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Urteil Verwaltungsgericht (SO - VSBES.2020.247)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2020.247
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Versicherungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VSBES.2020.247 vom 15.03.2021 (SO)
Datum:15.03.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Der Beschwerdeführer A.___ wurde von der Krankenversicherung Vivao Sympany AG aufgrund nicht bezahlter Prämien und Kostenbeteiligungen betrieben. Nachdem der Beschwerdeführer Rechtsvorschlag erhob, wurde dieser beseitigt und die Betreibungskosten wurden teilweise reduziert. Der Beschwerdeführer legte Einspruch ein, welcher jedoch abgewiesen wurde. Daraufhin reichte er fristgerecht Beschwerde ein und forderte die genaue Aufstellung der geforderten Beträge. Die Beschwerdegegnerin wehrte sich gegen die Beschwerde und argumentierte, dass die Forderungen gerechtfertigt seien. Das Versicherungsgericht entschied teilweise zugunsten der Beschwerdegegnerin und verpflichtete den Beschwerdeführer, einen bestimmten Betrag zu zahlen. Der Richter in diesem Fall war Präsident Flückiger, und die Gerichtskosten betrugen CHF 0. Die verlierende Partei war männlich.
Schlagwörter: Sympany; Recht; Zahlung; Prämien; Apos; Betreibung; Forderung; Kostenbeteiligung; Kostenbeteiligungen; Forderungen; Rückforderung; Zahlungen; Vivao; Behandlungskosten; Rückforderungen; Verzug; Bearbeitungskosten; Verzugszins; Verfahren; Betrag; Einsprache; Beträge; Leistungen; Versicherungsgericht; Einspracheentscheid; Frist; Betreibungsamt; Leistungsaufschub; Bundesgericht
Rechtsnorm: Art. 24 ATSG ; Art. 26 ATSG ; Art. 58 ATSG ; Art. 64a KVG ;
Referenz BGE:110 V 183; 119 V 331; 125 V 276; 128 I 225;
Kommentar:
Kieser, ATSG- 3. Auflage, Art. 24 ATSG, 2015
Entscheid
 
Geschäftsnummer: VSBES.2020.247
Instanz: Versicherungsgericht
Entscheiddatum: 15.03.2021 
FindInfo-Nummer: O_VS.2021.57
Titel: Krankenversicherung KVG

Resümee:

 

 

 

Urteil vom 15. März 2021

Es wirken mit:

Präsident Flückiger

Gerichtsschreiber Isch

In Sachen

A.___

Beschwerdeführer

 

gegen

Vivao Sympany AG

Beschwerdegegnerin

 

betreffend       Krankenversicherung KVG (Einspracheentscheid vom 19. November 2020)

 


zieht der Präsident des Versicherungsgerichts in Erwägung:

I.

 

1.       Mit Zahlungsbefehl Nr. [...] des Betreibungsamtes B.___ AG vom 10. Februar 2016 liess die Krankenversicherung Vivao Sympany AG (nachfolgend Beschwerdegegnerin) A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer) wegen nicht bezahlter Prämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung für die Monate August - September 2015 sowie Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderung von Behandlungskosten vom 13./20. Juli und 3./10./17. und 31. August 2015 betreiben (V-Nr. [Vivao Sympany Akten] 6). Die Forderung setzte sich zusammen aus CHF 697.60 für die Prämien, CHF 2'253.50 für Kostenbeteiligungen/Rückforderungen, CHF 280.00 für Mahnspesen und CHF 80.00 für Bearbeitungskosten sowie 5 % Verzugszins ab dem 16. August 2015 auf den Betrag von CHF 697.60. Gegen diesen Zahlungsbefehl erhob der Beschwerdeführer am 7. März 2016 ohne Begründung Rechtsvorschlag. Diesen Rechtsvorschlag beseitigte die Beschwerdegegnerin mit Verfügung vom 17. März 2016 (V-Nr. 7), wobei sie darin zusätzlich die Betreibungskosten von CHF 73.30 aufführte. Die dagegen erhobene Einsprache vom 19. April 2016 (V-Nr. 8) hiess die Beschwerdegegnerin mit Einspracheentscheid vom 19. November 2020 (A.S. 1 ff.) insofern teilweise gut, als die Mahnspesen auf CHF 120.00 gesenkt wurden.

