E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (SO - VSBES.2019.79)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VSBES.2019.79
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Versicherungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid VSBES.2019.79 vom 01.04.2021 (SO)
Datum:01.04.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Das Versicherungsgericht hat in einem langwierigen Prozess über den Anspruch auf Invalidenrente eines 1965 geborenen Beschwerdeführers entschieden. Dieser hatte sich aufgrund von Schulterbeschwerden bei der IV-Stelle angemeldet, jedoch wurde sein Leistungsbegehren mehrfach abgelehnt. Nach zahlreichen medizinischen Abklärungen und Gutachten wurde sein Anspruch auf Invalidenrente endgültig abgewiesen. Der Beschwerdeführer legte Einspruch ein und stellte verschiedene Anträge, die jedoch ebenfalls abgelehnt wurden. Letztendlich entschied das Gericht, dass die Beschwerdegegnerin zu Recht den Anspruch auf Invalidenrente verneint hatte. Der Beschwerdeführer hatte in diesem langwierigen Verfahren mit mehreren medizinischen Gutachten keinen Erfolg und verlor den Fall.
Schlagwörter: Arbeit; IV-Nr; Beschwerdeführers; Gutachten; Schmerz; Gutachter; Störung; Diagnose; Beweis; Recht; Arbeitsfähigkeit; Begutachtung; Bericht; Hinweis; Versicherungsgericht; Frist; Schmerzstörung; Verfügung; Hinweise
Rechtsnorm: Art. 42 ATSG ; Art. 6 ATSG ; Art. 8 ATSG ;
Referenz BGE:117 V 194; 122 V 157; 125 V 351; 129 V 4; 131 V 242; 135 V 465; 141 V 281;
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: VSBES.2019.79
Instanz: Versicherungsgericht
Entscheiddatum: 01.04.2021 
FindInfo-Nummer: O_VS.2021.76
Titel: Invalidenrente

Resümee:

 

 

 

 

 

 

 


Urteil vom 1. April 2021

Es wirken mit:

Präsident Flückiger

Oberrichter Marti

Oberrichterin Hunkeler

Gerichtsschreiberin Yalcin

In Sachen

A.___ vertreten durch Rechtsanwalt und Notar Adolf C. Kellerhals

Beschwerdeführer

 

gegen

IV-Stelle Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,

Beschwerdegegnerin

 

betreffend     Invalidenrente (Verfügung vom 14. März 2019

 


 

zieht das Versicherungsgericht in Erwägung:

I.       

 

1.      

1.1     Der 1965 geborene A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) meldete sich am 15. April 2013 bei der IV-Stelle des Kantons Solothurn (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) zum Leistungsbezug an (IV-Stelle Beleg Nr. [IV-Nr.] 2). Als gesundheitliche Beeinträchtigungen wurden Schulterbeschwerden angegeben. Der Beschwerdeführer war zum damaligen Zeitpunkt in einem 100%-Pensum als Maschinenführer bei der Firma B.___ in [...] angestellt.

 

1.2     Die Beschwerdegegnerin führte am 16. Mai 2013 ein Intake-Gespräch mit dem Beschwerdeführer durch (IV-Nr. 11). In der Folge tätigte sie Abklärungen in medizinischer und erwerblicher Hinsicht. Mit Abschlussbericht vom 22. August 2013 wurde sodann die berufliche Eingliederung «als arbeitslos» abgeschlossen (IV-Nr. 19). Der Eingliederungsfachmann C.___ führte aus, die medizinischen Abklärungen, um Eingliederungsmassnahmen durchzuführen, seien sehr schwierig gewesen. Schlussendlich sei es zu keiner Massnahme gekommen, da der Beschwerdeführer durch die Psychiaterin krankgeschrieben werde und Untersuchungen durchgeführt würden.

 

1.3     In der Folge liess die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer auf Empfehlung des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD; IV-Nr. 27) bidisziplinär (Orthopädie und Psychiatrie) begutachten (vgl. IV-Nr. 41). Dieses Gutachten wurde durch die Begutachtungsstelle D.___ am 22. Mai 2014 erstattet (IV-Nrn. 36.1 f.). Am 31. Juli 2014 nahm die RAD-Ärztin Dr. med. E.___, Fachärztin für Neurologie FMH, zum Gutachten Stellung (IV-Nr. 40). Gestützt darauf wies die Beschwerdegegnerin das Leistungsbegehren des Beschwerdeführers nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren (IV-Nr. 41) mit Verfügung vom 25. Februar 2015 ab (IV-Nr. 52). In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde vom 13. April 2015 (IV-Nr. 54) hob das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn (nachfolgend: Versicherungsgericht) die angefochtene Verfügung mit Urteil VSBES.2015.101 vom 25. Februar 2016 auf und wies die Sache zur erneuten Begutachtung an die Beschwerdegegnerin zurück (IV-Nr. 63).

 

1.4     Daraufhin veranlasste die Beschwerdegegnerin ein erneutes bidisziplinäres Gutachten in den Fachrichtungen Orthopädie und Psychiatrie, das durch die Begutachtungsstelle F.___ am 30. Dezember 2016 erstattet wurde (IV-Nrn. 75.1 ff.). Nach Vorlage des Gutachtens beim RAD (IV-Nr. 84) veranlasste die Beschwerdegegnerin abermals ein bidisziplinäres Gutachten in den Fachrichtungen Psychiatrie und Neuropsychologie bei der G.___. Dieses Gutachten wurde am 30. Januar 2018 erstattet (IV-Nrn. 101.1 ff.). Hierzu nahmen der behandelnde Psychiater Dr. med. H.___, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, am 15. Februar 2018 und der Beschwerdeführer am 23. Februar 2018 Stellung (IV-Nr. 103). Daraufhin holte die Beschwerdegegnerin eine Stellungnahme der Begutachtungsstelle G.___ vom 9. April 2018 ein (IV-Nr. 105). Nach Rücksprache mit der RAD-Ärztin Dr. med. E.___ (IV-Nr. 111) stellte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit Vorbescheid vom 6. Dezember 2018 die Abweisung des Leistungsbegehrens in Aussicht (IV-Nr. 113). Dagegen liess der Beschwerdeführer Einwände erheben und beantragen, es sei die Frist zur Einreichung einer Einwandbegründung zu verlängern (IV-Nr. 114). Nachdem innert erstreckter Frist keine Einwandbegründung eingegangen war, verfügte die Beschwerdegegnerin am 14. März 2019 im Sinne des Vorbescheides und wies einen Anspruch des Beschwerdeführers auf berufliche Massnahmen als auch auf eine Invalidenrente ab (IV-Nr. 119; Aktenseiten [A.S.] 1 ff.]).

 

2.       Mit Eingabe vom 18. März 2019 (Eingang: 19. März 2019) lässt der Beschwerdeführer bei der Beschwerdegegnerin Einsprache erheben und folgende Anträge stellen (A.S. 8 ff.):

 

1.   Am Einwand gemäss Schreiben vom 23. Dezember 2018 gegen den IV-Vorbescheid vom 6. Dezember 2018 wird festgehalten.

2.   Es sei der Vorbescheid der IV-Stelle Solothurn vom 4. August 2014 [recte: 6. Dezember 2018] aufzuheben und es sei Herrn A.___ eine ganze IV-Rente zuzusprechen sowie berufliche Eingliederungsmassnahmen zuzusprechen.

3.   Es sei der beiliegende ärztliche Bericht des Spezialarztes Dr. med. H.___, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 13. März 2019 zu den Akten zu nehmen und bei der Fallbehandlung zu Gunsten einer Berentung zu berücksichtigen.

4.   Es sei beim I.___ ein ärztlicher Bericht über die notfallmässige Einlieferung, Diagnose/Prognose (nach Suizidversuch) von Herrn A.___ (vom 11. März 2019) und den Verlauf der seitherigen stationären

Behandlung und Diagnose einzuholen.

5.   Es sei eine Besprechung mit Herrn A.___, seinem Rechtsvertreter und Vertreter der IV-Stelle Solothurn durchzuführen.

6.   Es sei eine neue fachärztliche polydisziplinäre Begutachtung anzuordnen.

7.   Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

3.       Mit Verfügung vom 1. April 2019 (A.S. 17 f.) stellt der Präsident des Versicherungsgerichts fest, dass die an die Beschwerdegegnerin gerichtete Einsprache vom 18. März 2019 zuständigkeitshalber ans Versicherungsgericht weitergeleitet worden sei.

 

4.       Mit Eingabe vom 6. Mai 2019 lässt der Beschwerdeführer beim Versicherungsgericht Beschwerde erheben und folgende Rechtsbegehren stellen (A.S. 20 ff.):

 

1.   Es sei die Verfügung der IV-Stelle Solothurn vom 14. März 2019 aufzuheben und es sei dem Beschwerdeführer zumindest eine halbe IV-Rente zuzusprechen.

2.   Es sei die Beschwerdegegnerin anzuweisen, den Invaliditätsgrad mittels Einkommensvergleich zu berechnen.

3.   Es seien dem Beschwerdeführer berufliche Massnahmen zur Eingliederung (insbes. Berufsberatung, Umschulung, Arbeitsvermittlung, Arbeitsversuche mit Einarbeitungszuschuss und Kapitalhilfe, inkl. grossem Taggeld) zuzu-

sprechen.

4.   Es sei eine erneute psychiatrische und neuropsychologische Begutachtung (insbes. Begutachtung des psychischen Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit) für den Beschwerdeführer durch eine neutrale medizinische Ab-

      klärungsstelle durch das Versicherungsgericht in Auftrag zu geben.

5.   Es sei bei einer unabhängigen Fachstelle eine praktische Arbeitsabklärung (konkrete Arbeitsversuche, Versuche zur Steigerung des Pensums) in Berücksichtigung der Krankheiten des Beschwerdeführers in Auftrag zu geben.

6.   Es seien die den Beschwerdeführer behandelnden Spezialärzte für Psychiatrie bei den J.___ in [...] Dr. med. K.___ (Oberarzt) und Dr. med. L.___ (Ärztin) als Zeugen durch das Versicherungsgericht zur Krankheit und deren

Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers zu befragen.

7.   Es sei der den Beschwerdeführer behandelnde Spezialarzt Dr. med. H.___, als Zeuge durch das Versicherungsgericht zur Krankheit und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers zu befragen.

8.   Es sei eine öffentliche Verhandlung mit den Parteien und deren Vertretern vor den Schranken des Versicherungsgerichts durchzuführen (EMRK Art. 6).

9.   Es sei das Verfahren an die IV-Stelle des Kantons Solothurn zur Durchführung des ordentlichen Vorbescheidverfahrens zurückzuweisen.

10. Es sei festzustellen, dass mit der Eingabe des Beschwerdeführers vom 18. März 2019 keine Beschwerde eingereicht wurde, sondern nur eine Stellungnahme zum Vorbescheid vom 6. Dezember 2018. Das durch die IV-Stelle erwirkte Beschwerdeverfahren sei mit Kostenfolge für die IV-Stelle abzuschreiben.

11. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

5.       Mit Beschwerdeantwort vom 23. August 2019 (A.S. 56 f.) schliesst die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

 

6.        Mit Replik vom 7. Oktober 2019 (A.S. 64 ff.) lässt sich der Beschwerdeführer noch einmal vernehmen und folgende Anträge stellen:

 

1.   Es seien die Anträge gemäss Beschwerdeschrift vom 6. Mai 2019 gutzuheissen.

2.   Es sei zusätzlich mittels eines unabhängigen Gutachtens in einem strukturierten Beweisverfahren die strukturellen Auswirkungen der psychischen Krankheit beim Beschwerdeführer abzuklären und es sei gutachterlich festzustellen, inwieweit die beim Beschwerdeführer vorhandenen Krankheiten eine Arbeitsunfähigkeit bewirken.

3.   Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

7.       Mit Eingabe vom 14. Oktober 2019 (A.S. 71 ff.) lässt der Beschwerdeführer den Bericht der J.___ vom 14. August 2019 (Beschwerdebeilage [BB] 52) einreichen.

 

8.       Mit Duplik vom 25. Oktober 2019 (A.S. 75 f.) hält die Beschwerdegegnerin an ihrem Abweisungsantrag fest.

 

9.       Mit Eingabe vom 29. November 2019 (A.S. 81 ff.) lässt der Beschwerdeführer an den Anträgen gemäss Beschwerdeschrift vom 6. Mai 2019 und Replik vom 7. Mai 2019 festhalten und zusätzlich folgende Anträge stellen:

 

1.   Es sei der Chefarzt der J.___, Prof. Dr. med. M.___, Psychiatrische Klinik, als Auskunftsperson/Zeuge vom Versicherungsgericht zur Krankheit/Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers und zum gegenüber den Berichten des J.___ fundamental abweichenden Gutachten von Dr. med. N.___ vom 30. Januar 2018 / 9. April 2018 zu befragen.

2.   Eventualiter sei bei Herrn Prof. Dr. med. M.___, Psychiatrische Klinik, ein ärztlicher Bericht zum von den J.___ bei den fünf stationären Aufenthalten festgestellten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und zu den fundamen-

      talen Abweichungen zur Beurteilung des Gutachters Dr. med. N.___ einzuholen.

3.   Es sei die mit Ziffer 2 der Verfügung vom 28. Oktober 2019 verlangte Einreichung der Kostennote aufzuheben und es sei zur Einreichung einer Kostennote erneut Frist anzusetzen nach Erledigung der noch nicht behandelten Beweisanträgen (insbes. Vorstehende Ziffern 2 und 3) und nach Durchführung der beantragten öffentlichen Verhandlung. Eventualiter sei diese Frist angemessen zu erstrecken.

4.   Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

10.     Mit Verfügung vom 19. Dezember 2019 (A.S. 87 f.) weist der Präsident des Versicherungsgerichts die gestellten Anträge ab und verlängert die Frist zur Einreichung einer Kostennote bis 24. Januar 2020. Gleichzeitig wird dem Beschwerdeführer Frist bis 24. Januar 2020 gesetzt, um dem Gericht mitzuteilen, ob er am Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung festhält, wenn keine Partei- und Zeugenbefragungen stattfinden.

 

11.     Mit Eingabe vom 8. Januar 2020 (A.S. 89) lässt der Beschwerdeführer dem Versicherungsgericht mitteilen, dass am Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung festgehalten werde. Ferner lässt er beantragen, es sei über die gestellten und eingehend begründeten Verfahrensanträge (insbes. Anträge gemäss Beschwerde vom 6. Mai 2019 Ziffern 4, 5, 6 und 7; Anträge gemäss Replik vom 7. Oktober 2019 Ziffer 2) durch das Versicherungsgericht zu entscheiden.

 

12.     Mit Verfügung vom 24. Januar 2020 (A.S. 90) verweist der Präsident des Versicherungsgerichts betreffend den Antrag des Beschwerdeführers, es sei über die beschwerdeweise gestellten Verfahrensanträge zu entscheiden, auf Ziffer 2 der richterlichen Verfügung vom 19. Dezember 2019.

 

13.     Mit Eingabe vom 24. Januar 2020 (A.S. 91 f.) lässt der Beschwerdeführer beantragen, es sei über die gestellten Verfahrensanträge zu entscheiden und der Zeitpunkt zur Einreichung der anwaltlichen Kostennote auf den Zeitpunkt der beantragten öffentlichen Verhandlung festzulegen.

 

14.     Mit Verfügung vom 22. Oktober 2020 (A.S. 94 f.) werden die Parteien zur vom Beschwerdeführer beantragten öffentlichen Hauptverhandlung vom Dienstag, 19. Januar 2021, vorgeladen. Gleichzeitig weist der Präsident des Versicherungsgerichts den Antrag des Beschwerdeführers, es sei über die gestellten Beweis- und Verfahrensanträge vor der Verhandlung durch das Versicherungsgericht zu entscheiden, ab.

 

15.     Die auf den 19. Januar 2021 angesetzte öffentliche Verhandlung wird mit Verfügung vom 18. Januar 2021 (A.S. 98 f.) auf Gesuch des Vertreters des Beschwerdeführers unter Hinweis auf die Corona-Pandemie und seine Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe abgesagt. Gleichzeitig wird dem Beschwerdeführer Frist bis 1. Februar 2021 gesetzt, um dem Gericht mitzuteilen, ob er am Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung festhält.

 

16.     Mit Eingabe vom 19. Januar 2021 (A.S. 101) lässt der Beschwerdeführer dem Versicherungsgericht mitteilen, dass am Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung festgehalten werde und, dass sein Vertreter und er bei der Neufestsetzung des Termins ab Mitte Februar 2021 flexibel und auch kurzfristig verfügbar seien.

 

17.     Mit Verfügung vom 28. Januar 2021 (A.S. 102 f.) werden die Parteien erneut zur vom Beschwerdeführer beantragten öffentlichen Hauptverhandlung vom Dienstag, 9. März 2021, vorgeladen.

 

18.     Mit Eingabe vom 3. Februar 2021 (A.S. 104) beantragt der Vertreter des Beschwerdeführers, es seien ihm im Hinblick auf die öffentliche Verhandlung vom 9. März 2021 die sich in den Akten befindenden Berichte des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) seit dem 1. Januar 2018 in Kopie zuzustellen. Mit Verfügung vom 18. Februar 2021 (A.S. 105) werden dem Vertreter des Beschwerdeführers je eine Kopie der RAD-Berichte vom 11. April, 23. Juli sowie 9. September 2018 zur Kenntnisnahme zugestellt.

 

19.     Am 9. März 2021 führt das Versicherungsgericht die erwähnte öffentliche Verhandlung durch (siehe Protokoll der Verhandlung vom 9. März 2021, A.S. 106 ff.). Der Vertreter des Beschwerdeführers begründet folgende Beweisanträge:

 

1.      Es seien die folgenden heute dem Gericht übergebenen Beweisurkunden zu den Akten zu nehmen:

       a.    Arztbericht der Spezialärztin für Psychiatrie Dr. med. O.___ vom 30. Januar 2021 (Beleg-Nr. 1)

       b.    Arztbericht des Spezialarztes für Psychiatrie Dr. med. H.___ vom 19. Februar 2021 (Beleg-Nr. 2)

       c.    Arztbericht des Spezialarztes Dr. med. P.___ vom 2. März 2021 (Beleg-Nr. 3)

       d.    Lebenslauf zur Begutachtung vom 25. September 2017 (Unterschrieben von A.___), mit Erklärung von Herrn A.___ (Beleg-Nr. 4)

       e.    Auszüge aus dem Handelsregister für G.___ mit Sitz in [...] und Sitz in [...] (Beleg-Nr. 5)

2.    Es sei das G.___-Co-Gutachten von Dr. med. N.___ und lic. phil. Q.___ vom 30. Januar 2018 und das neuropsychologische Teilgutachten von lic. phil. Q.___ vom 20. Dezember 2017 aus den Akten zu weisen.

3.    Es sei mittels eines neuen unabhängigen fachärztlichen gerichtlichen Gutachtens der orthopädischen und der psychiatrischen Fachrichtung (vorzugsweise bei einem Spezialisten für Schmerzstörungen) in einem strukturierten

       Beweisverfahren die Krankheit des Beschwerdeführers abzuklären und es sei gutachterlich festzustellen, inwieweit die beim Beschwerdeführer vorhandenen Krankheiten eine Arbeitsunfähigkeit bewirken. Dies auch im Sinne

       eines gerichtlichen Obergutachtens zu den bisherigen von der Invalidenversicherung in Auftrag gegebenen Gutachten.

4.    Es sei bei einer unabhängigen Fachstelle eine praktische Arbeitsabklärung (mit konkreten Arbeitsversuchen, Versuchen zur Steigerung des Pensums, Verwertung der Restarbeitsfähigkeit) in Berücksichtigung der Krankheiten des

       Beschwerdeführers in Auftrag zu geben.

