Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2023.55 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 10.06.2024 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Zusammenfassung: Der Beschuldigte wurde wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand angeklagt. Er hatte Medikamente eingenommen, von denen er annahm, dass sie seine Fahrfähigkeit nicht beeinträchtigen. Die behandelnde Ärztin hatte ihm die Fahrfähigkeit bestätigt. Der Beschuldigte handelte nicht vorsätzlich, sondern aufgrund eines unvermeidbaren Irrtums über seine Fahrfähigkeit. Daher wurde er freigesprochen. Die Verfahrenskosten tragen nun der Staat. Der Beschuldigte hat Anspruch auf eine Entschädigung für die Anwesenheit seines Anwalts während des Verfahrens. |
Schlagwörter: | Beschuldigte; Recht; Medikament; Beschuldigten; Medikamente; Temesta; Gutachten; Berufung; Urteil; Fahrzeug; Verfahren; Sertralin; Medikamenten; Fahrfähigkeit; Polizei; Stunden; Sachverhalt; Ärztin; Rechtsmittel; Urteils; Bupropion; Gericht; Verteidiger; Staat |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ; Art. 12 StGB ; Art. 13 StGB ; Art. 136 StPO ; Art. 2 VRV ; Art. 31 SVG ; Art. 32 BV ; Art. 408 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 448 StPO ; Art. 453 StPO ; Art. 456a StPO ; Art. 9 BV ; Art. 91 SVG ; |
Referenz BGE: | 115 IV 267; 120 Ia 31; 127 I 38; 141 IV 369; 142 IV 49; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | STBER.2023.55 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 10.06.2024 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2024.41 |
Titel: | Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 10. Juni 2024 Es wirken mit: Oberrichter Rauber Ersatzrichterin Zürcher Gerichtsschreiberin Schmid In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Anklägerin
A.___, vertreten durch Rechtsanwalt André Sommer, Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz Es erscheinen zur Verhandlung vor Obergericht: 1. A.___, als Beschuldigter 2. Rechtsanwalt André Sommer, als privater Verteidiger des Beschuldigten 3. Dr. med. B.___ als Zeugin (bis 9:10 Uhr) 4. drei Zuschauer
In Bezug auf den Ablauf der Berufungsverhandlung, die Einvernahmen der Zeugin und des Beschuldigten sowie in Bezug auf die vom Verteidiger des Beschuldigten vorgebrachte Begründung der Anträge wird auf das Verhandlungsprotokoll, die Einvernahmeprotokolle (inkl. Tonaufnahme) und die Plädoyernotizen in den Akten verwiesen. Es stellt und begründet folgende Anträge: Rechtsanwalt Sommer für den Beschuldigten und Berufungskläger:
1. Es sei der Beschuldigte A.___ freizusprechen. 2. Es seien die Verfahrenskosten dem Staat aufzuerlegen. 3. Es sei dem Beschuldigten eine Entschädigung gemäss Art. 429 Abs. 1 Bst. a. StPO für die Verteidigungskosten – gemäss Kostennoten (erste und zweite Instanz) – zuzusprechen.
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Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte
1. Mit Strafbefehl vom 24. Oktober 2022 (Aktenseite [AS] 3) wurde A.___ (nachfolgend Beschuldigter) wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand (Motorfahrzeug, andere Gründe) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je CHF 30.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 2 Jahren, und einer Busse von CHF 300.00 verurteilt.
2. Am 1. November 2022 erhob der Beschuldigte Einsprache gegen den Strafbefehl (AS 31).
3. Die Staatsanwaltschaft überwies den Strafbefehl, der nun als Anklageschrift dient, mit Verfügung vom 13. Dezember 2022 an das Richteramt Dorneck-Thierstein zur Beurteilung (AS 1).
4. Die Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein fällte am 19. April 2023 nach erfolgter Hauptverhandlung das folgende Urteil:
1. A.___ hat sich des Fahrens in fahrunfähigem Zustand, begangen am 26. Juni 2022, schuldig gemacht. 2. A.___ wird verurteilt zu: a) einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je CHF 10.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 2 Jahren, b) einer Busse von CHF 300.00, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 3 Tagen. 3. A.___ hat die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 800.00, total CHF 3'100.00, zu bezahlen.
5. Gegen dieses Urteil meldete der Beschuldigte am 1. Mai 2023 die Berufung an (AS 109). Die Berufungserklärung folgte mit Eingabe vom 13. Juli 2023 und der Verteidiger beantragte einen vollumfänglichen Freispruch unter Kosten- und Entschädigungsfolge (AS Berufungsgericht [ASB] 3 ff.).
6. Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit Eingabe vom 19. Juli 2023 auf eine Anschlussberufung und die weitere Teilnahme am Verfahren.
7. Am 10. Juni 2024 fand die Berufungsverhandlung satt.
II. Anwendbares Recht
1. Per 1. Januar 2024 trat die Revision der StPO in Kraft. Die Änderungen enthalten keine Regelung betreffend Übergangsrecht. Es stellt sich somit die Frage, welches Recht vorliegend anwendbar ist, da erstinstanzlich vor Inkrafttreten der Revision geurteilt wurde, das Berufungsurteil nun aber nach diesem ergeht.
Art. 448 StPO sieht vor, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, nach neuem Recht fortgeführt werden, soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen (Abs. 1). Unter dem Abschnitt der Rechtsmittelverfahren hält Art. 453 Abs. 1 StPO fest, dass, sofern ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden ist, Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt werden.
