Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2024.28 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 26.08.2024 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Zusammenfassung: A.___ wurde der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen schuldig gesprochen. Er wurde zu einer Busse von CHF 60.00 verurteilt, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 1 Tag. A.___ hat die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens zu tragen und keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. Der Antrag auf Zusprechung einer Parteientschädigung wurde abgewiesen. Die Entscheidung kann beim Bundesgericht innerhalb von 30 Tagen angefochten werden. |
Schlagwörter: | Beschuldigte; Verkehr; Verkehrs; Recht; Verfahren; Verfahren; Berufung; Geschwindigkeit; Autobahn; Urteil; Radarkontrolle; Verfahrens; Beschuldigten; Busse; Verhältnis; Massnahme; Tempo; Rechtsmittel; Polizei; Urteils; Tempo-; Autobahnen; Höchstgeschwindigkeit; Entschädigung; Vorinstanz |
Rechtsnorm: | Art. 1 OBG ; Art. 14 OBG ; Art. 27 SVG ; Art. 408 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 448 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 5 BV ; Art. 90 SVG ; |
Referenz BGE: | 137 IV 352; 142 IV 207; 145 IV 252; |
Kommentar: | -, Kommentar StPO, 2020 |
Geschäftsnummer: | STBER.2024.28 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 26.08.2024 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2024.51 |
Titel: | Verletzung der Verkehrsregeln |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Es wirken mit: Oberrichter Rauber Oberrichterin Marti Gerichtsschreiberin Wächter In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Anklägerin
Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend Verletzung der Verkehrsregeln Die Berufung wird in Anwendung von Art. 406 Abs. 1 lit. c StPO im schriftlichen Verfahren behandelt. Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte
1. Am 15. Februar 2023 um 23:48 Uhr wurde A.___ (nachfolgend Beschuldigter) in Härkingen auf der A2 Verzweigungsrampe BE-BS-Fb. in Fahrtrichtung Basel mit seinem Personenwagen (Kontrollschild [...]) mit einer Geschwindigkeit von 92 km/h geblitzt. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt an dieser Stelle 80 km/h. Nach Abzug der Sicherheitsmarge von 5 km/h ergab dies demnach eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 7 km/h (Aktenseiten Vorakten [nachfolgend AS] 00007).
2. Mit Schreiben vom 21. April 2023 erstattete die Polizei Kanton Solothurn bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (nachfolgend Staatsanwaltschaft) Anzeige gegen den Beschuldigten wegen «Überschreiten allgemeiner, fahrzeugbedingter signalisierter Höchstgeschwindigkeit nach Abzug der vom ASTRA festgelegten Geräte- und Messunsicherheit auf Autobahnen um 6 – 10 km/h». Es wurde vermerkt, dass der Lenker ausdrücklich das ordentliche Verfahren wünsche (AS 00003, 00005).
3. Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft vom 3. August 2023 wurde der Beschuldigte wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen (nach Abzug der Sicherheitsmarge) um 6 – 10 km/h zu einer Busse von CHF 60.00, bei Nichtbezahlung ersatzweise zu 1 Tag Freiheitsstrafe, verurteilt. Ausserdem wurden dem Beschuldigten die Verfahrenskosten von CHF 100.00 auferlegt (AS 00008). Gegen diesen Strafbefehl erhob der Beschuldigte fristgerecht Einsprache (AS 00010 f.).
4. Mit Verfügung vom 30. August 2023 überwies die Staatsanwaltschaft, unter Festhaltung am angefochtenen Strafbefehl und zur Beurteilung des gegen den Beschuldigten erhobenen Vorhalts, die Akten an das Gerichtspräsidium von Thal-Gäu (AS 00013).
5. Am 24. Januar 2024 fällte die Amtsgerichtsstatthalterin von Thal-Gäu nach durchgeführter Hauptverhandlung folgendes Urteil (AS 00039 ff.):
1. A.___ hat sich der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen, begangen am 15. Februar 2023, schuldig gemacht. 2. A.___ wird verurteilt zu einer Busse von CHF 60.00, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 1 Tag. 3. A.___ hat die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 400.00, total CHF 600.00, zu bezahlen. Wird kein Rechtsmittel ergriffen und verlangt keine Partei ausdrücklich eine schriftliche Begründung des Urteils, so reduziert sich die Urteilsgebühr um CHF 100.00, womit die gesamten Kosten CHF 500.00 betragen.
6. Der Beschuldigte meldete gegen dieses Urteil mit Schreiben vom 3. Februar 2024 fristgerecht die Berufung an (AS 00045). Am 27. März 2024 wurde ihm das begründete Urteil zugestellt (AS 00056). Die Berufungserklärung folgte mit Eingabe vom 12. April 2024. Der Beschuldigte macht darin geltend, das vorinstanzliche Urteil vollumfänglich anzufechten. Er beantragt nebst einem Freispruch und der Verfahrenskostenübernahme durch den Staat eine Entschädigung der Aufwendungen für die angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte (Aktenseiten Berufungsverfahren STBER.2024.28 [nachfolgend ASB] 001 ff.).
7. Mit Stellungnahme vom 22. April 2024 teilte die Staatsanwaltschaft mit, sie stelle keinen Antrag auf Nichteintreten und verzichte auf eine Anschlussberufung. Sie beantrage aber die kostenfällige Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils. Darüber hinaus verzichte sie auf eine weitere Teilnahme am Berufungsverfahren (ASB 012).
8. Mit Verfügung vom 7. Mai 2024 wurde die Durchführung des schriftlichen Verfahrens angeordnet. Gleichzeitig wurde dem Beschuldigten Gelegenheit gegeben, bis am 21. Mai 2024 eine allfällige Ergänzung der Berufungsbegründung und ein Entschädigungsbegehren einzureichen (ASB 015).
