Zusammenfassung des Urteils VSBES.2021.55: Verwaltungsgericht
Das Versicherungsgericht entscheidet über den Anspruch auf Ergänzungsleistungen einer verstorbenen Person, die in einem Heim lebte. Die Ausgleichskasse verneinte zunächst den Anspruch, gewährte jedoch teilweise eine Ergänzungsleistung. Die Kinder der Verstorbenen legten Einspruch ein, da sie mit der Entscheidung nicht einverstanden waren. Das Gericht prüfte den Fall und korrigierte die Berechnungen der Ausgleichskasse, wodurch die Ergänzungsleistungen angepasst wurden. Es wurde entschieden, dass den Beschwerdeführern keine Parteientschädigung zusteht und keine Verfahrenskosten erhoben werden. Der Entscheid des Gerichts kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VSBES.2021.55 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Versicherungsgericht |
Datum: | 08.06.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Apos; AK-Nr; Einsprache; Ergänzungsleistung; Nutzniessung; Verzicht; Einspracheentscheid; Vermögensverzicht; Ergänzungsleistungen; Anspruch; Betrag; Berechnung; Kinder; Prämienpauschale; Recht; Ausgaben; Einnahmen; Versicherungsgericht; Kanton; Darlehen; Wohnrecht; Verzichts; Ausgleich; Kantons; Solothurn; Krankenversicherung; Ertrag; Eltern |
Rechtsnorm: | Art. 120 OR ;Art. 473 ZGB ; |
Referenz BGE: | 122 V 394; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VSBES.2021.55 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Entscheiddatum: | 08.06.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_VS.2021.109 |
Titel: | Ergänzungsleistungen AHV |
Resümee: |
Urteil vom 8. Juni 2021 Es wirken mit: Gerichtsschreiber Schmidhauser In Sachen 1. A.___ 2. B.___ Beschwerdeführer
gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, Beschwerdegegnerin
betreffend Ergänzungsleistungen AHV – C.___ sel. (Einspracheentscheid vom 19. März 2021)
zieht das Versicherungsgericht in Erwägung: I.
1. Die 1933 geborene C.___ (nachfolgend: die Versicherte) lebte ab dem 21. Oktober 2019 in einem Heim. Sie meldete sich am 6. Januar 2020 bei der zuständigen AHV-Zweigstelle zum Bezug von Ergänzungsleistungen zu ihrer AHV-Rente an (Akten der Ausgleichskasse [AK-Nr.] 2).
2. Mit Verfügung vom 3. April 2020 verneinte die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen (AK-Nr. 16). Dagegen liess die Versicherte am 15. April 2020 Einsprache erheben (AK-Nr. 19).
3. Am 29. November 2020 verstarb die Versicherte (vgl. AK-Nr. 28). Das Einspracheverfahren wurde in der Folge durch ihre Kinder A.___ und B.___ fortgesetzt.
4. Mit Einspracheentscheid vom 19. März 2021 (AK-Nr. 37; Aktenseiten [A.S.] 1 ff.) hiess die Beschwerdegegnerin die Einsprache teilweise gut. In einer gleichentags erlassenen, den Einspracheentscheid umsetzenden Verfügung (AK-Nr. 42 S. 7 ff.) sprach sie der Versicherten eine jährliche Ergänzungsleistung in der Höhe von CHF 994.00 pro Monat (inkl. Prämienpauschale für die Krankenversicherung von CHF 472.00) für die Zeit vom 1. Oktober 2019 bis 31. Dezember 2019 sowie von CHF 1'377.00 pro Monat (inkl. Prämienpauschale für die Krankenversicherung von CHF 476.00) für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis 30. November 2020 zu.
5. Mit Zuschrift vom 6. April 2021 erheben A.___ und B.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 19. März 2021. Sie stellen die folgenden Rechtsbegehren:
1. Der Einspracheentscheid der AKSO vom 19. März 2021 sei aufzuheben. 2. Die Sache sei an die AKSO zurückzuweisen, damit diese den Anspruch auf Ergänzungsleistungen unter Berücksichtigung des zutreffenden Verzichtsvermögens neu berechne. 3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
6. Die Beschwerdegegnerin schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 6. Mai 2021 auf Abweisung der Beschwerde.