2. Die Thematik des Übergangsrechts wurde in den parlamentarischen Beratungen nie diskutiert, daraus lassen sich damit keine Erkenntnisse ableiten. Der Basler Kommentar zur StPO (BSK StPO, 3. Aufl., 2023) hält zu Art. 448 folgendes fest: «Hinzuweisen ist darauf, dass in der vom Parlament am 17. Juni 2022 verabschiedeten Teilrevision der Strafprozessordnung keine von Art. 448 StPO abweichenden Bestimmungen vorgesehen sind und die revidierten Bestimmungen der StPO demnach sofort in Kraft treten.» (BSK StPO-Oehen, Art. 448 StPO N 2). Diese Formulierung ist aber insofern unklar, als daraus nicht genau hervorgeht, ob das neue Recht generell zur Anwendung gelangt eben Art. 453 StPO als Ausnahme für Rechtsmittelverfahren Anwendung findet. Im Grundsatz richtig ist, dass Art. 448 StPO für alle hängigen Verfahren gilt und damit die Revision sofort in Kraft tritt. Anderes sieht aber Art. 453 StPO für die Rechtsmittelverfahren vor, nämlich, dass die Rechtsmittel gegen einen Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt werden. Es würde zu eng greifen, die Formulierung «bei Inkrafttreten dieses Gesetzes» so auszulegen, dass nur das damalige Inkrafttreten der neuen StPO im Jahr 2011 gemeint ist. Vielmehr kommen die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung beschlossen und nichts anderes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich neues Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtsmittelverfahren sieht aber Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung gefällt wurde. Diese Auslegung verhindert unbefriedigende Ergebnisse in der Praxis: Um nur zwei Beispiele zu nennen, müsste in allen hängigen Berufungsverfahren die Privatklägerschaft mit URP nach Art. 136 Abs. 3 nStPO noch einen Antrag für URP stellen (soweit noch nicht geschehen), um die URP im Berufungsverfahren überhaupt zu erhalten. Oder der Beschuldigte würde benachteiligt, wenn ihm erstinstanzlich eine Entschädigung direkt zugesprochen wird und auf seine Berufung hin die Entschädigung dann nach Art. 429 Abs. 3 nStPO im Berufungsverfahren dem Verteidiger direkt zugesprochen werden müsste. Fänden die neuen Bestimmungen auch für Rechtsmittelverfahren gegen erstinstanzliche Urteile vor dem Jahr 2024 Anwendung, würde dies bedeuten, dass bei teilweiser Anfechtung der rechtskräftige Teil des Urteils nach altem Recht ergeht, und der angefochtene nach neuem Recht. Es kann aber nicht sein, dass für ein Urteil (Art. 408 StPO) ein Teil nach altem und ein Teil nach neuem Prozessrecht gefällt wird. Diese Rechtsauffassung wird auch von früheren StPO-Revisionen gestützt: Mit der Änderung vom 28. September 2012 wurde mit Art. 456a StPO eine von den allgemeinen Regeln von Art. 448 und der Ausnahme von Art. 453 StPO abweichende Regelung geschaffen, wonach das neue Recht in allen Verfahren gelte, somit auch für Rechtsmittelverfahren. Im Weiteren kann auch Art. 2 des StGB herangezogen werden, dessen Formulierung in Abs. 1 «nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen Vergehen begeht» jeweils die entsprechende Änderung des Gesetzes meint.
3. Es hat demnach Folgendes zu gelten: Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO kommen als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung der StPO beschlossen und nichts Anderslautendes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich das neue Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtmittelverfahren sieht Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (der neuen Bestimmung) gefällt worden ist.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies folglich, dass das alte Recht (vor dem 1. Januar 2024) zur Anwendung gelangt.
III. Sachverhalt und rechtliche Würdigung
A. Sachverhalt
1. Vorhalt: Fahren in fahrunfähigem Zustand (Motorfahrzeug, andere Gründe) Begangen am 26. Juni 2022, um 23:15 Uhr, in [Ort 1], [Strasse], Fahrtrichtung [Ort 2], indem der Beschuldigte ein Motorfahrzeug in fahrunfähigem Zustand gelenkt habe. Konkret habe er den Personenwagen BMW, [Kennzeichen], unter Medikamenteneinfluss (Bupropion, therapeutische Konzentration; Sertralin, therapeutische Konzentration; Lorazepam, subtherapeutische Konzentration) gelenkt. Es habe dabei ein Mischkonsum verschiedener zentral-wirksamer Medikamente vorgelegen, weshalb sich die Wirkungen und Nebenwirkungen gegenseitig hätten verstärken können. Der Beschuldigte sei damit fahrunfähig gewesen.
2. Beweismittel 2.1 Strafanzeige vom 19. September 2022 (AS 5 ff.) Der Strafanzeige lässt sich entnehmen, dass der Beschuldigte anlässlich einer Standortkontrolle angehalten wurde. Der Beschuldigte habe schläfrig gewirkt. Die Pupillenreaktion sei überprüft worden, wobei keine Reaktion habe festgestellt werden können. Die Pupillen seien weit gewesen. Der Beschuldigte habe angegeben, diverse Medikamente einzunehmen. Ein Drogenschnelltest habe positiv auf die Substanzen Amphetamin/Methamphetamine und Benzodiazepin reagiert. Der Beschuldigte habe anschliessend angegeben, Temesta, Wellbutrin, Zolpidem und Sertralin eingenommen zu haben. Der Beschuldigte wurde in der Folge zur Blut- und Urinentnahme ins Spital gebracht.
2.2 Protokoll der ärztlichen Untersuchung (AS 10) Die untersuchende Ärztin des [Kantonsspitals] stellte den Untersuchungsbefund, wonach der Beschuldigte schläfrig gewirkt habe, die Pupillen seien weit und das Gleichgewicht leicht schwankend gewesen. Ansonsten wurden keine Auffälligkeiten festgestellt. Bei den Bemerkungen hielt sie «Depression, Zwangsgedanken und Panikstörung» fest. Den Beeinträchtigungsgrad stufte sie aufgrund von Medikamenten und Müdigkeit als leicht ein.
2.3 Forensisch-toxikologisches Gutachten (AS 20 ff.) Gemäss dem Gutachten vom 1. September 2022 wurde mittels massenspektrometrischer Screeninganalyse der Urinprobe Bupropion (Wirkstoff von Wellbutrin) und Sertralin neben Nikotin und Coffein mit Metaboliten nachgewiesen und ein Hinweis auf Lorazepam gefunden. Im Venenblut wurden Sertralin und Bupropion in therapeutischen Konzentrationen sowie Lorazepam in subtherapeutischer Konzentration nachgewiesen. In den Fachinformationen zu den Medikamenten fänden sich zur Fahrtüchtigkeit folgende Hinweise: - Sertralin: «Pharmakodynamische Studien haben gezeigt, dass Sertralin die psychomotorischen Fähigkeiten in der Regel nicht beeinflusst. Da Sertralin jedoch Schläfrigkeit und Schwindel hervorrufen kann, ist beim Führen eines Fahrzeuges beim Bedienen von Maschinen Vorsicht zu empfehlen. Die Patienten sollten auf diese Gefahr entsprechend aufmerksam gemacht werden.» - Bupropion: «Wie andere zentral wirksame Arzneimittel kann auch Bupropion die Fähigkeit, bestimmte Tätigkeiten auszuüben, die Urteilsvermögen, motorische und kognitive Fähigkeiten erfordern, beeinträchtigen. Daher ist beim Lenken von Fahrzeugen sowie beim Bedienen von Maschinen so lange Vorsicht geboten, bis der Patient sich vergewissert hat, dass seine Leistungsfähigkeit durch Wellbutrin nicht beeinträchtigt ist.» Das Gutachten schliesst mit der Beurteilung ab, dass die von der Polizei und der Ärztin festgestellten, verkehrsrelevanten Auffälligkeiten mit dem sicheren Führen eines Fahrzeugs nicht vereinbar seien und sich durch die Wirkungen und Nebenwirkungen der nachgewiesenen zentral-wirksamen Medikamentenwirkstoffe erklären liessen. Der Beschuldigte sei somit aus forensisch-toxikologischer Sicht zum Zeitpunkt des Ereignisses aufgrund von Medikamentenmischkonsum nicht fahrfähig gewesen. Aufgrund der Gesamtumstände werde eine Überprüfung der Fahreignung empfohlen.
