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Urteil Verwaltungsgericht (SO - STBER.2023.82)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:STBER.2023.82
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Strafkammer
Verwaltungsgericht Entscheid STBER.2023.82 vom 04.06.2024 (SO)
Datum:04.06.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Zusammenfassung: In einem Berufungsverfahren vor dem Obergericht ging es um verschiedene Anklagepunkte, darunter einfache Körperverletzung, Tätlichkeiten, Drohungen und versuchte Nötigung. Die Staatsanwaltschaft und der Beschuldigte legten Berufung ein. Das Gericht musste über die Strafmassnahmen und Entschädigungen entscheiden. Es wurde festgestellt, dass das neue Recht ab dem 1. Januar 2024 anwendbar ist. Die Beweisführung erfolgte nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Das Gericht beurteilte die Zeugenaussagen und entschied über die Schuld des Beschuldigten. Letztendlich wurden einige Anklagepunkte bestätigt, während andere abgewiesen wurden. Die Entscheidung des Gerichts basierte auf den vorliegenden Beweisen und der persönlichen Überzeugung der Richter.
Schlagwörter: Beschuldigte; Recht; Privat; Privatklägerin; Beschuldigten; Staat; Drohung; Kinder; Urteil; Apos; Vergewaltigung; Einvernahme; Geschädigte; Vorhalt; Aussage; Beruf; Berufung; Ziffer; Vorfall; Urteils; Verfahren; Aussagen; Staatsanwaltschaft; Vorinstanz; Freiheitsstrafe
Rechtsnorm: Art. 10 StPO ; Art. 13 BV ; Art. 136 StPO ; Art. 29 BV ; Art. 292 StGB ; Art. 32 BV ; Art. 381 StPO ; Art. 391 StPO ; Art. 408 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 448 StPO ; Art. 453 StPO ; Art. 456a StPO ; Art. 46 StGB ; Art. 47 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 5 BV ; Art. 5 StPO ; Art. 50 StGB ; Art. 66a StGB ; Art. 8 EMRK ; Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:105 IV 225; 117 IV 7; 120 Ia 36; 130 I 269; 130 I 312; 133 I 33; 133 IV 158; 134 IV 82; 136 IV 1; 136 IV 55; 138 IV 120; 140 IV 373; 141 IV 244; 142 IV 265; 144 I 266; 144 II 1; 144 IV 189; 144 IV 217; 144 IV 332; 145 I 227; 145 IV 161; 146 IV 105; 147 IV 241; 147 IV 505;
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: STBER.2023.82
Instanz: Strafkammer
Entscheiddatum: 04.06.2024 
FindInfo-Nummer: O_ST.2024.50
Titel: einfache Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), Tätlichkeiten (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), mehrfache Beschimpfung, mehrfache Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), versucht

Resümee:

 

 

Obergericht

Strafkammer

 

 

 

 

 

 

(Berichtigtes) Urteil vom 4. Juli 2024 (betr. Urteilsdatum)               

Es wirken mit:

Vizepräsidentin Marti

Oberrichter Rauber

Oberrichterin Hunkeler  

Gerichtsschreiberin Graf

In Sachen

Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn,

Anschlussberufungsklägerin

 

gegen

 

A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Boris Banga,

Beschuldigter und Berufungskläger

 

betreffend     einfache Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), wiederholte Tätlichkeiten (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), mehrfache Beschimpfung, mehrfache Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), versuchte Nötigung, Vergewaltigung, mehrfacher Ungehorsam gegen amtliche Verfügung, Ruhestörung durch groben Unfug Nachtlärm, Fahren in fahrunfähigem Zustand (Motorfahrzeug, alkoholisiert), Widerruf und Landesverweisung


Es erscheinen zur Verhandlung vor Obergericht:

-           a.o. Staatsanwältin B.___, für die Staatsanwaltschaft als Anklägerin und Anschlussberufungsklägerin;

-           A.___ als Beschuldigter und Berufungskläger;

-           Rechtsanwalt Boris Banga als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten;

-           C.___ als Privatklägerin und Auskunftsperson (zur Einvernahme);

-           Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich als Vertreterin der Privatklägerin, in Begleitung ihrer Rechtspraktikantin;

-           D.___ als Dolmetscherin;

-           zwei Polizisten der Kantonspolizei Solothurn.

 

In Bezug auf den Ablauf der Berufungsverhandlung, die durchgeführten Einvernahmen und die im Rahmen der Parteivorträge vorgetragenen Standpunkte wird auf das Verhandlungsprotokoll, die Einvernahmeprotokolle sowie die Plädoyernotizen in den Akten verwiesen.

 

Es stellen und begründen folgende Anträge:

 

a.o. Staatsanwältin B.___ für die Anschlussberufungsklägerin:

 

1.    Es sei festzustellen, dass die Ziffern 1 (Einstellung), 2 (Freisprüche), 3 lit. c (Schuldspruch wegen mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen), 8 (Herausgabe beschlagnahmte Gegenstände) und 9 (Herausgabe beschlagnahmte Gegenstände), Ziffer 10 Abs. 2, Ziffer 11 Abs. 2, Ziffer 12 (Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin) sowie teilweise Ziffer 14 (Entschädigung amtliche Verteidigung) des Urteils des Amtsgerichts Olten-Gösgen vom 15. Mai 2023 in Rechtskraft erwachsen sind.

2.    A.___ sei schuldig zu sprechen im Sinne der Anklage wegen Vergewaltigung und mehrfacher Drohung.

3.    A.___ sei deswegen sowie gestützt auf den rechtskräftigen Schuldspruch gemäss Ziffer 3 lit. c des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen zu

-       einer Freiheitsstrafe von 40 Monaten,

-       einer Geldstrafe von 165 Tagessätzen à je CHF 40.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 4 Jahren, dies teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 23. Januar 2019,

-       einer Übertretungsbusse in der Höhe von CHF 150.00, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 2 Tagen.

4.    Die A.___ mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 23. Januar 2019 gewährte bedingte Geldstrafe von 70 Tagessätzen à je CHF 60.00 (Probezeit 2 Jahre) sei nicht zu widerrufen, jedoch sei die Probezeit um 1 Jahr zu verlängern.

5.    A.___ sei 1 Tag Haft an die Freiheitsstrafe anzurechnen.

6.    A.___ sei für die Dauer von 10 Jahren des Landes zu verweisen.

7.    Die Landesverweisung sei im SIS auszuschreiben.

8.    Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung, Rechtsanwalt Banga, sei durch das erkennende Gericht festzusetzen und zufolge des amtlichen Mandats vom Staat Solothurn zu bezahlen. Es sei weiter zu verfügen, dass A.___ die entsprechenden Kosten dem Kanton zurückzuerstatten habe, sobald es seine finanziellen Verhältnisse zulassen.

9.    Die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Privatklägerin, Rechtsanwältin Stäuble, sei durch das erkennende Gericht festzusetzen und zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse von A.___ vom Staat Solothurn zu bezahlen.

10.  Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten in der Höhe von total CHF 14'074.20 (vgl. Ziffer 15 des erstinstanzlichen Urteils) sowie die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren seien A.___ nach richterlichem Ermessen aufzuerlegen.

 

Rechtsanwältin Stäuble Dietrich als Vertreterin der Privatklägerin:

 

1.    Es sei festzustellen, dass der Beschuldigte wegen mehrfachen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung gemäss Ziff. 7 lit. c und lit. d der Anklage rechtskräftig schuldig gesprochen ist.

2.    Der Beschuldigte sei wegen Vergewaltigung gemäss Ziffer 1 der Anklage und wegen mehrfacher Drohung gemäss Ziffer 3 lit. a – 3 lit. d der Anklage schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen.

3.    Der Beschuldigte sei gegenüber der Privatklägerin C.___ für den durch seine strafbaren Handlungen verursachten Schaden dem Grundsatz nach mit einer Haftungsquote von 100 % ersatzpflichtig zu erklären.

4.    Der Beschuldigte sei zu verpflichten, der Privatklägerin eine Genugtuung von CHF 8'500.00 nebst Zins zu 5 % auf CHF 7'500.00 seit 28. Juni 2018 und auf CHF 1'000.00 seit 24. September 2018 zu bezahlen.

5.    Der Beschuldigte sei zu verpflichten, der Privatklägerin für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 10'450.80 (inkl. Auslagen und MwSt.) und für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung gemäss heute eingereichter Kostennote zu bezahlen. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege sei die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin für das Berufungsverfahren festzusetzen und vom Staat gestützt auf Art. 138 Abs. 1bis StPO definitiv zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Nachzahlungsanspruch der unentgeltlichen Rechtsbeiständin zum vollen Honorar, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.

6.    Unter Kostenfolge zu Lasten des Beschuldigten.

 

Rechtsanwalt Boris Banga als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten:

 

1.    Es seien die Ziffern 3 lit. a (Vergewaltigung) und 3 lit. b (mehrfache Drohungen) sowie die Ziffern 4 lit. a, 4 lit. b, 7, 10 Abs. 1, 11 Abs. 1, 13, 14 und 15 des Dispositivs des angefochtenen Urteils aufzuheben.

2.    Es sei der Beschuldigte von den Vorwürfen der Vergewaltigung und der mehrfachen Drohung freizusprechen.

3.    Es sei der amtliche Verteidiger für das erstinstanzliche Verfahren infolge Obsiegens zu einem Stundenansatz von CHF 250.00 aus der Staatskasse zu entschädigen.

4.    Es seien die erstinstanzlichen Verfahrenskosten dem Staat aufzuerlegen.

5.    Es sei festzustellen, dass die Ziffern 1, 2, 3 lit. c, 4 lit. c, 6, 10 Abs. 2, 11 Abs. 2 und 12 des Dispositivs des angefochtenen Urteils in Rechtskraft erwachsen seien.

6.    Es sei die eingereichte Honorarnote für das Berufungsverfahren zu genehmigen und infolge Obsiegens zu einem Stundenansatz von 250.00 CHF zu entschädigen.

7.    Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates.

 

_________________

 

Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:

I. Prozessgeschichte

 

1. Am 11. März 2019, ca. 16:45 Uhr, erschien A.___ (nachfolgend: Beschuldigter) auf dem Polizeiposten in [Ort 1] um sich über seine rechtlichen Möglichkeiten u.a. betreffend die Obhut über seine Kinder zu informieren. Er befürchte, dass seine seit kurzem von ihm getrennt lebende Ehefrau C.___ (nachfolgend: Privatklägerin) die Kinder gegen seinen Willen in den Irak zurückbringe. Gleichentags um 18:15 Uhr musste eine Polizeipatrouille an das Domizil des Beschuldigten ausrücken, da angeblich eineinhalb Stunden zuvor eine tätliche Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin stattgefunden haben soll (vgl. Strafanzeige vom 16. Juli 2019, Aktenseite [AS] 1 ff.).

 

2. Am 12. Juni 2019 gelangte die Privatklägerin mit einem Schreiben an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Olten-Gösgen (KESB), in welchem sie Drohungen durch den Beschuldigten schilderte. Die KESB leitete das Schreiben als Anzeige an die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) weiter (AS 441, AS 521 f.)

 

3. Am 13. Juni 2019, um 23:50 Uhr, musste erneut eine Polizeipatrouille an das Domizil des Beschuldigten ausrücken, nachdem es zwischen diesem und der Privatklägerin vorgängig zu einer Auseinandersetzung über die Obhut des gemeinsamen Sohnes gekommen war. Der Beschuldigte konnte mit einem Küchenmesser in der Hand im Treppenhaus angetroffen werden. Das Messer wurde ihm abgenommen, sichergestellt und nachfolgend beschlagnahmt (AS 477). Die Privatklägerin konnte in der Wohnung der Nachbarn angetroffen werden. Da der Beschuldigte immer wieder aggressiv und drohend gegen seine Nachbarn reagierte und keine Gewähr bot, sich über Nacht ruhig zu verhalten, wurde er in der Folge in Polizeigewahrsam genommen (vgl. Strafanzeige vom 16. Juli 2019, 1 ff.).

 

4. Am 17. Juni 2019 eröffnete die Staatsanwaltschaft gegen den Beschuldigten eine Strafuntersuchung wegen Drohung nach Art. 180 Abs. 2 lit. a StGB (AS 449). Mit Verfügung vom 23. August 2019 dehnte sie die Untersuchung auf den Vorwurf der Tätlichkeiten nach Art. 126 Abs. 2 lit. b StGB aus (AS 451).

 

5. Mit Vergleich vom 3. September 2019 erklärte sich die Privatklägerin damit einverstanden, dass das Verfahren betreffend wiederholte Tätlichkeiten (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) und Drohungen (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) gestützt auf Art. 55a Abs. 1 StGB provisorisch eingestellt wird, woraufhin die Staatsanwaltschaft am 4. September 2019 das Verfahren provisorisch einstellte (AS 471 ff.).

 

6. Mit Eingabe vom 25. November 2019 widerrief die Privatklägerin ihre Zustimmung zur provisorischen Einstellung, da sich der Beschuldigte nach wie vor Tag und Nacht vor und in ihrer Liegenschaft aufhalte, sie verfolge und bedränge, wenn sie das Haus verlasse, sie massiv mit dem Tod bedrohe und beschimpfe (AS 483 f.).

 

7. Am 26. November 2019 meldete sich eine Mitarbeiterin des Frauenhaueses [Ort 2] telefonisch beim Polizeiposten [Ort 3] und teilte mit, dass die Privatklägerin eine Anzeige wegen eines Sexualdeliktes machen möchte (AS 34 ff., AS 525). Am 29. November 2019 fand die Einvernahme mit der Privatklägerin statt, wobei sie erklärte, Strafantrag wegen sämtlicher in Frage kommender Tatbestände zu stellen (AS 323 ff.).

 

8. Am 2. Dezember 2019 fand die Eheschutzverhandlung vor der Amtsgerichtsstatthalterin von Olten-Gösgen statt. Mit gleichentags ergangener Verfügung wurde den Ehegatten u.a. ein gegenseitiges Kontakt- und Rayonverbot auferlegt, wovon Annäherungen im Rahmen des Besuchsrechts ausgenommen wurden (AS 65 ff.).

 

9. Mit Verfügung vom 3. Dezember 2019 hob die Staatsanwaltschaft die provisorische Einstellung des Verfahrens wegen Tätlichkeiten (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) und Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung) gestützt auf Art. 55a Abs. 2 StGB auf und nahm das Verfahren gegen den Beschuldigten wieder an die Hand (AS 474 f.).

 

10. Gleichentags verfügte die Staatsanwaltschaft die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für die Privatklägerin, unter Beiordnung von Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich als unentgeltliche Rechtsbeiständin (AS 487).

 

11. Mit Verfügung vom 5. Dezember 2019 dehnte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Beschuldigten weiter aus auf die Vorwürfe der Tätlichkeiten (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), der einfachen Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), der mehrfachen Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), teilweise evtl. Nötigung sowie der mehrfachen Vergewaltigung (AS 452).

 

12. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. Dezember 2019 wurde dem Beschuldigten Rechtsanwalt Boris Banga als amtlicher Verteidiger bestellt (AS 494).

 

13. Nach weiteren Ausdehnungs- und Bereinigungsverfügungen (AS 453 ff.) erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Beschuldigten am 28. Juni 2022 Anklage beim Amtsgericht von Olten-Gösgen wegen Vergewaltigung, versuchter Nötigung, mehrfacher Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), einfacher Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), wiederholter Tätlichkeiten (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), mehrfacher Beschimpfung, mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, Fahrens in fahrunfähigem Zustand, alkoholisiert, sowie Ruhestörung durch Nachtlärm (Aktenseite Richteramt Olten-Gösgen [nachfolgend ASOG] 1 ff.).

 

14. Am 11. Mai 2023 fand die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Olten-Gösgen statt (ASOG 37 ff.). Am 15. Mai 2023 fällte das Amtsgericht Olten-Gösgen folgendes Urteil (ASOG 109 ff.):

 

1.      Das Strafverfahren gegen A.___ wird bezüglich folgender Vorhalte zufolge Verjährung eingestellt:

a)    Wiederholte Tätlichkeiten (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), angeblich begangen ca. im August / September 2019 (Vorhalt Ziff. 5 der Anklageschrift vom 28. Juni 2022),

b)    Mehrfacher Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, angeblich begangen am 12. Februar 2020 und 27. April 2020 (Vorhalt Ziff. 7 a) und 7 b)),

c)    Fahren in fahrunfähigem Zustand, alkoholisiert, angeblich begangen am 27. Oktober 2019 (Vorhalt Ziff. 8),

d)    Ruhestörung durch Nachtlärm, angeblich begangen am 27. Oktober 2019 (Vorhalt Ziff. 9).

2.      A.___ wird wie folgt freigesprochen:

a)    Versuchte Nötigung, angeblich begangen zwischen ca. 25. und 26. November 2019 (Vorhalt Ziff. 2),

b)    Drohung, angeblich begangen ca. im August /September 2019 (Vorhalt Ziff. 3 e))

c)    Einfache Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), angeblich begangen am 14. Dezember 2018 (Vorhalt Ziff. 4),

d)    Mehrfache Beschimpfung, angeblich begangen im Zeitraum vom 29. August 2019 bis 29. November 2019 (Vorhalt Ziff. 6).

3.      A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:

a)    Vergewaltigung, begangen am 28. Juni 2018 (Vorhalt Ziff. 1),

b)    Mehrfache Drohung, begangen in der Zeit vom 28. Juni 2018 bis zum 13. Juni 2019 (Vorhalt Ziff. 3 a), 3 b), 3 c) und 3 d)),

c)    Mehrfacher Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, begangen am 20. Juli 2020 und am 7. Juli 2021 (Vorhalt Ziff. 7 c) und 7 d)).

4.      A.___ wird verurteilt zu:

a)    einer Freiheitsstrafe von 32 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzugs für eine Teilstrafe von 22 Monaten bei einer Probezeit von 2 Jahren, womit eine Teilstrafe von 10 Monaten zu vollziehen ist,

b)    einer Geldstrafe von 165 Tagessätzen zu je CHF 10.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 2 Jahren, (teilweise) als Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 23. Januar 2019,

c)    einer Busse von CHF 150.00, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 2 Tagen.

5.      A.___ wird 1 Tag Haft an die Freiheitsstrafe angerechnet.

6.      Der A.___ mit Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 23. Januar 2019 für eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je CHF 60.00 gewährte bedingte Vollzug wird nicht widerrufen.

7.      A.___ wird für die Dauer von 8 Jahren des Landes verwiesen. Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben.

8.      Das im Verfahren gegen A.___ beschlagnahmte Küchenmesser, Ernesto, Klingenlänge ca. 11.5 cm (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, FB Asservate) wird A.___ nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils herausgegeben, wobei innert 10 Tagen seit Erhalt des Urteilsdispositivs der Herausgabeanspruch beim Gericht geltend zu machen ist, ansonsten Verzicht angenommen wird; der Verzicht hat eine Vernichtung bzw. Verwertung des Gegenstandes zur Folge, wobei ein allfälliger Netto-Verwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) in die Staatskasse fällt.

9.      Folgende im Verfahren gegen A.___ beschlagnahmten Gegenstände (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, FB Asservate) werden C.___ nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils herausgegeben, wobei innert 10 Tagen seit Erhalt des Urteilsdispositivs der Herausgabeanspruch beim Gericht geltend zu machen ist, ansonsten Verzicht angenommen wird; der Verzicht hat eine Vernichtung bzw. Verwertung des Gegenstandes zur Folge, wobei ein allfälliger Netto-Verwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) in die Staatskasse fällt:

a)    1 Küchenmesser,

b)    1 Holzast, zugespitzt.

10.   A.___ wird gegenüber der Privatklägerin C.___ für den Schaden aus den von ihm begangenen Straftaten (Vorhalte Ziff. 1, Ziff. 3 a), Ziff. 3 b), Ziff. 3 c) und Ziff. 3 d), sowie Ziff. 7c) und Ziff. 7 d)) dem Grundsatz nach zu 100 % haftpflichtig erklärt. Im Übrigen wird die Privatklägerin diesbezüglich auf den Zivilweg verwiesen.

Soweit die Schadenersatzforderung die Vorhalte Ziff. 2, 3 e) und Ziff. 6 betrifft, wird diese abgewiesen. Alle weitergehenden Schadenersatzforderungen (zu den Vorhalten Ziff. 4, Ziff. 5, Ziff. 7 a), Ziff. 7 b) und Ziff. 9) werden auf den Zivilweg verwiesen.

11.   A.___ wird verurteilt, der Privatklägerin C.___ für die Straftaten gemäss Ziff. 1, Ziff. 3 a) und Ziff. 3 b) CHF 8'500.00 als Genugtuung zu bezahlen, zuzüglich 5 % Zins auf CHF 7'500.00 seit dem 28. Juni 2018 sowie 5 % Zins auf CHF 1'000.00 seit dem 24. September 2018.

Soweit die Genugtuungsforderung die Vorhalte Ziff. 2, Ziff. 3 c) und Ziff. 3 d), Ziff. 3 e), Ziff. 6, Ziff. 7 c) und 7 d) betrifft, wird diese abgewiesen. Alle weitergehenden Genugtuungsforderungen (zu den Vorhalten Ziff. 4, Ziff. 5, Ziff. 7 a), Ziff. 7 b) und Ziff. 9) werden auf den Zivilweg verwiesen.

12.   Die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Privatklägerin C.___, Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich, wird auf CHF 9'858.30 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse von A.___ vom Staat Solothurn zu zahlen.

13.   A.___ hat der Privatklägerin C.___, vertreten durch Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich, eine Parteientschädigung von CHF 10'450.80 (inkl. Auslagen und MwSt.). Im Umfang von CHF 8'215.25 fällt dieser Anspruch zufolge geleisteter Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin an den Staat Solothurn.

14.   Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Boris Banga, wird auf CHF 11'895.80 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn im Umfang von CHF 7'930.55 während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 2'710.10 (inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

15.   A.___ hat an die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 14'000.00, total CHF 14'074.20, CHF 9'382.80, zu bezahlen. Im Übrigen sind die Kosten vom Staat Solothurn zu tragen.

 

15. Gegen dieses Urteil liess der Beschuldigte am 24. Mai 2023 form- und fristgerecht die Berufung anmelden (ASOG 133).

 

16. Mit Berufungserklärung vom 10. Oktober 2023 (Aktenseite Berufungsverfahren [ASB] 1 ff.) verlangte der Beschuldigte die Aufhebung der Urteilsziffern 3 lit.a (Vergewaltigung), Ziffer 3 lit. b (mehrfache Drohung), Ziffer 4 lit. a und llit. b (Strafzumessung), Ziffer 7 (Landesverweisung / SIS-Ausschreibung), Ziffer 10 Abs. 1 (Schadenersatz), Ziffer 11 (Genugtuung), Ziffer 12 (Honorar der unentgeltlichen Rechtsbeiständin), Ziffer 13 (Parteientschädigung), Ziffer 14 (Honorar des amtlichen Verteidigers) sowie Ziffer 15 (Verfahrenskosten). Verlangt wird ein Freispruch von den Vorhalten der Vergewaltigung und der mehrfachen Drohung, die Entschädigung des amtlichen Verteidigers für das erstinstanzliche Verfahren zu einem Stundenansatz von CHF 250.00 infolge Obsiegens sowie die Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten zu Lasten des Staates.

 

17. Mit Eingabe vom 31. Oktober 2023 erklärte die Staatsanwaltschaft Anschlussberufung (ASB 8 f.). Diese richtet sich gegen Urteilsziffer 4 lit. a (Strafzumessung), Ziffer 4 lit. b (Dauer der Probezeit), Ziffer 6 (Verzicht auf die Verlängerung der Probezeit), Ziffer 7 (Dauer der Landesverweisung). Verlangt wird die Ausfällung einer höheren Freiheitsstrafe, die Anordnung einer längeren Probezeit für den bedingten Vollzug der Geldstrafe, die Verlängerung der Probezeit für den mit Urteil der Staatsanwaltschaft Kanton Solothurn vom 23. Januar 2019 gewährten bedingten Vollzug der Geldstrafe sowie die Anordnung einer längeren Landesverweisung.

 

18. Mit Schreiben vom 16. November 2023 beantragte Rechtsanwalt Banga, es sei auf die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft nicht einzutreten; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (ASB 11 ff.).

 

19. Mit Verfügung vom 20. November 2023 wurde den Parteien mitgeteilt, dass über den Antrag auf Nichteintreten an der Berufungsverhandlung entschieden werde (ASB 23).

 

20. Am 3. April 2024 wurden die Parteien zur Berufungsverhandlung auf den 4. Juli 2024 vorgeladen (ASB 26 f.).

 

21. Mit Eingabe vom 8. April 2024 ersuchte die Privatklägerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Berufungsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich als unentgeltliche Rechtsbeiständin (ASB 39 f.). Im Weiteren beantragte sie, es sei anlässlich der Berufungsverhandlung auf eine direkte Konfrontation zwischen ihr und dem Beschuldigten zu verzichten.

