Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2023.5 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 26.09.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Das Obergericht der Strafkammer hat am 26. September 2023 in einem Fall von vorsätzlicher Tötung, Diebstahl, Raub, Irreführung der Rechtspflege, Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz und Vergehen gegen das Waffengesetz entschieden. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren und eine Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je CHF 30.00 für den Beschuldigten A.___. Der amtliche Verteidiger verlangte einen Freispruch von den Vorwürfen der vorsätzlichen Tötung, des Raubes und der Irreführung der Rechtspflege. Das Gericht entschied letztendlich, den Beschuldigten der vorsätzlichen Tötung schuldig zu sprechen und verhängte eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren sowie eine Geldstrafe. Die Gerichtskosten wurden dem Beschuldigten auferlegt. Der Beschuldigte legte Berufung ein, jedoch wurden die Ergebnisse der verdeckten Ermittlung als verwertbar betrachtet. Das Gericht fand keine Hinweise auf unzulässigen Druck oder Zwang seitens der Ermittler. |
Schlagwörter: | Opfer; Beschuldigte; Beschuldigten; Richt; Opfers; Polizei; Ermittler; Beweis; Messer; Wohnung; Miguel; Staat; Aussage; Täter; Recht; Schuld; Apos; Ermittlung; Aussagen; Urteil; Staatsanwalt; Solothurn; Indiz |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ; Art. 11 StGB ; Art. 111 StGB ; Art. 140 StGB ; Art. 140 StPO ; Art. 141 StPO ; Art. 15 StGB ; Art. 16 StGB ; Art. 32 BV ; Art. 34 StGB ; Art. 41 StGB ; Art. 416 StPO ; Art. 47 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 50 StGB ; Art. 6 EMRK ; Art. 70 StGB ; |
Referenz BGE: | 105 IV 225; 115 IV 286; 117 IV 7; 120 Ia 36; 134 IV 97; 136 IV 1; 136 IV 55; 138 IV 120; 142 IV 265; 143 I 304; 143 IV 361; 144 IV 217; 144 IV 345; 148 IV 205; |
Kommentar: | Donatsch Andreas, Hansjakob Thomas, Lieber Viktor, Wolf, Schweizer, Wohlers, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, Art. 293 OR StPO, 2020 |
Geschäftsnummer: | STBER.2023.5 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 26.09.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2023.82 |
Titel: | vorsätzliche Tötung, Diebstahl, Raub (Nötigungshandlung), Irreführung der Rechtspflege, Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Vergehen gegen das Waffengesetz |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 26. September 2023 Es wirken mit: Oberrichter Marti Oberrichter von Felten Gerichtsschreiber Wiedmer In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn
Anklägerin
A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Reto Gasser,
Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend vorsätzliche Tötung, Diebstahl, Raub (Nötigungshandlung), Irreführung der Rechtspflege, Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Vergehen gegen das Waffengesetz Es erscheinen zur Verhandlung vor Obergericht vom 26. September 2023: 1. Staatsanwalt B.___, für die Staatsanwaltschaft als Anklägerin, in Begleitung der Untersuchungsbeamtin C.___; 2. Rechtsanwalt Reto Gasser, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten.
Zudem erscheinen:
- drei Medienschaffende; - eine Zuhörerin.
Der Beschuldigte wurde mit Verfügung vom 20. September 2023 aus gesundheitlichen Gründen vom persönlichen Erscheinen dispensiert (Aktenseiten Berufungsgericht [ASB] 045).
Es stellen und begründen folgende Anträge: Staatsanwalt B.___ (ASB 055 ff.):
1. A.___ sei wegen vorsätzlicher Tötung, Raubes sowie Irreführung der Rechtspflege schuldig zu sprechen. 2. A.___ sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren sowie einer Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je CHF 30.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 3 Jahren. 3. Der Freiheitsentzug von 95 Tagen sei an die Strafverbüssung anzurechnen. 4. Die Kosten des Verfahrens seien A.___ aufzuerlegen. 5. Das Honorar der amtlichen Verteidigung von A.___, Rechtsanwalt R. Gasser, sei durch das Gericht festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleibe der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren bei wirtschaftlich günstigen Verhältnissen.
Der amtliche Verteidiger Reto Gasser (ASB 069):
1. Es sei festzustellen, dass das Urteil des Amtsgerichts Olten-Gösgen vom 29. November 2022 hinsichtlich der Ziffern 1, 5, 6, 7, 8 und 9 in Rechtskraft erwachsen sei. 2. Der Beschuldigte sei freizusprechen von den Vorhalten der vorsätzlichen Tötung, des Raubes und der Irreführung der Rechtspflege. 3. Der Beschuldigte sei der Widerhandlung gegen das Waffengesetz i.S.v. Ziff. 6 der Anklage schuldig zu sprechen. 4. Der Beschuldigte sei zu einer Geldstrafe in der Höhe von 10 Tagessätzen zu je CHF 30.00 zu verurteilen, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren. 5. Der Beschuldigten sei für die zu Unrecht ausgestandene Untersuchungshaft von 91 Tagen mit CHF 18'200.00 zu entschädigen. 6. Die Kosten des Verfahrens seien vom Staat zu tragen, wobei ein Anteil dem Beschuldigten aufzuerlegen ist infolge Verurteilung wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz. Die Höhe des vom Beschuldigten zu tragenden Anteils sei ermessensweise durch das Gericht festzulegen. 7. Die Kosten der amtlichen Verteidigung seien vom Staat zu tragen unter Festlegung des Nachzahlungsanspruches der amtlichen Verteidigung zum ordentlichen Honorar von CHF 230.00.
Damit endet der öffentliche Teil der Berufungsverhandlung und das Gericht zieht sich zur geheimen Urteilsberatung zurück.
Es erscheinen zur mündlichen Urteilseröffnung vom 27. September 2023:
1. Staatsanwalt B.___, für die Staatsanwaltschaft als Anklägerin; 2. Rechtsanwalt Reto Gasser, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten.
Zudem erscheinen:
- zwei Medienschaffende; - zwei Zuhörende.
Das Verfahrensprotokoll wurde separat abgefasst und zu den Akten genommen (ASB 046 ff.).
Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte
1. Am Sonntag, 20. Dezember 2015, meldete D.___ der Polizei Kanton Solothurn (nachfolgend: die Polizei), er habe seinen Bruder E.___ (nachfolgend: das Opfer) seit längerer Zeit nicht mehr erreichen können. Die gleichentags zur Einzimmer-Wohnung des Opfers ausgerückte Polizei traf dort auf eine Leiche, welche später als E.___ identifiziert werden konnte. Die Leiche lag auf dem Rücken, um den Körper hatte es eingetrocknete Körper- und Blutflüssigkeit. Nach der darauffolgenden Obduktion gelangte der Gutachter des IRM Aarau zur ersten Einschätzung, dass der Tod höchstwahrscheinlich durch Einwirkung auf den Kopf mit einem Gegenstand herbeigeführt worden war. Diese Verletzung sei durch eine Drittperson verursacht worden. Ins Visier der Ermittler geriet rasch auch A.___ (nachfolgend: der Beschuldigte), der mit dem Opfer im Drogenhandel zusammengearbeitet haben solle (vgl. «Bericht aussergewöhnlicher Todesfall» der Polizei vom 4. Januar 2016, Akten Staatsanwaltschaft Seiten [AS] 001 ff. und Nachtragsrapport der Polizei vom 9. August 2016, AS 013 ff., dabei insbesondere AS 034 ff.). Namentlich aufgrund der Analyse der Erstaussagen des Beschuldigten und der Auswertung der RTI der Handys des Opfers geriet der Beschuldigte in den Fokus der Ermittlungen (AS 110).
2. Mit Verfügung vom 22.12.2015 eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (nachfolgend: die Staatsanwaltschaft) eine Untersuchung wegen vorsätzlicher Tötung gegen Unbekannt.
3. Mit Verfügung vom 14. Januar 2016 eröffnete die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung gegen den Beschuldigten.
Am 10. August 2017 ordnete die Staatsanwaltschaft die Observation des Beschuldigten an.
4. Am 23. September 2017 ging bei der Polizei eine Meldung ein, wonach F.___ in der Winkelunterführung in Olten ausgeraubt worden sei.
Mit Verfügung vom 23. September 2017 eröffnete die Staatsanwaltschaft diesbezüglich eine Untersuchung gegen den Beschuldigten betreffend Raub und Vergehen gegen das Waffengesetz. Gleichentags wurde dem Beschuldigten Rechtsanwalt Reto Gasser als amtlicher Verteidiger bestellt.
5. Am 19. März 2018 ordnete die Staatsanwaltschaft eine weitere Observation des Beschuldigten an. Am 14. Mai 2018 ordnete die Staatsanwaltschaft eine verdeckte Ermittlung gegen den Beschuldigten an, welche mit Verfügung des Haftgerichts vom 17. Mai 2018 genehmigt wurde.
Am 18. Juni 2018 ordnete die Staatsanwaltschaft eine weitere verdeckte Ermittlung gegen den Beschuldigten an, welche mit Verfügung des Haftgerichts vom 21. Juni 2018 genehmigt wurde.
Mit Verfügungen des Haftgerichts vom 9. Mai 2019 und 12. November 2019 wurde der Einsatz der verdeckten Ermittlung auf Antrag der Staatsanwaltschaft verlängert.
Am 24. Mai 2019 ordnete die Staatsanwaltschaft eine weitere Observation des Beschuldigten an.
Mit Verfügung vom 21. Februar 2020 erklärte die Staatsanwaltschaft die verdeckte Ermittlung für beendet.
6. Am 24. Februar 2020 wurde der Beschuldigte vorläufig festgenommen.
Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 26. Februar 2020 wurde Rechtsanwalt Reto Gasser rückwirkend ab 24. Februar 2020 betreffend vorsätzliche Tötung als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten eingesetzt.
Mit Verfügung vom 27. Februar 2020 genehmigte das Haftgericht den Antrag der Staatsanwaltschaft und ordnete gegen den Beschuldigten Untersuchungshaft bis am 26. Mai 2020 an.
Am 31. März 2020 teilte die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten die gegen seine Person angeordnete Observation und verdeckte Ermittlung schriftlich mit.
Am 26. Mai 2020 wurde der Beschuldigte aus der Untersuchungshaft entlassen.
7. Am 12. April 2021 erhob die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht von Olten-Gösgen Anklage gegen den Beschuldigten wegen der Vorhalte der vorsätzlichen Tötung, des Diebstahls, der mehrfachen Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG), des Raubes, der Irreführung der Rechtspflege und der Widerhandlung gegen das Waffengesetz (WG, Akten Richteramt Olten-Gösgen Seiten 1 ff. nachfolgend: OG AS 1 ff.).
8. Am 23. November 2022 führte das Amtsgericht mehrere Einvernahmen durch. Befragt wurden zwei verdeckte Ermittler (vE A 2100 alias «Peter Herzog» und vE A 3880 alias «Miguel Rosario») und deren Leitende Führungsperson vom Fedpol, G.___ (OG AS 67 ff.). Die Parteien wurden per Video zu den durch den Gerichtspräsidenten durchgeführten Befragungen zugeschaltet, die Befragung der beiden verdeckten Ermittler wurde den Parteien ohne Bild und mit verzerrtem Ton übertragen. Am 24. November 2022 fand die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Olten-Gösgen statt mit Befragung des Beschuldigten (OG AS 105 ff.).
