Zusammenfassung des Urteils VSBES.2020.223: Verwaltungsgericht
Der Beschwerdeführer A.___ ist bei der Atupri Gesundheitsversicherung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung versichert. Die Beschwerdegegnerin lehnte die Kostenübernahme für den Transport des Beschwerdeführers ab, woraufhin dieser Beschwerde einreichte. Es wurde über die medizinische Notwendigkeit der Transportkosten gestritten, wobei das Gericht entschied, dass die Voraussetzungen für eine Kostenbeteiligung nicht erfüllt waren. Das Gericht wies die Beschwerde ab, ohne eine Parteientschädigung oder Verfahrenskosten zu verhängen.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VSBES.2020.223 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Versicherungsgericht |
Datum: | 10.06.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Transport; Leistung; Kranken; Bundesgericht; Urteil; Versicherung; Leistungserbringer; Person; Transportkosten; Abklärung; Fahrer; Recht; Fahrdienst; Akten; Transporte; Transportmittel; Kanton; Anspruch; Voraussetzung; Atupri; Beschwerdeführers; Einsprache; Voraussetzungen; Bundesgerichts; Fahrt; Personenwagen |
Rechtsnorm: | Art. 24 KVG ;Art. 32 KVG ;Art. 33 KVG ;Art. 35 KVG ;Art. 38 KVG ;Art. 49 ATSG ; |
Referenz BGE: | 124 V 338; 130 V 424; 133 V 218; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VSBES.2020.223 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Entscheiddatum: | 10.06.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_VS.2021.114 |
Titel: | Krankenversicherung KVG |
Resümee: |
Urteil vom 10. Juni 2021 Es wirken mit: Gerichtsschreiber Isch In Sachen A.___ vertreten durch Fürsprecher Herbert Bracher Beschwerdeführer
gegen Atupri Gesundheitsversicherung Beschwerdegegnerin
betreffend Krankenversicherung KVG (Einspracheentscheid vom 19. Oktober 2020)
zieht der Präsident des Versicherungsgerichts in Erwägung: I.
1. 1.1 A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer), geb. 1926, ist bei der Atupri Gesundheitsversicherung (nachfolgend Beschwerdegegnerin) in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung versichert.
1.2 Mit Schreiben vom 2. Juli 2020 (AA [Akten der Atupri] 1.1) wies die Beschwerdegegnerin die Übernahme der Kosten von CHF 916.60 für den Transport des Beschwerdeführers zu Leistungserbringern durch den B.___-Fahrdienst ab. Daran hielt sie auch mit Verfügung vom 29. Juli 2020 (AA 1.3) – sowie nach dagegen erhobener Einsprache vom 14. September 2020 (AA 1.4) – mit Einspracheentscheid vom 19. Oktober 2020 (A.S. [Akten-Seite] 1 ff.) fest.
2. Am 14. November 2020 lässt der Beschwerdeführer dagegen fristgerecht Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn erheben (A.S. 4 ff.) und stellt folgende Rechtsbegehren:
1. Der Einspracheentscheid vom 19. Oktober 2020 sei aufzuheben und Herrn A.___ sei eine Kostenbeteiligung der Atupri an den Transportkosten für medizinisch notwendige Transporte durch das B.___ zuzusprechen. 2. Eventuell: Der Einspracheentscheid vom 19. Oktober 2020 sei aufzuheben und die Sache zu rechtsgenüglichen Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts und anschliessender Neuverfügung an die Atupri Gesundheitsversicherung zurückzuweisen. 3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.
3. Mit Beschwerdeantwort vom 5. Januar 2021 (A.S. 13 ff.) schliesst die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde.
4. Mit Replik vom 26. Januar 2021 (A.S. 22 ff.) verweist der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf seine bisherigen Ausführungen.
5. Mit Duplik vom 11. März 2021 (A.S. 26) lässt sich die Beschwerdegegnerin abschliessend vernehmen.
6. Auf die weiteren Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften wird nachfolgend, soweit notwendig, eingegangen.
II.
1. Die Sachurteilsvoraussetzungen (Einhaltung der Frist und Form, örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2. Vorliegend ist die Übernahme der Transportkosten von CHF 916.60 bzw. eine diesbezügliche Kostenbeteiligung strittig, womit der Streitwert unter CHF 30‘000.00 liegt, weshalb die Angelegenheit vom Präsidenten des Versicherungsgerichts als Einzelrichter zu beurteilen ist (§ 54bis Abs. 1 lit. a GO).