 

22. Mit Verfügung vom 9. April 2024 wurde die unentgeltliche Rechtspflege für die Privatklägerin im Berufungsverfahren weitergeführt und den Parteien mitgeteilt, dass die direkte Konfrontation zwischen der Privatklägerin und dem Beschuldigten vermieden wird (ASB 41 f.).

 

23. Mit Schreiben vom 13. Mai 2024 beantragte Rechtsanwältin Stäuble Dietrich, es sei die Privatklägerin anlässlich der Berufungsverhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu befragen (ASB 110). Dem Gesuch wurde mit Verfügung vom 14. Mai 2024 entsprochen (ASB 112).

 

24. Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 4. Juli 2024 zog der Beschuldigte die Berufung betreffend Ziffer 12 des erstinstanzlichen Urteils zurück.

 

II. Anwendbares Recht / Übergangsbestimmungen

 

1. Per 1. Januar 2024 trat die Revision der StPO in Kraft. Die Änderungen enthalten keine Regelung betreffend Übergangsrecht. Es stellt sich somit die Frage, welches Recht vorliegend anwendbar ist, da erstinstanzlich vor Inkrafttreten der Revision geurteilt wurde, das Berufungsurteil nun aber nach diesem ergeht.

 

Art. 448 StPO sieht vor, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, nach neuem Recht fortgeführt werden, soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen (Abs. 1). Unter dem Abschnitt der Rechtsmittelverfahren hält Art. 453 Abs. 1 StPO fest, dass, sofern ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden ist, Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden beurteilt werden.

 

2. Die Thematik des Übergangsrechts wurde in den parlamentarischen Beratungen nie diskutiert, daraus lassen sich damit keine Erkenntnisse ableiten. Der Basler Kommentar zur StPO (BSK StPO, 3. Aufl., 2023) hält zu Art. 448 Folgendes fest: «Hinzuweisen ist darauf, dass in der vom Parlament am 17. Juni 2022 verabschiedeten Teilrevision der Strafprozessordnung keine von Art. 448 StPO abweichenden Bestimmungen vorgesehen sind und die revidierten Bestimmungen der StPO demnach sofort in Kraft treten.» (BSK StPO – Oehen, Art. 448 StPO N 2). Diese Formulierung ist aber insofern unklar, als daraus nicht genau hervorgeht, ob das neue Recht generell zur Anwendung gelangt eben Art. 453 StPO als Ausnahme für Rechtsmittelverfahren Anwendung findet. Im Grundsatz richtig ist, dass Art. 448 StPO für alle hängigen Verfahren gilt und damit die Revision sofort in Kraft tritt. Anderes sieht aber Art. 453 StPO für die Rechtsmittelverfahren vor, nämlich, dass die Rechtsmittel gegen einen Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt werden. Es würde zu eng greifen, die Formulierung «bei Inkrafttreten dieses Gesetzes» so auszulegen, dass nur das damalige Inkrafttreten der neuen StPO im Jahr 2011 gemeint ist. Vielmehr kommen die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung beschlossen und nichts anderes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich neues Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtsmittelverfahren sieht aber Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung gefällt wurde. Diese Auslegung verhindert unbefriedigende Ergebnisse in der Praxis: Um nur zwei Beispiele zu nennen, müsste in allen hängigen Berufungsverfahren die Privatklägerschaft mit URP nach Art. 136 Abs. 3 nStPO noch einen Antrag für URP stellen (soweit noch nicht geschehen), um die URP im Berufungsverfahren überhaupt zu erhalten. Oder der Beschuldigte würde benachteiligt, wenn ihm erstinstanzlich eine Entschädigung direkt zugesprochen wird und auf seine Berufung hin die Entschädigung dann nach Art. 429 Abs. 3 nStPO im Berufungsverfahren dem Verteidiger direkt zugesprochen werden müsste. Fänden die neuen Bestimmungen auch für Rechtsmittelverfahren gegen erstinstanzliche Urteile vor dem Jahr 2024 Anwendung, würde dies bedeuten, dass bei teilweiser Anfechtung der rechtskräftige Teil des Urteils nach altem Recht ergeht, und der angefochtene nach neuem Recht. Es kann aber nicht sein, dass für ein Urteil (Art. 408 StPO) ein Teil nach altem und ein Teil nach neuem Prozessrecht gefällt wird. Diese Rechtsauffassung wird auch von früheren StPO-Revisionen gestützt: Mit der Änderung vom 28. September 2012 wurde mit Art. 456a StPO eine von den allgemeinen Regeln von Art. 448 und der Ausnahme von Art. 453 StPO abweichende Regelung geschaffen, wonach das neue Recht in allen Verfahren gelte, somit auch für Rechtsmittelverfahren. Im Weiteren kann auch Art. 2 des StGB herangezogen werden, dessen Formulierung in Abs. 1 «nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen Vergehen begeht» jeweils die entsprechende Änderung des Gesetzes meint.

 

3. Es hat demnach Folgendes zu gelten: Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO kommen als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung der StPO beschlossen und nichts Anderslautendes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich das neue Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtmittelverfahren sieht Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (der neuen Bestimmung) gefällt worden ist.

 

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies folglich, dass das alte Recht (vor dem 1. Januar 2024) zur Anwendung gelangt.

 

III. Zulässigkeit der Anschlussberufung

 

1. Der Beschuldigte liess mit Eingabe vom 16. November 2023 beantragen, es sei nicht auf die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft einzutreten. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Vorinstanz sei letztlich den Minimalanträgen der Staatsanwaltschaft gefolgt, weshalb diese gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstosse, wenn sie post festum eine höhere Freiheitsstrafe verlange. Generell lege die Staatsanwaltschaft in ihrer Anschlussberufung nirgends dar, weshalb sie auf eine Hauptberufung verzichtet habe, nun aber plötzlich höhere Strafen bzw. verlängerte Massnahmen beantrage. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft mit der Anschlussberufung lediglich versuche, Druck auf den Beschuldigten auszuüben, damit dieser die (zu Unrecht erfolgte) erstinstanzliche Verurteilung schlucke und damit nicht die Aufhebung des teilbedingten Vollzugs riskiere.

 

2. In dem von der Verteidigung zitierten Urteil 6B_1498/2020 (BGE 147 IV 505 = Pra 111 (2022) Nr. 55) hatte sich das Bundesgericht mit der Legitimation der Staatsanwaltschaft zur Erhebung der Anschlussberufung zu befassen und kam dabei zu folgendem Schluss (E. 4.4.3.):

 

«Wenn in diesem Zusammenhang angesichts Art. 381 Abs. 1 StPO kein Anlass besteht, von der Staatsanwaltschaft zu verlangen, dass sie sich bei der Erhebung einer Anschlussberufung auf ein rechtlich geschütztes Interesse berufen kann, müssen die vorstehenden Erwägungen dagegen dazu führen, sich in Bezug auf die Berechtigung der Staatsanwaltschaft zur Erhebung einer Anschlussberufung besonders streng zu zeigen, wenn deren Erhebung auf einen widersprüchlichen Schritt hinweist, der gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Verfahren verstossen kann (vgl. Art. 5 Abs. 3 BV; Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO; BGE 144 IV 189 E. 5.1 S. 192 = Pra 2019 Nr. 8). Dies gilt insbesondere, wenn die Staatsanwaltschaft ohne genaue Begründung und ohne neue Tatsachen, auf die sie sich gegebenenfalls zu berufen beabsichtigen würde (vgl. Art. 391 Abs. 2 Satz 2 StPO), eine Anschlussberufung allein in Bezug auf die Frage der Strafe erhebt und dabei deren Erhöhung beantragt, obschon ihren Anträgen von der Vorinstanz vollständig gefolgt worden ist.»

 

Im vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall beantragte die Staatsanwaltschaft in der Anschlussberufung eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, ohne dies näher zu begründen, obwohl sie vor erster Instanz eine Freiheitsstrafe von vier Jahren gefordert und diese auch erhalten hatte. Aufgrund dessen kam das Bundesgericht zum Schluss, dass der Grundsatz des Verbots der «reformatio in peius» gemäss Art. 391 Abs. 2 StPO hätte gelten müssen, wonach eine Rechtsmittelinstanz Entscheide grundsätzlich nicht zum Nachteil des Verurteilten abändern darf, wenn das Rechtsmittel nur zu dessen Gunsten ergriffen wurde (E. 4.4.4).

 

3. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass einzig das Dispositiv eines Urteils in Rechtskraft erwachsen bzw. angefochten werden kann, nicht hingegen die Begründung. Gemäss dem erstinstanzlichen Urteilsdispositiv wurde der Beschuldigte zu einer (teilbedingten) Freiheitsstrafe von 32 Monaten und einer Landesverweisung von acht Jahren verurteilt. Ferner wurde die Probezeit in Bezug auf die bedingt ausgesprochene Geldstrafe auf zwei Jahre festgesetzt. Die Staatsanwaltschaft hatte hingegen eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten, eine Landesverweisung von zehn Jahren sowie (hinsichtlich der bedingten Geldstrafe) eine Probezeit von vier Jahren beantragt. Dabei handelt es sich um eine relevante Differenz zum erstinstanzlichen Urteil, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Anschlussberufung rein formell zur Einschüchterung des Beschuldigten ergriffen wurde. Eine erhebliche Abweichung wird vom Bundesgericht indes auch nicht verlangt, wie das Urteil 6B_68/2022 vom 23. Januar 2023 zeigt. Im zu beurteilenden Fall hatten sowohl der Beschuldigte als auch die Staatsanwaltschaft jeweils eigenständig die Berufung erhoben, wobei sich der Beschuldigte gegen bestimmte Schuldsprüche wendete und die Staatsanwaltschaft gegen die Dauer der Landesverweisung. Letztere erklärte sodann die Anschlussberufung in Bezug auf die Höhe der Freiheitsstrafe. Von der Vorinstanz war der Beschuldigte zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt worden. Gemäss den Erwägungen des Bundesgerichts hätte auf die Anschlussberufung eingetreten werden können, hätte sich die Staatsanwaltschaft darauf beschränkt, die vor erster Instanz beantragten Strafe, d.h. zwölf Monate Freiheitsstrafe, zu beantragen. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch eine deutlich höhere Strafe als vor erster Instanz beantragt, nämlich eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten, weshalb das Bundesgericht zum Schluss kam, dass die Staatsanwaltschaft nicht zur Einlegung einer Anschlussberufung berechtigt gewesen sei (E. 5.5).

 

4. Im Ergebnis kann der Staatsanwaltschaft kein treuwidriges Verhalten vorgeworfen werden, ist sie doch mit ihren Anträgen vor der Vorinstanz nicht durchgedrungen. Auf die Anschlussberufung ist entsprechend einzutreten.

 

IV. Gegenstand des Berufungsverfahrens

 

1. In Rechtskraft erwachsen sind folgende Ziffern des vorinstanzlichen Urteils:

 

-       Ziffer 1: Einstellung zufolge Verjährung betreffend wiederholte Tätlichkeit (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung; Anklageschrift [AnklS] Ziff. 5), mehrfacher Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (AnklS Ziff. 7 lit. a und lit. b), Fahren in fahrunfähigem Zustand (AnklS Ziff. 8), Ruhestörung durch Nachtlärm (AnklS Ziff. 9);

-       Ziffer 2: Freispruch von den Vorhalten der versuchten Nötigung (AnklS Ziff. 2), der Drohung (AnklS Ziff. 3 lit. e), der einfachen Körperverletzung (AnklS Ziff. 4), der mehrfachen Beschimpfung (AnklS Ziff. 6);

-       Ziffer 3 lit. c: Schuldspruch wegen mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (AnklS Ziff. 7 lit. c und lit. d);

-       Ziffer 8: Herausgabe des beschlagnahmten Küchenmessers an den Beschuldigten;

-       Ziffer 9: Herausgabe diverser beschlagnahmter Gegenstände an die Privatklägerin;

-       Ziffer 10 Abs. 2: Soweit die (teilweise) abgewiesene / auf den Zivilweg verwiesene Schadenersatzforderungen betreffend;

-       Ziffer 11 Abs. 2: Soweit die (teilweise) abgewiesene / auf den Zivilweg verwiesene Genugtuungsforderung betreffend;

-       Teilweise Ziffer 12: Soweit die Höhe der Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin betreffend;

-       Teilweise Ziffer 14: Soweit die Höhe der Entschädigung der amtlichen Verteidigung betreffend.

 

2. Das Berufungsgericht hat somit noch die Vorhalte gemäss AnklS Ziffer 1, Ziffer 3 lit. a, Ziffer 3 lit. b, Ziffer 3 lit. c und Ziffer 3 lit. d zu beurteilen.

 

V. Sachverhalt und Beweiswürdigung

 

1. Vorbemerkungen

 

Nach Art. 82 Abs. 4 StPO kann das Gericht im Rechtsmittelverfahren für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des angeklagten Sachverhalts aus Gründen der Prozessökonomie auf die Begründung der Vorinstanz verweisen, wenn es dieser beipflichtet. Auf neue tatsächliche rechtliche Vorbringen, die erstmals im Rechtsmittelverfahren vorgebracht werden, ist einzugehen. Vom Instrument der Verweisung ist zurückhaltend Gebrauch zu machen, da andernfalls bei der das Rechtsmittel ergreifenden Person der Eindruck entstehen kann, die Rechtsmittelinstanz setze sich mit ihren Vorbringen nicht auseinander (vgl. BSK StPO – Nils Stohner, Art. 82 N 13). Bei strittigen Sachverhalten und Beweiswürdigungen kommt ein Verweis nur dann in Frage, wenn die Rechtsmittelinstanz den vorinstanzlichen Erwägungen vollumfänglich beipflichtet (BGE 141 IV 244 E. 1.2.3, mit weiteren Hinweisen).

 

2. Grundsätze der Beweiswürdigung

 

2.1 Gemäss der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie Art. 10 Abs. 3 StPO verankerten Maxime «in dubio pro reo» ist bis zum Nachweis der Schuld zu vermuten, dass die einer Straftat angeklagte Person unschuldig ist: es gilt demnach die Unschuldsvermutung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 120 Ia 36 ff, 127 I 40 f) betrifft der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowohl die Verteilung der Beweislast als auch die Würdigung der Beweise. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Als Beweiswürdigungsregel ist der Grundsatz «in dubio pro reo» verletzt, wenn sich der Strafrichter von der Existenz eines für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhaltes überzeugt erklärt, obschon bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, da solche immer möglich sind. Obwohl für die Urteilsfindung die materielle Wahrheit wegleitend ist, kann absolute Gewissheit bzw. Wahrheit nicht verlangt werden, da diese der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen ist. Mit Zweifeln ist deshalb nicht die entfernteste Möglichkeit des Andersseins gemeint. Erforderlich sind vielmehr erhebliche und schlechthin nicht zu unterdrückende Zweifel, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei mehreren möglichen Sachverhaltsversionen hat der Richter auf die für den Beschuldigten günstigste abzustellen. Eine Verurteilung darf somit nur erfolgen, wenn die Schuld des Verdächtigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist, d.h. wenn Beweise dafür vorliegen, dass der Täter mit seinem Verhalten objektiv und subjektiv den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verwirklicht hat. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter einerseits persönlich von der Tatschuld überzeugt ist und andererseits die Beweise die Schuld des Verdächtigen in einer vernünftige Zweifel ausschliessenden Weise stützen. Der Richter hat demzufolge nach seiner persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber zu entscheiden, ob er eine Tatsache für bewiesen hält nicht (BGE 115 IV 286).

 

2.2 Das Gericht folgt bei seiner Beweisführung dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 10 Abs. 2 StPO): Es würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung und ist damit bei der Wahrheitsfindung nicht an die Standpunkte und Beweisführungen der Prozessparteien gebunden. Unterschieden wird je nach Art des Beweismittels in persönliche (Personen, welche die von ihnen wahrgenommenen Tatsachen bekannt geben: Aussagen von Zeugen, Auskunftspersonen und Beschuldigten) und sachliche Beweismittel (Augenschein und Beweisobjekte wie Urkunden Tatspuren). Dabei kommt es nicht auf die Zahl Art der Beweismittel an, sondern auf deren Überzeugungskraft Beweiskraft. Das Gericht entscheidet nach der persönlichen Überzeugung, ob eine Tatsache bewiesen ist nicht.

 

2.3 Bei der Beurteilung von Zeugenaussagen wird das Konzept einer «allgemeinen Glaubwürdigkeit» in der Aussagepsychologie als wenig brauchbar bewertet. Der allgemeinen Glaubwürdigkeit eines Zeugen im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kommt nach heutiger Erkenntnis bei der Würdigung von Zeugenaussagen daher kaum mehr relevante Bedeutung zu. Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage. Dabei wird die konkrete Aussage durch methodische Analyse ihres Inhalts (Vorhandensein von Realitätskriterien, Fehlen von Fantasiesignalen) darauf überprüft, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben der befragten Person entspringen (BGE 133 I 33 E. 4.3; Urteile 6B_257/2020 vom 24.6.2021 E. 5.4.3; 5A_550/2019 vom 1.9.2020 E. 9.1.3.1; je mit Hinweisen). Entscheidend für den Beweiswert einer Zeugenaussage ist daher die Glaubhaftigkeit der konkreten Zeugenaussage und nicht die allgemeine Glaubwürdigkeit des Zeugen als persönliche Eigenschaft (Urteil des Bundesgerichts 6B_323/2021 vom 11.8.2021 E.2.3.3). Zu prüfen ist die Aussage auch auf Übereinstimmungen mit objektiven Beweismitteln (Urteil des Bundesgerichts 6B_32/2016 vom 20.4.2016 E. 1.5).

 

2.4 Eine beschuldigte Person erzählt im Gegensatz zu einem Zeugen/einer Zeugin bzw. einem Opfer im Regelfall nicht eine Geschichte, die sich unter Berücksichtigung der Aussageentstehung und -entwicklung anhand der Aussagequalität auf ihren Realitätsbezug überprüfen lässt. Eine beschuldigte Person ist aufgefordert, eine bestehende Geschichte zu bestätigen zu verneinen. Die Realkennzeichenanalyse ist damit bei beschuldigten Personen in aller Regel kein taugliches Mittel der Glaubhaftigkeitsbeurteilung. In der Aussagepsychologie wurden dennoch verschiedene Erkenntnisse zum Aussageverhalten schuldiger und unschuldiger Personen gewonnen (vgl. Daphna Tavor, Aussagepsychologie zur Beurteilung der Aussagen des Angeklagten, Referat im Seminar «Zwischen Wahrheit und Lüge», durchgeführt am 22. und 23.6.2015 vom Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis der Universität St. Gallen, Kompetenzzentrum für Rechtspsychologie):

-           Ein unschuldiger Beschuldigter antwortet detailreich, spontan und ohne Ausfl.hte. Er will die Wahrheit ans Licht bringen, ist gesprächig, kooperativ im Gespräch und bleibt beim Thema. Er verwendet treffende und starke Ausdrücke bezüglich des Inhalts der Vorwürfe und beteuert die Unschuld spezifisch zum jetzigen Fall, ohne dazu aufgefordert zu werden.

 

-           Ein schuldiger Beschuldigter erzählt demgegenüber nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich; er neigt zu Auslassungen. Er will die Wahrheit verheimlichen, ist zurückhaltend, unkooperativ im Gespräch und weicht auf irrelevante Themen aus. Er verwendet schwache und ausweichende Ausdrücke bezüglich des Inhalts der Vorwürfe und spricht nicht spontan über seine Unschuld.

 

3. Vergewaltigung

 

3.1 Vorhalt gemäss Anklage

 

In AnklS Ziffer 1 wird dem Beschuldigten vorgehalten, sich der Vergewaltigung schuldig gemacht zu haben, indem er am 28. Juni 2018, abends, in [Ort 1], [Adresse], Mehrfamilienhaus, in der ehemaligen gemeinsamen Wohnung des Beschuldigten und der Privatklägerin, im Wohnzimmer die Privatklägerin gegen ihren Willen, unter Anwendung von psychischem Druck, Gewalt und Drohung, zum Geschlechtsverkehr genötigt habe.

 

Die Geschädigte habe aufgrund ihrer körperlichen Unterlegenheit und weil der Beschuldigte sie in der Vergangenheit bereits mehrmals geschlagen habe, Angst vor diesem, seinen Drohungen und erneuten Schlägen gehabt, weswegen sie sich nicht körperlich gegen den Geschlechtsverkehr gewehrt habe. Sie habe dem Beschuldigten jedoch mitgeteilt, dass sie keinen Geschlechtsverkehr wolle. Der Beschuldigte habe die Geschädigte dann psychisch stark unter Druck gesetzt, indem er ihr u.a. gesagt habe, dass sie mit ihm nicht den Geschlechtsverkehr vollziehen wolle, da sie mit anderen Männern schlafe, sie u.a. als «Schlampe» beschimpft und ihr damit gedroht, sie in den Iran zurückzuschicken und ihr die Kinder wegzunehmen sie umzubringen, falls sie nicht mit ihm schlafe. Er habe diese Drohungen dadurch verstärkt, dass er einen Holzstab in die Hand genommen habe. Konkret habe er der Geschädigten einen ca. 35 cm langen und ca. 5 cm dicken Holzstab an den Hals und an den Mund gehalten, diesen auf und ab bewegt und ihr mit dem Tod gedroht, sollte sie nicht mit ihm schlafen. Wegen den schreienden Kindern habe der Beschuldigte sodann von der Geschädigten abgelassen. Am späteren Abend, zwischen ca. 21:30 Uhr und Mitternacht, habe der Beschuldigte erneut mit der Geschädigten den Geschlechtsverkehr vollziehen wollen. Diese habe das jedoch aufgrund der eben erfahrenen Drohung erneut abgelehnt. Der Beschuldigte habe zu der Geschädigten gesagt, dass sie mit ihm Geschlechtsverkehr haben müsse, da sie seine Ehefrau sei und er ansonsten eine Anzeige gegen sie machen werde. Ferner habe er sie mit seinen Händen gegen das Sofa gestossen, so dass sie auf das Sofa sitzend zu liegen gekommen sei. Als die Geschädigte versucht habe, aufzustehen, habe ihr der Beschuldigte eine Ohrfeige verpasst, weshalb sie sich wieder hingelegt habe. Zudem habe der Beschuldigte die Geschädigte an den Armen festgehalten, sie an den Haaren gepackt, sie am Hals gewürgt und ihr gesagt, dass er sie umbringen werde, sollte sie nicht mit ihm schlafen. Darüber hinaus habe der Beschuldigte die Geschädigte immer wieder in die Arme gekniffen. Die Geschädigte habe versucht, den Beschuldigten wegzustossen und habe ihre Hosen mit den Händen festgehalten. Anschliessend habe der Beschuldigte die Hände der Geschädigten wieder nach oben gezogen, sie festgehalten und ihr die Pyjamahose bzw. Leggins sowie die Unterhose ausgezogen, wobei die Geschädigte geweint und den Beschuldigten darum gebeten habe, sie in Ruhe zu lassen. Der Beschuldigte habe die Geschädigte weiter nach hinten gestossen, bis sie auf dem Sofa auf dem Rücken gelegen habe. Danach habe er ihr Pyjamaoberteil nach oben gezogen und ihren BH vorne in der Mitte zerrissen. Als ihr Bauch und ihre Brust frei gewesen seien, habe er mit seinen Händen an ihren Brüsten und ihrem Körper gespielt. Sodann habe er sie im Intimbereich berührt, ihre Beine gespreizt und sei schliesslich mit seinem Penis in ihre Vagina eingedrungen. Er sei mehrfach stark in sie eingedrungen und habe letzten Endes ihren Oberkörper sowie ihr Pyjamaoberteil mit seinem Sperma bespritzt. Während des Vorfalls habe der Beschuldigte sämtliche Schlüssel zu den Zimmertüren bei sich getragen, welche er vorgängig weggenommen habe.