9. Am 29. November 2022 fällte das Amtsgericht folgendes Strafurteil:
« 1. A.___ wird wie folgt freigesprochen: a) Diebstahl, angeblich begangen in der Nacht vom 16.10.2015 auf den 17.10.2015 (AnklS Ziff. 2) b) Mehrfaches Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, angeblich begangen Ende Juli 2015 (AnklS Ziff. 3). 2. A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht: a) Vorsätzliche Tötung, begangen in der Nacht vom 16.10.2015 auf den 17.10.2015 (AnklS Ziff. 1) b) Raub, begangen am 23.09.2017 (AnklS Ziff. 4) c) Irreführung der Rechtspflege, begangen am 23.09.2017 (AnklS Ziff. 5) d) Widerhandlung gegen das Waffengesetz, begangen am 23.09.2017 (AnklS Ziff. 6). 3. A.___ wird verurteilt zu: a) einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren b) einer Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je CHF 30.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 3 Jahren. 4. A.___ wird die Haft vom 23.09.2017-24.09.2017 und 24.02.2020-26.05.2020, total 95 Tage, an die Freiheitsstrafe angerechnet. 5. Folgende im Verfahren gegen A.___ sichergestellten Gegenstände (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) sind bis zum Ende der Vollstreckungsverjährung der Freiheitsstrafe nach Ziff. 3.a) vorstehend aufzubewahren und danach zu vernichten: - Spurenträger 2-92, Rap-Nr. […] - 1 Doppelrundzylinder - 2 Bohrmuldenschlüssel - 4 Notizzettel - 4 Zigarettenschachteln - 1 Zigarettenschachtel - 1 Karabinerhaken - 1 Steckleiste mit 4 Ladegeräten - 2 Reisepässe Kroatien - 1 Geburtsurkunde - Diverse Briefe/Auszüge - 1 Trägerkarte - 1 Fotografie - 1 Notizblock Neue Aargauer Bank - Inhalt Briefkasten - 1 Postkarte aus Briefkasten - 6 Brillenetuis - 4 Brillenpässe - 1 Ladegerät Nokia - Diverse Medikamente - Schriftstück (HD Nr. 18). 6. Das im Verfahren gegen A.___ sichergestellte Bargeld von total CHF 2'440.00 (eingezahlt bei der Zentralen Gerichtskasse Solothurn) wird nach Rechtskraft des Urteils als unrechtmässiger Vermögensvorteil eingezogen und verfällt dem Staat. 7. Folgende im Verfahren gegen A.___ sichergestellten Gegenstände werden den jeweils Berechtigten nach Rechtskraft des Urteiles herausgegeben, wobei innert 10 Tagen nach Erhalt des Urteilsdispositivs der Herausgabeanspruch beim Gericht geltend zu machen ist: - 1 Brief «Deine Art Migell», Berechtigter A.___ (Aufbewahrungsort: in den Akten) - 1 Paket mit Pullover, Berechtigte H.___ (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) - 1 Brief, Berechtigte H.___ (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) - 1 Postkarte, Berechtigte H.___ (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) - 8 CDs, Berechtigte H.___ (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn). Ohne ein solches Begehren wird Verzicht angenommen und die Gegenstände werden in den Akten belassen (Briefe) bzw. vernichtet. 8. Das im Verfahren gegen A.___ beschlagnahmte Klappmesser (rostfrei, Länge 27.50 cm, Klingenlänge 12.50 cm; Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) wird eingezogen und nach Rechtskraft des Urteils vernichtet. 9. Das im Verfahren gegen A.___ beschlagnahmte Bargeld von CHF 40.00 (einbezahlt bei der Zentralen Gerichtskasse Solothurn) ist F.___ nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils herauszugeben. 10. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Reto Gasser, wird auf CHF 37'162.15 (inkl. Auslagen und MwSt. zu 8% bzw. 7.7%) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Nach Abzug der am 18.12.2019 und am 11.01.2022 erfolgten Akontozahlungen von CHF 4'391.50 und CHF 15’000.00 ist dem amtlichen Verteidiger noch ein Betrag von CHF 17'770.65 auszubezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 9'874.35 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00/h, inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 11. Die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 35'000.00, total CHF 186'365.05, hat A.___ im Umfang von CHF 172'855.05 zu tragen. Die übrigen Kosten (CHF 13'510.00) gehen zu Lasten des Staates Solothurn.»
10. Mit Eingabe vom 5. Dezember 2022 liess der Beschuldigte die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil anmelden (OG AS 266). Mit Berufungserklärung vom 25. Januar 2023 liess der Beschuldigte die Berufung wie folgt beschränken: Angefochten würden die Schuldsprüche wegen vorsätzlicher Tötung, Raubes und Irreführung der Rechtspflege. Er sei zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je CHF 30.00 unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren zu verurteilen. Weiter sei er für die zu Unrecht ausgestandene Untersuchungshaft von 91 Tagen mit CHF 18'900.00 zu entschädigen. Die Kosten des Verfahrens seien entsprechend dem Ausgang des Prozesses zu verlegen.
Der Oberstaatsanwalt teilte mit Eingabe vom 31. Januar 2023 mit, es würden weder ein Antrag auf Nichteintreten auf die Berufung gestellt noch eine Anschlussberufung erklärt.
11. Damit ist das erstinstanzliche Urteil wie folgt teilweise in Rechtskraft getreten: - Ziffer 1: Freisprüche; - Ziffer 2 (teilweise): Schuldspruch wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz (lit. d); - Ziffern 5 bis 9: Entscheide über Sicherstellungen; - Ziffer 10 (teilweise): Höhe der dem amtlichen Verteidiger zugesprochenen Entschädigung.
12. Mit Verfügung vom 6. April 2023 wurden die Parteien auf den 26. September 2023 zur Berufungsverhandlung vorgeladen. Mit Verfügung des Verfahrensleiters vom 20. September 2023 wurde der Beschuldigte aus gesundheitlichen Gründen vom persönlichen Erscheinen dispensiert.
II. Verwertbarkeit der Ergebnisse der verdeckten Ermittlung
1. Vorliegend stellt sich die Frage der Verwertbarkeit der durch die Staatsanwaltschaft angeordneten und vom Haftgericht genehmigten verdeckten Ermittlungen. Der Beschuldigte macht im Wesentlichen eine unzulässige Einwirkung durch die verdeckten Ermittler geltend. 2. Am 14. Mai 2018 ordnete die Staatsanwaltschaft zur Aufklärung der Tötung des Opfers im Verfahren gegen den Beschuldigten den Einsatz von zwei verdeckten Ermittlern (vE A 2100 alias «Peter Herzog» und vE A 7707 alias «Sonja Fernandez») an (AS 4009 ff.), welche mit Verfügung des Haftgerichts vom 17. Mai 2018 für die Dauer eines Jahres genehmigt wurde (AS 4024 ff.).
Am 18. Juni 2018 ordnete die Staatsanwaltschaft den Einsatz eines weiteren verdeckten Ermittlers an (vE A 3880 alias «Miguel Rosario», AS 4033 ff.), was vom Haftgericht am 21. Juni 2021 genehmigt wurde (AS 4040 ff.).
Am 9. Mai 2019 genehmigte das Haftgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Weiterführung des Einsatzes der drei verdeckten Ermittler bis zum 13. November 2019 (AS 4057 ff.), am 12. November erfolgte die Genehmigung der Verlängerung bis zum 13. Mai 2020 (AS 4064 ff.).
Am 21. Februar 2020 wurde der Einsatz der verdeckten Ermittler beendet.
Am 31. März 2020 teilte die Staatsanwaltschaft dem amtlichen Verteidiger die verdeckte Ermittlung schriftlich mit, ein Rechtsmittel wurde nicht erhoben.
3. In den Anordnungen wurden die Weisungen der Staatsanwaltschaft zur Durchführung der verdeckten Ermittlung jeweils detailliert wiedergegeben: Zielperson, Auftrag und Dauer; mit der verdeckten Ermittlung betraute Personen; Umfang des Einsatzes und Berichterstattung; Mass der zulässigen Einwirkung des verdeckten Ermittlers; Belehrung der verdeckten Ermittler; Zufallsfunde; Besondere Vorfälle; Dauer und Zwischenbericht.
In der ersten Anordnung vom 14. Mai 2018 wurde das «Mass der zulässigen Einwirkung des verdeckten Ermittlers» auf die Zielperson wie folgt umschrieben: «Der verdeckte Ermittler darf nicht mit psychischem Druck die kommunikative Autonomie der Zielperson einschränken. Überschreitet der Ermittler die Schranken des zulässigen Verhaltens, so ist die Staatsanwaltschaft sofort zu verständigen.» (AS 4010). Im Rahmen der «Instruktion zur verdeckten Ermittlung» wurde zum «Mass der zulässigen Einwirkung des verdeckten Ermittlers u.a. festgehalten: «Der verdeckte Ermittler darf die Zielperson nicht zu selbstbelastenden Äusserungen drängen. Der verdeckte Ermittler darf aber Aussagen zur Kenntnis nehmen, welche die Zielperson, ohne dazu gedrängt zu werden, von sich aus macht. Einfaches Nachfragen ist zulässig. Die Gesprächsführungen sind mit den Führungspersonen und dem Verfahrensleiter abzusprechen.» (AS 4046). Die Zwangsmassnahme sollte gemäss Zielsetzung dazu beitragen, den Tatverdacht gegen den Beschuldigten zu bestärken aber zu entkräften. Mit Hilfe der verdeckten Ermittlung sollte eine allfällige Beteiligung des Beschuldigten am Tötungsdelikt zum Nachteil des Opfers geklärt werden (AS 4044).
4. In BGE 148 IV 205 vom 24. März 2022 hält das Bundesgericht zum Mass der zulässigen Einwirkung verdeckter Ermittler auf den Beschuldigten zusammengefasst folgendes fest:
Der verdeckten Ermittlung seien enge Grenzen gesetzt, welche namentlich dann greifen, wenn der Beschuldigte im Verfahren von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache. Die verdeckte Ermittlung dürfe nicht zu einer Umgehung dieses Rechts führen. Eine solche Umgehung liege vor, wenn der verdeckte Ermittler unter Ausnützung des geschaffenen Vertrauensverhältnisses in einer vernehmungsähnlichen Weise dem Beschuldigten Fragen unterbreite, die diesem bei der Einvernahme gestellt wurden hätten gestellt werden sollen, und ihn zur Aussage dränge. Keine Umgehung des Aussageverweigerungsrechts liege dagegen vor, wenn der verdeckte Ermittler lediglich Äusserungen des Beschuldigten zur Kenntnis nehme, die dieser von sich aus, ohne vom verdeckten Ermittler dazu gedrängt worden zu sein, gemacht habe. Der Beschuldigte sei nicht davor geschützt, dass Äusserungen, die er aus eigener Initiative tätige, von Dritten wahrgenommen werden und deshalb Eingang in das Strafverfahren finden (E. 2.5.2). Auch bei Anwendung einer verdeckten Ermittlung sei das Verbot gewisser Beweiserhebungsmethoden gemäss Art. 140 StPO zu beachten. Relativierungen erfahre diese Bestimmung im Rahmen verdeckter Ermittlungen lediglich hinsichtlich des Täuschungsverbots. Folge der Überschreitung der Grenzen der verdeckten Ermittlung sei ein absolutes Verwertungsverbot nach Art. 141 Abs. 1 StPO (E. 2.8.8). Im konkreten vom Bundesgericht zu beurteilenden Fall gab sich eine verdeckte Ermittlerin als Wahrsagerin aus und setzte den Beschuldigten unter Ausnutzung von dessen Abergläubigkeit mittels Heraufbeschwörens eines «bösen Geistes» des Opfers, welcher besänftigt werden könne, wenn der Beschuldigte «reinen Tisch mache», unter Druck. Schliesslich legte der Beschuldigte ein Geständnis ab. Das Bundesgericht erachtete das Geständnis als unverwertbar. Dieses sei nicht aus eigener Initiative und freien Stücken erfolgt, sondern als Resultat einer von den verdeckten Ermittlern geschickt aufgebauten inneren Zwangslage, sukzessive genährten Angst und stetig intensivierten Drucksituation. Sein Aussageverweigerungsrecht sei damit unterlaufen worden. Die Vorgehensweise der verdeckten Ermittler sei mit dem Fairnessgebot (Art. 6 Ziff. 1 EMRK) nicht vereinbar und als verbotene Beweiserhebungsmethode im Sinne von Art. 140 Abs. 1 StPO einzustufen. Das aus der verdeckten Ermittlung hervorgegangene Geständnis des Beschuldigten sei daher unverwertbar im Sinne von Art. 141 Abs. 1 StPO (E. 2.9).
