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Urteil Verwaltungsgericht (SO - STREV.2023.10)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:STREV.2023.10
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Strafkammer
Verwaltungsgericht Entscheid STREV.2023.10 vom 18.08.2023 (SO)
Datum:18.08.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Der Gesuchsteller A.___ wurde mit einem Strafbefehl wegen Urkundenfälschung und Erschleichens einer falschen Beurkundung verurteilt. Nachdem sein Revisionsgesuch zunächst abgelehnt wurde, reichte er erneut ein Gesuch ein, das von der Staatsanwaltschaft abgelehnt wurde. A.___ behauptet, grobe Verfahrensfehler seien begangen worden und sein Recht auf ein faires Verfahren sei verletzt worden. Die Staatsanwaltschaft hält dagegen, dass die Sachlage ausreichend geklärt sei und der Strafbefehl korrekt zugestellt wurde. Das Obergericht entschied letztendlich, nicht auf das Revisionsgesuch einzutreten, weshalb A.___ die Gerichtskosten zu tragen hat.
Schlagwörter: Gesuch; Gesuchsteller; Revision; Staatsanwalt; Recht; Staatsanwaltschaft; Revisionsgesuch; Verfahren; Entscheid; Rechtsbeistand; Verteidigung; Verfahren; Befehl; Rechtsmittel; Gericht; Sache; Obergericht; Sachen; Kammer; Gesuchstellers; Eingabe; Einsprache; Person; Tatsachen; Revisionsverfahren; Geldstrafe
Rechtsnorm: Art. 132 StPO ; Art. 29 BV ; Art. 410 StPO ; Art. 412 StPO ;
Referenz BGE:129 I 129;
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: STREV.2023.10
Instanz: Strafkammer
Entscheiddatum: 18.08.2023 
FindInfo-Nummer: O_ST.2023.67
Titel: Revisionsgesuch gegen den Strafbefehl vom 4. November 2021 (STA.2018.4854)

Resümee:

 

Obergericht

Strafkammer

 

 

 

 

 

Beschluss vom 18. August 2023     

Es wirken mit:

Präsident Werner

Oberrichter Marti

Oberrichter von Felten

Gerichtsschreiberin Schmid

In Sachen

A.___, 

Gesuchsteller

 

gegen

 

Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn,

Gesuchsgegnerin

 

betreffend     Revisionsgesuch gegen den Strafbefehl vom 4. November 2021 (STA.2018.4854)


Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:

I.

 

1.   A.___ (nachfolgend Gesuchsteller) wurde mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 4. November 2021 wegen mehrfacher Urkundenfälschung und mehrfachen Erschleichens einer falschen Beurkundung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je CHF 30.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 2 Jahren, verurteilt.

 

2.   Am 10. Juni 2022 ging beim Obergericht ein undatiertes Schreiben des Gesuchstellers ein. Mit Verfügung vom 22. Juni 2022 wurde festgestellt, dass der Gesuchsteller ein sinngemässes Revisionsgesuch betreffend den Strafbefehl vom 4. November 2021 stelle, und es wurde ihm Frist gesetzt, das Gesuch zu überarbeiten. Es ging in der Folge kein überarbeitetes Gesuch ein und mit Beschluss vom 20. September 2022 wurde darauf nicht eingetreten (STREV.2022.4).

 

3.   Mit Eingabe vom 17. Juni 2023 an die Staatsanwaltschaft ersucht der Gesuchsteller erneut um Revision des Strafbefehls vom 4. November 2021. Der Gesuchsteller beantragt zudem einen Rechtsbeistand. Die Staatsanwaltschaft leitete das Gesuch am 20. Juni 2023 dem Obergericht weiter.

 

4.   Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Eingabe vom 18. Juli 2023, nicht auf das Revisionsgesuch einzutreten, evt. sei es abzuweisen; das Gesuch um Beiordnung eines Rechtsbeistandes sei abzuweisen und die Verfahrenskosten seien dem Gesuchsteller aufzuerlegen.

 

5.   Der Gesuchsteller replizierte mit Eingabe vom 31. Juli 2023.

 

 

II.