 

3.2 Aussagen der Privatklägerin

 

3.2.1 Einvernahme vom 29. November 2019 (AS 323 ff.)

 

Die Privatklägerin macht zum Sachverhalt in freier Rede folgende Aussagen: Sie habe ihn (den Beschuldigten) am Anfang geliebt. Er sei sehr streng mit ihr gewesen. Sie habe häufig häusliche Gewalt erlebt. Er habe sie viel geschlagen. Jedes Mal, wenn sie ihre Kinder gesehen habe, habe sie versucht, ihm eine neue Chance zu geben. Als sie vom Irak hierher zurückgekommen sei, habe sie versucht, mit ihm weiterzuleben. Damals habe das Problem mit dem Zwang zum Geschlechtsverkehr angefangen. Dies sei im Sommer 2018 gewesen. Er habe sie gezwungen, mit ihm zu schlafen. Ihre Tochter habe in der Schule etwas gebastelt, das ausgesehen habe, wie ein Bleistift aus Holz. Es sei sehr spitzig. Es sei am 28. Juni 2018 um 21:41 Uhr gewesen. Sie habe dies mit Video aufgenommen, daher wisse sie die Daten noch so genau. Sie habe einen schwarzen Pyjamaanzug und einen rosa BH angehabt. An diesem Abend hätten sie einen kleinen Konflikt gehabt, aber keinen grossen. Er sei dann mit diesem gebastelten Holzstab gekommen. Er habe ihn hochgehoben, sei auf sie zugekommen, habe es gegen ihren Hals gedrückt und gesagt: «Ich werde dich töten und zwar jetzt.» Die Kinder hätten dann geschrien und geweint. Die Tochter habe gesagt, dass sie nie mehr so etwas in der Schule basteln werde. Als er gesehen habe, dass die Kinder angefangen hätten zu weinen, habe er das Holz weggeworfen und gesagt: «Ich habe dich heute nicht getötet, aber das nächste Mal werde ich es machen, wenn du versuchen würdest mir eine Antwort…». Dann sei sie ins Schlafzimmer gegangen und er ins Wohnzimmer. Die Kinder hätten in dieser Nacht eine solche Angst gehabt und nicht ruhig geschlafen. Sie sei eine lange Zeit bei ihnen geblieben, damit sie hätten einschlafen können. Dann habe er zu ihr gesagt, sie solle kommen, damit sie reden könnten. Sie habe ihm gesagt, dass sie nichts mit ihm zu besprechen habe. Er habe gesagt, doch, sie könnten reden, da die Kinder ja schliefen. Er habe sie dazu überreden können, mit ihm zu reden. Er habe angefangen, ihr zu sagen, dass er aggressiv gewesen sei, weil sie ihm geantwortet habe. Er habe gesagt: «Wenn ich aggressiv werde, verliere ich die Kontrolle. Weshalb hast du mir geantwortet? Deshalb habe ich das mit dem Holz gemacht. Was hättest du machen können, wenn ich dich getötet hätte? Antworte mir das nächste Mal nicht.» Dann habe er seine Hand ausgestreckt und zu ihr gesagt, sie solle mitkommen. Er habe mit ihr schlafen wollen. Sie habe ihm gesagt, dass sie nicht mit ihm schlafen könne. Sie sei dann aufgestanden. Er habe so viel Gewalt verübt gehabt, dass sie nicht mehr mit ihm habe schlafen können. Er habe sie aber trotzdem zwingen wollen. Er habe gesagt: «Du bist doch meine Ehefrau. Du musst doch mit mir schlafen. Warum nicht? Schläfst du mit anderen Männern?» Er habe ihr gesagt, dass er eine Anzeige gegen sie machen würde, da sie seine Ehefrau sei, aber nicht mit ihm schlafe. Sie habe die Gesetze nicht gekannt. Er habe sie nicht in Ruhe gelassen. Er habe sie mehrmals gestossen und unbedingt mit ihr schlafen wollen. Sie seien dabei im Wohnzimmer gewesen. Er habe sie gegen das Sofa gestossen und habe ihren Pyjama runterziehen wollen. Sie sei dann wie ein toter Mensch gewesen. Sie habe sich einfach unter seinen Händen gelassen, weil sie nicht gewusst habe, was machen. Sie sei wie tot gewesen. Bis er fertig gewesen sei. Dann habe sie ihren Pyjama wieder angezogen und sei in die Badewanne gegangen. Sie sei mit der Kleidung unter dem Wasser gewesen. Die Nacht sei dann beendet gewesen.

 

(Auf die Aufforderung, die Situation so detailliert wie möglich zu schildern) Weil er so viel mit ihr darüber diskutiert habe und sie immer wieder dazu gezwungen habe, habe sie wirklich keine Lust mehr gehabt, mit ihm zu schlafen. Und bei diesem Vorfall habe er es so viel versucht, so dass er am Schluss ihre Pyjamahose habe herunterziehen können. Er habe sie auf das Sofa gestossen, so dass sie auf dem Sofa sitzend zu liegen gekommen sei. Dann habe er ihr die Pyjamahosen ausgezogen. Er habe sie weiter nach hinten gestossen, so dass sie schlussendlich mit dem Rücken auf dem Sofa gelegen habe. Er habe ihr Pyjamahemd nach oben gezogen, so dass er ihren Bauch und ihre Brust habe freimachen können. Er habe ihren BH von hinten nicht aufmachen können. So habe er diesen von vorne in der Mitte zerrissen. Sie habe ihren Kopf zur Seite gedreht und geweint, während er schamlos mit ihrem Körper gespielt habe. Während er das gemacht und sie ihren Kopf weggedreht habe, habe sie das Gefühl gehabt, dass sie keine Kraft mehr habe und verzweifelt sei. Sie sei ganz taub gewesen, so dass sie jetzt nicht mehr genau wisse, wohin er seinen Penis gesteckt habe, anal vaginal. Sie sei wie tot gewesen. Nachdem er fertig gewesen sei und ihren Körper (zeigt dabei von ihrer Brust bis nach unten) mit Sperma dreckig gemacht habe, sei er weggegangen. Sie habe ihren Pyjama angezogen, sei in die Badewanne gelegen habe Wasser angemacht. Sie sei mit ihren Kleidern in der Badewanne gelegen und habe auf sich gespuckt. Er habe sie dreckig gemacht.

 

Auf entsprechende Nachfrage ergänzte die Privatklägerin, unter der Pyjamahose Unterhosen getragen zu haben. Er habe beide Hosen zusammen runtergezogen. (Was sie gemacht habe, als er ihr die Hosen ausgezogen habe). Sie habe geweint und ihn darum gebeten, dass er sie in Ruhe lasse. Sie habe ihm gesagt, dass sie ihn nicht mehr liebe. Gleichzeitig habe sie an die Kinder denken müssen. Wenn sie schreien würde, würden sie wach werden. Sie habe sich an diesem Abend für die Kinder geopfert. Nachdem er die beiden Hosen heruntergezogen hatte, habe sie sich nicht mehr gewehrt, weil sie da wie tot gewesen sei. (Auf Frage) Er habe ihr die Hosen komplett ausgezogen. Aber das Pyjamahemd habe er einfach nach oben geschoben und den BH vorne aufgerissen. (Auf Frage) Er habe ein graues Pyjama und ein Sweatshirt getragen. Er habe keine Unterhosen getragen. Er habe nie Unterhosen unter dem Pyjama getragen. Als er ihr die Kleider ausgezogen habe, habe er seine Kleidung noch getragen. Aber als sie ihren Kopf zur Seite gelegt und er mit ihrem Körper gespielt habe, hätte er seine Kleider schon ausgezogen. Wie er das gemacht habe, wisse sie nicht. (Wie lange der Vorfall gedauert habe) Genau wisse sie das nicht. Sie habe nicht auf die Uhr geschaut und sei danach einfach in die Badewanne gegangen. (Was der Beschuldigte danach gemacht habe) Sie habe ihn nicht mehr gesehen. Sie denke, er sei schlafen gegangen. Sie habe ihn nicht beobachtet. Sie sei für eine lange Zeit in der Badewanne gewesen. Sie habe nicht gesehen, ob er geduscht habe nicht. (Um welche Uhrzeit der Vorfall gewesen sei) Die Kinder hätten schon geschlafen. 23:00 Uhr 24:00 Uhr. Sie wisse es nicht mehr.

 

(Wie oft es vorgekommen sei, dass die Privatklägerin gegen ihren Willen Geschlechtsverkehr mit dem Beschuldigten gehabt habe) Das sei viele Male passiert. (Auf Frage) Je nachdem wie er gewollt habe. Zwei Mal pro Monat. (Ob sie sich jeweils gewehrt habe ob sie es einfach habe geschehen lassen) Drei bis vier Mal sei es passiert, dass er den Sex habe erreichen können, obschon sie sich gewehrt habe. Die weiteren Male, als er sie immer wieder dazu gezwungen habe, habe sie sich wehren können. (Wie der Beschuldigte habe merken können, dass sie jeweils nicht gewollt habe) Als er dies immer wieder von ihr gewollt habe, habe er gar nicht mehr gefragt, ob sie das wolle nicht, ob sie krank sei gesund, ob sie eingeschlafen war nicht. Wenn er gewollt habe, habe er einfach gewollt. Das sei schon seit der Heirat so gewesen.

 

3.2.2 Einvernahme vom 2. Juni 2020 (AS 361 ff.)

 

(Auf die einleitende Frage, wie oft es zu erzwungenen sexuellen Handlungen durch den Ehemann gekommen sei) Er habe schon viele Male versucht, sie sexuell zu belästigen. Ein paar Mal sei es ihm nicht gelungen. Aber drei bis vier Mal habe er sie vergewaltigt. (Auf die Aufforderung hin, den ersten Vorfall zu schildern) Das erste Mal habe er sie sehr gedrängt, dass er mir ihr schlafen wolle. Sie habe ihn weggeschubst und ihm gesagt, dass sie nicht mit ihm schlafen möchte. Der erste Vorfall sei gewesen, als die Kinder in der Nacht geschlafen hätten. Sie sei in der Stube auf dem schwarzen Sofa gewesen. Er sei dann gekommen und habe sie geschlagen. Und dann sexuell misshandelt. Sie habe dann locker gelassen. Wie eine Tote sei sie dagelegen und er habe sie vergewaltigt. Er sei nachher in sein Zimmer gegangen und sie sei mit ihren Kleidern in die Badewanne gesessen. Was solle sie sagen? (Ob sie den Vorfall noch detaillierter erzählen könne, wer genau was gemacht habe) Er habe natürlich immer wieder versucht, mit ihr zu schlafen. Sie habe sich immer geweigert und ihm gesagt, dass sie das nicht mehr wolle. Er habe dann angefangen, herumzufluchen und sie anzuschreien, von wegen, ob sie einen anderen Mann habe. Er sei dann in der Nacht immer wieder gekommen, habe sie geschubst, sie habe ihn geschubst, er habe sie geschubst und dann habe sie locker gelassen. Er habe ihre Kleider ausgezogen und habe angefangen, sie zu vergewaltigen. Sie habe nicht einmal die Kraft gehabt, ihm zu sagen, dass er aufhören solle. Sie habe sich sehr schwach gefühlt, weil sie ihm gegenüber keine Macht gehabt habe, weil er ein Mann sei und sie eine Frau. Sie sei dann aufgestanden, habe ihre Kleider angezogen und sei in die Badewanne sitzen gegangen. (Wann sich der erste Vorfall ereignet habe) Sie wisse es nicht ganz genau, ob es 2018 2019 gewesen sei. Aber nachdem sie wieder in die Schweiz zurückgekehrt sei, habe sie einen Monat später eine Handoperation gehabt und da sei es passiert. (Wo sich der Vorfall ereignet habe) In [Ort 1], in der gemeinsamen Wohnung an der [Adresse].

 

(Ob sie noch einmal sagen könne, zu was für sexuellem Kontakt es genau gekommen sei) Wie sie vorhin schon erwähnt habe, habe er sie beschimpft, geschlagen und auf das schwarze Sofa gerührt, ihre Kleider ausgezogen und mit ihrem Körper gespielt. Mehr ins Detail möchte sie nicht gehen. (Es sei wichtig, dass sie es detailliert schildere, weil sonst nicht genau klar sei, was passiert sei. Ob sie das wolle nicht näher über den ersten Vorfall sprechen möchte) Sie sei wie eine Tote auf dem Sofa gelegen. Sie wisse nicht mal, was er genau mit ihr gemacht habe. Aber er habe mit ihrem Körper gespielt, sie vergewaltigt und sie da liegen gelassen. (Wie er sie beschimpft habe). Er habe immer wieder zu ihr gesagt, dass sie einen anderen habe, darum wolle sie nicht mit ihm schlafen. Sie habe ihm gesagt, dass sie niemanden habe, aber ihn nicht mehr liebe und darum keinen sexuellen Kontakt mehr mit ihm haben möchte. Dann habe er angefangen, zu drohen und gesagt, er werde sie umbringen, wenn er herausfinde, dass sie jemand anderen habe. Dann habe er angefangen zu fluchen, sie sei eine Schlampe, ihre Mutter sei eine Hure. Sie habe gesagt, sie habe niemand anders, sie liebe ihn aber nicht mehr und sie wolle sich von ihm trennen. Weiter habe er gesagt, er werde sie umbringen, wenn er herausfinde, dass sie einen anderen habe. «Ich werde dich umbringen, du Hurentochter, wenn du nicht mit mir schläfst». (Wie genau er sie beim ersten Vorfall geschlagen habe) Also zuerst habe er sie aufs Sofa geschubst, gestossen mit den Händen. Dann habe sie versucht, aufzustehen. Er habe ihr eine Ohrfeige verpasst. Sie sei wieder hingelegen. Er habe sie dann am Hals gewürgt und gesagt, er werde sie umbringen, wenn sie nicht mit ihm schlafe. Und immer wieder habe er überall an den Armen gekniffen.

 

(Wie genau er ihr die Kleidung ausgezogen habe) Sie könne sich erinnern, dass sie schwarze Leggins angehabt habe. Nachdem sie gelegen sei, habe er dann auf einmal die Unterhosen und die Leggins ausgezogen. (Und oben) Oben habe er nur hochgetan, aber nicht ausgezogen. (Was mit seiner Kleidung gewesen sei) Sie wisse es nicht mehr. Sie wisse nicht mehr, welche Farbe sein T-Shirt gehabt habe, aber er habe ein kariertes Pyjama angehabt.

 

(Wie genau es zum sexuellen Kontakt gekommen sei. Ob sie sagen könne, mit welchem Körperteil, was passiert sei) Sie habe keine Lust, das detailliert zu erzählen. Aber wenn sie sage Vergewaltigung, dann sei das, dass er mit den Händen mit ihrem Körper gespielt habe, ihre Beine gespreizt habe und dann in sie eingedrungen sei. (Mit was er eingedrungen sei) Er habe mit ihr geschlafen. (Mit welchem Körperteil er eingedrungen sei bei ihr) Sie könne sich nicht ganz genau erinnern, da sie wie eine Tote da gelegen sei. Das erste Mal sei einfach anders gewesen als die anderen Male, als sie zusammen geschlafen hätten. Sie sei unter Schock gewesen, daher sei sie nachher auch in die Badewanne sitzen gegangen und habe gar nicht genau realisiert, was passiert sei. (Inwiefern dieses erste Mal anders gewesen sie als die anderen Male, als sie miteinander geschlafen hätten) Weil sie das erste Mal dazu gezwungen worden sei, mit ihm zu schlafen. (Wie sie gezeigt habe, dass sie den sexuellen Kontakt nicht wolle) Sie hätten am Anfang die verbale Auseinandersetzung gehabt. Sie habe ihm erklärt, dass sie ihn nicht mehr liebe und sie nicht mehr mit ihm schlafen möchte. Er habe dann angefangen, sie zu beschimpfen, und sie als Schlampe zu bezeichnen, dass sie einen anderen Mann habe. Sie habe ihm gesagt, ob sie einen anderen Mann habe nicht, sie liebe ihn nicht und wolle ihn auch nicht mehr. Sie wolle die Trennung. (Ab welchem Moment sie «wie tot» gewesen sei) In dem Moment, als er ihr die Leggins runtergezogen habe. Beziehungsweise das Pyjama. (Was sie dann noch gemacht habe, als sie wie tot gewesen sei) Sie habe gemerkt, dass sie keine Macht über ihn habe und habe mit sich machen lassen, was er gewollt habe. Da er ihr immer wieder gedroht habe, sie umzubringen. Sie habe ehrlich gesagt immer Angst vor ihm gehabt, da er zu Hause in der Wohnung immer mit einem Messer herumgelaufen sei.

 

(Erneut aufgefordert, den sexuellen Kontakt zu beschreiben, also mit Benennung der entsprechenden Körperteile, mit was er wo bei ihr eingedrungen sei) Sie könne sich erinnern, dass er mit den Händen zuerst mit ihren Brüsten gespielt habe. Und dann in ihrem Intimbereich. Dann habe er ihre Beine gespreizt. Sie habe gespürt, wie stark er rein- und rausging. Aber dann habe sie nichts mehr spüren können. Als sie aufgestanden sei, um sich anzuziehen, habe sie gesehen, wie ihr ganzer Oberkörper mit Sperma bespritzt gewesen sei. Auch das T-Shirt, welches sie angehabt habe, sei dreckig gewesen.

 

(Ob sie bei dem Vorfall verletzt worden sei) Zwei Tage habe sie auf den Armen und ganz leicht am Hals blaue Flecken gehabt. Und als sie in die Badewanne gegangen sei, habe sie Schmerzen im Unterbauchbereich gehabt. (Ob sie den Wochentag und die Uhrzeit nennen könne) Das genaue Datum und die Uhrzeit sei auf ihrem Handy, das schon ausgewertet worden sei. Den Tag genau wisse sie nicht mehr. Aber die Kinder hätten schon geschlafen, also sei es zwischen 21:30 und 22:00 Uhr gewesen. (Ob sie eine Möglichkeit gehabt hätte, der Situation zu entkommen) Nein, da sie an ihre Kinder gedacht habe. Nicht einmal schreien habe sie können wegen der Kinder. Sie hätten nie ruhig schlafen können. Und sie hätten immer unter Streit und Schlägen gelitten. (Ob ihr noch etwas zu diesem ersten Vorfall in den Sinn käme) Er habe auch alle Türschlüssel weggenommen und bei sich gehabt. Da sie vielfach mit den Kindern geschlafen und immer die Türe geschlossen habe. Dann habe er alle Schlüssel zu sich genommen, weil er den Sex gebraucht habe.

 

Nach einem kurzen Unterbruch der Einvernahme und nachdem die Privatklägerin über einen zweiten Vorfall mit dem Beschuldigten berichtet hatte, bei welchem es indes zu keinem sexuellen Kontakt gekommen sein soll, fragte diese, ob sie zum ersten Vorfall zurückkommen könne, da sie ein paar Sachen vergessen habe, die ihr nun wieder in den Sinn gekommen seien. In freier Rede schilderte sie sodann folgendes: Am Abend bevor der sexuelle Vorfall gewesen sei, habe ihre Tochter in der Schule so ein Stück Holz gebastelt gehabt, das vorne spitzig wie ein Stift gewesen sei. Er habe schon am Abend mit ihr zu diskutieren begonnen, vor den Kindern, dass er mit ihr schlafen wolle. Sie habe sich dann immer wieder geweigert. Und plötzlich habe er das Holzteil auf ihren Hals gerichtet. Während dessen habe er immer wieder zu ihr gesagt, entweder schlafe sie mit ihm er werde sie umbringen. Er habe das Holzteil immer wieder vom Hals zum Mund und wieder zum Hals gerichtet. E.___ habe dann angefangen zu schreien und gesagt, sie werde nie mehr in der Schule so etwas basteln und heimbringen, sonst werde Papi sie (die Privatklägerin) damit umbringen. Sie habe die erste Frage nicht so richtig verstanden, als sie gebeten worden sei, detailliert zu sagen, wie er sie sexuell belästigt habe. Er habe mit seinen Händen an ihrem Körper gespielt und sei mit dem Penis in sie eingedrungen «in Intim». Das sei noch das, was sie habe sagen wollen. (Ob sie einen Namen für das habe, wo er bei ihr mit dem Penis eingedrungen sei) Nein (Konkret gefragt, ob er mit dem Penis vaginal anal eingedrungen sei) Vaginal von vorne.

 

(Ob sie sich noch an einen anderen Vorfall erinnern könne, bei dem es schlussendlich zu einem sexuellen Kontakt gekommen sei, mit dem sie nicht einverstanden gewesen sei) Sie könne sich nicht ganz genau erinnern. Es sei häufig vorgekommen, dass er mir ihr geschlafen habe, ohne dass sie gewollt habe. Aber von den schlimmen Vorfällen habe sie schon erzählt, das erste und zweite Mal.

 

(Sie habe am Anfang gesagt, er [der Beschuldigte] habe ein paar Mal versucht, sie sexuell zu belästigen. Meistens sei es ihm nicht gelungen bis auf die Vorfälle, über die sie schon gesprochen habe. Was bei den Vorfällen, wo sie den sexuellen Kontakt erfolgreich habe verhindern können, anders gewesen sei, dass sie es habe abwehren können) Nachdem, was er ihr das erste Mal angetan habe und sie sich nicht habe wehren können und er mit ihr gemacht habe, was er wollte, sei sie psychisch krank geworden. Als er dann die weiteren Male versucht habe, sie zu belästigen, habe sie sich innen richtig stark gefühlt und sich wehren können und nein gesagt, sie wolle das nicht. Nach dem ersten Vorfall, da sie sich so nutzlos und dreckig gefühlt habe, habe sie sich geschworen, sie werde nie mehr mit ihm schlafen, auch wenn er sie umbringe. (Ob es richtig sei, dass es zu einem Vorfall gekommen sei, bei dem er den Geschlechtsverkehr gegen ihren Willen ganz habe vollziehen können) Es sei viele Male passiert, dass er mit ihr geschlafen habe ohne ihren Willen. Aber so schlimm wie beim ersten Mal sei es nie gekommen. Weil da habe er sich gewehrt und durchgesetzt, was er wollte. (Wie es bei den anderen Malen gewesen sei, als es ohne ihren Willen geschehen sei) Der Unterschied sei gewesen, dass sie bei den anderen Malen immer wieder an ihre Kinder gedacht und mitgespielt habe, damit die Kinder das nicht mitbekommen würden. Sie habe ehrlich gesagt auch sehr Angst vor ihm gehabt. Aber sie habe gedacht, sie müsse mitmachen und ruhig sein, bis sie sich von ihm trenne und da raus komme. (Ob er bei diesen Malen, als sie ruhig gewesen sei und mitgemacht habe, gemerkt habe, dass ihr Wille fehle) Natürlich habe er das gewusst, dass sie nicht wolle. Weil sie es immer wieder gesagt habe. Als sie frisch in die Schweiz gekommen sei, am Anfang, der erste Monat sei gut gegangen. Sie hätten zusammen geschlafen auch mit ihrem Willen. Aber nachdem sie operiert worden sei, habe es angefangen. Als erstes habe er ihr ins Spital angerufen und sie zusammengeschissen, weshalb sie für die Kinder nicht genug Kleidung aus dem Irak mitgenommen habe, da die Kleider dreckig seien und die Kinder nicht genügend zum Anziehen hätten. Sie habe fünf Tage im Spital gelegen. Als sie dann heimgekommen sei, habe er sich nicht um sie gekümmert. Sie hätten sich gestritten. Ihre Probleme hätten da angefangen. Sie habe ihm gesagt, dass sie ihn nicht mehr wolle und ihn nicht mehr liebe. Ein bisschen später hätten sie wieder ein bisschen Frieden gehabt, aber was den Sex anbelangt habe sie ihm immer wieder gesagt, dass sie nicht mit ihm schlafen und sie sich trennen wolle. Aber sie habe dann trotzdem mit ihm geschlafen, den Kindern zuliebe, und sei ruhig geblieben.

 

(Auf die Ergänzungsfrage des Beschuldigten bzw. seiner Verteidigung, was der Grund sei, weshalb sie ihren Mann nicht mehr liebe) Sie habe ihren Mann geliebt. Sie sei vier Jahre allein mit zwei Kindern im Irak gewesen und habe da ein schönes Leben gehabt. Aber dann habe er ihr versprochen, dass sie ein neues Leben anfangen und er sich ändern würde. Also habe sie noch ein bisschen Gefühle für ihn gehabt. Da er auch noch der Vater ihrer Kinder gewesen sei, habe sie ihm geglaubt und sei zurückgekommen. Dann habe er angefangen mit der Fragerei: «Was hast du in den vier Jahren gemacht? Mit wem bis zu zusammen gewesen?» Sein Problem sei, dass er krankhaft eifersüchtig sei. (Sie seien 2018 für drei Wochen in Istanbul gewesen und danach habe sie im Juni 2018 die Mandeloperation gehabt. Die Frage sei, ob sie ihren Mann vorher noch geliebt habe) Ja, habe sie. Natürlich. Auch in den drei Wochen, als sie in Istanbul gewesen seien, hätten sie ein ganz gutes Verhältnis gehabt. Sie habe wirklich an ihn geglaubt. Sie hätten dann auch ein gutes Verhältnis gehabt, als sie in die Schweiz gekommen seien, bis zu ihrer Operation. Dann habe er wieder angefangen mit seiner krankhaften Eifersucht, die er habe, Fragen zu stellen.

 

(Ob sie sich dagegen gewehrt habe, als ihr Mann sie bei der ersten Vergewaltigung ausgezogen habe) Natürlich. Sie habe ihn dann auch gestossen. Er habe sie nachher auf Sofa gestossen und ihre Arme dann ganz fest gehalten. Nachdem er ihre Arme so fest gedrückt habe, habe sie keine Kraft mehr gehabt. Dann habe er das Pyjama und die Unterhosen zusammen gerissen. (Ob sie sich gegen das Ausziehen gewehrt habe) Natürlich. Sie habe sich in der Nacht sehr gewehrt, aber sie habe keine Chance gehabt. (Nach Wiederholung der Frage) Nachdem er sie mit den Armen gedrückt habe auf dem Sofa. Er habe gerade ihr Pyjama ergreifen wollen. Sie habe dann noch versucht, die Hosen festzuhalten, während sie die Hand bei der Hose gehabt habe, habe er nochmals die Hände hochgemacht und gedrückt. Und dann auch beim Hals reingedrückt. Und in der Zeit, als er ihr die Hände in den Hals gedrückt habe, habe sie versucht, ihn vorne wegzustossen. Es kämen ihr so viele Sachen in den Sinn.