5. Eine einvernahmeähnliche Situation liegt nicht schon vor, wenn der verdeckte Ermittler dem Beschuldigten Fragen zur Straftat stellt, die dem in dieser Situation sozial Üblichen entsprechen. Dabei ist zu bedenken, dass es auch im normalen Leben durchaus vorkommt, dass eine Person eine andere zu einem besonders interessanten Thema ausfragt. Eine einvernahmeähnliche Befragung setzt vielmehr voraus, dass der Beschuldigte systematisch und intensiv befragt wird, dass gezielt Details nachgefragt und Widersprüche ausgeräumt werden. Inhaltlich geht es um Fragen, die der Zielperson auch in einer Einvernahme gestellt würden. Erforderlich ist zudem entweder eine spezielle Beziehung zwischen dem verdeckten Ermittler und dem Beschuldigten die Ausübung von Zwang unzulässigem Druck seitens des Ermittlers. Der EGMR sah dieses Merkmal etwa bei «hartnäckigem Befragen» durch einen Zellengenossen als erfüllt. Für die Frage, ob Zwang ausgeübt wurde, um die Aussagen des Beschuldigten zu erlangen, ist massgebend, ob der Beschuldigte frei entscheiden konnte, ob er dem verdeckten Ermittler die Informationen gibt nicht. Diese Freiheit kann durch die Art der Beziehung zwischen verdecktem Ermittler und Beschuldigtem beeinträchtigt werden, etwa bei einem Subordinations-, Abhängigkeits- einem Liebesverhältnis. Weiter kann die Freiheit dadurch eingeschränkt sein, dass der Beschuldigte faktisch keine Möglichkeit hat, den Fragen des verdeckten Ermittlers zu entgehen. Dies kann durch die äusseren Umstände bestimmt sein (etwa wenn der Beschuldigte inhaftiert hospitalisiert ist) durch innere (etwa Drohung, psychologischer Druck). Der EGMR nahm eine solche Drucksituation etwa bei einem Beschuldigten an, der wegen Verdachts auf Mord inhaftiert war, wobei der verdeckte Ermittler mit ihm die Zelle teilte und ihn hartnäckig befragte, während er parallel auch durch die Polizei einvernommen wurde, wo er konstant die Aussage verweigerte. Ein Zwang wurde hingegen bei einem verdeckten Ermittler verneint, der als Untergebener bzw. Auftragnehmer des sich in Freiheit befindlichen Beschuldigten agierte und diesem vorgaukelte, die vom Beschuldigten in Auftrag gegebenen Morde verübt zu haben, und den Beschuldigten danach in ein Gespräch verwickelte, wobei er ihm zum Beweis, dass er den Auftrag ausgeführt hatte, Gegenstände übergab, die den angeblich Getöteten gehört hatten. Eine Zwangsausübung kann nicht leichthin angenommen werden. Es ist zunächst davon auszugehen, dass jedermann frei ist, sich gegenüber andern zu bestimmten Themen zu äussern. Im Normalfall ist es jeder Zielperson problemlos möglich, unangenehmen Fragen auszuweichen, zu lügen schlicht zu schweigen. Äusserungen der Zielperson, die unter solchen Normalbedingungen ergehen, erfolgen freiwillig und können im Rahmen der verdeckten Ermittlung verwertet werden. Dies gilt auch, wenn der verdeckte Ermittler zu diesem Zweck einen grossen Täuschungsaufwand betreibt. Anders ist die Situation nur, wenn sich die Zielperson in einer Ausnahmesituation befindet, in der sie nicht mehr frei entscheiden kann, ob bzw. wie sie sich zu einem bestimmten Thema gegenüber dem verdeckten Ermittler äussert. Wird eine solche Situation durch den Staat geschaffen eine bestehende Ausnahmesituation ausgenützt, muss von einer Zwangsausübung ausgegangen werden (Hansjakob Thomas/Pajarola Umberto, in: Donatsch Andreas/Lieber Viktor/Summers Sarah/Wohlers Wolfgang [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, 3. Aufl., Zürich - Basel - Genf 2020, Art. 293 Mass der zulässigen Einwirkung N 14 ff. mit Hinweisen).
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass eine einvernahmeähnliche Situation nicht schon dann zu bejahen ist, wenn die verdeckten Ermittler den Zielpersonen Fragen stellen, die diesen auch im Rahmen einer Einvernahme gestellt worden wären. Wesentlich ist die Ausübung eines entsprechenden Druckes, der dem entspricht, welchem eine befragte Person anlässlich einer Einvernahme ausgesetzt ist.
6. 6.1 Vorweg kann festgestellt werden, dass die Anordnung der verdeckten Ermittlung rechtmässig erfolgte, gegen deren Mitteilung wurde denn auch kein Rechtsmittel erhoben. Das Bundesgericht hat in einem publizierten Solothurner Fall, BGE 143 I 304, auch entschieden, dass sich eine verdeckte Ermittlung auch gegen einen Einzeltäter als Zielperson richten kann. Dies entspricht auch der langjährigen Praxis des Berufungsgerichts (STBER.2014.43, STBER.2021.100).
6.2 Im vorliegenden Fall sind die Interaktionen zwischen den insgesamt drei verdeckten Ermittlern und dem Beschuldigten in zahlreichen Amtsberichten, insgesamt sind es deren 56 (AS 4069 ff.), dokumentiert (s. Ordner 4, AS 4000 ff.). An der inhaltlichen Richtigkeit dieser Amtsberichte ist nicht zu zweifeln: Zwei verdeckte Ermittler sowie deren Führungsperson G.___ wurden durch die Vorinstanz als Zeugen unter Wahrheitspflicht befragt und bestätigten die Richtigkeit der Amtsberichte. Der verdeckte Ermittler «Miguel» (VE A2880) war bereits staatsanwaltschaftlich befragt worden (AS 6215 ff.). Die Vorinstanz hat auf US 12 ff. denn auch zahlreiche Details (Übereinstimmungen Amtsberichte und Aussagen des Beschuldigten) aufgelistet, aus denen sich die Korrektheit der Schilderungen der verdeckten Ermittler ergibt. Darauf kann verwiesen werden. Ebenso auf die Aufstellung des Staatsanwaltes im Parteivortrag vor Amtsgericht im Rahmen der Konstanzanalyse der Aussagen des verdeckten Ermittlers «Miguel» (OG AS 149 ff). Die Amtsberichte zeugen auch nicht von Belastungseifer der verdeckten Ermittler. Hätte der verdeckte Ermittler «Miguel» einfach den Beschuldigten mit falschen Angaben überführen wollen, hätte er sicher nicht im Bericht aufgeführt, der Beschuldigte habe gesagt, das Opfer habe am Schluss noch gelebt, er habe dieses gar nicht umgebracht. Dann hätte «Miguel» berichtet, der Beschuldigte habe gesagt, er habe das Opfer danach mit einem Gegenstand mehrfach auf den Kopf geschlagen. Auch die entlastenden Aussagen des Beschuldigten haben somit Eingang gefunden in die Amtsberichte. Der Beschuldigte hat im Übrigen auch nie konkrete Einwendungen erhoben gegen die Inhalte der Amtsberichte.
6.3 Der Beschuldigte wohnte damals an der [Adresse 1] in [Ort 1]. Aus den Amtsberichten zu den Einsätzen der verdeckten Ermittler sowie deren Aussagen geht zusammengefasst hervor, dass sich der Beschuldigte aufgrund eines Inserats an einer Pinnwand bei einem der verdeckten Ermittler meldete. Er kümmerte sich um kleinere Arbeiten (Briefkasten leeren, lüften, Pflanzen giessen) betreffend eine Wohnung an der [Adresse 2], welche die verdeckten Ermittler gemietet hatten, und erhielt dafür ein kleines Entgelt. Die Ermittler traten als Sonja Fernandez, Peter Herzog und Miguel Rosario auf. In der Wohnung war ein Atelier eingerichtet worden. Dort führte Peter Herzog Interviews mit verschiedenen Personen über ihr Leben, um diese Geschichten in einem Buch festzuhalten. Miguel Rosario trat ebenfalls als Person auf, welche eine Geschichte zu erzählen gehabt habe und deswegen von Peter Herzog unterstützt worden sei. Zusätzlich malte er in der genannten Wohnung auch Bilder zwecks Verarbeitung seiner Lebensgeschichte. So beschrieb dies auch der Beschuldigte und nannte Details, die wie erwähnt auch in den Amtsberichten vorkommen. Weiter hat sich der Beschuldigte mit der Zeit gegenüber den verdeckten Ermittlern geöffnet und ihnen viel aus seinem Leben erzählt und geschildert, wie seine Ehefrau und seine Tochter sowie seine Schwester und sein Hund O.___ ums Leben gekommen waren. Er entschuldigte sich gar für seine langen Monologe (AS 4077). Die verdeckten Ermittler Peter Herzog und Miguel Rosario haben bei ihren Einvernahmen erwähnt, dass der Beschuldigte sehr viel von sich aus erzählt habe. Sie hätten ihn nie zu etwas gezwungen, er habe immer die Möglichkeit gehabt, sich zurückzuziehen. Nebst den verdeckten Ermittlern hat auch deren Führungsperson geschildert, wie die Amtsberichte entstanden sind und wie gearbeitet wurde. Der Beschuldigte beschrieb das Verhältnis zu Miguel Rosario so, dass ihn dieser fast etwas genervt habe, weil er immer mit ihm habe Pizza essen und Bier trinken wollen. Er habe ihm dann jeweils gesagt, es gehe nicht, er gehe zum Vater mache etwas mit seiner Schwester. Er habe jetzt nichts mehr von ihm gehört. Es ist somit davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte durchaus gut abgrenzen konnte, was auch anhand der mehreren Terminabsagen zu erkennen ist. Er konnte immer selbst entscheiden, ob und wann er in die Wohnung ging. Zudem interessierte sich der Beschuldigte immer für die Malerei des verdeckten Ermittlers Miguel (Bilder zur Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit) und wollte mit diesem darüber sprechen. Eine übermässige Einwirkung auf die Zielperson, wie sie das Bundesgericht im Urteil 6B_210/2021 vom 24.03.2022 zu beurteilen hatte, ist nicht auszumachen. Nicht einmal den Aussagen des Beschuldigten lassen sich derartige Hinweise entnehmen. Der Beschuldigte als Ziel der verdeckten Ermittlungen konnte sich zu allem äussern und ohne weiteres vorbringen, wie bei dieser verdeckten Ermittlung vorgegangen worden sei und namentlich, inwiefern er unter Druck gesetzt worden sei. Nachdem ihm am 25. Februar 2020 offenbart wurde, dass diese Personen verdeckte Ermittler waren, sagte er, dass er dies bereits wisse (AS 7044).
