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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VSBES.2021.195)

Zusammenfassung des Urteils VSBES.2021.195: Verwaltungsgericht

Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn hat in einem Fall von Beschwerde gegen die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn entschieden, dass die Kosten für Shiatsu-Therapien nicht von den Ergänzungsleistungen der AHV übernommen werden müssen. Der Beschwerdeführer argumentierte, dass die Therapien von seiner Krankenkasse anerkannt und bezahlt werden. Das Gericht stellte jedoch fest, dass Shiatsu-Behandlungen nicht von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung abgedeckt sind und somit auch nicht im Rahmen der Ergänzungsleistungen vergütet werden müssen. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und es wurden weder Parteientschädigungen noch Verfahrenskosten erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VSBES.2021.195

Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2021.195
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Versicherungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VSBES.2021.195 vom 09.12.2021 (SO)
Datum:09.12.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Ergänzungsleistung; Ergänzungsleistungen; Einspracheentscheid; Krankheits; Kanton; Versicherungsgericht; Solothurn; Brief; Grundversicherung; Behinderungs; Leistungen; Medizin; Therapie; Behinderungskosten; Präsident; Kantons; Vergütung; Behandlung; Ärztin; Weiterbildung; Fähigkeitsprogramm; Ausgleichskasse; Sendung; Krankenpflegeversicherung; Kostenbeteiligung; Akupunktur; Apos; Verfahrens; Empfang
Rechtsnorm: Art. 33 KVG ;Art. 64 KVG ;Art. 64a KVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VSBES.2021.195

 
Geschäftsnummer: VSBES.2021.195
Instanz: Versicherungsgericht
Entscheiddatum: 09.12.2021 
FindInfo-Nummer: O_VS.2021.224
Titel: Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen AHV

Resümee:

 

 

 

Urteil vom 9. Dezember 2021

Es wirken mit:

Präsident Flückiger

Gerichtsschreiber Isch

In Sachen

A.___

Beschwerdeführer

 

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil

Beschwerdegegnerin

 

betreffend Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen AHV (Einspracheentscheid vom 9. September 2021)

 


zieht der Präsident des Versicherungsgerichts in Erwägung:

I.

 

1.       Mit Schreiben vom 19. November 2021 wendet sich A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) an das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn. Er nimmt Bezug auf einen Einspracheentscheid vom 9. September 2021. Nach einer entsprechenden Rückfrage der Gerichtskanzlei reichte er in der Folge einen Einspracheentscheid mit diesem Datum ein, der durch die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) erlassen wurde und sich auf die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten im Rahmen der Ergänzungsleistungen bezieht.

 

2.       Auf die Einholung weiterer Akten und einen Schriftenwechsel wurde verzichtet.

 

II.      

 

1.      

1.1     Das Versicherungsgericht ist zur Behandlung von Beschwerden gegen Einspracheentscheide der Ausgleichskasse über Ergänzungsleistungen zuständig.

 

1.2     Mit dem angefochtenen Einspracheentscheid lehnte es die Beschwerdegegnerin ab, dem Beschwerdeführer Kosten von insgesamt CHF 1'430.00 (Rechnungen über CHF 260.00, CHF 650.00 und CHF 520.00) für Shiatsu-Therapien zu vergüten.

 

1.3     Gemäss § 54bis Abs. 1 lit. a und b des kantonalen Gesetzes über die Gerichtsorganisation (GO; BGS 125.12) entscheidet der Präsident des Versicherungsgerichtes – von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen – als Einzelrichter über sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten mit einem Streitwert bis höchstens CHF 30'000.00 sowie über Nichteintreten auf offensichtlich verspätete sonstwie unzulässige Eingaben. Der Streitwert des vorliegenden Verfahrens liegt unter der Grenze von CHF 30'000.00. Die Angelegenheit ist daher durch den Präsidenten als Einzelrichter zu beurteilen.

 

2.      

2.1     Der Einspracheentscheid vom 9. September 2021 wurde mit der Versandart A-Post Plus zugestellt. Bei dieser Versandart wird der Brief mit einer Nummer versehen und ähnlich wie ein eingeschriebener Brief mit A-Post spediert. Im Unterschied zu eingeschriebenen Briefsendungen wird jedoch der Empfang durch den Empfänger nicht quittiert. Die Zustellung wird elektronisch erfasst, wenn die Sendung in das Postfach in den Briefkasten des Empfängers gelegt wird. Auf diese Weise ist es möglich, mithilfe des elektronischen Suchsystems «Track & Trace» der Post die Sendung bis zum Empfangsbereich des Empfängers zu verfolgen. Ein Fehler in der Postzustellung liegt nicht ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit, er ist jedoch nicht zu vermuten, sondern nur anzunehmen, wenn er aufgrund der Umstände als plausibel erscheint (Madeleine Randacher/Richard Weber, in: Basler Kommentar zum ATSG, Art. 38 N 7, mit Hinweisen).