 

3.2.3 Konfrontationseinvernahme vom 12. April 2022 (AS 409 ff.)

 

(Ob sie anlässlich der Einvernahme vom 2. Juni 2020 den Vorfall so geschildert habe, wie er sich zugetragen habe) Ja, sie habe es noch verkürzt und nicht alles erzählt. (Ob es stimme, dass sich der Vorfall am späteren Abend des 28. Juni 2018 zugetragen haben) Sie könne sich nicht an die genau Uhrzeit erinnern. Aber es sei ca. abends um 18:00 Uhr gewesen. (Ob es stimme, dass sie damals grundsätzlich den Geschlechtsverkehr mit ihrem Mann verweigert habe, dann von ihm aber gezwungen worden sei) Er habe sie immer wieder zum Geschlechtsverkehr gezwungen und sie immer wieder Schlampe genannt, weil er immer gesagt habe, er wisse, weshalb sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wolle. Weil sie eine Schlampe sei und mit mehreren anderen Geschlechtsverkehr habe. (Ob ihr Mann damals realisiert habe, dass sie keinen Geschlechtsverkehr haben wolle) Ja, ganz sicher. (Wie er das habe merken müssen) Weil sie die Trennung von ihm verlangt habe. Es gehe nicht nur um den 28. Juni. Das sei einer der Vorfälle, die passierte seien. Als er sie in die Schweiz gebracht habe, hätten sie einen Monat ein schönes Leben gehabt und danach nicht mehr. (Nochmals gefragt, wie der Beschuldigte am 28. Juni habe merken können, dass sie keinen Sex haben wollte) Sie habe die Frage falsch verstanden. An dem Abend sei sie im Wohnzimmer gewesen. Er sei immer wieder gekommen und habe Geschlechtsverkehr gewollt. Sie habe sich dann immer wieder geweigert und gesagt, sie wolle sich trennen. Sie habe ihn auch immer gebeten, sie in Ruhe zu lassen und gesagt, dass sie keinen Sex wolle. Er habe dann immer gesagt, dass sie seine Frau sei, er Geld in sie investiert habe und sie verpflichtet sei, Sex mit ihm zu haben. (Ob ihr Mann damals Gewalt gegen sie angewendet habe) Kurz darauf habe er das Holzstück geholt, welches die Tochter im Kindergarten gemacht habe. Er habe das Holzstück bzw. die Spitze immer wieder gegen ihren Hals und Mund gehalten, mehrheitlich gegen den Mund. Ihr Kind habe Angst bekommen und habe angefangen zu schreien. Erst dann habe er sie in Ruhe gelassen, da die Kinder so viel geweint hätten. (Das heisse, es sei nicht zum Geschlechtsverkehr gekommen an diesem Abend?) Doch, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Nacht, als die Kinder geschlafen hätten. (Ob sie zu diesem Vorfall noch etwas sagen möchte) Was sie noch ergänzen möchte, sei, dass er sie an diesem Abend auch noch geschlagen habe. Er habe ihre beiden Arme gegen oben zusammengedrückt und gehalten. Mit der anderen Hand habe er das Pyjama ausgezogen inklusive den BH zerrissen. Er habe dann auch ihre beiden Arme fest zusammengedrückt, sie an den Haaren gezogen und ihr eine Ohrfeige gegeben. Er habe sie gleichzeitig auch bedroht, dass er sie töten werde, wenn sie einen Ton von sich gäbe. Sie habe auch nicht geschrien, weil ihre Kinder grosse Angst vor ihm gehabt hätten.

 

(Auf Vorhalt ihrer früheren Aussagen, wonach der Beschuldigte sie schon vier Mal versucht habe, sexuell zu belästigen, es ihm ein paar Mal nicht gelungen sei, aber er sie drei bis vier Mal vergewaltigt habe) Es sei nicht so, dass es nur drei bis vier Mal gewesen sei, dass er Sex von ihr verlangt habe. Sie habe einfach nur von diesen drei bis vier Mal erzählt, die eine grosse Auswirkung auf sie und ihren Körper gehabt haben. Sie habe Fotos und Videos, die zeigten, was er mit ihrem Körper gemacht habe. (Ob sie zwischen den Begriffen «Sex verlangen» und «Sex gegen den Willen durchsetzen» einen Unterschied sehe) Er habe immer zuerst Sex verlangt und wenn sie sich verweigert habe, sei es später zu Drohungen und Beschimpfungen gekommen und er habe den Sex schlussendlich gegen ihren Willen durchgesetzt.

 

3.2.4 Einvernahme vor dem Berufungsgericht

 

Nach dem Vorhalt der Vergewaltigung befragt, führte die Privatklägerin in freier Rede aus, sie habe sich eigentlich von ihm (dem Beschuldigten) trennen wollen. Sie habe keine Lust mehr gehabt, mit ihm zu schlafen. Aber er habe das nicht verstanden. Leider habe er sie immer wieder gezwungen und mit ihr schlafen wollen. An einem Abend habe er so auf sie gewirkt. Sie könne das bis heute nicht vergessen. Er habe ihr gesagt, sie müsse mit ihm schlafen. Sie habe gesagt, dass sie nicht wolle und er sie in Ruhe lassen solle. «Wieso soll ich aufhören? Bist du eine Schlampe? Schläfst du nicht mit mir, weil du mit anderen Männern schläfst?» Er habe alle Schlüssel von den Zimmern weggenommen, damit sie nicht im anderen Zimmer schlafe und die Türe schliesse. An diesem Abend seien die Kinder eingeschlafen. Sie sei im Wohnzimmer gewesen. Sie hätten ein schwarzes Sofa gehabt. Er sei zu ihr gekommen und habe sie angegriffen. Er habe sie gestossen und gesagt, er wolle mit ihr schlafen. Sie habe ihn x-Mal gebeten, nicht laut zu sein, da die Kinder schliefen und die Nachbarn nichts mitbekommen sollten. Er habe sie nicht gelassen. Er habe sie aufs Sofa gestossen und sie habe sich verweigert. Sie sei ruhig gewesen wegen der Kinder. Sie habe sich mit den Händen und mit Stossen verteidigt. Sie habe sich gewehrt. Sie habe nicht so viel Kraft gehabt, um sich gegen ihn zu wehren. Dann habe er ihre Kleider angefasst. Mit einer Hand habe sie ihre Pyjamahosen gehalten. Er habe ihre Hände nach hinten gezogen und sie gekniffen. Er habe sie gewürgt und gesagt: «Ich bringe dich um, du Schlampe.» Dann habe er das Pyjama ausgezogen und den BH zerrissen. Er habe mit ihren Brüsten und ihrem Körper gespielt und mit ihr geschlafen. Sie sei schockiert gewesen. Er habe das Sperma auf ihrem Körper verteilt. Danach sei sie in die Badewanne gegangen. Dort habe sie die Nacht verbracht. (Wie sie sich da gefühlt habe) Sie habe das Gefühl gehabt, dass sie eine Frau sei und keine Kraft habe. Er habe ihr gesagt, dass sie eine Schlampe sei und mit anderen Männern schlafe. Obwohl er sie isoliert habe. Sie habe mit niemandem Kontakt gehabt. Sie sei so kaputt gewesen, so zerbrochen. Sie werde die Nacht nie in ihrem Leben vergessen. (Ob der Beschuldigte früher schon damit gedroht habe, sie umzubringen, wenn er herausfinde, dass sie einen anderen habe, und sie als Schlampe bezeichnet habe) Immer sei es so gewesen. Daher habe sie nicht mit ihm schlafen wollen.

 

3.3 Aussagen des Beschuldigten 

 

3.3.1 Einvernahme vom 14. Januar 2020 (AS 353 ff.)

 

Die Frage, ob es zu sexuellen Übergriffen von ihm gegen seine Ehefrau gekommen sei, verneinte der Beschuldigte. Seine Frau habe im Jahr 2019 Probleme mit den Mandeln gehabt. Sie habe dann nicht mehr mit ihm schlafen wollen. Seitdem habe sie keinen Sex mehr mit ihm gehabt. Er habe ihre Entscheidung akzeptiert. (Auf Frage) Das Datum wisse er nicht. Ca. im Juni / Juli 2019. (Ob er Sex mit seiner Frau gehabt habe, obwohl sie ihm klar zu verstehen gegeben habe, dass sie dies nicht wolle) Nein, nie. Als ihre Schwester im Jahre 2019 angerufen habe, habe sie gefragt, wie es ihnen gehe. Da hätten sie über viele Sachen gesprochen, dass sie die Aufgaben zu Hause nicht mache und nicht mit ihm schlafe. Er habe gesagt, sie (die Privatklägerin) mache grosses Theater und er habe keine Lösung. Die Schwester habe dann mit ihr gesprochen und es sei etwas besser geworden. (Was er dazu sage, dass er am 28. Juni 2018 seiner Frau ein Holz [von der Tochter gebastelter Holzstab) an den Hals gehalten und ihr gesagt habe, er werde sie töten) Das stimme nicht. (Auf die Vorwürfe der Vergewaltigung vom 28. Juni 2018 angesprochen) Das stimme nicht. Das sei Lügerei und Schweinerei.

 

3.3.2 Konfrontationseinvernahme vom 12. April 2022 (AS 409 ff.)

 

(Ob er jemals gegen den Willen seiner Ehefrau den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzogen habe) Niemals. (Ob er sich vorstellen könne, weshalb ihn seine Ehefrau so massiv belaste) Das sei alles ein Plan, den sie schon seit Jahren geplant habe. Sie wolle die Scheidung und ihm die Kinder wegnehmen. Weshalb habe sie im Irak, als sie mit den Kindern da gewesen sei, nie die Scheidung verlangt und erst hier. Das sei alles eine Lüge, die sie erfunden habe. Aber er bedanke sich nicht nur einmal bei ihr, sondern hundert Mal, dass sie sich scheiden lassen wolle. (Ob er seine Ehefrau jemals geschlagen, bedroht beschimpft habe) Wenn ein Mensch wütend sei, lasse man das eine andere Wort raus, aber das mit dem Schlagen und Drohen stimme nicht. (Auf Frage) Ja, die Beschimpfungen würden stimmen. (Was er zum Vorhalt der Vergewaltigung vom 28. Juni 2018 in [Ort 1] sage) Das stimme nicht. Es sei alles gelogen, von A bis Z.

 

3.3.3 Einvernahme vor der Vorinstanz vom 11. Mai 2023 (ASOG 45 ff.)

 

(Auf den Vorhalt der Vergewaltigung vom 28. Juli 2018) Das sei nie passiert. Sie (die Privatklägerin) habe das letzte Mal hier gesagt, dass sie gelogen habe nur, damit er die Kinder nicht sehe. Er wisse nicht, weshalb sie das hier machen würden. Sie habe mündlich gesagt, dass alles gelogen sei, nur damit er die Kinder nicht sehe. (Auf die konkreten Vorwürfe der Privatklägerin angesprochen) Nein, nie. Das sei alles Lügerei. (Auf den Holzstab angesprochen, dessen Bild sich in den Akten befinde) Seine Tochter habe diesen von der Schule nach Hause gebracht. Die Kinder hätten mit ihm gespielt. Es sei nicht vernünftig, dass ein Kind so etwas mache. Er habe Angst gehabt, dass sie sich verletzten und es in den Abfall geworfen. Am nächsten Tag habe er gesehen, dass sie ihn wieder hervorgeholt hätten. Sie (die Privatklägerin) sage immer, er habe sie damit bedroht. Das habe mit der Ehefrau nichts zu tun.

 

3.3.4 Einvernahme vor dem Berufungsgericht

 

Auch anlässlich der Berufungsverhandlung bestritt der Beschuldigten den Vorhalt der Vergewaltigung. Er habe einen Badge von der Firma, wo er gearbeitet habe. In dieser Nacht habe er gearbeitet. Ein Jahr nach der Trennung habe er die Kinder bei ihr abgeholt. Sie habe kein Problem mit ihm gehabt.

 

3.4 Beweiswürdigung

 

Die Aussagen der Parteien stimmen insofern überein, als beide gleichlautend angeben, es habe einen Zeitpunkt gegeben, ab welchem die Privatklägerin keinen Geschlechtsverkehr mit dem Beschuldigten mehr haben wollte. Der Beschuldigte ordnete diesen Zeitpunkt in seiner Einvernahme zwar im Juni / Juli 2019 ein. Da die Parteien jedoch übereinstimmend davon ausgehen, sich im Dezember 2018 getrennt zu haben (AS 113, AS 117), kann es sich dabei nur um eine Verwechslung handeln. Die Parteien schildern übereinstimmend, dass die Privatklägerin kurz nach ihrer Rückkehr aus dem Irak – und somit im Juni 2018 – eine Mandeloperation (in der Einvernahme vom 2. Juni 2020 fälschlicherweise mit Handoperation übersetzt) hatte und es da zum Streit zwischen den Ehegatten kam, in dessen Folge die Ehefrau keinen Geschlechtsverkehr mehr mit dem Ehemann wollte (vgl. auch die Angaben der Parteien im Bericht des Sozialateliers vom 22. Juni 2020, AS 106 ff.).

 

Damit steht fest, dass die Privatklägerin ab Juni 2018 keinen Geschlechtsverkehr mehr mit dem Beschuldigten haben wollte. Während der Beschuldigte angibt, den Willen der Privatklägerin akzeptiert und seither keinen Sex mehr mit ihr gehabt zu haben, schilderte letztere, am 28. Juni 2018 von ihrem Ehemann vergewaltigt worden zu sein. Im Nachfolgenden gilt es daher, die Aussagen der Parteien auf ihre Glaubhaftigkeit hin zu überprüfen.

 

3.4.1 Würdigung der Aussagen der Privatklägerin

 

3.4.1.1 Entstehungsgeschichte der Aussagen der Privatklägerin

 

Die Privatklägerin erwähnte den Vorwurf der Vergewaltigung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden erstmals am 26. November 2019 und somit fünf bzw. vier Monate, nachdem gegen den Beschuldigten bereits ein Strafverfahren wegen Drohung und Tätlichkeiten eröffnet worden war, wozu die Privatklägerin am 18. Juni 2019 einvernommen wurde. Am 4. September 2019 wurde dieses Verfahren gestützt auf den Vergleich zwischen den Parteien provisorisch eingestellt. Aktenkundig ist sodann, dass die Privatklägerin am 12. November 2019 zusammen mit den beiden Kindern in eine Schutzunterkunft eintrat (AS 107) und am 25. November 2019 durch ihre Rechtsvertreterin den Vergleich widerrufen liess. Am 26. November 2019 erfolgte die Meldung durch eine Mitarbeiterin des Frauenhauses, wonach die Privatklägerin eine Anzeige wegen eines Sexualdeliktes machen möchte. Aktenkundig ist weiter, dass am 2. Dezember 2019 eine Eheschutzverhandlung stattfand (AS 67 ff.). Der Beschuldigte macht nun geltend, die Ehefrau habe die Vorwürfe gegen ihn nur erhoben, um dessen Besuchs- und Ferienrecht zu vereiteln (vgl. auch Plädoyer der Verteidigung vor der Vorinstanz, ASOG 76 f.).

 

Hätte der Vorwurf der Vergewaltigung einzig dazu gedient, das Kontaktrecht des Beschuldigten zu vereiteln, so ist nicht ersichtlich, weshalb die Privatklägerin noch im September 2019 einen Vergleich unterzeichnete, welcher zur provisorischen Einstellung des Strafverfahrens führte, nur um diesen wenige Monate später zu widerrufen und noch gravierendere Vorwürfe gegen den Beschuldigten zu erheben. Unzutreffend ist auch das Vorbringen der Verteidigung, wonach die Privatklägerin ihre (bisherigen) Vorwürfe gegen den Beschuldigten im Vergleich vom 3. September 2019 zurückgezogen habe. Dergleichen ist dem besagten Vergleich nichts zu entnehmen (AS 471 f.). Dieser sagt nichts darüber aus, ob die gegen den Beschuldigten gemachten Vorwürfe zutreffen, sondern lediglich, dass die Privatklägerin die Durchführung des Strafverfahrens zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wünschte. Letztlich wurde der Vergleich auch widerrufen, da sich der Beschuldigte (gemäss den Angaben der Privatklägerin) entgegen der Vereinbarung nicht von dieser ferngehalten haben soll, sie vielmehr derart bedrängt habe, dass sie keinen anderen Ausweg gesehen habe, als sich in eine geschützte soziale Institution zu begeben (AS 483 f.).

 

Anlässlich ihrer Einvernahme vom 29. November 2019 erklärte die Privatklägerin, es sei auch nach der Trennung, als sie mit den Kindern in einer eigenen Wohnung gelebt habe, zu weiteren Vorkommnissen gekommen. Der Beschuldigte habe dasselbe Verhalten gezeigt, wie zuvor, als sie noch zusammen gewesen seien. Daher wolle sie die Sachen (gemeint ist die Vergewaltigung) jetzt erzählen und Anzeige machen (AS 334 f.). Diese Erklärung leuchtet ein. Nicht selten befinden sich Opfer von häuslicher Gewalt auch nach einer Trennung in einer nach wie vor schwierigen Situation und sehen sich dem Druck des Ehepartners ausgesetzt. Es erscheint nachvollziehbar, dass die Geschädigte, nachdem weder die Trennung noch die Anzeige wegen Drohung und Tätlichkeit bzw. der abgeschlossene Vergleich die erhoffte Ruhe brachte, die Anzeige wegen Vergewaltigung erst erhob, als sie sich in einem geschützten Rahmen befand. So bestätigte auch die Privatklägerin, bei der anderen Polizeibefragung im Juni 2019 nichts davon gesagt zu haben, weil sie Angst vor dem Beschuldigten gehabt habe und noch unter seiner Kontrolle gewesen sei (AS 334).

 

Schliesslich ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass die Privatklägerin gestützt auf die Aktenlage nicht den Eindruck erweckt, dass sie dem Beschuldigten die Kinder wegnehmen wollte. Es kann hierfür auf die zutreffenden Ausführungen in der vorinstanzlichen Urteilsbegründung verwiesen werden (Urteilsseite [US] 12; vgl. auch Bericht des Sozialateliers vom 22. Juni 2020, S. 18 [AS 123]).

 

Der umschriebene zeitliche Ablauf und der Zusammenhang mit dem Eheschutzverfahren gilt es bei der nachfolgenden Würdigung sicherlich zu berücksichtigen. Gestützt auf die obigen Ausführungen erscheint jedoch unwahrscheinlich, dass die Privatklägerin den Vorwurf erhob, um das Besuchs- und Ferienrecht des Beschuldigten zu vereiteln.

 

3.4.1.2 Konstanzanalyse

 

In den wesentlichen Punkten stimmen die Aussagen der Privatklägerin im Rahmen der insgesamt drei Einvernahmen überein. So schilderte sie konstant, wie der Beschuldigte ihr im Vorfeld zur Vergewaltigung einen spitzen Stock, welchen die Tochter in der Schule gebastelt habe, an Hals und Mund gehalten habe und ihr mit dem Tod gedroht habe. Die Kinder hätten dann geschrien und geweint, so dass der Beschuldigte von der Privatklägerin abgelassen habe. Nachdem die Kinder schlafen gegangen seien, habe er mit ihr schlafen wollen. Sie habe sich geweigert und gesagt, dass sie nicht wolle, woraufhin er ihr vorgeworfen habe, einen anderen Mann zu haben und deswegen nicht mit ihm schlafen zu wollen. Anschliessend habe er sie auf das Sofa geschubst und ihr die Hosen und Unterhosen ausgezogen. Nachdem er ihr die Hosen ausgezogen hatte, habe sie sich nicht mehr gewehrt und sei «wie tot» gewesen. Das Pyjamahemd habe er einfach nach oben geschoben und den BH vorne aufgerissen. Sie habe ihren Kopf zur Seite gedreht und geweint, während er schamlos mit ihrem Körper gespielt habe. Anschliessend sei er in sie eingedrungen. Nachdem er fertig gewesen sei und ihren Körper mit Sperma dreckig gemacht habe, sei er weggegangen. Sie habe ihren Pyjama wieder angezogen, sei mit den Kleidern in die Badewanne gelegen und habe das Wasser angemacht. Während der Vergewaltigung habe sie an die Kinder denken müssen. Hätte sie geschrien, wären diese wach geworden. Sie habe sich an diesem Abend für die Kinder geopfert.

 

In Bezug auf die Elemente der Druckausübung ging die Vorinstanz davon aus, dass in den Aussagen der Privatklägerin eine Aggravationstendenz erkennbar sei. In der Tat führte die Privatklägerin erst in der zweiten Einvernahme aus, der Beschuldigte habe sie geschlagen bzw. geohrfeigt und gewürgt. Auch ist ihren ersten Aussagen nicht zu entnehmen, dass der Beschuldigte ihr gedroht habe, sie umzubringen, wenn sie nicht mit ihm schlafe, und er sie überall an den Armen gekniffen habe. In der Konfrontationseinvernahme vom 12. April 2022 erwähnte sie auf die mehrfache Frage, wie der Beschuldigte gemerkt habe, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm haben wollte, keine Gewalt. Auch auf die konkrete Frage nach angewendeter Gewalt erwähnte sie zunächst nur das Holzstück, welches der Ehemann ihr früher an diesem Abend an den Hals und Mund gehalten habe. Erst am Schluss der Einvernahme gab sie in Abweichung zu ihren früheren Aussagen neu an, wie der Beschuldigte sie zudem an den Haaren gerissen und ihre gedroht habe, sie zu töten, wenn sie einen Ton von sich gäbe.

 

Von einer Aggravation kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden. Die Privatklägerin legte die angewandte Gewalt in ihrer zweiten Einvernahme lediglich detaillierter dar als in ihrer ersten Einvernahme, welche generell eher detailarm ausfiel. Auch in der Einvernahme vom 2. Juni 2020 berichtete sie in freier Rede zunächst eher pauschal, geschlagen und vergewaltigt worden zu sein. Erst auf wiederholte und konkrete Nachfrage hin berichtete sie ausführlicher von der Gewaltausübung, ohne dass ihre Darstellung dabei übertrieben wirkte. Die Gewalt wurde nicht schlimmer dargestellt, als es bei einer Vergewaltigung zu erwarten wäre. Die Ergänzungen in Bezug auf die Gewalt und die ausgesprochenen Drohungen kamen auch nicht isoliert daher. Vielmehr wurden sie in den bereits geschilderten Handlungsablauf integriert und in einen zeitlichen Kontext eingebettet. Schliesslich gelang es der Privatklägerin auch vor dem Berufungsgericht, mithin sechs Jahre nach der Tat, diese Details (Würgen / Kneifen / Todesdrohung) zu wiederholen. Der zunehmende Detaillierungsgrad im Verlaufe der Einvernahmen spricht daher nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussagen.

 

3.4.1.3 Realkennzeichenanalyse

 

Zutreffend ist, dass die Aussagen der Geschädigten zum eigentlichen Kernsachverhalt in der ersten Einvernahme sehr detailarm ausfielen. In freier Rede umschreibt sie zunächst nur, dass der Beschuldigte sie aufs Sofa gestossen, er ihren Pyjama ausgezogen und sie sich einfach unter seinen Händen gelassen habe, weil sie nicht gewusst habe, was machen. Sie sei wie tot gewesen, bis er fertig gewesen sei. Auf entsprechende Nachfrage hin konkretisierte sie diesbezüglich lediglich, dass sie wie taub gewesen sei und nun nicht mehr wisse, wohin genau er seinen Penis gesteckt habe, anal vaginal. Auch in der nächsten Einvernahme schilderte sie in freier Rede zunächst nur, dass der Beschuldigte sie sexuell misshandelt, sie dann locker gelassen und er sie vergewaltigt habe, während sie wie eine Tote dagelegen sei. Trotz mehrfacher Nachfrage hatte die Privatklägerin sichtlich Mühe, über die eigentliche Vergewaltigung zu berichten, gab an nicht ins Detail gehen zu wollen und sich nicht genau erinnern zu können, bis sie zumindest angab, dass er ihre Beine gespreizt habe und dann in sie eingedrungen sei. Die Frage, mit welchem Körperteil der Beschuldigte eingedrungen sei, vermochte sie sodann nicht zu beantworten. Erneut aufgefordert, den sexuellen Kontakt unter Benennung der Körperteile zu beschreiben, also mit was der Beschuldigte wo bei ihr eingedrungen sei, antwortete die Privatklägerin lediglich, sie könne sich erinnern, dass er mit den Händen zuerst mit ihren Brüsten gespielt habe und dann in ihrem Intimbereich. Dann habe er ihre Beine gespreizt und sie habe gespürt, wie stark er rein- und rausgegangen sei. Nach einem kurzen Unterbruch der Einvernahme kam die Geschädigte jedoch von sich aus auf die Thematik zurück und gab an, dass der Beschuldigte mit seinem Penis in sie eingedrungen sei «in intim». Die Frage, ob sie einen Namen für das habe, wo er bei ihr mit dem Penis eingedrungen sei, verneinte sie. Konkret gefragt, ob er mit dem Penis vaginal anal eingedrungen sei, beantwortete sie sodann mit «vaginal von vorne».

