September bis 30. November 2020 Kurzarbeit bewilligt hatte (AWA-Nr. 57), deponierte die Beschwerdeführerin folgende monatlichen Abrechnungen:

 

September 2020 (AWA-Nr. 22)

1

82,35 %

Oktober 2020 (AWA-Nr. 23)

1

82,35 %

November 2020 (AWA-Nr. 26)

1

82,35 %

 

3.1.3  In der Voranmeldung vom 4. Dezember 2020 hielt die Beschwerdeführerin fest, es sei weiterhin eine Person von Kurzarbeit betroffen, wobei der voraussichtliche Arbeitsausfall nach wie vor bei 80 % liege (AWA-Nr. 58). Nachdem die Beschwerdegegnerin vom 14. Dezember 2020 bis 13. März 2021 Kurzarbeit bewilligt hatte (AWA-Nr. 59), legte die Beschwerdeführerin folgende Abrechnungen vor:

 

Dezember 2020 (AWA-Nr. 29)

1

48,45 %

Januar 2021 (AWA-Nr. 33)

1

78,43 %

Februar 2021 (AWA-Nr. 36)

1

86,76 %

März 2021 (AWA-Nr. 40)

1

86,45 %

 

3.1.4  Die Beschwerdeführerin wiederholte in der Voranmeldung vom 18. Februar 2021 für die Zeit ab 1. März 2021 ihre früheren Angaben (AWA-Nr. 60). Nachdem die Beschwerdegegnerin vom 14. März bis 13. Juni 2021 Kurzarbeit bewilligt hatte (AWA-Nr. 61), reichte die Beschwerdeführerin folgende Abrechnungen ein:

 

April 2021 (AWA-Nr. 42)

1

75,40 %

Mai 2021 (AWA-Nr. 50)

1

77,03 %

 

3.1.5  Aufgrund einer weiteren Voranmeldung vom 15. April 2021 mit identischen Angaben (AWA-Nr. 62) bewilligte die Beschwerdegegnerin vom 14. März bis 13. September 2021 Kurzarbeit (AWA-Nr. 63). Die Beschwerdeführerin brachte folgende Abrechnungen bei:

 

Juni 2021 (AWA-Nr. 3)

1

84,87 %

Juli 2021 (AWA-Nr. 51)

1

84,59 %

August 2021 (AWA-Nr. 52)

1

49,20 %

September 2021 (AWA-Nr. 53)

1

48,13 %

 

3.1.6  Die Beschwerdeführerin erzielte gemäss der Zusammenstellung im Einspracheverfahren folgende Umsätze (s. Eingabe vom 8. November 2021, unter AWA-Nr. 2; s.a. AWA-Nr. 10):

 

 

2018

2019

2020

2021 (10 Mt.)

insgesamt

700'573.84

455'073.15

318'865.20

292'156.40

 

mtl. Durchschnitt

58'381.00

37'922.00

26'572.00

29'215.00

 

3.1.7  Die ALK teilte der Beschwerdeführerin am 12. Juli 2021 mit, ab Juni 2021 sei bei einem Arbeitsausfall von über 50 % zu begründen, weshalb dieser trotz der Lockerungen (der Massnahmen in Zusammenhang mit der Coronapandemie) immer noch so hoch sei (AWA-Nr. 7). Die Beschwerdeführerin antwortete darauf am 20. Juli 2021, sie sei viel in der Industrie tätig, welche sich in ihrer Branche noch nicht so erholt habe, dass man auf Leistungen verzichten könne. Ihre Umsätze seien im letzten Jahr um ca. 40 % eingebrochen. Im Mai dieses Jahres habe man um etwas mehr als 15 % aufgeholt, aber nicht im Juni (AWA-Nr. 8). Die ALK überwies sodann die Sache am 26. Juli 2021 zum Entscheid an die Beschwerdegegnerin (AWA-Nr. 11).

