Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2023.73 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 03.07.2024 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Die Privatklägerin schildert detailliert den Vorfall, bei dem der Beschuldigte versuchte, sie sexuell zu nötigen, sie zu beleidigen und zu bedrohen. Sie beschreibt, wie er sie gegen die Wand drückte und versuchte, sie zu küssen, und sie sich verzweifelt gewehrt hat. Die Privatklägerin zeigt auch emotionale Belastung und Ängste aufgrund des Vorfalls. Die Aussagen der Privatklägerin sind konsistent und nachvollziehbar, ohne erkennbares Motiv für eine falsche Anschuldigung. Die Vorwürfe des Beschuldigten, die Privatklägerin habe sich abgesprochen oder es gebe Widersprüche in den Aussagen, werden entkräftet. Die Beweiswürdigung stützt die Glaubwürdigkeit der Privatklägerin und die Ernsthaftigkeit des Vorfalls. |
Schlagwörter: | Beschuldigte; Privatklägerin; Recht; Aussage; Beschuldigten; Aussagen; Urteil; Apos; Täter; Nötigung; Vorfall; Beruf; Berufung; Verfahren; Urteils; Verfahren; Geschädigte; Gericht; Staat; Arbeit; Einvernahme; Entschädigung; Geldstrafe; Vorinstanz; ührt |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ; Art. 135 StPO ; Art. 136 StPO ; Art. 177 StGB ; Art. 180 StGB ; Art. 189 StGB ; Art. 190 StGB ; Art. 193 StGB ; Art. 198 StGB ; Art. 2 StGB ; Art. 22 StGB ; Art. 32 BV ; Art. 34 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 408 StPO ; Art. 41 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 428 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 433 StPO ; Art. 44 OR ; Art. 448 StPO ; Art. 453 StPO ; Art. 456a StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 49 OR ; Art. 49 StGB ; Art. 50 StGB ; Art. 82 StPO ; |
Referenz BGE: | 105 IV 225; 115 IV 286; 117 IV 7; 120 Ia 36; 129 I 49; 132 II 117; 133 I 33; 134 IV 1; 134 IV 82; 134 IV 97; 136 IV 1; 136 IV 55; 138 IV 120; 139 IV 102; 144 IV 217; |
Kommentar: | -, Kommentar StPO, Art. 82 StPO, 2020 |
Geschäftsnummer: | STBER.2023.73 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 03.07.2024 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2024.43 |
Titel: | versuchte sexuelle Nötigung, mehrfache Beschimpfung, Drohung |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 3. Juli 2024 Es wirken mit: Oberrichter Rauber Ersatzrichterin Laffranchi Gerichtsschreiberin Wächter In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Anklägerin
A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Ronny Scruzzi, Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend versuchte sexuelle Nötigung, mehrfache Beschimpfung, Drohung Es erscheinen zur Verhandlung vor Obergericht vom 3. Juli 2024: - Staatsanwältin B.___, für die Staatsanwaltschaft als Anklägerin - A.___, Beschuldigter - Rechtsanwalt Ronny Scruzzi, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten - C.___, Privatklägerin - Rechtsanwältin Rahel Ritz, Vertreterin der Privatklägerin.
Zudem erscheinen als Zuhörer zwei Rechtspraktikantinnen, eine Medienvertreterin sowie eine Vertrauensperson der Privatklägerin.
In Bezug auf den Ablauf der Berufungsverhandlung, die durchgeführten Einvernahmen und die im Rahmen der Parteivorträge vorgetragenen Standpunkte wird auf das Verfahrensprotokoll, die Einvernahmeprotokolle, die Tonaufzeichnungen sowie die Plädoyernotizen in den Akten verwiesen.
Im Rahmen der Parteivorträge stellen und begründen die Parteien die folgenden Anträge:
Staatsanwältin B.___ für die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn als Vertreterin der Anklage:
1. Es sei festzustellen, dass das Urteil des Richteramts Dorneck-Thierstein vom 3. Mai 2023 betreffend nachfolgende Urteilsziffern in Rechtskraft erwachsen ist: - Ziff. 1: Freispruch betreffend mehrfache sexuelle Belästigung, evtl. mehrfache Ausnützung der Notlage (AZ A4); - Ziff. 8: betreffend Höhe der Entschädigung der amtlichen Verteidigung.
2. A.___ sei in vollumfänglicher Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils schuldig zu sprechen - der versuchten sexuellen Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) (AZ A1); - der mehrfachen Beschimpfung (Art. 177 Abs. 1 StGB) (AZ A2); - der Drohung (Art. 180 Abs. 1 StGB) (AZ A3).
3. A.___ sei zu verurteilen zu a. einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten, bedingt bei einer Probezeit von 2 Jahren; b. einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 120.00, bedingt bei einer Probezeit von 2 Jahren.
4. Die ausgestandene Haft vom 16. November 2021, 05:55 Uhr bis 14:00 Uhr, sei A.___ im Erstehungsfall an die Strafe anzurechnen.
5. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Ronny Scruzzi, sei durch das Gericht festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen, unter Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO.
6. Die Verfahrenskosten seien A.___ aufzuerlegen.
Rechtsanwältin Rahel Ritz als Vertreterin der Privatklägerin:
1. Der Schuldspruch betreffend A.___ vom 3. Mai 2023 sei zu bestätigen.
2. Der Beschuldige sei gegenüber der Privatklägerin für inskünftig aus und im Zusammenhang mit der verurteilten Straftat anfallenden Kosten dem Grundsatz nach bei einer Haftungsquote von 100 % für haftpflichtig zu erklären.
3. Die erstinstanzlich zugesprochene Genugtuungssumme sei zu bestätigen.
4. Die erstinstanzlich zugesprochene Parteientschädigung sei zu bestätigen.
5. Der Beschuldigte sei für das Berufungsverfahren zur Entrichtung einer Parteientschädigung für die Privatklägerin in der Höhe der eingereichten Kostennote (zzgl. heutige Verhandlungsdauer und mündliche Urteilseröffnung) zu verpflichten.
6. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.
Rechtsanwalt Ronny Scruzzi als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten:
1. Der Beschuldigte A.___ sei in Abänderung von Urteilsdispositiv Ziff. 2 und 3 von Schuld und Strafe freizusprechen.
2. Die Zivilforderungen der Privatklägerin C.___ seien in Abänderung der Urteilsdispositiv Ziff. 5 – 7 abzuweisen, jedenfalls auf den Zivilweg zu verweisen.
3. Dem Beschuldigten A.___ sei in Abänderung des Urteilsdispositivs Ziff. 4 aus der Staatskasse eine Genugtuung für unschuldig erlittene Haft in der Höhe von CHF 200.00, zzgl. Zins von 5 % seit 16.11.2021, zu bezahlen.
4. Es sei das Honorar des amtlichen Verteidigers für das zweitinstanzliche Verfahren gemäss eingereichter Kostennote festzusetzen und vom Staat zu bezahlen.
5. Es seien die erstinstanzlichen Verfahrenskosten in Abänderung von Urteilsdispositiv Ziff. 9 vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen.
6. Es seien die zweitinstanzlichen Verfahrenskosten vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen.
__________
Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte 1. Am 5. Oktober 2021 erschien C.___ zusammen mit zwei weiteren Angestellten des [Pflegezentrums], D.___ und E.___, persönlich beim Polizeiposten in Breitenbach. Sie erklärten, dass sie durch den Arbeitskollegen, A.___ (nachfolgend: Beschuldigter), während der Arbeit sexuell belästigt worden seien.
2. Am 6. Oktober 2021 wurden C.___ und D.___ erstmals einvernommen. Gleichentags stellte C.___ Strafantrag. Am 11. Oktober 2021 erfolgte die erste Einvernahme von E.___.
3. Am 3. November 2021 eröffnete die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen sexueller Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB), evtl. versuchter sexueller Nötigung (Art. 189 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), Beschimpfung (Art. 177 Abs. 1 StGB), Drohung (Art. 180 Abs. 1 StGB) und mehrfacher sexueller Belästigung (Art. 198 StGB). Am 11. Juli 2022 folgte eine bereinigte Eröffnungsverfügung.
4. Mit Eingabe vom 12. November 2021 konstituierte sich C.___ als Privatklägerin im Zivil- und Strafpunkt (nachfolgend: Privatklägerin). Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde am 11. Januar 2022 abgewiesen.
5. Am 16. November 2021 wurden dem Beschuldigten an seinem Domizil der Vorführbefehl und der Durchsuchungsbefehl für sein Mobiltelefon eröffnet und sein Mobiltelefon sichergestellt. Gleichentags fanden die erste Einvernahme des Beschuldigten im Beisein seines amtlichen Verteidigers sowie die erste parteiöffentliche Befragung der Privatklägerin statt.
6. Am 15. Dezember 2021 wurden die Privatklägerin, D.___, E.___ sowie die Abteilungsleiterin F.___ parteiöffentlich als Auskunftspersonen befragt. Die Schlusseinvernahme des Beschuldigten erfolgte am 25. Januar 2022.
7. Am 5. September 2022 erhob die Staatsanwaltschaft beim Richteramt Dorneck-Thierstein (RA DT) Anklage gegen den Beschuldigten wegen sexueller Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB) in echter Konkurrenz zu versuchter sexueller Nötigung (Art. 189 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), mehrfacher Beschimpfung (Art. 177 Abs. 1 StGB), Drohung (Art. 180 Abs. 1 StGB) und mehrfacher sexueller Belästigung (Art. 198 StGB), evtl. mehrfacher Ausnützung der Notlage (Art. 193 Abs. 1 StGB).
8. Am 3. Mai 2023 fand die Hauptverhandlung am Richteramt Dorneck-Thierstein statt. Gleichentags erliess die Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein folgendes Urteil (nachfolgend: Urteil Vorinstanz), welches dem Beschuldigten am 10. Mai 2023 zugestellt wurde:
1. A.___ wird vom Vorhalt der mehrfachen sexuellen Belästigung, evtl. mehrfachen Ausnützung der Notlage, angeblich begangen in der Zeit vom 6. Juli 2021 bis 23. September 2021 freigesprochen (Vorhalt A4 der Anklageschrift). 2. A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht: a) versuchte sexuelle Nötigung, begangen am 23. September 2021 (Vorhalt A1), b) mehrfache Beschimpfung, begangen am 23. September 2021 (Vorhalt A2), c) Drohung, begangen am 23. September 2021 (Vorhalt A3). 3. A.___ wird verurteilt zu: a) einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren, b) einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 120.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren. 4. A.___ wird 1 Tag Haft an die Freiheitsstrafe angerechnet. 5. A.___ wird gegenüber der Privatklägerin C.___ für die Straftaten gemäss Ziff. 1.a) bis c) (recte: Ziff. 2 a) bis c)) hiervor dem Grundsatz nach zu 100% haftpflichtig erklärt. Zur Ausmittlung der Schadenshöhe wird C.___ auf den Zivilweg verwiesen. 6. A.___ wird verurteilt, der Privatklägerin C.___ eine Genugtuung von CHF 3'000.00, zuzüglich 5% Zins seit 23. September 2021, zu bezahlen. 7. A.___ hat der Privatklägerin C.___, vertreten durch Rechtsanwältin Rahel Ritz, eine Parteientschädigung von CHF 16'552.75 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen. 8. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Ronny Scruzzi, wird auf CHF 14'460.35 (Honorar CHF 13'135.00, Auslagen CHF 291.50, 7,7 % MwSt. CHF 1'033.85) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 6'451.20 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 270.00 pro Stunde, inkl. 7,7 % MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 9. A.___ hat die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 3'200.00, total CHF 3'850.00, zu bezahlen. Wird von keiner Partei ein Rechtsmittel ergriffen und nicht ausdrücklich eine schriftliche Begründung des Urteils verlangt, reduziert sich die Urteilsgebühr um CHF 800.00, womit A.___ CHF 3'050.00 zu bezahlen hat. 9. Am 10. Mai 2023 liess der Beschuldigte, vertreten durch seinen amtlichen Verteidiger Ronny Scruzzi, die Berufung anmelden (Vorakten, pag. 446). 10. Am 25. August 2023 wurde dem Beschuldigten das begründete Urteil zugestellt (Vorakten, pag. 479). 11. Am 11. September 2023 erklärte der Beschuldigte die Berufung betreffend die Dispositivziffern 2, 3, 5-7 und 9 des vorinstanzlichen Urteils. Er verlangt einen vollumfänglichen Freispruch, sinngemäss den Verzicht auf eine Strafe, die Abweisung der Zivilforderungen der Privatklägerin, evtl. deren Verweis auf den Zivilweg sowie eine Genugtuung für unschuldig erlittene Haft in der Höhe von CHF 200.00 zzgl. Zins von 5 % seit 16.11.2021, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (Akten des Berufungsgerichts [nachfolgend Akten], pag. 003 ff.). 12. Mit Eingabe vom 18. September 2023 verzichtete die Staatsanwaltschaft auf eine Anschlussberufung. Mit Eingabe vom 20. September 2023 verzichtete die Privatklägerin ebenfalls auf eine Anschlussberufung. 13. Am 3. Juli 2024 fand die Verhandlung vor dem Berufungsgericht statt.