9. Mit Eingabe vom 21. Mai 2024 reichte der Beschuldigte eine Ergänzung der Berufungsbegründung ein (ASB 016 ff.).
II. Anwendbares Recht
1. Per 1. Januar 2024 trat die Revision der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO, SR 312.0) in Kraft. Die Änderungen enthalten keine Regelung betreffend Übergangsrecht. Es stellt sich somit die Frage, welches Recht vorliegend anwendbar ist, da erstinstanzlich vor Inkrafttreten der Revision geurteilt wurde, das Berufungsurteil nun aber nach diesem ergeht.
Art. 448 StPO sieht vor, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, nach neuem Recht fortgeführt werden, soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen (Abs. 1). Unter dem Abschnitt der Rechtsmittelverfahren hält Art. 453 Abs. 1 StPO fest, dass, sofern ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden ist, Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt werden.
2. Die Thematik des Übergangsrechts wurde in den parlamentarischen Beratungen nie diskutiert, daraus lassen sich damit keine Erkenntnisse ableiten. Der Basler Kommentar zur StPO hält zu Art. 448 folgendes fest: «Hinzuweisen ist darauf, dass in der vom Parlament am 17. Juni 2022 verabschiedeten Teilrevision der Strafprozessordnung keine von Art. 448 StPO abweichenden Bestimmungen vorgesehen sind und die revidierten Bestimmungen der StPO demnach sofort in Kraft treten.» (Moritz Oehen, Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Auflage 2023, Art. 448 StPO N 2). Diese Formulierung ist aber insofern unklar, als daraus nicht genau hervorgeht, ob das neue Recht generell zur Anwendung gelangt eben Art. 453 StPO als Ausnahme für Rechtsmittelverfahren Anwendung findet. Im Grundsatz richtig ist, dass Art. 448 StPO für alle hängigen Verfahren gilt und damit die Revision sofort in Kraft tritt. Anderes sieht aber Art. 453 StPO für die Rechtsmittelverfahren vor, nämlich, dass die Rechtsmittel gegen einen Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt werden. Es würde zu eng greifen, die Formulierung «bei Inkrafttreten dieses Gesetzes» so auszulegen, dass nur das damalige Inkrafttreten der neuen StPO im Jahr 2011 gemeint ist. Vielmehr kommen die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung beschlossen und nichts anderes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich neues Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtsmittelverfahren sieht aber Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung gefällt wurde. Diese Auslegung verhindert unbefriedigende Ergebnisse in der Praxis: Um nur zwei Beispiele zu nennen, müsste in allen hängigen Berufungsverfahren die Privatklägerschaft mit URP nach Art. 136 Abs. 3 nStPO noch einen Antrag für URP stellen (soweit noch nicht geschehen), um die URP im Berufungsverfahren überhaupt zu erhalten. Oder der Beschuldigte würde benachteiligt, wenn ihm erstinstanzlich eine Entschädigung direkt zugesprochen wird und auf seine Berufung hin die Entschädigung dann nach Art. 429 Abs. 3 StPO im Berufungsverfahren dem Verteidiger direkt zugesprochen werden müsste. Fänden die neuen Bestimmungen auch für Rechtsmittelverfahren gegen erstinstanzliche Urteile vor dem Jahr 2024 Anwendung, würde dies bedeuten, dass bei teilweiser Anfechtung der rechtskräftige Teil des Urteils nach altem Recht ergeht, und der angefochtene nach neuem Recht. Es kann aber nicht sein, dass für ein Urteil (Art. 408 StPO) ein Teil nach altem und ein Teil nach neuem Prozessrecht gefällt wird. Diese Rechtsauffassung wird auch von früheren StPO-Revisionen gestützt: Mit der Änderung vom 28. September 2012 wurde mit Art. 456a StPO eine von den allgemeinen Regeln von Art. 448 und der Ausnahme von Art. 453 StPO abweichende Regelung geschaffen, wonach das neue Recht in allen Verfahren gelte, somit auch für Rechtsmittelverfahren. Im Weiteren kann auch Art. 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0) herangezogen werden, dessen Formulierung in Abs. 1 «nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen Vergehen begeht» jeweils die entsprechende Änderung des Gesetzes meint.
3. Es hat demnach Folgendes zu gelten: Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO kommen als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung der StPO beschlossen und nichts Anderslautendes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich das neue Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtmittelverfahren sieht Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (der neuen Bestimmung) gefällt worden ist.
4. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies folglich, dass das neue Recht (nach dem 1. Januar 2024) zur Anwendung gelangt.
III. Vorhalt, Sachverhalt und Verwertbarkeit des Beweises
1. Vorhalt und Sachverhalt
1.1 Der im Berufungsverfahren zu beurteilende Vorhalt gemäss Strafbefehl vom 3. August 2023 lautet wie folgt:
Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen (nach Abzug der Sicherheitsmarge) um 6 – 10 km/h (Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 22 Abs. 1 SSV) Dem Beschuldigten wird vorgehalten, am 15. Februar 2023 um 23:48 Uhr als Lenker eines Personenwagens (Kontrollschild [...]) in Härkingen auf der A2 Verzweigungsrampe BE-BS-Fb., Fahrtrichtung Basel, die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h
1.2 Der Beschuldigte bestreitet diesen Vorhalt nicht. So sagte er anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 24. Januar 2024 auf entsprechende Frage aus, er bestreite nicht, dass er zum Tatzeitpunkt der Lenker des entsprechenden Personenwagens gewesen und zu schnell gefahren sei, als es geblitzt habe (AS 00036 f.). Der Vorhalt kann überdies auch aufgrund der Akten als erstellt gelten. Aus dem Radarmessergebnis geht klar hervor, dass der Personenwagen mit dem Kontrollschild [...] am 15. Februar 2023 um 23:48 Uhr auf der A2 Verzweigungsrampe BE-BS-Fb., Fahrtrichtung Basel, mit einer Geschwindigkeit von 92 km/h gemessen und geblitzt wurde. Nach Abzug der Sicherheitsmarge von 5 km/h ergibt sich – bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h – eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 7 km/h. Die Vorinstanz, welche den Beschuldigten anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zu Gesicht bekam, kam in ihrem Urteil denn auch zum Schluss, dass der Beschuldigte auf dem Radarbild klar zu erkennen sei (AS 00007; Urteilsseite [US] 3). Der im Strafbefehl vom 3. August 2023 dargelegte Sachverhalt ist damit erstellt.