6.4 Dies gilt namentlich auch für die beiden Amtsberichte Nrn. 49 und 54, in denen Aussagen des Beschuldigten aufgeführt sind, die sich auf die inkriminierte Tat beziehen können: - Gemäss Amtsbericht Nr. 49 habe sich Peter Herzog am 30. Oktober 2019 mit dem Beschuldigten in der Wohnung unterhalten und es wurde über die vom verdeckten Ermittler geführten Interviews gesprochen. Der Beschuldigte äusserte dann, er könne sich nicht vorstellen, dass man sich dabei komplett öffnen und das Innerste erzählen könne. Wenn er so etwas mal machen würde, müsste er es zunächst aufschreiben, um eine Struktur zu bekommen. Das ginge gar nicht auf einmal. Darauf sagte der Beschuldigte, es gebe Dinge in seinem Leben, die er noch nie jemandem erzählt habe. Dinge bis zu einem Mord (Sprechpause von ca. zwei Sekunden) in Deutschland (AS 4225). - Gemäss Amtsbericht Nr. 54 unterhielt sich der Beschuldigte am 16. Januar 2020 mit dem verdeckten Ermittler Miguel (die beiden duzten sich). Letzterer hatte ein Bild gemalt von einem Mann, der einen anderen von hinten erdrosselte (der Täter hatte blutige Hände und das Gesicht des Opfers war blutig). Dem Beschuldigten war bekannt, dass die Schwester von Miguel vergewaltigt worden sei, und er hatte auch schon geäussert, er hätte den Täter umgebracht, wenn es sich um seine Schwester gehandelt hätte. Miguel sagte, er habe Herrn Herzog nun seine ganze Geschichte erzählt, und schaute dabei auf das genannte Bild. Der Beschuldigte antwortete: «Ja, ja, du hast geredet.» Er habe ja gesagt, er hätte den Typen kaputt gemacht. Dabei machte der Beschuldigte mit seiner Hand ein Kreuzzeichen in die Luft und fragte «Ja, so?» Miguel antwortete: «Ja klar, den Typen habe ich kaputt gemacht» und gab dem Beschuldigten damit zu verstehen, dass er den Typen getötet habe. Der Beschuldigte antwortete darauf: «Ja, ja, ja, ich eben auch.» Auf die Frage von Miguel, was er mit «ich eben auch» meine, und er habe es doch sicher nicht wie er (Miguel) gemacht, gab der Beschuldigte an: «Doch, doch, ich eben auch. Es sei so ein verdammter Dreckjugo gewesen.»
Auf den Amtsbericht 54 angesprochen führte der Beschuldigte an, sie (die verdeckten Ermittler) hätten immer Fragen gestellt. Dies steht im Widerspruch zu den Amtsberichtsinhalten und den Zeugenaussagen der Ermittler. Dass der Beschuldigte durchaus mitteilungsbedürftig ist, zeigte sich auch vor der Vorinstanz: Obwohl er grundsätzlich nicht zu Aussagen bereit war, antwortete er auf zahlreiche Fragen. Auch am 25. Februar 2020, nachdem er bzw. sein Anwalt kurz nach der Mitteilung der verdeckten Ermittlung gegen ihn einen Unterbruch der Einvernahme verlangt hatte und er danach bekannt gegeben hatte, keine Aussagen mehr zu machen, antwortete er trotzdem auf die danach gestellten Fragen. Auf der Videoaufnahme der Einvernahme vom 25. Februar 2020 ist zu sehen, dass der Beschuldigte mitteilungsbedürftig ist, sich nicht zurückhalten kann und weiterspricht, wenn Pausen gemacht werden, um seine Aussagen sauber zu protokollieren. Dass er – wie behauptet – immer nur auf Fragen hin etwas gesagt habe, entspricht somit nicht seiner Natur. An der erstinstanzlichen Hauptverhandlung hatte er die Möglichkeit selbst darzulegen, wie die Gespräche zwischen ihm und den Ermittlern verlaufen seien. Das Einzige, was er bemängelte, war, dass nicht erwähnt wurde, dass ihm einmal bereits am Morgen von Miguel Rosario ein Bier angeboten wurde. Wären die Inhalte der Amtsberichte derart falsch, so wäre von einer beschuldigten Person zu erwarten, dass sie ihre Sicht der Dinge darlegt, was vorliegend nicht der Fall war.
6.5 Die Amtsberichte zeigen, dass bei den oben geschilderten wesentlichen Aussagen des Beschuldigten von einer einvernahmeähnlichen Situation, welche das Aussageverweigerungsrecht des Beschuldigten ausgehöhlt hätte, keine Rede sein kann. Es lag weder eine «eindringliche» «hartnäckige» Befragung noch ein systematisches «Ausfragen» vor. Der Erwerb des Vertrauens der Zielperson ist nachgerade die primäre Aufgabe einer verdeckten Ermittlung, vorliegend wurde – im Gegensatz zum Sachverhalt in STBER.2021.100 – nicht einmal ein eigentliches Freundschaftsverhältnis aufgebaut. Ebenso ist es logischer Teil der verdeckten Ermittlung, dass der Ermittler die Zielperson über sich und sein Leben täuscht. Deshalb ist auch die von «Miguel» vorgetragene Geschichte, er habe den Vergewaltiger seiner Schwester ermordet, unproblematisch. Der Beschuldigte machte seine Bemerkung («Ja, ja, ich eben auch, ich eben auch») in der Folge von sich aus, er wurde nicht einmal danach gefragt. Der Beschuldigte ist eine offene Person, die kein Geheimnis um ihre Vergangenheit machte. In dieser Konstellation ist auch klar, dass gewisse Rückfragen und Bezugnahmen auf von der Zielperson Geäussertes im sozialadäquaten Rahmen gar nicht zu vermeiden waren, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Ein solches Vertrauensverhältnis zu schaffen gehört denn auch zum Wesen jeder verdeckten Ermittlung. Das Schaffen von Vertrauen und das anschliessende Nützen dieser Vertrauensstellung, um Informationen zu erlangen, welche die Zielpersonen den erkennbaren Ermittlern nicht preisgeben würden, ist unter dem Aspekt eines fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK nicht zu beanstanden. Dies gilt zumindest so lange, als kein Abhängigkeitsverhältnis entsteht, welches die Freiheit der Zielperson, sich zu äussern, tangiert. Damit von einer unzulässigen einvernahmeähnlichen Situation gesprochen werden kann, muss ein Druck- Zwangselement hinzukommen. Der reine Umstand, dass die Ermittler Fragen zum Prozessgegenstand stellen, reicht nicht. Letzteres ist zulässig. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist keine Verletzung des Grundsatzes des «fair trial» (Art. 6 EMRK) auszumachen. Was der Beschuldigte aus allenfalls fehlenden WhatsApp- auch SMS-Nachrichten aus der verdeckten Ermittlung für sich ableiten will, ist nicht klar: Die im Amtsbericht 54 geschilderten (und vorliegend entscheidenden) Vorgänge haben mit WhatsApp- SMS-Nachrichten nichts zu tun. Der Beschuldigte, dem diese Nachrichten ja alle bekannt waren, hat im Übrigen selbst nie eine konkrete Nachricht benannt, welche von Bedeutung sein könnte. Die Ergebnisse der verdeckten Ermittlung sind im vorliegenden Fall verwertbar. Daran ändert nichts, dass der Beschuldigte am Nachmittag des 16. Januar 2020 nach eigenen Angaben nach dem Konsum von Schnapskaffee «etwas beschwipst» war (was der verdeckte Ermittler auch transparent darlegte): Der Alkohol war ihm nicht von den verdeckten Ermittlern angeboten worden, sie trugen zu diesem vorgängigen Konsum nichts bei. Zudem vermitteln die protokollierten Aussagen des Beschuldigten keineswegs den Eindruck, er sei in seinen geistigen Fähigkeiten durch den Alkoholkonsum irgendwie beeinflusst. Kaffee mit Schnaps werden in der Regel auch nicht gleich mehrere getrunken.
Ebenso sind die Amtsberichte wie beschrieben als wahrheitsgetreu zu bewerten: Auf ihren Inhalt kann abgestellt werden.
III. Vorsätzliche Tötung
1. Vorhalt
1.1 Dem Beschuldigten wird in Ziffer 1. der Anklage vorgehalten, er habe in der Nacht vom 16.10.2015, 21:00 Uhr, und 17.10.2015, 11:00 Uhr, in [Ort 1], [Adresse 3], Wohnung des Opfers, das Opfer getötet, indem er vorsätzlich und in der Absicht, das Opfer zu töten, dieses mindestens fünf und acht Mal wuchtig mit einem stumpfen Gegenstand (mutmasslich Hammer) auf die linke Seite des Kopfes (Stirn-/Schläfenregion und Stirn-/Scheitelbein) geschlagen habe, wobei sich der Kopf zu diesem Zeitpunkt auf einer Höhe zwischen 10 cm und 35 cm ab Boden befunden habe. Das Opfer habe infolge der Gewalteinwirkung ein offenes Schädelhirntrauma erlitten, welches zum Tod geführt habe. Der Beschuldigte habe den Tod des Opfers zumindest billigend in Kauf genommen.
1.2 Dass die Anklageschrift diesbezüglich den Anforderungen entspricht, bedarf keiner umfangreichen Erörterungen. Daran ändert nichts, dass die Tatzeit «nur» auf eine Zeitspanne von rund 15 Stunden eingegrenzt wird (was angesichts des Auffindens der Leiche des Opfers nach über zwei Monaten erstaunlich präzise ist) und die – nicht aufgefundene – Tatwaffe nicht genauer als «mit einem stumpfen Gegenstand (mutmasslich Hammer)» gemäss dem vorliegenden Gutachten umschrieben wird. Von einem Verstoss gegen die Umgrenzungs- und/oder Informationsfunktion der Anklage kann keine Rede sein, dem Beschuldigten ist es problemlos möglich, sich gegen den Vorhalt zu verteidigen.
2. Allgemeines zur Beweiswürdigung und namentlich zum Indizienbeweis
2.1 Gemäss der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie Art. 10 Abs. 3 StPO verankerten Maxime „in dubio pro reo“ ist bis zum Nachweis der Schuld zu vermuten, dass die einer Straftat angeklagte Person unschuldig ist: es gilt demnach die Unschuldsvermutung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 120 Ia 36 ff, 127 I 40 f) betrifft der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowohl die Verteilung der Beweislast als auch die Würdigung der Beweise. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Als Beweiswürdigungsregel ist der Grundsatz „in dubio pro reo“ verletzt, wenn sich der Strafrichter von der Existenz eines für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhaltes überzeugt erklärt, obschon bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, da solche immer möglich sind. Obwohl für die Urteilsfindung die materielle Wahrheit wegleitend ist, kann absolute Gewissheit bzw. Wahrheit nicht verlangt werden, da diese der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen ist. Mit Zweifeln ist deshalb nicht die entfernteste Möglichkeit des Andersseins gemeint. Erforderlich sind vielmehr erhebliche und schlechthin nicht zu unterdrückende Zweifel, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei mehreren möglichen Sachverhaltsversionen hat der Richter auf die für den Beschuldigten günstigste abzustellen.