 

3.1.8  Die Beschwerdegegnerin ersuchte die Beschwerdeführerin am 28. Juli 2021, sie solle erläutern, wie ein anrechenbarer Arbeitsausfall entstehen könne, wenn der Umsatz im Juni 2021 ungefähr dem Median aller Umsätze des Jahres 2019 entspreche (AWA-Nr. 12). Die Beschwerdeführerin erwiderte am 11. August 2021, sie habe im Juni 2019 einen Umsatz von CHF 46'881.00 und im Juni 2021 von CHF 39'500.00 erzielt. Als Unternehmen schaue man nicht einen einzelnen Monat an, sondern eine längere Zeitspanne. Die Stelle des Mitarbeiters C.___ sei erst im September 2019 von 25 % auf 100 % aufgestockt worden, dies in Unkenntnis der kommenden Ereignisse (AWA-Nr. 13).

 

Auf die Nachfrage der Beschwerdegegnerin vom 17. August 2021 hin erklärte die Beschwerdeführerin gleichentags, als man das Pensum des Mitarbeiters im September 2019 auf 100 % erhöht habe, sei genügend Arbeit vorhanden gewesen. Eine vollständige Auslastung dieses Mitarbeiters erfordere einen Umsatz von durchschnittlich CHF 60'000.00 pro Monat. Zur Vereinfachung habe man bei ihm immer eine Arbeitszeit von 1,5 Stunden aufgeschrieben (AWA-Nr. 14).

 

3.2     Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Arbeitsausfälle, welche die Beschwerdeführerin geltend macht, in einem Zusammenhang mit der Coronapandemie resp. den damit einhergehenden Massnahmen stehen.

 

3.2.1  Die Beschwerdegegnerin hält dafür, der Betrieb der Beschwerdeführerin sei gar nie Gegenstand von behördlichen Massnahmen im Zusammenhang mit der Pandemie gewesen. Dies ist zutreffend. Mit der Ausrufung der «ausserordentlichen Lage» am 16. März 2020 mussten zwar alle Läden (ausser Lebensmittelgeschäften), Gastronomiebetriebe sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe schliessen (s. unter Chronologie der Reaktionen und Massnahmen infolge der COVID-19-Pandemie in der Schweiz – Wikipedia). Die Beschwerdeführerin, welche als Zwischenhändlerin Industriebetriebe mit Verpackungsmaterial belieferte, war indes (ebenso wie ihre Kunden) nicht selber von einer Schliessung betroffen, sondern konnte ihrer Tätigkeit grundsätzlich weiterhin nachgehen. Sie wendet ein, der Arbeitnehmer C.___ sei nach der Auslagerung der Spedition und Materiallagerung im ersten Halbjahr 2019 in erster Linie mit computergestützten Arbeiten und der Verkaufsberatung beschäftigt gewesen. Letzteres habe wegen der Home Office-Pflicht nicht mehr physisch stattfinden können und sei zunächst brachgelegen (A.S. 38 f. Ziff. 2 unten). Die Beschwerdeführerin hatte denn auch für April 2020 einen Arbeitsausfall von 100 % geltend gemacht (E. II. 3.1.1 hiervor). Sollte sie aber tatsächlich den Betrieb ganz geschlossen haben, so ist ihr zu entgegnen, dass dies trotz des Lockdowns nicht notwendig gewesen wäre. Einerseits wurde die Home Office-Pflicht, auf welche die Beschwerdeführerin sich bezieht, erst per 18. Januar 2021 eingeführt (s. unter Chronologie der Reaktionen und Massnahmen infolge der COVID-19-Pandemie in der Schweiz – Wikipedia), also rund zehn Monate nach der ersten Voranmeldung von Kurzarbeit. Andererseits ist kein Grund ersichtlich, der gegen Verkaufsberatungen per Telefon Videokonferenz gesprochen hätte. Die Beschwerdeführerin legt nirgends dar, dass ein solches Vorgehen unmöglich nicht praktikabel gewesen wäre. Im Übrigen bewirkte die Einführung der Home Office-Pflicht im Januar 2021 dann keineswegs, dass sich der geltend gemachte Arbeitsausfall in der Folge markant erhöht hätte (s. E. II. 3.1.3 - 3.1.5 hiervor), was darauf hindeutet, dass die Home Office-Pflicht den Betrieb der Beschwerdeführerin nicht spürbar tangierte.