3. Nach Art. 24 KVG übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten für die Leistungen gemäss den Art. 25-31 KVG nach Massgabe der in Art. 32 – 34 KVG festgelegten Voraussetzungen. Art. 32 Abs. 2 KVG fordert, dass eine Leistung wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich zu sein hat (sogenannte WZW-Kriterien).
4. Die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung umfassen unter anderem einen Beitrag an die medizinisch notwendigen Transportkosten sowie an die Rettungskosten (Art. 25 Abs. 2 lit. g KVG). Die nähere Bezeichnung der Leistungen wurde an den Verordnungsgeber delegiert (Art. 33 Abs. 2 und 5 KVG). Der gestützt darauf erlassene Art. 26 KLV bestimmt, dass die Versicherung 50 % der Kosten von medizinisch indizierten Krankentransporten zu einem zugelassenen, für die Behandlung geeigneten und im Wahlrecht des Versicherten stehenden Leistungserbringer übernimmt, wenn der Gesundheitszustand des Patienten der Patientin den Transport in einem anderen öffentlichen privaten Transportmittel nicht zulässt. Maximal wird pro Kalenderjahr ein Betrag von CHF 500.00 übernommen (Abs. 1). Der Transport hat in einem den medizinischen Anforderungen des Falles entsprechenden Transportmittel zu erfolgen (Abs. 2).
5. Gemäss den Ausführungen des Beschwerdeführers sei er aus medizinischen Gründen für seine Arzt-und Spitalbesuche auf ein spezielles Transportmittel angewiesen. Er benutze für diese Transporte den Transportdienst des B.___. Über die medizinische Notwendigkeit der Spezialtransporte könne der Hausarzt von Herrn A.___, Dr. med. C.___, Facharzt FMH für Innere Medizin, umfassend Auskunft geben. Er sei als Zeuge zu befragen. Weiter sei anzufügen, dass der Fahrdienst des B.___ nicht allgemein der Bevölkerung zur Verfügung stehe, sondern nur Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könnten. Vorliegend sei der Transport durch das B.___ angemessen und notwendig gewesen. Ergänzend sei anzufügen, was sich gerade auch aus der Behandlungspflege der Spitex ergebe, dass der Beschwerdeführer einen begleiteten Transport benötige, weil es aufgrund seiner körperlichen und geistigen Verfassung notwendig sei, dass ihn der Fahrer nicht lediglich transportiere, sondern ihn sowohl von der Wohnung abhole, ihn an den Bestimmungsort, zum Beispiel das Spital [...] bringe, dort ins richtig Gebäude bringe, dort wiederum ins entsprechende Therapiezimmer begleite und von dort für die Rückfahrt auch wieder abhole und zurück zur Wohnung bringe. Einen derartigen Dienst erbringe ein gewöhnliches Taxi nicht und dies sei auch der Grund, warum es für solche Transporte spezielle Fahrdienste gebe. Zudem sei auf das bundesgerichtliche Urteil 9C_540/2020 vom 14. Januar 2020 zu verweisen, in welchem das Bundesgericht in einer analogen Situation im Kanton Thurgau entschieden habe, dass die Atupri an die Transportkosten des B.___, welche den medizinischen Bedürfnissen der versicherten Person entsprochen hätten, eine Kostenbeteiligung zu leisten habe, unabhängig davon, ob eine Bewilligung des Kantons für die Transporte vorgelegen habe. Des Weiteren sei der Einspracheentscheid allein schon deswegen, weil die Beschwerdegegnerin ihrer Beweisführungslast nicht nachgekommen sei und daher den rechtserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend abgeklärt habe, aufzuheben und die Sache zur hinreichenden Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts und darauffolgender Neuverfügung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
Demgegenüber vertritt die Beschwerdegegnerin die Ansicht, beim B.___ handle es sich um kein anerkanntes Transportunternehmen im Sinne von Art. 35 Abs. 2 Bst. m KVG in Verbindung mit Art. 56 KVV im Kanton Solothurn. Somit bestehe kein Anspruch auf den Beitrag an die Transportkosten nach Art. 26 Abs. 1 KLV. Zudem stellten Transportkosten gemäss Rechtsprechung (Urteil des Bundesgerichts 9C_408/2018 vom 10. September 2018) nur dann eine Pflichtleistung dar, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt sei: Wenn der Patient während des Transportes auf die Begleitung einer helfenden überwachenden Drittperson angewiesen sei, wenn der Patient für die Fahrt auf medizinische Apparaturen angewiesen sei, wenn ein spezifischer, persönlicher