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Urteil Verwaltungsgericht (SO - STBER.2023.79)

Zusammenfassung des Urteils STBER.2023.79: Verwaltungsgericht

Das Obergericht hat in einem Strafverfahren vom 13. Juni 2024 über einen Fall von mehrfachem unrechtmässigen Bezug von Sozialhilfe entschieden. Der Beschuldigte wurde schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe verurteilt. Zudem wurde er für 5 Jahre des Landes verwiesen. Die Kosten des Verfahrens und die Entschädigung des Verteidigers wurden festgelegt. Bei dem Beschuldigten handelt es sich um eine männliche Person.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts STBER.2023.79

Kanton:SO
Fallnummer:STBER.2023.79
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Strafkammer
Verwaltungsgericht Entscheid STBER.2023.79 vom 13.06.2024 (SO)
Datum:13.06.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Urteil; Apos; Beschuldigte; Recht; Berufung; Sozialhilfe; Staat; Urteils; Landes; Bezug; Verfahren; Landesverweisung; Leistungen; Beschuldigten; Schweiz; Sozialversicherung; Bezugs; Verteidiger; Berufungsverfahren; Deliktsbetrag; Staats; Betrug; Obergericht; Solothurn; Verfahrens; Vorinstanz; Rechtsmittel
Rechtsnorm: Art. 103 StGB ;Art. 105 StGB ;Art. 109 StGB ;Art. 121 BV ;Art. 13 BV ;Art. 146 StGB ;Art. 148a StGB ;Art. 352 StPO ;Art. 408 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 448 StPO ;Art. 453 StPO ;Art. 456a StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 66a StGB ;Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:144 IV 332; 145 IV 404; 147 IV 471; 149 IV 273;
Kommentar:
-, Kommentar StPO, Art. 82 StPO, 2020

Entscheid des Verwaltungsgerichts STBER.2023.79

 
Geschäftsnummer: STBER.2023.79
Instanz: Strafkammer
Entscheiddatum: 13.06.2024 
FindInfo-Nummer: O_ST.2024.36
Titel: mehrfacher Betrug, gewerbsmässiger Betrug, unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe

Resümee:

 

Obergericht

Strafkammer

 

 

 

 

 

 

Urteil vom 13. Juni 2024

Es wirken mit:

Präsident Werner

Ersatzrichterin Zürcher

a.o. Ersatzrichter Marti

Gerichtsschreiber Wiedmer

In Sachen

Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn

 

Anklägerin

 

gegen

 

A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Claude Wyssmann,

 

Beschuldigter und Berufungskläger

 

betreffend     unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe


Es erscheinen zur Berufungsverhandlung vor Obergericht vom 13. Juni 2024:

-        A.___, Beschuldigter und Berufungskläger;

-        Rechtsanwalt Claude Wyssmann, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten.

 

Rechtsanwalt Claude Wyssmann stellt und begründet namens und im Auftrag des Beschuldigten die folgenden Anträge (Aktenseite Berufungsgericht [ASB] 122):

 

1.      Dispositiv Ziff. 2 bis 6 und Ziff. 9 des Urteils des Amtsgerichtspräsidenten von Olten-Gösgen vom 16. Juni 2023 seien aufzuheben.

2.      Der Beschuldigte sei vom Vorhalt des mehrfachen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe im Sinne von Art. 148a Abs. 1 StGB, begangen in der Zeit vom 1. Februar 2017 bis 28. Februar 2019 sowie vom 1. Mai 2019 bis 31. Juli 2019, freizusprechen (vgl. Ziff. 2 und 3 des Urteilsdispositivs vom 16. Juni 2023).

3.      Der Beschuldigte sei nicht des Landes zu verweisen (vgl. Ziff. 4 des Urteilsdispositivs vom 16. Juni 2023).

4.      Es sei dem Beschuldigten eine Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren im Rahmen der bereits eingereichten Kostennote zuzusprechen (vgl. Ziff. 5 und 6 des Urteilsdispositivs vom 16. Juni 2023).

5.      Die vorinstanzlichen Verfahrenskosten seien durch die Staatskasse zu tragen (vgl. Ziff. 5 und 6 des Urteilsdispositivs vom 16. Juni 2023).

6.      Die Kosten des Berufungsverfahrens seien durch die Staatskasse zu tragen.

7.      Es sei dem Beschuldigten eine Parteientschädigung für das vorliegende Berufungsverfahren nach Massgabe der heute eingereichten Kostennote auszurichten.

8.      Die Kosten der amtlichen Verteidigung seien auf die Staatskasse zu nehmen.

 

Das Verfahrensprotokoll sowie das Einvernahmeprotokoll des Beschuldigten werden separat abgefasst und zu den Akten genommen (ASB 109 ff., 113 ff.).

Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:

I. Prozessgeschichte

 

1. Am 12. Mai 2020 erstattete die Sozialregion Untergäu (SRU) bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) Strafanzeige gegen A.___ (nachfolgend: Beschuldigter / Berufungskläger) wegen mutmasslichen Betrugs, unrechtmässigen Bezugs von Sozialhilfe sowie Widerhandlungen gegen das Sozialgesetz des Kantons Solothurn (Register [nachfolgend: Reg.] 2.1 / Aktenseiten Staatsanwaltschaft [nachfolgend: AS] 001 ff.).

 

2. Am 26. Mai 2020 eröffnete die Staatsanwaltschaft gegen den Beschuldigten eine Untersuchung betreffend Betrug, evtl. unrechtmässiger Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe, evtl. Widerhandlung gegen das Sozialgesetz (Reg. 12.1.1 / AS 001). Am 29. Juli 2020 erging die ausführliche Eröffnungsverfügung (Reg. 12.1.1 / AS 002 ff.). Am 21. März 2022 erliess die Staatsanwaltschaft die detaillierte Eröffnungsverfügung (Reg. 12.1.1 / AS 010 ff.).

 

3. Am 12. Mai 2022 erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Beschuldigten beim Richteramt Olten-Gösgen Anklage wegen mehrfachen Betrugs, unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe und gewerbsmässigen Betrugs (Aktenseiten Richteramt Olten-Gösgen [nachfolgend: ASOG] 00001 ff.).

 

4. Am 16. Juni 2023 erliess der Amtsgerichtspräsident von Olten-Gösgen folgendes Strafurteil (ASOG 00097 ff.):

 

1.      A.___ wird vom Vorhalt des mehrfachen Betrugs, angeblich begangen in der Zeit vom 1. Juli 2012 bis 31. Oktober 2012 (Vorhalt Ziff. I. lit. a der Anklageschrift vom 12. Mai 2022) freigesprochen.