 

3.2.2  Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, ihr Geschäft habe unter den pandemiebedingten Lieferengpässen gelitten. Sie verweist dazu auf verschiedene Dokumente (s. Beilagen vom 30. November 2021, unter AWA-Nr. 2):

a)    Bestellung 00122 vom 24. Januar 2020 bei der Firma D.___ (Beilage Nr. 6a): Die Foliensäcke und Luftpolsterbeutel sollten bis 14. Februar 2020 lieferbar sein. Die Beschwerdeführerin verkaufte diese Ware sodann am 11. März 2020 an die E.___ AG weiter (Nr. 6b).

b)    Bestellung 00165 vom 30. März 2020 bei der F.___ GmbH (Nr. 7a): Die Lieferung der Zwischenlagen aus Graukarton war bis 3. April 2020 vorgesehen, doch die F.___ GmbH verschob den Liefertermin auf den 6. April 2020 (Nr. 7b). Die Beschwerdeführerin reichte diesbezüglich noch einen Internationalen Frachtbrief der G.___ GmbH ein (Nr. 7c). Daraus geht zwar hervor, dass die Beschwerdeführerin am 3. Juni 2020 Ware erhalten hatte. Ansonsten ist die Kopie dieses Dokuments aber derart unleserlich, dass sich nicht feststellen lässt, ob es überhaupt um die Bestellung vom 30. März 2020 geht.

c)    Bestellung 00195 vom 22. Juni 2020 bei der F.___ GmbH (Nr. 8a): Die Easywinkel sollten bis 6. Juli 2020 geliefert werden, doch geschah dies erst am 22. Juli 2020 (Nr. 8b).

d)    Bestellung 00390 vom 17. Juni 2021 bei der H.___ AG (unter Nr. 9): Die Beutel aus Luftpolsterfolie waren erst ab 18. Dezember 2021 wieder lieferbar, was mit der aktuell sehr angespannten Situation im Bereich der Seefrachten begründet wurde.

e)    Die Website der Firma I.___ (unter Nr. 9) enthielt den allgemeinen Hinweis, dass sich die gewohnte Lieferzeit aufgrund der aktuellen Situation verzögern könne. Dies muss sich auf den Herbst 2021 beziehen, denn die Website enthält auch ein Inserat für den Black Friday vom 26. November (2021).

f)     Mitteilung der J.___ AG vom 3. November 2021 (unter Nr. 9): Die Lieferzeiten befänden sich noch immer auf einem sehr hohen Niveau, z.B. für Wellpappe zwölf bis 14 Wochen und für Luftpolsterfolie drei bis vier Wochen (wobei hier Standards ab Lager lieferbar seien).

g)    Bestellungen 00487 und 00488 vom 19. Oktober 2021 bei der K.___ AG (unter Nr. 9): Der Lieferschein für die Flexico Minigrips war auf den 30. November 2021 datiert und enthielt den Hinweis, der Liefertermin stehe unter dem Vorbehalt der Weiterentwicklung des Coronavirus und der Verfügbarkeit von Material und Produkten sowie der eigenen Vorbelieferung.

h)    Die Website der Firma L.___ (unter Nr. 9) enthielt den allgemeinen Hinweis, aufgrund der aktuellen Situation könne es im Ausnahmefall zu verlängerten Lieferzeiten und Teillieferungen kommen. Ein Datum ist hier nicht ersichtlich.

 

Aus diesen Unterlagen geht zwar hervor, dass die Pandemie durchaus Einfluss auf die Lieferzeiten von Verpackungsmaterial haben konnte. Sie belegen indes nicht, dass die Beschwerdeführerin davon in einem so erheblichen Ausmass betroffen war, dass die Arbeitszeit reduziert werden musste. Belegt sind lediglich vier konkrete Lieferverzögerungen, eine von einem halben Jahr seitens der H.___ AG (lit. d), eine von mehr als einem Monat seitens der K.___ AG (lit. g) sowie zwei von 16 resp. drei Tagen seitens der F.___ GmbH (lit. b + c). Weitere Verzögerungen sind nicht erstellt. Namentlich bleibt unklar, ob die F.___ GmbH tatsächlich erst am 3. Juni 2020 lieferte und nicht bereits wie angekündigt am 6. April 2020 (s. lit. b). Bei der Firma D.___ wiederum muss der Umstand, dass die für den 14. Februar 2020 zugesagte Lieferung von der Beschwerdeführerin erst am 11. März 2020 weiterverkauft wurde (lit. a), nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Lieferung auch erst an diesem Tag bei ihr einging.