II. Anwendbares Recht (StPO) 1. Per 1. Januar 2024 trat die Revision der StPO in Kraft. Die Änderungen enthalten keine Regelung betreffend Übergangsrecht. Es stellt sich somit die Frage, welches Recht vorliegend anwendbar ist, da erstinstanzlich vor Inkrafttreten der Revision geurteilt wurde, das Berufungsurteil nun aber nach diesem ergeht. Art. 448 StPO sieht vor, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, nach neuem Recht fortgeführt werden, soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts Anderes vorsehen (Abs. 1). Unter dem Abschnitt der Rechtsmittelverfahren hält Art. 453 Abs. 1 StPO fest, dass, sofern ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden ist, Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht und von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt werden. 2. Die Thematik des Übergangsrechts wurde in den parlamentarischen Beratungen nie diskutiert, daraus lassen sich damit keine Erkenntnisse ableiten. Der Basler Kommentar zur StPO (nachfolgend: BSK StPO) hält zu Art. 448 folgendes fest: «Hinzuweisen ist darauf, dass in der vom Parlament am 17. Juni 2022 verabschiedeten Teilrevision der Strafprozessordnung keine von Art. 448 StPO abweichenden Bestimmungen vorgesehen sind und die revidierten Bestimmungen der StPO demnach sofort in Kraft treten.» (Moritz Oehen, BSK StPO, 3. Auflage 2023, Art. 448 StPO N 2). Diese Formulierung ist aber insofern unklar, als daraus nicht genau hervorgeht, ob das neue Recht generell zur Anwendung gelangt eben Art. 453 StPO als Ausnahme für Rechtsmittelverfahren Anwendung findet. Im Grundsatz richtig ist, dass Art. 448 StPO für alle hängigen Verfahren gilt und damit die Revision sofort in Kraft tritt. Anderes sieht aber Art. 453 StPO für die Rechtsmittelverfahren vor. Es würde zu eng greifen, die Formulierung «bei Inkrafttreten dieses Gesetzes» so auszulegen, dass nur das damalige Inkrafttreten der neuen StPO im Jahr 2011 gemeint ist. Vielmehr kommen die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung beschlossen und nichts anderes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich neues Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtsmittelverfahren sieht aber Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung gefällt wurde. Diese Auslegung verhindert unbefriedigende Ergebnisse in der Praxis: Um nur zwei Beispiele zu nennen, müsste in allen hängigen Berufungsverfahren die Privatklägerschaft mit URP nach Art. 136 Abs. 3 nStPO noch einen Antrag für URP stellen (soweit noch nicht geschehen), um die URP im Berufungsverfahren überhaupt zu erhalten. Oder der Beschuldigte würde benachteiligt, wenn ihm erstinstanzlich eine Entschädigung direkt zugesprochen wird und auf seine Berufung hin die Entschädigung dann nach Art. 429 Abs. 3 nStPO im Berufungsverfahren dem Verteidiger zugesprochen werden müsste. Fänden die neuen Bestimmungen auch für Rechtsmittelverfahren gegen erstinstanzliche Urteile vor dem Jahr 2024 Anwendung, würde dies bedeuten, dass bei teilweiser Anfechtung der rechtskräftige Teil des Urteils nach altem Recht ergeht, und der angefochtene nach neuem Recht. Es kann aber nicht sein, dass für ein Urteil (Art. 408 StPO) ein Teil nach altem und ein Teil nach neuem Prozessrecht gefällt wird. Diese Rechtsauffassung wird auch von früheren StPO-Revisionen gestützt: Mit der Änderung vom 28. September 2012 wurde mit Art. 456a StPO eine von den allgemeinen Regeln von Art. 448 StPO und der Ausnahme von Art. 453 StPO abweichende Regelung geschaffen, wonach das neue Recht in allen Verfahren gelte, somit auch für Rechtsmittelverfahren. Im Weiteren kann auch Art. 2 des StGB herangezogen werden, dessen Formulierung in Abs. 1 «nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen Vergehen begeht» jeweils die entsprechende Änderung des Gesetzes meint. 3. Es hat demnach Folgendes zu gelten: Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO kommen als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung der StPO beschlossen und nichts Anderslautendes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich das neue Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtmittelverfahren sieht Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (der neuen Bestimmung) gefällt worden ist. 4. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies folglich, dass das alte Recht (vor dem 1. Januar 2024) zur Anwendung gelangt.
III. Rechtskraft / Prozessgegenstand / Allgemeines 1. Die folgenden Ziffern des erstinstanzlichen Urteils sind ganz teilweise in Rechtskraft erwachsen: - Ziffer 1: Freispruch vom Vorhalt der mehrfachen sexuellen Belästigung, evtl. mehrfachen Ausnützung der Notlage, angeblich begangen in der Zeit vom 6. Juli 2021 bis 23. September 2021 (Vorhalt Anklage I. A4); - (teilweise) Ziffer 8: Entschädigung des amtlichen Verteidigers Rechtsanwalt Scruzzi (die Höhe der Entschädigung betreffend).
2. Die im Berufungsverfahren zu beurteilenden Vorhalte gemäss Anklageschrift vom 5. September 2022 lauten wie folgt:
A1 Sexuelle Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB) in echter Konkurrenz zu versuchter sexueller Nötigung (Art. 189 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) begangen am 23. September 2021, ca. zwischen 19:00 Uhr und 19:20 Uhr, in [Ort], [Adresse], [Alters- und Pflegeheim], im Badezimmer der „Oase", zum Nachteil von C.___, indem der Beschuldigte die Geschädigte vorsätzlich durch Gewaltanwendung zur Duldung einer beischlafsähnlichen Handlung zu nötigen versuchte, wobei er sie in diesem Rahmen zu einer anderen sexuellen Handlung nötigte. Konkret arbeiteten der Beschuldigte und die Geschädigte zusammen in der Pflege (Spätdienst), wobei der Beschuldigte die Geschädigte, welche im Stationsbüro am PC sass, zuerst von hinten umarmte. Als die Geschädigte den Arm des Beschuldigten wegdrückte und im Witz meinte, ob er Nähe brauche, forderte der Beschuldigte die Geschädigte dazu auf, zusammen auf den Balkon zu gehen, damit die Geschädigte eine Zigarette rauchen könne. Auf dem Weg zum Balkon, welcher durch einen offenen Raum (,,Oase") führt, zog der Beschuldigte die Geschädigte sodann ins dort gelegene Badezimmer und schloss die Tür von Innen ab. Danach packte der Beschuldigte die Geschädigte an beiden Oberarmen und drückte sie gegen die Badzimmerwand. Auf die Frage der Geschädigten, was das solle, antwortete der Beschuldigte, dass es nur zwei Minuten gehe, sie solle sich nicht so anstellen. Die Geschädigte versuchte, sich mit ihrem gesamten Körper zu wehren, resp. sich loszulösen bzw. wehrte sich und sagte, ,,Nein A.___, hör auf, ich will das nicht", worauf der Beschuldigte fester zudrückte und sie weiterhin gegen die Wand drückte. Als der Beschuldigte versuchte, die Geschädigte zu küssen, wich sie mit ihrem Kopf aus, so dass er sie nur auf der Wange traf. Die Geschädigte wies den Beschuldigten darauf hin, dass sie Schmerzen habe,worauf der Beschuldigte meinte, sie solle sich nicht so anstellen, in zwei Minuten sei das durch und je mehr sie sich wehre, desto länger gehe es. Der der Geschädigten körperlich überlegene Beschuldigte drückte in der Folge seinen Oberkörper gegen ihren Oberkörper und klemmte sie dadurch zwischen ihm und der Wand ein, um die Geschädigte weiterhin festhalten und sich gleichzeitig die Arbeits- und Unterhosen hinunterziehen zu können. Mit entblösstem Geschlechtsteil meinte der Beschuldigte zur Geschädigten „so jetzt kannst du ihn in den Mund nehmen" und forderte sie dadurch dazu auf, ihn oral zu befriedigen. Die Geschädigte konnte indes ihr Knie hochziehen und den Beschuldigten zwischen den Beinen treffen, worauf er zusammensank und von der Geschädigten abliess. Da der Beschuldigte aufgrund der Gegenwehr der Geschädigten schliesslich von ihr abliess, bevor es zum Oralverkehr kam, blieb es diesbezüglich beim Versuch.
Hinweis: Sollte das Gericht zum Schluss gelangen, dass der Beschuldigte lediglich wegen vollendeter sexueller Nötigung schuldig zu sprechen ist, so ist das Verschulden bzgl. der versuchten sexuellen Nötigung im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen.
A2 Mehrfache Beschimpfung (Art. 177 Abs. 1 StGB) begangen am 23. September 2021, ca. um 19:20 Uhr, in [Ort], [Adresse], [Alters- und Pflegeheim], zum Nachteil von C.___, indem der Beschuldigte, nachdem er von der Geschädigten abliess (s. Ziff. 1.1.), sie vorsätzlich als „Psychopath" und „Schlampe" bezeichnete und ihr sagte, ,,du nimmst sonst alles in den Mund" und sie dadurch in ihrer Ehre angriff.
A3 Drohung (Art. 180 Abs. 1 StGB) begangen am 23. September 2021, ca. um 19:20 Uhr, in [Ort], [Adresse], [Alters- und Pflegeheim], zum Nachteil von C.___, indem der Beschuldigte, nachdem er von der Geschädigten abliess (s. Ziff. 1.1.), vorsätzlich mit den Worten „Wehe du sagst jemandem etwas, dann werde ich dich vernichten" drohte, wodurch die Geschädigte in Angst und Schrecken versetzt wurde.
3. Mit Blick auf die Prozessökonomie erlaubt Art. 82 Abs. 4 StPO den Rechtsmittel-instanzen, für die tatsächliche und rechtliche Würdigung des in Frage stehenden Sachverhalts auf die Begründung der Vorinstanz zu verweisen, wenn sie dieser beipflichten. Hingegen ist auf neue tatsächliche Vorbringen und rechtliche Argumente einzugehen, die erst im Rechtsmittelverfahren vorgetragen werden (BRÜSCHWEILER, Schulthess Kommentar StPO, 3. Auflage 2020, Art. 82 N 10).
IV. Beweiswürdigung und rechtserheblicher Sachverhalt 1. Unbestrittener Sachverhalt
Unbestritten ist, dass der Beschuldigte und die Privatklägerin am 23. September 2021 beim [Alters- und Pflegeheim] in [Ort] angestellt waren und auf der gleichen Abteilung gearbeitet haben. Am hier interessierenden Abend des 23. Septembers 2021 hatten der Beschuldigte und die Privatklägerin gemeinsam Spätdienst. Der Beschuldigte hatte die Tagesverantwortung. Im Weiteren bestreitet der Beschuldigte den hier noch zu beurteilenden Sachverhalt gemäss der Vorhalte A1, A2 und A3 der Anklageschrift. Folglich ist nachfolgend der rechtserhebliche Sachverhalt zu erstellen.
2. Allgemeines zur Beweiswürdigung
2.1 Gemäss der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie Art. 10 Abs. 3 StPO verankerten Maxime «in dubio pro reo» ist bis zum Nachweis der Schuld zu vermuten, dass die einer Straftat angeklagte Person unschuldig ist: es gilt demnach die Unschuldsvermutung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 120 Ia 36 ff., 127 I 40 f.) betrifft der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowohl die Verteilung der Beweislast als auch die Würdigung der Beweise. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Als Beweiswürdigungsregel ist der Grundsatz «in dubio pro reo» verletzt, wenn sich der Strafrichter von der Existenz eines für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhaltes überzeugt erklärt, obschon bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, da solche immer möglich sind. Obwohl für die Urteilsfindung die materielle Wahrheit wegleitend ist, kann absolute Gewissheit bzw. Wahrheit nicht verlangt werden, da diese der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen ist. Mit Zweifeln ist deshalb nicht die entfernteste Möglichkeit des Andersseins gemeint. Erforderlich sind vielmehr erhebliche und schlechthin nicht zu unterdrückende Zweifel, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei mehreren möglichen Sachverhaltsversionen hat der Richter auf die für den Beschuldigten günstigste abzustellen. Eine Verurteilung darf somit nur erfolgen, wenn die Schuld des Verdächtigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist, d.h. wenn Beweise dafür vorliegen, dass der Täter mit seinem Verhalten objektiv und subjektiv den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verwirklicht hat. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter einerseits persönlich von der Tatschuld überzeugt ist und andererseits die Beweise die Schuld des Verdächtigen in einer vernünftige Zweifel ausschliessenden Weise stützen. Der Richter hat demzufolge nach seiner persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber zu entscheiden, ob er eine Tatsache für bewiesen hält nicht (BGE 115 IV 286).
2.2 Das Gericht folgt bei seiner Beweisführung dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 10 Abs. 2 StPO): Es würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung und ist damit bei der Wahrheitsfindung nicht an die Standpunkte und Beweisführungen der Prozessparteien gebunden. Unterschieden wird je nach Art des Beweismittels in persönliche (Personen, welche die von ihnen wahrgenommenen Tatsachen bekannt geben: Aussagen von Zeugen, Auskunftspersonen und Beschuldigten) und sachliche Beweismittel (Augenschein und Beweisobjekte wie Urkunden Tatspuren). Dabei kommt es nicht auf die Zahl Art der Beweismittel an, sondern auf deren Überzeugungskraft Beweiskraft. Das Gericht entscheidet nach der persönlichen Überzeugung, ob eine Tatsache bewiesen ist nicht.