2.      A.___ hat sich des mehrfachen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe, begangen in der Zeit vom 1. Februar 2017 bis 28. Februar 2019 sowie 1. Mai 2019 bis 31. Juli 2019 (Vorhalt Ziff. I lit. b und lit. c), schuldig gemacht.

3.      A.___ wird zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je CHF 40.00 verurteilt, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren.

4.      A.___ wird für die Dauer von 5 Jahren des Landes verwiesen. Von einer Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (SIS) wird abgesehen.

5.      Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Claude Wyssmann, wird auf CHF 8'530.75 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von 7/8, ausmachend CHF 7'464.40, sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von 7/8, ausmachend CHF 2'601.30 (7/8 der Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

6.      A.___, verteidigt durch Rechtsanwalt Claude Wyssmann, wird zulasten des Staates Solothurn eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 371.60 (1/8 der Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. MwSt.) zugesprochen, auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn an Rechtsanwalt Claude Wyssmann nach Rechtskraft des Urteils.

7.      An die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 4'000.00, total CHF 4'136.00, hat A.___ CHF 3'619.00 zu bezahlen. Im Übrigen gehen die Kosten zulasten des Staates Solothurn (1/8 der Verfahrenskosten, ausmachend CHF 517.00).

 

5. Gegen dieses Urteil liess der Beschuldigte am 3. Juli 2023 die Berufung anmelden (ASOG 00106).

 

6. Nach Zustellung des motivierten Urteils (ASOG 00110 ff.) liess der Beschuldigte mit Berufungserklärung vom 4. Oktober 2023 erklären, dass er das Urteil nur in Teilen anfechte, und liess einen Freispruch vom Vorhalt des mehrfachen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe, den Verzicht auf die Landesverweisung und die Ausrichtung einer Parteientschädigung für beide Instanzen sowie die Tragung der Verfahrenskosten durch den Staat beantragen (ASB 1 ff.).

 

7. Mit Eingabe vom 16. Oktober 2023 verzichtete die Staatsanwaltschaft auf eine Anschlussberufung und auf die weitere Teilnahme am Berufungsverfahren (ASB 21).

 

8. Mit Verfügung vom 26. Januar 2024 wurden der Beschuldigte, sein amtlicher Verteidiger und die Dolmetscherin zur Berufungsverhandlung auf den 7. Mai 2024 vorgeladen (ASB 23 f.).

 

9. Mit Eingabe vom 29. Januar 2024 teilte der amtliche Verteidiger mit, dass der Beschuldigte der deutschen Sprache mächtig sei und für die Verhandlung keine Übersetzungsperson benötige (ASB 31). Die Dolmetscherin wurde in der Folge mit Verfügung vom 30. Januar 2024 abgeboten (ASB 32).

 

10. Mit Eingabe vom 6. Mai 2024 ersuchte der amtliche Verteidiger zufolge Krankheit um Verschiebung der Berufungsverhandlung (ASB 100 f.). Dem Ersuchen wurde stattgegeben und der Beschuldigte und der amtliche Verteidiger wurden mit Verfügung vom 8. Mai 2024 neu auf den 13. Juni 2024 zur mündlichen Verhandlung vor das Berufungsgericht vorgeladen (ASB 103 f.).

 

 

II. Anwendbares Recht

 

1. Per 1. Januar 2024 trat die Revision der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) in Kraft. Die Änderungen enthalten keine Regelung betreffend Übergangsrecht. Es stellt sich somit die Frage, welches Recht vorliegend anwendbar ist, da erstinstanzlich vor Inkrafttreten der Revision geurteilt wurde, das Berufungsurteil nun aber nach diesem ergeht.

 

Art. 448 StPO sieht vor, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, nach neuem Recht fortgeführt werden, soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts Anderes vorsehen (Abs. 1). Unter dem Abschnitt der Rechtsmittelverfahren hält Art. 453 Abs. 1 StPO fest, dass, sofern ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden ist, Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht und von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt werden.

 

2. Die Thematik des Übergangsrechts wurde in den parlamentarischen Beratungen nie diskutiert, daraus lassen sich damit keine Erkenntnisse ableiten. Der Basler Kommentar zur StPO (BSK StPO, 3. Aufl., 2023) hält zu Art. 448 folgendes fest: «Hinzuweisen ist darauf, dass in der vom Parlament am 17. Juni 2022 verabschiedeten Teilrevision der Strafprozessordnung keine von Art. 448 StPO abweichenden Bestimmungen vorgesehen sind und die revidierten Bestimmungen der StPO demnach sofort in Kraft treten.» (BSK StPO-Oehen, Art. 448 StPO N 2). Diese Formulierung ist aber insofern unklar, als daraus nicht genau hervorgeht, ob das neue Recht generell zur Anwendung gelangt eben Art. 453 StPO als Ausnahme für Rechtsmittelverfahren Anwendung findet. Im Grundsatz richtig ist, dass Art. 448 StPO für alle hängigen Verfahren gilt und damit die Revision sofort in Kraft tritt. Anderes sieht aber Art. 453 StPO für die Rechtsmittelverfahren vor. Es würde zu eng greifen, die Formulierung «bei Inkrafttreten dieses Gesetzes» so auszulegen, dass nur das damalige Inkrafttreten der neuen StPO im Jahr 2011 gemeint ist. Vielmehr kommen die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung beschlossen und nichts anderes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich neues Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtsmittelverfahren sieht aber Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung gefällt wurde. Diese Auslegung verhindert unbefriedigende Ergebnisse in der Praxis: Um nur zwei Beispiele zu nennen, müsste in allen hängigen Berufungsverfahren die Privatklägerschaft mit URP nach Art. 136 Abs. 3 nStPO noch einen Antrag für URP stellen (soweit noch nicht geschehen), um die URP im Berufungsverfahren überhaupt zu erhalten. Oder der Beschuldigte würde benachteiligt, wenn ihm erstinstanzlich eine Entschädigung direkt zugesprochen wird und auf seine Berufung hin die Entschädigung dann nach Art. 429 Abs. 3 nStPO im Berufungsverfahren dem Verteidiger zugesprochen werden müsste. Fänden die neuen Bestimmungen auch für Rechtsmittelverfahren gegen erstinstanzliche Urteile vor dem Jahr 2024 Anwendung, würde dies bedeuten, dass bei teilweiser Anfechtung der rechtskräftige Teil des Urteils nach altem Recht ergeht, und der angefochtene nach neuem Recht. Es kann aber nicht sein, dass für ein Urteil (Art. 408 StPO) ein Teil nach altem und ein Teil nach neuem Prozessrecht gefällt wird. Diese Rechtsauffassung wird auch von früheren StPO-Revisionen gestützt: Mit der Änderung vom 28. September 2012 wurde mit Art. 456a StPO eine von den allgemeinen Regeln von Art. 448 und der Ausnahme von Art. 453 StPO abweichende Regelung geschaffen, wonach das neue Recht in allen Verfahren gelte, somit auch für Rechtsmittelverfahren. Im Weiteren kann auch Art. 2 des StGB herangezogen werden, dessen Formulierung in Abs. 1 «nach diesem Gesetz wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen Vergehen begeht» jeweils die entsprechende Änderung des Gesetzes meint.