 

Wie auch die Vorinstanz ausführte, stellt sich aufgrund dieses Aussageverhaltens tatsächlich die Frage, ob der Geschädigten die Begriffe «vaginal» und «anal» bekannt waren ob ihr diese anlässlich der Einvernahme erklärt worden sind (vgl. hierzu US 11 f.). Die Privatklägerin hatte zu Beginn sichtlich Mühe, über den eigentlichen Akt der Vergewaltigung zu berichten, was jedoch gerade bei Sexualdelikten nicht zwingend auf einen fehlende Erlebnisbezug hindeuten muss. Dass die Thematik für sie schambehaftet war, ist nachvollziehbar und gerade bei einem kulturellen Hintergrund wie demjenigen der Geschädigten ein Stück weit zu erwarten. Auf mehrfache Nachfrage hin war sie jedoch durchaus bereit, detailliertere Angaben zu machen. Sodann stellt die spontane Präzisierung der eigenen Aussage ein Realkennzeichen dar. Die Privatklägerin erklärte hierzu, sie habe während der Pause fest weinen müssen und die Tränen hätten sie seit drei Tagen «gewürgt». Sie habe es dann rauslassen können. So seien ihr dann die Sachen in den Sinn gekommen. Sie sei am Morgen sehr gestresst hierhergelaufen (AS 371).

 

Die Aussagen der Privatklägerin blieben sodann auch trotz der erwähnten Ergänzungen logisch und in sich stimmig. So führte sie auf eine spätere Frage aus, nach dem Vorfall Schmerzen im Unterbauch verspürt zu haben. Wie bereits die Vorinstanz ausführte, wären bei einem analen Eindringen die Schmerzen eher rektal zu lokalisieren (US 12). Ebenfalls ist der Vorinstanz beizupflichten, dass ein anales Eindringen in der von der Privatklägerin umschriebenen Stellung entgegen ihrem Willen äusserst schwierig gewesen wäre.

 

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Vergewaltigung an sich (sprich die Penetration) gemäss den Angaben der Geschädigten sehr kurz dauerte, weshalb auch nur wenig Details dazu angegeben werden konnten. Zum Kerngeschehen ist jedoch nicht nur der eigentliche Akt zu zählen, sondern auch das Geschehen darum, so etwa wie der Streit bereits am Nachmittag begonnen habe, wie der Beschuldigte sie auf das Sofa gestossen und ihren Pyjama ausgezogen habe und wie sie sich um ihre Kinder gesorgt habe. Diese Angaben fielen durchaus detailliert aus. Die Privatklägerin machte dabei immer wieder Ergänzungen zum Kerngeschehen, welche im Ergebnis ein in sich stimmiges Geschehen ergaben. So führte sie bereits in ihrer ersten Einvernahme aus, sich nicht mehr gewehrt zu haben, nachdem der Beschuldigte ihr die Hosen ausgezogen habe, und sie sich wie tot gefühlt habe, was sie in der darauf folgenden Einvernahme bestätigte, ohne auch hier zu umschreiben, wie genau sie sich gewehrt hatte. Erst viel später danach gefragt, ob sie sich gegen das Ausziehen gewehrt habe, gab sie an, ihn dann auch gestossen zu haben. Er habe sie aufs Sofa gestossen und ihre Arme festgehalten. Nachdem er ihre Arme ganz festgehalten habe, habe sie keine Kraft mehr gehabt. Erneut gefragt, konkretisierte sie sodann, er habe gerade ihren Pyjama ergreifen wollen. Sie habe noch versucht, die Hosen festzuhalten. Während sie die Hand bei der Hose gehabt habe, habe er nochmals die Hände hochgemacht und gedrückt. Diese Schilderungen erscheinen nicht übertrieben und ergänzen ihre bisherigen Aussagen in stimmiger Weise.

 

Ein weiteres Realkennzeichen ist die Wiedergabe der geführten Gespräche, so etwa, dass der Beschuldigte ihr vorgeworfen habe, einen anderen Mann zu haben und sie deswegen keinen Geschlechtsverkehr mit ihm haben wolle. Der Privatklägerin gelang es aber auch immer wieder, das Geschehen zeitlich einzubetten. Obschon die Privatklägerin viele Situationen schilderte, in denen es zu Drohungen und Tätlichkeiten seitens des Beschuldigten gekommen und er sie auch in sexueller Hinsicht bedrängt haben soll, verknüpfte sie die Vergewaltigung stets mit der Geschichte um den Holzstab, welchen die Tochter in der Schule gebastelt hatte. Auch kann sie gerade in späteren Einvernahmen keine Angaben zur Uhrzeit mehr machen, erinnert sich jedoch, dass die Kinder schon geschlafen hätten. Schliesslich konnte sie eineinhalb Jahre nach der ersten Einvernahme noch bestätigen, dass der Vorfall einen Monat nach ihrer Rückkehr in die Schweiz gewesen sei (AS 367).

 

Die Geschädigte erwähnte sodann mehrfach und konstant spezielle Details, so etwa, wie der Beschuldigte ihren Körper und ihr T-Shirt mit Sperma dreckig gemacht habe und sie im Anschluss an die Vergewaltigung mit den Kleidern in die Badewanne gesessen sei und das Wasser angelassen habe. Oder, dass er ihr Oberteil nur hochgeschoben, den BH jedoch vorne zerrissen habe, da er ihn hinten nicht habe öffnen können. Dass sie in der Einvernahme vom 2. Juni 2020 auf die (im Übrigen wenig konkrete) Frage «Und oben?» lediglich ausführte «Oben hat er nur hochgetan, aber nicht ganz ausgezogen», steht dazu nicht im Widerspruch. In Bezug auf das Oberteil trifft die Aussage zu, während in Bezug auf den BH nicht konkret nachgefragt wurde. In der Konfrontationseinvernahme vom 12. April 2022, mithin rund drei Jahre nach der Tat, ergänzte sie dieses Detail des zerrissenen BHs sodann von sich aus und erwähnte es auch anlässlich der Berufungsverhandlung in ihrem freien Bericht.  

 

Eindrücklich sind auch die Schilderungen zu den eigenen Gefühlen und Gedanken, die sie ebenfalls konstant wiedergab: Sie sei «wie tot» gewesen. Sie habe gemerkt, dass sie keine Macht über ihn habe und habe mit sich machen lassen, was er wollte. Sie habe sich nach dem ersten Vorfall nutzlos und dreckig gefühlt. Sie habe an die Kinder denken müssen. Wenn sie schreien würde, würden sie wach. Nach dem ersten Vorfall, bei dem sie sich nicht habe wehren können und er mit ihr gemacht habe, was er wolle, sei sie psychisch krank geworden.

 

Die Privatklägerin gab sodann Erinnerungslücken zu, wenn sie ausführte, sie wisse nicht, wie er sich die Kleider ausgezogen habe. Als er ihr die Kleider ausgezogen habe, habe er seine Kleidung noch getragen. Als sie den Kopf zur Seite gelegt und er mit ihrem Körper gespielt habe, habe er seine Kleider schon ausgezogen gehabt.

 

Schliesslich fällt auf, dass die Privatklägerin auch an mehreren Stellen darauf verzichtete, den Beschuldigten mehr zu belasten. So schilderte sie mehrere Auseinandersetzungen mit dem Beschuldigten, anlässlich welcher er Geschlechtsverkehr von ihr verlangt habe, sie sich jedoch erfolgreich dagegen habe wehren können (AS 327, AS 332, AS 366 f., AS 367 f.). Auch explizit danach gefragt, ob es bei diesen Ereignissen zu sexuellem Kontakt gekommen sei, verneint sie dies. Wäre beim Vorfall vom 28. Juni 2018 von einer Falschbezichtigung auszugehen, so stellt sich die Frage, weshalb sie nicht auch bei anderen Szenarien, die Gelegenheit nutzte, um eine Vergewaltigung zu schildern.

 

3.4.1.4 Ergebnis

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Privatklägerin konstant gleichlautende und mit zahlreichen Realkennzeichen behafteten Aussagen machte. Diese beeindrucken insbesondere mit Blick auf die Zeit, welche zwischen der Tat und der Einvernahmen verging. So konnte sie insbesondere in der Einvernahme vom 2. Juni 2020 und der Konfrontationseinvernahme vom 12. April 2022, mithin zwei bzw. vier Jahre nach der Tat, nach wie vor aussergewöhnliche Details aus ihrer Erinnerung hervorrufen (z.B. sei sie nach dem Vorfall mit den Kleidern in die Badewanne gesessen; er habe ihren BH vorne zerrissen), die sie auch an der Berufungsverhandlung wiederholte. Auch konnte sie nach wie vor das Geschehen zeitlich einordnen (z.B. sei der Vorfall einen Monat nach ihrer Rückkehr in die Schweiz und nach einer Mandeloperation gewesen; es sei vorgängig zu einer Auseinandersetzung gekommen, anlässlich dessen der Beschuldigte sie mit einem Holzstab bedroht habe; die Kinder hätten während des Vorfalls bereits geschlafen).

 

Insgesamt wirken ihre Aussagen äusserst glaubhaft. Die Geschädigte schilderte auch nach Jahren eine in sich stimmige und gleichbleibende Geschichte, die so nur bei einem Erlebnisbezug denkbar ist.

 

3.4.2 Würdigung der Aussagen des Beschuldigten

 

Da der Beschuldigte vorliegend einzig gehalten war, eine bestehende Geschichte zu bestätigen bzw. zu verneinen, lassen sich seine Aussagen kaum auf Glaubhaftigkeitsmerkmale bzw. Lügensignale hin analysieren. Seine pauschalen Bestreitungen vermögen die glaubhaften Aussagen der Privatklägerin nicht in Zweifel zu ziehen, so dass – mit nachfolgender Präzisierung – darauf abgestellt werden kann.

 

3.5 Massgebender Sachverhalt

 

Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz auf US 13 ist davon auszugehen, dass sich die Geschädigte durchaus körperlich zur Wehr setzte. Bereits in der Einvernahme vom 29. November 2019 führte sie aus, sich bis zum Ausziehen der Hosen gewehrt zu haben. Dass sie den Beschuldigten hierzu gestossen und versucht habe, ihre Hosen mit den Händen festzuhalten, liegt damit nahe. Auch, dass der Beschuldigte ihr aufgrund der Gegenwehr mehrfach die Arme festhalten musste, erscheint stimmig und logisch. Abgesehen von der Todesdrohung im Vorfeld der Vergewaltigung (vgl. hierzu die nachfolgenden Ausführungen zu AnklS Ziff. 3.a) ist gestützt auf die obigen Erwägungen auch die weitere Gewalt- und Druckausübung, wie in der Anklageschrift dargelegt, erstellt.

 

4. Mehrfache Drohung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung)

 

4.1 Untervorhalt gemäss AnklS Ziff. 3 lit. a

 

4.1.1 Vorhalt gemäss Anklage

 

Der Beschuldigte soll sich der (mehrfachen) Drohung, begangen am 28. Juni 2018, am Abend, in [Ort 1], [Adresse], Mehrfamilienhaus, ehemalige gemeinsame Wohnung des Beschuldigten und der Geschädigten, zum Nachteil von C.___ schuldig gemacht haben, indem er der Geschädigten einen ca. 35 cm langen und ca. 5 cm dicken Holzstab an den Hals gehalten und ihr gesagt habe, dass er sie jetzt töten werde, wodurch er sie in Angst und Schrecken versetzt habe. Nachdem die Kinder zu schreien begonnen hätten, habe er von ihr abgelassen und gesagt, dass er sie nicht heute, sondern das nächste Mal töten werde. Am späteren Abend, zwischen 21:30 und 23:50 Uhr, habe der Beschuldigte der Geschädigten zudem damit gedroht, dass er sie umbringen werde, sollte er herausfinden, dass sie jemand anderen habe, wodurch er sie wiederum in Angst und Schrecken versetzt habe.

 

4.1.2 Beweiswürdigung

 

Der Vorhalt steht in Zusammenhang mit dem Vorwurf der Vergewaltigung gemäss AnklS Ziff. 1. Für die relevanten Aussagen der Parteien kann daher auf die Ausführungen unter V./3.2 f. verwiesen werden. Auch in Bezug auf die Würdigung kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Wie auch die Vorinstanz zutreffend ausführt (US 17 f.), war es der Privatklägerin möglich, das Kerngeschehen mehrfach, in freier Rede sprunghaft und doch in sich konsistent schildern. In zeitlicher Hinsicht gelang ihr die Einordnung auch nach Jahren mühelos und widerspruchsfrei, brachte sie die Drohungshandlung doch auch in der Einvernahme vom 2. Juni 2020 wie auch vom 12. April 2022 stets in Zusammenhang mit ihrer kürzlichen Rückkehr aus dem Irak und der nachfolgenden Vergewaltigung. Auch Gesprächsinhalte (die Tochter habe gesagt, dass sie nie mehr so etwas basteln werde) werden wiederholt gleichlautend wiedergegeben. Einzig in Bezug auf den Wortlaut der Drohung weichen die einzelnen Aussagen voneinander ab. So gab sie in der Einvernahme vom 29. November 2019 zu Protokoll, der Beschuldigte habe ihr gesagt, dass er sie jetzt töten werde, und als er von ihr abgelassen habe, habe er zu ihr gesagt: «Heute habe ich dich nicht getötet, aber das nächste Mal» (AS 326). In der folgenden Einvernahme gab sie an, er habe zu ihr gesagt, dass er sie töten werde, wenn sie nicht mit ihm schlafe (AS 367). Gemäss ihren Angaben anlässlich der Berufungsverhandlung soll der Beschuldigte hingegen gesagt haben, er werde sie ersticken lassen. Zu berücksichtigen ist indes, dass die Geschädigte auch schilderte, häufig häusliche Gewalt erlebt (AS 326) und Angst vor dem Beschuldigten gehabt zu haben, der sie immer wieder bedroht habe (AS 11 f., AS 369), auch nach der Trennung (AS 334), was sie anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigte. Es erstaunt daher nicht, dass sie sich an den Wortlaut der konkreten Drohung nach mehreren Jahren nicht mehr erinnern kann bzw. diesen verwechselt. Zugunsten des Beschuldigten ist indes – wie auch in der Anklageschrift vorgeworfen – auf die tatnähere Aussage der Geschädigten abzustellen und nicht davon auszugehen, dass er die Privatklägerin mit seiner Drohung zum Beischlaf nötigen wollte.

 

Im Übrigen ist jedoch der Sachverhalt gestützt auf die Aussagen der Privatklägerin als erstellt zu erachten. Was der Beschuldigte dagegen vorbringt (die Tochter habe den Holzstab von der Schule nach Hause gebracht, er habe diesen weggenommen und weggeworfen, da es nicht vernünftig gewesen sei und die Kinder sich hätten verletzen können, er habe die Geschädigte damit aber nicht bedroht) vermögen die glaubhaften Aussagen der Geschädigten wiederum nicht in Zweifel zu ziehen.

 

Der Sachverhalt gemäss Anklageschrift ist damit insofern erstellt, als der Beschuldigte der Geschädigten einen ca. 35 cm und 5 cm dicken Holzstab an Hals und Mund gehalten und ihr gesagt hat, er werde sie töten, wodurch er sie in Angst und Schrecken versetzte. Nachdem die Kinder zu schreien begangen, liess er von ihr ab und sagte, dass er sie nicht heute, sondern das nächste Mal töten werde.

 

Was die weitere Drohung am späteren Abend zwischen 21:30 Uhr und 23:50 Uhr anbelangt, erfolgte diese gemäss den Angaben der Privatklägerin im Rahmen der Vergewaltigung bzw. um den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Dieser Sachverhalt ist bereits mit dem Vorhalt gemäss AnklS Ziff. 1 abgehandelt und nicht erneut unter dem Vorhalt der Drohung zu prüfen.

 

4.2 Untervorhalt gemäss AnklS Ziff. 3 lit. b

 

4.2.1 Vorhalt gemäss Anklage

 

Der Beschuldigte soll sich der Drohung, im Sommer 2018 (ca. Juli 2018), am frühen Abend (Dämmerung), um ca. 18:00 Uhr, in [Ort 1], [Adresse], Mehrfamilienhaus, ehemalige gemeinsame Wohnung des Beschuldigten und der Geschädigten, im Wohnzimmer, zum Nachteil von C.___ schuldig gemacht haben, indem er der Geschädigten ein ca. 30 cm langes Messer mit dünner und scharfer Klinge an den Hals gehalten und zu ihr gesagt habe, dass er sie töten werde, wodurch er die Geschädigte in Angst und Schrecken versetzt habe. Die Tochter habe ihn angefleht, dies nicht zu tun. In der Folge habe er von der Geschädigten abgelassen.

 

4.2.2 Aussagen der Privatklägerin

 

4.2.2.1 Einvernahme vom 29. November 2019 (AS 323 ff.)

 

Die Privatklägerin schilderte anlässlich der Einvernahme vom 29. November 2019 diverse Vorkommnisse, die sich mit dem Beschuldigten zugetragen haben sollen. Spontan erwähnte sie dabei einen Vorfall, als der Beschuldigte sie mit dem Messer bedroht habe. Er habe ihr das Messer gegen den Hals gehalten und wieder mit ihr schlafen wollen. Das Ganze habe ihre Tochter auch gesehen (AS 329). Im späteren Verlauf der Einvernahme darauf angesprochen, führte die Privatklägerin aus, sich nicht an das Datum erinnern zu können. Es sei im Sommer in der Dämmerung gewesen. Sie seien im Wohnzimmer vor dem Fernseher gewesen und er in der Küche. Er sei ins Wohnzimmer gekommen und habe geflüstert, er bereite etwas zum Essen vor, er wolle aber mit ihr schlafen. Daher solle sie etwas Schönes für ihn anziehen. Er meinte für die Nacht. Sie habe ihm gesagt, sie werde weder etwas Schönes für ihn anziehen, noch mit ihm schlafen. Er sei dann schnell in die Küche gegangen. Sie dachte, dass sein Essen auf dem Herd anbrennen würde. Er sei mit einem langen Messer (zeigt die Länge von 30 cm; die Klinge sei dünn und scharf gewesen) zurückgekommen, habe das Messer hochgehalten, so dass die Klinge nach vorne gezeigt habe, und sei auf sie zugekommen. Sie sei auf dem Sofa gesessen. Sie habe eine riesen Angst gehabt und «Nein» geschrien. Er habe zu ihr «Schlampe» gesagt. Dann hätten die Kinder geschrien und geweint. Er habe sie mit der linken Hand an ihrer Schulter gegen das Sofa gedrückt, so dass sie sich nicht habe bewegen können. Mit der rechten Hand habe er das Messer, also die Klinge, gegen ihren Adamsapfel gehalten. Er habe zu ihr gesagt: «Du Schlampe, du willst nicht mit mir schlafen. Mit welchem Mann schläfst du? Wer fickt dich denn und ich werde dich jetzt töten». Die Kinder weinten und schrien «bitte töte unsere Mutter nicht». Die Tochter habe ihn angefleht. Er sei dann mit dem Messer zurück in die Küche gegangen. Die Stelle am Hals, wo er das Messer aufgesetzt habe, sei leicht verletzt gewesen. Die Tochter habe gesagt, dass es bluten würde, und habe mit einem Tuch die verletzte Stelle abgewischt. Kurz danach habe er (der Beschuldigte) zum Essen in die Küche gerufen (AS 331 f.)

 

4.2.2.2 Einvernahme vom 2. Juni 2020 (AS 361 ff.)

 

Aufgefordert über den «zweiten Vorfall» zusprechen, führte die Geschädigte in freier Rede aus, das zweite Mal sei an einem Nachmittag gewesen. Er habe ihr gesagt, sie müsse die Kinder rausschicken, da er mit ihr schlafen wolle. Sie habe sich da stärker gefühlt als beim ersten Mal. Sie habe angefangen, mit ihm zu streiten, und ihm gesagt, dass sie die Kinder nicht rausschicken werde. Sie sei frisch aus der Dusche gekommen. Er habe sie in ein Zimmer neben dem Wohnzimmer reingetan, damit die Kinder das nicht hörten und er ihr das sagen könne. Er habe dann wieder angefangen, wieso sie nicht mit ihm schlafe. Sie habe immer wieder gesagt, sie wolle nicht mehr und sie werde sich von ihm trennen. Er habe dann wieder angefangen zu drohen, er sei der Mann. «Du musst machen, was ich sage, sonst bringe ich dich um». Es sei eben nicht wie beim ersten Mal gewesen. Sie habe sich sicherer gefühlt und habe sich wehren wollen. Sie habe darauf beharrt, dass sie nicht mit ihm schlafe. Er habe sie dann geschubst und immer wieder versucht, zu schlagen. Er habe sie geschubst, sie habe ihn zurückgeschubst. Dann habe er sie wieder an den Armen gepackt. Sie habe ihm aber gesagt, wenn er jetzt sterben würde sie umbringen würde, sie schlafe nicht mit ihm. An dem Tag sei er dann in die Küche und habe so ein unterarmgrosses Messer genommen. Die Kinder seien auch zu Hause gewesen und hätten alles mitbekommen. Sie habe dann ehrlich gesagt richtig Angst bekommen, als er das Messer in der Hand gehabt habe. Die Kinder hätten alles miterlebt und geweint und geschrien. Vor allem die Tochter E.___. In der Zeit, als er in die Küche gesprungen sei, sei sie ins Wohnzimmer mit den Kindern. Er habe dann wieder angefangen zu schreien, sie anzufluchen, indem er immer wieder sagte: «Du Schlampe. Ich habe dich nach Europa gebracht und hier bis du eine Schlampe geworden und bist mit andere Leuten zusammen.» Dann habe er sich vor sie hingestellt und gesagt: «Habe ich keinen Schwanz, dass du nicht mit mir schläfst? Was haben andere, was ich nicht habe?» Dann habe er sie aufs Sofa geschubst und das Messer an den Hals gerichtet. Die Kinder seien schockiert gewesen, vor allem die Tochter. Sie habe geschrien: «Bitte bringe Mami nicht um». Da habe er das Messer weggetan. Sie (die Tochter) rede heute noch von dem, als wäre es ein Film gewesen. E.___ sei schockiert gewesen an dem Tag (AS 366 f.).

 

(Wann dieser zweite Vorfall gewesen sei) Der erste Vorfall (gemeint ist der Vorhalt gemäss AnklS Ziff. 1) sei ein Monat, nachdem sie in die Schweiz gekommen sei, gewesen. Der zweite Vorfall sei ca. 20 Tage später passiert. Sie wisse nicht ganz genau wann. (Ob es richtig sei, dass es bei dem geschilderten Vorfall schlussendlich nicht zum sexuellen Kontakt gekommen sei) Nein, da habe sie sich das erste Mal richtig stark gefühlt und sich gewehrt. Sie sei so weit gewesen, dass sie sich gesagt habe, auch wenn er sie umbringe, werde sie nicht mit ihm schlafen.

 

4.2.2.3 Konfrontationseinvernahme vom 12. April 2022 (AS 409 ff.)

 

(Auf das Messer angesprochen, welches sie zur Einvernahme mitgebracht habe) Das Messer sei von einem anderen Vorfall an einem anderen Abend. Er habe ihr dieses gegen den Hals gehalten und immer wieder gedroht, dass er sie umbringen werde. Sie sei auf dem Sofa gewesen, er habe sie nach hinten gedrückt und das Messer gegen ihren Hals gehalten.

 

4.2.2.4 Einvernahme vor dem Berufungsgericht

 

Angesprochen auf diesen Vorhalt führte die Privatklägerin aus, das Datum und die Zeit nicht mehr zu wissen. Es sei ein schwarzes Messer gewesen. Sie sei im Wohnzimmer gewesen. Die Tochter habe alles miterlebt. Bis vor zwei Jahren habe sie (die Tochter) es immer wieder erzählt. Die Spitze des Messers habe er an den Hals gehalten. Er habe gesagt: «Du Schlampe. Ich bringe dich um. Du schläfst mit anderen Männern. Du lässt dich von anderen Männern ficken.» Er habe trotzdem mit ihr schlafen wollen. (Ob sie eine Verletzung davongetragen habe) Es sei keine Verletzung gewesen. Sie habe einen Bluterguss gehabt. Oberflächlich sei es ein wenig rötlich gewesen.

 

4.2.3 Aussagen des Beschuldigten

 

Der Beschuldigte führte über sämtliche Einvernahmen hinweg aus, dass der Vorhalt nicht stimme und erlogen sei (AS 358, ASOG 49).