2.4 Schreiben Dr. med. B.___ vom 11. Januar 2023 (AS 66) Dr. med. B.___ attestierte dem Beschuldigten im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens schriftlich, dass sich die antidepressive Medikation mit Sertralin und Bupropion als wirksam erwiesen habe und keine Nebenwirkungen bestehen würden, die ihn beim Führen eines Fahrzeuges beeinträchtigen könnten.
2.5 Aussagen des Beschuldigten 2.5.1 Der Beschuldigte gab im Rahmen der Kontrolle am 27. Juni 2022 um 00:53 Uhr zu Protokoll (AS 11), er habe folgende Medikamente eingenommen: Temesta 1 Milligramm (mg) am 25. Juni 2022 um ca. 22:00 Uhr, Wellbutrin 10 mg am 26. Juni 2022 um ca. 13:00 Uhr, Zollpidem 10 mg am 20. Juni 2022 um ca. 00:00 Uhr, Sertralin 100 mg am 26. Juni 2022 um ca. 13:00 Uhr. Er habe nie Probleme gehabt, unter Medikamenteneinfluss zu fahren. Der Arzt habe ihm auch gesagt, dass dies gehe. Das beziehe sich auf das Sertralin.
2.5.2 Mit Schreiben vom 14. November 2022 (AS 36) teilte der Beschuldigte der Staatsanwaltschaft mit, dass er eine Bemerkung seinerseits aus dem Polizeirapport widerrufen möchte und zwar gehe es um die folgenden Begriffe, die er auf die Frage nach Krankheiten gemacht habe: Depression, Zwangsgedanken und Panikstörungen. Er leide unter keiner psychischen Krankheit. Die Polizei habe Druck gemacht und er sei nervös geworden, daher habe er etwas Falsches gesagt.
2.5.3 Vor der Vorinstanz führte der Beschuldigte aus, er habe diese Medikamente schon zwei Jahre durchgehend genommen und diese seien von der Ärztin verschrieben, er dürfe mit diesen auch fahren. Sie habe auch ein Schreiben an das Gericht gemacht. Er habe dadurch keine Nebenwirkungen. Er habe sich vor Abfahrt gut und fahrtauglich gefühlt. Er habe eine Rückfahrkamera aktivieren wollen, die er eingebaut habe. Er sei schon mehrfach in eine Kontrolle gekommen und es seien immer Drogentests gemacht worden und es sei immer gut ausgegangen. Er habe die Polizei auch über die Medikamente informiert. Er habe an dem Tag Sertralin und Bupropion eingenommen. 48 Stunden vorher habe er Temesta genommen, da er nicht habe einschlafen können. Im Bericht stehe nicht, dass Zolpidem habe nachgewiesen werden können und Temesta sei nur subtherapeutisch nachgewiesen worden und habe sich als Reste herausgestellt, welche vom Konsum von vor zwei Tagen stammten. Die Schläfrigkeit, der leicht schwankende Gang und die weit geöffneten Pupillen seien seine normalen sozialen Eigenschaften. Er habe Probleme mit den sozialen Kompetenzen und habe schon immer einen schwankenden Gang gehabt. Das komme von seinen sozialen Eigenschaften. Er wirke immer schläfrig und apathisch.
2.5.4 Vor Obergericht sagte der Beschuldigte aus, in der Packungsbeilage von Temesta stehe, dass man nach 24 Stunden und einer Sekunde wieder fahren dürfe. Er habe sich genau daran gehalten. Zolpidem nehme er, um schlafen zu können. Und Temesta habe er von Dr. B.___ bei Bedarf erhalten, wenn er eine Panikattacke habe. Am Vorabend der Kontrolle habe er aus dem Nichts eine Panikattacke erlitten. Das Temesta, das er genommen habe, sei ihm im Jahr 2021 von Dr. B.___ verschrieben worden, er habe noch Reste gehabt. Er habe die Packungsbeilage gelesen. Er liebe seinen Führerschein und würde ihn nie unnötig in Gefahr bringen. Er habe auf seinem Handy einen Timer gestellt, wenn er Temesta genommen habe, über 24 Stunden und eine Sekunde. Das sei die Definition von mehreren Tagen. Er habe immer einen Timer gestellt, damit er nicht zu früh fahre. In der Packungsbeilage stehe mehrere Tage, das seien 24 Stunden und eine Sekunde. Er habe das von ChatGPT definieren lassen. Er habe den Einfluss von Temesta mit Dr. B.___ besprochen. Er habe das sehr ernst genommen. Was sie konkret gesagt habe, daran erinnere er sich nicht, aber er glaube, sie habe einen Tag gesagt, den man abwarten solle mit dem Autofahren. Aber er lese lieber die Packungsbeilage. Bezüglich Zolpidem sei ihm bei der Verschreibung gesagt worden, dass es keine Wechselwirkung gebe, er solle sich keine Sorgen machen. Nach der Einnahme von Zolpidem schlafe er sowieso, da habe er sich keine Sorgen ums Autofahren gemacht. Er nehme selten alle diese Medikamente zusammen ein. Bupropion habe er nur kurz genommen, das Sertralin die ganze Zeit, die anderen beiden (Temesta und Zolpidem) nur bei Bedarf. Er sei schon oft angehalten worden und habe immer offen gesagt, welche Medikamente er nehme. Dieses Mal sei die Polizistin so nahe gekommen, er sei nervös geworden. Das sei ihm unangenehm gewesen. Auch im Militärbuch stehe, er sei apathisch und schläfrig. Er sei 12 Mal durch die Aushebung gefallen. Auch in der Schule falle sein Verhalten auf. Er habe die Diagnose Asperger-Syndrom. Er sei immer so komisch. Bei den Gesprächen mit Dr. B.___ sei er immer motiviert gewesen, sie sei eine Vertrauensperson gewesen. Er habe frei reden können, das könne er nicht überall. Viele Leute könnten bestätigen, dass er einen schwankenden Gang habe. Er habe sich am Tag der Kontrolle topfit und fahrtüchtig gefühlt. Er sei sich wirklich sicher gewesen, dass er fahren dürfe. Er sei auch konzentriert gewesen.