 

3. Es hat demnach Folgendes zu gelten: Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO kommen als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung der StPO beschlossen und nichts Anderslautendes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich das neue Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtmittelverfahren sieht Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (der neuen Bestimmung) gefällt worden ist.

 

4. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das vor dem 1. Januar 2024 geltende Recht zur Anwendung gelangt.

 

 

III. Sachverhalt

 

1. Mit Blick auf die Prozessökonomie erlaubt Art. 82 Abs. 4 StPO den Rechtsmittelinstanzen, für die tatsächliche und rechtliche Würdigung des in Frage stehenden Sachverhalts auf die Begründung der Vorinstanz zu verweisen, wenn sie dieser beipflichten. Hingegen ist auf neue tatsächliche Vorbringen und rechtliche Argumente einzugehen, die erst im Rechtsmittelverfahren vorgetragen werden (Brüschweiler, SK-Schulthess Kommentar StPO, 3. Auflage, 2020, Art. 82 N 10).

 

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens bildet der Schuldspruch wegen mehrfachen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe i.S.v. Art. 148a Abs. 1 Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB, SR 311.0; Urteilsziffer 2) unter Einschluss der Strafzumessung (Urteilsziffer 3). Überdies hat sich das Berufungsgericht mit der Rechtmässigkeit der vorinstanzlich ausgesprochenen Landesverweisung zu befassen (Urteilsziffer 4).

 

Damit ist das vorinstanzliche Urteil hinsichtlich des Freispruchs vom Vorhalt des mehrfachen Betrugs, angeblich begangen in der Zeit vom 1. Juli 2012 bis 31. Oktober 2012 (Urteilsziffer 1), in Rechtskraft erwachsen.

 

3. Die Vorinstanz hat auf den Urteilsseiten (US) 12 bis 32 eine ausführliche und zutreffende Beweiswürdigung vorgenommen und geschlossen, dass der Beschuldigte in der Zeit vom Juni 2017 bis Juli 2019 Sozialhilfe von total CHF 26'604.60 zu viel und damit zu Unrecht erhalten hat. Dies wurde vom Beschuldigten im Berufungsverfahren in keiner Weise bestritten, weshalb vorbehaltlos auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden kann.

 

 

IV. Rechtliche Würdigung

 

1. Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen der Sozialhilfe i.S.v. Art. 148a Abs. 1 StGB schuldig (US 34). Dass der Tatbestand von Art. 148a Abs. 1 StGB erfüllt ist, wurde im Berufungsverfahren anerkannt. Geltend gemacht wurde aber, es handle sich um einen leichten Fall im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB, der aber verjährt sei. Zudem sei auf die Landesverweisung zu verzichten: Selbst wenn der «leichte Fall» verneint würde, läge bei Anordnung einer Landesverweisung ein schwerer persönlicher Härtefall für den Beschuldigten vor.

 

2. Nach Art. 148a StGB macht sich des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe schuldig, wer jemanden durch unwahre unvollständige Angaben, durch Verschweigen von Tatsachen in anderer Weise irreführt in einem Irrtum bestärkt, sodass er ein anderer Leistungen einer Sozialversicherung Sozialhilfe bezieht, die ihm dem andern nicht zustehen. Die Strafe ist Geldstrafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (Abs. 1). In leichten Fällen ist die Strafe Busse (Abs. 2). Diesfalls stellt der Tatbestand somit eine Übertretung dar (Art. 103 StGB).

 

Subjektiv erfordert der Tatbestand Vorsatz, namentlich das individuelle Wissen um Bestand und Umfang der Meldepflicht und den tatsächlichen Täuschungswillen, wobei Eventualvorsatz genügt.

 

Der Tatbestand von Art. 148a StGB geht auf die Annahme der sogenannten «Ausschaffungsinitiative» zurück (zur Entstehung vgl. Jenal, Basler Kommentar StGB/JStG, 4. Aufl. 2019, N. 1 f. zu Art. 148a StGB mit Hinweisen). Die Bestimmung ist Teil der Umsetzungsgesetzgebung gemäss dem Verfassungsauftrag nach Art. 197 Ziff. 8 der Bundesverfassung (BV; SR 101). Nach Art. 148a StGB strafbar machen kann sich jede Person, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. Spezifisch ausländerrechtlich relevant wird der Tatbestand nur und insoweit, als bei einem Vergehen nach Abs. 1 die Rechtsfolgen von Art. 66a Abs. 1 StGB eintreten, was bei leichten Fällen im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB ausgeschlossen ist (Urteil 6B_1033/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 4.5.1.). Art. 148a StGB trat – wie die Landesverweisung – am 1. Oktober 2016 in Kraft.

 

Wie bereits erwähnt, blieb die Erfüllung des Straftatbestandes von Art. 148a StGB im Berufungsverfahren grundsätzlich unbestritten, weshalb dazu auf die Ausführungen der Vorinstanz auf US 32 bis 34 verwiesen werden kann.

 

3.

3.1 Damit verbleibt die Prüfung der Frage, ob ein leichter Fall gemäss Art. 148a Abs. 2 StGB vorliegt. Mit Verweis auf die jüngere bundesgerichtliche Rechtsprechung vertritt der Beschuldigte die Auffassung, dass der Deliktsbetrag gerade noch geringfügig und im Bereich eines leichten Falls anzusiedeln sei. Da als Bestrafung nur eine Busse in Frage komme, stehe die Verjährung gemäss Art. 109 StGB als Verfahrenshindernis einer Verurteilung entgegen, sodass der Beschuldigte unter Entschädigungsfolge freizusprechen sei.