2. Verwertbarkeit des Beweises
2.1 Vorbringen des Beschuldigten
2.1.1 Berufungserklärung vom 12. April 2024 (ASB 001 ff.)
Der Beschuldigte macht in seiner Berufungserklärung vom 12. April 2024 geltend, jedes staatliche Handeln – und damit auch Beweiserhebungen und -verwertungen – müsse auf eine gesetzliche Grundlage gestützt sein, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (Art. 5 Abs. 1 und 2 BV). Die Polizei habe mit der fraglichen Radarkontrolle zwar den Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung erbracht und gegen keines der in Art. 140 StPO aufgezählten Beweiserhebungsverbote verstossen. Beweiserhebungen und -verwertungen seien aber eben nur dann rechtmässig, wenn die Verhältnismässigkeit gewahrt werde. Dass die Kantonspolizei Solothurn die Radarkontrolle gestützt auf eine gesetzliche Grundlage durchgeführt habe, werde nicht bestritten. Bestritten werde aber, dass die Polizei mit der fraglichen Radarkontrolle alle Grundsätze rechtstaatlichen Handelns nach Art. 5 BV – insbesondere den Grundsatz der Verhältnismässigkeit – gewahrt habe. Die Begründungen hierfür seien sowohl in der schriftlichen Urteilsbegründung der Vorinstanz als auch im Schreiben der Polizei vom 12. April 2023 zu wenig differenziert und würden wichtige, für die Beurteilung der Verhältnismässigkeit einer Massnahme bzw. der fraglichen Radarkontrolle relevante Faktoren nicht berücksichtigen.
So verlange der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, dass Massnahmen zur Verwirklichung eines im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet, erforderlich sowie zumutbar seien, d.h. in einem vernünftigen Verhältnis zu den Einschränkungen, die dem Bürger auferlegt würden, stünden. Eine staatliche Massnahme sei erst dann verhältnismässig, wenn die drei Teilerfordernisse kumulativ erfüllt seien.
Die sachliche Erforderlichkeit (gemeint wohl Eignung) werde vorliegend nicht bestritten, da eine Geschwindigkeitskontrolle erwiesenermassen ein geeignetes Mittel sei, um das Verhalten der Autofahrer zu steuern und damit Geschwindigkeitsüberschreitungen vorzubeugen. Die Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der fraglichen Radarkontrolle würden jedoch stark bezweifelt. Unter dem Aspekt der Erforderlichkeit dürfe eine Massnahme den Bürger in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und persönlicher Hinsicht nicht über das Notwendige hinaus belasten.
In räumlicher Hinsicht sei das mobile Radargerät genau an der Stelle aufgestellt worden, an der die Verzweigungsrampe bergab gehe, die Tempo-80-Zone gleich ende und bereits das Tempo-100-Schild gut sichtbar sei. Durch das Gefälle komme es bei den herabfahrenden Fahrzeugen auch ohne jegliche Absicht zu beschleunigen zu einer leichten Erhöhung der Geschwindigkeit. Um beim Herabfahren der Rampe eine leichte Geschwindigkeitserhöhung zu vermeiden und deshalb nicht gleich geblitzt zu werden, müssten die Autofahrer die Fahrgeschwindigkeit beim Herabfahren sehr genau kontrollieren und bei einer geringfügigen Erhöhung der Geschwindigkeit sofort abbremsen, um nur kurz darauf beim Tempo 100 Signal wieder zu beschleunigen. Eine solche Erwartung an die Autofahrer sei völlig unverhältnismässig und werde kurz vor Mitternacht auf einem zeitweise autofreien Autobahnabschnitt geradezu als schikanös empfunden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Polizei genau an dieser Stelle und dazu noch um diese Uhrzeit bei einem derart geringen Verkehrsaufkommen eine Radarkontrolle durchführe und damit mit grosser Wahrscheinlichkeit reihenweise Autofahrer büsse, die in keiner Weise zu einer erkennbaren Erhöhung der Unfallgefahr beitragen würden.
Die Erforderlichkeit in zeitlicher Hinsicht fehle, wenn eine Massnahme länger dauere, als zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig sei. Die von der Polizei beschriebenen Gefahren – eine gefährliche Verflechtung des Verkehrs und ein langer Rückstau vor
Die Erforderlichkeit einer staatlichen Massnahme fehle auch, wenn sie die «Falschen» treffe. Vorkehrungen, die sich gegen eine Vielzahl von Menschen richten würden, seien unverhältnismässig, sofern ein angestrebtes Ziel auch mit einem milderen Mittel erreicht werden könne. Im vorliegenden Fall hätte die Polizei differenzierter vorgehen müssen. Sie hätte davon ausgehen können, dass durch die fragliche Radarkontrolle mehrheitlich Fahrzeuge geblitzt würden, die nur aufgrund des Gefälles leicht beschleunigen, und deren Fahrer aufgrund des bereits sichtbaren Tempo-100-Signals, der guten Übersicht beim Herabfahren der Rampe, der dreispurig werdenden Autobahn, des sehr geringen Verkehrsaufkommens und den allgemein guten Sicht-, Strassen- und Verkehrsverhältnissen intuitiv nicht abbremsen und dadurch kaum zu einer Erhöhung der Unfallgefahr beitragen würden.