2.6 Aussage Dr. med. B.___ Dr. med. B.___ wurde auf Antrag des Beschuldigten hin als Zeugin vor Obergericht befragt. Sie gab dabei zu Protokoll, die Fahrunfähigkeit sei durch viele Faktoren bedingt und müsse nicht durch die verordnete Medikation entstanden sein. Phasenweise habe sie dem Beschuldigte nebst Sertralin und Bupropion zusätzlich Zolpidem und Temesta verschrieben. Temesta und Zolpidem seien beide letztmals im 2021 verordnet worden. Das bedeute allerdings nicht, dass nicht auch danach Rezepte abgegeben worden seien, ohne das zu vermerken. Es komme durchaus vor, dass Patienten ein Nachfolgerezept verlangen, wenn die Verordnung bestehe. Die Einnahme von Temesta und Zolpidem zusätzlich zu den anderen beiden Medikamenten ändere nichts an ihrer Einschätzung der Fahrfähigkeit des Beschuldigten. Diese sei durch viele Faktoren bedingt und ihre Aussage beziehe sich nur auf die verschriebenen Medikamente. Der Beschuldigte habe ein komplexes Krankheitsbild, da könnten viele Faktoren eine Rolle spielen. Grundsätzlich könne jede Form von Sedativa die Wirkung anderer Medikamente verstärken. Es gebe auch die Möglichkeit, dass es nicht zu einer Verstärkung komme, sondern zu anderen Effekten, das sei immer möglich. Das sei eine Frage für die Toxikologie. Deshalb würden sie darauf hinweisen, dass man das genau anschauen müsse. Da das Temesta im subtherapeutischen Bereich nachgewiesen worden sei, sei eine Einschätzung schwierig und wahrscheinlich nicht durch eine Psychiaterin zu treffen. Die Kombination der Medikamente habe sie mit dem Beschuldigten besprochen. Das sei ein Standardverfahren, ein Automatismus. Sie gehe davon aus, das mit ihm besprochen zu haben. Was genau sie besprochen hätten, wisse sie nicht mehr. Sie gehe davon aus, dass die Auswirkungen von Temesta auf die Fahrfähigkeit einmal Thema zwischen ihr und dem Beschuldigten gewesen sei. Das Gutachten kenne sie nicht. Wenn der Kollege das so umschreibe, gehe sie davon aus, dass es zutreffe. Es sei ja ein Gutachten. Sie habe den Beschuldigten damals wohl in einem Zeitraum zwischen einem und acht Tagen vor dem Vorfall zuletzt gesehen. Er sei wöchentlich bei ihr gewesen. Der Beschuldigte sei ein sehr zurückhaltender Mensch, der immer wieder Probleme habe und deshalb in Behandlung bei ihr gewesen sei. Er sei dann zwar nicht aufbrausend, verliere aber ein Stück weit die Fassung komme in Zustände, in denen es ihm nicht gut gehe. Er sei nicht schläfrig und apathisch gewesen, sonst wäre das aufgefallen. Der Beschuldigte habe Auffälligkeiten in seinem Gangbild. Sie würde es nicht als Schwanken bezeichnen. Man bezeichne das als leicht ataktisches Gangbild. Es sei weniger flüssig und wirke abgehackt. Er wirke relativ steif und die Arme schwängen nicht mit. Je nach Belastung spreche er auch ohne grosse Emotion und seine Sprache wirke abgehackt, maschinenartig. Es falle auch auf, dass er bei zunehmender Belastung keinen Blickkontakt aufnehme und etwas seltsam wirke. Das habe mit seinem Krankheitsbild zu tun.
3. Beweiswürdigung
3.1 Allgemeines
3.1.1 Gemäss der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie Art. 10 Abs. 3 StPO verankerten Maxime «in dubio pro reo» ist bis zum Nachweis der Schuld zu vermuten, dass die einer Straftat angeklagte Person unschuldig ist: Es gilt demnach die Unschuldsvermutung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 120 Ia 31, E. 2c ff.; BGE 127 I 38, E. 2.) betrifft der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowohl die Verteilung der Beweislast als auch die Würdigung der Beweise. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Als Beweiswürdigungsregel ist der Grundsatz «in dubio pro reo» verletzt, wenn sich der Strafrichter von der Existenz eines für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhaltes überzeugt erklärt, obschon bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, da solche immer möglich sind. Obwohl für die Urteilsfindung die materielle Wahrheit wegleitend ist, kann absolute Gewissheit bzw. Wahrheit nicht verlangt werden, da diese der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen ist. Mit Zweifeln ist deshalb nicht die entfernteste Möglichkeit des Andersseins gemeint. Erforderlich sind vielmehr erhebliche und schlechthin nicht zu unterdrückende Zweifel, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei mehreren möglichen Sachverhaltsversionen hat der Richter auf die für den Beschuldigten günstigste abzustellen.
Eine Verurteilung darf somit nur erfolgen, wenn die Schuld des Verdächtigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist, d.h. wenn Beweise dafür vorliegen, dass der Täter mit seinem Verhalten objektiv und subjektiv den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verwirklicht hat. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter einerseits persönlich von der Tatschuld überzeugt ist und andererseits die Beweise die Schuld des Verdächtigen in einer vernünftige Zweifel ausschliessenden Weise stützen. Der Richter hat demzufolge nach seiner persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber zu entscheiden, ob er eine Tatsache für bewiesen hält nicht (BGE 115 IV 267, E. 1.).
3.1.2 Das Gericht folgt bei seiner Beweisführung dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 10 Abs. 2 StPO): Es würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung und ist damit bei der Wahrheitsfindung nicht an die Standpunkte und Beweisführungen der Prozessparteien gebunden. Unterschieden wird je nach Art des Beweismittels in persönliche (Personen, welche die von ihnen wahrgenommenen Tatsachen bekannt geben: Aussagen von Zeugen, Auskunftspersonen und Beschuldigten) und sachliche Beweismittel (Augenschein und Beweisobjekte wie Urkunden Tatspuren). Dabei kommt es nicht auf die Zahl Art der Beweismittel an, sondern auf deren Überzeugungskraft Beweiskraft. Das Gericht entscheidet nach der persönlichen Überzeugung, ob eine Tatsache bewiesen ist nicht.
3.1.3 Zieht das Gericht mangels eigener Fachkenntnis eine sachverständige Person bei, ist es bei der Würdigung des Gutachtens grundsätzlich frei. Ob das Gericht die in einem Gutachten enthaltenen Erörterungen für überzeugend hält nicht und ob es dementsprechend den Schlussfolgerungen der Experten folgen will, ist mithin eine Frage der Beweiswürdigung. Die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen sind Aufgabe des Gerichts. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung entscheiden die Organe der Strafrechtspflege frei von Beweisregeln und nur nach ihrer persönlichen Ansicht aufgrund gewissenhafter Prüfung darüber, ob sie eine Tatsache für erwiesen halten (vgl. Art. 10 Abs. 2 StPO). Das Gericht ist somit nicht an den Befund die Stellungnahme des Sachverständigen gebunden. Es hat vielmehr zu prüfen, ob sich aufgrund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Auch wenn das gerichtlich eingeholte Gutachten grundsätzlich der freien Beweiswürdigung unterliegt, darf das Gericht in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe von ihm abrücken und muss Abweichungen begründen. Auf der anderen Seite kann das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen gegen das Verbot der willkürlichen Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 142 IV 49 E. 2.1.3; 141 IV 369 E. 6.1; 136 II 539 E. 3.2).