2.3 Bei der Beurteilung von Zeugenaussagen wird das Konzept einer «allgemeinen Glaubwürdigkeit» in der Aussagepsychologie als wenig brauchbar bewertet. Der allgemeinen Glaubwürdigkeit eines Zeugen im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kommt nach heutiger Erkenntnis bei der Würdigung von Zeugenaussagen daher kaum mehr relevante Bedeutung zu. Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage. Für die Prüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen analysiert das Gericht das vorhandenen Aussagematerials mit den Methoden der Aussagepsychologie. Nach dem empirischen Ausgangspunkt der Aussageanalyse erfordern wahre und falsche Schilderungen unterschiedliche geistige Leistungen. Überprüft wird in erster Linie die Hypothese, ob die aussagende Person unter Berücksichtigung der Umstände, der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der Motivlage eine solche Aussage auch ohne realen Erlebnishintergrund machen könnte. Methodisch wird die Prüfung in der Weise vorgenommen, dass das im Rahmen eines hypothesengeleiteten Vorgehens durch Inhaltsanalyse (aussageimmanente Qualitätsmerkmale, sogenannte Realkennzeichen, Fehlen von Fantasiesignalen) und der Bewertung der Entstehungsgeschichte der Aussage sowie des Aussageverhaltens insgesamt gewonnene Ergebnis auf Fehlerquellen überprüft und die persönliche Kompetenz der aussagenden Person analysiert wird (BGE 129 I 49 E. 5; 128 I 81 E. 2 mit Hinweisen). Bei der Glaubhaftigkeitsbegutachtung ist immer davon auszugehen, dass die Aussage auch nicht realitätsbegründet sein kann. Ergibt die Prüfung, dass diese Unwahrhypothese (Nullhypothese) mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen. Es gilt dann die Alternativhypothese, dass die Aussage wahr sei, d.h. einem tatsächlichen Erleben der befragten Person entspringen (BGE 133 I 33 E. 4.3; Urteile 6B_257/2020 vom 24.6.2021 E. 5.4.3; 5A_550/2019 vom 1.9.2020 E. 9.1.3.1; je mit Hinweisen). Erforderlich ist dafür besonders auch die Analyse der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Aussage (Aussagegenese). Streng abgegrenzt werden die allgemeine Glaubwürdigkeit, die sich auf die Person bezieht, und die Glaubhaftigkeit, die nur gerade die spezifische Aussage betrifft (Urteil des BGer 6B_308/2024 vom 22. Mai 2024 E. 1.1.2 mit Hinweisen). Zu prüfen ist die Aussage auch auf Übereinstimmungen mit objektiven Beweismitteln (Urteil des Bundesgerichts 6B_32/2016 vom 20.4.2016 E. 1.5). 2.4 Eine beschuldigte Person erzählt im Gegensatz zu einem Zeugen/einer Zeugin bzw. einem Opfer im Regelfall nicht eine Geschichte, die sich unter Berücksichtigung der Aussageentstehung und -entwicklung anhand der Aussagequalität auf ihren Realitätsbezug überprüfen lässt. Eine beschuldigte Person ist aufgefordert, eine bestehende Geschichte zu bestätigen zu verneinen. Die Realkennzeichenanalyse ist damit bei beschuldigten Personen in aller Regel kein taugliches Mittel der Glaubhaftigkeitsbeurteilung. In der Aussagepsychologie wurden dennoch verschiedene Erkenntnisse zum Aussageverhalten schuldiger und unschuldiger Personen gewonnen (vgl. Daphna Tavor, Aussagepsychologie zur Beurteilung der Aussagen des Angeklagten, Referat im Seminar «Zwischen Wahrheit und Lüge», durchgeführt am 22. und 23.6.2015 vom Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis der Universität St. Gallen, Kompetenzzentrum für Rechtspsychologie):
- Ein unschuldiger Beschuldigter antwortet detailreich, spontan und ohne Ausflüchte. Er will die Wahrheit ans Licht bringen, ist gesprächig, kooperativ im Gespräch und bleibt beim Thema. Er verwendet treffende und starke Ausdrücke bezüglich des Inhalts der Vorwürfe und beteuert die Unschuld spezifisch zum jetzigen Fall, ohne dazu aufgefordert zu werden.
- Ein schuldiger Beschuldigter erzählt demgegenüber nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich; er neigt zu Auslassungen. Er will die Wahrheit verheimlichen, ist zurückhaltend, unkooperativ im Gespräch und weicht auf irrelevante Themen aus. Er verwendet schwache und ausweichende Ausdrücke bezüglich des Inhalts der Vorwürfe und spricht nicht spontan über seine Unschuld.
3. Konkrete Beweiswürdigung
Vorliegend handelt es sich um ein Vier-Augen-Delikt, weshalb die Aussagen der Privatklägerin und des Beschuldigten sowie der weiteren einvernommenen Personen (D.___, E.___ und F.___) nachfolgend kurz zusammengefasst und unter Einbezug der gesamten Umstände gewürdigt werden. Auf die weiteren Beweismittel wird Bezug genommen, soweit dies für die Beweiswürdigung erforderlich ist, im Übrigen wird auf die Urteilsbegründung der Vorinstanz sowie auf die Akten verwiesen.
3.1 Aussagen der Privatklägerin
3.1.1 In der ersten Einvernahme vom 6. Oktober 2021 (Vorakten, pag. 055 ff.) führte die Privatklägerin aus, sie habe am Donnerstag, den 23.09.2021 Spätdienst mit dem Beschuldigten und der Lehrtochter gehabt. Um 17:30 Uhr hätten sie Pause gehabt, dann werde aufgeteilt, wer was mache. Jemand mache Küchendienst und die anderen beiden Pfleger würden die Pflege machen, also die Bewohner ins Bett bringen. Er habe gerade von sich aus bestimmt, dass die Lehrtochter in die Küche gehe und sie beide die Pflege machen würden. Sie habe gewusst, dass die Lehrtochter nicht so gerne Küchendienst mache, sondern lieber die Pflege und sie habe mit ihr tauschen wollen. Der Beschuldigte sei ihr sofort ins Wort gefallen und habe gesagt, nein, sie mache die Pflege. Sie habe dann die restlichen Bewohner, die sie noch gehabt hätten, ins Bett getan. Das sei ungefähr um 18:50 Uhr gewesen. Sie habe sich gedacht, super, jetzt habe sie noch viel Zeit bis der Dienst ende um 20:00 Uhr, um Protokolle zu schreiben etc. Sie sei ins Stationsbüro, an den PC gesessen, und habe die Einträge geschrieben. Er sei dann ins Büro gekommen. Sie sei gesessen, er sei hinter sie gestanden und habe sie von hinten umarmt. Dann habe sie seinen Arm weggedrückt. So als Witz habe sie gesagt: «Was ist, brauchst Du Nähe?». Sie hätten eigentlich ein sehr gutes Arbeitsverhältnis im Team gehabt und hätten es immer lustig zusammen gehabt. Darum habe sie dies auch so als Witz gesagt. Der Beschuldigte habe vorgeschlagen auf den Balkon rauchen zu gehen, wenn sie fertig geschrieben habe. Sie habe sich nicht viel dabei gedacht, sie hätten ja noch genügend Zeit gehabt. Wenn man aus dem Stationsbüro raus gehe, um auf den Balkon zu gelangen, dann komme man in einen grossen Raum, der heisse Oase. Da seien die Patienten, die bettlägerig seien. So in der Mitte der Oase könne man nach rechts für die Badezimmer. Sie sei nichtsahnend durch die Oase gelaufen und er habe sie auf die Seite, ins Badezimmer, gezogen und die Türe abgeschlossen. Er habe sie im Badezimmer an den Oberarmen gepackt und gegen die Wand gedrückt. Sie habe null Chance gehabt sich zu wehren, er habe immer fester zugedrückt. Sie sei so perplex gewesen, weil sie nicht begriffen habe, was abgegangen sei. Sie habe zu ihm gesagt, was er vorhabe, was das solle. Er habe gesagt, es gehe nur zwei Minuten, sie solle sich nicht so anstellen. Dann sei ihr bewusst geworden, was er vorgehabt habe. Sie habe gesagt: «Nein A.___, hör auf, ich will das nicht!». Sie habe sich loslösen wollen und er habe immer fester zugedrückt bzw. sie gegen die Wand gedrückt. Irgendwann habe sie so Schmerzen gehabt und gesagt: «A.___, du machst mir weh, hör auf!». Er habe gesagt, sie solle sich nicht so anstellen, in zwei Minuten sei das durch und je mehr sie sich wehre, desto länger gehe es. Sie sei so im Schock gewesen, sie habe nicht mal schreien können, sie sei so in «einem Züüg» gewesen. Dann habe er seinen Oberkörper an ihren Oberkörper gedrückt, habe seine Arbeits- und Unterhose runtergezogen und gesagt: «So jetzt kannst du ihn in den Mund nehmen, dann hast du es durch.». Sie sei so in einem Zeug gewesen, dass sie nur noch ihr Knie habe hochziehen können, damit sie weggekommen sei. Sie habe ihn «Gottseidank gebreicht», so dass er zusammengesunken sei. Sie habe sich lösen und um ihn herum aus dem Badezimmer gehen können. Er sei dann selber erschrocken, er sei «richtig hässig» geworden. Er habe sie angeschrien, sie sei ein Psychopath, sie würde doch sonst andere Männer nicht abblitzen lassen. Dies stimme gar nicht, er habe sie richtig beleidigt, dass sie eine Schlampe sei, dass sie sich jetzt bei ihm so aufführe. Er habe dann auch gesagt, «wehe» sie sage das jemandem, dann werde er sie vernichten. Sie solle einfach das «Muul» halten. Sie sei so geschockt gewesen, sei ins Stationsbüro, habe ihre Tasche geholt, und sei einfach nach Hause gegangen. Sie habe ein totales Gefühlschaos gehabt. Am nächsten Tag habe sie frei und am Samstag Frühdienst gehabt, er auch. Die Stimmung sei sehr angespannt gewesen. Sie habe gedacht, «Jetzt verhältst du dich einfach normal». Er habe sie ignoriert. Er habe sich als Opfer dargestellt. Er habe niemandem gesagt, was der Grund gewesen sei. Er habe vermutlich schon gewusst, wenn er etwas sagen würde, würde sie mit der Wahrheit rausrücken. Er habe sie als die Böse dargestellt, obwohl er anderen Mitarbeiter nichts gesagt habe. Er habe sie es richtig spüren lassen, ohne genau etwas zu sagen. Sie habe dann so gearbeitet und am Anfang gedacht, sie stehe drüber. Ab 1. Januar habe sie eine neue Arbeitsstelle gehabt und gedacht, «Komm die drei Monate schaffst du noch». Dann habe sie fünf Tage frei gehabt und dann sei es besser gegangen, es habe sie zwar beschäftigt, aber sie habe ihn nicht sehen müssen. Leider habe sie nach den fünf Tagen wieder mit ihm arbeiten müssen, das Schweigen sei weiter gegangen, sie hätten sich nicht beachtet. Man habe auf einmal gemerkt, wie er sehr nervös geworden sei im Geschäft. Sie habe für sich gedacht, er meine, sie habe etwas gesagt. Gestern habe sie Frühdienst gehabt, mit ihm und der Chefin, der Stationsleitung. Er sei sehr abschätzig ihr gegenüber gewesen, habe ihr immer eins reindrücken wollen gegenüber der Chefin. Es habe sie fast verrissen, weil sie gemerkt habe, dass sie nicht mehr schweigen dürfe. Er habe wie den Spiess umgedreht, dass sie die Böse sei. Sie habe die Station verlassen und nur noch geweint. Sie habe dann entschieden, es der Chefin zu erzählen. Sie habe sie um Zeit gebeten und nach der Pflege seien sie direkt ins Büro. Dort habe sie ihr dann alles anvertraut. Die Chefin habe nicht viel gesagt, sie habe ihr nur zugehört. Sie habe dann gesagt: «Dir ist bewusst, ich muss das bei der Personalchefin und dem Heimleiter melden.». Sie habe gesagt: «Ja bitte, das muss ein Ende haben, ich halte es nicht mehr aus.». Die Chefin habe es dann gemeldet. Sie habe dann gestern um 13:00 Uhr ein Gespräch gehabt mit dem Heimleiter, G.___, und der Personalchefin, H.___. Die Stationsleitung, F.___, sei auch dabei gewesen. Sie habe ihnen nochmals alles erzählt. Sie sei so in ein Zeug gekommen, weil sie nur noch Angst gehabt habe. Ihr sei durch den Kopf gegangen, wie der Beschuldigte gesagt habe, wenn sie es je jemandem erzähle, werde sie dafür büssen. Sie habe gesagt, sie habe Angst und sie wisse nicht wie weiter. Er habe sie beruhigt. Sie würden heute (Tag der Einvernahme), 09:30 Uhr, ein Gespräch mit ihm führen, und er werde fristlos gekündet. Er habe gesagt, sie werde ihn nicht mehr sehen. Sie könne es erst glauben, wenn es wirklich passiert sei. Er habe auch gesagt, sie solle eine Anzeige machen. Für sie seien das alles so viele Emotionen gewesen, sie habe nur noch geweint, keinen klaren Gedanken mehr fassen können, sich sehr alleine gefühlt, «wie stehe ich das durch». Herr G.___ habe viel Verständnis gehabt, habe ihr in Ruhe erklärt, wie alles vor sich gehe. Herr G.___ habe gemeint, es könne gut sein, dass er sonst einfach weitermachen würde, man müsse die anderen Frauen auch schützen. Sie finde, das gehe doch nicht, er könne doch nicht jemanden versuchen zu vergewaltigen und wenn er es nicht schaffe, diesen jemand noch bedrohen und beleidigen. Sie habe sich wie ein Stück Elend gefühlt, mit dem man machen könne, was man wolle. Das hole sie immer mehr ein, dass man sie einfach so scheisse behandelt habe. Sie sollte heute um 12:00 Uhr arbeiten gehen, sie wisse noch nicht, wie sie das hinbekomme. Sie hoffe einfach, dass er weg sei. Sie habe wirklich Angst, sie habe es gestern Abend ihren Eltern und ihrer Schwester erzählt. Sie wüssten jetzt davon. Sie würden sie unterstützen, sie könne auch zu ihren Eltern schlafen gehen. Sie habe jetzt Angst alleine zu Hause zu sein. Sie habe Paranoia, habe alle Läden geschlossen und habe 100 Mal die Haustüre kontrolliert. Die Unterstützung ihrer Eltern und ihrer Schwester würde sie beruhigen.