5.    Es sei bei der IV-Stelle des Kantons Solothurn abzuklären, in wie vielen Fällen die von der IV-Stelle beauftragte G.___ (G.___ zusammen mit G.___ in [...]) in den letzten fünf Jahren mit psychiatrischen Begutachtungen beauftragt

       wurde und in wie vielen Fällen dabei eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 40 % attestiert wurde und in wie vielen Fällen daraus eine leistungsbegründende Invalidität abgeleitet wurde.

 

Eventualiter, falls keine neue Begutachtung erfolgen sollte:

     6.    Es seien der Chefarzt der J.___, Prof. Dr. med. M.___ und die Oberärztin der J.___, Dr. med. K.___, als behandelnde Ärztin, als Zeugen vom Versicherungsgericht des Kantons Solothurn zur Krankheit und Arbeitsunfähigkeit

            des Beschwerdeführers und zum abweichenden G.___-Gutachten von Dr. med. N.___ zu befragen.

     7.    Eventualiter sei bei Herrn Prof. Dr. med. M.___ ein ärztlicher Bericht zur von den J.___ bei den fünf stationären Aufenthalten festgestellten psychischen Krankheit des Beschwerdeführers und zu den fundamentalen Abweichungen zur Beurteilung des G.___-Gutachters Dr. med. N.___ einzuholen.

     8.    Es sei der behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. H.___ als Zeuge vom Versicherungsgericht zur Krankheit und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers zu befragen.

     9.    Es sei die heutige Verhandlung vor dem Versicherungsgericht abzubrechen und es sei nach Vorliegen des beantragten neuen Gutachtens erneut zur Verhandlung vorzuladen.

     10.  Es sei dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers angemessene Frist zur Einreichung seiner Kostennote anzusetzen.

     11.  Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

Die Urkunden 1 – 5 werden zu den Akten genommen. Über die weiteren Beweisanträge, so der Präsident des Versicherungsgerichts, werde das Gericht im Rahmen der Beratung entscheiden. Der Vertreter des Beschwerdeführers erklärt sich mit diesem Vorgehen einverstanden. Sodann bekräftigt er in seinem Parteivortrag die in der Beschwerde gestellten Rechtsbegehren. Zur Einreichung einer Kostennote wird dem Vertreter eine Frist von einer Woche angesetzt. In der Folge schliesst der Präsident des Versicherungsgerichts die öffentliche Verhandlung.

 

20.       Mit Eingabe vom 15. März 2021 (A.S. 110 ff.) reicht der Vertreter des Beschwerdeführers eine Kostennote sowie die Rechnung von Dr. med. O.___ vom 31. Januar 2021 betreffend den ärztlichen Bericht vom 30. Januar 2021 zu den Akten.

 

21.     Auf die weiteren Ausführungen in den Rechtsschriften der Parteien wird, soweit erforderlich, in den folgenden Erwägungen eingegangen. Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

 

II.      

 

1.      

1.1     Die Sachurteilsvoraussetzungen (Einhaltung der Frist und Form, örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts) sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

 

1.2     Für die Beurteilung eines Falles hat das Sozialversicherungsgericht grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 14. März 2019) eingetretenen Sachverhalt abzustellen (BGE 131 V 242 E. 2.1 S. 243, 121 V 366 E. 1b).

 

2.       Der Beschwerdeführer lässt in formeller Hinsicht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügen, weil die Beschwerdegegnerin auf das dritte Gesuch vom 14. Februar 2019 um Erstreckung der Frist zur Einreichung einer Einwandbegründung – trotz ausgewiesener unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit des Rechtsvertreters – nicht reagiert und die angefochtene Verfügung vom 14. März 2019 erlassen habe, ohne die Einwandbegründung vom 18. März 2019 abzuwarten. Folglich rechtfertige sich eine Rückweisung der Sache an die Beschwerdegegnerin zur korrekten Verfahrensabwicklung (Beschwerde S. 6 ff.; A.S. 25 ff.).

 

2.1     Gemäss Art. 29 Abs. 2 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV, SR 101) haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieses dient einerseits der Sachaufklärung. Andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, der in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines solchen Entscheides zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Mitwirkungsrecht alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie in einem Verfahren ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann (BGE 135 I 279 E. 2.3 S. 282; 135 II 286 E. 5.1 S. 293; 132 V 368 E. 3.1 S. 370 mit Hinweisen). Voraussetzung des Äusserungsrechts sind genügende Kenntnisse über den Verfahrensverlauf, was auf das Recht hinausläuft, in geeigneter Weise über die entscheidwesentlichen Vorgänge und Grundlagen vorweg orientiert zu werden. Wie weit dieses Recht geht, lässt sich nicht generell, sondern nur unter Würdigung der konkreten Umstände beurteilen. Entscheidend ist, ob dem Betroffenen ermöglicht wurde, seinen Standpunkt wirksam zur Geltung zu bringen (Urteil des Bundesgerichts 9C_162/2019, 9C_191/2019 vom 29. Mai 2019 E. 5.3.3.1 mit Hinweisen).

 

2.2     Die Beschwerdegegnerin stellte dem Beschwerdeführer mit Vorbescheid vom 6. Dezember 2018 in Aussicht, den Anspruch auf eine Invalidenrente sowie denjenigen auf berufliche Eingliederungsmassnahmen abzuweisen (IV-Nr. 113). In seinem Einwand vom 23. Dezember 2018 liess der Beschwerdeführer beantragen, es sei die Frist zur Begründung des Einwandes bis zum 15. Februar 2019 zu verlängern (IV-Nr. 114). Mit Schreiben vom 4. Januar 2019 entsprach die Beschwerdegegnerin dem Gesuch des Beschwerdeführers und gewährte ihm Frist bis 15. Februar 2019 zur Einreichung der Einwandbegründung (IV-Nr. 115). Mit Eingabe vom 7. Februar 2019 ersuchte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die Beschwerdegegnerin um erneute Verlängerung der Frist bis zum 31. März 2019 (IV-Nr. 116). Zur Begründung führte er aus, er sei unfallbedingt voraussichtlich bis 17. März 2019 «ganz arbeitsunfähig» und legte diesem Schreiben ein ärztliches Zeugnis des Spitals R.___ vom 3. Februar 2019 bei (IV-Nr. 116 S. 2). Mit Schreiben vom 8. Februar 2019 lehnte die Beschwerdegegnerin das erneute Fristerstreckungsgesuch ab und setzte für die Einwandergänzung eine Notfrist bis zum 25. Februar 2019 an (IV-Nr. 117). Mit einer weiteren Eingabe vom 14. Februar 2019 ersuchte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die Beschwerdegegnerin erneut um Erstreckung der Frist zur Einreichung der Einwandbegründung zumindest bis zum 17. März 2019 (IV-Nr. 118). Ferner stellte er den Antrag, bei Festhalten an der Ablehnung des Fristerstreckungsgesuchs sei diese zu begründen und dem Rechtsvertreter als beschwerdefähige Verfügung zuzustellen. Daraufhin erliess die Beschwerdegegnerin am 14. März 2019 die Verfügung, worin sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente sowie denjenigen auf weitere berufliche Eingliederungsmassnahmen abwies (A.S. 1 ff.), ohne dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit die Einwandbegründung eingereicht habe. In der genannten Verfügung wurde zusammenfassend dargelegt, dass grundsätzlich im Vorbescheidverfahren wegen der Gleichbehandlung aller Versicherten keine zweite Fristerstreckung gewährt werde, in diesem Fall jedoch davon abgesehen worden und eine weitere Frist bis 25. Februar 2018 gewährt worden sei, damit beispielsweise eine Stellvertretung hätte organisiert werden können. Unabhängig davon sei dem Rechtsvertreter bereits mit Zustellung des G.___-Gutachtens die Möglichkeit zu einer umfassenden Stellungnahme gewährt worden, wovon er auch Gebrauch gemacht habe. Mit diesem Schritt werde faktisch eine zusätzliche Gelegenheit zum rechtlichen Gehör gewährt. Sodann sei dem Rechtsvertreter nach Erlass des Vorbescheides vom 6. Dezember 2018 bis zum Unfallzeitpunkt anfangs Februar 2019 genügend Zeit geblieben, um ein Einwandschreiben zu verfassen und einzureichen zumindest grob zu erarbeiten. Aus diesen Gründen werde keine weitere Fristerstreckung gewährt (A.S. 4).

 

2.3     Gemäss Art. 57a Abs. 1 Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) teilt die IV-Stelle der versicherten Person den vorgesehenen Endentscheid über ein Leistungsbegehren den Entzug die Herabsetzung einer bisher gewährten Leistung mittels Vorbescheid mit (Satz 1); die versicherte Person hat Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 42 ATSG (Satz 2). Die Parteien können innerhalb einer Frist von 30 Tagen Einwände zum Vorbescheid vorbringen (Art. 73ter Abs. 1 Verordnung über die Invalidenversicherung / IVV, SR 831.201). Diese Frist ist als behördliche Frist zu verstehen, welche aus hinreichenden Gründen erstreckt werden kann. Seitens der Verwaltung kann einer ausufernden Fristerstreckung bzw. Fristerstreckung ohne zureichenden Grund ein Riegel geschoben werden, indem sie prüft, ob für die Erstreckung ein Grund im Sinne der Randziffer (Rz.) 3013.3 des Kreisschreibens über das Verfahren in der Invalidenversicherung (KSVI; Stand 1. Januar 2018) gegeben ist. Nach Rz. 3013.3 kann eine Fristerstreckung in gut begründeten Fällen gewährt werden; eine Fristwiederherstellung kann nur in Ausnahmefällen und bei unverschuldeter Verhinderung sowohl der versicherten Person als auch ihres Rechtsvertreters bewilligt werden (Rz. 3013.4 KSVI). Somit ist die Frage zu klären, ob im zu beurteilenden Fall ein hinreichender Grund vorlag, wonach die Beschwerdegegnerin gehalten gewesen wäre, eine (zusätzliche) Fristerstreckung zu gewähren (vgl. BGE 143 V 71 E. 4.3.5 S. 75).

 

Die Begründung der Beschwerdegegnerin hinsichtlich der im Vorbescheidverfahren verweigerten Fristerstreckung ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, wie in der Beschwerde an sich zutreffend dargelegt wird. Der Rechtsvertreter hat mit einem ärztlichen Zeugnis des Spitals R.___ vom 3. Februar 2019 eine unfallbedingte vollständige Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen. Daher hätte vorliegend eine zusätzliche Fristerstreckung aufgrund der ausgewiesenen unfallbedingten vollständigen Arbeitsunfähigkeit des Rechtsvertreters grundsätzlich gewährt werden können und müssen. Auf weitere Erörterungen zu diesem Punkt kann vorliegend jedoch verzichtet werden. Denn nach der Rechtsprechung ist von einer Rückweisung der Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs an die Verwaltung selbst bei einer schwer wiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führte, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht vereinbar wären (BGE 133 I 201 E. 2.2 S. 204 f.; 132 V 387 E. 5.1 S. 390). Der Beschwerdeführer konnte sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu allen Punkten umfassend äussern und weitere Arztberichte einreichen. Ferner verfügt das Versicherungsgericht im Beschwerdeverfahren über volle Kognition und hat nach dem Untersuchungsgrundsatz sowie dem Prinzip der freien Beweiswürdigung vorzugehen (s. dazu Art. 61 lit. c Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts / ATSG, SR 830.1, sowie E. II. 4.2 + 4.3 hiernach). Nach dem Dargelegten wäre eine Rückweisung als prozessualer Leerlauf zu qualifizieren, der das Verfahren verlängern würde, ohne dass irgendein möglicher Nutzen erkennbar wäre. Der vorliegende Verfahrensmangel ist daher im Beschwerdeverfahren zu heilen und von einer Rückweisung aus formellen Gründen abzusehen. Die festgestellte Gehörsverletzung rechtfertigt es allerdings, dem Beschwerdeführer zu Lasten der Beschwerdegegnerin jenen Aufwand zu entschädigen, der für die Eingabe vom 18. März 2019 (A.S. 8 ff.) und das Erheben der entsprechenden Rüge angefallen ist (Urteile des Bundesgerichts 8C_212/2016 vom 8. August 2016 E. 2.2, 8C_758/2009 vom 12. Februar 2010 E. 2.3 und 2.4, 8C_325/2007 vom 18. Februar 2008 sowie I 329/05 vom 10. Februar 2006 E. 2.3.2). Die von der Beschwerdegegnerin begangene Gehörsverletzung wird bei der Festsetzung der Parteientschädigung zu berücksichtigen sein.

 

3.

3.1     Invalidität ist die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 ATSG). Sie kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit Unfall sein. Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat (Art. 4 IVG).

 

3.2     Gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG haben jene Versicherten Anspruch auf eine Rente, die ihre Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wiederherstellen, erhalten verbessern können (lit. a), und die zusätzlich während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) sind (lit. b und c). Nach Art. 28 Abs. 2 IVG besteht der Anspruch auf eine ganze Rente, wenn die versicherte Person mindestens 70 %, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie mindestens 60 % invalid ist. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 % besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % ein solcher auf eine Viertelsrente. Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt (Art. 29 Abs. 1 IVG).

 

4.

4.1     Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung gestellt haben. Aufgabe des Arztes ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Im Weiteren bilden die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person noch zugemutet werden können (BGE 132 V 93 E. 4 S. 99 f. mit Hinweisen).

 

4.2     Das Administrativverfahren vor der IV-Stelle wie auch der kantonale Sozialversicherungsprozess sind vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Danach haben IV-Stelle und Sozialversicherungsgericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen. Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichend Klarheit besteht. Der Untersuchungsgrundsatz weist enge Bezüge zum – auf Verwaltungs- und Gerichtsstufe ebenfalls in gleicher Weise geltenden – Prinzip der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c in fine ATSG) auf (einschliesslich die antizipierte Beweiswürdigung): Führt die pflichtgemässe, umfassende und sachbezogene Beweiswürdigung den Versicherungsträger das Gericht zur Überzeugung, der Sachverhalt sei hinreichend abgeklärt, darf von weiteren Untersuchungen (Beweismassnahmen) abgesehen werden. Ergibt die Beweiswürdigung jedoch, dass erhebliche Zweifel an Vollständigkeit und/oder Richtigkeit der bisher getroffenen Tatsachenfeststellungen bestehen, ist weiter zu ermitteln, soweit von zusätzlichen Abklärungsmassnahmen noch neue wesentliche Erkenntnisse zu erwarten sind (Urteil des Bundesgerichts 8C_308/2007 vom 9. April 2008 E. 2.2.1, mit vielen Hinweisen).

 

4.3     Der im Sozialversicherungsrecht massgebende Beweisgrad ist derjenige der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 117 V 194 E. 3b S. 194 f.). Das Bundesrecht schreibt nicht vor, wie die einzelnen Beweismittel zu würdigen sind. Für das gesamte Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Der Sozialversicherungsrichter hat alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruches gestatten. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten – d.h. der Anamnese – abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und in seinen Schlussfolgerungen begründet ist (AHI 1997 S. 121; BGE 122 V 157 E. 1c S. 160). Ausschlaggebend für den Beweiswert ist grundsätzlich somit weder die Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten in Auftrag gegebenen Stellungnahme als Bericht Gutachten.

 

Die Rechtsprechung erachtet es jedoch als mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung vereinbar, in Bezug auf bestimmte Formen medizinischer Berichte und Gutachten Richtlinien für die Beweiswürdigung aufzustellen (BGE 125 V 351 E. 3b S. 352 ff.). So ist einem im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten medizinischen Gutachten durch externe Spezialärzte, welches aufgrund eingehender Beobachtungen und Untersuchungen sowie nach Einsicht in die Akten erstellt wurde und bei der Erörterung der Befunde zu schlüssigen Ergebnissen gelangt, in der Beweiswürdigung volle Beweiskraft zuzuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470). Andererseits ist der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen, dass behandelnde Ärzte im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen mitunter eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125 V 353).

 

5.       Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin mit angefochtener Verfügung vom 14. März 2019 den Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente und/oder berufliche Massnahmen zu Recht verneint hat. Hierzu bedarf es zunächst der Klärung des medizinischen Sachverhalts. Dabei sind im Wesentlichen folgende medizinische Unterlagen relevant:

 

5.1     Am 5. August 2013 erging der Austrittsbericht der J.___ (IV-Nr. 21 S. 7 ff.). Es sei in der Zeit vom 2. bis 26. Juli 2013 zu einer ersten Hospitalisation gekommen. Folgende Diagnosen wurden gestellt: «Mittelgradige depressive Episode (F32.1); Vd. a. chronische Schmerzstörung mit physischen und psychischen Anteilen (F45.41)». Der Beschwerdeführer habe nach der Schulteroperation rechts im November 2012, einem gescheiterten Arbeitswiedereinstiegsversuch im Frühling 2013 und der im Sommer 2013 erhaltenen Kündigung eine konsekutive depressive Symptomatik mit trauriger Stimmung, Interesse- und Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit, Ein- und Durchschlafstörungen, Konzentrationsstörungen sowie ausgeprägtem sozialem Rückzug entwickelt. Die psychosoziale Belastungssituation äussere sich auch im Erleben von Schmerzen in beiden Schultern und vor allem auch starken Rückenschmerzen, beides kenne der Beschwerdeführer schon mehrere Jahre. Begleitend seien wiederholt auch Kopfschmerzen vorhanden. Eine chronische Schmerzstörung mit physischen und psychischen Anteilen könnte zusätzlich vorliegen.

 

5.2     Dr. med. S.___, Arzt für Kinder und Jugendliche FMH, stellte in seinem Bericht vom 26. August 2013 (IV-Nr. 21 S. 1 ff.) die Diagnose einer mittelgradigen Depression als solche mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Die degenerativen Veränderungen am rechten Schultergelenk und die Schmerzen seit der Operation zur Schmerzreduktion am 20. November 2012 mit gutem Resultat hätten hingegen keine Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Im Weiteren führte er aus, dem Beschwerdeführer sei die bisherige Tätigkeit nicht mehr zumutbar. Er beklage sich bei mittelschwerer Arbeit (bezüglich Heben und Tragen von Lasten) über starke Schmerzen in der rechten Schulter. Sein Arbeitstempo sei langsam. Manuelle, gehende, sitzende beobachtende Tätigkeiten, die keine grossen intellektuellen Fähigkeiten (lesen, schreiben, rechnen) verlangten und leicht zu erlernen seien, und Tätigkeiten, bei denen seine mässigen mündlichen Kenntnisse der deutschen Sprache genügten, könne der Beschwerdeführer acht Stunden täglich ausüben. Dabei sei zu beachten, dass das Tragen und Heben von Lasten nur bis 15 kg möglich sei.