7. Auf die Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird im Folgenden, soweit erforderlich, eingegangen. Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.
II.
1. 1.1 Die Sachurteilsvoraussetzungen (Frist und Form der Beschwerdeerhebung; örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit des Versicherungsgerichts) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
1.2 Streitig und zu prüfen ist der Anspruch der Versicherten auf eine jährliche Ergänzungsleistung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2019 bis 30. November 2020. Massgebend sind deshalb diejenigen Rechtssätze, welche während dieses Zeitraums Gültigkeit hatten. Nicht anwendbar sind die Änderungen des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG, SR 831.30), die am 1. Januar 2021 in Kraft getreten sind. Die Bestimmungen des ELG werden daher nachstehend jeweils in derjenigen Fassung zitiert, welche bis Ende 2020 Geltung hatte.
1.3 Umstritten ist gemäss den in der Beschwerde gestellten Anträgen und der entsprechenden Begründung das angerechnete Verzichtsvermögen aus zwei Schenkungen von insgesamt CHF 40'000.00 und dem Verzicht auf eine Nutzniessung im Jahr 2017.
1.4 Gemäss § 54bis Abs. 1 lit. a kantonales Gesetz über die Gerichtsorganisation (GO, BGS 125.12) entscheidet der Präsident des Versicherungsgerichts – von hier nichtzutreffenden Ausnahmen abgesehen – als Einzelrichter über sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten mit einem Streitwert bis höchstens CHF 30'000.00. Wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt, kann das von den Beschwerdeführern beanstandete Berechnungselement «Verzichtsvermögen» für den hier zu beurteilenden Zeitraum von 14 Monaten keine Anspruchsdifferenz von mehr als CHF 30'000.00 ergeben. Die Angelegenheit ist deshalb durch den Einzelrichter zu beurteilen.
2. 2.1 Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben unter anderem Personen mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz, die Anspruch auf eine Altersrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung haben (Art. 4 Abs. 1 lit. a ELG). Die jährliche Ergänzungsleistung entspricht dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 9 Abs. 1 ELG).
2.2 Die anerkannten Ausgaben werden in Art. 10 ELG geregelt. Zu berücksichtigen sind bei Personen, die dauernd längere Zeit in einem Heim leben, insbesondere die Tagestaxe und ein vom Kanton zu bestimmender Betrag für persönliche Auslagen (Art. 10 Abs. 2 ELG) sowie ein jährlicher Prämienbetrag für die Krankenversicherung (Art. 10 Abs. 3 lit. d ELG).
2.3 Als Einnahmen anzurechnen sind namentlich Einkünfte aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen (Art. 11 Abs. 1 lit. b ELG), ein Fünftel (bei Personen, die in einem Heim leben) des Reinvermögens, soweit es bei alleinstehenden Personen CHF 37'500.00 übersteigt (Art. 11 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Abs. 2 ELG, § 82 Abs. 2 lit. d kantonales Sozialgesetz [BGS 831.1] und § 64 kantonale Sozialverordnung [BGS 831.2]), sowie Renten, Pensionen und andere wiederkehrende Leistungen, einschliesslich der Renten der AHV und der IV (Art. 11 Abs. 1 lit. d ELG). Angerechnet werden auch Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG). Der anzurechnende Betrag von Vermögenswerten, auf die verzichtet worden ist, wird jährlich um CHF 10'000.00 vermindert (Art. 17a Abs. 1 der Verordnung über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung [ELV, SR 831.301]).