 

3.2.1 Das Bundesgericht hat sich im jüngst ergangen Urteil BGE 149 IV 273 ausführlich zur Frage geäussert, wann von einem leichten Fall auszugehen ist. Es führte diesbezüglich aus (E. 1.4):

 

«Wann ein leichter Fall des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe gegeben ist, definiert das Gesetz nicht. Die bisherige Rechtsprechung greift die Vorgaben der Botschaft vom 26. Juni 2013 zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des Militärstrafgesetzes (BBl 2013 6039) auf und hält entsprechend fest, dass nebst dem Betrag der unrechtmässig bezogenen Sozialleistung, das heisst dem Ausmass des verschuldeten Erfolgs, weitere Elemente zu beachten sind, die das Verschulden des Täters der Täterin herabsetzen können. Dieser (unpublizierten) Rechtsprechung zufolge bildet der Deliktsbetrag zwar ein zentrales Kriterium für die Beurteilung eines leichten Falls nach Art. 148a Abs. 2 StGB. Bis anhin hat das Bundesgericht jedoch keine entsprechenden konkreten Schwellenwerte festgelegt. Stattdessen erachtete es den Deliktsbetrag stets als Abgrenzungskriterium, das nur im Sinne einer "Erheblichkeitsschwelle" ("seuil de gravité") bedeutsam sein könne (Urteile 6B_104/2022 vom 8. Februar 2023 E. 2.1.4; 6B_1400/2021 vom 20. Dezember 2022 E. 4.2; 6B_773/2021 vom 5. Oktober 2022 E. 2.2; 6B_797/2021 vom 20. Juli 2022 E. 2.2; 6B_1246/2020 vom 16. Juli 2021 E. 4.3; je mit Hinweisen). In Anwendung dieser Grundsätze nahm das Bundesgericht bei Deliktsbeträgen von Fr. 26'190.-- (Urteil 6B_104/2022 vom 8. Februar 2023 E. 2.4), von Fr. 22'198.65 bzw. Fr. 23'000.-- (Urteile 6B_773/2021 vom 5. Oktober 2022 E. 2.3; 6B_1030/2020 vom 30. November 2020 E. 1.2), von rund Fr. 14'000.-- (Urteil 6B_797/2021 vom 20. Juli 2022 E. 2.3) und von Fr. 4'343.-- respektive Fr. 4'364.25 Fr. 4'542.-- (Urteile 6B_1400/2021 vom 20. Dezember 2022 E. 4.1 und 4.3; 6B_1161/2019 vom 13. Oktober 2020 E. 1.2) keinen leichten Fall mehr an. Dagegen bejahte es bei einem Deliktsbetrag von Fr. 3'303.73 das Vorliegen eines leichten Falls (Urteil 6B_1246/2020 vom 16. Juli 2021 E. 2.1 und 4.4).»

 

Sodann präzisierte das Bundesgericht den leichten Fall in seiner Anwendung und grenzte ihn wie folgt ein (E. 1.5.5 ff.):

 

«1.5.5 In einem ersten Schritt ist eine untere Mindestgrenze zu bestimmen, deren Unterschreitung von vornherein die Annahme eines leichten Falls bewirkt. Bagatellfälle werden so prinzipiell von der Anwendung des Grundtatbestands ausgeklammert und können als Übertretungen geahndet werden. Damit ist namentlich die Anordnung einer Landesverweisung - für die Betroffenen nicht selten die einschneidendste Konsequenz ihres strafbaren Verhaltens - ausgeschlossen (Art. 105 Abs. 1 StGB sowie Art. 66a Abs. 1 lit. e und Art. 66a bis StGB e contrario; für weitere Unterschiede zwischen Übertretungen und Vergehen siehe BGE 147 IV 471 E. 5.2.1 ff.). Dies scheint sachgerecht, denn von Verfassungs wegen ist die Landesverweisung nur für relativ schwere Straftaten vorgesehen (Art. 121 Abs. 3 lit. a BV nennt als Anlasstaten - teils in Abweichungen von den Begrifflichkeiten des schweizerischen Strafrechts - vorsätzliche Tötungsdelikte, Vergewaltigung andere schwere Sexualdelikte, andere Gewaltdelikte wie Raub, Menschenhandel, Drogenhandel Einbruchsdelikte). Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall auch eine Bagatelle eine Landesverweisung zur Folge haben kann. Dennoch enthält der gestützt auf Art. 121 Abs. 4 BV erarbeitete Deliktskatalog von Art. 66a Abs. 1 StGB im Grundsatz schwere Straftaten (vgl. BGE 145 IV 404 E. 1.5.3; Urteil 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 2.4.2; je mit Hinweis). Die Definition einer Erheblichkeitsschwelle, die eine klare Grenze zwischen Übertretung und Vergehen zieht, dient somit dem Verhältnismässigkeitsprinzip. Gleichzeitig hat sie die praktische Konsequenz, dass diese, allein aufgrund ihres Deliktsbetrags als geringfügig einzuordnenden Fälle unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe mittels Strafbefehl erledigt werden können. Es muss folglich nicht aufgrund der drohenden Landesverweisung Anklage erhoben werden (Art. 352 Abs. 2 StPO e contrario), sondern die Verfehlung kann, sofern keine Einsprache erhoben wird, in einem vereinfachten Verfahren durch die Staatsanwaltschaft effizient erledigt werden. Zur Klärung der Frage, wie hoch der untere Schwellenwert sein soll, liefert die Schweizerische Lohnstrukturerhebung 2020 gewisse Anhaltspunkte. Demgemäss belief sich der Medianlohn einer Vollzeitstelle in der Schweizer Gesamtwirtschaft im Jahr 2020 auf Fr. 6'665.-- brutto (Medienmitteilung des Bundesamts für Statistik vom 28. März 2022). Bei den Männern waren monatliche Nettolöhne von Fr. 5'001.-- bis Fr. 6'000.-- am häufigsten (19,8 % der Befragten), bei den Frauen monatliche Nettolöhne von Fr. 4'001.-- bis Fr. 5'000.-- (17,4 % der Befragten; vgl. Häufigkeitsverteilung der Arbeitnehmenden nach Lohnhöhenklassen, <https://www.bfs.admin.ch>, unter Statistiken finden/Arbeit und Erwerb/Löhne, Erwerbseinkommen und Arbeitskosten/Lohnniveau Schweiz/Verteilung der Nettolöhne, besucht am 6. März 2023). Der von der SSK vorgeschlagene und in der Literatur wiederholt aufgegriffene Betrag von Fr. 3'000.-- beträgt somit mehr als die Hälfte dessen, was der höchste Prozentsatz der Arbeitnehmenden in der Schweiz monatlich (netto) verdient. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung (siehe E. 1.4 oben) ist eine untere Erheblichkeitsschwelle von Fr. 3'000.-- angemessen. Liegt der Deliktsbetrag unterhalb dieser Grenze, ist immer von einem leichten Fall auszugehen.