 

Die vier dokumentierten Fälle, in denen die Lieferung verspätet erfolgte, verteilten sich zudem auf den Zeitraum von Februar 2020 bis November 2021. Ihre Bedeutung als repräsentative Beispiele für Lieferverzögerungen muss daher schon aus diesem Grund stark relativiert werden, einmal abgesehen davon, dass zwei dieser Verzögerungen lediglich ein paar Tage dauerten. Andererseits ist zu beachten, dass zwischen den vorliegenden Bestellungen noch etliche weitere erfolgt sein müssen, wie aus den Abständen zwischen den Bestellnummern (00122, 00165, 00195, 00390 und 00487/488) hervorgeht. Wenn aber die Beschwerdeführerin von all ihren Bestellungen nur eine derart kleine Auswahl einreicht, so legt dies den Schluss nahe, dass die übrigen, nicht aktenkundigen Bestellungen nicht in grösserem Umfang von Lieferschwierigkeiten betroffen waren. Hätte es viele Bestellungen gegeben, welche erst nach mehreren Monaten ausgeführt wurden, so hätte die Beschwerdeführerin zweifellos eine grössere Anzahl davon beigebracht. Namentlich liegen dem Gericht keine Bestellungen bei den Lieferanten I.___, J.___ AG und L.___ vor (lit. e, f und h), so dass offen bleibt, ob die von diesen Firmen angekündigten möglichen Verzögerungen die Beschwerdeführerin auch wirklich betrafen. In diesem Zusammenhang ist zudem bezüglich der J.___ AG darauf hinzuweisen, dass gewisse Artikel immer noch ab Lager lieferbar waren (lit. f).

 

3.2.3  Die Parteien vertreten unterschiedliche Auffassungen darüber, inwieweit die Entwicklung der Umsätze der Beschwerdeführerin Rückschlüsse auf die Arbeitsauslastung des Betriebes erlauben. Eine Korrelation zwischen Umsatz und Arbeitsausfall lässt sich indes nicht herstellen.

 

Richtig ist, dass der Umsatz im ersten Pandemiejahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 29,9 % einbrach (vgl. E. II. 3.1.6 hiervor). Dies darf aber nicht isoliert betrachtet werden. Der Umsatz war vielmehr bereits 2019, also vor der Pandemie, im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen, nämlich um 35,04 % und damit noch mehr als 2020. Dieser Rückgang verstärkte sich zudem innerhalb des Jahres 2019, indem in der ersten Jahreshälfte ein durchschnittlicher monatlicher Umsatz von CHF 45'363.20 erzielt wurde, in der zweiten Hälfte indes nur noch von CHF 30'482.35 (vgl. Eingabe vom 8. November 2021, unter AWA-Nr. 2). Die Beschwerdeführerin erklärt dies damit, dass im ersten Halbjahr 2019 durch Umstrukturierungsmassnahmen (wie z.B. die Reduktion der angemieteten Lagerfläche und die Auslagerung der Spedition) eine Verbesserung der Kosten-Nutzen-Struktur bezweckt und erreicht worden sei (a.a.O.; s.a. A.S. 39). Bezieht man aber auch noch die beiden vorhergehenden Jahre ein, so zeigt sich, dass bereits damals sowohl beim Aufwand als auch beim Ertrag eine rückläufige Entwicklung einsetzte (s. Erfolgsrechnungen 2018, 2019 und 2020: s. AWA-Nr. 2 / Beilage Nr. 4 zur Eingabe vom 8. November 2021 sowie BB-Nr. 5):

 

 

Personalaufwand

Handelswarenertrag

2017

161’901.00

795'699.00

2018

136’461.00

675’818.00

2019

64’626.00

422’873.00

2020

76’834.00

280’287.00

 