 

2.       Gegen diesen Einspracheentscheid erhebt der Beschwerdeführer am 16. Dezember 2020 (Datum Postaufgabe; A.S. 5 ff.) fristgerecht Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und stellt sinngemäss folgende Anträge:

 

1.    Die Sympany haben dem Gericht den geforderten Betrag genau zu belegen. Falls dies nicht geschehe, sei seine Beschwerde gutzuheissen und ihn aus der Zahlungspflicht zu entlassen.

2.    Zudem habe sie offenzulegen, welche Beträge sie zurückerhalten habe und sie sei zu verpflichten, diese nun zu bezahlen.

3.    Der Entscheid der Sympany sei aufzuheben, unter Kosten und Entschädigungsfolge für die Vivao Sympany, und diese sei zu verpflichteten, ihren Zahlungspflichten nachzukommen.

 

3.       Die Beschwerdegegnerin schliesst mit Beschwerdeantwort vom 12. Januar 2021 (A.S. 12 ff.) auf Abweisung der Beschwerde.

 

4.       Der Beschwerdeführer lässt sich mit Replik vom 2. März 2021 (Datum Postaufgabe; A.S. 21 ff.) abschliessend vernehmen und stellt ergänzend folgende Rechtsbegehren:

 

1.    Da diese Angelegenheit sehr viel Aufwand erfordert habe, bitte er, ihm eine angemessene Entschädigung zuzusprechen.

2.    Sollte das Gericht es für richtig halten, bitte er um unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung eines Anwalts.

 

Zudem stellt der Beschwerdeführer den Verfahrensantrag, er wolle auf die Entgegnung der Sympany antworten. Er werde ab Ende März operiert und hospitalisiert mit anschliessender Reha. Deshalb bitte er, ihm für die Antwort eine längere Frist zu gewähren.

 

5.       Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird im Folgenden, soweit notwendig, eingegangen.

 

II.

 

1.       Gemäss Art. 58 Abs. 1 ATSG ist das Versicherungsgericht desjenigen Kantons zuständig, in dem die versicherte Person der Beschwerde führende Dritte zur Zeit der Beschwerdeerhebung Wohnsitz hat. Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung Wohnsitz in [...] / SO hat, ist das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn zuständig. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen (Einhaltung von Frist und Form, sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts) sind ebenfalls erfüllt. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

 

2.       Bezüglich des Verfahrensantrags des Beschwerdeführers, es sei ihm die Frist zur Triplik auf die Duplik der Beschwerdegegnerin zu erstrecken, ist festzuhalten, dass vorliegend keine Duplik eingeholt wurde, weshalb dieser Antrag gegenstandslos geworden ist.

 

3.       Im vorliegenden Fall ist die Bezahlung von ausstehenden Krankenkassenprämien in der Höhe von insgesamt CHF 697.60 für die Prämien, CHF 2'253.50 für Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen von Behandlungskosten zuzüglich Mahnkosten von CHF 120.00, Bearbeitungskosten von CHF 80.00 und Betreibungskosten von CHF 73.30 sowie 5 % Verzugszins (ab dem 16. August 2015 auf den Betrag von CHF 697.60) strittig, womit der Streitwert unter CHF 30‘000.00 liegt, weshalb die Angelegenheit vom Präsidenten des Versicherungsgerichts als Einzelrichter zu beurteilen ist (§ 54bis Abs. 1 lit. a GO).

 

4.       Bezahlen Versicherte fällige Prämien Kostenbeteiligungen trotz Mahnung nicht, hat der Versicherer das Vollstreckungsverfahren einzuleiten. Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, kann die Krankenkasse nachträglich eine formelle Verfügung erlassen, in welcher auf die hängige Betreibung Bezug genommen und der Rechtsvorschlag ausdrücklich als aufgehoben erklärt wird (vgl. hierzu BGE 119 V 331 E. 2 b). Diese Verfügung stellt einen definitiven Rechtsöffnungstitel dar. Erwächst sie in Rechtskraft, kann die Krankenkasse die Betreibung direkt fortsetzen (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2003, 7B.213/2003)

 

5.      

5.1     Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin die geltend gemachten Krankenversicherungsprämien inkl. Verzugszins, Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen, Mahnspesen und Bearbeitungskosten schuldet und somit dafür die definitive Rechtsöffnung zu erteilen ist.