2.4 Nutzniessung ist das inhaltlich umfassende (dingliche) Nutzungs- und Gebrauchsrecht an einem fremden Vermögensobjekt. Der Nutzniesser hat dabei den vollen Genuss an der fremden Sache. Er wird aber nicht deren Eigentümer, weil er sie zwar gebrauchen und geniessen, nicht aber rechtlich tatsächlich darüber verfügen darf. Daher kann ein Vermögenswert, an dem eine Nutzniessung besteht, dem Nutzniesser grundsätzlich nicht als Vermögen angerechnet werden. Indessen beinhaltet er für den Nutzniesser einen wirtschaftlichen Wert. Deshalb ist der Ertrag der Nutzniessung bei der EL-Berechnung als Einkommen anzurechnen. Bei einer Nutzniessung an einer Liegenschaft ist deren Mietwert (nach den Grundsätzen der direkten kantonalen Steuer; Art. 12 ELV) als Einkommen zu erfassen (BGE 122 V 394 E. 6a S. 401 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 9C_198/2010 vom 9. August 2010 E. 5.4.2; Rz. 3443.06 sowie 3432.02 und 3433.02 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL], Stand 1. Januar 2020; Erwin Carigiet/Uwe Koch, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, 2. Auflage 2009, S. 163).
3. Die dem Einspracheentscheid und der ihn umsetzenden Verfügung vom 19. März 2021 zugrunde liegenden Berechnungen enthalten als anerkannte Ausgaben die Tagestaxe, den Betrag für die persönlichen Auslagen und den Pauschalbetrag für die Krankenkasse. Sie sind diesbezüglich korrekt, was auch nicht bestritten wird. Die nachfolgende Prüfung konzentriert sich daher auf die anrechenbaren Einnahmen und insbesondere auf den angerechneten Vermögensverzicht, der in der Beschwerde beanstandet wird.
4. 4.1 Als Einnahmen berücksichtigt wurden zunächst die unbestrittenen Renteneinnahmen von CHF 24'600.00 sowie eine Position «Mietwert Wohnrecht» von CHF 3’700.00. Hinzu kommen Vermögenserträge von CHF 264.00 (CHF 202.00 Erträge aus Sparguthaben/Wertschriften, CHF 12.00 aus Vermögensverzicht, CHF 50.00 aus Nutzniessung) für das Jahr 2019 respektive CHF 254.00 (CHF 196.00 Erträge aus Sparguthaben/Wertschriften, CHF 8.00 aus Vermögensverzicht, CHF 50.00 aus Nutzniessung). Stark ins Gewicht fällt schliesslich der Vermögensverzehr von CHF 40'549.00 (1/5 von CHF 202'745.00) im Jahr 2019 respektive CHF 36'572.00 (1/5 von CHF 182'860.00) im Jahr 2020. Umstritten ist der Vermögensverzehr; allenfalls könnten sich die Rügen der Beschwerdeführer auch auf die Vermögenserträge und die Position «Mietwert Wohnrecht» beziehen.
4.2 Die umstrittenen Positionen haben den folgenden Hintergrund:
4.2.1 Am 24. Mai 2006 schlossen die Versicherte und ihr Ehemann D.___ (Eltern) mit ihren beiden Kindern, den hierortigen Beschwerdeführern, einen Kauf- und Erbvertrag (AK-Nr. 10). Im Kaufvertrag veräusserten die Eltern dem Sohn B.___ einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Gebäuden zu einem Kaufpreis von CHF 173'100.00. Der Kaufpreis wurde beglichen durch eine Zahlungsverpflichtung von CHF 47'700.00, ein Darlehen von CHF 80'000.00 und die Einräumung eines lebenslänglichen Wohnrechts an die Eltern, dessen kapitalisierter Wert auf CHF 44'400.00 beziffert wurde. Für den Fall, dass beide Eltern das Wohnrecht nicht mehr ausüben könnten wollten, verpflichtete sich der Käufer B.___, ihnen ab diesem Zeitpunkt einen jährlichen Betrag von CHF 3'700.00, entsprechend dem jährlichen Mietwert des Wohnrechts, auszuzahlen (vgl. AK-Nr. 10 S 6 f.). Mit dem gleichzeitig abgeschlossenen Erbvertrag, an dem auch die Tochter, die hierortige Beschwerdeführerin A.___, beteiligt war, verzichteten die Vertragsparteien auf allfällige Ausgleichungs- und Herabsetzungsansprüche aus dem Kauf (vgl. AK-Nr. 10 S. 12 f.).