Setzte aber der Rückgang schon vor der Pandemie und auch vor den Umstrukturierungsmassnahmen der Beschwerdeführerin ein, so kann dem Umsatz keine grosse Bedeutung als Indikator für die Arbeitsausfälle zu kommen. Dies muss umso mehr gelten, als sich die monatlichen Umsätze während der Pandemie nicht auf einem mehr weniger konstanten tiefen Niveau bewegten, sondern stark schwankten (s. Eingabe vom 8. November 2021, unter AWA-Nr. 2), nämlich zwischen CHF 17'468.90 und 44'173.50 (2020) resp. CHF 15'861.15 und 55'977.75 (2021). Dies korrespondiert nicht mit den beim Arbeitnehmer C.___ geltend gemachten Arbeitsausfällen, welche sich ab Mai 2020 (abgesehen von Dezember 2020, wo die Abrechnung nicht den ganzen Monat erfasste) in einem relativ engen Bereich von 79,41 bis 82,35 % (2020) resp. 75,40 bis 86,76 % (2021) bewegten (E. II. 3.1.1 - 3.1.5 hiervor). Der Arbeitsausfall kann daher auch unter diesem Blickwinkel nicht anhand der Umsatzentwicklung plausibilisiert werden. Ebenso wenig kann aus dem Anstieg der Umsätze im Februar und März 2022 (BB-Nr. 6) für sich allein genommen, ohne Kenntnis weiterer Details, geschlossen werden, dass die tieferen Umsätze in den beiden Vorjahren auf die Pandemie zurückgingen. Im Übrigen machte die Beschwerdeführerin im Juni und Juli 2021 einen Ausfall von 84,87 resp. 84,59 % geltend. Nachdem die ALK ihr aber am 12. Juli 2021 mitgeteilt hatte, ein Ausfall von weiterhin über 50 % müsse nun begründet werden (E. II. 3.1.7 hiervor), wies die Beschwerdeführerin im August und September 2021 prompt nur noch Arbeitsausfälle von 49,20 resp. 48,13 % aus (E. II. 3.1.5 hiervor), ohne dass ein solch plötzlicher Rückgang aufgrund der Akten nachvollziehbar wäre. Dies erweckt den Verdacht, dass die zuvor geltenden gemachten Arbeitsausfälle nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen. Darauf deutet denn auch die Aussage der Beschwerdeführerin hin, man habe beim Mitarbeiter C.___ der Einfachheit halber stets eine tägliche Arbeitszeit von 1,5 Stunden aufgeschrieben (E. II. 3.1.8 hiervor).

 

Die Beschwerdeführerin brachte in der Beschwerde am 8. November 2021 vor, C.___ wäre bei einem monatlichen Umsatz von CHF 60'000.00 voll ausgelastet gewesen (unter AWA-Nr. 2). Dies wird freilich nicht näher substanziiert und ist damit nicht nachprüfbar. In der Beschwerdeschrift hiess es dann abweichend davon, der Mitarbeiter sei gestützt auf die bis September 2019 erzielten monatlichen Umsätze von rund CHF 45'000.00 eingestellt worden (A.S. 9 Ziff. 5). Dieser Widerspruch lässt die Angaben der Beschwerdeführerin als wenig glaubwürdig erscheinen.

 

3.2.4  Nach diesem Beweisergebnis ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass die Pandemie bei der Beschwerdeführerin zu Arbeitsausfällen führte. Angesichts der dargelegten Zweifel und Ungewissheiten ist dies aber jedenfalls nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.

 