 

5.2     Gemäss den Ausführungen des Beschwerdeführers habe er den Gesamtbetrag gemäss den Zahlungsbelegen Z1 bezahlt. Das Betreibungsamt B.___ habe den Eingang der Zahlungen und deren Weiterleitung an die Vivao Sympany bestätigt. Trotz dieser nachgewiesenen Zahlungen habe die Vivao Sympany sechs Konkursverfahren beim Bezirksgericht Rheinfelden eingeleitet. Dieses habe die Verfahren wegen nachgewiesener Zahlung unter Auflage der Kosten zu Lasten der Sympany eingestellt. Trotzdem habe die Vivao Sympany wiederum ein Inkassobüro beauftragt, das wiederum die Beträge, die bezahlt worden seien einzufordern versucht habe. Dies sei umso bemerkenswerter, da er seinen Wohnungswechsel nach [...] ordnungsgemäss der Sympany gemeldet habe. Obwohl diese Verbindlichkeiten bezahlt worden seien, habe die Vivao Sympany keinen Rappen betreffend die ausstehenden Leistungen gezahlt. Stattdessen behaupte die Vivao Sympany mit ihrem Einspracheentscheid nun den Bestand einer neuen Forderung aus dem Jahr 2015. Mit der Sympany habe er Ratenzahlung vereinbart, bei der mehrmals grössere Beträge genau für diese Forderung bezahlt worden seien. Die gezahlten Beträge im Rahmen der Ratenzahlung rechne die Sympany nicht an, stattdessen würden neue Forderungen erhoben und das nach fünf Jahren. Es stelle sich auch die Frage der Verjährung dieser Beträge, zumal aus dem Bescheid wieder einmal keine Positionen hervorgingen, zu denen detailliert Stellung genommen werden könne, sondern nur ein Gesamtbetrag ausgewiesen werde. Die Beträge stammten, soweit er wisse, sogar aus dem Jahr 2014. Wie sich die CHF 2’913.00 angeblicher Prämienschulden zusammensetzten, sei nicht dargelegt. Auch sei es so, dass die Sympany Leistungen berechnet habe, die er wegen der Leistungssperre selber bezahlt habe. Trotz seiner Bemühungen und Zahlungen halte die Sympany seit 2014 Leistungen zurück. Aus der eingereichten Kostenübersicht 2015 für die Steuererklärung seien seine Zahlungspflichten für 2015 gegenüber der Sympany ersichtlich. Darunter seien die von ihm zu Unrecht zu tragenden Kosten von CHF 4’963.45. Er habe auf der Aufstellung die Kosten, die «Basisleistungen» seien, markiert. Es werde einfach die Behauptung in den Raum gestellt, dass diese nicht durch die Sympany zu tragen seien, obwohl es sich um Medikamentenbezüge aus der Grundversicherung handle, die von Ärzten verschrieben worden seien. Da er diese zu Unrecht selber habe bezahlen müssen, müsse sich die Sympany diese anrechnen lassen. Die Steuererklärung 2015 zeige, dass er im Jahr 2015 CHF 11’879.00 Krankheitskosten gehabt habe. Dafür müsse die Krankenversicherung aufkommen. Zudem seien bezahlte Prämien von CHF 4'185.60 ersichtlich. Das Problem werde sichtbar. Nicht übernommene Krankheitskosten plus Prämien und Selbstbehalte, die er mit dem Einkommen nicht habe bezahlen können. Er beantrage, dass die Sympany die Gesamten Forderungen darlegen müsse. Zudem seien aus seinen eingereichten Unterlagen weitere Zahlungen an die Sympany ersichtlich: CHF 3'279.00 sowie CHF 3'279.00 an die Sympany; CHF 4'440.85, CHF 2'117.50, CHF 1'500.00, CHF 1'015.40 sowie CHF 946.35 via Betreibungsamt an die Sympany. All diese Zahlungen seien mit der Sympany angeschaut und die zwei Raten vereinbart worden, damit endlich alles ausgeglichen sei. Nunmehr ergebe sich wieder eine «neue» Forderung aus dem Jahr 2015. Rechne man alle gezahlten Beträge zusammen, überstiegen diese die Forderungen für 2015 bei weitem. Zu betrachten sei auch die Verjährungsfrist: Beitragsrückstände verjährten gemäss § 25 SGB IV innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie fällig geworden seien. Da es um Forderungen aus dem Jahr 2015 gehe, seien diese wohl auch noch verjährt und allein deshalb sei die Verfügung der Sympany aufzuheben.