Erscheint dem Gericht die Schlüssigkeit eines Gutachtens in wesentlichen Punkten zweifelhaft, hat es nötigenfalls ergänzende Beweise zur Klärung dieser Zweifel zu erheben. Ein Gutachten stellt namentlich dann keine rechtsgenügliche Grundlage dar, wenn gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen Indizien die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern. Das trifft etwa zu, wenn der Sachverständige die an ihn gestellten Fragen nicht beantwortet, seine Erkenntnisse und Schlussfolgerungen nicht begründet diese in sich widersprüchlich sind die Expertise sonstwie an Mängeln krankt, die derart offensichtlich sind, dass sie auch ohne spezielles Fachwissen erkennbar sind (BGE 141 IV 369 E. 6.1).
3.2 Konkrete Beweiswürdigung
3.2.1 Der Sachverhalt gemäss Strafanzeige ist an sich unbestritten, bestritten ist jedoch das toxikologische Gutachten bzw. dessen Schlussfolgerung zur Fahrfähigkeit des Beschuldigten. Der Verteidiger bringt vor, das Gutachten erkläre die von der Polizei und der Ärztin festgestellten Auffälligkeiten mit dem Medikamentenkonsum des Beschuldigten, beweise aber nicht, dass die Medikamente und deren Wirkstoffe zur Fahrunfähigkeit geführt hätten. Die Beobachtungen der Polizei und der Ärztin seien subjektive Wahrnehmungen und dürften nicht als objektive Beweismittel gewertet werden. Dr. med. B.___ widerspreche dem Gutachten.
3.2.2 Soweit der Verteidiger behauptet, die Feststellungen der Polizei und der Ärztin seien keine Beweismittel, ist er nicht zu hören, handelt es sich dabei doch klarerweise um Beweismittel. Die Verteidigung zeigt sodann nicht auf und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Beobachtungen der Polizei und der Ärztin nicht zutreffend gewesen sein sollten. Bei beiden handelt es sich um Fachpersonal, die in Ausübung ihres Berufes handelten und über Erfahrung verfügen. Auf ihre Beobachtungen kann daher ohne Weiteres abgestellt werden. Im Übrigen bestätigte der Beschuldigte die Feststellungen insofern, als dass er vor der Vorinstanz aussagte, die Schläfrigkeit, der leicht schwankende Gang und die weit geöffneten Pupillen seien seine normalen sozialen Eigenschaften und er wirke immer schläfrig und apathisch.
3.2.3 Die Vorinstanz gibt in ihrem Urteil die gesetzlichen Bestimmungen zum forensisch-toxikologischen Gutachten zutreffend wieder (Urteilsseite [US] 6), worauf verwiesen werden kann. Es ist folglich nicht zu beanstanden, dass das Gutachten die Beobachtungen der Polizei und der Ärztin berücksichtigte, wird dies von Art. 16 Abs. 2 Strassenverkehrskontrollverordnung (SKV; SR 741.013) sogar ausdrücklich vorgeschrieben. Wie auch die Staatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zum Schreiben von Dr. med. B.___ vom 17. Januar 2023 (AS 68) ausführte, basiert das Gutachten auf dem Polizeibericht, dem ärztlichen Untersuchungsbericht und der toxikologischen Untersuchung und genügt damit den Anforderungen von Art. 16 Abs. 2 SKV ohne Weiteres. Mittels Screeninganalyse wurden die Wirkstoffe der dem Beschuldigten verschriebenen Medikamente Bupropion und Sertralin nachgewiesen, zusätzlich auch Lorazepam in subtherapeutischer Konzentration. Das forensisch-toxikologische Gutachten hält dazu fest, dass sowohl bei Sertralin als auch bei Bupropion beim Führen von Fahrzeugen Vorsicht geboten ist. Gleiches gilt auch für Lorazepam: Die Verpackungsbeilage von Temesta weist betreffend Verkehrstüchtigkeit explizit darauf hin, dass das Arzneimittel die Reaktionsfähigkeit und Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen kann. Die abschliessende Beurteilung, der Beschuldigte sei aus forensisch-toxikologischer Sicht zum Zeitpunkt des Ereignisses aufgrund von Medikamentenmischkonsum nicht fahrfähig gewesen, ist in Anbetracht der beobachteten Auffälligkeiten und den nachgewiesenen Wirkstoffen nachvollziehbar und schlüssig. Mangels im Gesetz festgehaltener Grenzwerte für die Konzentration der Medikamente muss die toxikologische Beurteilung die Berichte der Polizei und der untersuchenden Ärzte in seine Beurteilung einbeziehen, andernfalls jedes toxikologische Gutachten in solchen Fällen obsolet würde. Soweit der Verteidiger vorbringt, das Gutachten erkläre lediglich die Wirkstoffe der nachgewiesenen Medikamente als kausal für die beobachteten Auffälligkeiten, ist festzuhalten, dass die Formulierung im Gutachten tatsächlich etwas unglücklich ausgefallen ist. Jedoch handelt es sich bei der Gutachterstelle um ein anerkanntes Fachinstitut und der Auftrag – die Beurteilung der Fahrfähigkeit unter Berücksichtigung des festgestellten Medikamentenkonsums – war dem IRM klar und es darf erwartet werden, dass das Gutachten unabhängige und fundierte Schlüsse aus seinen Erkenntnissen zieht. Das Gutachten empfiehlt im Übrigen aufgrund der Gesamtumstände eine Überprüfung der allgemeinen Fahreignung des Beschuldigten, was ebenfalls dahingehend zu werten ist, dass das Fahren unter Einfluss der nachgewiesenen Medikamente problematisch ist. Das Gericht erkennt im Ergebnis keinerlei Gründe, vom Gutachten abzuweichen.