3.3

3.3.1  Die Voraussetzungen für eine prozessuale Revision, d.h. eine rückwirkende Neubeurteilung der vom 23. März 2020 bis 13. September 2021 bewilligten Kurzarbeit, sind erfüllt (s. dazu E. II. 2.1 hiervor): Die Tatsache, dass sich die streitigen Arbeitsausfälle im Betrieb der Beschwerdeführerin nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Coronapandemie resp. die einschlägigen Massnahmen zurückführen lassen, ist offenkundig entscheidrelevant, da sie dazu führt, dass der Anspruch auf Kurzarbeit entfällt (s. E. II. 2.2.2 + 2.2.3 hiervor). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin als Leistungsbezügerin im Rahmen der prozessualen Revision die Beweislast dafür trägt, dass die Voraussetzungen der Kurzarbeit erfüllt sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_38/2022 vom 13. Juli 2022 E. 6.3). Als die Beschwerdegegnerin die Kurzarbeit bewilligte, war ihr der fehlende Zusammenhang zwischen der Pandemie und den behaupteten Arbeitsausfällen noch nicht bekannt. Zunächst genügte es im Rahmen des summarischen Verfahrens, wenn sich der Arbeitgeber zur Begründung der Arbeitsausfälle einfach auf die Pandemie resp. die behördlichen Massnahmen berief (SECO-Weisung 2020/06 vom 9. April 2020, S. 5 und 6). Später musste der Zusammenhang zwischen Arbeitsausfall und Pandemie zwar glaubhaft gemacht werden (SECO-Weisung 2020/15 vom 30. Oktober 2020, S. 8 Ziff. 2.2). Es galt aber weiterhin das summarische Verfahren mit dem gleichen vereinfachten Formular, das vom Arbeitgeber weniger Angaben verlangte. Erst ab Juni 2021 mussten Dauerbezüger von Kurzarbeitsentschädigung dazu angehalten werden, den Zusammenhang zwischen den noch immer vorliegenden Arbeitsausfällen und der Pandemie bzw. den damit verbundenen behördlichen Massnahmen zu begründen (SECO-Weisung 2021/13 vom 30. Juni 2021, S. 27 f.). Dementsprechend reagierte die ALK, nachdem am 2. Juli 2021 ein Arbeitsausfall von 84,87 % geltend gemacht worden war (AWA-Nr. 3), indem sie am 12. Juli 2021 bei der Beschwerdeführerin nachfragte und die Angelegenheit am 26. Juli 2021 an die Beschwerdegegnerin überwies (E. II. 3.1.7 hiervor). Diese klärte daraufhin die Sache weiter ab, indem sie bei der Beschwerdeführerin verschiedene Auskünfte einholte (E. II. 3.1.8 hiervor). Vor diesem Hintergrund ist keine mangelnde Sorgfalt bei der Bewilligung der Kurzarbeit ersichtlich. Die Beschwerdegegnerin erhielt vielmehr erstmals im Juli 2021 Kenntnis von den Umsätzen im Jahr 2019 (s. AWA-Nr. 12), welche den Schluss geboten, dass es schon vor der Pandemie zu einem Einbruch gekommen war (E. II. 3.2.3 hiervor). Die Revisionsverfügung vom 31. August 2021 erging damit auf jeden Fall innert der 90tägigen Frist ab der Kenntnis der neuen Tatsachen.

 

3.3.2  Die Beschwerdeführerin beruft sich auf den Vertrauensschutz. Der Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV, SR 101]) schützt die Bürger in ihrem berechtigten Vertrauen auf behördliches Verhalten. Er bedeutet u.a., dass falsche behördliche Auskünfte bindend sind und eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung gebieten, sofern verschiedene Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (BGE 143 V 95 E. 3.6.2 S. 103, s.a. die zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, immer noch geltende Rechtsprechung: BGE 121 V 65 E. 2a S. 66 f.). Dies steht aber einer prozessualen Revision rechtskräftiger Verfügungen nicht entgegen, sofern die entsprechenden Voraussetzungen wie hier erfüllt sind. Den Akten lassen sich bezüglich der Kurzarbeit keinerlei spezielle behördliche Zusicherungen ähnliches entnehmen, welche allenfalls geeignet wären, eine Revision auszuschliessen.

 

3.4     Zusammenfassend hat die Beschwerdegegnerin ihre Kurzarbeitsbewilligungen für den Zeitraum vom 23. März 2020 bis 13. September 2021 zu Recht in Revision gezogen und aufgehoben. Die Beschwerde stellt sich folglich als unbegründet heraus und ist abzuweisen.

 

4.       Bei diesem Verfahrensausgang steht der Beschwerdeführerin keine Parteientschädigung zu. Die Beschwerdegegnerin wiederum hat als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation – abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen – keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (vgl. etwa BGE 128 V 133 E. 5b, 126 V 150 E. 4a).

 

5.       In Beschwerdesachen der Arbeitslosenversicherung vor dem kantonalen Versicherungsgericht sind – abgesehen vom hier nicht interessierenden Fall einer mutwilligen leichtsinnigen Prozessführung – keine Verfahrenskosten zu erheben, weil dies im AVIG nicht vorgesehen ist (s. Art. 61 lit. fbis ATSG).

 

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Es werden weder Parteientschädigungen zugesprochen noch Verfahrenskosten erhoben.

 

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

 

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Vizepräsident                     Der Gerichtsschreiber

Flückiger                                   Haldemann

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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