4.2.2 Am 1. Juni 2006 verstarb D.___, der Ehemann der Versicherten. Laut dem Inventar über den Vermögensnachlass des Verstorbenen (AK-Nr. 9) übernahm die Versicherte als überlebende Ehegattin einen Anteil von einem Viertel des Nettorücklasses von CHF 168'306.00, entsprechend CHF 42'076.00, zu Eigentum. Weiter stand ihr an den Erbanteilen der beiden Kinder von je 3/8 des Nettorücklasses, also je CHF 63'115.00, ein Nutzniessungsrecht im Sinne von Art. 473 ZGB zu.
4.2.3 Am 5. Februar 2017 schlossen die Versicherte und ihre beiden Kinder einen Erbteilungsvertrag (AK-Nr. 9 S. 14 ff.). Darin verzichtete die Versicherte «unwiderruflich auf das mir zustehende Nutzniessungsrecht an den Erbteilen meiner beiden vorgenannten Nachkommen» (AK-Nr. 9 S. 17). Die Wirkungen des Verzichts traten am 1. Januar 2018 ein (AK-Nr. 9 S. 15). Dementsprechend erfolgten Vergütungen von je CHF 63'115.00 an den Sohn (CHF 33'000.00 durch Erlass der verbliebenen Darlehensschuld aus dem Kauf vom 24. Mai 2006; CHF 30'115.00 durch Überweisung) und durch Überweisung an die Tochter (AK-Nr. 9 S. 17 f.).
4.2.4 Im Rahmen des Einspracheverfahrens forderte die Beschwerdegegnerin am 21. August 2020 Nachweise dafür ein, dass die Forderungen der Versicherten gegenüber dem Sohn B.___ aus dem Kaufvertrag vom 24. Mai 2006 (E. 4.2.1 hiervor), nämlich die Kaufpreisrestanz von CHF 47'700.00 und das Darlehen von CHF 80'000.00 (respektive die Differenz zur per 1. Januar 2018 erlassenen Restsumme von CHF 33'000.00 [vgl. E. 4.2.3 hiervor]) getilgt worden seien. Die Beschwerdeführer lieferten in der Folge den Nachweis, dass die Kaufpreisrestanz von CHF 48'000.00 noch im Jahr 2006 bezahlt wurde (vgl. AK-Nr. 25 S. 1) sowie dass sich die Darlehensforderung von CHF 80'000.00 durch einen Erlass von CHF 20'000.00 im Jahr 2008 sowie durch Amortisationen in den Jahren 2009 bis 2016 auf den Betrag von CHF 33'000.00 reduziert hatte (vgl. AK-Nr. 25 S. 2 ff.). Weiter wurde erklärt, im Jahr 2008 habe wahrscheinlich – als Ausgleich für den Schulderlass von CHF 20'000.00 gegenüber dem Sohn – die Tochter ebenfalls einen Betrag von CHF 20'000.00 erhalten (vgl. AK-Nr. 24).
4.2.5 Gestützt auf die zuletzt zitierten Angaben ist davon auszugehen, dass die Versicherte ihren beiden Kindern im Jahr 2008 je einen Betrag von CHF 20'000.00 geschenkt hat, dem Sohn durch eine Reduktion der Darlehensschuld von CHF 80'000.00 um diese Summe und der Tochter durch eine Zahlung von CHF 20'000.00.
4.3 Diese Vorgänge sind unter dem Aspekt der jährlichen Ergänzungsleistung wie folgt zu beurteilen:
4.3.1 In der Verfügung vom 3. April 2020 (AK-Nr. 16) respektive der ihr zugrundeliegenden Berechnung (AK-Nr. 17 f.) betrachtete die Beschwerdegegnerin den Anfang 2018 erfolgten Verzicht auf das Nutzniessungsrecht an den Erbanteilen der Kinder von gesamthaft CHF 126'230.00 als Vermögensverzicht. Dies wurde mit dem Einspracheentscheid zu Recht korrigiert: Da das der Nutzniessung unterliegende Vermögen kein im Rahmen der EL-Berechnung anrechenbares Vermögen bildet (vgl. E. II. 2.4 hiervor), kann auch der Verzicht darauf nicht die Anrechnung eines Verzichtsvermögens bewirken. Unter dem Aspekt des Verzichts gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG ist einzig der Ertrag aus diesem Vermögen anzurechnen. Diesen hat die Beschwerdegegnerin in Anwendung des derzeit massgebenden Zinssatzes von 0.04% (vgl. WEL Rz. 3481.10) zu Recht auf CHF 50.00 beziffert.