 

1.5.6 In einem weiteren Schritt ist eine Obergrenze zu bestimmen, deren Überschreitung einen leichten Fall grundsätzlich ausschliesst. Die Anwendung von Art. 148a Abs. 2 StGB ist mit anderen Worten nach unten abzugrenzen. Auf diese Weise wird insbesondere dem Umstand Rechnung getragen, dass der Verfassungs- (Art. 121 Abs. 3 lit. b BV) und der Gesetzgeber den Sozialhilfe- respektive Sozialversicherungsbetrug im Hinblick auf die Bedeutung der entsprechenden Einrichtungen für das wirtschaftliche und soziale Leben in der Schweiz als besonders verwerflich werten (Urteile 2C_658/2021 vom 3. März 2022 E. 4.2.2 mit Hinweisen; 2C_822/2016 vom 31. Januar 2017 E. 3.3.1). Wiederum ausgehend vom Medianlohn von Fr. 6'665.-- brutto (siehe E. 1.5.5 oben) scheint es angemessen, die obere Schwelle bei Fr. 36'000.-- anzusetzen, was in etwa sechs Monatslöhnen einer vollzeitig erwerbstätigen Person entspricht. Diese Obergrenze schafft dahingehend eine Abgrenzung, als bei einer Deliktssumme über diesem Betrag im Regelfall kein leichter Fall mehr gegeben ist. Um einen solchen bei Überschreiten des Schwellenwerts dennoch anzunehmen, bedarf es offenkundiger, ausserordentlicher und gewichtiger Umstände, die das Verschulden massiv mindern. Die Bejahung eines leichten Falls stellt diesfalls eindeutig eine Ausnahme dar, die nur in Betracht kommt, wenn die Anwendung des Grundtatbestands dem Gerechtigkeitsempfinden in eklatanter Weise entgegensteht. Zu denken ist beispielsweise an eine beschuldigte Person, welche die Tat in einem Zustand sehr stark verminderter Schuldfähigkeit begangen hat.

 

1.5.7 Im Bereich dazwischen, das heisst bei Deliktsbeträgen von Fr. 3'000.-- bis Fr. 35'999.99, ist eine vertieftere Prüfung erforderlich. Die Beurteilung, ob ein leichter Fall im Sinne von Art. 148a Abs. 2 StGB vorliegt, erfolgt dabei ähnlich wie beim Überschreiten des oberen Schwellenwerts entsprechend dem Verschulden des Täters der Täterin. Sie hat jedoch differenzierter auszufallen, sodass der Grundgedanke der Botschaft und die bisherige Rechtsprechung (vgl. E. 1.4 oben) zur Umsetzung gelangen. Demgemäss kann das Verschulden etwa dann leichter ausfallen, wenn die Dauer des unrechtmässigen Leistungsbezugs kurz war, das Verhalten der Täterschaft nur eine geringe kriminelle Energie offenbart ihre Beweggründe und Ziele nachvollziehbar sind. Nach Art. 47 Abs. 1 und 2 StGB sind die gesamten Tatumstände (sog. Tatkomponenten) zu berücksichtigen, namentlich die Art und Weise der Herbeiführung des verschuldeten Erfolgs und die Verwerflichkeit des Handelns (Urteile 6B_104/2022 vom 8. Februar 2023 E. 2.1.4; 6B_1400/2021 vom 20. Dezember 2022 E. 4.2; 6B_773/2021 vom 5. Oktober 2022 E. 2.2; 6B_797/2021 vom 20. Juli 2022 E. 2.2; je mit Hinweisen). Insbesondere kann auch eine Tatbegehung durch reines Verschweigen verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse und somit durch Unterlassen für einen leichten Fall sprechen (vgl. Urteil 6B_1246/2020 vom 16. Juli 2021 E. 4.4; FIOLKA/ VETTERLI, a.a.O., S. 94). Nicht in die Beurteilung miteinzubeziehen sind dagegen die Täterkomponenten (Urteil 6B_773/2021 vom 5. Oktober 2022 E. 2.3; VISCHER, a.a.O., S. 216). Demnach ist bei einem Deliktsbetrag aus dem Mittelbereich anhand sämtlicher für das Tatverschulden massgeblicher Kriterien zu beurteilen, ob sich das Verschulden relativiert. Liegen nennenswerte verschuldensmindernde Umstände vor, ist ein leichter Fall gegeben.

 

1.5.8 Anzumerken bleibt, dass der Tatbestand des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe als Auffangtatbestand zum Betrug (Art. 146 StGB) ausgestaltet ist. Art. 148a StGB wird im Bereich des unrechtmässigen Bezugs von Sozialleistungen anwendbar, wenn das Betrugsmerkmal der Arglist nicht gegeben ist (Urteile 6B_104/2022 vom 8. Februar 2023 E. 2.1.2; 6B_797/2021 vom 20. Juli 2022 E. 2.1.1; 6B_1246/2020 vom 16. Juli 2021 E. 3.4; je mit Hinweisen). Handelte der Täter die Täterin arglistig, sind demzufolge in jedem Fall, unabhängig vom Deliktsbetrag, der Tatbestand des Betrugs und, sofern dieser tatsächlich erfüllt ist, die Voraussetzungen der Landesverweisung (vgl. Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB) zu prüfen.»

 

1.5.9 In der Kürze lässt sich das Gesagte wie folgt zusammenfassen: Bei Deliktsbeträgen unter Fr. 3'000.-- ist stets von einem leichten Fall des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe auszugehen. Im mittleren Bereich von Fr. 3'000.-- bis Fr. 35'999.99 ist anhand der gesamten Tatumstände zu prüfen, ob das Verschulden der Täterschaft soweit vermindert ist, dass sich die Annahme eines leichten Falls nach Art. 148a Abs. 2 StGB rechtfertigt. Bei Deliktsbeträgen ab Fr. 36'000.-- scheidet die Bejahung eines leichten Falls grundsätzlich aus, ausser es liegen im Sinne einer Ausnahme ausserordentliche, besonders gewichtige Umstände vor, die eine massive Verminderung des Verschuldens bewirken.»