 

5.3     Auf Empfehlung von Dr. med. E.___, Fachärztin für Neurologie FMH, vom Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD), vom 24. Februar 2014 (IV-Nr. 27) veranlasste die Beschwerdegegnerin ein bidisziplinäres Gutachten in den Fachrichtungen Orthopädie und Psychiatrie bei der Begutachtungsstelle D.___ (IV-Nr. 36.1 f.). Dieses Gutachten wurde am 22. Mai 2014 erstattet. Zusammenfassend wurden im Gutachten folgende Diagnosen erhoben:

 

          Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit

          1. Chronisches lumbovertebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Symptomatik (ICD-              10 M54.5)

·         Diskuspathologie LWK5/SWK1 mit breitbasiger Protrusion und Osteochondrose, Pseudo-Retrolisthesis von LWK5 sowie diskrete degenerative Veränderungen der proximalen Lendenwirbelsäule, klinisch und bildgebend ohne Kompromittierung neutraler Strukturen (M42.17/M47.86/M51.2)

          2. Anamnestisch Verdacht auf subakromiales Rest-Impingement Schulter links (ICD-10 M75.4)

·         Status nach Arthroskopie mit subakromialer Dekompression und Ossikelresektion, Bursektomie sowie AC-Gelenksresektion am 20. November 2012 (ICD-10 Z98.8)

          3. Diskushernie HWK5/6 paramedian rechts, klinisch und bildgebend ohne erkennbare    Kompromittierung neutraler Strukturen (ICD-10 M50.2)

          4. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10 F33.0)

 

          Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit

          Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41)

·         Anamnestisch multilokuläres Schmerzsyndrom, weitgehend ohne objektivierbares organisches Korrelat (ICD-10 R52.1)

·         Inadäquat wirkendes Schmerzverhalten mit ausgeprägter Symptomausweitung und Selbstlimitation

 

Im Weiteren führten die Gutachter aus, aufgrund der objektivierbaren Befunde bestehe beim Beschwerdeführer eine leichte bis mässiggradig verminderte Belastbarkeit der Wirbelsäule, so dass ihm keine körperlich schweren und nicht adaptierten Tätigkeiten zumutbar seien. Für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit einer Hebe- und Traglimite von 15 kg, welche nur ausnahmsweise überschritten werden dürfe, ohne Einnahme von Zwangshaltungen und repetitiven Überkopfbewegungen des linken Armes, bestehe eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit aus Sicht des Bewegungsapparates. Aufgrund des Arbeitgeber-Belastungsprofils sei davon auszugehen, dass die angestammte Tätigkeit beziehungsweise die zuletzt durchgeführte Arbeit diesem Zumutbarkeitsprofil entspreche (IV-Nr. 36.1 S. 18).

 

Aus psychiatrischer Sicht könne auf affektiver Ebene eine leichte depressive Episode bei einer rezidivierenden depressiven Störung festgestellt werden. Daneben bestehe bei den somatisch nicht ausreichend erklärbaren Befunden für die subjektive Limitierung eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren. Diese sei überwindbar und beeinflusse die Arbeitsfähigkeit nicht. Aufgrund der rezidivierenden depressiven Störungen bestehe eine leicht verminderte Belastbarkeit im Sinne einer Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht von 20 % (IV-Nr. 36.1 S. 18 f.).

 

Zusammenfassend resultiere aus bidisziplinärer Sicht, dass beim Beschwerdeführer für schwere und nicht adaptierte Tätigkeiten ab Oktober 2012 von einer bleibenden Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei. Zum damaligen Zeitpunkt seien noch leichte bis mittelschwere, adaptierte Tätigkeiten uneingeschränkt zumutbar gewesen. Über die Zeit gemittelt könne die 20%ige Einschränkung beziehungswiese die 80%ige Arbeits- und Leistungsfähigkeit für adaptierte Tätigkeiten, vollschichtig realisierbar, ab dem Juli 2013 bestätigt werden (IV-Nr. 36.1 S. 19).

 

5.4     In der Zwischenzeit erging der Austrittsbericht der J.___ vom 25. März 2014 (IV-Nr. 34). Demnach sei der Beschwerdeführer in der Zeit vom 22. Januar bis 19. März 2014 ein zweites Mal hospitalisiert worden (IV-Nr. 34). Weiter lässt sich diesem Bericht entnehmen, dass beim Beschwerdeführer eine mittelgradig ausgeprägte depressive Symptomatik (F32.1) sowie eine chronische Schmerzstörung mit physischen und psychischen Anteilen vorlägen (F45.41). Der Beschwerdeführer habe sich auf der Station gut integrieren können und habe aktiv an den Therapien mitgemacht. Er habe bis zuletzt kaum Perspektiven sehen können, seine Erfahrungen in den Alltag zu integrieren. Er sei oft auch in den psychotherapeutischen Gesprächen in der Schmerzthematik verharrt. Im Verlauf der Hospitalisation habe er weniger leidend gewirkt. Er habe betont, für ihn sei es wichtig, mit anderen Kranken in Kontakt zu sein. Gegenüber weiteren unterstützenden Massnahmen (Psychiatrie-Spitex, Tagesklinik) habe er sich ablehnend gezeigt. Die Nachbehandlung erfolge beim Hausarzt Dr. med. S.___ sowie bei der Psychiaterin Dr. med. T.___. Für die Dauer der Hospitalisation sei dem Beschwerdeführer eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % attestiert worden.

 

5.5     Nach Vorlage des D.___-Gutachtens beim RAD (IV-Nr. 40) wies die Beschwerdegegnerin sowohl einen Anspruch des Beschwerdeführers auf berufliche Eingliederungsmassnahmen als auch auf eine Invalidenrente mit Verfügung 25. Februar 2015 ab (IV-Nr. 52). Dagegen liess der Beschwerdeführer am 13. April 2015 Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn erheben (IV-Nr. 54). Mit Urteil VSBES.2015.101 vom 25. Februar 2016 hob das Versicherungsgericht die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache zur Wiederholung der bidisziplinären Begutachtung an die Beschwerdegegnerin zurück (IV-Nr. 63). Zur Begründung führte das Versicherungsgericht zusammengefasst aus, aufgrund der inzwischen geänderten Rechtsprechung zu den unklaren Beschwerdebildern (BGE 141 V 281) komme dem bidisziplinären D.___-Gutachten keine volle Beweiskraft zu. Die Angaben im Gutachten erlaubten keine zuverlässige Beurteilung der massgebenden Indikatoren.

 

5.6     In der Folge veranlasste die Beschwerdegegnerin eine erneute bidisziplinäre Begutachtung in den Fachrichtungen Orthopädie und Psychiatrie bei der Begutachtungsstelle F.___ (IV-Nr. 75.1 ff.). Dieses Gutachten wurde am 30. Dezember 2016 erstattet. Darin wurden die folgenden Diagnosen ausgewiesen (IV-Nr. 75.1 S. 15):

 

          Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit

          1. Chronisches lumbovertebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Symptomatik

·         Gemäss MRI (14. Juni 2016): Osteochondrose des Segmentes L1/L2, L3/L4, L4/L5, L5/S1 mit zum Teil leichten Modic-1 Veränderungen, grössenkonstante foraminale Diskusprotrusion L3 rechts mit neu Riss des Anulus fibrosus ohne Wurzelkontakt, leicht grössenprogredienter, median/links mediolateraler Diskusprotrusion L4/L5 mit Einengung des Duralschlauches und des lateralen L5-Rezessus links, konstanter, degenerativbedingter dorsaler Versatz von L5 (nach Meyerding 1) über S1 und zirkulärer Pseudoprotrusion der Bandscheibe

          2. Chronisches zervikovertebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Symptomatik

·         Gemäss MRI (15. Juni 2016): C4/C5 Chondrose mit zunehmender Foraminalstenose C5 rechts infolge leicht grössenprogredienter rechts foraminalem Diskusprolaps bei weitgehend grössenkonstantem, breitbasig median/links paramedianem Diskusprolaps mit Pelottierung des Duralschlauches; diskal bedingt leichte foraminale Enge C5 links durch flache Diskusprotrusion; im Verlauf deutlich grössenregredienter Diskusprolaps C5/C6 mit aktuell flacher rechts paramedianer Diskusprotrusion ohne Wurzel-Bedrängung

          3. Chronische Schmerzen Schulter links bei

·         Status nach Infiltration Schulter links, 31. Mai 2012

·         Status nach Schulterarthroskopie mit subacromialer Dekompression, Bursektomie und AC-Gelenks-Resektion sowie Ossikel-Resektion subacromial linke Schulter am 20. November 2012

·         Gemäss MRI (16. Juni 2016): leichte AC-Gelenksarthrose; Tendinopathie der Supraspinatussehne kurz vor dem Ansatz am Tuberculum majus; keine Rotatorenmanschettenruptur; normale bicipitalolabraler Komplex ohne Hinweise auf eine SLAP-Läsion

          4. Rezidivierende depressive Störung

·         Aktuell mittelgradige depressive Episode (ICD-10: F33.1)

 

          Diagnosen mit unklarer Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit

Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren mit Selbstlimitierung und Symptomausweitung (ICD-10: F45.41)

 

          Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit

Chronische Schmerzen an Knie links und Hand rechts ohne Hinweise auf orthopädisches Korrelat

 

Im Weiteren führten die Gutachter aus, aus somatischer Sicht bestehe, wie bereits im Rahmen der gutachterlichen Vorbeurteilung durch das D.___ vom 22. Mai 2014 attestiert worden sei, weiterhin die Diagnose eines chronischen lumbovertebralen Schmerzsyndroms ohne radikuläre Symptomatik. Dieses sei im Rahmen der bildgebend objektivierbaren degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule objektivierbar. Darüber hinaus bestehe ein chronisches zervikovertebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Symptomatik, welches ebenfalls im Rahmen der Vorbegutachtung schon beschrieben worden sei. Auch die linksseitigen Schulterbeschwerden bestünden in der Zusammenschau im Wesentlichen ohne Veränderungen seit der Vorbegutachtung. Im Rahmen der somatischen Untersuchung habe eine auffällige Diskrepanz zwischen dem Ausmass der geklagten Beschwerden und den objektivierbaren Befunden bestanden, bei deutlichen Hinweisen für Selbstlimitierung und Symptomausweitung. Auch im Rahmen der orthopädischen Vorbegutachtung durch das D.___ sei eine ausgeprägte Selbstlimitierung und Symptomausweitung im Rahmen einer demonstrativ anmutenden Beschwerdepräsentation beschrieben worden. Beim Vergleich des damals dokumentierten Untersuchungsbefundes mit den heutigen Befunden ergebe sich ein in etwa unverändertes Gesamtbild. Es könne davon ausgegangen werden, dass Teile der geklagten Beschwerden durch objektivierbare degenerative Befunde am Bewegungsapparat, insbesondere im Bereich der HWS, der LWS und der linken Schulter erklärt werden könnten, darüber hinaus aber eine nicht somatisch erklärbare Schmerzausweitung bestehe. In Bezug auf die klar objektivierbaren Befunde am Bewegungsapparat könne zusammenfassend seit der Vorbegutachtung aus dem Jahr 2014 keine wesentliche Änderung attestiert werden. Der Beschwerdeführer sei aufgrund der objektivierbaren Befunde nicht in der Lage, körperliche Schwerarbeit und mehr als intermittierend mittelschwere Arbeiten zu verrichten (IV-Nr. 75.1 S. 8).

 

Auf psychiatrischem Fachgebiet sei im Rahmen der Vorbegutachtung im Jahr 2014 vom Vorliegen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren ausgegangen worden. Darüber hinaus sei zum damaligen Zeitpunkt die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung mit damals leichtgradiger Ausprägung gestellt worden. Im weiteren Verlauf sei durch die behandelnden psychiatrischen Institutionen das Vorliegen einer mittelgradigen depressiven Störung mehrfach bestätigt worden. Zum aktuellen Gutachtenszeitpunkt seien die Kriterien für das Vorliegen einer mittelgradigen depressiven Episode weiterhin erfüllt. Trotz Hinweisen für eine verdeutlichende Beschwerdepräsentation könne im Längsschnitt unter Berücksichtigung der Vorbeurteilungen, der Berichte der behandelnden Psychiater und der aktuellen Befunde, auch unter Einbezug des vom Beschwerdeführer geschilderten Funktionsniveaus im Alltag, vom Vorliegen einer depressiven Störung ausgegangen werden. Der psychopathologische Befund des Beschwerdeführers in Bezug auf die geklagten Schmerzen habe aufgrund des, sowohl in der orthopädischen als auch in der psychiatrischen Untersuchung auffälligen, Verdeutlichungsverhaltens nicht abschliessend beurteilt werden können. Insbesondere in Bezug auf die vom Beschwerdeführer angegebenen Ganzkörperschmerzen sei eine psychiatrische Beurteilung in Bezug auf die Auswirkungen auf das Funktionsniveau des Beschwerdeführers aufgrund der klaren Verdeutlichungstendenz nicht sicher möglich. Nach formalen Kriterien könne dennoch die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren gestellt werden. Letztendlich würden sie davon ausgehen, dass im Kern eine Schmerzverarbeitungsstörung bestehe, die in wechselseitiger Beeinflussung mit der depressiven Störung stehe, deren Ausmass resp. Auswirkung auf die Funktionsfähigkeit aufgrund des Vorliegens von Verdeutlichungstendenzen nicht klar abgegrenzt werden könne. Aus psychiatrischer Sicht könne die funktionelle Einschränkung des Beschwerdeführers daher in erster Linie auf die depressive Symptomatik abgestützt werden. Diese habe sich im Vergleich zur Vorbegutachtung im Jahr 2014 bei heutigem Vorliegen einer mittelgradigen Ausprägung verschlechtert, wobei Schwankungen des Ausprägungsgrades krankheitsimmanent seien (IV-Nr. 75.1 S. 8 f.).

 

Aufgrund der nachvollziehbaren somatischen Belastbarkeitsbeschränkungen am Bewegungsapparat könne der Beschwerdeführer keine körperlich belastenden Tätigkeiten mehr durchführen. Ein exaktes Tätigkeitsprofil der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit liege in der Aktenlage zwar vor, wobei der Beschwerdeführer jedoch geltend gemacht habe, mehr als nur eine halbe Stunde pro Tag auch mittelschwere Lasten bewegt zu haben. Insofern könne das Belastbarkeitsprofil nur theoretisch festgelegt werden. Grundsätzlich bestehe keine Arbeitsfähigkeit für körperlich belastende Tätigkeiten, die mit Heben und Tragen von Lasten über 25 kg verbunden seien. Dies sei auch bereits im Rahmen der Vorbeurteilung durch das D.___ im Jahr 2014 so beurteilt worden. Für dem körperlichen Leiden angepasste Tätigkeiten, gemäss dem orthopädischen Gutachtensteil genannten Belastbarkeitsprofil, bestehe aus gesamtmedizinischer Sicht aufgrund der depressiven Erkrankung eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von 50 %. Dabei könnten leichte und mittelschwere Tätigkeiten mit Heben und Bewegen von Lasten unter 25 kg durchgeführt werden. Die Einschränkung gegenüber einem Vollpensum sei dabei mit den durch die affektive Erkrankung verbundenen Funktionseinschränkungen zu begründen. Gegenüber der Einschätzung durch das D.___ im Jahr 2014 würden sie die durch die affektive Erkrankung bedingte Arbeitsunfähigkeit mit 50 % (gegenüber der damaligen Einschätzung einer 20%igen Einschränkung) höher einschätzen, was mit dem stärkeren Ausprägungsgrad der Störung begründet werden könne (IV-Nr. 75.1 S. 10 f.).

 

5.7     Am 30. Januar 2017 nahm Dr. med. O.___, Fachärztin FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, Stellung zum medizinischen Gutachten (IV-Nr. 79). Sie führte aus, die gemäss Aktenlage ihrer Ansicht nach zu Recht gestellte Diagnose einer mittelgradigen, rezidivierenden depressiven Störung impliziere, dass es eine gewisse Dynamik im Ausmass der Depressivität gebe, resp. es kämen auch Phasen mit geringer fehlender Depressivität vor. Das scheine hier eher nicht gegeben zu sein. Vielmehr scheine die Depressivität einer Verschlechterungstendenz zu unterliegen und sei im Verlauf anhaltend, dokumentiert seit 2013. Dieser Umstand weise auf eine über die Depressivität hinausgehende Grundproblematik hin. In dieser Grundproblematik seien die Begründungen für die anhaltende somatoforme Schmerzstörung zu suchen. Auch hier gebe es gemäss Aktenlage keine begründeten Zweifel an dieser Diagnose. Die Schwäche dieses Gutachtens sehe sie am ehesten darin, dass die Ebene der Persönlichkeit kaum beleuchtet untersucht werde. Sie werde in vier Zeilen abgehandelt. Durchaus denkbar, wenn nicht sogar wahrscheinlich, gebe es auf der Ebene der Persönlichkeit relevante Pathologien, die das Ausmass der geschilderten Funktionseinschränkungen und den negativen Krankheitsverlauf erklären könnten. Die Entstehung einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung könne sich auf dem Boden einer vorbestehenden Persönlichkeitsstörung einer Traumafolgestörung entwickeln. Eine plötzliche Dekompensation im mittleren Lebensalter wie im Fall vom Beschwerdeführer wäre sogar typisch für eine Traumafolgestörung. Das mögliche Symptomenspektrum einer Traumafolgestörung werde im Gutachten nicht abgehandelt. Über die innerpsychische, psychosoziale und psychosexuelle Entwicklung, über das Beziehungs- und Konfliktverhalten, über allfällig kritische Lebensereignisse vor 2012 sage das Gutachten kaum etwas. Zum Thema Aspekte der Persönlichkeit gebe es nur einen Satz. Fachlich unbestritten sei die Tatsache, dass depressive Erkrankungen häufig mit unerkannten Persönlichkeitsstörungen einhergingen. Das starre, unflexible Reagieren Umgehen des Beschwerdeführers mit seinen körperlichen Erkrankungen bzw. Schmerzen könnte jedenfalls mühelos als Ausdruck einer Persönlichkeitsstörung gesehen werden. Aufgrund der Selbsteinschätzung des Beschwerdeführers und aufgrund des Umstandes, dass er gar nicht verstanden habe, warum er beim Gutachter gewesen, gebracht und geholt worden sei, liege es nahe, von sehr bescheidenen persönlichen Ressourcen auszugehen. Das Ressourcenprofil sei untrennbar verlinkt mit Persönlichkeitsfaktoren resp. Behinderungsgründen, die auf einer Persönlichkeitsstörung basierten. Der Gutachter erwähne, dass der Beschwerdeführer angebe, über kein Ressourcenpotential zu verfügen. Tatsächlich unterliege der Gutachter hier einer Unsicherheit, ob ein Rest-Ressourcenpotential bestehe nicht. Dass er seine diesbezügliche Unsicherheit offen deklariere, sei ihm zu Gute zu halten und es sei leider anzunehmen, dass auch ein anderer Gutachter diese Unsicherheit nicht aus der Welt schaffen könnte. Die Experten könnten manchmal gestellte Fragen nicht nur ansatzweise beantworten. Die psychiatrische Behandlung sei insuffizient. Die festgestellte ungenügende Konzentration des antidepressiven Wirkstoffes könne verschiedene Ursachen haben. Der Gutachter interpretiere den zu tiefen Medikamentenspiegel etwas tendenziös als unregelmässige Einnahme des Medikamentes durch den Beschwerdeführer. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Begründung allfälliger Leistungsansprüche an die IV nicht nur durch mittelschwere depressive Störung (der Gutachter attestiere depressionsbedingt eine 50%ige krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit), sondern gegebenenfalls auch durch eine Persönlichkeitsstörung Traumafolgestörung begründbar wäre. Anders ausgedrückt: In diesem Fall wären die Möglichkeiten des Beschwerdeführers, selbst zur Gesundung beizutragen als viel kleiner und kaum änderbar einzustufen, was aufgrund von Funktionseinbussen auf der Ebene der Persönlichkeit zu einer höheren krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit führen würde. Das offensichtlich sehr geringe Ressourcenprofil des Beschwerdeführers würde damit auch erklärt und angemessener gewürdigt werden. Dem Beschwerdeführer eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit zu attestieren, halte Dr. med. O.___ aufgrund der Aktenlage für unrealistisch hoch, weil nur die Depressivität berücksichtigt werde. Sie schätze die verwertbare Restarbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers bei einer leidensadaptierten Tätigkeit im ersten Arbeitsmarkt für jede Art von Tätigkeit als sehr klein ein. Die Prognose scheine ihr ungünstig.