 

2.2     Der Beschwerdeführer hat den Briefumschlag eingereicht, in dem er den Einspracheentscheid vom 9. September 2021 erhalten habe. Darauf hat er vermerkt «Eingang 20.10.21». Die Sendungsverfolgung für die auf dem Umschlag angegebene Sendungsnummer [...] mittels Track & Trace führt jedoch zum Ergebnis, der Brief sei am 10. September 2021 in das Postfach des Beschwerdeführers in [...] gelegt worden. Auf dieses elektronisch erfasste Zustelldatum kann nach dem Gesagten abgestellt werden, wenn nicht ein Fehler der Post plausibel erscheint. Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang geltend, der Einspracheentscheid vom 9. September 2021 sei erst am 20. Oktober 2021 in seinem Postfach angekommen «auf Intervention bei einer Frau B.___». Diese kurze Darstellung lässt einen Zustellungsfehler nicht als plausibel erscheinen. Die Frage nach der Rechtzeitigkeit der Beschwerde kann jedoch offenbleiben, da diese materiell ohnehin unbegründet ist.

 

3.      

3.1     Mit dem angefochtenen Einspracheentscheid verweigerte die Beschwerdegegnerin die Übernahme der geltend gemachten Behandlungskosten mit der Begründung, im Rahmen der Ergänzungsleistungen könnten Kosten übernommen werden, welche durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung, also die Grundversicherung, gedeckt sind. Dies treffe auf Shiatsu-Behandlungen nicht zu.

 

3.2     Der Beschwerdeführer wendet ein, die Shiatsu-Therapien seien von der Krankenkasse anerkannt und würden auch bezahlt. Die Beschwerdegegnerin bezahle seine Prämien und sei deshalb auch verantwortlich für einen genügenden Versicherungsschutz. Er habe bei der Krankenkasse CSS keine Versicherungspolice unterzeichnet. Es gelte das Prinzip «wer zahlt, befiehlt». Sein Gesundheitszustand verlange weitere Therapieerfolge. Er bitte deshalb höflich um die Freigabe weiterer Sitzungen bei der Therapeutin sowie um Begleichung der eingereichten Rechnungen.

 

4.      

4.1     Gemäss Art. 14 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG, SR 831.30) vergüten die Kantone den Bezügerinnen und Bezügern einer jährlichen Ergänzungsleistung die ausgewiesenen, im laufenden Jahr entstandenen Kosten für eine Reihe von Krankheits- und Behandlungskosten. Darunter fällt auch (die übrigen Positionen kommen nicht in Betracht) die Kostenbeteiligung nach Art. 64 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10). Im Kanton Solothurn richtet sich die Vergütung der Krankheits- und Behinderungskosten nach dem Reglement über die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen (RKEL; BGS 831.3). Laut dessen § 1 Abs. 1 werden ausgewiesene Krankheits-, Behinderungs- und Hilfsmittelkosten im Sinne von Artikel 14 Absatz 1 ELG bis zur Höhe der Kosten einer wirtschaftlichen und zweckmässigen Ausführung rückerstattet. Vergütet wird die Beteiligung nach Art. 64a KVG (gemeint wohl: Art. 64 KVG) an Kosten für Leistungen, welche die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Artikel 24b KVG übernimmt (§ 6 Abs. 1 RKEL). Vergütungen von Kostenbeteiligungen nach Absatz 1 können nur auf Grund von detaillierten Abrechnungen der Krankenversicherung erfolgen (§ 6 Abs. 2 RKEL).