Eine Verurteilung darf somit nur erfolgen, wenn die Schuld des Verdächtigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist, d.h. wenn Beweise dafür vorliegen, dass der Täter mit seinem Verhalten objektiv und subjektiv den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verwirklicht hat. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter einerseits persönlich von der Tatschuld überzeugt ist und andererseits die Beweise die Schuld des Verdächtigen in einer vernünftige Zweifel ausschliessenden Weise stützen. Der Richter hat demzufolge nach seiner persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber zu entscheiden, ob er eine Tatsache für bewiesen hält nicht (BGE 115 IV 286).
2.2 Das Gericht folgt bei seiner Beweisführung dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 10 Abs. 2 StPO): es würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung und ist damit bei der Wahrheitsfindung nicht an die Standpunkte und Beweisführungen der Prozessparteien gebunden. Unterschieden wird je nach Art des Beweismittels in persönliche (Personen, welche die von ihnen wahrgenommenen Tatsachen bekannt geben: Aussagen von Zeugen, Auskunftspersonen und Beschuldigten) und sachliche Beweismittel (Augenschein und Beweisobjekte wie Urkunden Tatspuren). Dabei kommt es nicht auf die Zahl Art der Beweismittel an, sondern auf deren Überzeugungskraft Beweiskraft. Das Gericht entscheidet nach der persönlichen Überzeugung, ob eine Tatsache bewiesen ist nicht.
2.3 Dabei kann sich der Richter auch auf Indizien stützen. Indizien (Anzeichen) sind Hilfstatsachen, die, wenn selber bewiesen, auf eine andere, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache schliessen lassen. Der erfolgreiche Indizienbeweis begründet eine der Lebenserfahrung entsprechende Vermutung, dass die nicht bewiesene Tatsache gegeben ist. Für sich allein betrachtet deuten Indizien jeweils nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Tatsache hin. Auf das einzelne Indiz ist der In-dubio-Grundsatz denn auch nicht anwendbar. Gemeinsam – einander ergänzend und verstärkend – können Indizien aber zum Schluss führen, dass die rechtserhebliche Tatsache nach der allgemeinen Lebenserfahrung gegeben sein muss. Der Indizienbeweis ist dem direkten Beweis gleichgestellt (vgl. Urteile 6B_360/2016 vom 1. Juni 2017 E. 2.4, nicht publ. in: BGE 143 IV 361 sowie 6B_332/2009 vom 4. August 2009 E. 2.3; je mit Hinweisen).
Das Bundesgericht hat sich in einem Entscheid vom 23. Mai 2018 (BGE 144 IV 345) in grundlegender Weise mit dem Grundsatz «in dubio pro reo» im Zusammenhang mit Indizienbeweisen befasst und dabei u.a. folgendes erkannt:
Nach Art. 10 Abs. 3 StPO geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sachlage aus, wenn unüberwindliche Zweifel daran bestehen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der angeklagten Tat erfüllt sind. Diese Bestimmung operationalisiert den verfassungsmässigen Grundsatz der Unschuldsvermutung (in dubio pro reo; Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK). Sie verbietet es, bei der rechtlichen Würdigung eines Straftatbestands von einem belastenden Sachverhalt auszugehen, wenn nach objektiver Würdigung der gesamten Beweise ernsthafte Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt tatsächlich so verwirklicht hat, wenn eine für die beschuldigte Person günstigere Tatversion vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann. Eine einfache Wahrscheinlichkeit genügt somit nicht. Auf der anderen Seite kann auch keine absolute Gewissheit verlangt werden; abstrakte und theoretische Zweifel sind kaum je ganz auszuräumen (E.2.2.1 mit Hinweisen).
Auf die Frage, welche Beweismittel zu berücksichtigen und wie sie gegebenenfalls zu würdigen sind, findet der Grundsatz «in dubio pro reo» keine Anwendung. So stellt das Gericht bei sich widersprechenden Beweismitteln nicht unbesehen auf den für den Angeklagten günstigeren Beweis ab. Mit andern Worten enthält der Grundsatz keine Anweisung, welche Schlüsse aus den vorhandenen Beweismitteln zu ziehen sind. Die Beweiswürdigung als solche wird vom Grundsatz der freien und umfassenden Beweiswürdigung beherrscht: Nach Art. 10 Abs. 2 StPO würdigt das Gericht die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung. Die Organe der Strafrechtspflege sollen frei von Beweisregeln und nur nach ihrer persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber entscheiden, ob sie eine Tatsache für bewiesen halten. Dabei sind sie freilich nicht nur der eigenen Intuition verpflichtet, sondern auch an (objektivierende) Denk-, Natur- und Erfahrungssätze sowie wissenschaftliche Erkenntnisse gebunden. Der Beweiswürdigung voraus geht die Sammlung und Sichtung von (prozessual zulässigen) Beweismitteln, die zur Feststellung des tatbestandserheblichen Sachverhalts beitragen können. Das Beweismaterial wird zunächst auf seine grundsätzliche Eignung und Qualität hin beurteilt: Einerseits müssen die einzelnen Beweismittel ihrer Natur und ihrer Aussage nach tatsächlich zur Klärung der konkreten Tatfrage beitragen können (Beweiseignung). Anderseits muss ihr grundsätzlicher Beweiswert feststehen (z.B. anhand von Glaubhaftigkeitskriterien für Zeugenaussagen von methodischen Anforderungen an forensische Gutachten). Die anschliessende Beweiswürdigung betrifft die inhaltliche Auswertung der aufgenommenen Beweismittel. Diese erfolgt gegebenenfalls mithilfe von Richtlinien (z.B. Beweiswerthierarchie verschiedener Arten von Expertisen, aber nicht nach ergebnisbezogenen Beweisregeln -theorien). Solange das Sachgericht den Standards der Beweiswürdigung folgt, hat es einen weiten Ermessensspielraum. Wenn zu einer entscheidungserheblichen Frage beispielsweise divergierende Gutachten vorliegen, so muss der Richter ohne Rücksicht auf die Unschuldsvermutung prüfen, welcher Einschätzung er folgen will. Er darf nicht einfach der für den Beschuldigten günstigeren Expertise folgen (E. 2.2.3.1 mit Hinweisen).
Der In-dubio-Grundsatz wird erst anwendbar, nachdem alle aus Sicht des urteilenden Gerichts notwendigen Beweise erhoben und ausgewertet worden sind. Insoweit stellt er gerade keine Beweiswürdigungsregel dar. Im Falle einer uneinheitlichen, widersprüchlichen Beweislage muss das Gericht die einzelnen Gesichtspunkte gegeneinander abwägen und als Resultat dieses Vorgangs das Beweisergebnis feststellen. Dieses kann je nach Würdigung als gesichert erscheinen – sofern die Widersprüche bereinigt werden konnten – aber mit Unsicherheiten behaftet bleiben. Das Beweisergebnis kann aber auch deswegen zweifelhaft sein, weil es im Kontext der feststehenden Tatsachen verschiedene Deutungen zulässt und damit verschiedene Sachverhaltsalternativen in den Raum stellt. Zum Tragen kommt die In-dubio-Regel jetzt erst bei der Beurteilung des Resultats der Beweisauswertung, das heisst beim auf die freie Würdigung der Beweismittel folgenden Schritt vom Beweisergebnis zur Feststellung derjenigen Tatsachen, aus denen sich das Tatsachenfundament eines Schuldspruchs zusammensetzt (E. 2.2.3.2 mit Hinweisen).
Eine tatbestandsmässige, zum Schuldspruch beitragende Tatsache ist rechtserheblich festgestellt, sobald das Gericht erkennt, dass die Zuverlässigkeit des Beweisergebnisses nicht ernsthaft zu bezweifeln ist. Die freie Beweiswürdigung ermächtigt den Richter schon bei vernünftig scheinenden Zweifeln an der Schuld des Angeklagten, diesen freizusprechen. Mit Blick auf die Ausprägung des In-dubio-Grundsatzes als Beweislastregel muss ein Sachverhalt nach Überzeugung des Gerichts umgekehrt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erstellt sein, damit er dem Angeklagten zur Last gelegt werden kann. Die In-dubio-Regel ist mithin eine Anforderung zum Beweismass. Für die richterliche Überzeugung ist ein jeden vernünftigen Zweifel ausschliessendes Urteil eines besonnenen und lebenserfahrenen Beobachters erforderlich. Das Sachgericht verletzt diese bundesrechtliche Entscheidungsregel, wenn es verurteilt, obwohl sich aus dem Urteil ergibt, dass erhebliche Zweifel an der Schuld des Angeklagten fortbestanden. In dieser Konstellation überprüft das Bundesgericht frei, ob die Entscheidungsregel eingehalten ist. Dies gilt an sich auch für den Fall, dass das Gericht – in Anbetracht des Ergebnisses einer willkürfreien Beweiswürdigung – nicht gezweifelt hat, obwohl es dies aus objektiver Sicht hätte tun müssen. Zu einer Verletzung des In-dubio-Grundsatzes führen aber nur Zweifel, die offensichtlich erheblich sind (E. 2.2.3.3 mit Hinweisen).
Indizien (Anzeichen) sind Hilfstatsachen, die, wenn selber bewiesen, auf eine andere, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache schliessen lassen. Der erfolgreiche Indizienbeweis begründet eine der Lebenserfahrung entsprechende Vermutung, dass die nicht bewiesene Tatsache gegeben ist. Für sich allein betrachtet deuten Indizien jeweils nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Tatsache hin. Auf das einzelne Indiz ist der In-dubio-Grundsatz denn auch nicht anwendbar. Gemeinsam – einander ergänzend und verstärkend – können Indizien aber zum Schluss führen, dass die rechtserhebliche Tatsache nach der allgemeinen Lebenserfahrung gegeben sein muss. Der Indizienbeweis ist dem direkten Beweis gleichgestellt (E. 2.2.3.4 mit Hinweisen).
Ein im Sinne von Art. 10 Abs. 3 StPO relevanter Zweifel kann sich nicht nur aus dem Ergebnis der Beweiswürdigung bezüglich des Vorhandenseins Nichtvorhandenseins eines Lebenssachverhalts ergeben. Das Beweisergebnis kann auch darum zweifelhaft sein, weil es durch ernsthaft in Betracht fallende Sachverhaltsalternativen relativiert wird. Zu einer hinreichenden Gewissheit über das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals führen nur sinnfällige Indizien. Der betreffende Umstand muss im gegebenen Kontext unzweideutig zur sachverhaltlichen Begründung des zu prüfenden Tatbestandsmerkmals beitragen. Dies trifft nicht zu, wenn ein Umstand als ambivalent erscheint, weil er mehrere Lesarten zulässt, also ebenso gut auch zu einem alternativen Szenario passt. Indizien können auch positiv auf eine ganz bestimmte alternative Hypothese hindeuten die Ausgangsthese eines tatbestandsmässigen Sachverhalts zugunsten eines nicht näher bestimmbaren Alternativsachverhalts zurückdrängen. Die Unschuldsvermutung ist verletzt, wenn der Grad an Wahrscheinlichkeit, mit welcher ein (inhaltlich auch nur seinem Bestand nach umschriebenes) Alternativszenario zutrifft, verkannt ein solches gar nicht erst in Betracht gezogen wird (E. 2.2.3.5 mit Hinweisen).