 

5.3     Demgegenüber vertritt die Beschwerdegegnerin die Ansicht, entsprechend der Übersicht der offenen Rechnungen setze sich die in Betreibung gesetzte Forderung von CHF 3'384.40 folgendermassen zusammen: Prämienausstände von CHF 697.60 nebst einem Zins von 5 % seit dem 16. August 2015, Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen für Leistungen vom 13. und 20. Juli 2015 sowie 3., 10., 17. und 31. August 2015 im Umfang von insgesamt CHF 2'253.50, CHF 280.00 Mahnkosten, CHF 80.00 Bearbeitungskosten und CHF 73.30 Betreibungskosten. Die Mahngebühren seien im Einspracheentscheid vom 19. November 2020 um CHF 160.00 auf CHF 120.00 reduziert worden. Insofern der Beschwerdeführer nach der genauen Zusammensetzung der Prämienausstände frage, sei festzuhalten, dass die Prämienausstände und die Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen auf der Zahlungsverfügung vom 17. März 2016 nicht korrekt aufgeteilt gewesen seien. So seien die Prämienausstände mit CHF 2'913.80 und eine Kostenbeteiligung mit CHF 37.30 angegeben. Tatsächlich würden die offenen Prämien, wie im Zahlungsbefehl vom 10. Februar 2016 korrekt aufgeführt, für die Monate August und September 2015 je CHF 348.80, gesamthaft CHF 697.60 betragen. Die geschuldeten Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen würden gesamthaft CHF 2'053.50 betragen. Der geschuldete Gesamtbetrag sei jedoch auf dem Zahlungsbefehl und auf der Zahlungsverfügung gleich. Einen genauen Überblick über die Zusammensetzung der offenen Forderungen verschaffe das beigelegte Dossierdatenblatt. Die Beschwerdegegnerin habe Prämien für die Monate August 2015 und September 2015 sowie Kostenbeteiligungen im Zeitraum vom 13. Juli 2015 bis 31. August 2015 erhoben. Zur Zeit dieser Behandlungen habe ein Leistungsaufschub bestanden, weswegen die Beschwerdegegnerin fälschlicherweise für die Behandlungskosten aufgekommen sei (Art. 64a Abs. 7 KVG). Die Behandlungskosten von CHF 37.30 vom 13. Juli 2015 seien an den Selbstbehalt des Beschwerdeführers angerechnet worden. Demnach sei die Rückforderung der nicht versicherten Leistungen und die Erhebung der Kostenbeteiligung zu Recht erfolgt. Weiter argumentiere der Beschwerdeführer, die Forderungen seien verjährt. Gemäss Art. 24 Abs. 1 ATSG verjährten Ansprüche nach Ablauf von fünf Jahren, wobei im Sozialversicherungsrecht Fristen, die den Zeitablauf regelten, grundsätzlich als Verwirkungsfristen gälten. Zur Wahrung einer Verwirkungsfrist genügten im öffentlichen Recht alle Akte, namentlich einfache schriftliche Erklärungen, mit denen die Forderung gegenüber dem Schuldner in geeigneter Weise geltend gemacht werde. Mit der Zahlungsverfügung vom 17. März 2016 seien die Prämien und die Kostenbeteiligungen innert der Verwirkungsfrist festgesetzt und innert der Vollstreckungsfrist geltend gemacht worden. Schliesslich seien die vom Beschwerdeführer erwähnten Konkursverfahren nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weshalb nicht weiter darauf eingegangen werde. Auch die erwähnten Vereinbarungen bezüglich Ratenzahlungen beträfen das vorliegende Dossier nicht. Diese Vereinbarungen bezögen sich auf Forderungen aus den Jahren 2012 und 2013. Besagte Abmachungen seien damals vom Beschwerdeführer auch nicht eingehalten worden und zudem wäre aus administrativer Sicht der Aufwand vorliegend unverhältnismässig hoch. Aufgrund dessen sei die Beschwerdegegnerin nicht mehr bereit, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Damit stehe fest, dass die Beschwerdegegnerin die Forderungen rechtmässig geltend gemacht habe.