Auf Frage erläuterte sie, er habe sie am Handgelenk zum Badezimmer gezogen. Dann sei es so schnell gegangen. Er habe sie ins Badezimmer gezogen, die Türe zugemacht und zugeschlossen. Sie sei mit dem Rücken zur Wand gewesen. Mit den Armen gegen unten an die Wand (wobei sie vorzeigte, wie Arme rechts und links neben dem Körper nach unten hinten gehen). Er habe sie permanent an den Oberarmen gehalten, bis zu dem Zeitpunkt, als er die Hose runtergezogen habe, da habe er sich mit dem Oberkörper an sie gepresst, damit er die Hände frei gehabt habe, um die Hose runterzuziehen. Auf Frage, ob er sie sonst noch am Körper berührt habe, bestätigte sie, er habe einfach versucht, sie zu küssen, aber sie habe immer den Kopf weggezogen. Er habe sie auf der Seite bzw. die Backe erwischt. Bei dem Vorfall habe er sie sonst nicht berührt, er sei beschäftigt gewesen, sie zu halten, weil sie versucht habe, sich extrem zu wehren. Sie habe sich loslösen wollen, aber habe null Chancen gehabt. Je mehr sie sich gewehrt habe, desto fester habe er sie gedrückt. Sie habe ihm gesagt, «Hör auf, du machst mir weh!». Er habe das ignoriert, habe einfach immer fester zugedrückt. Sie habe einfach gesagt: «Nein, hör uf, ich will das nicht!». Weiter: «A.___, du hesch e Fründin, hör uf!». Und auch: "Du machsch mir weh, hör uf!". Ständig diese Sätze. Er habe nicht so viel gesagt, viel ignoriert. Und eben am Anfang habe er gesagt, «Tu nicht so, das geht nur zwei Minuten, dann ist es vorbei.». Als sie gesagt habe, er habe eine Freundin, habe er gesagt, er wolle lieber «mich» als sie. Sie glaube, er habe gemeint, um ihn oral zu befriedigen. Dann, als sie sich habe loslösen und flüchten können, sei er ausgetickt. Auf die Frage, was sie von seinem Körper gesehen habe, erklärte die Privatklägerin: «Sein Penis, der war steif. Also sein Glied habe ich gesehen.». Als sie das gesehen habe, sei die Reaktion nur noch gewesen, das Knie hochzuziehen. Er sei dann eingesackt. Und sie sei dann sofort weggerannt. Er habe ihr nachgeschrien, sie sei ins Stationsbüro gegangen, habe ihre Tasche genommen, sei runter, habe ausgestempelt und sei nach Hause gegangen. Auf Frage verneinte sie, bei dem Vorfall verletzt worden zu sein. Ihr hätten einfach die Oberarme noch drei bis vier Stunden weh getan. Auf die Frage, wem sie als erstes von diesem Vorfall erzählt habe, bestätigte die Privatklägerin, dies sei D.___, die Arbeitskollegin von ihr, die am Vortag auch da gewesen sei. Ihr sei Ähnliches passiert wie ihr, leider habe sie sich nicht getraut, das jemandem anzuvertrauen. Bei ihr sei es um Pfingsten gewesen. Nachher hätten sie (D.___ und der Beschuldigte) auch nicht mehr miteinander geredet. Als es ihr (Privatklägerin) passiert sei, sei ihr «das 20gi gefallen». Sie habe sie (D.___) dann unter vier Augen angesprochen und diese habe ihr dann weinend gesagt, dass er es bei ihr auch probiert habe.
3.1.2 In der zweiten, parteiöffentlichen Einvernahme vom 16. November 2021 (Vorakten, pag. 087 ff.) machte die Privatklägerin erneut ausführliche inhaltlich mit der ersten Einvernahme übereinstimmende Aussagen. Auf Frage bestätigte sie, der Vorfall sei um ca. 19:00/19:15 Uhr gewesen. Sie sei um ca. 19:30 Uhr gegangen. Sie habe nicht genau auf die Uhr geschaut, als sie gegangen sei. Weiter bestätigte sie, dass die von ihr geschilderten verbalen Anspielungen und die Berührungen im Frühling/Sommer vor dem Vorfall angefangen hätten. Konfrontiert mit den Aussagen des Beschuldigten bestätigte die Privatklägerin, sie habe nie Interesse am Beschuldigten gehabt. Dass sie neidisch sei auf seine Ausbildung, sei aus der Luft gegriffen. Sie habe auch das Angebot erhalten, die gleiche Ausbildung wie der Beschuldigte zu machen, habe dies aber abgelehnt.
3.1.3 Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 3. Mai 2023 (Vorakten, pag. 355 ff.) bestätigte die Privatklägerin wiederum die zuvor gemachten Aussagen und schilderte erneut den Ablauf des fraglichen Abends.
3.1.4 An der Berufungsverhandlung führte die Privatklägerin auf entsprechende Frage aus, sie habe alles gesagt und habe keine Ergänzungen / Korrekturen. Sie schilderte den Vorfall vom 23. September 2021 daraufhin auf entsprechende Aufforderung nochmals ausführlich und bestätigte damit wiederum die zuvor gemachten Aussagen. Auf Frage gab sie zu Protokoll, es gehe ihr nicht so gut. Die ganze Sache belaste sie sehr und sie wolle einfach, dass das endlich ein Ende habe. Sie gehe seither vorsichtiger durchs Leben und sei mehr eingeschränkt als vor der Tat. So gehe sie nicht mehr alleine nach draussen, wenn es eindunkle. Generell sei sie lieber zu zweit unterwegs. Zuhause sei sie immer froh, wenn jemand da sei. Sie brauche einfach die Sicherheit, dass jemand bei ihr und sie nicht ausgeliefert sei, falls etwas passiere. Der Schlaf sei langsam besser geworden, sie träume nicht mehr so engmaschig vom Vorfall. Sie träume aber nach wie vor davon und wache «pflotschnass» auf in der Nacht (Akten, pag. 066 ff.).
3.1.5 Würdigung
3.1.5.1 Die Vorinstanz hat die Aussagen der Privatklägerin umfassend und zutreffend gewürdigt. Darauf kann verwiesen werden (Urteil Vorinstanz, S. 7 ff.). Die wichtigsten Aussagen werden nachfolgend zusammengefasst und im Anschluss ergänzend gewürdigt.
Die Aussagen der Privatklägerin blieben über die Einvernahmen hinweg inhaltlich gleich, auch wenn die Erzählungen teilweise sprunghaft sind. Nicht nur das Kerngeschehen, sondern auch weitere, nebensächliche Ereignisse und Beobachtungen betreffend den Pflegedienst vom 23. September 2021 werden anschaulich, ausführlich und konstant geschildert. Ihre Darstellung der Geschehnisse ist nachvollziehbar und plausibel. Dass die Privatklägerin vor der Vorinstanz gewisse Details nicht mehr erwähnte, die sie in früheren Einvernahmen erwähnt hatte, ist aufgrund des doch eher langen Zeitraums von über 1,5 Jahren zwischen dem Vorfall und der Einvernahme vor Gericht nachvollziehbar und spricht für die Glaubhaftigkeit der Aussagen. Dies umso mehr, als dass die Schilderungen nach wie vor diverse Einzelheiten beinhalteten und die Privatklägerin sich gerade an die Gespräche noch gut erinnerte. Die Privatklägerin schilderte nicht nur den Ablauf, sondern auch die Umstände des Abends ausführlich. Sie beschrieb auch ihren damaligen Zustand, ihre Gedanken und Ängste. Von einer Aggravation von einem Belastungseifer kann keine Rede sein. So bestätigte die Privatklägerin etwa, dass sie die vorgängigen verbalen Andeutungen und Berührungen nicht als belästigend empfunden habe. Sie führte auch aus, dass sie beim Vorfall nicht verletzt worden sei und der Beschuldigte sie – abgesehen von dem Versuch, sie zu küssen – nicht berührt habe.
3.1.5.2 Entgegen den Ausführungen des Beschuldigten ist auch kein Motiv ersichtlich, weshalb die Privatklägerin ihn falsch beschuldigen sollte. Sie wurde vor den Befragungen jedes Mal auf die Strafbarkeit allfälliger Falschaussagen (falsche Anschuldigung, Irreführung der Rechtspflege, Begünstigung) hingewiesen. Ein Grund andere Anzeichen für eine falsche Anschuldigung sind nicht erkennbar. Die Meldung bei der Leitung wie auch später die Anzeige bei der Polizei erfolgten erst nach reiflicher Überlegung, wie die Privatklägerin selbst überzeugend und nachvollziehbar darlegt. Hätte die Privatklägerin den Beschuldigten absichtlich falsch beschuldigen wollen, wäre sie wohl eher direkt und zeitnah zum 23. September 2021 zur Polizei gegangen. Sie hatte im Zeitpunkt der Anzeige bei der Polizei überdies bereits eine neue Stelle. Für eine von ihm nicht erwiderte Liebe gibt es keinerlei Hinweise. Die vom Beschuldigten vorgebrachten Behauptungen lassen sich nicht erhärten.
3.1.5.3 Die Privatklägerin erklärte in ihren Aussagen, dass sie gegen den gut trainierten Beschuldigten keine Chance gehabt und dieser immer fester zugedrückt habe. Entgegen den Vorbringen des Beschuldigten vermag das Gewicht der Privatklägerin von 84 kg diese Aussagen in keiner Weise in Zweifel zu ziehen.
3.1.5.4 Der Beschuldigte macht geltend, die Privatklägerin habe sich mit den beiden Auskunftspersonen D.___ und E.___ abgesprochen und argumentiert, dies gehe auch aus der Aussage von F.___ hervor.
Den Aussagen der Auskunftsperson E.___ ist zu entnehmen, dass sie nicht von der Privatklägerin selbst, sondern einzig von D.___ vom Vorfall erfuhr. Letztere erklärte in ihrer Einvernahme im Zusammenhang mit dem beleidigenden Verhalten des Beschuldigten ihr gegenüber, dann sei der Vorfall mit der Privatklägerin gekommen. Sie habe mit I.___ gesprochen, und die habe gemeint, C.___ solle zu ihr kommen. Es ist unklar, ob die Privatklägerin mit I.___ über den Vorfall sprach oder, was näher liegt, über das beleidigende Verhalten des Beschuldigten ihr gegenüber. Folglich ist ein Widerspruch mit der Aussage der Privatklägerin, wonach sie als erstes mit D.___ über den Vorfall gesprochen habe, nicht erstellt.
F.___ sagte ihrerseits aus, dass sie mit der Privatklägerin vereinbart habe, dass sie den Vorfall nicht weitererzähle, bis sie mit der Leitung gesprochen hätten. Dass die Privatklägerin zu diesem Zeitpunkt ihr gegenüber nicht erwähnte, dass Sie den Vorfall bereits gegenüber D.___ offengelegt hatte, vermag daran nichts zu ändern. Jedenfalls ist gestützt auf die Aussage der Auskunftsperson E.___ erstellt, dass die Privatklägerin dieser nichts erzählt hat.
3.1.5.5 Der Beschuldigte meint, die Privatklägerin habe in ihrer zweiten Aussage ausgesagt, er habe gesagt: «Nimm en ins Muul!», was nicht sein könne, da er ja Hochdeutsch spreche. In der ersten Aussage hatte die Privatklägerin explizit erwähnt, der Beschuldigte spreche Hochdeutsch, bevor sie die Gespräche wiedergab. Dass die Privatklägerin in der zweiten Einvernahme den Satz nicht auf Hochdeutsch formulierte und sie sich womöglich nicht mehr an den genauen Wortlaut, aber sehr wohl an dessen Inhalt erinnerte, vermag angesichts der Tatsache, dass sie auch auf Schweizerdeutsch befragt wurde, ihre Aussagen nicht in Frage zu stellen.
3.1.5.6 Der Beschuldigte rügt, es gebe Widersprüche zwischen den Aussagen der Privatklägerin und denjenigen der Auskunftsperson D.___ zum Vorfall. Dies ist so nicht korrekt. Zwar enthalten die Schilderungen von D.___ das Detail, dass der Beschuldigte womöglich den Kopf der Privatklägerin heruntergedrückt habe. Jedoch ist sich die Auskunftsperson genau in diesem Punkt in der Einvernahme nicht sicher. So sagt sie auch klar aus «und ich meine auch ihren Kopf runtergedrückt». Daraus wird ersichtlich, dass die Zeugin betreffend genau dieses Detail unsicher ist, ob die Privatklägerin ihr so etwas erzählte eben nicht.