 

3.2.2 Bei der Überprüfung eines «leichten» Falls gemäss Art. 148a Abs. 2 StGB ist nach dem hiervor Ausgeführten nicht auf starre Kriterien, sondern vielmehr auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls abzustellen. Es drängt sich auf, einen Blick auf die bisherige (allerdings noch spärlich) bekannte Gerichtspraxis zu werfen.

 

3.2.2.1 Das Obergericht des Kantons Solothurn hatte bislang noch keinen Fall von 148a StGB zu beurteilen. In zwei Fällen entfiel die Prüfung des Tatbestandes, da zufolge Arglist der Tatbestand von Art. 146 StGB (Betrug) bejaht wurde, der Art. 148a StGB vorgeht (STBER.2019.4; STBER.2021.38).

 

3.2.2.2 Das Zürcher Obergericht hat bei einem über zwei Monate erzielten Deliktsbetrag von rund CHF 6'000.00 einen leichten Fall angenommen, zumal die beschuldigte Person einer ordentlichen Arbeitstätigkeit nachgegangen sei, keine Anstrengungen zur Vertuschung unternommen und sich überdies in einer finanziellen und emotionalen Not befunden habe (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich SB190071 vom 3. Oktober 2019).

 

3.2.2.3 In einem späteren Urteil erachtete das Zürcher Obergericht einen «leichten» Fall bei einem über drei Monate erzielten Deliktsbetrag von rund CHF 7'500.00 als gegeben an, da eine einmalige Rückzahlung von Kinderzulagen verschwiegen worden sei, die beschuldigte Person die Lohnabrechnungen immer korrekt eingereicht und eine schwierige familiäre und finanzielle Lage bestanden habe (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich SB200113 vom 10. September 2020).

 

3.2.2.4 Das Berner Obergericht erachtete in einem Entscheid die Voraussetzungen für einen «leichten Fall» als gegeben bei einem über 16 Monate erzielten Deliktsbetrag von CHF 22'198.65, da die Beschuldigte nur mit Eventualdolus gehandelt habe und die Tatbegehung lediglich in einer Unterlassung der Meldung bzw. im Verschweigen entsprechender Einkünfte bestanden habe (Urteil des Obergerichts des Kantons Bern SK 20 437 vom 27. Mai 2021; ähnlich auch: Urteil des Obergerichts des Kantons Bern SK 20 254 vom 19. Januar 2021).

 

3.2.2.5 Das Bundesgericht hielt demgegenüber fest, dass bei einem über zwei Monate erzielten Deliktsbetrag von rund CHF 4'500.00 kein leichter Fall anzunehmen sei, da auch nach der Aufdeckung nochmals Einkünfte verschwiegen und wahrheitswidrige Angaben gemacht worden seien bzw. damit nicht bloss eine geringe kriminelle Energie vorliege (Urteil 6B_1161/2019 vom 13. Oktober 2020).

 

3.2.2.6 Ein «leichter» Fall sei auch dann nicht anzunehmen, wenn zwischen Januar und August ein Deliktsbetrag von CHF 23'000.00 durch Bezug von Sozialhilfe angehäuft werde, weil der Widerruf der Niederlassungsbewilligung trotz ständigem Austausch mit dem Berater verschwiegen worden sei (Urteil 6B_1030/2020 vom 30. November 2020).

 

3.2.2.7 Im hiervor ausführlich zitierten BGE 149 IV 273 nahm das Bundesgericht bei einem Deliktsbetrag von CHF 13'735.30, welcher über einen Zeitraum von sieben Monaten angehäuft worden ist, einen «leichten Fall» an, da lediglich ein einmaliger Zahlungseingang verschwiegen worden sei. Weiter habe der Beschuldigte keine Verschleierungshandlungen vorgenommen. Zudem habe der Beschuldigte damit rechnen können, dass die Auszahlung bei der jährlichen Überprüfung des Leistungsanspruchs entdeckt und thematisiert werden würde.

 

3.2.2.8 Im Urteil 6B_1349/2023 vom19. Februar 2024 hatte sich das Bundesgericht mit einer Beschuldigten auseinanderzusetzen, die Einnahmen aus einem Untermietverhältnis, ein einmaliges Salär einer Einwohnergemeinde und Einkünfte aus ihrer selbstständigen Tätigkeit als Yoga-Lehrerin im Umfang von total CHF 9'181.75 über einen Zeitraum von 16 Monaten gegenüber dem Sozialamt nicht deklariert und die fraglichen Tätigkeiten auch nicht gemeldet habe. Dass die Vorinstanz im Rahmen ihrer Gesamtbetrachtung, insbesondere mit Blick auf die Deliktshöhe, die Deliktsdauer sowie auf die Tatsache, dass die Beschuldigte sich nicht nur rein passiv verhalten habe, sondern aktiv unvollständige und unwahre Angaben gemacht habe, nicht mehr von einem nur leichten Verschulden einer nur unerheblichen kriminellen Energie ausgegangen sei, lasse sich nicht beanstanden.

 

3.2.2.9 Die zitierte Rechtsprechung macht deutlich, dass die Abgrenzung eines «leichten Falls» nicht immer einfach ist und den beurteilenden Gerichten ein grosser Ermessensspielraum eingeräumt wird.

 

3.3 Bei der Subsumtion sind folgende Umstände von Bedeutung:

 

-        Der Deliktsbetrag von CHF 26'604.60 liegt deutlich näher beim oberen Schwellenwert von CHF 36'000.00 als beim unteren von CHF 3'000.00. Es handelt sich im Bereich der Sozialhilfe um einen nicht unerheblichen Betrag.

-        Es handelt sich um eine Vielzahl von Straftaten über einen längeren Zeitraum von rund zweieinhalb Jahren.

-        Der Beschuldigte hat mit direktem Vorsatz gehandelt (29. Januar 2017: ausdrückliche Angabe, er verfüge über «keine» anderen Konti; schon am 23. Dezember 2016 hatte er angekreuzt, er besitze kein anderes Konto, ebenso am 5. Januar 2018, obwohl die Konti bei der Migros Bank in der genannten Zeit von ihm rege benutzt wurden; der Grossteil seiner Einnahmen gingen auf das Konto bei der Migros Bank; vereinzelt hat der Beschuldigte geringe Einkommen der Sozialhilfebehörde gemeldet, was beweist, dass ihm die Meldepflicht bekannt war; äusserst widersprüchliche und teilweise groteske Aussagen; die Einnahmen wurden entgegen seiner Aussage zumindest für das Jahr 2017 bei der Steuererklärung auch nicht deklariert, die anderen Steuererklärungen sind nicht bei den Akten).