Rollstuhl zu transportieren sei, der in einem gewöhnlichen Personenwagen Taxi keinen Platz gefunden hätte. Aus den vorliegenden Unterlagen gehe jedoch nicht hervor, dass der Versicherungsnehmer während der Fahrt auf eine überwachende Drittperson medizinische Apparatur angewiesen gewesen sei. Ebenso wenig sei der Versicherungsnehmer auf einen spezifischen Rollstuhl angewiesen, der in einem normalen Personenwagen nicht Platz gefunden hätte. Es handle sich deshalb nicht um Transportkosten im Sinne von Art. 26 KLV, sondern um nichtpflichtige Reisekosten. Des Weiteren führe der Beschwerdeführer parallel ein Rechtspflegeverfahren nach Art. 49 ff. ATSG zu Spitexleistungen. Aus diesen Unterlagen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer beim Gehen im Haus und ausserhalb eine leichte bis begrenzte Abhängigkeit aufweise, er einen unsicheren Gang aufweise, wegen der Sturzangst nur eine eingeschränkte Aktivität ausser Haus möglich sei, jedoch in den letzten 90 Tagen keine Stürze verzeichnet worden seien, er mit Hilfe eines Rollators laufe und die Spitex mit ihm ein Gehtraining im Treppenhaus durchführe. Daraus ergebe sich im Sinne des erwähnten Bundesgerichtsurteils, dass der Beschwerdeführer durchaus in der Lage gewesen sei, in einem gewöhnlichen Personenwagen zum Leistungserbringer gefahren zu werden. Weder sei er auf eine Begleitperson während der Fahrt angewiesen, noch sei ein spezifisches Mobilitätsmittel zu transportieren, das in einem persönlichen Personenwagen im ÖV keinen Platz gefunden hätte. Dass der Beschwerdeführer vermutlich auf Hilfe beim Transfer vom / zum Auto resp. beim Ein- und Aussteigen angewiesen gewesen sei, rechtfertige keinen Transport im Sinne der erwähnten Rechtsprechung. Aus den vorliegenden Unterlagen sei weiter auch weder eine Therapie (wie z. B. eine Sauerstoff- Infusionstherapie) noch ein Hilfsmittel ersichtlich, welche aus medizinischen Gründen die Anwesenheit einer Begleitperson während der Fahrt erforderlich gemacht hätten. Auch aus dem neuen Arztzeugnis gehe nicht hervor, weshalb der Beschwerdeführer während der Fahrt auf eine Betreuungsperson angewiesen sein sollte, resp. welche Umstände im Sinne der Rechtsprechung gegen die Verwendung eines gewöhnlichen privaten öffentlichen Transportmittels sprächen.
6. 6.1 Laut Art. 35 Abs. 1 KVG sind zur Tätigkeit zu Lasten der OKP die Leistungserbringer zugelassen, welche die Voraussetzungen nach den Art. 36-40 KVG erfüllen. Darunter fallen auch Transport- und Rettungsunternehmen (Art. 35 Abs. 2 lit. m KVG). Der Bundesrat hat mit Art. 38 KVG die Kompetenz erhalten, die Zulassung der Leistungserbringer nach Art. 35 Abs. 2 lit. c-g, i und m KVG zu regeln. Dazu hat dieser Art. 56 KVV erlassen, der Folgendes bestimmt: Wer nach kantonalem Recht zugelassen ist und mit einem Krankenversicherer einen Vertrag über die Durchführung von Transporten und Rettungen abschliesst, darf zu Lasten dieses Versicherers tätig sein.
In Art. 25 Abs. 2 lit. g KVG i.V.m. Art. 26 KLV wird ein bundesrechtlicher Anspruch auf einen medizinisch notwendigen Transportkostenbeitrag statuiert. Anspruch darauf hat, wer zum Zweck der Durchführung diagnostischer therapeutischer Massnahmen im Zusammenhang mit einer Krankheit und ihrer Folgen zu einem Leistungserbringer gebracht werden muss, ohne sich in einer Notlage Rettungssituation zu befinden (BGE 130 V 424 E. 3.2 S. 429). Die medizinische Notwendigkeit hat ein Arzt zu bescheinigen (BGE 124 V 338 E. 2c/bb S. 344). Das Konzept des Anspruchs bezieht sich nicht auf eine bestimmte Art des Transportmittels. Massgebend ist dessen Angemessenheit (BGE 124 V 338 E. 2c/bb S. 344 f.), mithin auch ob dieses den in Art. 32 Abs. 2 KVG festgehaltenen Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit entspricht. Daher kann rechtsprechungsgemäss im Einzelfall der Transport mit einem Taxiunternehmen eine adäquate Lösung darstellen (BGE 124 V 338 E. 2c/bb S. 345), wogegen in einem solchen Fall ein Spezialtransport aufgrund der spezifischen medizinischen Anforderungen nicht notwendig ist; dieser ist regelmässig weder zweckmässig noch wirtschaftlich, weshalb der obligatorische Krankenpflegeversicherer dafür nicht leistungspflichtig ist (vgl. Urteil 9C_408/2018 vom 10. September 2018 E. 3.2 und 4.2 f.).