 

6.       Vorab ist festzuhalten, dass der ausstehende Prämienbetrag von gesamthaft CHF 697.60 aufgrund der Akten (vgl. V-Nr. 4) nachvollziehbar und nicht zu beanstanden ist. Des Weiteren ist zu prüfen, ob auch die von der Beschwerdegegnerin in Betreibung gesetzten Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen von Leistungen von gesamthaft CHF 2'250.50 zu Recht zurückgefordert werden. Die Beschwerdegegnerin macht in diesem Zusammenhang geltend, zur Zeit dieser Behandlungen habe ein Leistungsaufschub bestanden, weswegen die Beschwerdegegnerin fälschlicherweise für die Behandlungskosten aufgekommen sei (Art. 64a Abs. 7 KVG).

 

6.1     Die Kantone können versicherte Personen, die ihrer Prämienpflicht trotz Betreibung nicht nachkommen, auf einer Liste erfassen. Die Versicherer schieben für diese Versicherten auf Meldung des Kantons die Übernahme der Kosten für Leistungen mit Ausnahme der Notfallbehandlungen auf und erstatten der zuständigen kantonalen Behörde Meldung über den Leistungsaufschub sowie dessen Aufhebung nach Begleichung der ausstehenden Forderungen (Art. 64a Abs. 7 KVG).

 

6.2     Wie aus den Akten ersichtlich und aus dem vorgehenden Beschwerdeverfahren des Beschwerdeführers VSBES.2020.7 bekannt, bestand bezüglich des Beschwerdeführers in seinem damaligen Wohnkanton Aargau ab 13. April 2015 ein Leistungsaufschub im Sinne von Art. 64a Abs. 7 KVG (V-Nr. 3). Sodann hielt die SVA Aargau mit Schreiben vom 8. Januar 2020 fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund Wohnsitzwechsel von der Liste der säumigen Versicherten gelöscht werde. In diesem Zeitraum war der Leistungsaufschub zweimal sistiert: Vom 29. November 2018 bis 28. Mai 2019 und vom 18. Juni 2019 bis 17. Dezember 2019 (vgl. V-Nr. 3). Die Darstellung der Beschwerdegegnerin, wonach sie aufgrund des bestehenden Leistungsaufschubs fälschlicherweise für die Behandlungskosten vom 13. und 20. Juli 2015 sowie vom 3., 10., 17. und 31. August 2015 aufgekommen sei (Art. 64a Abs. 7 KVG), ist demnach korrekt.

 

6.3     Sodann ergibt sich aus den vorliegenden Akten, dass auch die Höhe der Rückforderung der zu Unrecht ausgerichteten Leistungen vom 13. und 20. Juli 2015 sowie 3., 10., 17. und 31. August 2015 im Umfang von insgesamt CHF 2'253.50 korrekt und nicht zu beanstanden ist. Diese Beträge ergeben sich aus dem Dossierdatenblatt (V-Nr. 4) sowie aus den Leistungsabrechnungen (V-Nr. 5) vom 13. Juli 2015 (CHF 37.30 und 217.35), 20. Juli 2015 (CHF 142.75), 3. August 2015 (CHF 68.35), 10. August 2015 (CHF 61.55 und 861.20), 17. August 2015 (CHF 379.70 und 314.95) und 31. August 2015 (CHF 170.35).

 

7.       Des Weiteren macht der Beschwerdeführer geltend, dass er die vorliegenden Forderungen bereits bezahlt habe. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die behaupteten Zahlungen betreffend die vorliegend strittigen Forderungen nicht nachzuweisen vermag. Bezüglich der von ihm geltend gemachten Zahlungen direkt an die Beschwerdegegnerin von je CHF 3'279.00 vom 10. November und 15. Dezember 2017 legt der Beschwerdeführer nicht dar, wofür diese Zahlungen erfolgt sind. Jedoch ist aus dem beigelegten E-Mail-Verkehr zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin vom 25. Oktober 2017 (Beilage 4) ersichtlich, dass es sich bei den Zahlungen um die der ausstehenden Prämien vom 1. Juli 2012 bis 1. April 2013 sowie der Kostenbeteiligungen von 5. Juni 2012 bis 19. März 2013 im Gesamtbetrag von CHF 6'557.30 handeln muss. Diese Zahlungen betreffen demnach nicht die vorliegend strittigen Forderungen. Sodann kann ebenfalls ausgeschlossen werden, dass es sich bei den weiter geltend gemachten, direkt an das Betreibungsamt geleisteten Zahlungen (CHF 4'440.85, CHF 2'117.50, CHF 1'500.40, CHF 1'015.00 sowie CHF 946.35) um die Begleichung der vorliegend strittigen Forderung handelt, da diese Zahlungen gemäss den vom Beschwerdeführer eingereichten Unterlagen (Beilagen 9 ff.) bereits im Jahr 2015 an das Betreibungsamt geleistet wurden, die vorliegend strittigen Forderungen jedoch erst mit Zahlungsbefehl vom 10. Februar 2016 in Betreibung gesetzt wurden.