 

5.8     Am 8. Juni 2017 nahm die RAD-Ärztin Dr. med. E.___ Stellung zum bidisziplinären F.___-Gutachten sowie zur Stellungnahme der Ärztin Dr. med. O.___ (IV-Nr. 84). Sie führte aus, der somatische Gutachter beurteile den somatischen Gesundheitszustand gleich wie die Vorgutachter im Jahr 2014. Der Beschwerdeführer sei aufgrund der objektivierbaren Befunde im Bereich der HWS, der LWS und der linken Schulter nicht mehr arbeitsfähig für körperliche Schwerarbeit und für mehr als intermittierend mittelschwere Tätigkeiten. Die psychiatrische Gutachterin bestätige die Vordiagnosen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie eine rezidivierende depressive Störung. Sei diese im Jahr 2014 noch mit leichtgradiger Ausprägung beurteilt worden, seien zum aktuellen Gutachterzeitpunkt die Kriterien für eine mittelgradige Episode erfüllt. Die Ausprägung der chronischen Schmerzstörung könne die Gutachterin aber nicht nachvollziehbar bemessen, da sie einerseits nur auf die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers abstütze, andererseits aber einräume, dass aufgrund der Verdeutlichungstendenz das Funktionsniveau nicht beurteilbar sei. Der psychiatrischen Gutachterin gelinge es nicht, ein nachvollziehbares Bild des psychischen Zustandes des Beschwerdeführers zu zeichnen. Ihre diagnostischen Schlussfolgerungen seien nur bedingt nachvollziehbar, die Beschreibung der Standardindikatoren falle knapp und teils widersprüchlich aus und die Schlussfolgerungen bezüglich Arbeitsunfähigkeit überzeugten nicht. Aus Sicht des RAD könne daher nur bedingt auf das F.___-Gutachten abgestützt werden. Der somatische Sachverhalt werde ausführlich und nachvollziehbar dargelegt. Das somatische Zumutbarkeitsprofil könne übernommen werden. Das psychiatrische Untergutachten sei nicht schlüssig. Die Arbeitsfähigkeit könne ohne weiterführende Abklärungen nicht abschliessend beurteilt werden. Den Ausführungen des Rechtsvertreters in der Stellungnahme zum Gutachten, beruhend auf einer fachärztlichen Stellungnahme zum Gutachten von Dr. med. O.___, sei darin beizupflichten, dass im vorliegenden Gutachten die Persönlichkeitsfaktoren kaum beleuchtet untersucht worden seien, was mangelhaft sei. Es werde empfohlen, ein neues bidisziplinäres Gutachten in den Fachrichtungen Psychiatrie und Neuropsychologie einzuholen.

 

5.9     Gemäss Bericht über die 3. Hospitalisation der J.___ vom 5. Oktober 2017 (IV-Nr. 96 S. 3 ff.) war der Beschwerdeführer in der Zeit vom 11. September bis 3. Oktober 2017 erneut hospitalisiert. Diagnostiziert wurden eine rezidivierende depressive Störung, ggw. mittelschwere Episode mit somatischem Syndrom (F33.11) sowie eine chronische Schmerzstörung mit physischen und psychischen Anteilen (F45.41). Der Beschwerdeführer leide an einer mittelschweren Episode der langjährig bekannten depressiven Störung. Aufgrund der schwierigen finanziellen Situation sei es zur erneuten Verschlechterung der Gesamtsituation gekommen. Unter Reizabschirmung und Anpassung der antidepressiven Medikation auf der Kriseninterventionsstation habe die Situation wieder stabilisiert werden können. Trotz Stabilisierung der allgemeinen Situation seien regelmässige psychiatrische Konsultationen indiziert, um medikamentöse Anpassungen vornehmen und frühzeitig auf eine erneute Verschlechterung reagieren zu können.

 

5.10   Am 30. Januar 2018 erstattete die G.___ das von der Beschwerdegegnerin auf Empfehlung des RAD (vgl. E. II. 5.8 hiervor) veranlasste bidisziplinäre Gutachten in den Fachrichtungen Psychiatrie und Neuropsychologie (IV-Nrn. 101.1 ff.). Dem Gutachten lassen sich keine Diagnosen mit Relevanz für die Arbeitsfähigkeit entnehmen. Als solche ohne Relevanz für die Arbeitsfähigkeit stellten die Gutachter die folgenden Diagnosen (IV-Nr. 101.1 S. 45):

 

1.   ICD-10 F68, Andere Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, vorrangig als F68.0, die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen

2. In ihrer Art und Ausprägung nicht-authentische schwere kognitive Störung (Auf-

     merksamkeit, Gedächtnis, Exekutive Funktionen, Sprache, Rechnen) mit/bei Aggravation

3. Anfängliche Anpassungsstörung, vorübergehend und remittiert (F43.23)

 

Die versicherungsmedizinische Gesamtbewertung unter Einbezug der neuropsychologischen Befunde habe ergeben, dass es nicht hinreichend objektivierbar sei, ob eine versicherungspsychiatrisch relevante Störungssymptomatik bestehe, welche hinreichend ausgeprägt wäre, um das vorbestehende durchaus gute primär-persönliche Ressourcenpotenzial so bedeutsam hemmen zu können. Es dürfe mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass der Beschwerdeführer seine primär guten persönlichen Ressourcen unter zumutbarer Aufbietung der Willenskräfte sowohl aktuell wie auch in der Vergangenheit für eine körperlich zumutbare Arbeitstätigkeit durchaus einsetzen könnte. Die Hemmnisse nicht krankheitswertiger persönlicher Überzeugungen und Zielsetzungen könnten in dieser versicherungsmedizinischen Bewertung nicht als arbeitsrelevant bewertet werden, würden aber wohl die deutliche Diskrepanz gegenüber der Einschätzung des Beschwerdeführers und auch dessen behandelnden Ärzten erklären. Die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers sowohl zu seinen angegebenen Gesundheitsstörungen als auch zu seinem Tagesprofil könnten angesichts der erheblichen Inkonsistenzen zudem nicht als plausibel bezeichnet werden. Eine darauf stützende Annahme einer schwereren psychischen Störung könne nicht objektiviert werden. Auch belegten die zuletzt im engen zeitlichen Kontext mit der aktuellen Begutachtung vorgenommenen stationären Massnahmen bei ansonsten geringer Behandlungsaktivität nicht hinreichend das Vorliegen einer arbeitsrelevanten psychischen Störung, sondern sie seien im Gesamtkontext ebenfalls als Hinweis der bewusstseinsnahen, selektiv verzerrenden Beschwerdepräsentation zu werten. Angesichts dieser Inkonsistenzen könnten auch keine somatoforme Schmerzstörung und auch keine arbeitsrelevante depressive Störung plausibilisiert werden, aktuell wie auch überwiegend wahrscheinlich in der Vergangenheit. Es sei von der Diagnose F68, Andere Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen auszugehen, vorrangig F68.0, die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen. Prognostisch könnten aus rein versicherungspsychiatrischer Sicht keine Hinderungsgründe gegen die Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit objektiviert werden, dürfte aber angesichts der Dauer der eingenommenen Erwartungshaltung die Änderungsbereitschaft eingeschränkt und damit prognostisch bezüglich der beruflichen Partizipation limitierend sein. Therapeutische Massnahmen seien angesichts dieser vorrangig durch persönliche Überzeugungen geprägten Hemmnis wahrscheinlich nicht zielführend (IV-Nr. 101.1 S. 44 f.).

 

Zusammenfassend habe beim Beschwerdeführer durchgängig retrospektiv in der angestammten Tätigkeit wie auch in Verweistätigkeiten eine Arbeitsfähigkeit von 100 % bestanden (vgl. IV-Nr. 101.1 S. 44 f.). Rein formal seien die Zeiten der stationären Massnahmen ausgenommen (IV-Nr. 101.1 S. 48).

 

5.11   Am 23. Februar 2018 nahm der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers Stellung zum Gutachten der Begutachtungsstelle G.___ und reichte gleichzeitig eine Stellungnahme des behandelnden Psychiaters Dr. med. H.___ vom 15. Februar 2018 (IV-Nr. 103 S. 7 ff.) ein. Der Stellungnahme des behandelnden Psychiaters ist zu entnehmen, die Fehlbeurteilung des psychiatrischen Gutachters sei ohne Voreingenommenheit gegenüber dem Beschwerdeführer nicht zu verstehen. Der Gutachter gehe dabei so vor, dass die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers schrittweise in Frage gestellt werde. Es seien nur die Medikamentenspiegeluntersuchung und die zeitlich enge Korrelation der stationären Massnahmen als Diskreditierungs-Methodik zu erwähnen. Der Beschwerdeführer befinde sich in seiner psychiatrischen Behandlung aufgrund einer anhaltenden depressiven Störung sowie einer Schmerzstörung, im Verlauf unterschiedlichen Schweregrades (mittel- bis schwergradig) ohne zwischenzeitliche Remission. Mittlerweile bestünden die Hauptschwierigkeiten im affektiven Bereich. Seine bisherigen Erfahrungen mit dem Beschwerdeführer durch Explorationen sowie testpsychologische Untersuchungen hätten gezeigt, dass bei ihm eine depressive Störung sowie eine Schmerzproblematik bestehe. Dies zeige sich durch innere Unruhe, Gereiztheit, Freud- und Interessenlosigkeit, Störung der Vitalgefühle, Angstzustände, Insuffizienzgefühle sowie sozialen Rückzug, verbale Aggressivität, Mangel an Impulskontrolle, Ein- und Durchschlafstörungen, Albträume, Früherwachen, Appetitmangel, Bein- und Rückenbeschwerden. Der Beschwerdeführer sei aus psychiatrischer Sicht in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt und vermindert belastbar. Aus psychiatrischer Sicht betrage die Arbeitsfähigkeit sowohl in angestammter als auch in angepasster Tätigkeit mindestens seit dem Behandlungsbeginn auch unter optimalen Bedingungen allenfalls 50 %. Geeignet seien gut strukturierte, sachbezogene Tätigkeiten ohne Zeitdruck, ohne erhöhte Anforderungen an Flexibilität, Umstellungs- und Konfliktfähigkeit, emotionale Belastbarkeit. Nicht geeignet seien sehr unregelmässige Arbeitszeiten sowie Nachtschichten. Aus psychiatrischer Sicht sei prognostisch in Anbetracht der Komorbidität und der generell verminderten psychischen Belastbarkeit auf absehbare Zeit keine weitere Besserung der Arbeitsfähigkeit zu erwarten.

 

5.12   Der psychiatrische G.___-Gutachter Dr. med. N.___, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, nahm am 9. April 2018 wiederum Stellung (IV-Nr. 105) zu den vorgenannten Schreiben des Rechtsanwalts sowie des behandelnden Psychiaters Dr. med. H.___ (vgl. E. II. 5.11 hiervor). Er führte zusammenfassend aus, es sei keinesfalls so, wie Rechtsanwalt Kellerhals glauben möchte, dass Dr. med. N.___ «mit einer Untersuchungszeit von zwei Stunden eine Vielzahl übereinstimmender Arztberichte, welche die Entwicklung de lege artis über fünf Jahre aufzeige, zunichte machen kann». Allein über mehr als zehn Seiten setze sich Dr. med. N.___ mit dem medizinischen Sachverhalt gemäss Aktenlage auseinander und kommentiere dabei ausführlich. Die Medikamentencompliance sei dabei nur einer von vielen Teilaspekten, die hinsichtlich der Frage nach Inkonsistenzen im Gutachten erwogen worden seien. Auf die in gewisser Weise nuanciert unterschiedlichen Aufgaben der Hinterfragung von Inkonsistenzen durch Fachärzte und Versicherungsmediziner sei eingegangen worden. Die zeitliche Nähe zwischen stationären Massnahmen und IV-Abklärungen sei benannt und sachlich detailliert mit dem Psychostatus des Beschwerdeführers, wie er sich in den behandelnden Kliniken und im Rahmen der Begutachtung dargestellt habe, in Kontext gebracht worden. Dr. med. N.___ behaupte nicht, dass eine fünfjährige mittelgradige Depression versicherungsmedizinisch nicht relevant wäre, wie Rechtsanwalt Kellerhals schreibe. Festgestellt werde im Gutachten, dass eine solche Depression nicht bestehe. Bestünde sie aber, so wäre sie «allenfalls auch üblicherweise gut behandelbar». Die wirtschaftlichen Sorgen des Beschwerdeführers seien nachvollziehbar, dies werde im Gutachten auch so festgestellt und dem Beschwerdeführer keinesfalls vorgeworfen. Eine psychiatrische Diagnose begründeten diese wirtschaftlichen Sorgen und ihre Auswirkungen auf die Psyche des Beschwerdeführers jedoch von versicherungsmedizinischer Relevanz nicht. Die Tatsache, dass keine psychiatrische Diagnose mit Relevanz für die Arbeitsfähigkeit beim Beschwerdeführer gestellt werden könne, sei sehr ausführlich im Gutachten unter detaillierter Bezugnahme auf alle behandelnden Ärzte erarbeitet worden. Was den Einwand der Voreingenommenheit anbelange, so sei Dr. med. N.___ gänzlich unvoreingenommen gegenüber dem Beschwerdeführer und gleichzeitig in seiner Meinungsbildung unabhängig vom Auftraggeber des Gutachtens. Es gäbe keinerlei Gründe für eine Voreingenommenheit von Dr. med. N.___ gegenüber dem Beschwerdeführer. Sehr wohl seien aber Dr. med. H.___ und Rechtsanwalt Kellerhals als dem Beschwerdeführer gegenüber befangen zu sehen und nur so verstehe sich das Einwandschreiben des Rechtsanwaltes und der Bericht von Dr. med. H.___, welche sich mit der Argumentationslinie im Gutachten gar nicht auseinandersetzten.

 

5.13   Am 11. Juli 2018 erging sodann der 4. Austrittsbericht der J.___ (IV-Nr. 108). Diesem lässt sich entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer in der Zeit vom 15. Mai bis 12. Juni 2018 erneut in stationärer Behandlung befand. Folgende Diagnosen wurden dabei gestellt:

 

1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelschwere Episode mit somatischem Syndrom (F33.11)

2. Chronische Schmerzstörung mit physischen und psychischen Anteilen (F45.41)

 

Die Aufnahme sei zuerst auf der Kriseninterventionsstation [...] bei einer affektiven Krise erfolgt und nach einer kurzen Stabilisierung und entsprechender Abklärung sei der Beschwerdeführer in das Behandlungszentrum [...] mit multimodalem/milieutherapeutischem Therapieprogramm verlegt worden. Der Beschwerdeführer habe das stationäre Setting gut annehmen können und habe sich durch die Aufnahme bereits entlastet gefühlt. Er habe von den strukturgebenden Bedingungen der stationären Behandlung profitiert, habe an den Therapieangeboten teilgenommen und sei in gutem Kontakt zu den Mitpatienten gestanden. Unter diesen Massnahmen habe im stationären Setting eine deutliche Stabilisierung seines psychischen Zustandes erzielt werden können. Er sei in stabilisiertem Zustand bei fehlender akuter Selbst- sowie Fremdgefährdung in die bisherigen häuslichen Verhältnisse ausgetreten. Die ambulante psychiatrische Behandlung erfolge weiter durch Dr. med. H.___.

 

5.14   In ihrer Stellungnahme zum medizinischen Sachverhalt vom 9. September 2018 (IV-Nr. 111) hielt die RAD-Ärztin Dr. med. E.___ fest, für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bestehe keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Aus somatischer Sicht bestehe ein erhöhter Pausenbedarf, entsprechend einer Leistungsminderung von 15 bis 20 %. Der somatische Sachverhalt sei im Gutachten der Begutachtungsstelle F.___ vom 20. Dezember 2016 umfassend abgeklärt worden und der psychiatrische im Gutachten der Begutachtungsstelle G.___ vom 30. Januar 2018. Somatisch würden die degenerativen Rückenschmerzen und Schulterveränderungen Einschränkungen in der zumutbaren Belastung begründen. So seien körperlich schwere Tätigkeiten, insbesondere das Heben und Tragen von Gewichten über 25 kg sowie Überkopfarbeiten nicht zumutbar. Das Leistungsvermögen sei leicht vermindert wegen einem vermehrten Pausenbedarf. Aus psychiatrischer Sicht sei die Arbeitsfähigkeit zeitlich und leistungsmässig nicht eingeschränkt.

 

5.15   Im Nachgang zum gegen den Vorbescheid vom 6. Dezember 2018 erhobenen Einwand vom 23. Dezember 2018 (IV-Nr. 114) liess der Beschwerdeführer mit Einwandergänzung vom 18. März 2019 den Bericht von Dr. med. H.___ vom 13. März 2019 (BB 1; IV-Nr. 120 S. 9 ff.) einreichen. Diesem Bericht lassen sich die Diagnosen einer «rezidivierenden depressiven Störung, ggw. mittel- bis schwergradige Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10 F33.1, F 33.2) und einer chronischen Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Anteilen (ICD-10 F45.41)» entnehmen. Im Weiteren führte Dr. med. H.___ aus, der Beschwerdeführer habe grosse Mühe, ein- und durchzuschlafen, beklage dabei Albträume. Auch habe er Probleme mit der Konzentration und sei vergesslich. Er sei ängstlich und verunsichert, innerlich sehr nervös und unruhig, könne kaum still Sitzen und laufe immer wieder hin und her, reagiere oft impulsiv und gereizt. Er sei stets müde, habe vergessen, was es bedeute, sich zu freuen. Die Beziehung zu seiner Ehefrau sei angespannt, da er unter einem ausgeprägten Schnarchen leide. Er helfe auch im Haushalt kaum mit. Er habe zudem den Eindruck, dass er für seine Familie eine Last geworden sei. Allgemein fühle er sich schuldig und leide unter Selbstwertproblemen, ziehe sich zurück und alles scheine ihm egal zu sein. Die Kopfschmerzen, besonders im Stirnbereich, seien sein ständiger Begleiter. Die Schmerzen im Rücken, der Schulter und der Knie beklage er nach wie vor. Bei der aktuellen Exploration mit der bestehende Symptomatik dreier Hauptsymptome (gedrückt, depressiver Stimmung und Antriebsmangel, Interessenverlust, Freudlosigkeit) sowie vierer und mehr Zusatzsymptomen (vermindertes Selbstvertrauen, Schlafstörungen, verminderte Konzentration, Gefühle von Schuld und pessimistische Zukunftsperspektive, suizidale Gedanken) sei die Diagnose einer schwergradigen Episode nach ICD-10 zu stellen. Deshalb sei der Beschwerdeführer für eine erneute stationäre Behandlung diesmal in der Klinik U.___ angemeldet worden. Aufgrund akuter Suizidalität sei am 11. März 2019 die stationäre Behandlung im Spital I.___ aufgenommen worden. Der Beschwerdeführer stehe seit dem 2. April 2013 in seiner fachärztlichen Behandlung. Der Abstand der Sitzungen betrage in der Regel drei bis vier Wochen, entsprechend dem aktuellen Zustand bzw. den Bedürfnissen des Beschwerdeführers, wobei der Abstand von vier Wochen überwiege. Der Verlauf deute darauf hin, dass sich das anfänglich durch somatische Erkrankung entstandene depressive Syndrom mittlerweile in eine eigenständige, depressive Störung mit einer sich verselbständigten Dynamik entwickelt habe und nicht in einem direkten sozialen Kontext angesiedelt sei. Beim Beschwerdeführer bestehe seit mindestens 2012 eine durchgehende, krankheitsbedingte, gut dokumentierte Arbeitsunfähigkeit, sowohl somatischer als auch psychischer Natur. Der Beschwerdeführer sei aus psychiatrischer Sicht weiterhin in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt und vermindert belastbar. Die mittel- bis schwergradige Depression bewirke eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 50 % sowohl in angestammter als auch in angepasster, leichter Tätigkeit. Durch die Schmerzstörung erhöhe sich die Einschränkung jedoch noch in relevanter Weise. Aus psychiatrischer Sicht sei prognostisch, in Anbetracht der Komorbidität des langjährigen Krankheitsverlaufs mit Tendenz zur Verschlechterung und der generell verminderten psychischen Belastbarkeit und regressiven Abwehrhaltung, auf absehbare Zeit keine weitere Besserung der Arbeitsfähigkeit zu erwarten.