 

4.2     Im Rahmen der Ergänzungsleistungen besteht demnach ein Anspruch auf Übernahme der Kostenbeteiligung nach Art. 64 KVG. Diese Bestimmung sieht vor, dass sich die Versicherten an den Kosten von Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, also der Grundversicherung, zu beteiligen haben, und zwar mit einem festen Jahresbetrag (Franchise) von mindestens CHF 300.00 (vgl. Art. 103 Abs. 1 und Art. 93 der Verordnung über die Krankenversicherung [KVV, SR 832.102) und zusätzlich einem Selbstbehalt von 10 % der die Franchise übersteigenden Kosten, höchstens jedoch CHF 700.00 (vgl. Art. 103 Abs. 2 KVV). Die Vergütung über die Ergänzungsleistungen umfasst somit denjenigen Betrag, den die versicherte Person unter dem Titel der Franchise und/oder des Selbstbehalts an Leistungen der Grundversicherung bezahlen muss. Darauf folgt umgekehrt, dass Leistungen, welche nicht von der Grundversicherung nach KVG übernommen werden, auch im Rahmen der Ergänzungsleistungen nicht vergütungsfähig sind.

 

4.3     Die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung werden in der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV; SR 832.112.31; erlassen gestützt auf Art. 33 KVG und Art. 33 KVV) umschrieben. Im Bereich der Komplementärmedizin, zu der die strittigen Shiatsu-Behandlung zu rechnen ist, übernimmt die Grundversicherung unter bestimmten Voraussetzungen die folgenden ärztlichen Leistungen (Art. 4b KLV):

 

a.    Akupunktur, sofern der Arzt die Ärztin über eine Weiterbildung verfügt, die dem Fähigkeitsprogramm Akupunktur – Chinesische Arzneitherapie – TCM (ASA) des Schweizerischen Instituts für Weiter- und Fortbildung (SIWF) vom 1. Juli 2015, revidiert am 23. Juni 2017, entspricht;

b.    anthroposophische Medizin, sofern der Arzt die Ärztin über eine Weiterbildung verfügt, die dem Fähigkeitsprogramm anthroposophisch erweiterte Medizin (VAOAS) des SIWF vom 1. Januar 1999, revidiert am 16. Juni 2016, entspricht;

c.     Arzneimitteltherapie der traditionellen chinesischen Medizin (TCM): sofern der Arzt die Ärztin über eine Weiterbildung verfügt, die dem Fähigkeitsprogramm Akupunktur – Chinesische Arzneitherapie – TCM (ASA) des SIWF vom 1. Juli 2015, revidiert am 23. Juni 2017, entspricht;

d.    klassische Homöopathie, sofern der Arzt die Ärztin über eine Weiterbildung verfügt, die dem Fähigkeitsprogramm Homöopathie (SVHA) des SIWF vom 1. Januar 1999, revidiert am 10. Dezember 2020, entspricht;

e.    Phytotherapie: sofern der Arzt die Ärztin über eine Weiterbildung verfügt, die dem Fähigkeitsprogramm Phytotherapie (SMGP) des SIWF vom 1. Juli 2011, revidiert am 5. November 2015, entspricht.

 

Die Shiatsu-Therapie lässt sich unter keine dieser Kategorien subsumieren. Sie zählt weder zur anthroposophischen Medizin noch zur Homöopathie Phytotherapie, und innerhalb der traditionellen chinesischen Medizin handelt es sich weder um Akupunktur noch um Arzneimitteltherapie. Weiter zählt eine Shiatsu-Therapeutin, auch wenn sie über das Zertifikat EMR (ErfahrungsMedizinisches Register) verfügt, nicht zu den zugelassenen Leistungserbringern. Die Therapie wird daher, wie die Beschwerdegegnerin zutreffend festhält, nicht durch die Grundversicherung nach KVG übernommen und kann daher auch im Rahmen der Ergänzungsleistungen nicht vergütet werden. Es wäre möglich, diese Therapien in eine Zusatzversicherung einzubeziehen; eine Kostenbeteiligung, die im Rahmen einer Zusatzversicherung anfällt, kann aber nicht durch die Ergänzungsleistungen übernommen werden. Die Beschwerde ist somit materiell unbegründet.

 

5.      

5.1     Zusammenfassend ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

 

5.2     Bei diesem Verfahrensausgang besteht kein Anspruch auf eine Parteientschädigung.

 

5.3     Für Beschwerdeverfahren im Bereich der Ergänzungsleistungen sind keine Gerichtskosten zu erheben.

 

Demnach wird erkannt:

1.    Eine Kopie der Beschwerde vom 19. November 2021 und der nachgereichten Beilagen geht zur Kenntnis an die Beschwerdegegnerin Ausgleichskasse des Kantons Solothurn.

2.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

3.    Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.    Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

 

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

 

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Präsident                           Der Gerichtsschreiber

Flückiger                                   Isch



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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