4.3.2 Mit dem Umzug in das Heim im Oktober 2019 trat der im Kaufvertrag vom 24. Mai 2006 (E. 4.2.1 hiervor) vorgesehene Tatbestand ein, dass beide Elternteile das ihnen damals eingeräumte lebenslängliche Wohnrecht nicht mehr ausüben konnten. Gemäss Vertrag stand der Versicherten ab diesem Zeitpunkt eine Entschädigung von CHF 3'700.00 pro Jahr zu. Diesen Betrag hat die Beschwerdegegnerin zu Recht unter der Bezeichnung «diverse Einnahmen» in die EL-Berechnung eingesetzt.
4.3.3 Der mit dem Verzicht auf die Nutzniessung erklärte Verzicht auf die verbliebene Darlehensforderung von CHF 33'000.00 kann nicht als Vermögensverzicht gelten, da er ihm neben dem Verzicht auf die Nutzniessung und der dadurch fällig gewordenen Herausschuldigkeit keine selbständige Bedeutung zukommt. Es handelte sich um eine verrechnungsweise Tilgung der fällig gewordenen Herausschuldigkeit. Dies wird im Einspracheentscheid korrekt festgehalten.
4.3.4 Die Beschwerdegegnerin geht im Einspracheentscheid davon aus, dass die Versicherte die Möglichkeit gehabt hätte, von der Summe von je CHF 63'115.00, total CHF 126'230.00, welche sie ihren beiden Kindern nach dem am 1. Januar 2018 wirksam gewordenen Verzicht auf das Nutzniessungsrechts zu vergüten hatte, die im Jahr 2008 ausgerichteten Schenkungsbeträge von je CHF 20'000.00, total CHF 40’000.00, verrechnungsweise in Abzug zu bringen. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden: Die beiden Schenkungen stellten im Jahr 2008, als sie ausgerichtet wurden, einen Vermögensverzicht dar. Dieser wurde aber durch die jährliche, erstmals Anfang 2010 vorzunehmende Reduktion um CHF 10'000.00 (Art. 17a Abs. 1 ELV; vgl. E. II. 2.3 hiervor) bis im Jahr 2013 amortisiert. Nach der Ausrichtung der Schenkung konnte der entsprechende Betrag rechtlich nicht mehr zurückverlangt werden, denn dies wäre nur unter den engen Voraussetzungen von Art. 249 OR, für deren Vorliegen hier keinerlei Anhaltspunkte bestehen, möglich. Die damalige Zahlung an die Tochter und der damalige Schulderlass gegenüber dem Sohn erfolgten schenkungshalber und nicht in Erfüllung der damals noch nicht fälligen Herausschuldigkeit. Inwiefern die Versicherte im Jahr 2017 2018 über einen rechtlichen Anspruch auf Rückerstattung der im Jahr 2008 ausgerichteten Schenkungen verfügt haben sollte, ist nicht ersichtlich. Da der durch den Verzicht auf die Nutzniessung fällig gewordenen Herausschuldigkeit keine rechtlich einklagbare Forderung der Versicherten gegen ihre Kinder gegenüberstand, scheidet eine Verrechnung, welche gegenseitige Forderungen voraussetzt (vgl. Art. 120 OR), aus. Der Verzicht auf eine Verrechnung, welche rechtlich gar nicht zulässig gewesen wäre, kann nicht als Vermögensverzicht im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG gelten und stellt auch keine Verletzung der Schadenminderungspflicht dar. Der Vermögensverzicht von CHF 30'000.00 im Jahr 2019 und CHF 20'000.00 im Jahr 2020, den die Beschwerdegegner bei der aus dem Einspracheentscheid abgeleiteten Berechnung berücksichtigt hat, ist daher zu streichen.