 

4.2.4 Beweiswürdigung

 

Es fällt auf, dass die Aussagen der Geschädigten zum Nebengeschehen bzw. wie der Konflikt begonnen hat, etwas unterschiedlich ausfallen. Im Kerngeschehen bleiben die Aussagen jedoch konstant, in sich stimmig und detailreich. Es sei zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen, wobei es darum gegangen sei, dass der Beschuldigte mit der Privatklägerin habe schlafen wollen. In dessen Folge habe der Beschuldigte ein Messer aus der Küche geholt, die Geschädigte gegen das Sofa gedrückt, ihr das Messer gegen den Hals gehalten und ihr mit dem Tod gedroht. Zudem soll er sie als Schlampe bezeichnet haben. Die Kinder hätten alles mitbekommen, geweint und geschrien, vor allem die Tochter. Die Kinder bzw. die Tochter habe ihn angefleht, die Mutter nicht zu töten, so dass er von dieser abgelassen habe.

 

Die Aussagen der Privatklägerin weisen zahlreiche Realkennzeichen auf. Die Gespräche werden zwar unterschiedlich wiedergegeben, jedoch bleibt der Inhalt im Wesentlichen konstant, nämlich, dass der Beschuldigte sie als Schlampe bezeichnete und ihr vorwarf, mit anderen zu schlafen und nicht mit ihm. Oder dass die Tochter den Beschuldigten angefleht habe, ihre Mutter nicht zu töten. Der Privatklägerin gelang es auch wiederholt, das Geschehen zeitlich einzuordnen. Auch wenn sie in der Einvernahme vom 2. Juni 2020 vom Nachmittag sprach, konnte sie sich in der Konfrontationseinvernahme vom 12. April 2022 (auf das mitgebachte Messer angesprochen) spontan erinnern, dass der Vorfall an einem Abend geschah, wie sie es auch in der Einvernahme vom 29. November 2019 schilderte. In dieser Einvernahme konnte sie sich zwar – im Gegensatz zu anderen von ihr beschriebenen Vorfällen (vgl. AS 327 ff.) – nicht an das genaue Datum erinnern, womit sie eine Erinnerungslücke kund tat. Allerdings wusste sie genau, dass es im Sommer gewesen war. In Übereinstimmung dazu, gab sie in der folgenden Einvernahme an, der Vorfall habe sich ca. 20 Tage nach dem ersten Vorfall (AnklS Ziff. 1) zugetragen.

 

Sie schildert auch eine Reihe von Gefühlen: Sie habe eine riesen Angst gehabt. Dennoch habe sie sich sicher gefühlt, habe sich wehren wollen und darauf beharrt, nicht mit ihm zu schlafen. Sie habe sich das erste Mal richtig stark gefühlt und sich gewehrt. Sie sei so weit gewesen, dass sie sich gesagt habe, auch wenn er sie umbringe, werde sie nicht mit ihm schlafen. Der Geschädigten scheint es nicht darum zu gehen, ihre Angst vor dem Beschuldigten in Szene zu setzen. Denn auch aus ihren weiteren Ausführungen ist erkennbar, dass ihr Fokus viel mehr auf der Wirkung des Ereignisses auf ihre Kinder liegt. Diese seien schockiert gewesen, vor allem die Tochter, die im Zeitpunkt der Einvernahme vom 2. Juni 2020 immer noch davon gesprochen habe. Das dem tatsächlich so ist, geht auch aus dem Bericht des Sozialateliers vom 22. Juni 2020 (AS 106 ff.) hervor, in welchem beschrieben wird, wie die Tochter E.___ der Psychologin mit einer Puppe zeigte, wie der Vater der Mutter das Messer an den Hals halte (AS 122). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, ist die Erwähnung im Bericht indes nur als Indiz zu werten, welches für die erlebnisbasierte Aussage spricht (US 21). Vor dem Berufungsgericht konnte die Privatklägerin allerdings bestätigen, dass die Tochter bis vor zwei Jahren immer wieder davon erzählt habe.

 

Im Ergebnis sind die Aussagen der Privatklägerin auch zu diesem Vorfall als glaubhaft einzustufen, woran die wiederum pauschale Bestreitung des Beschuldigten nichts zu ändern vermag. Der Sachverhalt gemäss Anklageschrift ist damit erstellt.

 

4.3 Untervorhalt gemäss AnklS Ziff. 3 lit. c

 

4.3.1 Vorhalt gemäss Anklage

 

Die Anklageschrift wirft dem Beschuldigten vor, er habe sich der (mehrfachen) Drohung, begangen in der Zeit zwischen ca. 1. Juni 2018 und ca. 29. November 2019, in [Ort 1], [Adresse], Mehrfamilienhaus, ehemalige gemeinsame Wohnung des Beschuldigten und der Geschädigten, sowie in [Ort 4], [Adresse], zum Nachteil von C.___ schuldig gemacht, indem er der Geschädigten mehrfach gesagt habe, dass er sie umbringen, ihr den Kopf abhacken sie durchschneiden und halbieren werde, wodurch er sie in Angst und Schrecken versetzt habe.

 

4.3.2 Vorbemerkungen

 

Die Vorinstanz erachtete den Vorhalt insofern als erstellt, als er sich zwischen dem 5. und 13. Juni 2019, namentlich zwischen der Geburtstagsfeier von E.___ am 5. Juni 2019 und dem nächsten Vorfall vom 13. Juni 2019, am Wohnort des Beschuldigten (den Untervorhalt gemäss AnklS Ziff. 3.d betreffend) zugetragen haben soll. Im Übrigen bestehen gemäss den vorinstanzlichen Ausführungen keine konkreten Hinweise auf Drohungen, sodass der Sachverhalt rechtsgenüglich erstellt werden könne. Insbesondere könne diesbezüglich nicht auf irgendwelche sich nicht in den Akten befindliche und höchstwahrscheinlich auch nicht verwertbare Aufnahmen Bezug genommen werden, welche mutmasslich der Polizei anlässlich einer Einvernahme vorgespielt worden seien. Entsprechend habe bezüglich der übrigen rudimentären vorgehaltenen Drohungen ein Freispruch zu erfolgen (US 25).

 

Da der Schuldspruch wegen mehrfacher Drohung einzig vom Beschuldigten angefochten wurde, gilt das Verschlechterungsverbot, so dass auch im Berufungsverfahren lediglich die Drohung, er werde ihr den Kopf abhacken, angeblich begangen in der Zeit vom 5. und 13. Juni 2019 zu beurteilen ist.

 

4.3.3 Aussagen der Privatklägerin

 

Die Privatklägerin äusserte den Vorwurf im Rahmen der Einvernahme vom 18. Juni 2019 (AS 8 ff.). Auf den Vorfall vom 13. Juni 2019 angesprochen (vgl. AnklS Ziff. 3 lit. d) erzählte sie eine umfangreiche und detaillierte Geschichte, wie es bereits im Vorfeld zu einer Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten gekommen sei, als die Kinder nach der Geburtstagsparty der Tochter E.___ beim Beschuldigten übernachtet hätten und am Folgetag von ihm nicht zur Schule gebracht, sondern krank gemeldet worden seien. Sie habe den Beschuldigten angerufen und ihm gesagt, er solle ihr die Kinder innert 10 Minuten nach Hause bringen, sonst werde sie die Poizei rufen. Er habe ihr am Telefon gedroht: «Mach doch du Schlampe. Ich werde dir den Kopf abhacken. Ich habe dies bis jetzt nicht gemacht, den Kindern zu lieb. Aber ich werde auch dein Kopf unter 1000 Polizisten schneiden.» Sie habe ihn dann nochmals angerufen und darum gebeten, die Kinder bitte nach Hause zu bringen. Er habe geantwortet: «Du Schlampe, hänge das Telefon ab. Ich schwöre dir auf meinen Vater und meine Mutter. Ich werde dich durchschneiden und halbieren. Lege das Telefon auf. Gehe zur Polizei» (AS 10). Auch in der Einvernahme vom 2. Juni 2020 (AS 361 ff.) bestätigte sie, dass der Beschuldigte ihr am Telefon gedroht habe, sie umzubringen und ihr den Kopf zu zerquetschen (AS 375). Die Formulierung «den Kopf pressen» wiederholte sie sodann spontan vor dem Berufungsgericht in freier Rede, als sie berichtete, wann es mit den Drohungen und Tätlichkeiten in der Ehe angefangen hatte. Auch auf die spätere Frage, ob sie sich zu den verschiedenen Drohungen seitens des Ehemannes äussern wolle, führte sie sodann aus, «Ich bringe dich um», immer wieder. Er habe immer dieses Wort verwendet, «deinen Kopf pressen». Bedrohungen mit dem Tod, mit dem Messer. Solche Sachen.

 

4.3.4 Aussagen des Beschuldigten

 

Auf den Vorhalt, seiner Frau damit gedroht zu haben, ihr den Kopf abzuhacken und sie durchzuschneiden und zu halbieren, führte der Beschuldigte in der Einvernahme vom 24. Juni 2019 (AS 22 ff.) aus, er habe ihr nicht gesagt, dass er ihr den Kopf abhacken werde. Er habe dies so gemeint, dass er ihr den Kopf flachdrücke. Weil sie nichts verstehe, was er ihr sage. Es sei um die damalige Kollegin gegangen. Er habe zu ihr gesagt, dass diese Frau ihr nicht guttue. Sie (die Ehefrau) habe das nicht verstehen wollen. Darum habe er ihr gesagt, vielleicht verstehe sie es, wenn er ihr den Kopf flachdrücke. Sie habe dies als Drohung aufgenommen. Aber es sei nicht als Drohung ausgesprochen worden (AS 28). (Wie oft er seine Frau mit solchen Worten bedroht habe) Er habe sie nicht bedroht. Und wenn er etwas gesagt habe, sei das nur, weil sie ihn betrogen und er das nicht verdient habe. Sie habe ihn am Telefon so weit gebracht, dass er solche Wörter habe rauslassen müssen (AS 29). Diese Ausführungen konnte der Beschuldigte anlässlich der Einvernahme vor der Vorinstanz (ASOG 45 ff.) jedoch nicht mehr bestätigen. Stattdessen stellte er sich – auf den Vorwurf angesprochen – auf den Standpunkt, dass alles gelogen sei. Er habe das nie gesagt (ASOG 49). Vor dem Berufungsgericht auf den Vorhalt angesprochen führte der Beschuldigte hingegen aus, nur verlangt zu haben, dass sie ihre Mutterschaft korrekt mache. Nur das sei sein Wunsch. Scheidung, sie nehme die Wohnung, egal. Die Sicherheit und das Glück seiner Kinder seien sein einziger Wunsch.

 

4.3.5 Beweiswürdigung

 

Der Vorinstanz ist zuzustimmen, dass nicht nachvollziehbar ist, was der Beschuldigte daraus ableiten wollte, wenn er ausführte, er habe nur gemeint, er wolle ihr den Kopf flachdrücken, damit sie verstehe, was er meine (US 24). Zumindest konnte er aufgrund der vorgehaltenen Drohung direkt auf einen Vorfall schliessen, was darauf hindeutet, dass tatsächlich eine solche ausgesprochen wurde, wie die Vorinstanz ebenfalls zurecht festhält. Dass dies nicht als Drohung gemeint war, wie der Beschuldigte in der ersten Einvernahme ausführte, erscheint wenig glaubhaft, konnte er doch seine Geschichte vor der Vorinstanz nicht mehr bestätigen. Vor dem Berufungsgericht antwortete der Beschuldigte ausweichend auf den Vorhalt, ohne diesen konkret zu bestreiten. Ein solches Aussageverhalten ist auffällig.

 

Demgegenüber erzählte die Privatklägerin eine detaillierte und stimmige Geschichte, wie es zur Drohung gekommen sein soll, wobei sie in einer späteren Einvernahme bestätigte, dass eine solche Drohung am Telefon ausgesprochen wurde. Ihre Aussagen erweisen sich erneut als glaubhaft, so dass darauf abgestellt werden kann. Der Sachverhalt, wie er von der Vorinstanz erstellt wurde (US 25), ist daher als erstellt zu erachten.

 

4.4 Untervorhalt gemäss AnklS Ziff. 3 lit. d

 

4.4.1 Vorhalt gemäss Anklage

 

Der Beschuldigte soll sich der Drohung, begangen am 13. Juni 2019, ca. 23:30 bis 23:50 Uhr, in [Ort 1], [Adresse], Mehrfamilienhaus, ehemalige gemeinsame Wohnung des Beschuldigten und der Geschädigten, zum Nachteil von C.___ schuldig gemacht haben, indem er der Geschädigten, währendem er mit einem Messer Bewegungen in ihre Richtung gemacht habe, gedroht habe, sie umzubringen, wodurch er sie in Angst und Schrecken versetzt habe.

 

4.4.2 Beweiswürdigung

 

Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass seitens des Beschuldigten bisher nicht bestritten wurde, am 13. Juni 2019 ein Messer in der Hand gehalten zu haben (AS 26 f.), was sich mit den Aussagen der Privatklägerin (AS 11 f.) sowie den Feststellungen der ausgerückten Polizeipatrouille deckt (AS 3). Auch im Weiteren kann den Erwägungen der Vorinstanz gefolgt werden (US 25 f.). Demnach mag die Vorgeschichte und das Nebengeschehen umstritten sein. Jedoch gaben sowohl die Geschädigte als auch der Beschuldigte an, Letzterer habe sich in der Küche eines Messers behändigt, um der Geschädigten und den übrigen Personen Angst einzujagen, und sei ihnen mit dem Messer nachgerannt. Der Beschuldigte führte dabei aus, er habe das Messer genommen, um ihnen Angst einzujagen, dass sie ihn in Ruhe lassen (AS 27, Antwort auf Frage 2 und 7). Ebenfalls zutreffend ist, dass der Beschuldigte in der Einvernahme vor der Vorinstanz demgegenüber lediglich noch davon sprach, sich gewehrt zu haben (ASOG 53). Demnach ist das Kerngeschehen eingestanden, nämlich, dass der Beschuldigte am 13. Juni 2019 zwischen 23:30 Uhr und 23:50 Uhr, in [Ort 1], [Adresse], ein Messer nahm, um der Privatklägerin Angst einzujagen, und ihr, als diese wegrannte, damit hinterhergerannt ist. Wenn der Beschuldigte vor dem Berufungsgericht neu ausführt, nie ein Messer in der Hand gehalten zu haben, um jemandem zu drohen, ist ihm entsprechend nicht zu glauben, widerspricht er doch damit seinen eigenen früheren Aussagen. Demgegenüber machte die Privatklägerin vor dem Berufungsgericht erneut glaubhafte Aussagen, erwähnte sie diesen Vorfall doch ganz spontan, ohne ins Detail zu gehen und den Beschuldigten damit übermässig zu belasten.

 

VI. Rechtliche Würdigung

 

1. Vergewaltigung (Art. 190 StGB)

 

1.1. Anwendbares Recht

 

Hat ein Täter vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes eine Straftat begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, gelten die Strafbestimmungen des bisherigen Rechts, sofern die Bestimmungen des neuen Rechts für ihn nicht milder sind Die Rückwirkung des milderen Gesetzes (lex mitior) folgt dem Gedanken, dass nicht mehr milder bestraft werden soll, weil die Tat zufolge Änderung der Rechtsanschauung nicht mehr bzw. weniger strafwürdig erscheint (BGE 134 IV 82 E. 6.1). Ob das neue im Vergleich zum alten Gesetz milder ist, beurteilt sich nicht nach einer abstrakten Betrachtungsweise, sondern in Bezug auf den konkreten Fall. Der Richter hat die Tat sowohl nach altem als auch nach neuem Recht (hypothetisch) zu prüfen und durch Vergleich der Ergebnisse festzustellen, nach welchem der beiden Rechte der Täter besser wegkommt (BGE 134 IV 82 E. 6.2.1).

 

Per 1. Juli 2024 trat das neue Sexualstrafrecht mit der neuen Definition der Vergewaltigung in Kraft. Im Zentrum der Gesetzesänderung steht die Ausdehnung der bisherigen Tatbestände der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung. Gemäss bisherigem Recht lag eine Vergewaltigung eine sexuelle Nötigung erst dann vor, wenn das Opfer zu sexuellen Handlungen genötigt wird, das heisst, wenn der Täter es bedroht Gewalt ausübt. Seit Inkrafttreten der neuen Strafnorm ist diese Voraussetzung nicht mehr notwendig. Eine Vergewaltigung ein sexueller Übergriff und sexuelle Nötigung liegt neu bereits dann vor, wenn das Opfer dem Täter durch Worte Gesten zeigt, dass es mit der sexuellen Handlung nicht einverstanden ist, und dieser sich vorsätzlich über den geäusserten Willen des Opfers hinwegsetzt. Damit wurde die sogenannte Ablehnungslösung ("Nein-heisst-Nein"-Lösung) umgesetzt. Als Zeichen der Ablehnung wird neben Worten Gesten auch der Schockzustand des Opfers, das sogenannte Freezing, gewertet. Erstarrt das Opfer vor Furcht und kann es sich deshalb nicht ablehnend äussern zur Wehr setzen, wird der Täter nun ebenfalls wegen Vergewaltigung sexuellem Übergriff und sexueller Nötigung bestraft, wenn er diesen Schockzustand erkannt hat. Überdies umfasst der Tatbestand der Vergewaltigung neu nicht mehr nur den Beischlaf, sondern auch beischlafsähnliche Handlungen, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Oral-, Vaginal- und Analverkehr), und damit deutlich mehr sexuelle Handlungen als bisher. Der Tatbestand der Vergewaltigung ist schliesslich neu geschlechtsneutral formuliert, so dass nun Personen jeglichen Geschlechts Opfer einer Vergewaltigung sein können (vgl. Medienmitteilung des Bundesrates vom 10. Januar 2024, https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-99508.html, zuletzt besucht am 21. Juni 2024).

 

Da der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt (Nötigung zum Beischlaf), welcher neu in Art. 190 Abs. 2 StGB umschrieben ist, schon nach bisherigem Recht von aArt. 190 StGB erfasst war und auch der Strafrahmen keine Änderung erfuhr, erweist sich das neue Recht nicht als milder. Entsprechend ist vorliegend das zur Tatzeit geltend, bisherige Recht anzuwenden.

 

1.2 Würdigung

 

Bezüglich der rechtlichen Grundlagen zu aArt. 190 StGB kann ebenso wie hinsichtlich der Subsumtion vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz auf US 13 ff (E. III.B.3) verwiesen werden. Der nachgewiesene Sachverhalt erfüllt den Straftatbestand, weshalb der Beschuldigte der Vergewaltigung, begangen am 28. Juni 2018, schuldig zu sprechen ist.

 

2. Mehrfache Drohung

 

Es kann wiederum auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz zu den rechtlichen Grundlagen von Art. 180 StGB sowie zur Subsumtion verwiesen werden (US 19 f. [E. III.D.2.3], US 22 [E. III.D. 3.3], US 25 [E. III.D.4.3], US 26 [E. 5.3]). Der Beschuldigte ist entsprechend der mehrfachen Drohung schuldig zu sprechen.

 

VII. Strafzumessung

 

1. Allgemeine Ausführungen

 

1.1 Nach Art. 47 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Abs. 1). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden (Abs. 2).

 

1.2 Bei der Tatkomponente können fünf verschiedene objektive und subjektive Momente unterschieden werden. Beim Aspekt der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes (Ausmass des verschuldeten Erfolgs) geht es sowohl um den Rang des beeinträchtigten Rechtsguts wie um das Ausmass seiner Beeinträchtigung, aber auch um das Mass der Abweichung von einer allgemeinen Verhaltensnorm. Auch die Verwerflichkeit des Handelns (Art und Weise der Herbeiführung des Erfolgs) ist als objektives Kriterium für das Mass des Verschuldens zu berücksichtigen. Auf der subjektiven Seite ist die Intensität des deliktischen Willens (Willensrichtung des Täters) zu beachten. Dabei sprechen für die Stärke des deliktischen Willens insbesondere Umstände wie die der Wiederholung Dauer des strafbaren Verhaltens auch der Hartnäckigkeit, die der Täter mit erneuter Delinquenz trotz mehrfacher Vorverurteilungen sogar während einer laufenden Strafuntersuchung bezeugt. Hier ist auch die Skrupellosigkeit, wie auch umgekehrt der strafmindernde Einfluss, den es haben kann, wenn ein V-Mann bei seiner Einwirkung auf den Verdächtigen die Schranken des zulässigen Verhaltens überschreitet, zu beachten. Hinsichtlich der Willensrichtung ist dem direkten Vorsatz grösseres Gewicht beizumessen als dem Eventualdolus, während sich mit der Unterscheidung von bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit keine prinzipielle Differenz der Schwere des Unrechts der Schuld verbindet. Die Grösse des Verschuldens hängt weiter auch von den Beweggründen und Zielen des Täters ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Delinquenz umso schwerer wiegt, je grösser das Missverhältnis zwischen dem vom Täter verfolgten und dem von ihm dafür aufgeopferten Interesse ist. Schliesslich ist unter dem Aspekt der Tatkomponente die Frage zu stellen, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Hier geht es um den Freiheitsraum, welchen der Täter hatte. Je leichter es für ihn gewesen wäre, die Norm zu respektieren, desto schwerer wiegt die Entscheidung gegen sie und damit seine Schuld (BGE 117 IV 7 E. 3aa). Innere Umstände, die den Täter einengen können, sind unter anderem psychische Störungen mit einer Verminderung der Schuldfähigkeit, aber auch unterhalb dieser Schwelle, wie Affekte, die nicht entschuldbar, aber doch von Einfluss sind, Konflikte, die sich aus der Bindung an eine andere Kultur ergeben, Alkohol- Drogenabhängigkeit, subjektiv erlebte Ausweglosigkeit Verzweiflung usw. Auch äussere Umstände berühren die Schuld nur, wenn sie die psychische Befindlichkeit des Täters berühren.

 

1.3 Bei der Täterkomponente sind einerseits das Vorleben, bei dem vor allem Vor-strafen, auch über im Ausland begangene Straftaten (BGE 105 IV 225 E. 2), ins Gewicht fallen – Vorstrafenlosigkeit wird neutral behandelt und bei der Strafzumessung nur berücksichtigt, wenn die Straffreiheit auf aussergewöhnliche Gesetzestreue hinweist (BGE 136 IV 1) – und andererseits die persönlichen Verhältnisse (Lebensumstände des Täters im Zeitpunkt der Tat), wie Alter, Gesundheitszustand, Vorbildung, Stellung im Beruf und intellektuelle Fähigkeiten zu berücksichtigen. Des Weiteren zählen zur Täterkomponente auch das Verhalten des Täters nach der Tat und im Strafverfahren, also ob er einsichtig ist, Reue gezeigt, ein Geständnis abgelegt bei den behördlichen Ermittlungen mitgewirkt hat, wie auch die Strafempfindlichkeit des Täters.

 

1.4 Das Gesamtverschulden ist zu qualifizieren und mit Blick auf Art. 50 StGB im Urteil ausdrücklich zu benennen, wobei von einer Skala denkbarer Abstufungen nach Schweregrad auszugehen ist. Hierauf ist in einem zweiten Schritt innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens die (hypothetische) Strafe zu bestimmen, die diesem Verschulden entspricht (BGE 136 IV 55 E. 5.7). Das Bundesgericht drängt in seiner jüngeren Praxis vermehrt darauf, dass Formulierung des Verschuldens und Festsetzung des Strafmasses auch begrifflich im Einklang stehen (Urteile des Bundesgerichts vom 7. Juli 2011, 6B_1096/2010 E. 4.2; vom 6. Juni 2011, 6B_1048/2010 E. 3.2 und vom 26. April 2011, 6B_763/2010 E. 4.1).

 

1.5 Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen und ist an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist die Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips nach Art. 49 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (sog. «konkrete Methode»). Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (BGE 142 IV 265 E. 2.3.2; BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122). Die Bildung einer sog. «Einheitsstrafe» bei engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang verschiedener Delikte ist nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich nicht mehr zulässig. Ebenso ist es nicht zulässig, für einzelne Delikte eine Freiheitsstrafe statt einer Geldstrafe auszusprechen, nur, weil die maximale Höhe der Geldstrafe von 180 Tagessätzen zufolge Asperation mehrerer Geldstrafen überschritten würde. Diesfalls bleibt es bei der Ausfällung einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen, auch wenn diese insgesamt für alle mit Geldstrafe zu sanktionierenden Delikte nicht mehr schuldangemessen ist (BGE 144 IV 217 E. 3.6).