Indizien sind oft nicht von vornherein einschlägig, weil sie nicht ausschliesslich auf ein bestimmtes Szenario hindeuten. Es gilt, die Indizien daraufhin zu überprüfen, ob sie ausschliesslich für eine Hypothese sprechen ob sie ambivalent sind, weil sie je nach Kontext unterschiedlich verstanden werden können. Die In-dubio-Regel weist den Rechtsanwender an, ernsthaften Anhaltspunkten für alternative Sachverhalte nachzugehen und zu prüfen, ob sich daraus allenfalls ein unüberwindlicher Zweifel ergibt, der es verbietet, den tatbestandsmässigen Sachverhalt anzunehmen. Sie übernimmt im Übrigen auch die Funktion eines Korrektivs hinsichtlich des rechtstatsächlichen Phänomens, dass die Anklagebehörde mit Blick auf die am Anfang der Untersuchung stehende Schuldhypothese sowie den im Untersuchungsverfahren geltenden Grundsatz in dubio pro duriore geneigt sein kann, belastende Tatsachen stärker zu gewichten als entlastende, und die Gerichte anschliessend aus entscheidungspsychologischen Gründen dazu tendieren, Informationen, welche die Anklage bestätigen, zu überschätzen und gegen die Schuldhypothese sprechende Informationen zu unterschätzen (E. 2.2.3.6 mit Hinweisen).
Ist die Indizienlage widersprüchlich ambivalent, so muss somit (gegebenenfalls auf erweiterter Beweisgrundlage) geprüft werden, ob die alternative Hypothese genügend greifbar ist, um nachhaltige Zweifel an der Bestandeskraft der tatbestandsmässigen Variante zu wecken. Die infrage stehenden Hypothesen beruhen auf einer ausgesprochen wertenden Interpretation der Indizien (E. 2.2.3.7 mit Hinweisen).
3. Die aufgefundene Tatortsituation
Die Polizei hat die Wohnung des Opfers verschlossen vorgefunden, weshalb ein Schlüsseldienst kontaktiert wurde (AS 002). Gemäss den Feststellungen und Fotos der Polizei steckte auf der Innenseite der Wohnung kein Schlüssel (AS 156 und 2211), es war kein Fenster geöffnet und es gab keinen anderen Ausgang aus der Wohnung. Demnach musste die Wohnung von aussen verschlossen worden sein. I.___ führte am 25. Februar 2016 aus, er habe auch schon für das Opfer Heroin portioniert, dazu habe er meist ein Victorinox-Messer genommen, welches am Schlüsselbund des Opfers gewesen sei (AS 6148). Die Polizei konnte zwar Wohnungsschlüssel in der Wohnung finden (AS 2003), jedoch hatte gemäss den Tatortfotos keiner einen solchen Schlüsselanhänger (AS 2194 ff.). Entsprechend ist davon auszugehen, dass dieser Schlüssel vom Täter mitgenommen und damit die Wohnung beim Verlassen von aussen verschlossen wurde. Weiter konnten in der Wohnung vier Ladekabel, aber kein einziges Mobiltelefon angetroffen werden (AS 2263). Auch diese müssen somit durch die Täterschaft mitgenommen worden sein. Die vom Opfer benutzten Mobiltelefonnummern konnten bei verschiedenen Personen in Erfahrung gebracht werden. Diejenigen Personen, welche je beim Opfer in der Wohnung gewesen waren, schilderten übereinstimmend, dass dieses eine Bauchtasche und eine Metallbüchse mit Heroin in der Wohnung hatte. In der Bauchtasche habe das Opfer eine Schuldenliste gehabt. Auch diese Gegenstände hat die Polizei nicht in der Wohnung gefunden, weshalb auch bei diesen davon auszugehen ist, dass sie nach der Tat durch die Täterschaft mitgenommen wurden.
Der Tatort präsentierte sich der Polizei am 20. Dezember 2015 zusammengefasst wie folgt (vgl. Polizeibericht «aussergewöhnlicher Todesfall» vom 4. Januar 2001, AS 001 ff., und Tatortfotos, AS 2194 ff.): Die bereits schwarze Leiche lag in der 1- Zimmer-Wohnung inmitten von eingetrocknetem Blut auf dem Rücken neben einem beschädigten Holztisch. Unter dem Kopf des Opfers lag ein Holztischbein des beschädigten Holztisches. Der Holztisch versperrte den Zugang zum Badezimmer (AS 2199).
4. Der Todeszeitpunkt
In der Anklage wird der Zeitpunkt des Todeseintritts auf die Nacht vom 16. Oktober 2015, 21.00 Uhr, auf den 17. Oktober 2015, 11.00 Uhr, eingegrenzt. Dabei stützt sich die Staatsanwaltschaft primär auf die detaillierten Aussagen von I.___ vom 30. Dezember 2015 (AS 6125 ff.). Dieser gab an, er sei am Abend des 16. Oktober 2015 ca. 21:00 Uhr beim Opfer gewesen und habe die Wohnung kurz vor 22:00 Uhr wieder verlassen. Danach habe er ihn nie mehr gesehen. Am nächsten Tag sei er bei beim Opfer vorbeigegangen, da er dessen Storen hätte reparieren sollen. Sie hätten um 10:00 Uhr abgemacht, er sei aber erst um 11:00 Uhr erschienen. Dort sei die Wohnung aber verschlossen gewesen. Er habe geläutet, geklopft und gerufen. Am 25. Februar 2016 (AS 6145 ff.) erklärte er dazu, er habe das Opfer meistens angerufen, bevor er ihn besucht habe, damit er ihm die Türe öffne, da die Gegensprechanlage defekt gewesen sei. Diese Aussagen von I.___ wirken insgesamt glaubhaft und werden durch weitere Beweismittel gestützt. So haben auch andere Personen erwähnt, die Gegensprechanlage habe nicht funktioniert. Den Ergebnissen der rückwirkenden Teilnehmeridentifikation der vom Opfer gebrauchten Nummern ist zu entnehmen, dass I.___ das Opfer am 16. Oktober 2015 um 21:09 Uhr und danach am 17. Oktober 2015 um 11:11 Uhr anrief (AS 10137). Den ersten Anruf nahm das Opfer entgegen, den zweiten nicht. Bereits um 08.07 Uhr am Morgen des 17. Oktober 2015 hatte das Opfer einen Anruf nicht mehr entgegengenommen. Insgesamt ist diesen Daten zu entnehmen, dass das Opfer bis zum 16. Oktober 2015 regen telefonischen Kontakt mit einer Vielzahl von Personen pflegte. Ab dem 17. Oktober 2015 hat er keinen einzigen Anruf mehr getätigt entgegengenommen (AS 10141). Diese Zäsur kann nur so verstanden werden, dass er zwischen diesen zwei Anrufen getötet wurde. Dafür sprechen auch weitere Hinweise (z.B. Einzahlung auf Bankkonto nicht wahrgenommener Zahnarzttermin, AS 8327 und 148). Die auf den ersten Blick gegen diesen Todeszeitpunkt sprechende Aussage von J.___ (AS 5422 ff.) ist nicht verlässlich, wie die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz unter Ziffer II./2.2 auf US 8/9 – auf die verwiesen werden kann – zeigen. Das Opfer hatte sich letztmals am 21. September 2015 beim Hausarzt und am 8. Oktober 2015 beim Psychiater gemeldet (AS 003), am 15. Oktober 2015 hatte es letztmals das Sozialamt in Olten aufgesucht (AS 021), am 16. Oktober hatte es noch Geld auf sein Konto einbezahlt. Am 22. Oktober 2015 blieb das Opfer unüblicherweise einem Zahnarzttermin unentschuldigt fern (AS 022, am 12. Oktober 2015 hatte er dort einen Termin noch wahrgenommen: AS 029). Die älteste Zeitschrift, die sich im Briefkasten des Opfers befand, war ein Kirchenblatt für die Woche vom 17. bis 23. Oktober 2015 (AS 111). Es ist somit vom angeklagten Todeszeitpunkt auszugehen. Daran ändert nichts, dass die beigezogenen Mediziner von einem Todeszeitpunkt zwischen zwei bis acht Wochen vor dem Auffinden der Leiche ausgingen. Gemäss Dr. K.___ sei eine genaue Bestimmung des Todeszeitpunktes gar nicht mehr möglich (AS 3033).
5. Die Todesursache
5.1 Im rechtsmedizinischen Gutachten des IRM Aarau vom 24. Mai 2016 über die Ergebnisse der durchgeführten Obduktion (AS 3035 ff.) wird festgehalten, dass sich der Tod des Opfers als Folge eines offenen Schädelhirntraumas auf nicht natürliche Weise erklären lasse. So hätten sich anlässlich der Obduktion am Kopf links mehrere, umschriebene Kopfschwartenverletzungen und darunter ein Loch- bzw. Terrassenbruch am Stirnbein finden lassen. Diese Feststellungen seien auf eine mehrfache, massive stumpfe Gewalteinwirkung zurückzuführen. Aufgrund der erhobenen Befunde sei von einer Fremdhandlung auszugehen (vgl. dazu auch die 3D-Scans des Schädels des Opfers des IRM vom 22. März 2016 (AS 3067 ff.).
5.2 Gemäss Blutspurenanalyse des IRM Bern vom 16. Juni 2016 (AS 3080 ff.) und Ergänzungsgutachten vom 03. April 2017 (AS 3107 ff.) ergab die Blutspurenanalyse inkl. der ballistischen Rückberechnung ein einziges Ursprungszentrum (Konvergenzareal). Die Auftreffrichtungen der Blutspuren des am Tatort im Entree und im Wohnzimmer (vom Boden, Schrank, Tisch und von der Wand) festgestellten Blutspurenbildes konvergierten alle in einem Zentrum, das leicht (10 bis 35 cm) oberhalb des Bodens sei, auf einer Höhe, die mit der Kopfbreite vereinbar sei (womit gesagt ist, dass sich der Hinterkopf des Opfers am Boden befand). Die auf der Bruchlinie gefundenen Blutspuren deuteten darauf hin, dass die die Spritzer verursachenden Schläge nach der Zerstörung des Tisches stattgefunden haben dürften. Das ermittelte Ursprungszentrum sei mit einer auf dem Boden liegenden kriechenden Körperhaltung des Opfers gut vereinbar. Dies bedeute nicht, dass nur ein Schlag stattgefunden habe, sondern dass der Verletzungsmechanismus in einem beschränkten Raum stattgefunden habe. Geringe Stellungs- Positionswechsel in diesem Raum seien möglich. Die Analyse erlaube nur zu sagen, dass mindestens ein Schlag auf eine bluthaltige Fläche stattgefunden habe. Es werde generell angenommen, dass der erste Schlag keine Blutspritzer erzeuge. Das Blutspurenbild erlaube keine Rückschlüsse auf die Form den Typ des Tatwerkzeuges.
5.3 Im Gutachten des IRM Aarau vom 16. März 2021 (AS 3155.7 ff.) wird festgehalten, sämtliche Verletzungen seien aufgrund der fortgeschrittenen Fäulnisveränderungen stark eingeschränkt beurteilbar gewesen. Unter Berücksichtigung der weiteren Feststellungen, speziell des Terrassenbruchsystems am Stirnbein links, bestünden aber keine vernünftigen Zweifel daran, dass sämtliche Verletzungen Folge stumpfer Gewalt seien. Beim dokumentierten Terrassenbruchsystem am Stirnbein links seien scheitelseitig Bruchlinien abgrenzbar, welche beim Auftreffen auf andere Bruchlinien endeten. Wirke eine stumpfe Gewalt gegen den Schädel und führe diese zu Brüchen, würden die davon ausgehenden Bruchlinien auf Höhe bereits bestehender Bruchlinien enden (sog. Puppe-Regel). Bei einem komplexen Bruchsystem könne dadurch die Reihenfolge der Gewalteinwirkungen bestimmt werden. Werde die Puppe-Regel in concreto angewendet, lasse die vorliegende Bruchkonstellation auf eine mindestens fünf- bis sechsmalige Gewalteinwirkung gegen die linke Stirn-/Schläfenregion schliessen.