-        Wie gerade gezeigt, handelte es sich nicht nur um ein passives Verhalten, also reines Missachten der Meldepflichten.

-        Der Beschuldigte war auf die verheimlichten Zusatzeinnahmen nicht angewiesen und tätigte mit dem Geld sogar Börsentransaktionen.

 

Angesichts dieser Umstände kann mit Blick auf die dargestellte bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht mehr von einem leichten Fall i.S.v. Art. 148a Abs. 2 StGB ausgegangen werden.

 

 

IV. Strafzumessung

 

Die von der Vorinstanz ausgesprochene Strafe blieb im Berufungsverfahren zu Recht unbestritten. Sie ist zu bestätigen, zur Begründung kann vorbehaltlos auf die Ausführungen der Vorinstanz auf US 35 ff. verwiesen werden.

 

 

V. Landesverweisung / Ausschreibung im SIS

 

1. Allgemeine Ausführungen

 

1.1 Nach Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB ist ein Ausländer, der wegen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe gemäss Art. 148a Abs. 1 StGB verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe, für 5 bis 15 Jahre aus der Schweiz zu verweisen. Von der Landesverweisung kann nur ausnahmsweise bei Vorliegen eines Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB abgesehen werden.

 

Die Vorinstanz hat die einschlägige Lehre und Rechtsprechung zutreffend dargelegt (US 38 f.). Darauf kann grundsätzlich verwiesen werden, auf einzelne Aspekte ist im Rahmen der Subsumtion einzugehen.

 

Die Härtefallklausel ist gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung nach Intention und Gesetzeswortlaut restriktiv («in modo restrittivo») anzuwenden. Ein Härtefall lässt sich erst bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite («di una certa porta») in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV (bzw. Art. 8 EMRK) gewährleistete Privat- und Familienleben annehmen (Urteile 6B_378/2018 vom 22. Mai 2019 E. 2.1 und 6B_371/2018 vom 21. August 2018 E. 2.5; zur Härtefallklausel ausführlich BGE 144 IV 332 E. 3.3 ff.).

 

2. Subsumtion

 

2.1 Der Beschuldigte hat sich des mehrfachen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen der Sozialhilfe schuldig gemacht. Es liegt damit eine Anlasstat nach Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB vor. Insofern sind die Voraussetzungen für eine obligatorische Landesverweisung unabhängig von der Höhe der auszusprechenden Strafe grundsätzlich erfüllt.

 

Der besonderen Situation von Ausländern, die in der Schweiz aufgewachsen sind, ist bei der Anwendung der Härtefallklausel Rechnung zu tragen (Art. 66a Abs. 2 StGB). Gleichzeitig ist die Härtefallklausel, wie bereits ausgeführt, restriktiv anzuwenden.

 

2.2 Bezüglich des Vorlebens, der familiären Faktoren bzw. des engeren Soziallebens und des beruflichen Werdegangs kann wiederum auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (US 40 f.).

 

2.3 Eine kriteriengeleitete Prüfung des Härtefalls ergibt folgendes: Der Beschuldigte kam im Alter von 3,5 Jahren in die Schweiz, wuchs hier auf und hat immer hier gelebt, womit er selbstredend auch die prägenden Jahre in der Schweiz verbracht hat. Er war (oder ist immer noch) verheiratet, die (Ex-)Ehefrau lebt in der Tschechischen Republik. Er hat keine Kinder. Der Beschuldigte verfügt in der Schweiz insofern über keine Kernfamilie. Seine Schwester und Mutter leben in der Türkei (ASB 117). Sein Bruder lebt in Bern, zu ihm hat er allerdings kaum Kontakt (ASB 117). Die lange Aufenthaltsdauer (seit jeher) hat bereits von Gesetzes wegen ein grösseres Gewicht, als wenn eine Person erst im Erwachsenenalter in die Schweiz gekommen ist, und ist zugunsten des Beschuldigten zu werten. Er spricht fliessend Deutsch und hat in der Schweiz die (obligatorischen) Schulen besucht. Er ist im Besitz der Niederlassungsbewilligung. Er ist in der Schweiz – soweit ersichtlich – zwar grundsätzlich integriert, aber den Akten sind indes keine sozialen bzw. gesellschaftlichen Tätigkeiten zu entnehmen, die auf eine besondere Verwurzelung schliessen lassen. Er gab zwar anlässlich der Verhandlung vor dem Berufungsgericht an, er habe sich früher als Juniorentrainer beim FC [Ort 1] engagiert und habe auch selbst bei Vereinen Fussball gespielt (ASB 118), sonst – und vor allem zurzeit – sind aber keine Vereinstätigkeiten ersichtlich. Letzteres sowie die Tatsache, dass er in der Schweiz keine Kernfamilie und nur wenige Freunde hat, vermögen die soziale Integration des Beschuldigten zu relativieren, insgesamt ist diese als maximal durchschnittlich zu qualifizieren. Demgegenüber muss die wirtschaftliche Integration als mangelhaft bezeichnet werden: Den beigezogenen Migrationsakten kann entnommen werden, dass der Beschuldigte seit Oktober 1997 an verschiedenen Orten gearbeitet und seit Dezember 2001 verschiedentlich Sozialhilfe bezogen hat. Ausserdem hat er Schulden, was der Beschuldigte anlässlich der Verhandlung vor dem Berufungsgericht bestätigte (ASB 118). Aktuell arbeitet er bei der B.___ GmbH als Portier (ASB 116). Der Beschuldigte machte nie eine Berufsausbildung und schaffte es trotz diverser Anstellungen nicht, längerfristig von der Sozialhilfe unabhängig zu sein. Entsprechend liegen hohe bezogene Sozialhilfeleistungen wie auch beträchtliche Schulden vor. Dass er sich aktuell in einem befristeten Arbeitsverhältnis befindet, ist zwar erfreulich, vermag aber keine wesentliche Verbesserung in Bezug auf die Einschätzung seiner beruflichen Integration zu bewirken.