 

5.16   Im Beschwerdeverfahren liess der Beschwerdeführer ferner den Bericht der J.___ vom 18. April 2019 einreichen (IV-Nr. 124 S. 167 f.; BB 50). Diesem Bericht lässt sich entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer seit dem 11. März 2019 zum fünften Mal im stationären Rahmen aufgrund akuter Suizidalität im Rahmen einer erneuten depressiven Episode initial auf der Akutstation in den J.___ befinde. Nach Entaktualisierung der Selbstgefährdung und bei bestehender Indikation sei der Übertritt ins Behandlungszentrum in [...] erfolgt. Der Beschwerdeführer klage über starke Rücken-, Kopf- und Schulterschmerzen, die seit Jahren bestünden und in letzter Zeit stark zugenommen hätten, vor allem im Bereich der linken Schulter. Er leide auch an starken Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Niedergestimmtheit, Lust- und Energielosigkeit, starkes Grübeln, ausgeprägter innerer Unruhe sowie Ein- und Durchschlafstörungen. Es bestehe auch ein deutlicher Leidensdruck. Im Rahmen der starken Beeinträchtigung durch die Krankheit sei die Teilnahme des Beschwerdeführers am Therapieprogramm nur teilweise möglich. Im Rahmen der erneuten depressiven Episode bestünden unter anderem auch eine erhöhte Ermüdbarkeit, Gedankenkreisen, Gedächtnisstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten, was bei der beruflichen Tätigkeit zu einer deutlich verminderten Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit führten. Zudem bestünden anhaltende körperliche Schmerzen, die das Befinden und konsekutiv die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit ebenfalls deutlich einschränkten. Aus psychiatrischer Sicht sei der Beschwerdeführer aktuell zu 100 % arbeitsunfähig.

 

Am 14. August 2019 erging sodann der Austrittsbericht der J.___ (BB 52) mit den folgenden Diagnosen:

           

1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F33.2)

     2. Chronische Schmerzstörung mit physischen und psychischen Anteilen (F45.41)

 

Pharmakotherapeutisch sei die zuvor installierte Medikation beibehalten worden. Im Verlauf sei zur Absicherung ein ABCB1-Test durchgeführt worden. Die nachgewiesenen genetischen Varianten (ABCB1-Test) hätten auf eine erleichterte Passage von Antidepressiva durch die Blut-Hirn-Schranken hingewiesen. Damit habe der Beschwerdeführer sich motiviert gezeigt, die vorbestehende Antidepressiva weiter zu nehmen. Unter dem multimodalen Therapieprogramm habe eine Stabilisierung seines psychischen Zustandes sowie eine deutliche Verbesserung der Schlafqualität erzielt werden können. Der Beschwerdeführer sei in stabilisiertem Zustand bei fehlender akuter Selbst- sowie Fremdgefährdung in die bisherigen häuslichen Verhältnisse ausgetreten. Die ambulante psychiatrische Behandlung erfolge weiter durch Dr. med. H.___. Der Beschwerdeführer leide an einer schweren Episode der langjährig bekannten rezidivierenden depressiven Störung und einer chronischen Schmerzstörung mit physischen und psychischen Anteilen. Trotz Stabilisierung der allgemeinen Situation werde die regelmässige psychiatrische Konsultation und Fortsetzung der Medikation empfohlen.

 

5.17   Anlässlich der öffentlichen Verhandlung vom 9. März 2021 lässt der Beschwerdeführer die folgenden medizinischen Berichte einreichen (vgl. Protokoll der öffentlichen Verhandlung vom 9. März 2021; A.S. 106 ff.):

 

5.17.1  In ihrem Bericht vom 30. Januar 2021 (Beleg-Nr. 1) legte Dr. med. O.___ ihre Bemerkungen zum psychiatrischen Gutachten von Dr. med. N.___ vom 30. Januar 2018 dar. So führte sie im Wesentlichen aus, der Text des Gutachtens habe durchgängig eine tendenziöse Neigung. Die Fragen zur Trauma-Anamnese seien rudimentär und würden niemals das gesamte Symptomen-Spektrum einer Traumastörung abdecken. Es gebe im Text einige Hinweise (grosse Erinnerungslücken für die eigene Biographie, Affektdurchbrüche, Vermeidungsverhalten, Derealisation, Ängste, häufige Unruhe, Stress und Nervosität, Impulsivität, manchmal Gereiztheit und Aggressivität, Schlafstörungen, ungleichmässiges Präsentsein bzw. Bewusstseinsstörungen, fluktuierende Aufmerksamkeit) für eine Traumastörung, die der Gutachter nicht einmal versuchsweise prüfe, ob eine Hypothese einer Traumatisierung möglich wäre. Was die Ebene der Persönlichkeit anbelange, so habe Dr. med. O.___ hier erwartet, dass der Gutachter bspw. Fragebögen zur Erhebung einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung zur Erhebung von dissoziativen Störungen einsetzen würde. Das neuropsychologische Teilgutachten sei nutzlos. Faktisch werde eine Demenzabklärung durchgeführt, was nicht der Fragestellung entspreche. Auch der Neuropsychologe stelle nur «invalide» Resultate fest, ohne die möglichen Gründe hierfür zu hinterfragen. Der Neuropsychologe bemerke, eine Fremdanamnese ergäbe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine zusätzlichen relevanten Informationen. Dem müsse Dr. med. O.___ widersprechen. Zum oft beschriebenen demonstrativen Verhalten führte sie aus, Schmerzpatienten würden oft die Erfahrung machen, dass Ärzte ihnen sagen würden, das somatische Korrelat zu den ausgeprägten Schmerzen sei nicht da entspreche nicht den geschilderten Schmerzen, was dazu führe, dass Betroffene sich nicht ernst genommen fühlten und ihr subjektives Schmerzerleben immer mehr in demonstrativer Weise präsentierten. Was die Medikamenten-Compliance anbelange, so sei festzuhalten, dass bei anhaltend somatoformer Schmerzstörung bekannt sei, dass Medikamente auf den subjektiv erlebten Schmerz nur geringfügigen keinen Einfluss hätten, was die Motivation der Betroffenen, dieses Medikament einzunehmen, eindeutig sinken lasse. Es sei ihres Erachtens nicht statthaft, dies gegen den Beschwerdeführer zu verwenden. Der Nutzen von Antidepressiva auf somatoforme Schmerzen sei im Allgemeinen eher bescheiden. Vom Antidepressivum (Duloxetin = Cymbalta®) sei ein normaler, wirksamer Spiegel nachgewiesen worden. Olanzapin könne bei Bedarf eingenommen werden, ein geringer Spiegel habe wenig zu bedeuten. Da somatoforme Schmerzstörungen oft in Gewalterfahrungen in der Kindheit wurzelten, könne es beim Beschwerdeführer durchaus sein, dass er sich an diese Gewalterfahrungen nicht erinnere; dies im Sinne einer traumabedingten dissoziativen Amnesie (ICD-10 F44.0). Es sei auffallend, dass die Angaben des Beschwerdeführers über seine Kinderjahre sehr knapp und nur positiv ausgefallen seien. Im Anschluss an die Kränkung am Arbeitsplatz breche die alte Kränkung, die Gewalterfahrung, wieder aus. So könne man sich den Verlauf etwa vorstellen. Dies sei beim Beschwerdeführer nicht auszuschliessen. Die Feststellung des Gutachters Dr. med. N.___, es liege heute eine Arbeitsfähigkeit von 100 % vor, widerspreche der gängigen fachlichen Erfahrung mit derartigen Leiden und ihren typischen Verläufen und widerspreche sämtlichen anderen fachärztlichen Einschätzungen im vorliegenden Fall.

 

5.17.2  Der behandelnde Psychiater Dr. med. H.___ legte in seinem Bericht vom 19. Februar 2021 (Beleg-Nr. 2) dar, bei der aktuellen Exploration mit der bestehenden Symptomatik zweier Hauptsymptome (Freud- und Motivationslosigkeit und Antriebsmangel) sowie vier und mehr Zusatzsymptomen (vermindertes Selbstvertrauen, Schlafstörungen, verminderte Konzentration, verminderter Appetit und pessimistische Zukunftsperspektive) sei die Diagnose einer mittelgradigen Episode ohne psychotische Symptome nach ICD-10 (F33.11) zu stellen. Aus therapeutischer Sicht werde die Weiterführung der bestehenden Gesprächstherapie mit vor allem auch verhaltenstherapeutischen Ansätzen zur Veränderung der dysfunktionalen Bewältigungsstrategien empfohlen. Bis jetzt seien die Therapieeffekte bescheiden und instabil. Heute betrage die Arbeitsfähigkeit generell für alle Arbeitstätigkeiten aus psychiatrischer Sicht höchstens 50 %. Dies sei begründet in der verringerten affektiven Steuerungsfähigkeit und Impulskontrolle, eine depressive Apathie mit Energiemangel und Konzentrationsstörungen. Durch die Schmerzstörung erhöhe sich die Einschränkung jedoch noch relevant. Dies seien die versicherungsmedizinisch-theoretischen Einschätzungen. Aus klinisch-psychiatrischer Erfahrung heraus erscheine es aber überwiegend unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer in der Lage sei, ein Pensum von 25 % zu leisten. Die Arbeitsfähigkeit könne nicht verbessert werden. Sowohl für die angestammte als auch angepasste Tätigkeit liege keine Arbeitsfähigkeit mehr vor. Aufgrund des lange anhaltenden Verlaufs mit chronifizierter Symptomatik könne nicht mit einer wesentlichen Verbesserung der Arbeitsunfähigkeit durch therapeutische Massnahmen gerechnet werden.

 

Mit E-Mail vom 5. März 2021 (Beleg-Nr. 2) bestätigte Dr. med. H.___ gegenüber dem Vertreter des Beschwerdeführers erneut, dass die Arbeitsfähigkeit generell für alle Arbeitstätigkeiten aus psychiatrischer Sicht höchstens 25 % betrage.

 

5.17.3  Die behandelnde Hausärztin Dr. med. P.___, Praktische Ärztin, stellte in ihrem Bericht vom 2. März 2021 die folgenden Diagnosen (Beleg-Nr. 3):

 

-       Mittelschwere bis schwere Depression

-       Ausgeprägtes Schmerzsyndrom mit psychosomatischen Aspekten

-       Diskusprotrusion L5/S1 mit Nervenwurzelkontakt S1 links und Neuroforamenstenose links

-       Rezidivierende aktivierte Facettengelenksarthrose L5/S1 bds.

-       Kraftminderung

-       Benigne symptomatische Prostatahyperplasie

-       Arterielle Hypertonie

-       St. n. Schulterarthroskopie mit subacromialer Dekompression, Bursektomie und ACG-Resektion sowie Ossikel-Resektion subakromial linke Schulter am 20. November 2012

-       Hyperopie bds. Sicca-Symptomatik, Cataracta incipiens bds. Pterygium nasal rechts

 

Weiter führte Dr. med. P.___ aus, der Beschwerdeführer stehe seit 2017 in ihrer hausärztlichen Behandlung. Im zurückliegenden Behandlungsverlauf sei es zu einer offensichtlichen Zunahme seiner körperlichen Erkrankungen und der Schmerzsymptomatik gekommen. Es präsentiere sich aktuell ein Patient in sehr schwachem und reduziertem Allgemeinzustand. Der Beschwerdeführer leide unter anhaltenden LWS-Schmerzen linksbetont und mit Ausstrahlung in das linke Bein, welche seine Funktion und Beweglichkeit stark einschränkten. Ähnliche rezidivierende Beschwerden fänden sich in der linken Schulter. Diese anhaltenden Schmerzen seien auch ein Grund für seine Nervosität, Ungeduld, Konzentrations- und Schlafstörungen. Der Beschwerdeführer sei primär ein psychisch sehr kranker Mann. Die vorerwähnten körperlichen Beschwerden trügen jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu bei, seine psychische Erkrankung zu verstärken. Der Beschwerdeführer sei aus ihrer Sicht für alle Tätigkeiten zu 100 % arbeitsunfähig.

 

6.      

6.1     Zunächst ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall ausschliesslich die psychiatrische Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers umstritten ist. Nicht zu beanstanden ist das orthopädische Begutachtungsergebnis, welches im Rahmen der F.___-Begutachtung (Gutachten vom 30. Dezember 2016; IV-Nr. 75.1; vgl. auch E. II. 5.6 hiervor) ermittelt wurde (vgl. hierzu auch die RAD-Stellungnahme vom 9. September 2018, E. II. 5.14 hiervor). Die orthopädische Gutachterin Dr. med. V.___, Fachärztin für Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates, kam zum Schluss, aufgrund der degenerativen Rücken- und Schulterveränderungen seien dem Beschwerdeführer schwere körperliche Arbeiten, insbesondere, wenn sie das Heben und Tragen von Lasten über 25 kg sowie Überkopf-Arbeiten beinhalten, nicht zumutbar. Gemäss Arbeitsplatzbeschrieb der Firma B.___ habe die Arbeit oft das Bedienen der Beschleuniger und das Überwachen der Produktion sowie manchmal Eingangskontrollen am Produkt beinhaltet. Nur selten seien Umrüstungen der Behandlungssysteme, Wartungsarbeiten und Reinigungsarbeiten durchzuführen gewesen. Die Arbeit sei selten sitzend, meist gehend/stehend auszuführen gewesen. Manchmal sei das Heben und Tragen von Lasten 0 – 10 kg, selten von Lasten 10 – 25 kg nötig gewesen. Am 20. Juni 2015 habe der Beschwerdeführer demgegenüber schriftlich festgehalten, dass mehr als nur während einer halben Stunde / Tag mittelschwere Lasten (10 – 25 kg) hätten hantiert werden müssen. Auch habe er intermittierend Gewichte von deutlich über 25 kg hantieren müssen. Der Beschwerdeführer erläutere dies anhand konkreter Arbeitsbeispiele. Ein unabhängiger Tätigkeitsbeschrieb liege nicht vor, so dass letztlich nicht entschieden werden könne, wie physisch belastend die letzte Arbeit des Beschwerdeführers tatsächlich gewesen sei. Im ersteren Fall wäre von einer eher mittelschweren Tätigkeit auszugehen, die zumutbar wäre. Im zweiten Fall müsste die Arbeit als schwere Tätigkeit eingestuft werden und wäre entsprechend nicht mehr zumutbar. Ganztags (ggf. mit etwas vermehrtem Pausenbedarf und entsprechend etwas vermindertem Leistungsvermögen) zumutbar wäre eine leichte bis höchstens mittelschwere, wechselbelastende Tätigkeit mit der Möglichkeit der freien Positionswahl, wo überwiegend unter rückenergonomisch angepassten Bedingungen auf Tischniveau gearbeitet werden könnte ohne häufiges Heben / Tragen von Lasten über 25 kg (IV-Nr. 75.4 S. 16 f.).

 

6.2     Da sich die Beschwerdegegnerin in ihrer Verfügung vom 14. März 2019 (A.S. 1 ff.) in psychiatrischer Hinsicht in der Hauptsache auf das bidisziplinäre Gutachten der Gutachterstelle G.___ vom 30. Januar 2018 (vgl. E. II. 5.10 hiervor) stützt, ist im Folgenden dessen Beweiswert zu prüfen. Das Gutachten beruht auf den vollständigen Vorakten (IV-Nr. 101.1 S. 4 ff.) und persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers durch die Gutachter in den Disziplinen «Psychiatrie» (IV-Nr. 101.1 S. 14 ff.) und «Neuropsychologie» (IV-Nr. 101.2). Gestützt auf die anlässlich der Explorationen gewonnenen Erkenntnisse und in ausführlicher Auseinandersetzung mit den übrigen relevanten medizinischen Unterlagen, namentlich der jeweiligen Stellungnahme zu früheren Einschätzungen, sind die Gutachter zu schlüssigen Ergebnissen gelangt, die sie in einer nachvollziehbaren Weise hergeleitet und begründet haben. Die Gutachter haben die Angaben des Beschwerdeführers wiedergegeben und in die Beurteilung einbezogen. Die Abweichungen von den früheren Stellungnahmen werden eingehend begründet. Das Gutachten ist in sich stimmig und enthält keine inneren Widersprüche. Es deckt sämtliche in den Vorakten thematisierten Aspekte, die für die polydisziplinäre Beurteilung relevant sein können, ab. Das Gutachten wird damit den allgemeinen Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische Stellungnahme (vgl. E. II. 4.3 hiervor) grundsätzlich gerecht.

 

6.2.1  Im Rahmen des neuropsychologischen Gutachtens (IV-Nr. 101.2) wurden mit dem Beschwerdeführer umfangreiche Testverfahren durchgeführt. Der Gutachter lic. phil. Q.___, Fachpsychologe für Neuropsychologie FSP, legt in diesem Zusammenhang dar, die neuropsychologische Teilbegutachtung vom 3. November 2017 habe keine validen Resultate ergeben. Sie entsprächen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht der tatsächlichen Leistungsfähigkeit. Zur Begründung führte er aus, ein gut standardisierter Performanzvalidierungstest habe auffällige Resultate gezeigt. Solche kämen auch bei Personen mit Demenz, 5-jährigen Kindern mit ADHS, depressiven Patienten Schmerzpatienten nicht vor. Weiter hätten sich Diskrepanzen innerhalb der Tests gezeigt: Die überwiegende Anzahl der verwendeten Tests würden, wären sie valide, auf sehr deutliche, teilweise schwerste Defizite deuten. Einige Tests seien dagegen aber völlig unauffällig. Dies sei ein äusserst unwahrscheinliches Muster. Die klinische Beobachtung passe ebenso wenig zu den vorgeblichen psychometrischen Resultaten. Der Beschwerdeführer gebe zwar fast maximale Schmerzen an (die zwar «stärker» und «stärker» würden, aber sich in ihrer Intensität auf der vorgezeigten Skala nicht veränderten), nehme aber weder während der Untersuchung (klinische Beobachtung), noch in der Zeit vor der Untersuchung sein Schmerzmedikament in ausreichender Stärke ein (Laborbefund). Es sei keine Störung bekannt, die ein solches Bild ergeben könne. Weder Demenzen, noch Depressionen, noch Schmerzen würden zu solch massiven Einschränkungen führen. Bezugnehmend auf die medizinische Aktenlage führte der neuropsychologische Teilgutachter aus, dieses Bild sei mit den zwei bisherigen Gutachten prinzipiell vereinbar. Im D.___-Gutachten seien Selbstlimitationen und Symptomausweitung beschrieben worden, im F.___-Gutachten sei dieser Befund im Prinzip bestätigt worden. Unter Anwendung des Entscheidungsalgorithmus’ von Slick, Sherman und Iverson (1999) sei deshalb auf Aggravation zu schliessen, was auch mit dem psychiatrischen Befund vereinbar sei (siehe das Gutachten von Dr. med. N.___). Es sei von einer in ihrer Art und Ausprägung nicht-authentischen schweren kognitiven Störung (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, exekutive Funktionen, Sprache, Rechnen) mit/bei Aggravation auszugehen.