 

1.1   Der Gesuchsteller führte in seinem Revisionsgesuch im Wesentlichen aus, er sei zu Unrecht für schuldig befunden worden, der Vorhalt sei unrichtig und komplett falsch. Er begründe sein Revisionsgesuch damit, dass grobe Verfahrensfehler begangen worden seien und die EMRK verletzt sei. Er habe erst durch das gleichzeitig laufende Zivilverfahren drei Monate nach Eröffnung der Strafuntersuchung von dieser erfahren. Er sei bewusst nicht informiert worden. Er habe weder Zeit noch Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Verteidigung gehabt. Nach dem Austausch mit einem Polizisten habe er sich auf eine Einstellung des Verfahrens verlassen. Erst im Jahr 2021 sei er in Barcelona befragt worden. Das Strafverfahren sei ohne ihn geführt worden, er habe zu keinem Zeitpunkt die Gelegenheit erhalten, sich zu den Vorwürfen zu äussern. Er habe dies dann in einem Brief an den Staatsanwalt getan, der ignoriert worden sei. Genauso wenig habe er den Belastungszeugen Fragen stellen Entlastungszeugen vorbringen können. Sein Recht auf ein faires Verfahren sei verletzt worden. Er habe die Straftaten nicht begangen. Den Antragstellern sei es nicht um seine Bestrafung in der Schweiz gegangen, sondern darum, das Urteil in den Spanischen Gerichten zirkulieren zu lassen, wodurch ihm auch in Bezug auf die Reapart in Spanien ein faires Verfahren genommen worden sei. Er sei von der Reapart sodann auf die Strasse gesetzt worden.

 

1.2   Die Staatsanwaltschaft führte in ihrer Stellungnahme aus, gestützt auf eine Strafanzeige des Bruders des Gesuchstellers, B.___, und durch diverse Beweismittel und Indizien habe eine ausreichend geklärte Sachlage zur Verurteilung des Gesuchstellers vom 4. November 2021 bestanden. Das rechtliche Gehör sei ihm gewährt worden, namentlich im Rahmen einer rechtshilfeweise in Spanien durchgeführten Einvernahme. Der Strafbefehl sei dem Gesuchsteller am 17. Januar 2022 an seinem Domizil in Spanien ausgehändigt worden und er habe den Empfang unterschriftlich bestätigt. Einsprache sei nicht erhoben worden. Das Revisionsgesuch entspreche den Anforderungen von Art. 410 StPO bei weitem nicht. Der Gesuchsteller setze sich nicht mit der Gesetzesbestimmung auseinander und sein Gesuch erschöpfe sich in appellatorischer Kritik, wonach er unschuldig und das Verfahren unfair gewesen sei. Das Gesuch sei offensichtlich unbegründet. Auch die Strafanzeigen des Gesuchstellers gegen seinen Bruder und eine weitere Person stellten keinen Revisionsgrund dar.

 

1.3   In seiner Replik führt der Gesuchsteller zahlreiche Gesetzesbestimmungen auf, die seiner Meinung nach verletzt worden seien. Sodann nimmt er detailliert zu den einzelnen Vorbringen der Staatsanwaltschaft Stellung und bestreitet diese. Er habe in einem mehrseitigen E-Mail an die Staatsanwaltschaft Einsprache erhoben, dies sei als «zu weitschweifig» zurückgesendet worden. Es lägen etliche neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen vor, die der Staatsanwaltschaft nicht bekannt gewesen seien.

 

2.   Die Revision ist ein ausserordentliches Rechtsmittel, welches es erlaubt, rechtskräftig erledigte Strafverfahren wieder aufzunehmen und den Fall neu zu beurteilen. Sie ist deshalb nur in engem Rahmen zulässig. Entsprechend streng sind die Voraussetzungen einer Revision. Wer durch ein rechtskräftiges Urteil beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn u.a. neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen (Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO).

 

Das Berufungsgericht nimmt eine vorläufige Prüfung des Revisionsgesuches vor. Ist dieses offensichtlich unzulässig unbegründet, so tritt das Gericht nicht darauf ein (Art. 412 StPO).

 

3.   Vorliegend ist der Gesuchsteller durch die Verurteilung vom 4. November 2021 durch ein rechtskräftiges Urteil beschwert und damit sind die Voraussetzungen von Art. 410 StPO insofern erfüllt, als dass ein rechtskräftiger Entscheid vorliegt.