Da mit dem Einsatz der Radarkontrolle also der Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt worden sei, sei der Beweis über die Geschwindigkeitsüberschreitung in rechtswidriger Weise erlangt worden. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit seien zudem auch die Interessen der strafprozessualen Wahrheitsfindung mitzuberücksichtigen (Verweis auf BGE 142 IV 207 S. 212). Je grösser das Interesse an der Wahrheitsfindung sei, desto geringer müssten die Anforderungen an die Verhältnismässigkeit sein. Das Interesse an der Feststellung einer derart geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung, welche aufgrund der konkreten Umstände zudem in keiner Weise zu einer erkennbaren Gefährdung des Verkehrs geführt habe, sei vernachlässigbar gering. Der durch die fragliche Radarkontrolle erbrachte Beweis sei somit nicht verwertbar.
2.1.2 Ergänzung zur Berufungsbegründung vom 21. Mai 2024 (ASB 16 ff.)
In seiner Ergänzung zur Berufungsbegründung vom 21. Mai 2024 macht der Beschuldigte überdies geltend, die Radarkontrolle sei ca. 130 Meter vor der Stelle durchgeführt worden, an der die Fahrspuren der Autobahnen A1 und A2 zusammentreffen würden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die genaue Einhaltung der vorgegebenen 80 km/h bis ca. 130 Meter vor dem Zusammentreffen der A1 und A2 aus verkehrssicherheitstechnischen Gesichtspunkten derart wichtig sei, dass sie die Durchführung einer Radarkontrolle erforderlich mache, wenn unmittelbar nach dem Zusammentreffen der Fahrspuren der A1 und A2 Tempo 100 signalisiert werde. Ca. 400 Meter vor der Ausfahrt Egerkingen/Olten befinde sich das Tempo-100-Signal. Die Radarkontrolle sei ca. 300 Meter vor dem Tempo-100-Signal durchgeführt worden. Es sei absolut nicht nachvollziehbar, weshalb rund 700 Meter vor der Ausfahrt in der Tempo-80-Zone eine Radarkontrolle durchgeführt und dies mit einer Rückstaugefahr bei der Ausfahrt begründet werde, wenn 400 Meter vor der Ausfahrt Tempo 100 gelte.
2.2 Polizeibericht vom 12. April 2023 (ASB 20)
Die Polizei begründet in ihrem Schreiben vom 12. April 2023 die Radarkontrolle an besagter Stelle damit, dass die Verflechtung des Verkehrs im Verzweigungsbereich gross sei und ein hohes Unfallrisiko darstelle, da von Zürich und Bern her Verzweigungsrampen aufeinandertreffen würden. Verschärft werde dieser Umstand durch Fahrzeuge, welche die Autobahn über den Anschluss Egerkingen verlassen wollten und zeitweise weit in die Autobahn zurückstauen würden. Weil der Verzögerungsstreifen zu kurz sei, komme es oftmals zu plötzlichen Bremsmanövern von Fahrzeuglenkern, welche die Autobahn bei Egerkingen verlassen wollten, jedoch den Rückstau auf der Autobahn und die ganze Situation zu spät erkennen würden. Würden sich derartige Fahrmanöver mit zu hoher Geschwindigkeit kumulieren, steige das Unfallrisiko im besagten Abschnitt. Die Polizei würde täglich gefährliche Situationen und Fahrmanöver mit hohem Kollusionspotential beobachten. Bei hohen Tempi wachse der Bremsweg exponentiell zur Geschwindigkeit. Die Einhaltung der Geschwindigkeitslimiten helfe daher nachweislich Unfälle zu verhindern. Geschwindigkeitskontrollen würden mithelfen, die Geschwindigkeitslimiten zu beachten und seien somit ein geeignetes Mittel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
2.3 Konkrete Beurteilung
2.3.1 Der Beschuldigte rügt vor dem Berufungsgericht, die Polizei habe mit der besagten Radarkontrolle den Grundsatz der Verhältnismässigkeit gemäss Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) nicht gewahrt. Die Begründungen hierfür seien sowohl in der schriftlichen Urteilsbegründung der Vorinstanz als auch im Schreiben der Polizei vom 12. April 2023 zu wenig differenziert. Mit Blick auf die Prozessökonomie erlaubt Art. 82 Abs. 4 StPO den Rechtsmittelinstanzen, für die tatsächliche und rechtliche Würdigung des in Frage stehenden Sachverhalts auf die Begründung der Vorinstanz zu verweisen, wenn sie dieser beipflichten. Hingegen ist auf neue tatsächliche Vorbringen und rechtliche Argumente einzugehen, die erst im Rechtsmittelverfahren vorgetragen werden (Daniela Brüschweiler, Schulthess Kommentar StPO, 3. Auflage 2020, Art. 82 N 10). Das Berufungsgericht befasst sich gestützt darauf in der Folge mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip und verweist darüber hinaus auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil der Vorinstanz (Urteilsseiten [nachfolgend US] 3 ff.).
2.3.2 Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit nach Art. 5 Abs. 2 BV verlangt, dass eine behördliche Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen privaten Interesse liegenden Ziels geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar erweist. Grundsätzlich muss eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegen. Geeignet ist eine Massnahme, wenn sie das im öffentlichen privaten Interesse liegende Ziel zu erreichen bzw. verwirklichen vermag und insofern tauglich ist; untaugliche Massnahmen sind unverhältnismässig. Unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit darf eine Massnahme in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht nicht einschneidender sein als erforderlich. Mit anderen Worten muss die Massnahme das mildeste Mittel darstellen, mit welchem der gesetzliche Zweck gerade noch erreicht werden kann bzw. darf der abzuwendenden Gefahr nicht durch eine weniger einschneidende Massnahme vorgebeugt werden. Zumutbar ist eine Massnahme, wenn sie nicht ausser Verhältnis zum verfolgten Zweck steht, sodass die erwartete Wirkung der Massnahme nicht in einem Missverhältnis zu den durch sie beeinträchtigten Rechten Interessen stehen darf. Die entgegenstehenden privaten und öff-entlichen Interessen sind dabei anhand der gegebenen Umstände objektiv zu würdigen und zueinander in Bezug zu setzen (BGE 142 I 49 E. 9.1, Urteil des Bundesgerichts 5A_1021/2021 vom 17. Dezember 2021 E. 5; Astrid Epiney, Basler Kommentar, Bundesverfassung, 1. Auflage 2015, Art. 5 N 70).