3.2.4 Auch das Schreiben von Dr. med. B.___ bzw. ihre Aussage vor Obergericht ändern daran nichts. Zwar behandelte sie den Beschuldigten und verschrieb ihm die Medikation mit Sertralin und Bupropion, zu deren Einfluss auf die Fahrfähigkeit sie sich im Schreiben äusserte. Es mag auch zutreffen, dass sich diese Medikation als wirksam erwiesen und sie keine Nebenwirkungen festgestellt hat, die die Fahrfähigkeit beeinflussen könnten. Auch das Temesta und Zolpidem wurden dem Beschuldigten durch die [Psychiatrie] im Jahr 2021 verschrieben. Jedoch hat Dr. med. B.___ den Beschuldigten im Zeitpunkt der Anhaltung nicht erlebt und ihre allgemein gehaltene Aussage widerspricht den Feststellungen der Polizei und der untersuchenden Ärztin. Selbst wenn die verschriebene Medikation üblicherweise keinen Einfluss auf die Fahrfähigkeit des Beschuldigten gehabt haben sollte, so ist die zusätzliche Einnahme von Temesta – wenn auch phasenweise verschrieben – zu beachten. Diese erfolgte rund 25 Stunden vor der Anhaltung. Die nachgewiesene Dosis von Temesta mag subtherapeutisch gewesen sein, eine Wechselwirkung mit den anderen Medikamenten kann aber alles andere als ausgeschlossen werden, was auch Dr. med. B.___ anlässlich ihrer Aussage bestätigte. So erklärte sie auch, dass die Fahrfähigkeit von vielen Faktoren abhängig sei. Verhaltensauffälligkeiten wie Apathie und der schwankende Gang wurden von ihr sodann nicht bestätigt, im Gegenteil. Sie führte aus, der Beschuldigte habe nicht apathisch gewirkt, sonst hätte sie das thematisiert. Und zu seinem Gang führte sie konkret aus, dieser sei nicht schwankend, sondern wirke steif und abgehackt. Der ärztliche Bericht hält lediglich die Schläfrigkeit des Beschuldigten, die weiten Pupillen und das leichte Schwanken beim Romberg-Test fest. Die Stimmung beschrieb die untersuchende Ärztin als «unauffällig» und nicht «apathisch». Dabei wurde das Krankheitsbild des Beschuldigten offensichtlich besprochen, hielt sie schliesslich die Worte Depression, Zwangsgedanken und Panikstörungen in den Bemerkungen fest. Somit wusste die Ärztin darum, dass das Verhalten des Beschuldigten von der Norm abweichend sein könnte, machte aber dennoch die entsprechenden Feststellungen. Insbesondere die Schläfrigkeit konnte der Beschuldigte – und auch Dr. med. B.___ – nicht nachvollziehbar erklären und er wirkte auch anlässlich der Verhandlung in keiner Weise schläfrig. Die weiten Pupillen lassen sich im Übrigen nicht mit angeblichen Verhaltensauffälligkeiten des Beschuldigten erklären. Da der ärztliche Bericht die Lichtreaktion im Gegensatz zur Polizei als unauffällig einstufte, ist zu Gunsten des Beschuldigten von einer unauffälligen Lichtreaktion auszugehen. Daraus lässt sich folglich nichts ableiten. Der Beschuldigte gab aber selbst an, er sei schon öfters in eine Verkehrskontrolle geraten, wobei es aber nie zu Auffälligkeiten gekommen sei. Dies lässt auch den Schluss zu, dass an der vorliegend zu beurteilenden Kontrolle etwas anders war als sonst.
3.2.5 Die Vorinstanz hat somit zu Recht das Gutachten stärker gewichtet als das Schreiben von Dr. med. B.___. Die anlässlich der Berufungsverhandlung von Dr. med. B.___ getätigten Aussagen ändern daran nichts. Auch das Obergericht muss sich folglich auf das forensisch-toxikologische Gutachten stützen und zum Schluss gelangen, dass der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt – wie im Gutachten festgestellt und in Übereinstimmung mit den Beobachtungen der Polizei und der untersuchenden Ärztin stehend – nicht fahrfähig war, da er unter dem Einfluss von Medikamenten stand. Der Sachverhalt gemäss Anklageschrift ist erstellt.
B. Rechtliche Würdigung
1. Allgemeines
1.1 Gemäss Art. 91 Abs. 2 lit. b des Strassenverkehrsgesetzes (SVG; SR 741.10) wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft, wer aus anderen Gründen (als infolge Alkoholkonzentration gemäss lit. a) fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. Art. 31 Abs. 2 SVG hält sodann fest, dass wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- Arzneimitteleinfluss aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, während dieser Zeit als fahrunfähig gilt und kein Fahrzeug führen darf (vgl. auch Art. 2 Abs. 1 der Verkehrsregelverordnung [VRV; SR 741.11]).
1.2 Fahrunfähig ist, wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- Arzneimitteleinfluss aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt (Art. 31 Abs. 2 SVG), um ein Fahrzeug «in allen Situationen des heutigen raschen und dichten Verkehrs sicher und vorschriftsgemäss zu lenken». Für das Vorliegen der Fahrfähigkeit muss die Gesamtleistungsfähigkeit gegeben sein, welche neben der Grundleistung auch eine Leistungsreserve für das Bewältigen plötzlich auftretender schwieriger Verkehrs-, Strassen- und Umweltsituationen umfasst. Der Fahrzeugführer muss in der Lage sein, das Fahrzeug auch in einer nicht voraussehbaren, schwierigen Verkehrslage sicher zu führen (sog. kontrollierende Funktionsabläufe) (BSK SVG-Fahrni/Heimgartner, Art. 91 N 13).
Auch bei der Fahrunfähigkeit aus anderen Gründen, wie vorgängiger Einnahme von Arznei- Heilmitteln, wegen extremer Übermüdung gesundheitlicher Probleme muss die relevante Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit bewiesen werden. Hinsichtlich Arzneimitteln, die keine im Katalog gemäss Art. 2 Abs. 2 VRV aufgeführten Substanzen enthalten, bestehen (noch) keine Grenzwerte. Zu den Medikamenten, welche die Fahrfähigkeit unter Umständen zu beeinträchtigen vermögen, gehören namentlich Schlaf- und Beruhigungsmittel der sog. Benzodiazepine (Anxiolit, Dormicum, Lexotanil, Rohypnol, Seresta, Temesta, Valium und Vegesan). Soweit verschriebene Arzneimittel Substanzen aufweisen, hinsichtlich derer Nulltoleranzgrenzwerte gelten, wie etwa bei Morphium, richtet sich das Beweisverfahren nach Art. 2 Abs. 2ter VRV. Die Beurteilung der Fahrunfähigkeit kann neben Testergebnissen aus Blut, Urin und Speichel insbesondere auch aufgrund von Beobachtungen einer Fahrt durch die Polizei durch Drittpersonen erfolgen. Auch die eigenen Angaben des Lenkers, wie eingestandener Konsum von Arzneimitteln und angegebene Dauer der letzten Schlafphase, sind unter Umständen als Beweismittel verwertbar. Der exakte Grund für die Fahrunfähigkeit bzw. deren eigentliche Ursache muss aber nicht bewiesen werden. So setzt die Feststellung der Fahrunfähigkeit aus anderen Gründen weder eine medizinische Diagnose noch ein chemisch-toxikologisches Analyseresultat im Blut voraus (BSK SVG-Fahrni/Heimgartner, Art. 91 N 27).
1.3 Gemäss dem erstellten Sachverhalt führte der Beschuldigte in fahrunfähigem Zustand aufgrund der Einnahme von Medikamenten ein Fahrzeug. Der objektive Tatbestand ist damit erfüllt. Es bleibt zu prüfen, ob der subjektive Tatbestand ebenfalls erfüllt ist.
2. Konkrete Würdigung
2.1 Die Verteidigung bringt vor, es fehle am subjektiven Tatbestand, der Beschuldigte habe sich in einem Sachverhaltsirrtum befunden und sich in Bezug auf seine Fahrfähigkeit geirrt. Er habe nicht gewusst, dass er zum Zeitpunkt der Anhaltung fahrunfähig gewesen sei. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass die eingenommenen Medikamente zur Fahrunfähigkeit führen würden. Er habe dies nicht gewollt und sei seiner pflichtgemässen Vorsicht nachgekommen.