 

Im soeben erwähnten BGE 144 IV 217 und in 144 IV 313 rückte das Bundesgericht von seiner früheren Rechtsprechung ab, die im Rahmen der Deliktsmehrheit nach Art. 49 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit der Wahl der Strafart noch Ausnahmen von der konkreten Methode zuliess (wonach für jedes einzelne Delikt im konkreten Fall die Strafart zu bestimmen und eine gesonderte Einsatzstrafe festzusetzen ist). In neueren Entscheiden hielt das Bundesgericht dann allerdings wieder fest, es könne eine Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen werden, wenn viele Einzeltaten zeitlich sowie sachlich eng miteinander verknüpft seien und eine blosse Geldstrafe bei keinem der in einem engen Zusammenhang stehenden Delikte geeignet sei, in genügendem Masse präventiv auf den Täter einzuwirken (Urteil des Bundesgerichts 6B_382/2021 vom 25. Juli 2022 E. 2.4.2). Im Entscheid 6B_141/2021 vom 23. Juni 2021 schützte das Bundesgericht das Vorgehen der Vorinstanz, welche für einen Beschuldigten, der in sechs Jahren mehr als 30 Schuldsprüche wegen Widerhandlung gegen das SVG angehäuft hat, von welchen jede einzelne unter Umständen noch mit einer Geldstrafe hätte bestraft werden können, eine Gesamtfreiheitsstrafe verhängte. Das Bundesgericht hielt in E. 1.3.4 fest, durch die hartnäckige Delinquenz habe der Beschuldigte eine kriminelle Veranlagung offenbart, die nach einer härteren Gangart verlange. Angesichts der Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit erscheine eine Geldstrafe als unzweckmässig. In BGE 147 IV 241 (Praxis 2/2022, Nr. 17) hielt das Bundesgericht u.a. fest, für die Bestimmung der Strafart, die die strafbare Handlung gemäss Art. 47 sanktionieren solle, gelte es, vor allem das Verschulden des Täters zu berücksichtigen (E. 3.2). Weiter hielt das Bundesgericht im Entscheid 6B_432/2020 vom 30. September 2021 fest, mehrfache sexuelle Handlungen in einer Paarbeziehung wiesen Züge eines Dauerdelikts auf. Deshalb sei es zulässig, jeweils mehrere gleichartige Handlungen in einer Tatgruppe zusammenzufassen und dafür eine Einheitsstrafe festzusetzen. Im konkreten Fall seien dann insgesamt drei Tatgruppen zu bilden, für welche je eine Einheitsstrafe festzusetzen sei, schliesslich seien dann die drei Einheitsstrafe zu asperieren. Zu erwähnen ist schliesslich auch noch der Entscheid 6B_241/2018 vom 4. Oktober 2018, in dem das Bundesgericht festhielt, dass bei mehrfacher Tatbegehung eine Einheitsstrafe festgesetzt werden könne, wenn sich eine schwerste Straftat unter mehreren gleichartigen schlicht nicht bestimmen lasse.

 

2. Konkrete Strafzumessung

 

2.1 Wahl der Strafart

 

Der Beschuldigte ist gestützt auf die vorstehenden Erwägungen wegen Vergewaltigung, mehrfacher Drohung sowie mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen schuldig zu sprechen und zu bestrafen. Die Vergewaltigung nach aArt.190 StGB ist dabei zwingend mit einer Freiheitsstrafe zu sanktionieren, während die Drohung nach Art. 180 StGB neben der Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren eine Geldstrafe vorsieht. Die Vorinstanz erachtete diesbezüglich die Geldstrafe als angemessene Sanktionsart. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Die Drohung vom 28. Juni 2018 (AnklS Ziff. 3 lit. a) weist einen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Vergewaltigung auf und ist Ausdruck der gleichen kriminellen Energie. Entsprechend kommt für dieses Delikt einzig eine Freiheitsstrafe in Betracht. Der sachliche Zusammenhang rechtfertigt jedoch auch, für die weiteren Drohungshandlungen eine Freiheitsstrafe auszusprechen. Das Verhalten des Beschuldigten zeugt von einer erheblichen Uneinsichtigkeit. Eine Geldstrafe erscheint nicht geeignet, in genügendem Masse präventiv auf den Beschuldigten einzuwirken. Gestützt auf das Gesagte ist daher eine Gesamtfreiheitsstrafe auszusprechen. Die Übertretungen sind sodann mit einer Busse zu ahnden.

 

2.2 Freiheitsstrafe

 

2.2.1 Bestimmung der Einsatzstrafe für die schwerste Tat

 

Schwerstes Delikt bildet vorliegend die Vergewaltigung, für welche aArt. 190 StGB einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht.

 

Der Beschuldigte setzte keine massiven Nötigungsmittel ein und nutzte vorwiegend seine physische Überlegenheit aus, um den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Von der Geschädigten war allerdings auch keine massive Gegenwehr zu erwarten. Die Beziehung war bereits im Vorfeld der Vergewaltigung geprägt von Gewalt und Drohungen durch den Beschuldigten, der durch dieses Verhalten Macht und Kontrolle über die Geschädigten ausüben wollte. Dieses Terrorregime schmälerte den Widerstand der Privatklägerin, welche mehrfach schilderte, sich gegenüber ihrem Ehemann machtlos gefühlt zu haben. Auch wenige Stunden vor der Vergewaltigung hatte der Beschuldigte sie mit dem Tod bedroht. Zwar ist nicht nachgewiesen, dass dieser die Drohung aussprach, um die Geschädigte zum Geschlechtsverkehr zu nötigen. Dennoch wurde mit einer derart massiven Drohung Druck aufgebaut, was den Widerstand der Privatklägerin in der Folge schmälerte. Nichtsdestotrotz hatte sich die Privatklägerin u.a. verbal deutlich geäussert, keinen Geschlechtsverkehr zu wünschen, diesen nach anfänglicher Gegenwehr jedoch über sich ergehen lassen, um die Kinder, welche nach der schockierenden Auseinandersetzung zuvor endlich den Schlaf gefunden hatten, nicht noch mehr zu belasten. Auch dies konnte der Beschuldigte realisieren, zumal ihm aufgrund der Tränen und des Umstands, dass die Geschädigte den Kopf abdrehte, bewusst war, dass seine Ehefrau nach wie vor nicht in den Geschlechtsverkehr einwilligte. Sein Vorgehen zeugt von Skrupellosigkeit und Gefühlskälte. Zu seinen Gunsten ist zu berücksichtigen, dass die Tat nicht von langer Hand geplant und im Verhältnis nicht von langer Dauer war. In subjektiver Hinsicht handelte der Beschuldigte mit direktem Vorsatz und aus egoistischen Beweggründen, was jedoch tatbestandsimmanent ist. Umstände, welche ihn daran gehindert hätten, sich rechtmässig zu verhalten, sind keine ersichtlich.

 

Gesamthaft ist unter Berücksichtigung aller relevanter Faktoren noch von einem leichten Tatverschulden auszugehen, allerdings an der Grenze vom mittleren zum oberen Bereich des unteren Strafrahmendrittels. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Berufungsgerichts erscheint vorliegend eine Einsatzstrafe von 36 Monaten als dem Verschulden angemessen.

 

2.2.2 Asperation

 

2.2.2.1 Drohung vom 28. Juni 2018 (AnklS Ziff. 3 lit. a)

 

Der Beschuldigte drohte der Geschädigten explizit mit dem Tod und somit mit einem Angriff auf ihr Leben und ihre körperliche Integrität. Es handelt sich dabei um eine äusserst schwere Drohung. Dabei verlieh der Beschuldigte seinen Worten Nachdruck, indem er der Geschädigten einen ca. 35 cm langen und ca. 5 cm breiten Holzstab an den Hals hielt. Der Beschuldigte schreckte trotz der Anwesenheit der Kinder nicht von der Tat zurück, was seine Tat sehr verwerflich erscheinen lässt. Die Tat war nicht geplant, erfolgte jedoch aus nichtigem Anlass, nämlich infolge einer Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten, wobei der Grund für diese nicht bekannt ist. Während die Geschädigte in ihrer ersten Einvernahme noch von einem «kleinen Konflikt» sprach, gab sie in ihren nachfolgenden Aussagen an, dass der Beschuldigte bereits zu diesem Zeitpunkt Geschlechtsverkehr von ihr verlangt habe, was jedoch nicht erwiesen ist. Nichtsdestotrotz war die nachfolgende Drohung in keiner Weise gerechtfertigt. Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz und aus egoistischen Beweggründen.

 

Die Drohung steht zwar im zeitlichen Zusammenhang mit der Vergewaltigung, diente jedoch wie erwähnt nicht als Nötigungsmittel im engeren Sinn, um den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Der Unrechtsgehalt der Drohung ist daher mit der Sanktion für die Vergewaltigung nicht grossmehrheitlich abgegolten. Das Verschulden kann nach wie vor als leicht bezeichnet werden, ist jedoch im oberen Bereich des untersten Strafrahmendrittels anzusiedeln. Eine hypothetische Einsatzstrafe von acht Monaten erscheint angemessen. Aufgrund des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit der Vergewaltigung ist grosszügig zu asperieren. Konkret ist die Einsatzstrafe um drei Monate zu erhöhen.

 

2.2.2.2 Drohung vom (ca.) Juli 2018 (AnklS Ziff. 3 lit. b)

 

Der Beschuldigte drohte der Geschädigten erneut in Anwesenheit der Kinder mit dem Tod, wobei er seine Drohung dieses Mal mit einem Messer untermauerte. Grund der Auseinandersetzung war, dass sich die Geschädigte zuvor geweigert hatte, mit dem Beschuldigten zu schlafen. Dessen Beweggründe für sein Handeln waren somit einerseits Frust über die Zurückweisung, andererseits diente sein Verhalten auch der Machtausübung gegenüber seiner Ehefrau.

 

Aufgrund des verwendeten Messers wiegt die Tat schwerer als die erste Drohung, weshalb die Einsatzstrafe auf zehn Monate festzusetzen ist. Dem engen sachlichen Zusammenhang zur Drohung vom 28. Juni 2018 ist mit einer grosszügigen Asperation Rechnung zu tragen. Entsprechend ist die Einsatzstrafe um 3,5 Monate zu erhöhen.

 

2.2.2.3 Drohung in der Zeit vom 5. Juni 2019 bis zum 13. Juni 2019 (AnklS Ziff. 3.c)

 

Der Beschuldigte drohte der Geschädigten wiederum mit dem Tod und somit erneut mit einem schweren Übel. Allerdings erfolgte die Drohung am Telefon, was sich auf die Geschädigte weitaus weniger ängstigender ausgewirkt haben dürfte. Im Verhältnis zu den vorhergehenden Drohungen wiegt das Verschulden deutlich weniger schwer. Eine Einsatzstrafe von vier Monaten, asperiert 1,5 Monate, erscheint hierfür angemessen.

 

2.2.2.4 Drohung vom 13. Juni 2019 (AnklS Ziff. 3 lit. c)

 

Erneut drohte der Beschuldigte der Geschädigten in Anwesenheit der Kinder und unter Zuhilfenahme eines Messers mit dem Tod. Im Verhältnis zum Vorfall gemäss AnklS Ziff. 3 lit. b wiegt die Drohung jedoch weniger schwer, gelangte er doch dieses Mal nicht in die unmittelbare Nähe der Geschädigten. Auch erfolgte die Drohung in Anwesenheit weiterer Personen, welche dieser beistehen konnten. Die Privatklägerin war dem Beschuldigten nicht schutzlos ausgeliefert, was sich darin zeigt, dass sie zusammen mit den Nachbarn in deren Wohnung flüchten konnte. Es wird eine Einsatzstrafe von acht Monate Freiheitsstrafe festgesetzt, asperiert drei Monate.

 

2.2.3 Täterkomponente

 

Die Vorinstanz wertete die Täterkomponente als neutral, da sich die dazumal einzig vorhandene Vorstrafe vom 23. Januar 2019 wegen Betruges als nicht einschlägig erwies. Zwischenzeitlich wurde der Beschuldigte von der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn mit Strafbefehl vom 21. September 2023 wegen Drohung (begangen als Ehegatte), Beschimpfung und Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 10.00 sowie einer Busse von CHF 250.00 verurteilt. Diese Verurteilung wirkt sich unter dem Aspekt des Nachtatverhaltens negativ aus. Auch die vorliegend zu beurteilenden Taten beging der Beschuldigte teilweise während laufendem Strafverfahren und trotz des bestehenden Kontakt- und Rayonverbotes (AnklS Ziff. 7 lit. c und d). Einsicht und Reue sind dem Beschuldigten unter diesem Aspekt nicht zu attestieren. Anhaltspunkte für eine besondere Strafempfindlichkeit sind nicht auszumachen.

 

Nach dem Gesagten wirkt sich die Täterkomponente insgesamt straferhöhend aus. Die Freiheitsstrafe von 47 Monaten ist um drei Monate auf nunmehr 50 Monate zu erhöhen.

 

Da sich die anzuordnende Landesverweisung (s. Ziff. VIII. hiernach) nach der Praxis des Berufungsgerichts im Rahmen des gesamten Sanktionenpakets strafreduzierend auswirkt, hier konkret im Umfang von fünf Monaten, ist die Strafe auf insgesamt 45 Monate festzusetzen.

 

2.2.4 Verletzung des Beschleunigungsgebots

 

Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV). Art. 6 Ziff. 1 EMRK vermittelt diesbezüglich keinen weitergehenden Schutz als Art. 29 Abs. 1 BV (BGE 140 IV 373 E. 1.3.1, BGE 130 I 269 E. 2.3 S. 272 f., BGE 130 I 312 E. 5.1 S. 332; je mit Hinweis). Gemäss Art. 5 Abs. 1 StPO nehmen die Strafbehörden die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss. Das Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, ein Strafverfahren mit der gebotenen Beförderung zu behandeln, nachdem die beschuldigte Person darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Sie soll nicht länger als notwendig den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt sein (BGE 133 IV 158 E. 8 S. 170). Die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer entzieht sich starren Regeln. Ob sich die Dauer als angemessen erweist, ist in jedem Einzelfall unter Würdigung aller konkreten Umstände zu prüfen (BGE 130 I 312 E. 5.2 S. 332 mit Hinweisen).

 

Die Vorinstanz hat eine massive Verletzung des Beschleunigungsgebotes festgestellt. Auf diese zutreffenden Ausführungen kann verwiesen werden (US 38). Die überlange Verfahrensdauer rechtfertigt eine Strafreduktion von rund 10%, d.h. konkret fünf Monate. Somit ist im Ergebnis eine Freiheitsstrafe von 40 Monaten auszusprechen. Die Verletzung des Beschleunigungsgebots ist formell im Dispositiv festzuhalten.

 

2.2.5 Vollzugsform

 

Die Gewährung des bedingten teilbedingten Strafvollzuges ist bei dieser Strafhöhe von Gesetzes wegen ausgeschlossen.

 

2.2.6 Anrechnung der Haft

 

Dem Beschuldigten ist in Anwendung von Art. 51 StGB die vom 13. Juni 2019 bis zum 14. Juni 2019 (AS 4) ausgestandene Haft, somit ein Tag, an die Freiheitsstrafe anzurechnen.

 

2.3 Busse

 

Für den mehrfachen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen ist eine Busse auszufällen. Die Vorinstanz sprach für die Kontaktaufnahme per WhatsApp und die Annäherung an den Wohnort der Geschädigten eine Busse von CHF 100.00, asperiert CHF 150.00, aus. Dies erscheint angemessen. Aufgrund der negativen Tatkomponente (Nachtatverhalten) wäre die Busse zu erhöhen, was jedoch infolge des Verschlechterungsverbotes ausscheidet. Es bleibt daher bei einer Busse von CHF 150.00, ersatzweise zwei Tage Freiheitsstrafe im Falle der Nichtbezahlung.

 

2.4 Widerruf

 

Nach Art. 46 Abs. 5 StGB darf der Widerruf nicht mehr angeordnet werden, wenn seit dem Ablauf der Probezeit drei Jahre vergangen sind. Da die Probezeit bezüglich der Vorstrafe vom 23. Januar 2019 im Januar 2021 abgelaufen ist, ist ein Widerruf bezüglich des Urteils der Staatsanwaltschaft vom 23. Januar 2019 nicht mehr möglich. Das Gleiche gilt für die von der Staatsanwaltschaft mit der Anschlussberufung beantragte Verlängerung der Probezeit, welche eine Ersatzmassnahme darstellt.

 

VIII. Landesverweisung

 

1. Allgemeine Ausführungen zur Landesverweisung

 

1.1 Das Gericht verweist den Ausländer, der zu einer sog. Katalogtat gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. a bis lit. o StGB verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5 – 15 Jahre aus der Schweiz. Von der Anordnung der Landesverweisung kann nur «ausnahmsweise» unter den kumulativen Voraussetzungen abgesehen werden, dass sie (1.) einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2.) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 StGB; sog. Härtefallklausel).

 

1.2 Die Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 BV; BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.1.2 und E. 3.3.1). Die Härtefallklausel ist gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung restriktiv («in modo restrittivo») anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.1 mit Hinweis).

 

1.3 Ob ein Härtefall vorliegt, entscheidet sich nicht anhand von starren Altersvorgaben. Ebenso wenig ist nach einer gewissen (legalen) Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz anzunehmen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.4). Es ist vielmehr eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1 f.; 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteil 6B_739/2020 vom 14.10.2020 E. 1.1.1; je mit Hinweisen), bei welcher die gängigen Integrationskriterien heranzuziehen sind (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 und 3.4.4; 144 IV 332 E. 3.3.2). Erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher gesellschaftlicher Natur (BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_33/2022 vom 9.12.2022 E. 3.2.3; je mit Hinweisen). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der persönlichen und wirtschaftlichen Integration, familiäre Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, die Aufenthaltsdauer, der Gesundheitszustand und die Resozialisierungschancen (vgl. Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24.10.2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]; BGE 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteile 6B_1077/2020 vom 2.6.2021 E. 1.2.2; 6B_1178/2019 vom 10.3.2021 E. 3.2.4; je mit Hinweisen). Der besonderen Situation von in der Schweiz geborenen aufgewachsenen Ausländern wird Rechnung getragen, indem eine längere Aufenthaltsdauer zusammen mit einer guten Integration in aller Regel als starke Indizien für ein gewichtiges Interesse an einem Verbleib in der Schweiz und damit für das Vorliegen eines Härtefalls zu werten sind. Ebenso ist der Rückfallgefahr und wiederholter Delinquenz Rechnung zu tragen. Das Gericht darf auch vor dem Inkrafttreten von Art. 66a StGB begangene Straftaten berücksichtigen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1 und 3.4.4; 144 IV 332 E. 3.3.2; Urteil 6B_149/2021 vom 3.2.2022 E. 2.3.2 mit Hinweis).

 

1.4 Von einem schweren persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB ist bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV und Art. 8 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteile 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.3; 6B_780/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.3.2; je mit Hinweisen). Das durch Art. 13 BV bzw. Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1). Zum geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern (BGE 145 I 227 E. 5.3; 144 II 1 E. 6.1; Urteil des Bundesgerichts 6B_162/2023 vom 1. September 2023 E. 1.4.2). Der sich hier aufhaltende Familienangehörige muss nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügen, was praxisgemäss der Fall ist, wenn er das Schweizer Bürgerrecht besitzt, ihm die Niederlassungsbewilligung gewährt wurde er über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht (BGE 144 II 1 E. 6.1).

 

1.5 Berührt die Landesverweisung Gewährleistungen von Art. 8 Ziff. 1 EMRK, sind die Voraussetzungen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK, insbesondere die Verhältnismässigkeit der Massnahme, zu prüfen. Art. 66a StGB ist EMRK-konform auszulegen. Die Interessenabwägung im Rahmen der Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB hat sich daher an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu orientieren (BGE 145 IV 161 E. 3.4; Urteile 6B_255/2021 vom 3. Oktober 2022 E. 1.3.5; 6B_1245/2021 vom 8. Juni 2022 E. 2.3.3; je mit Hinweisen). Nach dem EGMR sind bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 EMRK insbesondere Art sowie Schwere der Straftat, die Dauer des Aufenthalts im Aufnahmestaat, die seit der Tat verstrichene Zeit sowie das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit und der Umfang der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen im Aufnahme- sowie im Heimatstaat zu berücksichtigen (Urteil des EGMR M.M. gegen die Schweiz vom 8. Dezember 2020, Nr. 59006/18, §§ 49; Urteile 6B_162/2023 vom 1. September 2023 E. 1.4.2 mit Hinweisen).

 

2. Allgemeine Ausführungen zur SIS - Ausschreibung

 

Eine Ausschreibung von Drittstaatsangehörigen im Sinne von Art. 3 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation [SIS-II-Verordnung] im SIS darf gemäss dem in Art. 21 SIS-II-Verordnung verankerten Verhältnismässigkeitsprinzip nur vorgenommen werden, wenn die Angemessenheit, Relevanz und Bedeutung des Falles dies rechtfertigen. Voraussetzung der Ausschreibung im SIS ist eine nationale Ausschreibung, die auf einer Entscheidung der zuständigen nationalen Instanz (Verwaltungsbehörde Gericht) beruht (Art. 24 Ziff. 1 SIS-II-Verordnung). Die Ausschreibung wird eingegeben, wenn die Entscheidung auf die Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung die nationale Sicherheit gestützt wird, die die Anwesenheit des betreffenden Drittstaatsangehörigen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats darstellt (Art. 24 Ziff. 2 Satz 1 SIS-II-Verordnung). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die betreffende Person in einem Mitgliedstaat wegen einer Straftat verurteilt wurde, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 24 Ziff. 2 lit. a SIS-II-Verordnung), wenn gegen sie der begründete Verdacht besteht, dass sie schwere Straftaten begangen hat, wenn konkrete Hinweise bestehen, dass sie solche Straftaten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates plant (Art. 24 Ziff. 2 lit. b SIS-II-Verordnung). Eine Ausschreibung im SIS darf gemäss Art. 21 und Art. 24 Ziff. 1 SIS-II-Verordnung nur auf der Grundlage einer individuellen Bewertung unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsprinzips ergehen. Im Rahmen dieser Bewertung ist bei der Ausschreibung gestützt auf Art. 24 Ziff. 2 SIS-II-Verordnung insbesondere zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Verhältnismässig ist eine Ausschreibung im SIS immer dann, wenn eine solche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gegeben ist. Sind die Voraussetzungen von Art. 21 und 24 Ziff. 1 und 2 SIS-II-Verordnung erfüllt, besteht eine Pflicht zur Ausschreibung im SIS (Urteil des Bundesgerichts 6B_572/2019 vom 8.4.2020 E. 3.2.2).

 

3. Konkrete Beurteilung

 

3.1 A.___ ist irakischer Staatsangehöriger und hat sich u.a. der Vergewaltigung schuldig gemacht. Gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. h ist er daher grundsätzlich des Landes zu verweisen, soweit kein Härtefall nach Art. 66a Abs. 2 StGB vorliegt, der einer Landesverweisung entgegensteht.

 

3.2 Der Beschuldigte wurde am [Geburtsdatum] in [Ort 5] (Irak) geboren und reiste am 16. Februar 1999 in die Schweiz ein, wo er um Asyl ersuchte. Das (damalige) Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) lehnte das Asylgesuch mit Entscheid vom 6. Juni 2001 ab, ordnete indes die vorläufige Aufnahme in der Schweiz an. Am 26. Oktober 2006 erteilte ihm der Kanton Solothurn eine Aufenthaltsbewilligung (Härtefall). Am 30. Oktober 2008 verheiratete er sich mit der irakischen Staatsangehörigen C.___, geb. […], welche am 1. Juni 2010 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz einreiste. Am [Geburtsdatum] wurde die Tochter E.___ in der Schweiz und am [Geburtsdatum] der Sohn F.___ im Irak geboren. Die Ehefrau meldete sich im August 2013 in den Irak ab. Der Beschuldigte meldete am 3. Oktober 2013 seinen geplanten Wegzug in den Irak und verliess die Schweiz am 25. Dezember 2013. Am 1. Juni 2014 ersuchte er um Wiederzulassung. Am 2. April 2015 reiste er nach erfolgter Einreisebewilligung wieder in die Schweiz ein und erhielt am 10. Juni 2015 erneut eine Aufenthaltsbewilligung. Diese wurde in der Folge jeweils verlängert, zuletzt am 7. April 2020 mit Gültigkeit bis 1. April 2022. U.a. infolge erneuter vollumfänglicher Unterstützung durch die Sozialregion Olten seit dem 1. September 2021 wurde die Aufenthaltsbewilligung bislang nicht verlängert (vgl. Bericht des Migrationsamtes [MISA] vom 27. Mai 2022, AS 537.1 f.).

 

Der Beschuldigte lebt – mit einem Unterbruch von rund einem Jahr – nun seit 24 Jahren in der Schweiz. Diese lange Anwesenheitsdauer ist sicherlich ein Indiz für das Vorliegen eines Härtefalls, vermag diesen allein aber nicht zu begründen. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung findet die automatische Annahme eines Härtefalls ab einer bestimmten Anwesenheitsdauer im Gesetz keine Stütze. Vielmehr ist die Härtefallprüfung in jedem Fall anhand der gängigen Integrationskriterien vorzunehmen (Urteil 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.4). Entsprechend sind im Nachfolgenden auch die übrigen Kriterien einer genaueren Prüfung zu unterziehen.