3.1.5.7 Auch die persönliche Notiz der am 6. Oktober 2021 konsultierten Hausärztin vermag die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin nicht in Zweifel zu ziehen. Wäre sie effektiv von einem bloss zwei Tage und nicht zwei Wochen zurückliegenden Vorfall ausgegangen, so hätte sie die Privatklägerin auf Spuren der Tat untersucht, was soweit ersichtlich nicht geschehen ist. Unter «Prozedere» wurde ausgeführt: «nochmals bestärkt darin, dass sie nichts falsch gemacht hat! hat gute Unterstützung durch Familie, schauten, dass sie momentan nie alleine ist. macht noch Termin mit Opferhilfe ab. falls sich abzeichnen sollte, dass sie mehr Unterstützung braucht ggf wieder Psychotherapie Platz suchen […]». Neben der Krankschreibung verschrieb die Ärztin der Privatklägerin Temesta «zur Beruhigung bei starker Anspannung». Unter «Analyse» führte die Ärztin aus: «adäquate Belastungsreaktion nach versuchter Vergewaltigung». Dass die orale Befriedigung im Zeitpunkt des Vorfalls bzw. dem Verfassen der Notiz durch die Ärztin aus juristischer Sicht rechtlich noch nicht unter den Tatbestand der «Vergewaltigung» zu subsumieren war, sondern als sexuelle Nötigung, spricht ebenfalls nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin.
3.1.5.8 Die Aussagen der Privatklägerin lassen sich auch mit den objektiven Beweismitteln vereinbaren. Entgegen den Vorbringen des Beschuldigten geht aus den Checkin-Zeiten hervor, dass die Privatklägerin das Fitnesscenter nicht besuchte, um ihm nahe zu sein. Auch, dass sie dieses nach dem Vorfall nicht mehr besuchte, erscheint angesichts des Vorgefallenen nachvollziehbar und stützt die Aussagen der Privatklägerin. Der Beschuldigte beanstandet auch die Zeitangaben der Privatklägerin betreffend den Vorfall, obwohl der von ihr geschilderte Zeitablauf plausibel und nachvollziehbar ist. Die Privatklägerin wusste nicht genau, wann sich der Vorfall ereignete, sie erklärte, zeitlich müsse der Vorfall so um 19:00/19:15 Uhr gewesen sein. Weiter gab die Privatklägerin an, um ca. 19:30 Uhr gegangen zu sein, dabei aber nicht auf die Uhr geschaut zu haben. Es ist aktenkundig und damit erstellt, dass sie effektiv 19:39 Uhr ausgestempelt hat.
3.1.5.9 Insgesamt vermag keines der Vorbringen des Beschuldigten die Aussagen der Privatklägerin in Zweifel zu ziehen. Vielmehr sind die detaillierten und widerspruchsfreien Aussagen der Privatklägerin als wahr und damit als glaubhaft zu erachten. Ihre Schilderungen sind nachvollziehbar und lassen keinen anderen Schluss zu, als dass die Privatklägerin einen wahren Vorfall mit realem Erlebnishintergrund beschreibt. Die Aussagen weisen eine grosse Vielzahl von prägnanten Realkennzeichen auf, die in aller Deutlichkeit dafür sprechen, dass die geschilderten Vorkommnisse auf einem realen Erlebnis beruhen. Das Gericht ist der Überzeugung, dass jemand, der das Geschilderte nicht selbst erlebt hat, kaum in der Lage wäre, derartige Aussagen in solcher Qualität zu machen, wie dies die Privatklägerin tat. Sie berichtete detailliert, mit zahlreichen Nebensächlichkeiten, raum-zeitlichen Verflechtungen, Komplikationen und weiteren Realkennzeichen geschmückt mit einer starken persönlichen Prägung und in wiederholten Einvernahmen grösstenteils gleichlautend über die jeweiligen Vorwürfe. Das Gericht ist ausserdem der Ansicht, dass bei einer erfundenen sexuellen Nötigung wohl durchaus gewalttätigere Komponenten zu erwarten gewesen wären. Die Privatklägerin hätte den Beschuldigten wohl kaum wie vorliegend noch teilweise entlastet, sondern den Sachverhalt vielmehr zu seinen Lasten erheblich aufgebauscht. Die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin wird noch zusätzlich insofern untermauert, als dass die Auskunftspersonen D.___ und E.___ in ihren Einvernahmen ebenfalls ähnliche Annäherungsversuche (Festhalten, Küssversuche) an anderen Orten am Arbeitsplatz und Berührungen von Oberweite und/oder Gesäss durch den Beschuldigten, aber auch Reaktionen des Beschuldigten nach Zurückweisung (D.___: Zurechtweisungen, ignoriert werden bzw. reduzierter Kontakt [bestätigt durch E.___ und F.___, pag. 123]) schilderten (Vorakten, pag. 64 ff., 98 ff. sowie Vorakten, pag. 70 ff. und 107 ff.). Beide Auskunftspersonen verzichteten auf eine Anzeige und gaben sich selbst teilweise die Schuld für die Vorfälle, weil sie nicht explizit «Nein» gesagt bzw. Grenzen gesetzt hätten. Die Auskunftsperson D.___ gestand auch ein, dass allgemein auch von ihrer Seite teilweise grenzwertige Sprüche gemacht worden seien. F.___ bestätigte, dass sowohl D.___ als auch E.___ die Weiterbildung als Fachangestellte Gesundheit gemacht haben und E.___ nun die Fachhochschule mache, ein Motiv für eine Falschbeschuldigung ist bei beiden Auskunftspersonen keines ersichtlich, ihre Aussagen sind ebenfalls als glaubhaft zu werten und stützen die Aussagen der Privatklägerin. Sodann bestätigt F.___, dass sie von Mitarbeiterinnen und ihrer Stellvertreterin von Beschimpfungen der Privatklägerin durch den Beschuldigten gehört habe, sie könne dies jedoch nicht bestätigen, weil sie nicht dabei gewesen sei (Vorakten, pag. 121).
3.2 Aussagen des Beschuldigten
3.2.1 In der ersten Einvernahme vom 16. November 2021 (Vorakten, pag. 077 ff.) erklärte der Beschuldigte zum Vorhalt der sexuellen Nötigung, er würde so sagen, das sei nicht passiert. Weiter führte er zusammengefasst aus, «die Frau» habe vor einem Jahr angefangen zu versuchen, ihm näher zu kommen. Er habe sie ignoriert. Das ganze Team habe gewusst, dass sie den Psychiater besuche und Antidepressiva nehme. Sie sei wegen der Trennung vom Freund psychisch zerstört und ausser Kontrolle gewesen. Es sei doch nicht normal bei einer Frau, dass sie jeden zweiten Tag einen anderen Mann kennenlerne. Sie sei sehr selbstverliebt. Sie habe mit anderen Mitarbeitern im Geschäft eine sexuelle Beziehung gehabt. Er glaube, es sei der Neid dieser Frauen, weil er eine Ausbildung zum Fachmann Gesundheit gemacht habe. Er erklärte sinngemäss, die Privatklägerin habe sich in schwerwiegender Weise pflichtwidrig verhalten und sei bei der Pflege aggressiv gegenüber den Bewohnern geworden.
3.2.2 In der zweiten Einvernahme vom 25. Januar 2022 (Vorakten, pag. 127 ff.) bestätigte der Beschuldigte, er wolle sich zur Befragung der Privatklägerin nicht äussern. Er können nur sagen, dass die Anschuldigungen nicht wahr seien. Das sei alles erfunden. Er wiederholte die bereits zuvor gemachten Vorwürfe, wonach sie nicht habe akzeptieren wollen, dass er mehr erreicht habe als sie. Dies sei der Grund gewesen, weshalb er sie ignoriert habe. Er habe eine Wohnung gekauft und sei mit der Freundin zusammengezogen. Sie sei durchgedreht, weil sie gesehen habe, dass sie keine Chance gehabt habe, ihm näher zu kommen. Er habe sie ignoriert und mit den Anderen (D.___ und E.___) etwas gehabt. Die Privatklägerin habe insbesondere Medikamente (Schmerzmittel) und Betäubungsmittel weggeworfen, anstatt zu verabreichen.
Konfrontiert mit den Aussagen der Privatklägerin, dass es vor dem Vorfall immer wieder zu Berührungen von Oberweite und Gesäss gekommen sei, erklärte der Beschuldigte, das stimme nicht. Auch die weiteren Vorwürfe (Einschliessen und an die Wand drücken, Versuch zu küssen etc.) bestritt er. Er fügte an, er frage sich, weshalb sie das mehrfache Anfassen nicht der Pflege- Heimleitung mitgeteilt habe: «Hat ihr das denn gefallen wie?».
Konfrontiert mit dem Vorwurf im Badezimmer erklärte der Beschuldigte, sie habe erzählt, dass sie bereits an einem früheren Arbeitsplatz auch gegen die Wand gedrückt worden und auch dort versucht worden sei, sie zu "vergewaltigen". Die ganze Abteilung kenne diese Geschichte. Die Privatklägerin habe eine gute Fantasie, es sei immer dieselbe Fantasie bei jedem Mann, beim Zahnarzt und bei ihm. Dies, weil er es beruflich und privat weiter gebracht habe. Er habe eine Wohnung gekauft. Sie suche immer wieder Männer, habe jede Woche einen anderen. Er habe die Privatklägerin nicht beleidigt beschimpft. Er habe niemanden bedroht bis jetzt. Er sei ein anständiger Mensch. Er habe so viel erreicht. Das wäre doch absurd. Er sei kein «Psychopath». Er nehme an, sein Erfolg sei der Grund gewesen, dass er angezeigt worden sei. Der Whatsapp-Chat mit der Privatklägerin bestehe auf seinem Handy nicht mehr. Sie habe die Geschichte erfunden, weshalb er da noch mit ihr Kontakt haben solle. Er kläre das alles mit den Anwälten und der Polizei.
In Bezug auf die Aussagen der Auskunftsperson D.___ bestritt der Beschuldigte nicht, dass es mit ihr zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. Sie hätten sich nur privat getroffen. Sie sei es gewesen, die ihn gefragt habe, ob er zur Arbeitsstelle kommen könne, da sie Lust auf Sex gehabt habe. Er habe sie – entgegen ihren Aussagen – nicht versucht zu küssen. Er sehe keinen Grund, sie bei der Arbeit zu küssen. Er habe vielleicht mal versucht, sie zu umarmen, aber nicht zu küssen Geschlechtsverkehr zu machen. Sie sei früher in einer Beziehung gewesen und habe drei Kinder gehabt, von seiner Seite sei das (eine feste Beziehung) keine Variante gewesen.
Angesprochen auf die Aussagen der Auskunftsperson E.___ erklärte der Beschuldigte, es sei alles freiwillig gewesen. Niemand sei zu etwas gezwungen worden. Der Beschuldigte bestritt nicht, privat sexuellen Kontakt zu E.___ gehabt zu haben. Auf Vorhalt bestritt er, diese während der Arbeit am Gesäss an der Brust angefasst zu haben. Er habe E.___ im Büro auch nicht zu küssen versucht, weil dort sei es zu gefährlich. Sie habe ihn selbst umarmt. Im Speisesaal habe er sie mal um die Schulter umarmt. Sie habe auch mitgemacht.
3.2.3 An der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 3. Mai 2023 (Vorakten, pag. 360 ff.) bestritt der Beschuldigte wiederum die Vorhalte. Auf Frage, weshalb die Privatklägerin die gemäss ihm falschen Anschuldigungen mache, erklärte er, dies sei wegen seiner Ausbildung und weil F.___ ihn habe befördern wollen. Sie habe auch Interesse an ihm gehabt und immer wieder versucht, ihm nahe zu kommen. Darüber hinaus macht er wiederum Aussagen, wonach es an der Arbeit zu diversen Verfehlungen durch die Privatklägerin gekommen sei. Die Privatklägerin könne sich sehr gut zum Opfer machen und weinen.
3.2.4 An der Berufungsverhandlung bestritt der Beschuldigte die Vorhalte wiederum und erklärte, an jenem Abend sei gar nichts passiert – es sei alles erfunden und gelogen. Die Lehrtochter sei an jenem Abend auch dabei gewesen, diese habe gar nichts gehört. Hätte er die Privatklägerin wirklich ins WC gezogen, hätte die Lehrtochter dies merken müssen, so gross sei es da ja auch nicht. Er führte wiederum diverse Gründe aus, weshalb die Privatklägerin ihn zu Unrecht beschuldige. So sei sie eine psychisch auffällige Frau, die immer wieder in die Psychiatrie eingeliefert worden sei und bei der Arbeit gefehlt habe. Er bestätigte seine früher gemachten Aussagen, wonach die Privatklägerin immer wieder seine Nähe gesucht und er sie ignoriert habe und sie ihnen den genau gleichen Vorfall (an die Wand gedrückt und Versuch, sie zu vergewaltigen) schon vom vorherigen Arbeitgeber geschildert habe. Auch führte er (wiederum) aus, die Privatklägerin sei bereits von Anfang an sehr grob zu den Bewohnern gewesen und habe diese teils mit Ohrfeigen ruhiggestellt. Er sei auch Pflegehelfer gewesen und habe nicht gross etwas dagegen machen können. Als er aufgestiegen sei, habe er ihr erklärt, dass das nicht gehe und er sie kontrollieren werde. Durch ihre psychische Erkrankung sei sie halt ungeduldig, dies gebe ihr dennoch nicht das Recht, die Leute so zu behandeln. Sie habe dann gemerkt, dass es nicht leicht werde und sich einen neuen Job gesucht, habe aber trotzdem noch versucht, ihm näher zu kommen. Sie habe ihm auch die ganze Zeit erzählt, mit wem sie was gemacht habe. Schlussendlich habe sie gemerkt, dass sie bei ihm keine Chance gehabt habe. Sie habe dann etwas mit dem Hauswirtschaftslehrling angefangen. Die Abteilungsleiterin habe schliesslich informiert, dass sie ihn als ihren Stellvertreter wolle. Im August habe er sich eine Wohnung gekauft, da sei es noch schlimmer geworden. Am 30. Juli habe sie sich im Fitnessstudio, in welchem er auch trainiert habe, angemeldet, um ihm näher zu kommen. Dann habe sie noch rausgefunden, dass er etwas mit D.___ und E.___ gehabt habe. Erstere habe auch erzählt, dass er sie bei der Arbeit belästigt habe. Es sei geplant, ihn wegen den genannten Gründen loszuwerden. Auf die Frage, wie es ihm heute gehe, gab er zu Protokoll: «Mir geht’s sehr gut. Ich habe einen guten Job. Mir geht’s wunderbar.» (Akten, pag. 070 ff.).