6.2 Gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. m KVG hat der Transport die Rettung durch ein Unternehmen somit durch jemanden zu erfolgen, der sich professionell mit Personentransporten/-rettungen befasst. Art. 56 KVV bestimmt ferner, dass wer nach kantonalem Recht zugelassen ist und mit einem Krankenversicherer einen Vertrag über die Durchführung von Transport und Rettungskosten abschliesst, zu Lasten des Versicherers tätig sein darf. Der obligatorische Krankenpflegeversicherer kann jedoch einen Leistungsanspruch bei (gänzlichem) Fehlen einer Vereinbarung zwischen Krankenpflegeversicherer und Leistungserbringer für eine bestimmte Pflichtleistung nicht verweigern. Das Vorliegen eines Tarifvertrags ist diesfalls nicht Voraussetzung für den Leistungsanspruch (BGE 124 V 338 E. 2b/aa S. 341 f.). Gleiches muss für das Vorliegen einer kantonalen Zulassung gelten, denn Art. 38 KVG räumt dem Verordnungsgeber zwar einen weiten Ermessensspielraum bei der Zulassung der Leistungserbringer ein (BGE 133 V 218 E. 6.3.1 S. 221 mit Hinweis), der Leistungsanspruch an sich – wie etwa der Anspruch auf einen Transportkostenbeitrag gestützt auf Art. 25 Abs. 2 lit. g KVG i.V.m. Art. 26 KLV – wird dadurch aber nicht berührt. Deshalb darf die Vergütung einer Pflichtleistung nicht einzig mit dem Argument abgelehnt werden, es fehle ein tarifarischer und/oder kantonal zugelassener Leistungserbringer (vgl. BGE 124 V 338 E. 2b/cc S. 343). Diesfalls hat sich der obligatorische Krankenpflegeversicherer an den durch die Pflichtleistung angefallenen Kosten zu beteiligen, sofern die anderen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. BGE 124 V 338 E. 2d S. 345).
6.3 Was das Bundesgericht in seinem Urteil 9C_540/2019 vom 14. Januar 2019 E. 5.2.1 ff. bezüglich des B.___-Fahrdienstes im Kanton Thurgau festgehalten hat, gilt auch im vorliegenden Fall: Das B.___ im Kanton Solothurn betreibt einen Fahrdienst für Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen können auf Begleitung angewiesen sind. Die Einsatzleitung des B.___ koordiniert die Einsätze und bereitet die Fahrer auf die zu erfüllende Aufgabe vor. Die Fahrer absolvieren einen Fahrer-Grundkurs sowie regelmässige Weiterbildungen (https://www.B.___-solothurn.ch/sites/B.___-solothurn.ch/files/documents/fahrdienst_aufgabengebiet.pdf, besucht am 22. März 2021). Das B.___ gewährleistet für die Einsätze den Versicherungsschutz für das Fahrzeug und die Insassen. Die Fahrer bekommen für ihr Engagement keinen Lohn. Zur Deckung der Unkosten erhalten sie eine Kilometerpauschale (https://www.B.___-solothurn.ch/freiwillig-engagiert/freiwillige-gesucht/schenken-sie-mobilitaet, besucht am 22. März 2021). Das Informationsblatt des B.___ Solothurn zeigt, dass bei den Fahrgästen Kosten für die Vermittlung, Fahrspesen und sonstige Spesen für Pausenverpflegung bei Wartezeiten abgerechnet werden.