 

8.       Sodann führt der Beschwerdeführer aus, die Vivao Sympany habe gegen ihn sechs Konkursverfahren beim Bezirksgericht Rheinfelden eingeleitet. Dieses habe die Verfahren wegen nachgewiesener Zahlung unter Auflage der Kosten zu Lasten der Sympany eingestellt. Aus dem geltend gemachten Umstand kann der Beschwerdeführer jedoch nichts für sich ableiten, da dieses Verfahren nicht im Zusammenhang mit den im vorliegenden Verfahren strittigen Forderungen steht.

 

9.       Insofern der Beschwerdeführer rügt, die Beschwerdegegnerin sei ihrer Leistungspflicht ihrerseits nicht nachgekommen, ist er darauf hinzuweisen, dass allfällige von der Beschwerdegegnerin nicht übernommene Behandlungskosten nicht zum vorliegenden Streitgegenstand gehören. Zudem könnte der Beschwerdeführer diese von ihm behaupteten Behandlungskosten auch nicht durch Nichtbezahlen von Prämien Kostenbeteiligungen und gegen den Willen der Beschwerdegegnerin zur Verrechnung bringen. Weder dem Versicherer (Art. 105c KVV) noch den Versicherten (BGE 110 V 183 E. 2f. S. 185 ff.) steht im Falle ausstehender Prämien Kostenbeteiligungen ein Verrechnungsrecht zu.

 

10.     Des Weiteren macht der Beschwerdeführer geltend, die vorliegenden Forderungen seien verjährt. So verjährten Beitragsrückstände gemäss § 25 SGB IV innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie fällig geworden seien. Dem ist vorab entgegenzuhalten, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer genannten Gesetzesbestimmung um deutsches Recht handelt, welches vorliegend nicht anwendbar ist. Im Übrigen kann auf das von der Beschwerdegegnerin bezüglich einer allfälligen Verjährung Gesagte verwiesen werden. Gemäss Art. 24 Abs. 1 ATSG verjähren Ansprüche nach Ablauf von fünf Jahren, wobei im Sozialversicherungsrecht Fristen, die den Zeitablauf regeln, grundsätzlich als Verwirkungsfristen gelten (Kieser, ATSG-Kommentar, 3. Auflage, 2015, Art. 24 N 19). Zur Wahrung der Verwirkungsfrist genügte es im vorliegenden Fall, dass die Beschwerdegegnerin mit der Zahlungsverfügung vom 17. März 2016 die Prämien und die Kostenbeteiligungen innert der Verwirkungsfrist festgesetzt und innert der Vollstreckungsfrist geltend gemacht hat (vgl. Urteil des Bundesgerichts K 99/04 vom 21. Januar 2005).

 

11.     Zu prüfen ist sodann die Rechtmässigkeit der von der Beschwerdegegnerin in Rechnung gestellten Mahnspesen von CHF 120.00 sowie der Bearbeitungskosten von CHF 80.00. Bei Verzug der Zahlung von Prämien ist die Erhebung angemessener Mahngebühren und Umtriebsspesen zulässig, sofern die versicherte Person Aufwendungen schuldhaft verursacht hat und der Versicherer in seinen allgemeinen Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der versicherten Personen eine entsprechende Regelung vorsieht (Urteil vom 12. Januar 2006, K 40/05; BGE 125 V 276). Die geltend gemachten Gläubigerkosten finden ihre Grundlage in Ziff. 6.5.2 der Versicherungsbestimmungen gemäss KVG (V-Nr. 2). Zudem werden die Gebühren für die Mahnung von CHF 120.00 auch hinsichtlich ihrer Höhe durch den vorgenannten Bundesgerichtsentscheid gestützt. Des Weiteren sind die ebenfalls in Betreibung gesetzten Bearbeitungskosten von CHF 80.00 unter Umtriebsspesen im Sinne von Ziff. 6.5.2 AVB subsumierbar. Diese sind im Lichte der genannten Rechtsprechung ebenfalls angemessen. Somit sind sowohl die Mahnspesen wie auch die Bearbeitungskosten in der beantragten Höhe in die Rechtsöffnung mit einzubeziehen.