 

6.2.2  Schliesslich vermag auch die Beurteilung im psychiatrischen Teilgutachten (IV-Nr. 101.1 S. 19 ff.) zu überzeugen, wonach im Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung keine psychiatrische Diagnose mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit vorgelegen habe. Im psychiatrischen Teilgutachten von Dr. med. N.___ findet eine eingehende Auseinandersetzung mit den möglichen Diagnosen statt (IV-Nrn. 36 ff.). Ferner leuchten die medizinischen Zusammenhänge und die Beurteilung der medizinischen Situation ein: Bezüglich der Schmerzsymptomatik dürfe angenommen werden, dass eine solch hochskaliert angegebene Schmerzstärke, wie sie der Beschwerdeführer beschreibe, ausweislich dieser geringen Therapieaktivitäten nicht in dieser Ausprägung bestehe, wenn auch leichte degenerative Beschwerden ohne Relevanz in geringem Mass bestünden, welche aber die Beschwerden so nicht erklärten (gemäss aller orthopädischer Gutachter der F.___ und D.___). Auch könnten keine hinreichenden Gründe für die Entwicklung einer somatoformen Schmerzstörung abgeleitet werden, seien insbesondere keine relevanten prädisponierenden früheren Traumata relevanten psychosozialen Belastungen eruierbar, sondern lediglich Veranlagungen zu etwas ängstlich-selbstunsicheren Persönlichkeitsdispositionen, aber ohne Krankheitswert bei gut entwickelten primären persönlichen Ressourcen ableitbar. Dieser Sachverhalt impliziere auch, dass die Kriterien für die Diagnosestellung einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung nicht hinreichend erfüllt seien, vielmehr ergäben sich erhebliche Zweifel an der Authentizität der anamnestischen Angaben und auch im Verhalten des Beschwerdeführers mit einem selektiv präsentiert wirkenden, aggravatorischen Verhalten, was abgegrenzt werden müsse. Diese Überlegungen seien in der Vergangenheit nicht hinreichend reflektiert worden (IV-Nr. 101.1 S. 37 ff.). Was die Diagnose einer depressiven Störung anbelangt, so führte der psychiatrische Gutachter aus, es handle sich hierbei um Erkrankungen mit phasischem Verlauf mit zwischenliegenden Zeiten weitgehend normaler Stimmung. Gerade aber solches werde für den Beschwerdeführer gemäss Dr. med. H.___, welcher gemäss seiner Meinung den Beschwerdeführer am besten kenne, eben nicht beschrieben, sondern ein fünf Jahre lang dauernder Verlauf von immerwährender mittelschwerer Ausprägung. Die diagnostische Zuordnung einer rezidivierenden depressiven Störung, wie in den beiden Gutachten der Begutachtungsstellen D.___ und zuletzt F.___ attestiert, könne somit nicht begründet werden. Betrachte man differentialdiagnostisch das Feld solcher chronischer depressiver Störungen, wie von Dr. med. H.___ angenommen, so käme formal am ehesten noch eine Dysthymia (F34.1) in Frage, werde dieses definiert als eine chronische, wenigstens mehrere Jahre andauernde depressive Verstimmung ohne Auftreten hypomanischer Zustände, die weder schwer noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug sei, um die Kriterien einer schweren, mittelgradigen leichten rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen. Insuffizienzerleben, Interessenverlust, Pessimismus, Müdigkeit, Erschöpfung sowie das Unvermögen, mit den Routineanforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden, bestimmten aber auch hierbei die Symptomatik. Zwischenzeitliche Perioden ausgeglichener Stimmung dauerten selten länger als einige Wochen. Bei dieser Diagnose wäre aber der Schweregrad deutlich leichter als es dem angenommenen klinischen Ausdruck entsprechen würde. Andererseits sei eine schwerwiegende depressive Episode von mittlerer Schwere, wie behauptet, über fünf Jahre hinweg, ohne entsprechende Vorgeschichte, ohne Hinweise auf eine Persönlichkeitsstörung sicher nicht plausibel und wäre gegebenenfalls auch üblicherweise gut behandelbar, insbesondere beim ersten Auftreten, wie in diesem Fall. Auch könne die Eigenständigkeit dieser depressiven Störung, wie von Dr. med. H.___ behauptet und vom Rechtsvertreter angenommen, nicht bestätigt werden. Vielmehr seien klare anamnestisch abgrenzbare initiale Auslöser eruierbar, welche der Beschwerdeführer gemäss aktueller Anamnese als arbeitsplatzbezogenen Konflikt schildere, und wie sogar Dr. med. H.___ beschrieben habe, habe zuletzt wohl nach Angabe des Beschwerdeführers eine verminderte Arbeitsplatzzufriedenheit bestanden. Es möge also eine gewisse Unzufriedenheit mit der Arbeitssituation bestanden haben, akzentuiert auch durch die damals wohl zusätzlich eingetretene Schulterproblematik im April 2012. Warum dieser beschriebene Arbeitsplatzkonflikt, der doch eher moderat beschrieben werde, ohne einen nachvollziehbar schweren konkreten Auslöser nach 15 Jahren Arbeitstätigkeit so konflikthaft eskaliert sein sollte, dürfe sehr hinterfragt werden und erkläre sicherlich nicht eine so schwerwiegende, fünf Jahre lang dauernde depressive Störung. Im weiteren Verlauf seien beim Beschwerdeführer aber durchwegs aktenkundig erkennbar stets sein Hinweis auf seine gesundheitlichen Probleme dominiert, er thematisiere in seinem Beschwerderapport aber durchgängig stets ausführlich die wirtschaftlichen Folgen und der Faktor der wirtschaftlichen Kompensationsfrage sei durchwegs präsent. Es dürfe angemerkt werden, dass sowohl die diskutierten Diagnosen der letztlich aber nicht zu bestätigenden somatoformen Schmerzstörung wie auch einer depressiven Störung (sei es eine Anpassungsstörung sogar einer unwahrscheinlichen mittelgradigen depressiven Episode) in keiner Weise die Befundinkonsistenzen erklärten, welche sich durchwegs in der Akte erkennen liessen. Es sei ein in der Gesamtschau doch weitüberwiegend anzunehmendes, bewusstseinsnahes, selektiv gezeigtes Verhalten und eine negative Antwortverzerrung anzunehmen, welche es auch den therapeutisch tätigen Ärzten erheblich erschwere, eine korrekte Diagnose zu stellen. Die zeitlich enge Korrelation der stationären Massnahmen stärke vielmehr auch die Einschätzung, dass hier ein bewusstseinsnahes, selektives und zweckgebundenes, zielgerichtetes Verhalten ursächlich das Verhalten des Beschwerdeführers bestimme, was als Krankenrollenverhalten bezeichnet werden könne. Dieses könne klassifiziert werden unter den Diagnosen F68, Andere Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. Darunter subsummiert sei die Diagnose F68.0, die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen. Es würden dabei körperliche Symptome geltend gemacht, vereinbar mit und ursprünglich verursacht durch eine belegbare körperliche Störung, Krankheit Behinderung, wegen des psychischen Zustandes der betroffenen Person aggraviert länger anhaltend. Es könne aber teilweise im fliessenden Übergang auch zu Vortäuschung auch von nicht vorhandenen körperlichen psychischen Symptomen kommen, was schon einer artifiziellen Störung F68.1 entspräche (wie z.B. aktuell bezüglich kognitiver Störungen wahrscheinlich angenommen werden dürfe), es werde eine Krankenrolle eingenommen. Die Motivation, eine solche Krankenrolle einzunehmen, bleibe oft unklar, teilweise könnten Auffälligkeiten der Persönlichkeit und Beziehungsstörungen kombiniert bestehen und seien zu prüfen. Zur Erklärung der Diskrepanz zu den Vorbefunden und Vorgutachten sei auch erklärt, dass bei Bestehen einer solchen bewusstseinsnahen negativ verzerrenden Symptombildung naturgemäss das Stellen einer psychiatrischen Diagnose aus dem depressiven Formenkreis ausgesprochen schwierig sei, zumal ein Grossteil der operationalisierten Diagnosekriterien im Behandlungskontext auf eine valide anamnestische Angabe seitens des Beschwerdeführers angewiesen, hier aber mindestens teilweise nicht mehr hinreichend verwertbar sei. Dabei unterschieden sich üblicherweise naturgemäss die Rolle des therapeutisch tätigen Arztes gegenüber dem versicherungsmedizinisch arbeitenden Gutachter unterscheiden, wobei verständlicherweise zum Erhalt der schützenswerten Arzt-Patienten-Bindung es im therapeutischen Kontext eben gerade in psychiatrischer Hinsicht oft sehr schwer falle, die Angaben und das Verhalten eines Patienten auf Konsistenz zu überprüfen, wobei naturgemäss vom Gutachter solches gerade verlangt werde. Es sei vorsorglich darauf hingewiesen, dass diese andere Position des Gutachters und damit oft kritischere Bewertung eben nicht als Voreingenommenheit missverstanden werden dürfe.

 

Zusammenfassend führte Dr. med. N.___ in nachvollziehbarer Weise aus, es sei nicht hinreichend objektivierbar, dass eine versicherungspsychiatrisch relevante Störungssymptomatik bestehe, welche hinreichend ausgeprägt sei, um das vorbestehende durchaus gute primärpersönliche Ressourcenpotenzial so bedeutsam hemmen zu können. Es dürfe mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass er seine primär guten persönlichen Ressourcen unter zumutbarer Aufbietung der Willenskräfte sowohl aktuell wie auch in der Vergangenheit für eine körperlich zumutbare Arbeitstätigkeit durchaus einsetzen könnte. Es sei von der Diagnose F68, Andere Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, auszugehen, vorrangig F68.0, die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen. Prognostisch könnten aus rein versicherungspsychiatrischer Sicht keine Hinderungsgründe gegen die Wiederaufnahme einer Arbeitstätigkeit objektiviert werden, angesichts der Dauer der eingenommenen Erwartungshaltung dürfte aber die Änderungsbereitschaft eingeschränkt und damit prognostisch bezüglich der beruflichen Partizipation limitierend sein (IV-Nr. 101.1 S. 44 f.).

 

6.2.3 

6.2.3.1   Gemäss dem Urteil des Bundesgerichts 8C_841/2016 vom 30. November 2017 sind sämtliche psychische Erkrankungen einem strukturierten Beweisverfahren gemäss BGE 141 V 281 zu unterziehen, welches durch den psychiatrischen Gutachter bzw. die psychiatrische Gutachterin dementsprechend zu prüfen ist. Der Beweiswert der gutachterlichen Ausführungen im psychiatrischen Teilgutachten setzt also im Weiteren voraus, dass die im entsprechenden Entscheid aufgestellten Kriterien abgehandelt werden. Gemäss diesem Urteil soll der Gutachter stärker darauf achten, die Diagnosen so zu begründen, dass die Rechtsanwender nachvollziehen können, ob die klassifikatorischen Vorgaben nach ICD-10 tatsächlich eingehalten sind (Urteil E. 2.1); das Augenmerk ist namentlich auch auf Ausschlussgründe wie Aggravation zu richten (E. 2.2). Nach der Rechtsprechung liegt regelmässig keine versicherte Gesundheitsschädigung vor, soweit die Leistungseinschränkung auf Aggravation einer ähnlichen Erscheinung beruht. Hinweise auf solche und andere Äusserungen eines sekundären Krankheitsgewinns ergeben sich namentlich, wenn: eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geschilderten Schmerzen Einschränkungen und dem gezeigten Verhalten der Anamnese besteht; intensive Schmerzen angegeben werden, deren Charakterisierung jedoch vage bleibt; keine medizinische Behandlung und Therapie in Anspruch genommen wird; demonstrativ vorgetragene Klagen auf den Sachverständigen unglaubwürdig wirken wenn schwere Einschränkungen im Alltag behauptet werden, das psychosoziale Umfeld jedoch weitgehend intakt ist. Nicht per se auf Aggravation weist blosses verdeutlichendes Verhalten hin (BGE 141 V 281 E. 2.2.1 S. 287 f. mit Hinweisen; Urteile des Bundesgerichts 8C_604/2017 vom 15. März 2018 E. 6.1 und 9C_899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4.1, je mit Hinweisen). Besteht im Einzelfall Klarheit darüber, dass solche Ausschlussgründe die Annahme einer Gesundheitsbeeinträchtigung verbieten, so besteht von vornherein keine Grundlage für eine Invalidenrente. Soweit die betreffenden Anzeichen neben einer ausgewiesenen verselbstständigten Gesundheitsschädigung auftreten, sind deren Auswirkungen im Umfang der Aggravation zu bereinigen (BGE 141 V 281 E. 2.2.2 S. 288 mit Hinweis; Urteil des Bundesgerichts 9C_899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4.2.4 mit Hinweisen).

 

Wann ein Verhalten (nur) verdeutlichend und unter welchen Voraussetzungen die Grenze zur Aggravation und vergleichbaren leistungshindernden Konstellationen überschritten ist, bedarf einer einzelfallbezogenen, sorgfältigen Prüfung. Eine Aggravation zeigt sich aus durch eine Übertreibung Ausweitung von Beschwerden, indem tatsächlich vorhandene Symptome zur Erreichung eines Ziels (im hier interessierenden Kontext die Zusprache der Invalidenrente) verstärkt werden. Externe Motivation (Zusprache einer Rente) und Bewusstseinsnähe sind somit – nebst den dargelegten Hinweisen – starke (in der Praxis allerdings oft schwierig nachzuweisende) Anhaltspunkte für eine anspruchshindernde Aggravation. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass eine Aggravation umso eher vorliegt, je mehr Hinweise auf eine absichtliche, gesteuerte und in diesem Sinne «bewusste» Symptomerzeugung hindeuten. Für die Beantwortung dieser Frage ist – wiederum – zentral, dass die Gutachter, wie auch die anderen mit der Berichterstattung über die versicherte Person befassten Ärzte, alle verfügbaren Hinweise aus dem Alltag der versicherten Person, insbesondere auch aus dem ausserberuflichen Bereich, berücksichtigen und auf dieser möglichst breiten Beobachtungsbasis eine Verbindung herstellen zwischen dem festgestellten versicherten Gesundheitsschaden und den dadurch bewirkten funktionellen Einschränkungen einerseits sowie den geschilderten sowie tatsächlichen, gegebenenfalls fremdanamnestisch erhobenen Auswirkungen auf Aktivität und Partizipation anderseits. Auf dieser Grundlage ist zu plausibilisieren, dass die Inkonsistenzen über das im Rahmen einer blossen Verdeutlichung «Normale» hinausgehen (Urteil des Bundesgerichts 9C_899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4.2.2).

 

Bedeutsame Hinweise ergeben sich u.a. daraus, ob und inwieweit sowohl die medizinischen Gutachter als auch die behandelnden, in aller Regel einen längeren Beobachtungszeitraum überblickenden Ärzte Diskrepanzen zwischen subjektiver Beschwerdeschilderung und objektivierbaren Befunden beobachtet und dokumentiert haben, beispielsweise indem ihnen eine demonstrative Schmerzausgestaltung aufgefallen ist die versicherte Person – aus nicht krankheitsbedingten Gründen – während längerer Zeit geeignete Therapievorschläge abgelehnt hat. Ebenfalls erhellend sein kann unter Umständen eine Bestimmung des Medikamentenspiegels (Urteil des Bundesgerichts 9C_899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 4.2.3 mit Hinweis).

 

6.2.3.2   Diesbezüglich lässt sich dem psychiatrischen G.___-Gutachten entnehmen, dass im Rahmen des psychiatrischen Gutachtens der Beschwerdeführer zum Teil mit einer weinerlichen Stimme, larmoyant und klagsam berichte. Er sei beim Aufstehen gestolpert, gehe langsam und unsicher in Zeitlupentempo. Er zeige sich teilweise schwer besinnlich, rechne und zähle mit den Fingern und gebe an, gewisse Informationen aus der Biografie nicht zu kennen. Während der Untersuchung nehme er hastig eine Tablette, massiere sich das Haar. Blickkontakt werde überwiegend vermieden, er wirke eingeengt auf den Beschwerderapport, erkläre immer wieder seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Er berichte trotz aller scheinbaren kognitiven Störungen sehr dezidiert über Kränkungserlebnisse am Arbeitsplatz (nun schon vor fünf Jahren) sowie über die aktuellen Folgen seiner wirtschaftlichen Nöte, über deren Einfluss auf die familiäre Beziehungsgestaltung. Dieses wiederum, leidensbezogen, vermöge er aber sehr differenziert zu beschreiben, was sicher nicht mit einem Befund, wie im neuropsychologischen Gutachten gezeigt, vereinbar wäre. Auch im psychiatrischen Gutachten mit dort durchgeführten orientierenden validieren Verfahren, REY-Memory-Test, zeige der Beschwerdeführer mit gerade einmal 2 von 16 Punkten hoch auffällige Befunde, welche als suboptimale Anstrengungsbereitschaft gewertet werden dürften. Auch zu den Medikamentenspiegeln falle auf, dass kaum Analgetika verwendet würden, regelmässig werde lediglich ein Flector-Pflaster (Diclofenac) verwendet, für welche sich jedoch keine Wirkspiegel im Blut des Beschwerdeführers nachweisen liessen, ansonsten werde lediglich bedarfsweise ein schwach wirksames Analgetikum Dafalgan angegeben. Es bestehe insgesamt somit keine wirksame schmerztherapeutische Behandlungsaktivität trotz Angabe subjektiv starker langjähriger Schmerzen (IV-Nr. 101.1 S. 34). Weiter verweist der psychiatrische Gutachter bezüglich der beschriebenen Inkonsistenzen auch auf die übrigen medizinischen Akten. Es hätten sich eben solche Verhaltensinkonsistenzen auch im Rahmen des bidisziplinären D.___-Gutachtens ergeben. Es sei das demonstrativ wirkende Schonhinken beschrieben worden, die widersprüchliche Beweglichkeit der linken Schulter, es seien Beschwielungen beobachtet worden, welche der Beschwerdeführer mit wenig plausiblen Gründen erklärt, aber offensichtlich nicht opponiert habe, dass diese bestünden (auch wenn dieser Umstand später vom Rechtsvertreter bestritten werde). Der Muskelstatus sei offensichtlich kräftig beschrieben worden, was eine solche Schwäche, dass er im Haushalt kaum mithelfen könne, noch weniger plausibel mache. Es werde letztlich eine subjektive Krankheitsüberzeugung beschrieben, er könne kaum aufgrund dieser Beschwerden arbeiten, obgleich aus somatischer Sicht eben keine hinreichenden Gründe zu finden gewesen seien. Aber auch in psychischer Hinsicht sei gerade drei Wochen davor der Beschwerdeführer gemäss stationär psychiatrischem Bericht (Entlassung 19. März 2014) als ein Mann beschrieben worden, der auch andere Leute zum Lachen habe bringen und in Gruppen habe mitarbeiten können, interessiert an Spielen gewesen sei, also sinngemäss sich lustorientiert gezeigt habe. Es sei nochmals betont, dass sich nun gerade mal drei Wochen später (psychiatrische Untersuchung vom 7. April 2014) der Beschwerdeführer so gut wie keine Haushaltsarbeiten und auch keine Arbeitstätigkeit subjektiv zutraue. Diese im gutachterlichen Kontext angegebene Selbsteinschätzung des weitgehenden Arbeitsunvermögens könne angesichts dieser allenfalls geringgradigen affektiven Symptomatik und nur geringen somatischen objektivierbaren Befunde also nicht plausibel gemacht werden (IV-Nr. 101.1 S. 27). Inkonsistenzen hätten sich aber auch im Rahmen der F.___-Begutachtung ergeben, wo wiederum der Beschwerdeführer mit leiser Stimme, teilweise flüsternd spreche, Blickkontakt vermeide, angebe nicht zu wissen, warum er bei der Begutachtung sei, sich zeitlich desorientiert gegeben habe, obgleich auch hier in der Verhaltensbeobachtung keine Hinweise für eine Störung der kognitiven Funktionen bestanden habe. Er habe sich demonstrativ sehr leidend gezeigt, mit manifester Verdeutlichungstendenz. Er habe angegeben, er habe Schmerzen praktisch im ganzen Körper. Andererseits hätten sich in den dort durchgeführten Kontrollen der Medikamentenspiegel sowohl in Bezug auf Duloxetin als auch auf Paracetamol und Ibuprofen nur herabgesetzt nachweisbar gezeigt. Es habe keine regelmässige Einnahme angenommen werden können. Auch die Angaben zu seinen Schmerzen seien nicht konkret lokalisierbar gewesen, in der Schmerzstärke nicht skalierbar, sei das Verhalten in der Exploration teilweise grotesk erschienen und es sei von Dekonditionierung und Selbstlimitationen in grösstem Ausmass ausgegangen worden. Bezüglich der Frage nach Arbeitsfähigkeit habe der Beschwerdeführer angegeben, niemand habe ihm gesagt, dass er arbeiten solle. Auch in der dort durchgeführten somatischen, orthopädischen Begutachtung habe sich die Kooperationsbereitschaft beschränkt gezeigt, seien Fersengang und Einbeinstand erst gar nicht vorgeführt worden, jegliche Manipulationen am Hüftgelenk seien mit stärksten Schmerzäusserungen und Schmerzen in der LWS quittiert worden, er habe massives Gegenspannen bei der praktisch gar nicht durchführbaren Untersuchung der Hüftgelenke gezeigt. Er habe sich sämtlichen Bewegungsversuchen entzogen, habe aber im Sitzen problemlos und ohne Schmerzangabe eine Flexion von mindestens 100° erreichen können. Ähnlich habe sich auch die Untersuchung in der linken Schulter gezeigt, wo jegliche Manipulationen am Arm mit massiver Schmerzreaktionen quittiert worden seien, er keine sichtbare Anstrengung in den auszuübenden Tests gezeigt habe, obgleich auch die ergänzende ausführliche Bildgebung keine richtungsweisende Pathologie für diese Beschwerden ergeben habe (IV-Nr. 101.1 S. 37).