3.2.5 Würdigung
Die Vorinstanz hat auch die Aussagen des Beschuldigten umfassend und zutreffend gewürdigt. Darauf kann verwiesen werden (Urteil Vorinstanz, S. 11).
Einerseits bestreitet der Beschuldigte die ihm gemachten Vorhalte, er macht aber praktisch keine Ausführungen zum Ablauf des besagten Dienstes. Andererseits versuchte er durchgehend ein schlechtes Bild der Privatklägerin zu zeichnen, indem er beispielsweise erklärte, sie hätte Interesse an ihm gehabt und sei auf ihn wegen seiner Ausbildung neidisch gewesen, aber auch, sie habe ihre Arbeit nicht pflichtbewusst gemacht und sogar Patienten Schmerzmittel vorenthalten bzw. diese geschlagen. Die von ihm formulierten Vorwürfe wiegen teilweise schwer, variieren von Aussage zu Aussage. So spricht er in der ersten Einvernahme noch von mehreren Frauen, die auf ihn neidisch gewesen seien und bezieht diesen Vorwurf später einzig auf die Privatklägerin. Es scheint, als versuche der Beschuldigte die Privatklägerin zu diskreditieren, um ihre Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen, während er sich selbst in einem möglichst guten Licht darzustellen versucht.
Sein Argument, wonach das Ganze auf einer Absprache zwischen der Privatklägerin und den Auskunftspersonen D.___ und E.___ beruhe, verfängt nicht. Die Privatklägerin führte transparent aus, dass sie bereits vor der Meldung am Arbeitsplatz mit D.___ über das Vorgefallene gesprochen habe. E.___ führte ihrerseits aus, nur indirekt von D.___ über den Vorfall zwischen der Privatklägerin und dem Beschuldigten erfahren zu haben. Sodann meldete einzig die Privatklägerin das Verhalten des Beschuldigten bei der Leitung. Erst auf ihren Hinweis hin wurden die Auskunftspersonen D.___ und E.___ von der Leitung angehört. Sodann verzichteten die beiden Auskunftspersonen explizit auf eine Strafanzeige.
Der Beschuldigte scheint nicht akzeptieren zu können bzw. erachtet es als anstössig, dass die Privatklägerin als Frau – gemäss seinen Aussagen – wechselnde Partner und selbst am Arbeitsplatz angeblich eine sexuelle Beziehung mit einem anderen Mitarbeiter gehabt habe. Er verwendet in der Einvernahme selbst das Wort «Psychopath», wobei er es als Abgrenzung verwendet, wonach er kein Psychopath sei, gleichzeitig beschreibt er die Privatklägerin als psychisch gestört und ausser Kontrolle. Die Privatklägerin schilderte, dass der Beschuldigte ihr gesagt habe, sie nehme «sonst alles in den Mund» und, dass er sie, nachdem sie sich habe befreien können, «Psychopath», sie würde «doch sonst andere Männer nicht abblitzen lassen» und «Schlampe» genannt habe (insb. Vorakten, pag. 57, 61). Somit beinhalten die Aussagen des Beschuldigten über die Privatklägerin Parallelen bzw. sind stimmig mit den von der Privatklägerin angegebenen Aussagen des Beschuldigten während bzw. nach dem Vorfall. Dies bestätigt die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin.
Von der Verteidigung wurde sodann vorgebracht, es habe gar nie ein Whatsapp-Chat zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin existiert, folglich habe der Beschuldigte auch gar keinen Chat löschen können. In seiner Einvernahme vom 25. Januar 2022 gab der Beschuldigte allerdings explizit zu Protokoll, der Whatsapp-Chat mit der Privatklägerin bestehe auf seinem Handy nicht mehr, was darauf schliessen lässt, dass es eben sehr wohl einen entsprechenden Chat gab.
Insgesamt vermögen die Vorbringen des Beschuldigten die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin nicht zu erschüttern. Seine Aussagen zum Vorwurf müssen als gänzlich unglaubhaft und die Gründe für die angebliche Falschbeschuldigung als blosse Schutzbehauptungen gewertet werden.
Am Rande erwähnt sei noch, dass es vor diesem Hintergrund denn auch nicht erstaunt, wenn der Beschuldigte vor dem Berufungsgericht auf die Frage, wie es ihm gehe, antwortete, es gehe ihm «sehr gut» / «wunderbar». Ein Vorwurf wie der vorliegende ist grundsätzlich geeignet, die soziale Existenz eines Beschuldigten zu vernichten. Für einen Mann, dem zu Unrecht ein Sexualdelikt vorgeworfen wird, dürfte dies nach Ansicht des Gerichts denn auch etwas vom Schlimmsten sein, das ihm passieren kann und es ist nicht nachvollziehbar, dass es einem Mann in solch einer Situation nicht «wunderbar» gehen würde.
4. Erstellter Sachverhalt
Gestützt auf die glaubhaften Aussagen der Privatklägerin wie auch der weiteren Auskunftspersonen und die gesamten Umstände erachtet das Berufungsgericht den Sachverhalt gemäss den Vorhalten A1, A2 und A3 der Anklageschrift vom 5. September 2022 als erstellt.
V. Rechtliche Würdigung 1. Anwendbares Recht
Hat der Täter ein Verbrechen Vergehen vor Inkrafttreten des revidierten Strafgesetzbuches begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB das neue Gesetz anzuwenden, wenn dieses für ihn das mildere ist. Der Vergleich der Schwere verschiedener Strafnormen ist nach der sogenannten konkreten Methode vorzunehmen, wonach sich umfassende Beurteilungen des Sachverhalts nach altem und nach neuem Recht gegenüberzustellen sind. Anzuwenden ist in Bezug auf ein und dieselbe Tat nur entweder das alte das neue Recht. Eine kombinierte Anwendung der beiden Rechte ist ausgeschlossen. Hat der Täter mehrere selbständige strafbare Handlungen begangen, so ist in Bezug auf jede einzelne Handlung gesondert zu prüfen, ob das alte das neue Recht milder ist. Gegebenenfalls ist eine Gesamtstrafe zu bilden (vgl. BGE 134 IV 82 E. 6.2.1 und E. 6.2.3 S. 87 ff.). Ausschlaggebend ist, nach welchem der beiden Rechte der Täter für die gerade zu beurteilende Tat bessergestellt ist (vgl. zum Ganzen Stefan Trechsel/Hans Vest, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Auflage 2021, Art. 2 StGB N 11, m.H.). Der Gesetzesvergleich hat sich ausschliesslich nach objektiven Gesichtspunkten zu richten (BGE 134 IV 82 E. 6.2.2 S. 88). Massgebend ist dabei das Ausmass der mit einer Sanktion verbundenen Beschränkung der persönlichen Freiheiten, namentlich der Bewegungsfreiheit, des Eigentums, der Ehre, der Betätigungsfreiheit und der Beziehungsfreiheit. Unter den möglichen Strafformen hat die Freiheitsstrafe als die strengste zu gelten, gefolgt von der Geldstrafe. Sind im Übrigen die Sanktionen im Einzelfall gleichwertig, so ist altes Recht anzuwenden (Peter Popp/Anne Berkemeier, Basler Kommentar, Strafrecht I [nachfolgend: BSK StGB I], 4. Auflage 2019, Art. 2 StGB N 20, m.H.).
Per 1. Juli 2024 trat die Revision des Strafgesetzbuches betreffend das Sexualstrafrecht in Kraft (Bundesgesetz über eine Revision des Sexualstrafrechts vom 16. Juni 2023, BBl 2023 1521). Die vorliegend zu beurteilenden Delikte soll der Beschuldigte am 23. September 2021 und damit vor der Revision des StGB begangen haben, wobei einzig der Vorhalt der (versuchten) sexuellen Nötigung gemäss Ziffer A1 der Anklageschrift von der Revision betroffen ist. Gemäss erstelltem Sachverhalt wird dem Beschuldigten die versuchte Nötigung zu Oralverkehr durch Gewaltanwendung vorgeworfen, was eine beischlafsähnliche Handlung ist. Nach altem Strafrecht wäre ein solcher Vorwurf als versuchte sexuelle Nötigung nach altArt. 189 Abs. 1 StGB zu subsumieren, wofür ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis 10 Jahre Geldstrafe besteht. Nach dem ab 1. Juli 2024 gültigen Strafgesetzbuch fällt die Nötigung zu einer beischlafsähnlichen Handlung unter neuArt. 190 Abs. 2 StGB (Vergewaltigung), welche mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedroht ist. Somit ist das neue Sanktionsrecht betreffend die vorliegend interessierenden Strafnormen strenger als das alte, weshalb nach dem Grundsatz von Art. 2 Abs. 2 StGB (Lex mitior) das bis 30. Juni 2024 gültige, mildere Recht zur Anwendung gelangt.
2. Würdigung
Bezüglich der rechtlichen Grundlagen der Straftatbestände der (versuchten) Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), der Drohung (Art. 180 Abs. 1 StGB) und der mehrfachen Beschimpfung (Art. 177 Abs. 1 StGB) kann ebenso wie hinsichtlich der Subsumtion des Beweisergebnisses vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz auf US 12 ff. verwiesen werden. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz ist von einer einzelnen Tathandlung mit einheitlichem Vorsatz betreffend das sexuell nötigende Verhalten auszugehen. Der angeklagte und nachgewiesene Sachverhalt erfüllt die entsprechenden Straftatbestände. Der Beschuldigte hat sich folglich der versuchten sexuellen Nötigung, der Drohung sowie der mehrfachen Beschimpfung, begangen am 23. September 2021 zum Nachteil der Privatklägerin, schuldig gemacht.
VI. Strafzumessung 1. Allgemeines
1.1 Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Nach Art. 50 StGB hat das Gericht die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten.
Der Begriff des Verschuldens muss sich auf den gesamten Unrechts- und Schuld-gehalt der konkreten Straftat beziehen. Innerhalb der Kategorie der realen Straf-zumessungsgründe ist zwischen der Tatkomponente, welche nun in Art. 47 Abs. 2 StGB näher umschrieben wird, und der in Abs. 1 aufgeführten Täterkomponente zu unterscheiden (vgl. Stefan Trechsel/Martin seelmann, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage 2018, Art. 47 N 16, mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Praxis).
1.2 Bei der Tatkomponente können fünf verschiedene objektive und subjektive Momente unterschieden werden. Beim Aspekt der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes (Ausmass des verschuldeten Erfolgs) geht es sowohl um den Rang des beeinträchtigten Rechtsguts und das Ausmass seiner Beeinträchtigung als auch um das Mass der Abweichung von einer allgemeinen Verhaltensnorm. Auch die Verwerflichkeit des Handelns (Art und Weise der Herbeiführung des Erfolgs) ist als objektives Kriterium für das Mass des Verschuldens zu berücksichtigen. Auf der subjektiven Seite ist die Intensität des deliktischen Willens (Willensrichtung des Täters) zu beachten. Dabei sprechen für die Stärke des deliktischen Willens insbesondere Umstände wie die der Wiederholung Dauer des strafbaren Verhaltens auch der Hartnäckigkeit, die der Täter mit erneuter Delinquenz trotz mehrfacher Vorverurteilungen sogar während einer laufenden Strafuntersuchung bezeugt. Hier sind auch die Skrupellosigkeit und umgekehrt der strafmindernde Einfluss, den es haben kann, wenn ein V-Mann bei seiner Einwirkung auf den Verdächtigen die Schranken des zulässigen Verhaltens überschreitet, zu beachten. Hinsichtlich der Willensrichtung dürfte es richtig sein, dem direkten Vorsatz grösseres Gewicht beizumessen als dem Eventualdolus, während sich mit der Unterscheidung von bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit keine prinzipielle Differenz der Schwere des Unrechts der Schuld verbindet. Die Grösse des Verschuldens hängt im Weiteren von den Beweggründen und Zielen des Täters ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Delinquenz umso schwerer wiegt, je grösser das Missverhältnis zwischen dem vom Täter verfolgten und dem von ihm dafür aufgeopferten Interesse ist. Schliesslich ist unter dem Aspekt der Tatkomponente die Frage zu stellen, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Hier geht es um den Freiheitsraum, welchen der Täter hatte. Je leichter es für ihn gewesen wäre, die Norm zu respektieren, desto schwerer wiegt die Entscheidung gegen sie und damit seine Schuld (BGE 117 IV 7 E. 3aa). Innere Umstände, die den Täter einengen können, sind unter anderem psychische Störungen mit einer Verminderung der Schuldfähigkeit, aber auch unterhalb dieser Schwelle, wie Affekte, die nicht entschuldbar, aber doch von Einfluss sind, Konflikte, die sich aus der Bindung an eine andere Kultur ergeben, Alkohol- Drogenabhängigkeit, subjektiv erlebte Ausweglosigkeit Verzweiflung usw. Auch äussere Umstände betreffen die Schuld nur, wenn sie die psychische Befindlichkeit des Täters berühren.