 

Im Übrigen begründet der Gesuchsteller nicht ansatzweise, inwiefern ein Revisionsgrund vorliegen sollte. Er beschränkt sich – wie die Staatsanwaltschaft zutreffend feststellte – auf appellatorische Kritik am Verfahren und dessen Ausgang. Soweit er ausführt, es lägen neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen vor, sind diese nicht ersichtlich. Der Gesuchsteller begnügt sich damit, seine Version der Geschehnisse zu schildern und die Sachverhaltsfeststellung der Staatsanwaltschaft als falsch zu bezichtigen. Seine sämtlichen diesbezüglichen Ausführungen stellen jedoch entgegen seiner eigenen Auffassung keine neuen Tatsachen dar. Der Gesuchsteller ist offenkundig mit der Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft und der daraus folgenden rechtlichen Würdigung nicht einverstanden. Er hätte seine Kritik jedoch im ordentlichen Einspracheverfahren vorbringen müssen. Das hat er aber versäumt, da er eine weitschweifige Eingabe an die Staatsanwaltschaft sandte, die zurückgewiesen wurde und es in der Folge jedoch unterliess – er behauptet denn auch nichts anderes – eine korrekte Einsprache zu erheben. Nun versucht er über eineinhalb Jahre später mittels eines Revisionsgesuches den ordentlichen Rechtsmittelweg zu umgehen. Das Gesuch ist offensichtlich unbegründet, weshalb darauf nicht einzutreten ist.

 

 

III.

 

1.   Der Gesuchsteller beantragt in seinem Gesuch, dass ihm ein Rechtsbeistand zur Verfügung gestellt werde, der sowohl im Strafrecht als auch im Spanischen Zivil- und Merkantil Recht versiert sei. Nur so könne sichergestellt werden, dass Aufklärung über die Straftat Betrug erfolge, d.h. dass sie nicht von ihm, sondern gegen ihn begangen worden seien, womit einerseits seine Unschuld bewiesen werde und andererseits die wahren Straftäter identifiziert und bestraft würden. In seiner Replik verlangte er sodann die Kostenauferlegung an die Staatsanwälte sowie an die Person, die ihn bewusst falsch angezeigt habe. Durch den Wegfall seiner Einnahmen und das Aufbrauchen seiner Ressourcen sei es ihm unmöglich, einen Rechtsbeistand zu finanzieren und die Prozesskosten zu tragen.

 

2.   Der Gesuchsteller formulierte in seinem Schreiben, das er auch an die Staatsanwaltschaft richtete, auch diverse Anzeigen. Zwar geht aus seiner Formulierung betreffend das Ersuchen um einen Rechtsbeistand nicht eindeutig hervor, ob er einen solchen für das Revisionsverfahren bezüglich seiner Strafanzeigen beantragt. Es ist aber auch aufgrund der Replik davon auszugehen, dass er im Revisionsverfahren um eine amtliche Verteidigung ersucht.

 

3.   Im Revisionsverfahren, somit in einem nach rechtskräftiger Erledigung der Strafsache (Art. 410 StPO) angehobenen ausserordentlichen Rechtsmittelverfahren, besteht nach konstanter Praxis gestützt auf Art. 29 Abs. 3 BV nur dann ein Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand bzw. amtliche Verteidigung, wenn einigermassen begründete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Revisionsgrundes gegeben sind (BGE 129 I 129, W. 2.3; ZR 96 [1997] Nr. 118 m. H.; BGer vom 9.4.2013, 1B_74/2013, E. 2.2.).

 

Das Wiederaufnahmegesuch darf nicht völlig aussichtslos erscheinen. Eine amtliche Verteidigung ist angezeigt, wenn es sich nicht um einen Bagatellfall handelt und der Fall in tatsächlicher rechtlicher Hinsicht schwierig ist, namentlich wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als vier Monaten eine Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu erwarten sind (Art. 132 Abs. 2 und 3 StPO). Eine Wiederaufnahme bedingt oft komplizierte Abklärungen (BSK StPO-Heer, Art. 412 StPO N 11).

 

4.   Das Revisionsgesuch war von Beginn an unbegründet und aussichtslos. Die ausgefällte Geldstrafe betrug 80 Tagessätze, bedingt aufgeschoben für zwei Jahre. Das Gesuch um amtliche Verteidigung ist daher abzuweisen.

 

5.   Gemäss Art. 428 StPO tragen die Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Revisionsverfahrens mit einer Gerichtsgebühr von CHF 300.00 dem unterliegenden Gesuchsteller aufzuerlegen.

 

Demnach wird in Anwendung von Art. 412 Abs. 2 StPO beschlossen:

1.    Auf das Revisionsgesuch von A.___ wird nicht eingetreten.

2.    Das Gesuch um amtliche Verteidigung wird abgewiesen.

3.    Die Prozesskosten mit einer Gerichtsgebühr von CHF 300.00, total CHF 330.00, hat A.___ zu bezahlen.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Entscheids zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Entscheids beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona).

Im Namen der Strafkammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Werner                                                                              Schmid



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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