Der Fahrdienst des B.___ steht somit der Allgemeinheit der Bevölkerung nicht zur Verfügung, sondern nur Menschen, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen können auf Begleitung angewiesen sind. Das B.___ koordiniert die Transporteinsätze, gewährleistet den Versicherungsschutz für das Fahrzeug sowie die Insassen und schult die Fahrer auch in einem gewissen Ausmass. Der Fahrer und die zu transportierende Person kennen sich regelmässig nicht, sondern es besteht eine geschäftliche/vertragliche Beziehung. Die vertraglichen Konditionen werden nicht vom Fahrer und Fahrgast ausgehandelt, sondern vom B.___ vorgegeben. Das B.___ hat dafür eigene vorgedruckte Abrechnungsblätter. Der Fahrdienst des B.___ beruht auf dem Konzept der Freiwilligenarbeit, ein Lohn wird den Fahrern nicht bezahlt. Die Tarifstruktur basiert betreffend die Kilometerentschädigung auf dem Selbstkostenprinzip, dennoch fallen zusätzliche Kosten an, insbesondere für die Vermittlung und Spesen. Es zeigt sich somit, dass das B.___ ein Unternehmen ist, dass Personentransporte in einem professionellen Rahmen anbietet, weshalb der B.___-Fahrdienst die Voraussetzungen von Art. 35 Abs. 2 lit. m KVG erfüllt (Urteil des Bundesgerichts 9C_540/2019 vom 14. Januar 2020, E. 5.2.2).
7. 7.1 Aus dem Wortlaut von Art. 26 KLV ergibt sich – in sämtlichen Sprachfassungen – deutlich, dass der (Kranken) Transport nur dann Pflichtleistung ist, wenn er im konkreten Fall aufgrund spezifischer medizinischer Anforderungen (Abs. 2 der Bestimmung) nötig ist, denen ein anderes öffentliches privates Transportmittel nicht gerecht wird (Abs. 1; vgl. auch BGE 124 V 338 E. 2c/bb S. 344). Die Verordnungsbestimmung steht im Einklang mit Art. 32 Abs. 1 KVG, wonach die Leistungen nach den Art. 25 – 31 KVG wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein müssen. Somit ist nachfolgend zu prüfen, ob die gewählten Spezialtransporte aufgrund des Gesundheitszustands des Versicherten erforderlich waren und es ihm mithin nicht zumutbar war, den Weg von seinem Zuhause zu den jeweiligen Leistungserbringern mit anderen öffentlichen privaten Transportmitteln zurückzulegen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_624/2017 vom 23. Januar 2018 E. 4.1).
7.2 Aus medizinischer Sicht sind in den Akten lediglich zwei Arztzeugnisse des Hausarztes des Beschwerdeführers, Dr. med. C.___, Facharzt für Innere Medizin FMH, vom 27. März und 13. November 2020 (Beschwerdebeilagen 4 und 5). Darin hielt dieser fest, er bestätige hiermit, dass der Beschwerdeführer auf einen Transport in Begleitung einer Hilfsperson (Arztbesuche, Spitalbesuche) angewiesen sei. Der Beschwerdeführer sei Rollator-mobil, es bestehe eine ausgesprochene Sturzgefahr, so dass eine Begleitperson notwendig sei. Des Weiteren sind in den Akten ein RAI-Abklärungsformular vom 20. April 2020 (AA 3.1) und eine Pflegeplanung vom 20. April 2020 (AA. 3.2) enthalten. Im RAI-Abklärungsformular wurde unter anderem – soweit für den vorliegenden Fall relevant – festgehalten, das Gedächtnis des Beschwerdeführers sei regelrecht, die kognitiven Fähigkeiten für alltägliche Entscheidungen seien teilweise abhängig, es bestünden einige Schwierigkeiten in neuen unbekannten Situationen (Stufe 1; Stufe 0 = unabhängig – folgerichtig und sinnvoll, Stufe 4 = schwere Beeinträchtigung). Kommunikation: Der Beschwerdeführer könne sich meistens verständlich machen (Stufe 2 von 4), er verstehe andere regelrecht, höre aber nur in besonderen Situationen, wenn Gesprächspartner deutlicher sprächen (Stufe 2 von 3). Sehen, Stimmungslage und Verhalten: regelrecht. Körperliche Funktionsfähigkeit (0 = unabhängig; 4 = vollständige Hilfe notwendig): Mahlzeitenzubereitung = 1, Allgemeine Hausarbeiten = 2, Umgang mit Medikamenten = 1, Telefonieren = 0, Einkaufen = 1, Verkehrsmittelbenutzung = 1. BADL-Leistung (Einfache Aktivitäten des täglichen Lebens [Basic Activities of Daily Living]; 0 = unabhängig; 4 = vollständige Hilfe notwendig): Transfer Bett/Stuhl in aufrechte Position = 1, Gehen im Haus = 2, Fortbewegung ausserhalb Haus/Wohnung = 1. Treppensteigen = 1, Aufenthalt ausserhalb des Hauses 1. Es bestehe ein unsicherer Gang. Die Aktivität ausser Haus zu gehen sei eingeschränkt, wegen der Angst zu fallen. Die BADL-Fähigkeiten und die Selbständigkeit hätten sich in den letzten 90 Tagen verschlechtert. Sodann wurden im Bericht vom 20. April 2020 betreffend die Pflegeplanung unter anderem folgende Punkte genannt: Hilfe beim Gehen: Täglich im Treppenhaus zwei Treppen hoch (ins obere Stockwerk) und wieder zurück gehen. Mobilisation: Der Beschwerdeführer laufe mit Rollator, sei sturzgefährdet.