1.3 Bei der Täterkomponente sind einerseits das Vorleben, bei dem vor allem Vor-strafen, auch betr. im Ausland begangene Straftaten (BGE 105 IV 225 E. 2), ins Gewicht fallen – Vorstrafenlosigkeit wird neutral behandelt und bei der Strafzumessung nur berücksichtigt, wenn die Straffreiheit auf aussergewöhnliche Gesetzestreue hinweist (BGE 136 IV 1) – und andererseits die persönlichen Verhältnisse (Lebensumstände des Täters im Zeitpunkt der Tat), wie Alter, Gesundheitszustand, Vorbildung, Stellung im Beruf und intellektuelle Fähigkeiten zu berücksichtigen. Des Weiteren zählen zur Täterkomponente auch das Verhalten des Täters nach der Tat und im Strafverfahren, also Umstände wie, ob er einsichtig ist, Reue gezeigt, ein Geständnis abgelegt bei den behördlichen Ermittlungen mitgewirkt hat, wie auch die Strafempfindlichkeit des Täters.
1.4 Das Gesamtverschulden ist zu qualifizieren und mit Blick auf Art. 50 StGB im Urteil ausdrücklich zu benennen, wobei von einer Skala denkbarer Abstufungen nach Schweregrad auszugehen ist. Hierauf ist in einem zweiten Schritt innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens die (hypothetische) Strafe zu bestimmen, die diesem Verschulden entspricht (BGE 136 IV 55 E. 5.7). Das Bundesgericht drängt in seiner jüngeren Praxis vermehrt darauf, dass Formulierung des Verschuldens und Festsetzung des Strafmasses auch begrifflich im Einklang stehen (Urteile des Bundesgerichts 6B_1096/2010 vom 7. Juli 2011 E. 4.2, 6B_1048/2010 vom 6. Juni 2011 E. 3.2 und 6B_763/2010 vom 26. April 2011 E. 4.1).
1.5 Strafen von bis zu 180 Tageseinheiten sind grundsätzlich in Form einer Geldstrafe auszusprechen (Art. 34 StGB). Das Gericht kann stattdessen auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn a) eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten, b) eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann (41 Abs. 1 StGB). Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen (Art. 41 Abs. 2 StGB). In der zu den vorliegend zu beurteilenden Tatzeiten geltenden Fassung von Art. 34 Abs. 1 StGB waren Geldstrafen bis zu 360 Tagessätzen möglich. Die Freiheitsstrafe als eingriffsintensivste Sanktion ist nach der gesetzlichen Konzeption somit nach wie vor (auch nach der auf den 1. Januar 2018 in Kraft gesetzten Revision) ultima-ratio und kann nur verhängt werden, wenn keine andere, mildere Strafe in Betracht kommt (Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1999 2043 f. Ziff. 213.132; BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f.; BGE 144 IV 217 vom 30. April 2018 E. 3.3. 3 mit Hinweisen). Bei der Wahl der Sanktionsart waren auch unter dem früheren Recht als wichtige Kriterien die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97 E. 4.2 S. 100 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat entschieden, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters und dessen voraussichtliche Zahlungsunfähigkeit keine Kriterien für die Wahl der Strafart sind. Es ist vielmehr, wenn die Voraussetzungen für den bedingten Strafvollzug erfüllt sind, eine bedingte Geldstrafe eine bedingte gemeinnützige Arbeit auszusprechen. Bei einkommensschwachen mittellosen Tätern, etwa Sozialhilfebezügern, nicht berufstätigen, den Haushalt führenden Personen Studenten ist somit die Ausfällung einer tiefen Geldstrafe möglich (BGE 134 IV 97 E. 5.2.3 mit Hinweisen).
1.6 Gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB ist der Täter, der durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt hat, zu der Strafe der schwersten Straftat zu verurteilen und diese ist angemessen zu erhöhen (Asperationsprinzips). Dabei darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöht werden und das Gericht ist an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
Nach Rechtsprechung und Lehre ist die Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in mehreren Schritten unter Berücksichtigung der Strafrahmen der in die Strafzumessung einfliessenden einzelnen Tatbestände zu ermitteln. Vorab ist der Strafrahmen der schwersten Straftat zu bestimmen, welche die Einsatzstrafe bildet. Der Täter soll aufgrund mehrfacher Tatbegehung nicht von einer Strafrahmenreduzierung profitieren, weshalb der Strafrahmen für die schwerste Straftat anhand der abstrakten Strafandrohung und nicht der konkret höchsten (verwirkten) Strafe zu bestimmen ist; die Einsatzstrafe für die schwerste Tat kann demnach durchaus niedriger sein als andere im Rahmen der Gesamtstrafenbildung zu berücksichtigende (verwirkte) Einzelstrafen (zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 6B_483/2016 vom 30. April 2018 E. 3.5.1). Sodann ist die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. Die Einsatzstrafe ist unter Einbezug der anderen Straftaten in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen. Das Gericht hat mithin in einem ersten Schritt gedanklich die Einsatzstrafe für das schwerste Delikt festzulegen, indem es alle diesbezüglichen straferhöhenden und strafmindernden Umstände berücksichtigt. In einem zweiten Schritt hat es die Strafe zu erhöhen, um die weiteren Delikte zu sanktionieren. Auch insoweit muss es den jeweiligen Umständen Rechnung tragen (zum Ganzen: Urteil des Bundesgerichts 6B_42/2016 vom 26. Mai 2016 E. 5.1). Das Gericht kann eine Gesamtstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB aber nur aussprechen, wenn es im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss auf die gleiche Strafart erkennt. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen vorsehen, genügt nicht (Urteil des Bundesgerichts 6B_157/2014 vom 26. Januar 2015 E. 2.2).
1.7 Gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten. In subjektiver Hinsicht relevantes Prognosekriterium ist insbesondere die strafrechtliche Vorbelastung (ausführlich BGE 134 IV 1 E. 4.2.1). Für den bedingten Vollzug genügt das Fehlen einer ungünstigen Prognose, d.h. die Abwesenheit der Befürchtung, der Täter werde sich nicht bewähren (BGE 134 IV 1 E. 4.2.2). Bereits in der bisherigen Praxis spielte die kriminelle Vorbelastung die grösste Rolle bei der Prognose künftigen Legalverhaltens (Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, Strafen und Massnahmen, 2. Auflage 2006, § 5 N 27). Allerdings schliessen einschlägige Vorstrafen den bedingten Vollzug nicht notwendigerweise aus (Roland M. Schneider/Roy Garré, BSK StGB I, Art. 42 StGB N 61).
2. Im Konkreten
2.1 Schwerstes Delikt
Die (versuchte) sexuelle Nötigung, deren Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren Geldstrafe reicht, ist vorliegend das schwerste Delikt. In einem ersten Schritt ist eine Einsatzstrafe für das vollendete Delikt zu ermitteln. Diese ist in einem zweiten Schritt angemessen zu reduzieren, da es beim Versuch blieb.
2.2 Tatkomponenten
2.2.1 Objektive Tatschwere
Die objektive Tatschwere bei einer sexuellen Nötigung bestimmt sich primär nach den eingesetzten Nötigungsmitteln, der Art des Übergriffs sowie deren Auswirkungen auf das Opfer. Zwar dauerte der zur Diskussion stehende Vorfall nur kurze Zeit, jedoch wendete der Beschuldigte nicht unerhebliche Nötigungsmittel an. Einerseits nutzte der Beschuldigte den Überraschungseffekt, als er die Privatklägerin unvermittelt ins Badezimmer zog und die Tür verschloss, andererseits wendete er gegenüber der Privatklägerin auch physische Gewalt an, indem er sie an den Armen festhielt und gegen die Wand drückte, sodass sich diese gegen den körperlich überlegenen Beschuldigten nicht zur Wehr setzen konnte. Demgegenüber hat der Beschuldigte keine zusätzliche Gewalt angewendet, die Privatklägerin erlitt keine körperlichen Verletzungen. Was die Verwerflichkeit des Tatvorgehens anbelangt, ist von einer geplanten sexuellen Nötigung auszugehen. So bestimmte der Beschuldigte – entgegen dem üblichen Vorgehen –, wer an besagtem Abend die Küche bzw. die Pflege machen musste, was dazu führte, dass die Lehrtochter in die Küche musste und er zusammen mit der Privatklägerin die Bewohner bettfertig machte. Auch umarmte der Beschuldigte die Privatklägerin bereits im Büro von hinten und lockte sie unter dem Vorwand der Raucherpause auf dem Balkon in den Patientenraum «Oase», dies in der Absicht, sie zu Oralsex zu nötigen. Beim Oralsex handelt es sich um eine beischlafsähnliche Handlung mit gewisser Eingriffsintensität. Die objektive Tatschwere ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände insgesamt noch als leicht zu bezeichnen.
2.2.2 Subjektive Tatschwere
Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz und aus rein egoistischen Beweggründen. Der Beschuldigte nutzte das bestehende Vertrauensverhältnis seiner Arbeitskollegin aus. Er war dabei in keiner Weise in seiner Fähigkeit eingeschränkt, sich rechtmässig zu verhalten. Damit ergibt sich keine Milderung seines Verschuldens. Für das vollendete Delikt ist von einer Einsatzstrafe von 18 Monaten auszugehen.
2.2.3 Versuch
Da es bei einem Versuch geblieben ist, ist die Einsatzstrafe zu reduzieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte nicht aus eigenem Antrieb von der Privatklägerin abliess, sondern die Privatklägerin aufgrund der Gegenwehr mittels Tritts zwischen die Beine des Beschuldigten bewirkte, dass dieser von ihr abliess und sie fliehen konnte. Folglich ist die Einsatzstrafe um 5 Monate auf 13 Monate zu reduzieren.
2.3 Täterkomponenten
Wie die Vorinstanz korrekt feststellte, ergeben sich aus den persönlichen Verhältnissen keine strafzumessungsrelevanten Faktoren. Der Beschuldigte weist keine Vorstrafen auf. Ebenso ist keine erhöhte Strafempfindlichkeit festzustellen. Zusammengefasst wirken sich die Täterkomponenten weder strafverschärfend noch strafmildernd aus, womit es bei der Strafe von 13 Monaten bleibt.
2.4 Strafart
Eine Geldstrafe erscheint angesichts des Verschuldens des Beschuldigten nicht angemessen und ist bei einer Sanktion von 13 Monaten von vorneherein ausgeschlossen (Art. 34 StGB). Dem Beschuldigten ist daher eine Freiheitsstrafe aufzuerlegen.
2.5 Vollzug
Entsprechend den Erwägungen der Vorinstanz ist dem Beschuldigten der bedingte Vollzug zu gewähren, bei einer Probezeit von 2 Jahren. Im Erstehungsfall ist ihm die ausgestandene Haft von einem Tag anzurechnen.
2.6 Weitere Delikte
2.6.1 Bei der Drohung handelt es sich nicht um eine leicht zu nehmende Einschüchterung. Um zu verhindern, dass die Tat ans Licht kommt, drohte der Beschuldigte der Privatklägerin an, dass er sie vernichten werde, wenn sie jemandem etwas sage. Die Privatklägerin wurde dadurch stark eingeschüchtert und hatte Angst. Eine derartige Drohung wiegt nicht leicht. Zu Gunsten des Beschuldigten ist zu berücksichtigen, dass er die Drohung spontan, nach Misslingen der sexuellen Nötigung ausstiess, mithin ohne Planung. Er handelte aber mit direktem Vorsatz und aus eigennützigen Beweggründen (Verhindern der Meldung der Tat). Er wollte der Privatklägerin seinen Willen aufzwingen. Dass seine Drohung – nach erfolgter versuchter sexueller Nötigung unter Anwendung von Gewalt am Arbeitsplatz – die Privatklägerin in Angst und Schrecken versetzte, ist nachvollziehbar. Unter Berücksichtigung des engen Zusammenhangs mit der sexuellen Nötigung ist das Verschulden im untersten Drittel im untersten Bereich anzusiedeln. Der Strafrahmen der Drohung reicht von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe. Zur verschuldensmässigen Abgeltung der vorliegenden Drohung und aufgrund des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO) kommt nur eine Geldstrafe in Betracht, wobei die Einsatzstrafe für die Drohung auf 90 Tagessätze festzusetzen ist.
2.6.2 Für die mehrfache Beschimpfung, welche mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft wird, erscheint eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen, aspiriert um 10 Tages-sätze, angemessen, womit sich eine Geldstrafe von insgesamt 100 Tagessätzen ergibt.
2.6.3 Aufgrund des Verschlechterungsverbots kann keine höhere Strafe ausgefällt werden als gemäss dem Urteil der Vorinstanz, weshalb die Geldstrafe auf 60 Tages-sätze festzusetzen ist. Entsprechend dem Urteil der Vorinstanz ist auch für die Geldstrafe der bedingte Vollzug mit einer Probezeit von 2 Jahren zu gewähren.
2.6.4 Die Vorinstanz hat die Tagessatzhöhe auf CHF 120.00 festgesetzt. Das sich die finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten nicht wesentlich verändert haben, ist die Tagessatzhöhe von CHF 120.00 zu bestätigen.