2.2 Gemäss Art. 12 Abs. 2 StGB liegt Fahrlässigkeit im Allgemeinen vor, wenn ein Täter die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt. Diese Definition ist indessen auf das fahrlässige Erfolgsdelikt zugeschnitten und hinsichtlich Art. 91 SVG als fahrlässiges Tätigkeitsdelikt folgendermassen zu modifizieren: Beim Fahren in fahrunfähigem Zustand liegt die Fahrlässigkeit darin, dass eine Person infolge einer pflichtwidrigen Unvorsichtigkeit nicht erkennt, dass sie sich in einem fahrunfähigen Zustand befindet ein solcher eintreten könnte, und sie nichtsdestotrotz (i.d.R.) wissentlich sowie willentlich ein Fahrzeug führt. Fahrlässig handelt etwa, wer subjektiv erkennbare Ermüdungserscheinungen unbeachtet lässt, in der Hoffnung wach zu bleiben, und dennoch (weiter-)fährt. Dasselbe gilt bei Fahrzeugführern, die nach exzessivem Alkoholkonsum die zum Abbau der Blutalkoholkonzentration benötigte Zeit bewusst eingehalten haben, doch infolge einer leichten Alkoholintoxikation (sog. «Kater») dennoch noch nicht über die für das Führen eines Fahrzeugs erforderlichen Leistungsreserven verfügen. Arzneimittel einnehmenden Personen obliegt es, sich über deren Wirkung auf die Fahrfähigkeit zu informieren. Überdies besteht im Allgemeinen eine Pflicht der Fahrzeugführer zur Selbstkontrolle vor dem Fahrtantritt (BSK SVG-Fahrni/Heimgartner, Art. 91 N 38).
2.3 Sachverhaltsirrtümer (Art. 13 StGB), welche die subjektive Tatbestandsmässigkeit unter Umständen ausschliessen, kommen selten vor. Der Grund dafür liegt darin, dass eine fahrlässige Begehung von Art. 91 SVG auch gegeben ist, wenn der Irrtum über den fahrunfähigen Zustand bei pflichtgemässer Vorsicht hätte vermieden werden können (Art. 13 Abs. 2 StGB). Bei bewusstem Konsum von Alkohol der Einnahme von Betäubungsmitteln ist dieser Umstand regelmässig gegeben, da in solchen Fällen vor Fahrtantritt eine entsprechende Pflicht besteht, sich des fahrfähigen Zustands zu versichern. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gehört es zum Allgemeinwissen, dass private Atemalkoholmessungen zu tiefe Werte anzeigen und demgemäss das Vertrauen auf solche Ergebnisse einen Sachverhaltsirrtum nicht als vermeidbar erscheinen lassen. Ein Irrtum erscheint hingegen evtl. unvermeidbar, wenn der Betäubungsmittelkonsum bereits Tage zurückliegt und der betreffende Fahrzeugführer überhaupt keine Nachwirkungen verspürt. Differenzierter gestaltet sich die Rechtslage auch in Bezug auf die Einnahme von Medikamenten: Wurde der Fahrzeugführer durch Arzt, Apotheker Beipackzettel darauf hingewiesen, dass die Fahrfähigkeit durch das Medikament eingeschränkt werden könnte, liegt zumindest ein fahrlässiger Irrtum vor. Demgegenüber ist ein Irrtum über die möglichen Wirkungen auf die Fahrfähigkeit in der Regel unvermeidbar, wenn dem Fahrzeugführer durch den das Medikament verschreibenden Arzt versichert wurde, auch unter dessen Einfluss fahrfähig zu sein (BSK SVG-Fahrni/Heimgartner, Art. 91 N 39).
2.4 Nach den Aussagen der Zeugin und des Beschuldigten vor Obergericht kann ein vorsätzliches Handeln ausgeschlossen werden. Es stellt sich lediglich noch die Frage, ob dem Beschuldigten Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann er sich in einem Sachverhaltsirrtum befand und straffrei bleibt.
Der Beschuldigte hat zum Tatzeitpunkt die beiden Medikamente Sertralin und Bupropion von seiner damals behandelnden Ärztin Dr. med. B.___ verschrieben erhalten. Für diese beiden Medikamente attestierte sie ihm ausdrücklich die Fahrfähigkeit. Auch die Sedativa Temesta und Zolpidem wurden dem Beschuldigten ärztlich verschrieben. Dies zwar im Jahr vor der Tat, gemäss Auskunft der Zeugin sind Nachfolgerezepte jedoch nicht ungewöhnlich und auch der Beschuldigte schilderte, es habe sich bei den Medikamenten um Reste der damals verschriebenen gehandelt. Da er diese selten eingenommen habe, habe er noch welche davon zu Hause gehabt. Im Weiteren gab der Beschuldigte an, Dr. med. B.___ habe den Mischkonsum der Medikamente mit ihm besprochen. Auch die Zeugin erklärte vor Obergericht, es gehöre zum Standardvorgehen, auf die Gefahren bei der Einnahme von Temesta bezüglich Fahrfähigkeit hinzuweisen. Sie ging davon aus, dass sie dieses Thema auch mit dem Beschuldigten besprochen habe. Die Zeugin konnte sich nicht mehr erinnern, was sie dem Beschuldigten bezüglich Fahrtüchtigkeit nach der Einnahme von Temesta gesagt hatte. Der Beschuldigte glaubt, sie habe gesagt, nach einem Tag dürfe er wieder fahren. Er habe nach eigenen Angaben eigens zur Einhaltung der entsprechenden Zeit einen Timer über jeweils 24 Stunden und eine Sekunde gestellt, was seinem Verständnis nach die Definition von mehreren Tagen sei. Dies stimmt auch mit seinen Angaben bezüglich Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme gegenüber der Polizei überein, wonach er das Temesta am 25. Juni 2022 um ca. 22:00 Uhr eingenommen hat und am 26. Juni 2022 kurz nach 23:00 Uhr in die Kontrolle geriet. Gemäss dem Beschuldigten ist dies die von der Packungsbeilage von Temesta vorgeschriebene Zeit, bis wieder eine Maschine bedient werden darf, worunter er auch das Fahren eines Autos subsumiere. Die Packungsbeilage von Temesta, die im Internet eingesehen werden kann, nennt keine konkrete Zeitdauer, sondern hält Folgendes fest: «Achtung: Dieses Arzneimittel kann die Reaktionsfähigkeit und Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen. Temesta-Tabletten können auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden kann. Dies gilt im verstärkten Maß im Zusammenwirken mit Alkohol. Daher sollen das Lenken von Fahrzeugen, die Bedienung von Maschinen sonstige gefahrvolle Tätigkeiten ganz, zumindest jedoch während der ersten Tage der Behandlung, unterbleiben. Die Entscheidung in jedem Einzelfall trifft der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung der individuellen Reaktion und der jeweiligen Dosierung.» (https://labeling.pfizer.com/ShowLabeling.aspx?id=2115, eingesehen am 10. Juni 2024). Zu Gunsten des Beschuldigten ist davon auszugehen, dass Dr. med. B.___ den Mischkonsum der Medikamente mit ihm besprochen hatte, aber keine konkrete Zeitdauer nannte. Auch die Packungsbeilage gibt keinen genaueren Aufschluss über eine Mindestdauer, die im Zusammenhang mit dem Fahren eingehalten werden sollte, sondern verweist auf die behandelnde Ärzteschaft. Der Beschuldigte befand sich auch nicht am Anfang der Behandlung. Die Packungsbeilage hat der Beschuldigte – seine Aussagen diesbezüglich sind glaubhaft – eigens studiert, wobei er auch im Internet recherchierte. Er fühlte sich fit und in der Lage, ein Auto zu steuern. Aufgrund der zu seinen Gunsten anzunehmenden Versicherung seiner behandelnden Ärztin ging der Beschuldigte subjektiv davon aus, dass er fahren dürfe. Mangels festgesetzter Grenzwerte für Medikamente ist es letztlich am Konsumenten, unter Berücksichtigung der ärztlichen Anordnungen zu entscheiden, ob man wieder in der Lage ist, ein Fahrzeug zu steuern. Als der Beschuldigte sich entschied, sich hinter das Steuer seines Autos zu setzen, befand er sich im Irrtum, er sei bereits wieder in der Lage, fahren zu können bzw. zu dürfen. Es ist vorliegend nicht ersichtlich, was der Beschuldigte noch hätte tun können, um diesen Irrtum zu vermeiden. Der Sachverhaltsirrtum war somit nicht vermeidbar und dem Beschuldigten ist daher auch keine Fahrlässigkeit vorwerfbar.