2.3.2.1 Die Eignung wird vom Beschuldigten nicht in Frage gestellt. So ist eine Geschwindigkeitskontrolle mittels mobilen Radargeräts denn auch zweifellos geeignet, den Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung zu erbringen und so das im öffentlichen Interesse liegende Ziel – die Verkehrssicherheit auf öffentlichen Strassen – zu gewährleisten, indem die Verkehrsteilnehmer davor abgeschreckt werden, die Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten.
2.3.2.2 Bezüglich der sachlichen Erforderlichkeit macht der Beschuldigte in seiner Berufungserklärung keine Ausführungen. Dem Berufungsgericht erschliesst sich allerdings keine gleichermassen geeignete, aber weniger einschneidende Massnahme, welche das angestrebte Ziel an besagter Stelle ebenso erreichen würde. Die sachliche Erforderlichkeit ist damit gegeben.
Der Beschuldigte bestreitet sodann die von der Polizei im Schreiben vom 12. April 2023 beschriebene gefährliche Verflechtung des Verkehrs sowie den langen Rückstau vor einer Autobahneinfahrt grundsätzlich nicht. Er macht allerdings geltend, dies würde ein gewisses Verkehrsaufkommen voraussetzen, was zur fraglichen Zeit (Mittwochabend, 23:48 Uhr) nicht der Fall gewesen sei, weshalb in keiner Weise mit einer grossen Verflechtung des Verkehrs und einem Rückstau habe gerechnet werden müssen. Insofern sei die Radarkontrolle in zeitlicher Hinsicht nicht gerechtfertigt gewesen. Der Beschuldigte kann diesbezüglich nicht gehört werden. Denn würde man seiner Argumentation Folge leisten, würde dies bedeuten, dass spät abends sowie in der Nacht – wo das Verkehrsaufkommen generell gering sein dürfte – per se keine Geschwindigkeitskontrollen mehr zulässig wären. Dies wiederum hätte zur Folge, dass sich die Verkehrsteilnehmer zu später Stunde vermehrt nicht mehr an die Geschwindigkeitslimiten halten würden, da sie nicht damit rechnen müssten, verzeigt zu werden. Signalisierungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schaffen allerdings Vertrauen, auf das sich die Strassenbenützer bei vielen Verkehrsvorgängen und jederzeit (Abbiegen, Überholen etc.) verlassen können müssen (Urteil des Bundesgerichts 6S.111/2002 vom 29. Mai 2002 E. 4.3). Auch ist gerichtsnotorisch, dass gerade Raserdelikte, welche in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben, vor allem nachts, ausserorts und eben auf Autobahnen verübt werden. Könnten um diese Zeit keine Geschwindigkeitskontrollen mehr durchgeführt werden, dürfte dies von zu Raserdelikten motivierten Verkehrsteilnehmern geradezu als Freipass verstanden werden, spät abends sowie nachts solche Delikte zu verüben. Um diese Zeit keine Geschwindigkeitskontrollen mehr durchzuführen, wäre vor diesem Hintergrund äusserst fragwürdig, unverantwortlich und würde die Verkehrssicherheit in nicht hinzunehmender Weise gefährden. Es ist deshalb zur Erreichung des angestrebten Ziels (Verkehrssicherheit) zwingend notwendig, dass auch spät abends und nachts Radarkontrollen durchgeführt werden. Zusammengefasst kann von einer zeitlichen Unverhältnismässigkeit keine Rede sein.
Was die räumliche Erforderlichkeit angeht, wird vom Beschuldigten geltend gemacht, das Radargerät sei einerseits an einer Stelle aufgestellt worden, an welcher die Verzweigungsrampe bergab gehe und es auch ohne Absicht, zu beschleunigen, zu einer leichten Erhöhung der Geschwindigkeit komme. Andererseits ende an besagter Stelle die Tempo-80-Zone demnächst und das Tempo-100-Schild sei bereits gut sichtbar. Die Erwartung an die Autofahrer, die Geschwindigkeit beim Herabfahren genau zu kontrollieren und allenfalls sofort abzubremsen, um dann kurz darauf beim Tempo-100-Signal wieder zu beschleunigen, sei unverhältnismässig und um diese Uhrzeit geradezu schikanös. Der Beschuldigte verkennt dabei, dass zur Erreichung des angestrebten Ziels (Verkehrssicherheit) die Geschwindigkeit ausnahmslos einzuhalten ist. Dies gilt insbesondere auch für absteigende Strassen sowie Streckenabschnitte, auf welche wiederum ein Abschnitt mit höherer Geschwindigkeitslimite folgt. Anders zu argumentieren dürfte gerade auch an besagter Stelle wiederum als Einladung verstanden werden, bergab nicht zu bremsen gar noch zu beschleunigen, was insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass es sich um einen Verzweigungsbereich handelt, äusserst gefährlich werden könnte. Die Polizei führte in ihrem Bericht vom 12. April 2023 denn auch aus, sie würde an besagter Stelle täglich gefährliche Situationen und Fahrmanöver mit hohem Kollusionspotential beobachten. Bei der Verzweigungsrampe dürfte es sich demnach um einen Unfallschwerpunkt und um einen Ort handeln, an dem bei Kontrollen immer wieder Übertretungen stattfinden. Entgegen den Ausführungen des Beschuldigten ist die Erwartung an die Autofahrer, die Geschwindigkeit gerade beim Herabfahren genau zu kontrollieren und allenfalls abzubremsen, nicht völlig abwegig bzw. nicht schikanös. Ausserdem ist die besagte Strasse gerade, wechselt aufgrund der zwei aufeinandertreffenden Autobahnen von zwei- auf dreispurig, würde sich als Rennstrecke eignen und ist somit prädestiniert für Raser. Auch der Einwand, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die genaue Einhaltung der vorgegebenen 80 km/h bis ca. 130 Meter vor dem Zusammentreffen der A1 und A2 aus verkehrssicherheitstechnischen Gesichtspunkten derart wichtig sei, dass sie die Durchführung einer Radarkontrolle erforderlich mache, wenn unmittelbar nach dem Zusammentreffen der Fahrspuren der A1 und A2 Tempo 100 signalisiert werde, kann nicht gehört werden. So ist die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h über eine längere Strecke hinweg, sprich nicht nur bis ca. 130 Meter vor dem Zusammentreffen der beiden Autobahnen wichtig, sondern aufgrund der vorherigen scharfen Linkskurve auch schon deutlich vorher und insbesondere aber eben auch im Zeitpunkt, in welchem die beiden Autobahnen effektiv zusammentreffen. Einerseits muss an der Verzweigungsstelle mit mehr Verkehr von der anderen Autobahn herkommend gerechnet werden, andererseits ist in diesem Zeitpunkt die Wahrscheinlichkeit für einen Fahrspurenwechsel beiderseits erhöht, was insgesamt die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h rechtfertigt und notwendig macht. Unproblematisch sieht das Berufungsgericht auch die Tatsache, dass ca. 300 Meter weiter ein Tempo-100-Signal kommt, was damit begründet sein dürfte, dass die von den beiden Autobahnen zusammentreffenden Motorfahrzeuge sich bis zu diesem Signal nämlich auf den drei Fahrbahnen eingegliedert haben dürften.