 

Auch in der zusätzlich durchgeführten neuropsychologischen Begutachtung habe der Beschwerdeführer sich schwerbesinnlich gezeigt, habe sich zur zeitlichen Orientierung befragt ungenau und langsam in seiner Antwort gezeigt, auffällig zur situativen Orientierung (er wisse nicht, was er hier machen müsse). In der Kontaktaufnahme habe er sich dort ebenfalls auffällig (kaum Blickkontakt) gezeigt, zeige sich schwerbesinnlich, habe aber sehr wohl im Untersuchungsverlauf immer wieder Bezug auf zuvor gemachte Äusserungen Erlebnisse machen können. Er habe schwer geatmet, habe Blickkontakt vermieden. Es seien die teilweise extremen und dann auch wieder völlig unauffälligen Antwortlatenzzeiten aufgefallen, das Arbeitstempo sei deutlich schwankend von unauffällig bis extrem verlangsamt erschienen, unabhängig vom objektiven Schweregrad der jeweiligen Aufgabe. Die Initiierung von Handlungen und Aufrechterhaltung der Handlungen in der gut strukturierten Untersuchungssituation seien schwankend gewesen, das Vorgehen unstrukturiert, die Fehlerkontrolle sporadisch. Gegen Ende der Untersuchung habe er latent aggressiv gewirkt, habe die Faust zusammengeballt bis es geknirscht habe, darauf angesprochen habe er dieses als «er sei nervös» beschrieben. In den Untersuchungsergebnissen hätten sich auffällige Resultate gezeigt, welche selbst bei Personen mit Demenz, 5-jährigen Kindern mit ADHS, depressiven Patienten Schmerzpatienten so nicht vorkämen. Es hätten sich auch Diskrepanzen innerhalb der Tests gezeigt. Die überwiegende Zahl der verwendeten Tests deuteten, wären sie valide, auf sehr deutliche, teilweise schwerste Defizite hin. Einige Tests seien demgegenüber aber völlig unauffällig gewesen. Dieses sei ein äusserst unwahrscheinliches Muster (z.B. Benennen schwerst eingeschränkt, Lesen und Schreiben sind aber unauffällig). Die klinische Beobachtung passe ebenso wenig zu den vorgeblichen psychometrischen Resultaten (z.B. könne der Beschwerdeführer, obschon schwerste Einschränkungen von Merkfähigkeit, Neugedächtnis, Sprache, Aufmerksamkeit, inklusive ausgeprägte Verlangsamung, auch bei einfachen Aufgaben, vorhanden sein sollten, immer wieder Bezug auf zuvor gemachte Äusserungen nehmen sonstige frische Erinnerungen abrufen (Abfahrtzeit am Morgen, mit wem und wie er z.B. zur Untersuchungsstelle gekommen sei, etc.). Er könne sich sprachlich ohne Mühe ausdrücken, sei nicht ablenkbar und sei zeitlich auch bei komplexen Aufgaben Themen nicht verlangsamt. Wären diese Resultate valide, dann könnte auch ein ungeschulter Laie schwerste Probleme einfach beobachten, z.B. praktisch aufgehobene Fähigkeiten, sich Neues zu merken, er könnte nicht auf die eben gemachten Aussagen Bezug nehmen, wüsste nicht wo er ist, wäre zeitlich sicher nicht orientiert, der Beschwerdeführer wäre dauerhaft sichtbar verlangsamt, hätte sicher Mühe sich mündlich auszudrücken, es würden ihm die richtigen Wörter fehlen. Weiter wäre der Beschwerdeführer, wenn die Resultate valide wären, unter keinen Umständen fahrgeeignet. Auch unter Anwendung des Entscheidungsalgorithmus nach Slick, Sherman und Iverson werde auf eine Aggravation geschlossen, was auch mit dem psychischen Befund vereinbar sei. Die Untersuchung sei unter Mithilfe eines Dolmetschers durchgeführt worden, es seien somit Einflüsse von Fremdsprachigkeit auszuschliessen. Weder Depression noch Schmerzen könnten in dieser Art kognitive Probleme begründen. Der Einfluss von Medikamenten sei angesichts auch der Laborbefunde nicht anzunehmen. Auch soziokulturelle Einflüsse seien bei den verwendeten, sehr einfach gestalteten Tests auszuschliessen, zumal der Beschwerdeführer über eine normale Schulbildung und berufliche Ausbildung verfüge (IV-Nr. 101.1 S. 34 f.).

 

In der Gesamtschau könne somit das auffällige Verhalten des Beschwerdeführers im Rahmen sowohl des psychiatrischen wie auch neuropsychologischen Gutachtens in keiner Weise authentisch, sondern in dieser vielfach widersprüchlichen Ausprägung und im zeitlichen Verlauf bemerkenswert augenfällig (z.B. binnen dreier Wochen massiver Wechsel der Symptomatik gegenüber dem Klinikbericht) weit überwiegend wahrscheinlich als selektiv präsentiertes, nichtauthentisches Verhalten im Kontext der Begutachtung bewertet werden, ähnlich wie sich dieses bereits im Gutachten F.___ dargestellt habe, aktuell sogar offensichtlich noch akzentuierter (IV-Nr. 101.1 S. 35). Die Bedeutung dieses selektiv präsentierten, teils nichtauthentischen Verhaltens sei für die Bewertung des medizinischen und versicherungsmedizinischen Sachverhaltes essenziell wichtig und für die Entwicklung der Störungssymptomatik bedeutsam. Deren Auswirkung, auch retrospektiv, müsse zwingend abgegrenzt werden von den medizinischen Faktoren, es müssten die diagnostische Klassifikation und versicherungsmedizinische Bewertung diesbezüglich überprüft werden. Es ergäben sich auch im Vergleich zur Aktenlage erhebliche, überwiegend wahrscheinlich bewusstseinsnahe, selektiv erheblich aggravatorische und negative Antwortverzerrungen. Es könne nicht plausibilisiert werden, warum das früher durchaus gute persönliche Ressourcenpotential nicht mehr hinreichend verfügbar sein sollte. Anderslautende Angaben des Beschwerdeführers zu seinem weitgehenden Unvermögen zur beruflichen Partizipation könnten nicht nachvollzogen werden. Die sozialen Kontakte seien mindestens in der Familie gegeben, er unternehme auch weitere Spaziergänge, sehe sich aber kaum in der Lage, im Haushalt mitzuhelfen. Die Angaben seien nicht plausibel. Auch die drei stationär-psychiatrischen Massnahmen seien im engen zeitlichen Zusammenhang und Kontext des laufenden Rentenverfahrens zu verstehen. Die Therapieaktivität sei selbst bei Annahme einer langdauernden mittelgradigen depressiven Störung nicht hinreichend gewesen. Es sei eher anzunehmen, dass die Indikation überhaupt bei aus Sicht der Gutachter anders zu bewertenden objektiven Diagnosen gar nicht bestanden habe und entsprechend vom Beschwerdeführer nicht hartnäckig eine Änderung gewünscht worden sei, allenfalls nur im Zusammenhang mit neuen Aspekten im Rentenverfahren (IV-Nr. 101.1 S. 48).

 

6.2.4  Angesichts der oben dargelegten umfassenden und detaillierten Angaben des psychiatrischen G.___-Gutachters und des neuropsychologischen Teilgutachters besteht vorliegend hinreichende Klarheit darüber, dass die Anhaltpunkte auf eine Aggravation eindeutig überwiegen und die Grenzen eines bloss verdeutlichenden Verhaltens des Beschwerdeführers klar überschritten sind. Mit Blick auf die in den medizinischen Akten einhellig berichteten Inkonsistenzen kann bei dieser Ausgangslage gesagt werden, die Leistungseinschränkung des Beschwerdeführers beruht im psychischen Bereich (ausschliesslich) auf einer Aggravation einer ähnlichen Konstellation, weshalb keine versicherte Gesundheitsschädigung vorliegt. Nach den überzeugenden Angaben des psychiatrischen G.___-Gutachters und des neuropsychologischen Teilgutachters ist mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nicht von einem versicherten psychischen Gesundheitsschaden des Beschwerdeführers auszugehen. Damit ist ein Ausschlussgrund im oben (unter E. II. 6.2.3.1 hiervor) dargelegten Sinn gegeben.

 

6.3     Die vom Beschwerdeführer gegen das Gutachten vorgebrachten Rügen vermögen daran nichts zu ändern, wie nachfolgend zu zeigen ist:

 

6.3.1  Zunächst ist der Beweisantrag des Beschwerdeführers zu prüfen. Anlässlich der öffentlichen Verhandlung vom 9. März 2021 macht er geltend, zum Zweck der Abklärung einer Abhängigkeit des Gutachters Dr. med. N.___ sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, dem Beschwerdeführer mitzuteilen, in wie vielen Fällen der Gutachter in den letzten fünf Jahren mit psychiatrischen Begutachtungen beauftragt worden sei, in wie vielen Fällen dabei eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 40 % attestiert und in wie vielen Fällen eine leistungsbegründende Invalidität abgeleitet worden sei. Zur Begründung beruft er sich auf den Entscheid des Bundesgerichts 1C_467/2017 vom 27. Juni 2018 (vgl. Protokoll der öffentlichen Verhandlung vom 9. März 2021; A.S. 106 ff.). Der Versuch, allein aus statistischen Daten die angebliche Befangenheit einer Gutachterperson abzuleiten, ist aber in der hier gegebenen Konstellation von vornherein beweisuntauglich, da diese Zahlen den jeweiligen Einzelfällen nicht Rechnung tragen. Auch beim Nachweis einer starken Abweichung bei der Auswertung der Häufigkeitsverteilung von attestierten Arbeitsunfähigkeitsgraden kann im Übrigen nicht direkt auf eine Befangenheit der an der Erstellung der Gutachten beteiligten Fachpersonen geschlossen werden. Es müsste vielmehr zunächst überprüft werden, ob die Abweichung nicht durch andere Faktoren besser erklärbar wäre. Die Aussagekraft einer allfälligen gutachterlichen Tendenz, Arbeitsunfähigkeit eher zurückhaltend grosszügig anzuerkennen, ist im Leistungsverfahren zu beurteilen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_25/2020 vom 22. April 2020 E. 5.1.2.2 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, inwiefern die Kenntnis der vom psychiatrischen Experten in anderen Fällen attestierten Arbeitsunfähigkeiten mangelnde Ergebnisoffenheit zu belegen und damit den Beweiswert seiner gutachterlichen Einschätzung in Frage zu stellen vermöchte. Konkrete Anhaltspunkte, die auf einen Befangenheitsanschein des psychiatrischen Gutachters Dr. med. N.___ im vorliegenden Fall hindeuten könnten, sind nicht ersichtlich. Folglich besteht für die beantragte Beweismassnahme kein Anlass, weshalb in antizipierter Beweiswürdigung darauf verzichtet werden kann.

 

6.3.2  Dass der behandelnde Psychiater Dr. med. H.___ wie auch die Fachärzte der J.___ zu einer wesentlich anderen Einschätzung des Gesundheitszustandes wie auch der Arbeits(un)fähigkeit des Beschwerdeführers gelangen als der psychiatrische G.___-Gutachter Dr. med. N.___, trifft zwar zu, ist indessen nicht entscheidend. Es ist nicht primäre Aufgabe der behandelnden Ärzte, in einem Streitfall zum Grad der Arbeitsunfähigkeit Stellung zu nehmen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_203/2015 vom 14. April 2015 E. 3.2 mit Hinweisen). Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Beurteilung der behandelnden Fachärzte sei als zuverlässiger zu erachten als die auf einer einmaligen Abklärung beruhende Beurteilung durch den G.___-Gutachter (vgl. Beschwerde S. 20; A.S. 39), kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Es gilt in diesem Zusammenhang auf die Erfahrungstatsache hinzuweisen, dass behandelnde Ärztinnen und Ärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung im Zweifelsfall eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125 V 351 E. 3a/cc S. 353 mit weiteren Hinweisen). Wohl kann die einen längeren Zeitraum abdeckende und umfassende Betreuung durch behandelnde Ärztinnen und Ärzte oft wertvolle Erkenntnisse hervorbringen, doch übersieht der Beschwerdeführer bei seiner Kritik, dass es die unterschiedliche Natur von Behandlungsauftrag des therapeutisch tätigen (Fach-)Arztes einerseits und Begutachtungsauftrag des amtlich bestellten fachmedizinischen Experten andererseits (BGE 124 I 170 E. 4 S. 175) nicht zulässt, ein Administrativ- Gerichtsgutachten stets in Frage zu stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn die behandelnden Ärzte zu anderslautenden Einschätzungen gelangen (vgl. statt vieler Urteil des Bundesgerichts 8C_733/2012 vom 28. Januar 2013 E. 3.2 mit Hinweise). Der psychiatrische Gutachter Dr. med. N.___ nahm am 9. April 2018 auf Ersuchen der IV-Stelle noch einmal Stellung (vgl. E. II. 5.12 hiervor) zu den Einwänden des Beschwerdeführers vom 23. Februar 2018 und des behandelnden Psychiaters Dr. med. H.___ vom 15. Februar 2018 (vgl. E. II. 5.11 hiervor) und legte dabei schlüssig dar, dass aus den zusätzlich vorgebrachten Argumenten von Dr. med. H.___ bei kritischer Würdigung keine Hinweise hervorgingen, welche eine Andersbewertung erforderten.

 

6.3.3  Was die Rüge des Beschwerdeführers anbelangt, der Gutachter gehe unzureichend auf die zu erhebenden Befunde für die diskutierten Diagnosen ein, so ist auch diese unbegründet. Der psychiatrische Gutachter hat sich bei der Diagnosestellung eingehend mit den vom Beschwerdeführer geschilderten Beschwerden auseinandergesetzt und dabei sowohl die aktuellen Schilderungen des Beschwerdeführers anlässlich der Untersuchung vom 25. Oktober 2017, als auch die Vorakten sehr ausführlich gewürdigt und schlüssig diskutiert (vgl. IV-Nr. 101.1 S. 21 ff.). Der Gutachter hat den psychischen Zustand des Beschwerdeführers sachlich und klar beschrieben.

 

6.3.4  Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, das von den Beurteilungen der behandelnden Fachärzte abweichende Ergebnis des psychiatrischen Teilgutachtens sei allenfalls auf ein nicht überwindbares Vorurteil des Gutachters zurückzuführen (vgl. Beschwerde S. 16; A.S. 35). So habe der Experte auch behauptet, dass es dem Beschwerdeführer nur um wirtschaftliche Vorteile gehe, was völlig daneben ziele (vgl. Beschwerde S. 20 f.; A.S. 39 f.). Auch nicht nachvollziehbar sei die Behauptung des Gutachters, zwischen den stationären Massnahmen und den IV-Abklärungen bestehe eine zeitliche Nähe, welche die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers in Zweifel ziehe (Beschwerde S. 21; A.S. 40). Nach der Rechtsprechung gelten für Sachverständige grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Danach ist Befangenheit anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit zu erwecken. Bei der Befangenheit handelt es sich allerdings um einen inneren Zustand, der nur schwer bewiesen werden kann. Es braucht daher für die Ablehnung nicht nachgewiesen zu werden, dass die sachverständige Person tatsächlich befangen ist, es genügt vielmehr, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Bei der Beurteilung des Anscheins der Befangenheit und der Gewichtung solcher Umstände kann jedoch nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abgestellt werden. Das Misstrauen muss vielmehr in objektiver Weise als begründet erscheinen. Im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung, welche den Arztgutachten im Sozialversicherungsrecht zukommt, ist an die Unparteilichkeit des Gutachters ein strenger Massstab anzusetzen (Urteil des Bundesgerichts 9C_469/2016 vom 22. Dezember 2016 E. 5.1 mit Hinweis auf BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109 f.). Im vorliegenden Fall sind keine Umstände ersichtlich, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit von Dr. med. N.___ zu erwecken. Dass der psychiatrische Gutachter sich zur Plausibilität der geklagten Beschwerden sowie zu allfälligen krankheitsfremden Gründen für diese geäussert hat, lässt keine solchen Schlüsse zu. Als medizinischer Experte war er nicht gehalten, die Angaben des Beschwerdeführers vorbehaltlos als richtig zu akzeptieren. Vielmehr war es seine gutachterliche Pflicht, im Rahmen seiner Fachkenntnisse Diskrepanzen zu den eigenen Wahrnehmungen darzulegen und zu würdigen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der psychiatrische Gutachter Anhaltspunkte für eine gewisse Antwortverzerrung und Rentenbegehrlichkeit seitens des Beschwerdeführers erkannte (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_699/2019 vom 17. Februar 2020 E. 3.2). Wie oben beschrieben, ist der Aspekt eines allfälligen sekundären Krankheitsgewinns relevant.

 

6.3.5  Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, mit einer einzigen Blutentnahme könne der Gutachter nicht eine jahrelange einwandfreie Medikamenten-Compliance in Zweifel ziehen und ihn diskreditieren (Beschwerde S. 21; A.S. 40), ist dem nicht zu folgen. Hierzu nahm der psychiatrische Gutachter in seiner Stellungnahme vom 9. April 2018 Stellung und führte aus, die Medikamenten-Compliance sei nur einer von vielen Teilaspekten, die hinsichtlich der Frage nach Inkonsistenzen im Gutachten erwogen worden seien (IV-Nr. 105 S. 7). Wie bereits dargelegt, war es seine gutachterliche Pflicht, im Rahmen seiner Fachkenntnisse Diskrepanzen zu den eigenen Wahrnehmungen darzulegen und zu würdigen (vgl. E. II. 6.3.4 hiervor). Im Übrigen wurde bereits im F.___-Gutachten vom 30. Dezember 2016 festgehalten, dass die Medikamentenspiegel nur im herabgesetzten Bereich nachweisbar gewesen seien, was auf eine unregelmässige Einnahme hinweise (vgl. IV-Nr. 75.3 S. 10). Dies wurde denn auch korrekterweise im psychiatrischen G.___-Gutachten berücksichtigt und gewürdigt (vgl. 101.1 S. 37).