4.3.5 Soweit die Beschwerdeführer überdies beantragen, es sei der freiwillige Vermögensverzicht infolge des Nutzniessungsverzichts an den Erbteilen zu mildern bzw. vollständig aufzuheben, bleibt unklar, inwiefern sie damit eine zusätzliche Abänderung der gestützt auf den Einspracheentscheid vorgenommenen neuen Anspruchsberechnungen verlangen. Wie dargelegt, enthalten diese zu Recht kein Nutzniessungsvermögen und auch keinen entsprechenden Vermögensverzicht. Als Verzicht angerechnet wird lediglich ein Ertrag von CHF 50.00 pro Jahr, was korrekt ist und überdies kaum ins Gewicht fällt.
5. Nach dem Gesagten ist die Berechnung der Beschwerdegegnerin in Bezug auf den Vermögensverzicht (CHF 30'000.00 im Jahr 2019; CHF 20'000.00 im Jahr 2020) zu korrigieren und ansonsten korrekt.
5.1 In der Berechnung für 2019 reduziert sich damit das anrechenbare Vermögen von CHF 202'745.00 um CHF 30'000.00 auf CHF 172'745.00, der Vermögensverzehr von CHF 40'549.00 auf CHF 34'549.00. Weiter entfällt der Ertrag aus Vermögensverzicht von CHF 12.00.
Bei unveränderten Ausgaben von CHF 81'039.00 und reduzierten Einnahmen von CHF 63'101.00 (CHF 34'549.00 plus CHF 24'600.00 plus CHF 3'700.00 plus CHF 252.00) resultiert ein Ausgabenüberschuss von CHF 17'938.00. Die jährliche Ergänzungsleistung beläuft sich für die Zeit vom 1. Oktober 2019 bis 31. Dezember 2019 auf CHF 1'495.00 pro Monat mit der Prämienpauschale von CHF 472.00 respektive CHF 1’023.00 pro Monat ohne die Prämienpauschale.
5.2 In der Berechnung für 2020 reduziert sich das anrechenbare Vermögen von CHF 182'860.00 um CHF 20'000.00 auf CHF 162'860.00, der Vermögensverzehr von CHF 36'572.00 auf CHF 32'572.00. Zudem entfällt der Ertrag aus Vermögensverzicht von CHF 8.00. Bei unveränderten Ausgaben von CHF 81'642.00 und reduzierten Einnahmen von CHF 61'118.00 (CHF 32'572.00 plus CHF 24'600.00 plus CHF 3'700.00 plus CHF 246.00) resultiert ein Ausgabenüberschuss von CHF 20'524.00. Die jährliche Ergänzungsleistung beläuft sich für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis 30. November 2020 auf CHF 1’711.00 pro Monat mit der Prämienpauschale von CHF 476.00 respektive CHF 1’235.00 pro Monat ohne die Prämienpauschale.
5.3 Die Beschwerde ist in diesem Sinn gutzuheissen und der angefochtene Einspracheentscheid ist entsprechend anzupassen.
6. 6.1 Anspruch auf eine Parteientschädigung besteht nicht, weil soweit ersichtlich weder eine anwaltliche noch eine fachlich besonders qualifizierte Vertretung gegeben ist. Den Beschwerdeführern ist für das Beschwerdeverfahren auch kein ausserordentlich grosser Aufwand entstanden.
6.2 Es sind keine Verfahrenskosten zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).
Demnach wird erkannt: 1. Ein Doppel der Beschwerdeantwort vom 6. Mai 2021 geht zur Kenntnis an die Beschwerdeführer. 2. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn vom 19. März 2021 wird aufgehoben. Der Anspruch auf eine jährliche Ergänzungsleistung beläuft sich für die Zeit vom 1. Oktober 2019 bis 31. Dezember 2019 auf CHF 1'495.00 pro Monat (inkl. Prämienpauschale für die Krankenversicherung von CHF 472.00) und für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis 20. November 2020 auf CHF 1'711.00 pro Monat (inkl. Prämienpauschale für die Krankenversicherung von CHF 476.00). 3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 4. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. Rechtsmittel Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Der Präsident Der Gerichtsschreiber Flückiger Schmidhauser |
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