 

Zur familiären Situation des Beschuldigten gilt es anzumerken, dass dieser seit Dezember 2018 von seiner Ehefrau getrennt lebt. Mit Verfügung der Amtsgerichtstatthalterin von Olten-Gösgen vom 2. Dezember 2019 wurden die beiden Kinder unter die alleinige Obhut der Mutter gestellt und dem Beschuldigten ein gerichtsübliches Besuchsrecht (jedes zweite Wochenende) eingeräumt (AS 67). Nach Eingang des Berichts des Sozialateliers vom 22. Juni 2020 (AS 106 ff.) wurde das Besuchsrecht mit Verfügung vom 30. Juni 2020 sistiert (AS 104). Im Rahmen der Einvernahme vom 11. Mai 2023 gab der Beschuldigte an, seine Kinder seit vier Jahren nicht gesehen zu haben und für diese auch keinen Unterhalt zu bezahlen (ASOG 61). Anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigte er, seine Kinder seit sechs Jahren nicht mehr gesehen zu haben. Es liegt somit weder ein Kontakt (geschweige denn ein enger) zu den Kindern vor, der durch eine Landesverweisung beeinträchtigt würde, noch würde eine finanzielle Unterstützung der Kinder gefährdet. Unter diesem Aspekt lässt sich somit kein Härtefall begründen.

 

In beruflicher und finanzieller Hinsicht gab der Beschuldigte an, in der Schweiz diverse Arbeitsstellen als Logistiker gehabt zu haben, seit dem 1. Mai 2019 jedoch arbeitslos zu sein (AS 534). Dem Bericht des MISA vom 27. Mai 2022 ist ergänzend zu entnehmen, dass der Beschuldigte seit dem 15. Mai 2019 (mit Unterbrüchen) vollumfänglich Unterstützungsleistungen der Sozialen Dienste [Ort 4] bezog. Per 18. März 2022 betrug die bezogene Sozialhilfe total CHF 44'298.00. Gemäss Betreibungsregisterauszug des Betreibungsamtes Olten-Gösgen vom 2. März 2022 erfolgten zwei Betreibungen im Betrag von CHF 732.85 (bezahlt) und CHF 12'090.00. Weiter bestehen zwei nicht getilgte Verlustscheine im Gesamtbetrag von CHF 8'331.80. Weitergehende Informationen zur Arbeitssituation des Beschuldigten lagen dem MISA im Zeitpunkt der Berichterstattung nicht vor. Vor der Vorinstanz gab der Beschuldigte an, im Rahmen eines Beschäftigungsprogrammes vom Sozialamt zu 50% bei der G.___ GmbH tätig zu sein. Ferner sei er bei der IV angemeldet (ASOG 61 und 63). Gemäss seinen Aussagen vor dem Berufungsgericht, hatte er seither keine Anstellung mehr. Das IV-Verfahren sei zwischenzeitlich abgeschlossen bzw. das Gesuch abgelehnt worden. Aktuell sei er weder in Therapie, noch müsse er Medikamente nehmen. Von einer gelungenen wirtschaftlichen Integration kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein. Was den Respekt vor der hiesigen Rechtsordnung anbelangt, fallen die zwei Vorstrafen vom 23. Januar 2019 wegen Betruges sowie vom 21. September 2023 wegen Drohung, Beschimpfung und Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen negativ ins Gewicht. Auch in sprachlicher Hinsicht bekundet der Beschuldigte offensichtlich Mühe mit der Integration. So ist er auch nach 24 Jahren in der Schweiz nach wie vor auf einen Übersetzer im vorliegenden Verfahren angewiesen. Eine besondere Integration in sozialer kultureller Hinsicht ist ebenfalls nicht auszumachen.

 

Zu den Reintegrationschancen im Heimatland gilt es anzumerken, dass der Beschuldigte im Irak aufgewachsen ist, dort die prägenden Jahre der Kindheit und Jugend verbracht und die Schulen besucht hat. Sein Studium in Wirtschaft brach er zwar nach zwei Jahren ab (AS 534), woraufhin er in die Schweiz flüchtete. Allerdings absolvierte der Beschuldigte auch in der Schweiz keine Ausbildung und es ist auch keine längerfristige Anstellung bekannt. Die Aussichten auf eine berufliche Integration im Heimatland sind damit weder besser noch schlechter als in der Schweiz. Dass dem Beschuldigten eine Reintegration im Heimatland zumutbar ist, zeigt sich im Übrigen bereits daran, dass er im Dezember 2013 freiwillig beschlossen hatte, mit seiner Ehefrau zusammen in den Irak zurückzukehren (AS 24, AS 115). Aus seinen beruflichen Plänen, zusammen mit einem Freund einen Gastronomiebetrieb zu eröffnen, ist zwar damals nichts geworden. Allerdings ist es dem Beschuldigten zumutbar, erneut ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. Seine beiden Geschwister, welche nach wie vor in seiner Heimatstadt leben (AS 534, ASOG 62), können ihn bei seiner Rückkehr unterstützen. Da der Beschuldigte zudem die Landessprache spricht, sind seine Chancen, sich im Heimatland wieder integrieren zu können, durchaus intakt.

 

Nach dem Gesagten ist eine Rückkehr in sein Heimatland für A.___ zumutbar. Es liegt kein persönlicher Härtefall vor, weshalb er des Landes zu verweisen ist.

 

3.3 Bei der Dauer der Landesverweisung ist zu berücksichtigen, dass die privaten Interessen an einem Verbleib in der Schweiz aufgrund der kläglichen Integration grundsätzlich als gering zu werten sind. Hingegen besteht ein grosses öffentliches Interesse an der Ausweisung. Mit Blick auf das Ausmass des Verschuldens und die nun auszusprechende (unbedingte) Freiheitsstrafe von 40 Monaten rechtfertigt sich eine Landesverweisung für die Dauer von acht Jahren.

 

3.4 Es ist zudem über die Ausschreibung der Landesverweisung im SIS zu befinden, da der Beschuldigte als irakischer Staatsangehöriger sog. Drittstaatsangehöriger ist und über keine Aufenthaltsbewilligung eines EU- EFTA-Staates verfügt. Die Vergewaltigung stellt sodann eine schwere Straftat dar, die mit einer Freiheitsstrafe von weit über einem Jahr bedroht ist. Auch wird der Beschuldigte zu einer Freiheitsstrafe von 40 Monaten verurteilt. Vor diesem Hintergrund ist von einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 24 der SIS-II-Verordnung auszugehen. Insofern ist eine Ausschreibung im SIS vorliegend verhältnismässig.

 

IX. Zivilforderung

 

1. Die Vorinstanz hat den Beschuldigten für den in Zusammenhang mit der Vergewaltigung (AnklS Ziff. 1), den mehrfachen Drohungen (AnklS Ziff. 3 lit. a – lit. d) sowie dem mehrfachen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen (AnklS Ziff. 7 lit. c und lit. d) entstandenen Schaden dem Grundsatz nach zu 100% haftpflichtig erklärt. Der Beschuldigte wendet sich gegen diesen Entscheid. Nachdem dieser zweitinstanzlich ebenfalls schuldig gesprochen wird, ist das vorinstanzliche Urteil diesbezüglich zu bestätigen.

 

2. Der Privatklägerin wurde mit erstinstanzlichem Urteil weiter eine Genugtuung von CHF 7'500.00 für die zu ihrem Nachteil begangenen Delikte gemäss AnklS Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a (zuzüglich 5% Zins seit dem 28. Juni 2018) sowie von CHF 1'000.00 für die Drohung gemäss AnklS Ziff. 3 lit. b (zuzüglich 5% Zins seit dem 24. September 2018) zugesprochen, gesamthaft somit CHF 8'500.00. Der Beschuldigte, welcher einen Freispruch von den entsprechenden Vorhalten beantragt, verlangt mit seiner Berufung die Abweisung der Genugtuungsforderung.

 

Aus den Schuldsprüchen wegen Vergewaltigung und Drohung zum Nachteil der Privatklägerin ist der Anspruch auf Genugtuung offensichtlich. Eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung ist zweifelsfrei gegeben.

 

Die durch die Vorinstanz zugesprochene Höhe von CHF 7'500.00 für die Vergewaltigung und Drohung vom 28. Juni 2018 ist nicht zu beanstanden, weshalb vollumfänglich auf die Erwägungen der Vorinstanz auf US 49 verwiesen werden kann. Die Intensität der Auswirkungen der Vergewaltigung sind – soweit bekannt – nicht unerheblich, das Verschulden des Beschuldigten ebenfalls. Die Höhe der Genugtuungsforderung entspricht sodann auch der Rechtsprechung des Berufungsgerichts in ähnlich gelagerten Fällen.

 

Auch die von der Vorinstanz ausgesprochene Genugtuung für die ca. im Juli 2018 ausgesprochene Drohung ist zu bestätigen. Wie die Vorinstanz auf US 49 zutreffend ausführt, erlitt die Geschädigte aufgrund des verwendeten Messers Todesangst. Aufgrund der Schwere dieser Drohung erscheint eine Genugtuung in Höhe von CHF 1‘000.00 angemessen.

 

Die Genugtuung ist ab dem massgebenden Tag des schädigenden bzw. Unbill verursachenden Ereignisses mit dem üblichen Zins von 5% zu verzinsen. Der Beschuldigte wird somit verurteilt, der Privatklägerin eine Genugtuungssumme von CHF 7'500.00 zuzüglich Zins zu 5% seit dem 28. Juni 2018 sowie CHF 1'000.00 zuzüglich Zins zu 5% seit dem 24. September 2018 zu bezahlen.

 

X. Kosten

 

1. Erstinstanzliches Verfahren

 

1.1 Die Vorinstanz hat die Verfahrenskosten mit einer Urteilsgebühr von CHF 14'000.00, total CHF 14'074.20, unter Berücksichtigung der erfolgten Freisprüche sowie Verfahrenseinstellungen zu 2/3 dem Beschuldigten und zu 1/3 dem Staat auferlegt. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend ist dieser Kostenentscheid zu bestätigen.

 

1.2 Das Honorar für die unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin, Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich, im erstinstanzlichen Verfahren ist in der Höhe von CHF 9'858.30 rechtskräftig festgesetzt und zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschuldigten vom Staat ausbezahlt worden. Der Rückforderungsanspruch des Staates sowie der Nachzahlungsanspruch der unentgeltlichen Rechtsbeiständin gegenüber dem Beschuldigten wurde hingegen nicht festgesetzt. Stattdessen sprach die Vorinstanz der Privatklägerin in Urteilsziffer 13 eine Parteientschädigung im Umfang von 5/6 des geltend gemachten Honorars, ausmachend CHF 10'450.80, zu, wobei der Anspruch im Umfang von CHF 8'215.25 (= 5/6 des im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege ausbezahlten Honorars) an den Staat falle. Der Beschuldigte wendet sich gegen die Parteientschädigung.

 

Die Kosten der unentgeltlichen Verbeiständung der Privatklägerschaft (Art. 138 StPO) trägt – wie die Kosten der amtlichen Verteidigung nach Art. 426 Abs. 1 Satz 2 StPO – vorerst der Staat. Nur wenn die beschuldigte Person sich im Zeitpunkt des Kostenentscheids später in günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen befindet, kann der Staat die von ihm im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Verbeiständung der Privatklägerschaft geleisteten Verfahrenskosten (Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO) bei der beschuldigten Person zurückzufordern (Art. 138 Abs. 2 StPO). Die materiellen Voraussetzungen für die Rückforderung dieser Kosten decken sich mit denjenigen der amtlichen Verteidigung (Art. 426 Abs. 1 Satz 2 und Art. 135 Abs. 4 StPO). In beiden Fällen muss sich die beschuldigte Person in günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen befinden (BSK StPO – Thomas Domeisen, Art. 426 N 19).

 

Der Beschuldigte hat gemäss obigen Ausführungen 2/3 der Verfahrenskosten zu bezahlen. Als Teil der Verfahrenskosten können auch die Kosten der unentgeltlichen Verbeiständung lediglich in diesem Umfang vom Beschuldigten zurückgefordert werden, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Der Beschuldigte hat dem Staat somit nur CHF 6'572.20 (und nicht CHF 8'215.25) zu bezahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. In diesem Umfang ist der Rückforderungsanspruch festzusetzen. Im gleichen Umfang hat er Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich die Differenz zum vollen Honorar in Höhe von CH 1'788.40 (30,16 Stunden à CHF 230.00, 10,42 Stunden à CHF 250.00 sowie 11,92 Stunden à CHF 125.00, zuzüglich Auslagen und 7,7% MwSt., davon 2/3, ausmachend CHF 8'360.65) zu bezahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Eine Parteientschädigung an die Privatklägerin ist hingegen nicht zusätzlich zuzusprechen.

 

Da sich dieses Ergebnis für den Beschuldigten günstiger auswirkt, wird mit dem neu festzusetzenden Rückforderungs- und Nachzahlungsanspruch das Verschlechterungsverbot nicht verletzt.

 

1.3 Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 14 des erstinstanzlichen Urteils wurde die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten, Rechtsanwalt Boris Banga, für das erstinstanzliche Verfahren auf CHF 11'895.80 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn im Umfang von CHF 7'930.55 während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von 2/3, somit CHF 2'710.10 (inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.

 

2. Berufungsverfahren

 

2.1 Die Kosten des Verfahrens sind von den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 Satz 1 StPO).

 

Die Berufung des Beschuldigten bleibt erfolglos. Die Schuldsprüche wie auch die Landesverweisung werden bestätigt, wobei sowohl die Freiheitsstrafe als auch die Dauer der Landesverweisung höher ausfallen. Die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft war demgegenüber grösstenteils erfolgreich. Als unterliegende Partei hat der Beschuldigte in Anwendung von Art. 428 Abs. 1 StPO die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 6'000.00, total CHF 6'700.00, zu bezahlen.

 

2.2 Die Honorarnote der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Privatklägerin, Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich, weist einen Arbeitsaufwand von 16,4 Stunden aus. Hinzuzurechnen ist die Verhandlungsdauer von 4,5 Stunden, wohingegen die Reisezeit vom 5. Juli 2024 von 1,33 Stunden aufgrund des Wegfalls der mündlichen Urteilseröffnung zu streichen ist. Der Aufwand beläuft sich entsprechend auf 19,57 Stunden zu je CHF 190.00, ausmachend CHF 3'718.30. Zuzüglich Auslagen von CHF 159.30 sowie 7,7 % MwSt. auf CHF 597.10 (3,14 Stunden à CHF 190.00, Auslagen CHF 0.50), entsprechend CHF 46.00, bzw. 8,1 % MwSt. auf CHF 3'280.50 (16,43 Stunden à CHF 190.00, Auslagen CHF 158.80), ausmachend CHF 265.70, beläuft sich die Entschädigung von Rechtsanwältin Stäuble Dietrich auf CHF 4'189.30. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege ist sie vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates gegenüber dem Beschuldigten für den vollen Betrag. Ebenso besteht ein Nachzahlungsanspruch der unentgeltlichen Rechtsbeiständin in Höhe von CHF 1'263.85 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.

 

2.3 Rechtsanwalt Boris Banga macht für das Berufungsverfahren einen Zeitaufwand von 29,38 Stunden geltend, wobei allerdings die Verhandlung mit acht Stunden veranschlagt wurde. Diese ist auf die effektive Dauer von 4,5 Stunden zu kürzen. Ebenso sind der Aufwand für die (entfallene) mündliche Urteilseröffnung (eine Stunde), die Reisezeit (0,67 Stunden) und die entsprechenden Auslagen (CHF 22.40) zu streichen. Im Übrigen erweist sich der geltend gemachte Aufwand als angemessen. Die Entschädigung ist demnach auf CHF 5'113.45 (24,21 Stunden à CHF 190.00, Auslagen CHF 133.60, 7,7 % MwSt. auf CHF 873.30 [4,25 Stunden à CHF 190.00, Auslagen CHF 65.80], ausmachend CHF 67.25, sowie 8,1 % MwSt. auf CHF 3'860.20 [19,96 Stunden à CHF 190.00, Auslagen CHF 67.80], ausmachend CHF 312.70) festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers in der Höhe von CHF 1'569.25 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.

 


 

Demnach wird in Anwendung von

Art. 40, Art. 46 Abs. 5, Art. 47, Art. 49 Abs. 1, Art. 51, Art. 66a Abs. 1 lit. h, Art. 106, Art. 180 Abs. 2 lit. a, aArt. 190 Abs. 1, Art. 292 StGB; Art. 122 ff., Art. 135, Art. 138, Art. 267, Art. 335 ff., Art. 379 ff., Art. 398 ff., Art. 416 ff. und Art. 422 ff. aStPO

erkannt:

1.         Gemäss rechtskräftiger Ziffer 1 des Urteils des Amtsgerichts von Olten-Gösgen vom 15. Mai 2023 wird das Strafverfahren gegen A.___ bezüglich folgender Vorhalte zufolge Verjährung eingestellt:

a)         wiederholte Tätlichkeiten (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), angeblich begangen ca. im August / September 2019 (Vorhalt Ziff. 5 der Anklageschrift vom 28. Juni 2022),

b)         mehrfacher Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, angeblich begangen am 12. Februar 2020 und 27. April 2020 (Vorhalt Ziff. 7 lit. a und lit. b),

c)         Fahren in fahrunfähigem Zustand, alkoholisiert, angeblich begangen am 27. Oktober 2019 (Vorhalt Ziff. 8),

d)         Ruhestörung durch Nachtlärm, angeblich begangen am 27. Oktober 2019 (Vorhalt Ziff. 9).

2.         Gemäss rechtskräftiger Ziffer 2 des erstinstanzlichen Urteils wird A.___ wie folgt freigesprochen:

a)         versuchte Nötigung, angeblich begangen zwischen ca. 25. und 26. November 2019 (Vorhalt Ziff. 2),

b)         Drohung, angeblich begangen ca. im August /September 2019 (Vorhalt Ziff. 3 lit. e),

c)         einfache Körperverletzung (Ehegatte während der Ehe bis zu einem Jahr nach der Scheidung), angeblich begangen am 14. Dezember 2018 (Vorhalt Ziff. 4),

d)         mehrfache Beschimpfung, angeblich begangen im Zeitraum vom 29. August 2019 bis 29. November 2019 (Vorhalt Ziff. 6).

3.         Gemäss rechtskräftiger Ziffer 3 lit. c des erstinstanzlichen Urteils hat sich A.___ des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, begangen am 20. Juli 2020 und am 7. Juli 2021 (Vorhalt Ziff. 7 lit. c und lit. d) schuldig gemacht.

4.         A.___ hat sich zudem schuldig gemacht:

a)         der Vergewaltigung, begangen am 28. Juni 2018 (Vorhalt Ziff. 1),

b)         der mehrfachen Drohung, begangen in der Zeit vom 28. Juni 2018 bis zum 13. Juni 2019 (Vorhalt Ziff. 3 lit. a, Ziff. 3 lit. b, Ziff. 3 lit. c und Ziff. 3 lit. d).

5.         Es wird festgestellt, dass das Beschleunigungsgebot verletzt wurde.

6.         A.___ wird verurteilt zu:

a)         einer Freiheitsstrafe von 40 Monaten,

b)         einer Busse von CHF 150.00, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 2 Tagen.

7.         A.___ wird 1 Tag Haft an die Freiheitsstrafe angerechnet.

8.         Es wird festgestellt, dass ein Widerruf des mit Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 23. Januar 2019 für eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je CHF 60.00 gewährten bedingten Vollzugs der Strafe zufolge Fristablaufs ausgeschlossen ist.

9.         A.___ wird für die Dauer von 10 Jahren des Landes verwiesen. Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben.

10.      Gemäss rechtskräftiger Ziffer 8 des erstinstanzlichen Urteils wird das im Verfahren gegen A.___ beschlagnahmte Küchenmesser, Ernesto, Klingenlänge ca. 11,5 cm (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, FB Asservate) A.___ nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils herausgegeben, wobei innert 10 Tagen seit Erhalt der Urteilsanzeige der Herausgabeanspruch beim Gericht geltend zu machen ist, ansonsten Verzicht angenommen wird; der Verzicht hat eine Vernichtung bzw. Verwertung des Gegenstandes zur Folge, wobei ein allfälliger Netto-Verwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) in die Staatskasse fällt.

11.      Gemäss rechtskräftiger Ziffer 9 des erstinstanzlichen Urteils werden folgende im Verfahren gegen A.___ beschlagnahmten Gegenstände (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, FB Asservate) C.___ nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils herausgegeben, wobei innert 10 Tagen seit Erhalt der Urteilsanzeige der Herausgabeanspruch beim Gericht geltend zu machen ist, ansonsten Verzicht angenommen wird; der Verzicht hat eine Vernichtung bzw. Verwertung des Gegenstandes zur Folge, wobei ein allfälliger Netto-Verwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) in die Staatskasse fällt:

a)         1 Küchenmesser,

b)         1 Holzast, zugespitzt.

12.      A.___ wird gegenüber der Privatklägerin C.___ für den Schaden aus den von ihm begangenen Straftaten (Vorhalte Ziff. 1, Ziff. 3 lit. a, Ziff. 3 lit. b, Ziff. 3 lit. c, Ziff. 3 lit. d, Ziff. 7 lit. c sowie Ziff. 7 lit. d) dem Grundsatz nach zu 100% haftpflichtig erklärt. Zur Ausmittlung der Schadenshöhe wird die Privatklägerin auf den Zivilweg verwiesen.

Gemäss diesbezüglich rechtskräftiger Ziffer 10 Abs. 2 des erstinstanzlichen Urteils wird die Schadenersatzforderung, soweit sie die Vorhalte Ziff. 2, Ziff. 3 lit. e und Ziff. 6 betrifft, abgewiesen und alle weitergehenden Schadenersatzforderungen (die Vorhalte Ziff. 4, Ziff. 5, Ziff. 7 lit. a, Ziff. 7 lit. b sowie Ziff. 9 betreffend) werden auf den Zivilweg verwiesen.

13.      A.___ wird verurteilt, der Privatklägerin C.___ für die Straftaten gemäss Ziff. 1, Ziff. 3 lit. a und Ziff. 3 lit. b CHF 8'500.00 als Genugtuung zu bezahlen, zuzüglich 5 % Zins auf CHF 7'500.00 seit dem 28. Juni 2018 sowie 5 % Zins auf CHF 1'000.00 seit dem 24. September 2018.

Gemäss diesbezüglich rechtskräftiger Ziffer 11 Abs. 2 des erstinstanzlichen Urteils wird die Genugtuungsforderung, soweit sie die Vorhalte Ziff. 2, Ziff. 3 lit. c, Ziff. 3 lit. d, Ziff. 3 lit. e, Ziff. 6, Ziff. 7 lit. c und Ziff. 7 lit. d betrifft, abgewiesen und alle weitergehenden Genugtuungsforderungen (die Vorhalte Ziff. 4, Ziff. 5, Ziff. 7 lit. a, Ziff. 7 lit. b und Ziff. 9 betreffend) werden auf den Zivilweg verwiesen.

14.      Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 12 des erstinstanzlichen Urteils ist die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin von C.___, Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich, für das erstinstanzliche Verfahren auf CHF 9'858.30 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse von A.___ vom Staat Solothurn ausbezahlt worden.

Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von 2/3, somit CHF 6'572.20, sowie der Nachzahlungsanspruch der unentgeltlichen Rechtsbeiständin im Umfang von 2/3, somit CHF 1'788.40 (2/3 der Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00 bzw. CHF 250.00 pro Stunde, inkl. 7,7% MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

15.      Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 14 des erstinstanzlichen Urteils ist die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Boris Banga, für das erstinstanzliche Verfahren auf CHF 11'895.80 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn ausbezahlt worden.

Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von 2/3, somit CHF 7'930.55, sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von 2/3, somit 2'710.10 (2/3 der Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. 7,7% MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

16.      Die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin von C.___, Rechtsanwältin Andrea Stäuble Dietrich, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 4'189.30 (Honorar CHF 3'718.30, Auslagen CHF 159.30, 7,7% MwSt. auf CHF 597.10, entsprechend CHF 46.00, 8,1% MwSt. auf CHF 3'280.50, entsprechend CHF 265.70) festgesetzt und ist zufolge unentgeltlicher Rechtspflege von Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch der unentgeltlichen Rechtsbeiständin in der Höhe von CHF 1'263.85 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. 8,1% MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

17.      Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Boris Banga, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 5'113.45 (Honorar CHF 4'599.90, Auslagen CHF 133.60, 7,7% MwSt. auf CHF 873.30, entsprechend CHF 67.25, 8,1% MwSt. auf CHF 3'860.20, entsprechend CHF 312.70) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers in der Höhe von CHF 1'569.25 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. 8,1% MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

18.      Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 14'000.00, total CHF 14'074.20, hat A.___ zu 2/3, somit CHF 9'382.80, zu bezahlen. Im Übrigen gehen die Kosten zulasten des Staates Solothurn.

19.      Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 6'000.00, total CHF 6'700.00, hat A.___ zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Strafkammer des Obergerichts

Die Vizepräsidentin                                                           Die Gerichtsschreiberin

Marti                                                                                  Graf



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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