2.5 Im Ergebnis ist der subjektive Tatbestand nicht erfüllt. Der Beschuldigte ist daher vom Vorhalt des Fahrens in fahrunfähigem Zustand freizusprechen.
IV. Kosten und Entschädigung
1. Kosten
1.1 Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Nach Art. 428 Abs. 2 StPO können einer Partei, die ein Rechtsmittel ergriffen hat und einen für sie günstigeren Entscheid erwirkt, die Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn a) die Voraussetzungen für das Obsiegen erst im Rechtsmittelverfahren geschaffen worden sind b) der angefochtene Entscheid nur unwesentlich abgeändert wird. Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO).
1.2 Bei diesem Verfahrensausgang gehen sämtliche Verfahrenskosten (Kosten der ersten Instanz von CHF 3'100.00 und Kosten Berufungsverfahren von CHF 3'068.00 [inkl. Urteilsgebühr von CHF 2'000.00]) zu Lasten des Staates.
2. Entschädigung
2.1 Der Beschuldigte obsiegt mit seiner Berufung. Er hat daher Anspruch auf eine Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren sowie das Berufungsverfahren. Für das Verfahren vor der ersten Instanz macht der Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt André Sommer, einen Aufwand von insgesamt 13,43 Stunden geltend. Dies ist angemessen. Die Entschädigung für das Verfahren vor der Vorinstanz beträgt damit CHF 4'170.70 (inkl. Auslagen und MwSt.).
2.2 Für das Berufungsverfahren verrechnet der Rechtsanwalt insgesamt 27,59 Stunden. Dazu drängen sich folgende Anmerkungen auf: Aufgrund des Verzichts des Beschuldigten auf eine mündliche Urteilseröffnung sind die entsprechenden beiden Fahrten nach Solothurn sowie der Aufwand für die Urteilseröffnung selbst (zwei Mal 45 Minuten und 50 Minuten) sowie die entsprechenden Auslagen (CHF 48.00) zu streichen. Im Weiteren beträgt die Fahrzeit gemäss Internetrecherche nur 42 Minuten und nicht wie einmal geltend gemacht 50 Minuten, daher sind 5 Minuten zu streichen. Sodann dauerte die Berufungsverhandlung 1 Stunde und 35 Minuten und nicht wie vom Verteidiger im Voraus angenommen drei Stunden. Rechtsanwalt Sommer berechnet am 8. Februar 2024 40 Minuten Aufwand für «Studium Verfügung/Akten/Schreiben Gericht», während in den Tagen vor diesem Datum keine Verfügung erging und es sich bei dem Schreiben um ein Fristerstreckungsgesuch seinerseits handelte, weshalb der Aufwand restlos zu streichen ist. Auch am 6. Oktober 2023 und 25. September 2023 hat der Verteidiger 15 bzw. 5 Minuten verrechnet für «Studium Verfügung/Schreiben Klient/Orientierungskopie» und «Studium Verf./Akten/Vorgehen», obwohl zu keinem der genannten Daten eine Verfügung ergangen ist (die letzte davor datiert vom 21. September 2023, deren Studium er am 22. September 2023 verrechnet hat). Daher sind auch diese 20 Minuten zu streichen. Für die Berufungserklärung macht Rechtsanwalt Sommer 3,75 Stunden geltend. Diese umfasst vier Seiten mit drei Beilagen, wobei zwei Beilagen das erstinstanzliche Urteil beinhalten, und er macht bereits begründende Ausführungen. Dies ist im Rahmen eines mündlichen Berufungsverfahrens nicht angezeigt, weshalb der Aufwand um zwei Stunden zu kürzen ist. Für den Aufwand von der Eröffnung des Urteils der Vorinstanz am 20. April 2023 bis zur Berufungserklärung werden nochmals vier Stunden für mehrfaches Studium von Belegen und E-Mails geltend gemacht und allein für die Berufungsanmeldung, die keine drei Sätze umfasst, verrechnet der Verteidiger 30 Minuten. Dies ist eindeutig überhöht. Für die Berufungsanmeldung sind 15 Minuten ausreichend und die restliche Zeit von 3,75 Stunden ist um eine weitere Stunde zu kürzen. Damit ergeben sich 19,51 Stunden, die zu vergüten sind. Die Entschädigung beträgt damit CHF 5'931.65 (19,51 Stunden à CHF 270.00, Auslagen von CHF 225.20 und MwSt. von CHF 438.85).
2.3 Die gesamte Entschädigung beträgt damit CHF 10'102.35 (inkl. Auslagen und MwSt.) und ist durch den Staat Solothurn zu bezahlen, nach Rechtskraft dieses Urteils.
Demnach wird in Anwendung von Art. 398 ff., Art. 423, Art. 428 Abs. 1 und 3, Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO; erkannt: 1. Der Beschuldigte A.___ wird vom Vorhalt des Fahrens in fahrunfähigem Zustand freigesprochen.
2. A.___, verteidigt durch Rechtsanwalt André Sommer, wird für das erstinstanzliche Verfahren und das Berufungsverfahren zulasten des Staates Solothurn total eine Entschädigung von CHF 10'102.35 (inkl. Auslagen und MwSt.) zugesprochen (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn nach Rechtskraft dieses Urteils).
3. Sämtliche Verfahrenskosten (erste Instanz und Berufungsverfahren) gehen zulasten des Staates Solothurn.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin Werner Schmid |
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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