 

12.     Sodann sind auch die erhobenen Verzugszinse nicht zu beanstanden. Die Prämien sind im Voraus und in der Regel monatlich zu bezahlen (Art. 90 KVV). Der Satz für den Verzugszins auf fälligen Prämien beträgt nach Art. 26 Abs. 1 ATSG 5 Prozent im Jahr (Art. 105a KVV). Somit sind die geforderten Verzugszinse für die Prämien der Monate August bis September 2015 von 5 % Verzugszins ab dem 16. August 2015 (mittlerer Verfall) auf den Betrag von CHF 697.60 nicht zu beanstanden.

 

13.     Demgegenüber kann die versicherte Person nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Bezahlung von Betreibungskosten nicht mit Verfügung und Einspracheentscheid verpflichtet werden, da die Betreibungskosten – bei erfolgreicher Betreibung – von Gesetzes wegen geschuldet sind (Art. 68 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [SchKG]; vgl. SZS 2001 S. 568 E. 5 sowie Urteil des Bundesgerichts K 79/02 vom 12. Februar 2003, E. 4).

 

14.     Die Beschwerde wird somit teilweise gutgeheissen. Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, der Beschwerdegegnerin den Betrag von CHF 3'151.10 (Prämien von CHF 697.60 + Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen von Behandlungskosten von CHF 2'253.50 + Mahnkosten von CHF 120.00 + Bearbeitungskosten von CHF 80.00) nebst 5 % Verzugszins ab dem 16. August 2015 auf den Betrag von CHF 697.60 zu bezahlen. In diesem Umfang wird in der Betreibung Nr. [...] des Betreibungsamtes B.___ AG die definitive Rechtsöffnung erteilt.

 

15.    

15.1   Der Beschwerdeführer ist weder anwaltlich noch anderweitig fachlich vertreten, weshalb ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen ist.

 

15.2   Grundsätzlich ist das Verfahren kostenlos. Von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass.

 

15.3   Schliesslich hat der Beschwerdeführer verlangt, es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung eines Anwalts zu gewähren, falls dies das Gericht für richtig halte. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass eine Rechtsverbeiständung grundsätzlich nur dann als sachlich notwendig anzusehen ist, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre (BGE 128 I 225 E. 2.5.2 S. 232, 125 V 32 E. 4b S. 35 f., mit Hinweisen). Solche rechtlichen Schwierigkeiten sind im vorliegenden Fall nicht vorhanden. Der Sachverhalt bezüglich der strittigen Prämien und Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen ist aufgrund der Akten nachvollziehbar und dem Beschwerdeführer musste bekannt sein, in welchen Zeiträumen der Leistungsaufschub bestand und demnach von der Beschwerdegegnerin keine Behandlungskosten übernommen werden konnten. Infolge fehlender Notwendigkeit eines Rechtsbeistandes ist somit das Gesuch um Beiordnung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes abzuweisen.

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der Einspracheentscheide der Vivao Sympany AG vom 19. November 2020 dahingehend geändert, dass die Betreibungskosten von 73.30 nicht in die Rechtsöffnung mit einzubeziehen sind. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.    Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, der Beschwerdegegnerin den Betrag von CHF 3'151.10 (Prämien von CHF 697.60 + Kostenbeteiligungen bzw. Rückforderungen von Behandlungskosten von CHF 2'253.50 + Mahnkosten von CHF 120.00 + Bearbeitungskosten von CHF 80.00) nebst 5 % Verzugszins ab dem 16. August 2015 auf den Betrag von CHF 697.60 zu bezahlen. In diesem Umfang wird in der Betreibung Nr. [...] des Betreibungsamtes B.___ AG die definitive Rechtsöffnung erteilt.

3.    Es werden weder eine Parteientschädigung zugesprochen noch Verfahrenskosten erhoben.

4.    Das Gesuch des Beschwerdeführers, es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen und einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu bestellen, wird abgewiesen.

 

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

 

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Präsident                           Der Gerichtsschreiber

Flückiger                                   Isch



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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