VII. Zivilforderungen 1. Rechtliche Grundlagen
1.1 Zum Schadenersatz nach Art. 41 Abs. 1 OR wird verpflichtet, wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit (sog. Verschuldenshaftung). Gemäss Art. 42 Abs. 1 OR muss derjenige den Schaden beweisen, der Schadenersatz beansprucht. Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen (Abs. 2). Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hierbei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat (Art. 43 Abs. 1 OR). Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung Verschlimmerung des Schadens eingewirkt die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen gänzlich von ihr entbinden (Art. 44 Abs. 1 OR).
1.2 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht werden kann (Art. 49 Abs. 1 OR). Die Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene Unbill. Bemessungskriterien sind vor allem die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen, ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten sowie die Aussicht auf Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrags. Die Höhe der Summe, die als Abgeltung erlittener Unbill in Frage kommt, lässt sich naturgemäss nicht errechnen, sondern nur schätzen (BGE 132 II 117 E. 2.2.2 S. 119 mit Hinweisen). Sie ist eine Entscheidung nach Billigkeit. Es gibt mithin nicht nur eine richtige Entscheidung, sondern in einer gewissen Bandbreite eine Mehrzahl von angemessenen, dem Gebot der Billigkeit gehorchenden Lösungen (BGE 132 II 117 E. 2.2.3 S. 120; 123 II 210 E. 2c S. 212 f.). Die Genugtuung darf nicht nach schematischen Massstäben nach festen Tarifen festgesetzt werden, sondern ist dem Einzelfall anzupassen. Dies schliesst weder den Rückgriff auf Präjudizien im Sinne eines Richtwerts aus noch die Bewertung der immateriellen Beeinträchtigung in zwei Phasen, nämlich einer objektiven Berechnungsphase mit einem Basisbetrag als Orientierungspunkt und einer nachfolgenden Phase, in der die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt werden (BGE 132 II 117 E. 2.2.3 S. 120 mit Hinweisen).
2. Konkrete Beurteilung
2.1 Haftungsquote
Die Vorinstanz erklärte den Beschuldigten gegenüber der Privatklägerin dem Grundsatz nach zu 100 % für den ihr im Zusammenhang mit den vom Beschuldigten verübten Straftaten entstandenen Schaden haftbar.
Die Privatklägerin hat bis heute Beeinträchtigungen zu vergegenwärtigen, leidet unter Schlafstörungen und Angst. Auch anlässlich der Berufungsverhandlung ging deutlich hervor, dass die Privatklägerin nach wie vor gezeichnet ist von dem Vorfall. Der Beschuldigte hat das bestehende Vertrauensverhältnis seiner Arbeitskollegin missbraucht und beging unter Anwendung von Gewalt einen sexuellen Übergriff, bedrohte und beschimpfte die Privatklägerin im Anschluss. Die Folgen aus den hier zu beurteilenden Tathandlungen lassen sich derzeit nicht abschliessend beurteilen.
Der Beschuldigte ist gegenüber der Privatklägerin für den durch die von ihm begangenen Straftaten (sexuelle Nötigung, Drohung und mehrfache Beschimpfung) verursachten Schaden dem Grundsatz nach zu 100 % haftpflichtig zu erklären. Zur Ausmittlung der Schadenshöhe wird die Privatklägerin auf den Zivilweg verwiesen.
2.2 Genugtuung
Die Vorinstanz verurteilte den Beschuldigten zu einer Genugtuung von CHF 3'000.00 zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 23. September 2021.
Die Privatklägerin wurde in ihrer sexuellen Integrität und damit in einem wichtigen Rechtsgut erheblich verletzt. Der Beschuldigte nutzte das bestehende Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Privatklägerin aus rein egoistischen Gründen aus und versuchte diese zu Oralsex zu nötigen. Als dies nicht gelang, drohte und beschimpfte er die Privatklägerin. Zweifellos war der Vorfall für die Privatklägerin äusserst erniedrigend und auch heute noch leidet sie unter den grenzüberschreitenden Handlungen. Ein Mitverschulden der Privatklägerin ist nicht erkennbar. Aufgrund der gesamten Umstände (Art und Schwere, der Intensität) handelt es sich vorliegend um schwerwiegende Persönlichkeitsverletzungen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 OR. Das Tatverschulden des Beschuldigten wurde vorliegend als noch leicht qualifiziert. Die von der Vorinstanz festgesetzte Genugtuung in der Höhe von CHF 3’000.00 zuzüglich 5 % Verzugszins seit dem 23. September 2021 ist vor dem Hintergrund des Verschuldens des Beschuldigten nicht zu beanstanden.
VIII. Kosten und Entschädigungsfolgen 1. Erstinstanzliches Verfahren
Beim vorliegenden Verfahrensausgang ist der vorinstanzliche Kosten- und Entschädigungsentscheid (Ziff. 7 – 9 des erstinstanzlichen Urteils) zu bestätigen.
2. Berufungsverfahren
2.1 Verfahrenskosten
2.1.1 Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Nach Art. 428 Abs. 2 StPO können einer Partei, die ein Rechtsmittel ergriffen hat und einen für sie günstigeren Entscheid erwirkt, die Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn a) die Voraussetzungen für das Obsiegen erst im Rechtsmittelverfahren geschaffen worden sind b) der angefochtene Entscheid nur unwesentlich abgeändert wird. Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO).
2.1.2 Der Beschuldigte unterliegt vollständig mit seiner Berufung. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 3'000.00, total CHF 3'370.00, sind dem Ausgang des Verfahrens entsprechend vollumfänglich dem Beschuldigten aufzuerlegen.
2.2 Parteientschädigung
2.2.1 Die Privatklägerschaft hat gegenüber der beschuldigten Person u.a. Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Verfahren, wenn sie obsiegt (Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO). Die Privatklägerschaft obsiegt, wenn im Falle der Strafklage die beschuldigte Person schuldig gesprochen und/oder wenn im Falle der Zivilklage die Zivilforderung geschützt wird. Die Aufwendungen im Sinne von Art. 433 Abs. 1 StPO betreffen in erster Linie die Anwaltskosten, soweit diese durch die Beteiligung am Strafverfahren selbst verursacht wurden und für die Wahrung der Interessen der Privatklägerschaft notwendig waren (BGE 139 IV 102 E. 4.1). Die Privatklägerschaft hat ihre Entschädigungsforderung bei der Strafbehörde zu beantragen, zu beziffern und zu belegen. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, so tritt die Strafbehörde auf den Antrag nicht ein (Art. 433 Abs. 2 StPO). Nach § 158 Abs. 1 des kantonalen Gebührentarifs (GT; BGS 615.11) setzt das Gericht die Entschädigung der Rechtsbeiständin der Privatklägerin nach dem Aufwand fest, welcher für eine sorgfältige und pflichtgemässe Vertretung erforderlich ist. Das Gericht gibt den Parteien vor dem Entscheid Gelegenheit zur Einreichung einer Honorarnote.
2.2.2 Die Privatklägerin obsiegt im Berufungsverfahren sowohl im Straf- wie auch im Zivilpunkt und hat damit Anspruch auf eine Parteientschädigung. Die Privatklägerin, vertreten durch Rechtsanwältin Rahel Ritz, macht gemäss ihrer Honorarnote vom 3. Juli 2024 eine Parteientschädigung von CHF 4'311.91 (Honorar CHF 3'872.50, Auslagen CHF 118.80 sowie 7,7% MwSt. auf CHF 671.80 entsprechend CHF 51.73 bzw. 8,1 % auf CHF 3'319.50 entsprechend CHF 268.88) geltend (Akten, pag. 105 f.). Die Teilnahme an der Verhandlung und Urteilseröffnung wurde dabei noch nicht berücksichtigt und die Kostennote ist entsprechend um die Dauer von 2,5 Stunden zu ergänzen. Im Übrigen erscheint die Honorarnote der Rechtsvertreterin als angemessen und es kann ihr entsprochen werden. Die Parteientschädigung der Privatklägerin für das Berufungsverfahren beläuft sich demnach auf CHF 4'987.50 (Honorar CHF 4'497.50, Auslagen CHF 118.80, 7,7 % MwSt. auf CHF 671.80 entsprechend CHF 51.70 bzw. 8,1 % MwSt. auf CHF 3'944.50 entsprechend CHF 319.50) und ist vom Beschuldigten zur Bezahlung zu übernehmen.
2.3 Honorar amtliche Verteidigung
2.3.1 Gemäss Art. 135 Abs. 1 StPO wird die amtliche Verteidigung nach dem kantonalen Anwaltstarif entschädigt. Das urteilende Gericht legt die Entschädigung am Ende des Verfahrens fest (Abs. 2). Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt, so ist sie, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, verpflichtet, dem Kanton die Entschädigung zurückzuzahlen und der Verteidigung die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten (Abs. 4), wobei der Anspruch des Kantons in zehn Jahren nach Rechtskraft des Entscheids verjährt (Abs. 5). Das Gericht setzt die Entschädigung des amtlichen Verteidigers nach dem Aufwand fest, welcher für eine sorgfältige und pflichtgemässe Vertretung erforderlich ist (§ 158 Abs. 1 GT).
2.3.2 Die Honorarnote des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten für das Berufungsverfahren setzt sich inklusive Berufungsverhandlung, für welche die Kostennote um 2 Stunden ergänzt wurde, aus einem Aufwand von 25,6667 Stunden à CHF 190.00 entsprechend CHF 4'876.65, Auslagen von CHF 246.40 sowie 7,7 % MwSt. auf CHF 869.20 entsprechend CHF 66.47 bzw. 8,1 % MwSt. auf CHF 4'259.90 entsprechend CHF 345.05, zusammen (Akten, pag. 107 ff.). Die Kostennote scheint angemessen. Die Entschädigung für Rechtsanwalt Ronny Scruzzi, ist damit für das Berufungsverfahren auf total CHF 5'534.60 (Honorar CHF 4'876.65, Auslagen CHF 246.40, 7,7 % MwSt. auf CHF 863.20 entsprechend CHF 66.45 bzw. 8,1 % MwSt. auf CHF 4'259.90 entsprechend CHF 345.05) festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.
__________ Demnach wird in Anwendung von Art. 34, Art. 40, Art. 42 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1, Art. 47, Art. 49 Abs. 1, Art. 51, Art. 177 Abs. 1, Art. 180 Abs. 1, Art. 189 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB; Art. 49 Abs. 1 OR; Art. 126 Abs. 1 und 2, Art. 135, Art. 405 i.V.m. Art. 335 ff., Art. 391 Abs. 2, Art. 426 Abs. 1, Art. 428 Abs. 1 und 3, Art. 433 StPO
1. Gemäss rechtskräftiger Ziffer 1 des Urteils der Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein vom 3. Mai 2023 wurde A.___ vom Vorhalt der mehrfachen sexuellen Belästigung, evtl. mehrfachen Ausnützung der Notlage, angeblich begangen in der Zeit vom 6. Juli 2021 bis am 23. September 2021, freigesprochen. 2. A.___ hat sich schuldig gemacht: a) der versuchten sexuellen Nötigung, b) der mehrfachen Beschimpfung, c) der Drohung, alles begangen am 23. September 2021. 3. A.___ wird verurteilt zu: a) einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren, b) einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 120.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren. 4. A.___ wird 1 Tag Haft an die Freiheitsstrafe angerechnet. 5. A.___ wird gegenüber C.___ für die Straftaten gemäss Ziff. 2 lit. a bis c hiervor dem Grundsatz nach zu 100 % haftpflichtig erklärt. Zur Ausmittlung der Schadenshöhe wird die Privatklägerin auf den Zivilweg verwiesen. 6. A.___ wird verurteilt, C.___ eine Genugtuung von CHF 3'000.00, zuzüglich 5 % Zins seit dem 23. September 2021, zu bezahlen. 7. A.___ hat C.___, vertreten durch Rechtsanwältin Rahel Ritz, für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 16'552.75 (Honorar CHF 14'887.50, Auslagen CHF 481.80, 7,7 % MwSt. 1'183.45) zu bezahlen. 8. A.___ hat C.___, vertreten durch Rechtsanwältin Rahel Ritz, für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung von CHF 4'987.50 (Honorar CHF 4'497.50, Auslagen CHF 118.80, 7,7 % MwSt. auf CHF 671.80 entsprechend CHF 51.70 bzw. 8,1 % MwSt. auf CHF 3'944.50 entsprechend CHF 319.50) zu bezahlen. 9. Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 8 des Urteils der Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein vom 3. Mai 2023 wurde die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Ronny Scruzzi, für das erstinstanzliche Verfahren auf CHF 14'460.35 (Honorar CHF 13'135.00, Auslagen CHF 291.50, 7,7 % MwSt. CHF 1'033.85) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat bezahlt. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 6'451.20 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 270.00 pro Stunde, inkl. 7,7 % MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 10. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Ronny Scruzzi, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 5'534.55 (Honorar CHF 4'876.65, Auslagen CHF 246.40, 7,7 % MwSt. auf CHF 863.20 entsprechend CHF 66.45 bzw. 8,1 % MwSt. auf CHF 4'259.90 entsprechend CHF 345.05) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 11. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 3’200.00, total CHF 3'850.00, hat A.___ zu bezahlen. 12. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 3'000.00, total CHF 3'370.00, hat A.___ zu bezahlen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Die Vizepräsidentin Die Gerichtsschreiberin Marti Wächter |
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