7.3 Dass es nicht möglich gewesen wäre, den Beschwerdeführer von seinem Zuhause zu einem (gewöhnlichen) Taxi privaten Personenwagen (etwa von Angehörigen) zu bringen und ihm ins Fahrzeug zu helfen, ergibt sich aus den Akten nicht. Ebensowenig ist dargetan, dass ihn das Pflegepersonal am Ziel – falls notwendig – nicht hätte vom Taxi abholen können. Damit wäre auch der aktenkundigen Sturzgefahr Rechnung getragen, zumal der Beschwerdeführer Rollator-mobil ist und gemäss dem vorgenannten RAI-Abklärungsformular beispielsweise beim Einkaufen und bei der Verkehrsmittelbenutzung nur wenig eingeschränkt ist. Wie sich sodann aus den vorgenannten Akten ergibt, sind dem Beschwerdeführer die einfachen Tätigkeiten des Lebens (BADL) ausreichend möglich, so dass davon auszugehen ist, dass er selbständig in ein Taxi ein- und aussteigen kann. Auch sonst lassen sich den Akten keine Anhaltspunkte für medizinische Anforderungen entnehmen, die einen Spezialtransport im konkreten Fall als zweckmässig und wirtschaftlich erscheinen liessen (Art. 32 Abs. 1 KVG). Der Versicherte ist offenbar weder – für die Fahrt – auf eine Begleitung medizinische Apparaturen angewiesen, noch galt es einen spezifischen, persönlichen Rollstuhl zu transportieren, der in einem gewöhnlichen Personenwagen Taxi keinen Platz gefunden hätte. Die Voraussetzungen der Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin aus obligatorischer Krankenpflegeversicherung sind somit mangels ausgewiesener medizinischer Notwendigkeit des Spezialtransports nicht erfüllt. Die Verhältnisse sind vergleichbar mit jenen, welche das Bundesgericht im Urteil 9C_408/2018 vom 10. September 2018 zu beurteilen hatte.
Schliesslich ist die vom Beschwerdeführer beantragte Zeugenbefragung des Hausarztes Dr. med. C.___ in antizipierter Beweiswürdigung abzuweisen, da davon keine neuen entscheidwesentlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (Urteil des Bundesgerichts 8C_28/2012 vom 29.05.2012 E. 4.2). So nennt Dr. med. C.___ in seinen Arztzeugnissen – abgesehen von der Sturzgefahr – keine konkreten medizinischen Probleme, welche weitere Abklärungen als notwendig erscheinen lassen. Zudem liegen mit dem RAI-Abklärungsformular und der Pflegeplanung konkrete Abklärungen vor Ort vor, welche die Fähigkeiten und Einschränkungen des Beschwerdeführers gut aufzeigen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Hausarzt, der sich neben seiner eigenen Befunderhebung im Wesentlichen auf die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers abzustützen hat, diesbezüglich weiterführende Ausführungen machen kann. In diesem Zusammenhang ist somit auch die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung der Untersuchungspflicht durch die Beschwerdegegnerin zu verneinen.
8. Demnach ist die Beschwerde abzuweisen.
8.1 Bei diesem Verfahrensausgang besteht kein Anspruch auf Ausrichtung einer Parteientschädigung.
8.2 Grundsätzlich ist das Verfahren kostenlos. Von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlass.
Demnach wird erkannt: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Es besteht kein Anspruch auf eine Parteientschädigung. 3. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Rechtsmittel Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Der Präsident Der Gerichtsschreiber Flückiger Isch
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