5.4 Die Ausführungen in den beschriebenen Gutachten sind nachvollziehbar und überzeugend. Es sind keine Gründe ersichtlich, welche Zweifel an den Ausführungen begründen könnten, sodass auf diese abzustellen ist. Somit steht fest, dass das Opfer durch mindestens fünf Schläge mit einem stumpfen Gegenstand gegen die linke Stirn-/Schläfenregion getötet wurde, welche zu einem Terrassenbruch am Schädel führten. Aufgrund der Blutspurenanalyse und der vorgefundenen Situation in der Wohnung des Opfers ist zudem davon auszugehen, dass dieses an der Stelle getötet wurde, an welcher es aufgefunden wurde. Hätte sich das Opfer nach den Schlägen noch im Raum bewegt, so hätte es Blutspuren an anderen Orten hinterlassen müssen, wozu es gemäss der Blutspurenanalyse keine Hinweise gibt. Insbesondere kam das entsprechende Gutachten zum Ergebnis, dass die Blutspritzer praktisch aus demselben Ursprungszentrum im Raum verteilt wurden. Das Zentrum wurde an der Stelle ermittelt, an welcher sich der Kopf des Opfers beim Auffinden in der Wohnung befand. Das Opfer hatte sich nach dem Niederschlag auf den Tisch nicht mehr bewegt, lag das abgebrochene Tischbein doch noch unter dem Kopf des Opfers. Als Todesursache wird ein offenes Schädelhirntrauma angegeben, wobei nicht gesagt werden kann, ob der Tod sofort eintrat nicht. Aufgrund der teilweise bereits eingetretenen Mumifizierung/Verwesung konnten keine Rückschlüsse zu den weiteren Todesumständen gezogen werden.
6. Die Täterschaft
6.1 Bevor die Aussagen des Beschuldigten zusammengefasst wiedergegeben werden, seien hier zum besseren Verständnis dieser Aussagen zwei Dokumente beschrieben bzw. wiedergegeben:
6.1.1 Im Briefkasten des Opfers wurde eine nicht frankierte/gestempelte Postkarte sichergestellt (AS 3145). Diese zeigt auf der Vorderseite ein Pferd und trägt auf der Rückseite handgeschrieben die Adresse «An D.___ [PLZ Ort 1]» und den Text: «Was ist passiert. Wo bist du hin? Hast du zu viel getrunken? Alles Gute, A.___. L.G. A (überkritzelt)».
6.1.2 Der den Beschuldigten am meisten belastende Amtsbericht Nr. 54 des verdeckten Ermittlers «Miguel» über die Ereignisse vom 16. Januar 2020 lautet wie folgt (AS 4247 ff.):
«Am Donnerstag, 16.01.2020, parkte ich um ca. 13.30 Uhr vor der Wohnung Herzog/Fernandez an der [Adresse 2]. Peter (VE A2100) war bereits in der Wohnung. Wir weilten den Nachmittag zusammen in der Wohnung. Ich skizzierte und malte auf einer weissen Leinwand einen Mann, welcher von hinten einen anderen Mann erdrosselt. (Anmerkung: Der Täter hat blutige Hände und das Gesicht des Opfers ist blutig).
Gegen 16.55 Uhr kam A.___ (nachfolgend: der Beschuldigte) zu uns in die Wohnung. Er setzte sich ins Wohnzimmer und Peter brachte ihm Wasser. Der Beschuldigte erklärte, etwas beschwipst zu sein, er habe Schnapskaffee getrunken.
Kurze Zeit später erhielt Peter einen Anruf. Nach diesem Anruf sagte Peter zu uns, dass er wegen einer dringenden Angelegenheit leider gehen müsse. Peter verliess daraufhin um ca. 17.05 Uhr die Wohnung. Ich blieb alleine mit dem Beschuldigten zurück.
Der Beschuldigte erzählte mir, dass er heute wieder seine Wunde am Fuss pflegen musste. Er wisse mittlerweile genau, wie er das machen müsse. Er habe die Hornhaut um die Wunde vorsichtig abgeschnitten. Die Wunde sei nun nicht mehr so tief. Danach habe er die Wunde mit Salbe gefettet. Seit vier Jahren habe er Probleme mit dem Fuss. Als er seinem Kollegen L.___ beim Umzug geholfen habe, sei die Wunde wieder aufgegangen. Zudem sei der Aufenthalt in Spital viel zu kurz gewesen. Die Ärzte hätten keine Ahnung gehabt. Er habe mit den Ärzten oft Auseinandersetzungen. Gerade gestern bei der Kontrolle sei er wieder einmal abschätzend von einer Dame am Empfang behandelt worden. Er habe dieser Dame dann angedroht, wieder zu gehen. Eine ältere Angestellte sei dann dazwischengekommen und habe ihn beruhigt. Der Beschuldigte sagte, er könne nachvollziehen, dass Frau Fernandez und Herr Herzog nicht verstehen würden, weshalb er trotz gesundheitlichen Problemen seinem Kollegen L.___ beim Umzug geholfen habe. Aber L.___ wäre ohne seine Hilfe vollkommen aufgeschmissen gewesen. L.___ sei zur Sonderschule gegangen und habe halt gewisse Probleme. L.___ sei nicht der «Hellste».
Der Beschuldigte erwähnte, dass er den Herzog nach Geld gefragt habe. Ihm sei von der IV CHF 450.00 gestrichen worden. Anstatt der CHF 950.00 habe er nur CHF 500.00 erhalten. Die hätten ihm für den Spitalaufenthalt die Mahlzeiten von je CHF 15.00 abgezogen. Zusammen ergebe dies den Betrag von CHF 450.00. Er habe sich beschwert und gesagt, das sei doch eine «Milchbüechlirächnig», die nicht aufgehe. Das sei im Dezember gewesen. Das Geld fehle ihm jetzt im Januar. Der Beschuldigte sagte, er habe dem Herzog gesagt, er werde ihm das Geld zurückzahlen. Der Herzog habe dann vorgeschlagen, ihm einfach das Geld für den Februar im Voraus zu geben. Ich antwortete dem Beschuldigten, dass Herr Herzog ein guter Mensch sei und dass ich ihm gestern und heute meine ganze Geschichte erzählt hätte. Ich schaute dabei auf das Bild, das ich an diesem Nachmittag im Beisein von Peter gemalt hatte. Der Beschuldigte antwortete: «Jajaja, du hast geredet». Ich sagte, ja ich hätte den Typen kaputt gemacht. Der Beschuldigte machte mit seiner Hand ein Kreuzzeichen in die Luft und fragte «Ja so?». Ich antwortete: «Ja klar, den Typen habe ich kaputt gemacht». Ich gab dem Beschuldigten zu verstehen, dass ich den Typen getötet habe. Der Beschuldigte stützte auf dem Sofa sitzend seinen Kopf mit den Händen und antwortete: «Jaja, ich eben auch, ich eben auch». Ich fragte den Beschuldigten, was er damit meine, mit «ich eben auch» und fügte hinzu, er doch sicher nicht wie ich. Der Beschuldigte antwortete: «Doch, doch, ich eben auch». Es sei so ein verdammter «Drecksjugo» gewesen, Er sei bei diesem zuhause gewesen. Plötzlich sei ein Streit ausgebrochen. Der «Jugo» sei mit seinem Büchlein gekommen und habe ihm gesagt, dass er ihm 12'000 Stutz schulde. In diesem Büchlein habe der «Jugo» viele Namen geschrieben gehabt. Und plötzlich sei der «Jugo» mit einem Messer auf ihn losgegangen. Der Beschuldigte erklärte, er habe dem «Jugo» dann einen Fusstritt gegeben. (Anmerkung: Der Beschuldigte machte auf dem Sofa sitzend mit seinem Fuss einen Kick gerade aus ins Leere). Dann sei der «Siäch» rückwärts über einen Stuhl gestolpert und auf den Tisch gefallen. Der Tisch sei dabei kaputtgegangen. Der «Siäch» habe den Kopf gehalten und «autsch» gesagt. Der Beschuldigte erzählte weiter, er sei dann zu ihm hin und habe gefragt, was los sei, der habe nämlich noch gelebt. Es sei dann ein Nachbar von unten gekommen und habe gefragt, ob alles in Ordnung sei. Der Betroffene habe geantwortet, es sei alles in Ordnung. Der Nachbar sei dann wieder gegangen. Ich fragte den Beschuldigten, mit was für einem Messer er angegriffen worden sei. Er antwortete, mit einem Küchenmesser.
Weiter erzählte der Beschuldigte, dass er (das Opfer) immer zocken gegangen sei. Er sei sehr oft im «[Lokal]» in [Ort 2] gewesen. Er (das Opfer) habe zwei Mal hintereinander beim Zocken CHF 18'000.00 gewonnen. Er (das Opfer) sei immer mit zwei kriminellen «Jugos» zusammen gewesen. Beim Zocken habe er (das Opfer) immer viel Wodka getrunken. Die beiden «Jugos» sollen ihm (dem Opfer) dann stets Kokain gegeben haben, um ihn (das Opfer) aufzuwecken. Das Kokain habe ihn (das Opfer) dann stets aggressiv gemacht. Die beiden «Jugos» seien oft in [Ort 3] zocken gegangen. Er (der Beschuldigte) könne sich vorstellen, dass die beiden «Jugos» auch noch etwas damit zu tun haben. Diese seien bestimmt nach ihm (dem Beschuldigten) noch in der Wohnung (des Opfers) gewesen.
Der Beschuldigte sagte, es seien alle vier Mobiltelefone (des Opfers) weggekommen. Ich fragte den Beschuldigten, weshalb er das wisse. Er antwortete, er wisse einfach, dass er (das Opfer) vier Handys gehabt habe. Diese seien dann alle weg gewesen. Eines davon sei stets auf der Fensterbank gewesen. Er (das Opfer) habe dieses Gerät gegen den Innenraum des Wohnzimmers gerichtet gehabt und die Kamera sei immer gelaufen. Dieses Handy sei auch weggekommen. Ich fragte den Beschuldigten, wieso er (das Opfer) den Raum gefilmt habe. Der Beschuldigte antwortete, er (das Opfer) habe einmal mit einer Person, die bei ihm (beim Opfer) «Braunes» gekauft habe, eine Auseinandersetzung gehabt. Nach diesem Zwischenfall habe er (das Opfer) den Raum immer gefilmt.
Als er (der Beschuldigte) die Wohnung verlassen habe, habe er den Betroffenen noch gefragt, ob er ihm einen Krankenwagen rufen solle, so ein guter Kerl sei er. Er (das Opfer) habe aber verneint. Der Beschuldigte erwähnte immer wieder, dass der Betroffene noch gelebt habe. Vermutlich sei er (das Opfer) an einem Blutgerinnsel gestorben, das sei ihm aber egal. Er (das Opfer) habe das verdient. Er (das Opfer) sei ja mit einem Messer auf ihn losgegangen.