Der Beschuldigte machte in seiner Einsprache vom 9. August 2023 ausserdem geltend, dass Tempo-100-Schild sei an der Stelle, wo das Radargerät aufgestellt gewesen sei, bereits sichtbar gewesen (AS 00010). Diese Aussage muss bezweifelt werden, da das Tempo-100-Schild gut 300 Meter weiter vorne aufgestellt ist und man vorher sogar noch unter einer Brücke durchfahren muss. Es ist schwer vorstellbar, dass man – insbesondere nachts – von der Stelle, bei welcher das Radargerät aufgestellt war, überhaupt bereits bis zum Tempo-100-Signal sehen kann bzw. sich der Blick eines Autofahrers bereits auf der Verzweigungsrampe schon derart weit nach vorne richtet, dürfte seine Konzentration an dieser Stelle doch vielmehr der Verzweigung der beiden Autobahnen gewidmet sein (AS 00010 f.).
Damit ist auch die räumliche Erforderlichkeit zu bejahen.
Was schliesslich die personelle Erforderlichkeit anbelangt, macht der Beschuldigte geltend, mit besagter Radarkontrolle würden mit grosser Wahrscheinlichkeit reihenweise Autofahrer gebüsst, die in keiner Weise zu einer erkennbaren Erhöhung der Unfallgefahr beitragen würden. Die Polizei hätte davon ausgehen können, dass mehrheitlich Fahrzeuge geblitzt würden, die nur aufgrund des Gefälles leicht beschleunigen, und deren Fahrer aufgrund des bereits sichtbaren Tempo-100-Signals, der guten Übersicht beim Herabfahren der Rampe, der dreispurig werdenden Autobahn, des sehr geringen Verkehrsaufkommens und den allgemein guten Sicht-, Strassen- und Verkehrsverhältnissen intuitiv nicht abbremsen und dadurch aber kaum zu einer Erhöhung der Unfallgefahr beitragen würden. Das Bundesgericht stellte allerdings klar, dass die Signalisation einer Höchstgeschwindigkeit in jedem Fall zu beachten sei. Dies gelte unabhängig davon, ob bei einer Missachtung andere Personen gefährdet würden (Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 2. Juli 2024 mit Verweis auf Urteil 1C_539/2022 vom 23. Mai 2024 E. 5.2.1., wiederum mit Verweis auf BGE 128 IV 184). Auch kann nicht gesagt werden, dass die Massnahme eine unbestimmte Vielzahl von Menschen trifft. Davon betroffen sind letztendlich nur jene, die die Höchstgeschwindigkeit nicht einhalten. Für alle anderen Verkehrsteilnehmer ist die Massnahme damit nicht von Bedeutung. Die Argumentation des Beschuldigten, die besagte Radarkontrolle treffe die Falschen, vermag nicht zu überzeugen.
2.3.2.3 Der Beschuldigte macht in seiner Berufungserklärung des Weiteren geltend, auch die Zumutbarkeit der besagten Radarkontrolle werde in Frage gestellt, ohne dazu jedoch weitere Ausführungen zu machen. Die Zumutbarkeit behandelt die Frage, ob zwischen dem angestrebten Ziel und dem Eingriff ein vernünftiges Verhältnis besteht bzw. ob die Massnahme im Einzelfall zu besonders harten Folgen führt. Dem Beschuldigten wurde im vorliegenden Fall für seine Geschwindigkeitsüberschreitung von 7 km/h eine Busse von CHF 60.00 auferlegt. Da es sich um eine geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung und deshalb lediglich einfache Verkehrsregelverletzung handelt, zog das Ganze auch keine Administrativmassnahmen (z.B. ein Warnentzug des Führerausweises) nach sich. Auch wäre die Übertretung im Ordnungsbussenverfahren, welches ein vereinfachtes Verfahren darstellt, abgehandelt worden, hätte der Beschuldigte nicht die Durchführung des ordentlichen Verfahrens verlangt. Davon, dass der Vorfall für den Beschuldigten besonders harte Folgen hatte, kann insgesamt keine Rede sein. Die Radarkontrolle war demnach für den Beschuldigten sehr wohl zumutbar.