 

Der Beschuldigte hat nach wie vor Verbindungen zum Herkunftsland Türkei. So ging er (mit Ausnahme einer Pause zwischen 2001 und 2017) jedes Jahr zumindest für einige Tage in die Türkei, was er anlässlich seiner Befragung vor dem Berufungsgericht bestätigte (ASB 118). Er spricht Türkisch und kennt – zumindest in den Grundzügen – auch die Kultur bzw. die Gepflogenheiten, womit eine soziale Wiedereingliederung möglich und realistisch erscheint. Weiter bestehen verwandtschaftliche Beziehungen, leben doch u.a. seine Mutter und seine Schwester dort (ASB 117). Der Beschuldigte hat insofern neben seinem Leben in der Schweiz auch soziale, kulturelle und familiäre Bindungen zur Türkei. Es ist nicht absehbar, dass sich der Beschuldigte in seinem Herkunftsland – sei dies sozial beruflich – nicht würde integrieren können. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass er dort beruflich Fuss fassen und sich in den Arbeitsmarkt integrieren kann. Dass in der Schweiz bessere wirtschaftliche Bedingungen herrschen, vermag nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung die strafrechtliche Landesverweisung nicht zu hindern (Urteile 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 3.4.7; 6B_1314/2019 vom 9. März 2020 E. 2.3.11).

 

Schliesslich sprechen die von ihm geltend gemachten Gesundheitsprobleme nicht gegen eine Landesverweisung. Sowohl seine körperlichen als auch psychischen Leiden lassen sich in der Türkei ohne weiteres behandeln.

 

In einer Gesamtwürdigung aller massgeblicher Tatsachen ist – bei der vom Bundesgericht gebotenen restriktiven Auslegung – ein schwerer persönlicher Härtefall zu verneinen. Die Landesverweisung ist zu bestätigen.

 

2.4 Da das Berufungsgericht den schweren persönlicher Härtefall verneint, erübrigt sich die Prüfung der zweiten (kumulativen) Voraussetzung von Art. 66a Abs. 2 StGB.

 

2.5 Hinsichtlich der Dauer der anzuordnenden Landesverweisung ist mit der Vorinstanz auf das Minimum von fünf Jahren zu schliessen, was vor dem Hintergrund des Verschlechterungsverbots ohnehin zu gelten hat.

 

2.6 Die Frage nach einer Ausschreibung im SIS stellt sich im Lichte des Verschlechterungsverbots ebenfalls nicht.

 

 

VI. Kosten und Entschädigungen

 

1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der erstinstanzliche Kostentscheid gemäss den erstinstanzlichen Urteilsziffern 5 (Entschädigung des amtlichen Verteidigers) und 7 (Verfahrenskosten) bestätigt. Aufgehoben wird hingegen Ziffer 6, wonach dem Beschuldigten zulasten des Staats Solothurn eine Parteientschädigung von CHF 371.60 (1/8 der Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. MwSt.) zugesprochen wird, zahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse an Rechtsanwalt Claude Wyssmann. Obwohl der Beschuldigte erstinstanzlich zu 1/8 obsiegt, bleibt die amtliche Verteidigung davon unberührt, da deren Entschädigung, zahlbar durch den Staat, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nach dem notwendigen Aufwand festgesetzt wird.

 

2.

2.1 Der vom amtlichen Verteidiger im Berufungsverfahren geltend gemachte Stundenansatz von CHF 250.00 ist auf den Tarif für die amtliche Verteidigung von CHF 190.00 (§ 158 Abs. 3 GT) zu reduzieren. Von den geltend gemachten Aufwendungen sind 1,33 Stunden vom 23. Juni 2023 zu streichen: Die Entgegennahme des Urteils und die Besprechung mit dem Klienten gehören zum erstinstanzlichen Verfahren und wurden von der Vorinstanz ausdrücklich mit 0,5 Stunden entschädigt. Die Hauptverhandlung wurde mit einer Dauer von acht Stunden zu lang eingeschätzt und ist entsprechend um 5,5 Stunden zu kürzen. Für Fotokopien werden CHF 1.00 pro Stück geltend gemacht, vergütet werden jedoch nur CHF 0.50 pro Stück. Für Reiseauslagen wird CHF 1.00 pro mit dem Auto gefahrenen Kilometer gefordert, entschädigt werden hingegen nur CHF 0.70 (vgl. § 158 Abs. 5 i.V.m. § 157 Abs. 3 GT und § 161 lit a Gesamtarbeitsvertrag).

 

Das amtliche Honorar wird nach dem Gesagten auf CHF 5'110.80 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 1'566.00 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. Auslagen und MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.

 

2.2 Die Kosten des Berufungsverfahrens werden auf CHF 5'200.00 (CHF 5'000.00 Urteilsgebühr, CHF 200.00 Auslagen) festgesetzt und dem Beschuldigten zur Bezahlung auferlegt (Art. 428 Abs. 1 StPO).

Demnach wird

 

in Anwendung von Art. 148a Abs. 1 StGB; Art. 34, Art. 42 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1, Art. 47, Art. 49 Abs. 1, Art. 66a Abs. 1 lit. e StGB; Art. 135, Art. 335 ff., Art. 398 ff., Art. 422 ff. StPO

erkannt:

1.    A.___ wird gemäss rechtskräftiger Ziffer 1 des Urteils des Amtsgerichtspräsidenten von Olten-Gösgen vom 16. Juni 2023 (nachfolgend: erstinstanzliches Urteil) vom Vorhalt des mehrfachen Betrugs, angeblich begangen in der Zeit vom 1. Juli 2012 bis 31. Oktober 2012 (Vorhalt Ziff. I. lit. a der Anklageschrift vom 12. Mai 2022), freigesprochen.

2.    A.___ hat sich des mehrfachen unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung der Sozialhilfe, begangen in der Zeit vom 1. Februar 2017 bis 28. Februar 2019 sowie 1. Mai 2019 bis 31. Juli 2019 (Vorhalt Ziff. I lit. b und lit. c), schuldig gemacht.

3.    A.___ wird zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu je CHF 40.00 verurteilt, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren.

4.    A.___ wird für die Dauer von 5 Jahren des Landes verwiesen. Von einer Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem (SIS) wird abgesehen.

5.    Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Claude Wyssmann, wurde für das erstinstanzliche Verfahren gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 5 des erstinstanzlichen Urteils auf CHF 8'530.75 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von 7/8, ausmachend CHF 7'464.40, sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von 7/8, ausmachend CHF 2'601.30 (7/8 der Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. Auslagen und MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.

6.    Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Claude Wyssmann, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 5'110.80 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 1'566.00 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. Auslagen und MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.

7.    An die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 4'000.00, total CHF 4'136.00, hat A.___ CHF 3'619.00 zu bezahlen. Im Übrigen gehen die Kosten zulasten des Staates Solothurn.

8.    Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00, total CHF 5'200.00, hat A.___ zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Strafkammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Der Gerichtsschreiber

Werner                                                                              Wiedmer



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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