 

6.3.6  Wenn der Beschwerdeführer ausführt, der psychiatrische Gutachter stütze sich auf ein neuropsychologisches Gutachten, dessen Ergebnis nicht schlüssig sei, ist dies nicht stichhaltig. Dr. med. N.___ hat sich entgegen der Darstellung in der Beschwerde nicht nur auf die Aussagen des neuropsychologischen Nebengutachters gestützt, sondern er hat darüber hinaus auf weitere Inkonsistenzen aufmerksam gemacht, die zu seiner Beurteilung führten. So kam er gestützt auf diese Inkonsistenzen und aufgrund der mangelnden Medikamenten-Compliance des Beschwerdeführers zur Erkenntnis, es liege eine Aggravation vor. Es ist sodann nicht rechtswidrig, wenn zur Beurteilung einer Aggravation auf neuropsychologische (Validierungs-) Tests, die die Kriterien nach Slick et al. (1999) erfüllen, abgestellt wird, soweit – wie vorliegend – ein psychiatrischer Facharzt die Testergebnisse würdigt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_605/2019 vom 12. November 2019 E. 3.2.2 mit Hinweisen).

 

6.3.7  Anlässlich der öffentlichen Verhandlung vom 9. März 2021 lässt der Beschwerdeführer sodann vorbringen, auf die in der Familie aufgetretenen Depressionserkrankungen, welche u.a. zum Selbstmord des Bruders des Beschwerdeführers geführt hätten, werde im G.___-Gutachten nicht eingegangen (vgl. Protokoll der öffentlichen Verhandlung vom 9. März 2021; A.S. 106 ff.). Daraus lässt sich für die Arbeitsfähigkeit im Verfügungszeitpunkt jedoch nichts ableiten. Der Bruder sei im Frühjahr 1990 verstorben. Der Beschwerdeführer war später rund 23 Jahre lang voll erwerbstätig (vgl. Urkunde-Nr. 4). Wenn damals bereits Beschwerden in psychischer Hinsicht vorlagen, wirkten sie sich in der Folge demnach nicht auf die Arbeitsfähigkeit aus. Dass der psychiatrische Gutachter diesbezüglich keine weiteren Abklärungen vorgenommen hat, vermag damit – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – keinen Mangel am Gutachten zu begründen.

 

6.4     Neben den Einwänden des Beschwerdeführers gilt es auch zu prüfen, ob der im Beschwerdeverfahren eingereichte medizinische Bericht von Dr. med. H.___ vom 13. März 2019 (BB 1; vgl. E. II. 5.15 hiervor) und die Berichte der J.___ vom 18. April 2019 und 14. August 2019 (BB 50 und 52; vgl. E. II. 5.16 hiervor), Zweifel an der Beweiskraft des psychiatrischen Teilgutachtens aufkommen lassen:

 

Wie bereits zuvor dargelegt, gilt es in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es die unterschiedliche Natur von Behandlungsauftrag des therapeutisch tätigen (Fach-)Arztes einerseits und Begutachtungsauftrag des amtlich bestellten fachmedizinischen Experten andererseits (BGE 124 I 170 E. 4 S. 175) nicht zulässt, ein Administrativ- Gerichtsgutachten stets in Frage zu stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn die behandelnden Ärzte zu anderslautenden Einschätzungen gelangen. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen sich eine abweichende Beurteilung aufdrängt, weil die behandelnden Ärzte wichtige – und nicht rein subjektiver ärztlicher Interpretation entspringende – Aspekte benennen, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt ungewürdigt geblieben sind (vgl. statt vieler Urteil des Bundesgerichts 8C_733/2012 vom 28. Januar 2013 E. 3.2 mit Hinweise). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Diese Berichte enthalten keine neuen Gesichtspunkte, die zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht schon vorgelegen wären. Den Berichten der J.___ vom 18. April 2019 und 14. August 2019 (BB 50 und 52) lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer von einer seit ca. zehn Tagen zunehmenden gedrückten depressiven Verstimmung berichte, über starke Rücken-, Kopf- und Schulterschmerzen klage, die seit Jahren bestünden und in letzter Zeit stark zugenommen hätten, vor allem im Bereich der linken Schulter. Er leide auch an starken Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Niedergestimmtheit, Lust- und Energielosigkeit, starkem Grübeln, ausgeprägter innerer Unruhe sowie Ein- und Durchschlafstörungen. Es bestehe auch ein deutlicher Leidensdruck. Das Ehepaar lebe von bescheidenen Einkünften der Frau. Diesbezüglich mache sich der Beschwerdeführer viele Vorwürfe, fühle sich wertlos, äussere Schuldgefühle. Im Verlauf der letzten Tage sei es zunehmend zu Interessensverlust, Freudlosigkeit, Antriebsmangel und schneller Ermüdbarkeit gekommen. Subjektiv bestünden Konzentrationsschwierigkeiten sowie eine negative Zukunftsperspektive. Ebenfalls seien Suizidgedanken aufgetreten, zum Teil auch mit konkreten Handlungsabsichten (sich im Wald erhängen), zuletzt am Tag vor Aufnahme. Im Aufnahmegespräch habe sich der Beschwerdeführer klar von suizidalen Handlungen distanzieren können. Diese vom Beschwerdeführer geäusserten Beschwerden entsprechen denjenigen zum Zeitpunkt des Austrittsberichts vom 5. Oktober 2017 (vgl. IV-Nr. 96 S. 3 ff.), welcher dem psychiatrischen G.___-Gutachter Dr. med. N.___ bereits vorlag (vgl. IV-Nr. 101.1 S. 12 f.). Darin wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer in letzter Zeit so sehr daran verzweifelt sei, dass er seit ca. zehn Tagen kaum noch etwas esse, morgens extrem betrübt sei und stark grübeln müsse sowie schlecht schlafe. Er gehe abends zu Bett, schlafe aber erst um 3 bis 4 Uhr morgens ein, weil er sich vorher rumwälze und sich die Gedanken im Kopf drehten. Am meisten belaste ihn die finanzielle Situation. Das Einkommen der Ehefrau reiche kaum, um die alltäglich anfallenden Kosten zu decken. Die Lebenssituation sei insgesamt sehr prekär, so dass er am liebsten manchmal nicht mehr leben würde. Der Beschwerdeführer bestätige Lebensüberdruss und passive Todeswünsche. Auch Dr. med. H.___ berichtet in seinem Bericht vom 13. März 2019 (BB 1) von ähnlichen Beschwerden des Beschwerdeführers. So habe er grosse Mühe, ein- und durchzuschlafen, beklage dabei Albträume. Auch habe er Probleme mit der Konzentration und sei vergesslich. Er sei ängstlich und verunsichert, innerlich sehr nervös und unruhig, könne kaum still sitzen, reagiere oft impulsiv und gereizt. Er sei stets müde, habe vergessen, was es bedeute, sich zu freuen. Die Beziehung zu seiner Ehefrau sei angespannt. Er helfe auch im Haushalt kaum mit. Er habe zudem den Eindruck, dass er für seine Familie eine Last geworden sei. Allgemein fühle er sich schuldig und leide unter Selbstwertproblemen, ziehe sich zurück und alles scheine ihm egal zu sein. Die Kopfschmerzen seien sein ständiger Begleiter. Die Schmerzen im Rücken, der Schulter und der Knie beklage er nach wie vor. Aus diesen Ausführungen lassen sich demnach keine Hinweise finden, welche eine Andersbewertung erfordern würden. Bereits oben wurde dargelegt, dass die der gutachterlichen Einschätzung entgegenstehende Ansicht der behandelnden Ärzte nicht geeignet ist, die Beweiskraft des Gutachtens umzustossen. Der Umstand allein, dass sich der Beschwerdeführer zuletzt vom 12. März bis 22. April 2019 bereits zum fünften Mal in der Klinik für Psychiatrie in stationärem Rahmen behandeln liess, vermag die Beurteilung des psychiatrischen G.___-Gutachters nicht in Frage zu stellen. Immerhin konnte der Beschwerdeführer seinen psychischen Gesundheitszustand nach erfolgter Behandlung jeweils rasch stabilisieren und nach Hause entlassen werden.

 

6.5     Was sodann die anlässlich der öffentlichen Verhandlung vom 9. März 2021 eingereichten medizinischen Berichte der behandelnden Ärzte Dr. med. H.___ vom 19. Februar 2021 (Urkunde-Nr. 2; vgl. auch E. II. 5.17.2 hiervor) und Dr. med. P.___ vom 2. März 2021 (Urkunde-Nr. 3; vgl. auch E. II. 5.17.3 hiervor) anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass rechtsprechungsgemäss der Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung – vorliegend 14. März 2019 – in tatbestandlicher Hinsicht grundsätzlich die Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 129 V 4 E. 1.2, 105 V 161 f. E. 2d). Die vorgenannten Berichte enthalten keine neuen objektiv feststellbaren Gesichtspunkte, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt ungewürdigt geblieben wären. Rückschlüsse auf eine vor Erlass der angefochtenen Verfügung eingetretene relevante Zustandsverschlechterung, die etwas an der gutachterlichen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit ändern würde, lassen sich daraus keine ziehen. Vielmehr nehmen sie eine abweichende Beurteilung der Fakten vor, welche bereits die Gutachterstelle G.___ gewürdigt hatte. Soweit der Beschwerdeführer unter Berufung auf die reine Aktenbeurteilung von Dr. med. O.___ vom 30. Januar 2021 (vgl. E. II. 5.17.1 hiervor) die Fehlerhaftigkeit des G.___-Gutachtens zu begründen versucht, vermag er daraus nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Der Bericht von Dr. med. O.___ besitzt als vom Beschwerdeführer eingereichtes Parteigutachten nicht den gleichen Rang wie die von der Beschwerdegegnerin nach dem vorgegebenen Verfahrensrecht eingeholte Expertise. Es verpflichtet indessen das Gericht zur Prüfung, ob es in rechtserheblichen Fragen die Auffassung und Schlussfolgerungen der von der Beschwerdegegnerin förmlich bestellten Gutachterin derart zu erschüttern vermag, dass davon abzuweichen ist (vgl. BGE 125 V 351; Urteil des Bundesgerichts 8C_848/2014 vom 19. Februar 2015 E. 2.2). Dies ist hier nicht der Fall. Der genannte Bericht bildet keine taugliche Grundlage, um den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers zu beurteilen; dieses wird denn auch den Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische Stellungnahme nicht gerecht. Sodann weist es eine Reihe von Punkten auf, die nicht nachvollziehbar sind zumindest Anlass zu erheblichen Zweifeln geben: Ein zentraler Punkt der Argumentation von Dr. med. O.___ besteht in der Annahme, der Gutachter habe sich mit der Frage zur Trauma-Anamnese nur rudimentär befasst. Aufgrund der Hinweise für eine Traumastörung und der Tatsache, dass eine anhaltend somatoforme Schmerzstörung häufig mit einer Traumastörung assoziert sei, hätte der Gutachter dies genauer untersuchen müssen (vgl. Urkunde-Nr. 1 S. 1 f.). Konkrete Traumatisierungen werden kaum beschrieben. Die Psychiaterin Dr. med. O.___, die diesem Umstand für ihre Beurteilung erhebliches Gewicht beimisst, hätte diesbezüglich genauere Nachfragen tätigen können. Im Übrigen übersieht Dr. med. O.___, dass sich die G.___-Gutachter eingehend mit der Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung und in diesem Zusammenhang auch mit einer allfälligen Traumastörung befasst und das Vorliegen einer solchen Störung schlüssig und nachvollziehbar verneint haben (vgl. IV-Nr. 101.1 S. 37 ff.). Schliesslich ist festzuhalten, dass es gerichtsnotorisch ist, dass es sich bei Dr. med. O.___ um die Partnerin des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers handelt, auch deshalb kommt ihren Bemerkungen geringer Beweiswert zu.

 

6.6     Zusammenfassend ist somit gestützt auf das beweiswertige G.___-Gutachten davon auszugehen, dass vorliegend kein versicherter psychischer Gesundheitsschaden vorliegt und der Beschwerdeführer aus psychiatrischer Sicht in der Lage ist, die angestammte Tätigkeit als Maschinenführer sowie jede andere Tätigkeit zeitlich und leistungsmässig uneingeschränkt durchzuführen. Für die Vornahme weiterer Abklärungen – wie durch den Beschwerdeführer beantragt (vgl. E. I. 4. hiervor; Protokoll der öffentlichen Verhandlung vom 9. März 2021 [A.S. 106 ff.]) – besteht kein Anlass, weshalb darauf in antizipierter Beweiswürdigung verzichtet werden kann.

 

7.       Die Beschwerdegegnerin hat mit den von ihr herangezogenen Zahlen einen Invaliditätsgrad von 31 % ermittelt. Der von der Beschwerdegegnerin vorgenommene Einkommensvergleich ist unbestritten geblieben und ist im Ergebnis auch nicht zu beanstanden. Die Beschwerdegegnerin hat folglich einen Rentenanspruch des Beschwerdeführers zu Recht verneint.

 

8.       Umstritten ist im Weiteren der Anspruch des Beschwerdeführers auf berufliche Massnahmen. Die Beschwerdegegnerin verneinte einen solchen im Wesentlichen wegen fehlenden Erfolgsaussichten aufgrund der subjektiven Krankheitsüberzeugung.

 

8.1     Berufliche Eingliederungsmassnahmen setzen die subjektive Eingliederungsfähigkeit voraus. Fehlt die Eingliederungsbereitschaft aus invaliditätsfremden Gründen, so entfällt ein Anspruch auf solche Massnahmen, ohne dass zuvor ein Mahn- und Bedenkzeitverfahren nach Art. 21 Abs. 4 ATSG durchgeführt werden muss (s. Urteile des Bundesgerichts 8C_682/2018 vom 7. Februar 2019 E. 7.1 und 9C_59/2017 vom 21. Juni 2017 E. 3.3). Ein fehlender Eingliederungswille muss mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststehen. Dabei sind insbesondere die gegenüber der Verwaltung und den medizinischen Experten gemachten Aussagen betreffend Krankheitsüberzeugung bzw. Arbeitsmotivation zu berücksichtigen. Ebenfalls von Belang sein können die im Vorbescheid- und Beschwerdeverfahren gemachten Ausführungen bzw. gestellten Anträge (Urteil des Bundesgerichts 8C_611/2018 vom 7. Januar 2019 E. 6.2).

 

8.2     Aus den vorliegenden Akten geht zur subjektiven Eingliederungsfähigkeit Folgendes hervor: Im Abschlussbericht der beruflichen Eingliederung vom 22. August 2013 (IV-Nr. 19) wurde festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer schwach fühle und in diesem Zustand nicht arbeiten könne. Wenn er gesund wäre, würde er wieder anfangen. Eingliederungsmassnahmen gingen somit auch nicht. Der Beschwerdeführer äusserte sodann gegenüber dem Psychiater der G.___-Gutachterstelle, er könne nicht mehr arbeiten, er wisse nicht warum. Er könne sich nicht konzentrieren (vgl. IV-Nr. 101.1 S. 19). Eine Motivation zur Aufnahme einer Arbeitstätigkeit sei nicht erkennbar (IV-Nr. 101.1 S. 20). Er gebe an, praktisch über kein Ressourcenpotenzial zu verfügen (IV-Nr. 101.1 S. 31). Auch bereits gegenüber den Gutachtern der Gutachterstellen D.___ und F.___ äusserte sich der Beschwerdeführer ähnlich. So lässt sich dem D.___-Gutachten entnehmen, der Beschwerdeführer selbst gehe pauschal von einer vollen Arbeitsunfähigkeit für jegliche Tätigkeiten aus, was er mit seinen gesamten seelischen und körperlichen Beschwerden begründe (IV-Nr. 36.1 S. 9 und 17). Demnach seien berufliche Massnahmen wegen der negativen Selbsteinschätzung des Beschwerdeführers wohl kaum umsetzbar (IV-Nr. 36.1 S. 19). Sodann wurde im F.___-Gutachten festgehalten, der Beschwerdeführer berichte, dass er wieder gesund werden müsste, um überhaupt einer Tätigkeit nachzugehen, dann würde er gerne im Baubereich arbeiten. Er denke, es müsse besser werden (IV-Nr. 75.3 S. 7).

 

8.3     Gestützt auf die Aktenlage ist von einer ausgeprägten subjektiven Krankheitsüberzeugung auszugehen. Der Beschwerdeführer hat wiederholt erklärt, dass er sich als nicht arbeitsfähig erachte. Ein Eingliederungswille eine Arbeitsmotivation waren nicht zu erkennen. Auch spricht die bei der psychiatrischen und neuropsychologischen Begutachtung festgestellte Darstellung des Leistungsvermögens des Beschwerdeführers stark gegen die subjektive Eingliederungsfähigkeit. Jedenfalls ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer bis zum Erlass der Verfügung vom 14. März 2019 an der Motivation fehlte, sich wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Es ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin einen Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen wegen fehlender subjektiver Eingliederungsfähigkeit verneint hat.

 

9.       Nach dem Gesagten ist die vorliegend angefochtene Verfügung vom 14. März 2019, worin der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente sowie weitere berufliche Massnahmen abgewiesen wurde, nicht zu beanstanden. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.

 

10.

10.1   Bei diesem Verfahrensausgang besteht grundsätzlich kein Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Parteientschädigung zu Lasten der Beschwerdegegnerin (Art. 61 lit. g ATSG). Die festgestellte Gehörsverletzung (vgl. E. II. 2. hiervor) rechtfertigt es allerdings, dem Beschwerdeführer zu Lasten der Beschwerdegegnerin jenen Aufwand zu entschädigen, der für die Eingabe vom 18. März 2019 und das Erheben der entsprechenden Rüge angefallen ist. Der durch die Gehörsverletzung für das Beschwerdeverfahren zusätzlich entstandene Aufwand ist ermessensweise auf knapp vier Stunden anzusetzen. Damit ergibt sich unter diesem Aspekt eine Parteientschädigung von pauschal CHF 1’000.00 (inkl. Mehrwertsteuer).

 

10.2   Soweit der Beschwerdeführer beantragen lässt, es seien ihm die im Zusammenhang mit der Privatexpertise von Dr. med. O.___ entstandenen Kosten im Betrag von CHF 500.00 zu ersetzen, ist er darauf hinzuweisen, dass gestützt auf die vorstehenden Erwägungen das von der Beschwerdegegnerin eingeholte Gutachten voll beweiswertig ist. Auch durch das Privatgutachten wurden keine relevanten Zweifel daran hervorgerufen. Unter diesen Umständen gehen die Kosten des Privatgutachtens zu Lasten des Beschwerdeführers. Der entsprechende Antrag ist abzuweisen.

 

10.2   Aufgrund von Art. 69 Abs. 1bis IVG ist das Beschwerdeverfahren bei Streitigkeiten um die Bewilligung die Verweigerung von IV-Leistungen vor dem kantonalen Versicherungsgericht kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von CHF 200.00 – 1‘000.00 festgelegt. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten von CHF 1'000.00 zu bezahlen.

 

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von pauschal CHF 1’000.00 (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

3.    Der Antrag des Beschwerdeführers, es seien ihm die im Zusammenhang mit der Privatexpertise von Dr. med. O.___ entstandenen Kosten im Betrag von CHF 500.00 zu ersetzen, wird abgewiesen.

4.    Die Verfahrenskosten von CHF 1’000.00 werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss von CHF 600.00 verrechnet. Der Beschwerdeführer wird verpflichtet, den Differenzbetrag von CHF 400.00 zu bezahlen.

5.    Je eine Kopie des Protokolls der Verhandlung vom 9. März 2021 geht zur Kenntnisnahme an die Parteien.

6.    Je ein Doppel der an der öffentlichen Verhandlung eingereichten Urkunden 1 – 5 sowie eine Kopie der Kostennote vom 15. März 2021 und der Rechnung von Dr. med. O.___ vom 31. Januar 2021 geht zur Kenntnisnahme an die Beschwerdegegnerin.

 

 

Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar (vgl. Art. 39 ff., 82 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Bei Vor- und Zwischenentscheiden (dazu gehört auch die Rückweisung zu weiteren Abklärungen) sind die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 92 93 BGG zu beachten.

 

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn

Der Präsident                           Die Gerichtsschreiberin

Flückiger                                   Yalcin



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.