2.3.3 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei der fraglichen Radarkontrolle alle Grundsätze rechtstaatlichen Handelns nach Art. 5 BV gewahrt wurden. So wurde die Kontrolle gestützt auf eine gesetzliche Grundlage vorgenommen und lag zweifelsohne im öffentlichen Interesse (Verkehrssicherheit auf einer Autobahn und damit öffentlichen Strasse). Darüber hinaus wurde wie vorstehend dargelegt das Verhältnismässigkeitsprinzip gewahrt. Gestützt auf obige Ausführungen kann auch der Argumentation des Beschuldigten, das Interesse an der Feststellung einer derart geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung sei vernachlässigbar gering, weshalb die Anforderungen an die Verhältnismässigkeit hoch seien, nicht gefolgt werden. Mit regelmässigen Geschwindigkeitskontrollen an besagter Stelle können Unfälle verhindert und damit die Sicherheit im Strassenverkehr gewährleistet werden. Das Radarmessergebnis ist damit im vorliegenden Strafverfahren als Beweismittel ohne Weiteres verwertbar.
IV. Rechtliche Würdigung
Bezüglich der rechtlichen Grundlagen des Straftatbestandes der einfachen Verkehrsregelverletzung sowie der vorliegend anzuwendenden Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 22 Abs. 1 SSV) kann ebenso wie hinsichtlich der Subsumtion des Beweisergebnisses vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (US 3, 5). Der angeklagte und nachgewiesene Sachverhalt erfüllt den entsprechenden Straftatbestand. Damit hat sich der Beschuldigte der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen schuldig gemacht.
V. Strafzumessung
1. Die Vorinstanz legte die allgemeinen Grundsätze zur Strafzumessung (Art. 47 StGB) kurz dar und führte aus, dass bei Übertretungen von Strassenvorschriften, die mit Ordnungsbussen geahndet werden, vom Grundsatz der Strafzumessung nach Art. 47 Abs. 1 StGB abgewichen werde und sich die entsprechenden Bussenbeträge nach Anhang 1 (Bussenliste 1) der Ordnungsbussenverordnung vom 16. Januar 2019 (Art. 1 lit. a OBV, SR 314.11) richten würden. Die Vorinstanz kam damit in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft zum Schluss, dass dem Beschuldigten für die am 15. Februar 2023 begangene Geschwindigkeitsüberschreitung von 7 km/h auf der Autobahn gemäss Bussenliste 1 Ziff. 303.3.b. OBV eine Busse von CHF 60.00 aufzuerlegen ist. Für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, wurde dem Beschuldigten eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag ausgesprochen, welche bei Nichtbezahlung der Busse vollzogen wird (Art. 106 Abs. 2 StGB).
2. Übertretungen der Strassenverkehrsvorschriften des Bundes können nach dem Ordnungsbussengesetz vom 18. März 2016 (OBG, 314.1) in einem vereinfachten Verfahren mit Ordnungsbussen bis zu CHF 300.00 geahndet werden (Ordnungsbussenverfahren; Art. 1 Abs. 1, 2 und 4 OBG). Das Ordnungsbussenverfahren ist, wenn seine Voraussetzungen gegeben sind, obligatorisch anzuwenden. Das Ordnungsbussengesetz dispensiert von der Anwendung der Strafzumessungsgrundsätze des Strafgesetzbuchs. Gemäss Art. 1 Abs. 5 OBG bleiben demzufolge Vorleben und persönliche Verhältnisse der beschuldigten Person unberücksichtigt. Beim Ordnungsbussenverfahren handelt es sich um ein formalisiertes und rasches Verfahren, das schematisch für die gleichen Verstösse für alle schuldhaft handelnden Täter die gleichen Bussen und Vollzugsmodalitäten vorsieht. Es dient der raschen und definitiven Erledigung der im Strassenverkehr massenhaft vorkommenden Übertretungen mit Bagatellcharakter mit möglichst geringem Verwaltungsaufwand. Auch das nach dem Ordnungsbussengesetz abgewickelte Sonderverfahren für die in der Bussenliste abschliessend umschriebenen Verkehrsübertretungen bleibt aber ein Strafverfahren. Mit Inkrafttreten des Ordnungsbussengesetzes und der dazugehörenden Verordnung wurden die Behörden lediglich davon befreit, bei jeder Parkzeitüberschreitung und anderen geringfügigen Übertretungen ein ordentliches Strafverfahren einzuleiten (BGE 145 IV 252 E. 1.5).
In Art. 14 OBG wird allerdings ausdrücklich festgehalten, dass im ordentlichen Verfahren ebenfalls eine Ordnungsbusse ausgefällt werden kann. Im vorliegenden Fall ist kein Grund ersichtlich, weshalb für die begangene Geschwindigkeitsüberschreitung von Ziffer 303.3.b. der Bussenliste 1 OBV abgewichen werden sollte. Es erscheint demnach in Übereinstimmung mit der Vorinstanz angezeigt, auch im ordentlichen Verfahren eine Ordnungsbusse in der Höhe von CHF 60.00 auszufällen, weshalb keine erneute Bussenfestsetzung zu erfolgen hat. Aufgrund des geltenden Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO) dürfte eine Busse denn auch nicht mehr als CHF 60.00 betragen. Im Rahmen des Ordnungsbussenverfahrens ist eine Ersatzfreiheitsstrafe ausgeschlossen. Wird die Busse nicht innert Frist bezahlt, wird das ordentliche Strafverfahren eingeleitet (Art. 6 Abs. 3 OBG). Demgegenüber können im ordentlichen Verfahren ausgesprochene Ordnungsbussen grundsätzlich mit einer Ersatzfreiheitsstrafe verbunden werden (Art. 106 Abs. 2 StGB). Die Ersatzfreiheitsstrafe soll den Täter unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen entsprechend seinem Verschulden treffen (Art. 106 Abs. 3 StGB; Stefan Heimgartner, Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Auflage 2019, Art. 106 N 10). Vorliegend wiegt das Verschulden des Beschuldigten leicht, handelt es sich doch um eine geringe Geschwindigkeitsübertretung von 7 km/h. Mit der Vorinstanz erscheint eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag daher als angemessen.
VI. Kosten- und Entschädigungsfolgen 1. Erstinstanzliches Verfahren 1.1 Verfahrenskosten 1.1.1 Gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO trägt die beschuldigte Person die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). 1.1.2 Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens machen mit einer Urteilsgebühr von CHF 400.00, total CHF 600.00, aus. Diese Kosten hat die Vorinstanz dem Beschuldigten aufgrund des Schuldspruchs vollumfänglich auferlegt. Beim vorliegenden Ausgang des Verfahrens ist der Kostenentscheid der Vorinstanz zu bestätigen. 2. Berufungsverfahren 2.1 Verfahrenskosten 2.1.1 Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Nach Art. 428 Abs. 2 StPO können einer Partei, die ein Rechtsmittel ergriffen hat und einen für sie günstigeren Entscheid erwirkt, die Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn a) die Voraussetzungen für das Obsiegen erst im Rechtsmittelverfahren geschaffen worden sind b) der angefochtene Entscheid nur unwesentlich abgeändert wird. 2.1.2 Der Beschuldigte unterliegt vollständig mit seiner Berufung, so dass er die Kosten des Berufungsverfahrens, welche mit einer Urteilsgebühr von CHF 1'200.00, total CHF 1'360.00 ausmachen, zu tragen hat. 2.2 Parteientschädigung
2.2.1 Wird die beschuldigte Person ganz teilweise freigesprochen wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie nach Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO Anspruch auf eine nach dem Anwaltstarif festgelegte Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte. Die Entschädigungsfrage ist nach der Kostenfrage zu beantworten. Insoweit präjudiziert der Kostenentscheid die Entschädigungsfrage. Es gilt folglich der Grundsatz, dass bei Auferlegung der Kosten keine Entschädigung auszurichten ist, während bei Übernahme der Kosten durch die Staatskasse die beschuldigte Person Anspruch auf Entschädigung hat (BGE 137 IV 352 E. 2.4.2).
2.2.2 Der Beschuldigte beantragte im Rahmen der Berufungserklärung vom 12. April 2024 und vor dem Hintergrund, dass er einen Freispruch vom Vorhalt der einfachen Verkehrsregelverletzung beantragte, es sei ihm eine Entschädigung der Aufwendungen für die angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte auszurichten. Der Beschuldigte wird vom Berufungsgericht der einfachen Verkehrsregelverletzung schuldig gesprochen. Dem Verfahrensausgang entsprechend hat er die Kosten sowohl des erst- wie auch des zweitinstanzlichen Verfahrens vollumfänglich zu tragen. Entsprechend hat er keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. Das Begehren wird folglich abgewiesen.
Es ist jedoch anzumerken, dass das Gesetz eine Entschädigung ausdrücklich nur für die angemessene Ausübung der Verfahrensrechte vorsieht. Dies bedeutet verkürzt gesagt, dass sich sowohl der Beizug eines Verteidigers als auch der von diesem betriebene Aufwand als angemessen darstellen müssen. Gemäss Botschaft ist eine solche Angemessenheit hinsichtlich des Beizugs eines Verteidigers dann gegeben, wenn die beschuldigte Person aufgrund der Schwere des Tatvorwurfs und dem Grad der Komplexität des Sachverhalts sowie nach den persönlichen Verhältnissen objektiv begründeten Anlass hatte, einen Anwalt beizuziehen. Bei den heutigen Verhältnissen ist jeder beschuldigten Person zuzugestehen, nach Einleitung einer Strafuntersuchung, die ein Verbrechen, Vergehen oder eine Übertretung – zumindest in jenen Fällen, die einen Strafregistereintrag zur Folge haben, in denen also eine Busse von mehr als CHF 5'000.00 droht (Art. 3 Ziff. 1 lit. c Abs. 1 VOSTRA-V) die ausserordentlich komplex sind – zum Gegenstand hat, einen Anwalt beizuziehen (Stefan Wehrenberg/Friedrich Frank, Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 3. Auflage 2023, Art. 426 StPO N 13 f.). Im vorliegenden Fall wurde dem Beschuldigten eine Busse in Höhe von CHF 60.00 auferlegt. Es handelt sich um eine leichte Geschwindigkeitsübertretung, die im Ordnungsbussenverfahren hätte erledigt werden können. Der Tatvorwurf wiegt weder schwer noch weist der Sachverhalt eine hohe Komplexität auf. Der Beschuldigte gab anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zu Protokoll, er sei u.a. als selbstständiger Anwalt tätig (AS 00036). Er wurde denn auch weder im Vorverfahren noch im Berufungsverfahren anwaltlich vertreten, sondern verteidigte sich sozusagen selbst. Auch wenn der Be-schuldigte heute freigesprochen worden wäre – ganz unabhängig von der Frage, ob er sich vertreten lassen sich im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit selbst verteidigt hätte – wäre sein Antrag auf eine Entschädigung gestützt auf die obigen Ausführungen abzuweisen gewesen.
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Demnach wird in Anwendung von Art. 27 Abs. 1, Art. 90 Abs. 1 SVG; Art. 22 Abs. 1 SSV; Art. 106 StGB; Art. 14 OBG; Bussenliste 1 Ziff. 303.3.b. OBV; Art. 391 Abs. 2, Art. 406 Abs. 1 lit. c, Art. 426 Abs. 1, Art. 428 Abs. 1 und 3 StPO erkannt: 1. A.___ hat sich der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen, begangen am 15. Februar 2023, schuldig gemacht. 2. A.___ wird zu einer Busse von CHF 60.00 verurteilt, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 1 Tag. 3. Der Antrag von A.___ auf Zusprechung einer Parteientschädigung wird abgewiesen. 4. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 400.00, total CHF 600.00, hat A.___ zu bezahlen. 5. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 1'200.00, total CHF 1'360.00, hat A.___ zu bezahlen. Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin Werner Wächter |
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