Beim Verlassen der Wohnung habe er (der Beschuldigte) einfach nur die Türe zugezogen. Die Polizei habe ihm später gesagt, die Türe sei verschlossen gewesen. Der Beschuldigte fügte hinzu, so könne er es ja gar nicht gewesen sein. Man wisse, das er (das Opfer) mindestens noch zwei Wochen gelebt habe, weil Leute von der Gasse in dieser Zeit bei ihm (dem Opfer) weiterhin «Stoff» bezogen haben sollen. Einer von diesen Leuten sei der «M.___» und eine die «N.___» gewesen. Ausserdem sei die Freundin des Betroffenen auch immer dort gewesen. Er (der Beschuldigte) habe das der Polizei auch so gesagt, die Polizei wisse alles. Er habe der Polizei auch gesagt, dass er (das Opfer) im Estrich ein Kilo «Braunes» versteckt habe und dass irgendwo noch CHF 36'000.00 sein müssten. Die Polizei habe den «Sugar» gefunden, wo das Geld sei, wisse er (der Beschuldigte) nicht. Vielleicht hätten die beiden «Jugos» das Geld genommen. Die beiden habe er (der Beschuldigte) nämlich nach dem Vorfall nie wiedergesehen.
Die Polizei habe eine Kamera auf das Domizil (des Opfers) gestellt gehabt, um ihn zu observieren. Die Polizei wisse, dass er (das Opfer) noch gelebt habe. Die Polizei habe ihm (dem Beschuldigten) gesagt, dass bei ihm (beim Opfer) noch Hundehaare gefunden worden seien und es komisch sei, dass in der Wohnung eines «Jugos» Hundehaare seien, weil «Jugos» keine Hunde in die Wohnung lassen würden. Er (der Beschuldigte) habe der Polizei dann erklärt, dass das kein normaler «Jugo» gewesen sei, weil dieser im Militär Hundeführer gewesen sei. Deshalb habe er (der Beschuldigte) auch seinen Hund O.___ mit in dessen Wohnung nehmen dürfen. Die Polizei habe noch einen Fleck in der Wohnung (des Opfers) gefunden, es könne sich um Spucke handeln. Aber diesen Fleck habe man ihm (dem Beschuldigten) nicht zuordnen können. Er (der Beschuldigte) habe immer morgens mit ihm (dem Opfer) im MC Donalds Croissants gegessen und Kaffee getrunken. Die Leute hätten ihm (dem Beschuldigten) immer vorgehalten, ihm (dem Opfer) den Rücken gedeckt zu haben. Das sei aber nicht wahr gewesen, er habe mit dem (dem Opfer) ansonsten nichts zu tun gehabt. Die Leute von der Gasse hätten ihn (den Beschuldigten) dann auch beschuldigt, ihn (das Opfer) platt gemacht zu haben. Er (der Beschuldigte) könne sich höchstens vorstellen, dass er (das Opfer) später vermutlich an einem Blutgerinnsel gestorben sei, weil er sich den Kopf gestossen habe, aber das habe er verdient, der verdammte «Dreckjugo», weil er mit einem Messer auf ihn (den Beschuldigten) losgegangen sei. Ihm sei das aber scheissegal, dass er (das Opfer) später vermutlich an einem Blutgerinnsel gestorben sei. Er könne nichts dafür, dass der «Jugo» mit einem Messer auf ihn (den Beschuldigten) losgegangen sei und dann habe er ihm einen Kick gegeben. Er (der Beschuldigte) habe ihm (dem Opfer) dann auch eine Postkarte in den Briefkasten gelegt, um sich zu erkundigen, wie es ihm gehe. Die Polizei habe die Postkarte dann später gefunden. Die Polizei habe ihm (dem Beschuldigten) gesagt, sie hätten ein Büchlein gefunden, wo sein Name (des Beschuldigten) drinstehen würde. Er habe daraufhin der Polizei geantwortet, dass ihm das scheissegal sei. Die Polizei habe ihn (das Opfer) erst drei Wochen später gefunden. Es sei Indian Summer gewesen und er sei zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich verwest gewesen. Darum hätte man keine Spuren gefunden.
Plötzlich sagte der Beschuldigte, dass er noch ein Haus weiter müsse. Ich fragte den Beschuldigten, ob er den Wohnungsschlüssel dabeihabe, um abzuschliessen. Der Beschuldigte sagte nein, er müsse den Schlüssel zuhause holen. Der Beschuldigte ging dann den Schlüssel holen. Unterdessen wartete ich draussen vor der Türe. Es war ca. 18.00 Uhr, als der Beschuldigte auf einem Fahrrad zurückkam. Er schloss die Wohnungstür Fernandez/Herzog ab. Ich sagte dem Beschuldigten, dass mich interessieren würde, wie er damit umgehe. Er antwortete, dass das für ihn kein Problem sei, er deswegen nicht Probleme habe wie ich. Ihm sei das scheissegal, das seien jetzt vier Jahre her, und der «Siäch» habe das verdient, das sei ein «Drecksjugo» gewesen. Erstens sei dieser mit dem Messer auf ihn losgegangen und zweitens habe er all die Jungen auf der Strasse mit «Sugar» bedient. Er denke sich einfach, einer weniger. Ich sagte dem Beschuldigten, dass wir noch einmal darüber reden können. Er antwortete, er habe noch viel mehr zum Erzählen. Es gäbe noch einiges, das er erzählen könne. Er habe sich auch schon überlegt, das Ganze Herrn Herzog zu erzählen. Er wisse aber nicht recht. Vielleicht hänge das auch mit seinem Alter zusammen. Aber vielleicht würde es ihm tatsächlich guttun, darüber zu reden. Er müsse auch schauen, was dabei finanziell für ihn herausschauen würde. Die Polizei habe versucht, ihn zu verarschen. Die hätten ihm gesagt, er solle zugeben, dass er es gewesen sei. Er würde dann nach etwa acht Jahren wieder freikommen und alles wäre erledigt. Aber er lasse sich nicht verarschen.»
6.2.1 Der Beschuldigte wurde im Rahmen der umfangreichen Umfeldabklärungen bereits am 29. Dezember 2015 erstmals als Auskunftsperson polizeilich befragt und gab an (AS 7002 ff.), das Opfer habe ihn ab und zu zum Kaffee eingeladen und dabei im [Lokal 2] und im [Lokal 3] Drogendeals abgewickelt. Da er (der Beschuldigte) sich dabei nicht wohl gefühlt habe, habe er den Kontakt zum Opfer – genannt «A.___» – abgebrochen. Seit ca. Frühling sei auch ein Walliser öfters mit dem Beschuldigten unterwegs gewesen. Der Walliser habe vom Beschuldigten auch manchmal einen Schlüssel erhalten und habe sich dann kurz entfernt. Der Walliser habe ihm dann gesagt, er sei enttäuscht und gehe nun wieder. Dies sei Mitte/Ende September 2015 gewesen. Er selbst habe das Opfer ca. im Sommer 2015 kennen gelernt. (aF, wie er die Beziehung zum Opfer beschreiben würde) Als Kollegen würde er das Opfer nicht gerade beschreiben. Ob dieser etwas gearbeitet habe, wisse er nicht, eher nicht. Er wisse, dass das Opfer Schulden gehabt habe vom Spielen und dass andere Leute auch beim Opfer Schulden gehabt hätten vom Spielen. Bei einem Jugo mit einer Narbe auf dem Kopf habe das Opfer auch Schulden gehabt. (aF) Die Mobilnummer des Opfers habe er einmal gehabt, habe diese aber nun gelöscht. (aF nach dem Grund der Löschung) Er habe sie gar nie auf seinem Handy abgespeichert gehabt und daher auch nicht gelöscht. Er habe die Nummer gehabt, weil das Opfer ihn manchmal angerufen habe. Dann habe er für einen Anruf auf «Rückruf» gedrückt. Das Opfer habe seines Wissens zwei Rufnummern gehabt. Eine davon habe es ihm (dem Beschuldigten) nicht gegeben, sie sei privat gewesen. (aF nach den Kontakten) Sie hätten sich wohl so zwei Mal pro Woche zufällig in der Stadt getroffen, rund drei Mal hätten sie abgemacht. Das Opfer habe ihn vereinzelt auch bis zu vier Mal am Tag angerufen, weil er irgendetwas nicht verstanden habe. Er (der Beschuldigte) habe eben ein Helfersyndrom. (aF nach Streit des Opfers) Dieses habe öfters gejammert, es müsse Schulden bezahlen, ansonsten würden sie es kaputt machen. Im Gegenzug erhalte er selbst sein Geld nicht. Es seien Leute aus dem Umfeld des [Lokal 2] und des [Lokal 3], die beim Opfer Schulden gehabt hätten, dies aus Spielen auch aus Drogen. Namen kenne er keine. (aF) Der Beschuldigte habe an der [Adresse 3] in [Ort 1] gewohnt. Er wisse aber nicht, in welchem Stockwerk, da sie sich immer unten beim Hauseingang «tschüss» gesagt hätten. (aF) Nein, in der Wohnung des Opfers sei er noch gar nie gewesen. Daher könne er die Wohnung auch nicht beschreiben. Er denke, dass der Walliser beim Opfer in der Wohnung gewesen sei. (aF) Vom Gefühl her habe er das Opfer Anfang September 2015 das letzte Mal gesehen. (aF, was er unternommen habe, als das Opfer plötzlich von der Bildfläche verschwunden sei?) Wenn er sich richtig erinnere, habe er ihm einmal auf die Combox angerufen und ihm eine Nachricht hiterlassen. Dabei habe er sich nach seinem Verbleib und Wohlergehen erkundigt. Zudem habe er auch einmal eine Karte geschrieben und in den Briefkasten des Opfers gelegt. Auf diese Weise habe er das Opfer gefragt, ob es ihm gut gehe und wo es sich befinde. (aF) Gerüchte seien gewesen, die Polizei habe das Opfer verhaftet es sei nach Mazedonien zurückgereist. (aF) Das Opfer sei süchtig gewesen nach Whisky und Kokain, ein Jugo habe das Opfer mit Kokain versorgt. (aF) Heroin habe das Opfer nur verkauft, aber nicht konsumiert. Dieses habe es sehr offensiv verkauft, im [Lokal 2], auf der Kirchentreppe, beim McDonalds. Das Heroin sei von sehr guter Qualität gewesen. (aF) Wenn das Opfer einen Läufer gehabt habe, dann den Walliser. Dies sei zu 100% sein Läufer gewesen. Andere kenne er nicht. (aF) Er selbst habe nie für das Opfer Drogen verkauft, das sei ihm zu heiss gewesen. (aF) Ja, er habe sich einmal CHF 70.00 vom Opfer ausgeliehen. Das habe er ihm Ende Juli 2015 zurückbezahlt. Es hätten aber wie erwähnt viele Leute Schulden gehabt beim Opfer. (auf Vorhalt, gemäss Aussagen sei er einer der besten Freunde des Opfers gewesen und habe fast täglich mit diesem Kontakt gehabt) Nein, das stimme nicht. Er wolle noch einmal betonen, dass sie nie Kollegen gewesen seien. Der Walleiser sei sicher der beste Freund gewesen. (aV, man habe eruiert, dass er praktisch täglich mit dem Opfer telefonier habe, zeitweise zigmal an einem Tag) Nein, das sei nicht möglich. Er habe sein Handy auch oft ausgeliehen. Was diese Personen dann mit dem Telefon gemacht hätten, könne er nicht sagen. (aF, warum er verschiedene Rufnummern verwendet habe und diese strikte getrennt habe, um mit dem Opfer zu telefonieren?) Das Opfer habe ihn einmal mit seiner «geheimen» Nummer angerufen. So sei er halt zufällig in den Besitz dieser Nummer gelangt. (aF nach Streit mit dem Opfer) Nein, nur einmal habe ihm das Opfer wütend gemacht. Es habe behauptet, er schulde ihm noch Geld, CHF 150.00. Weshalb das Opfer das behauptet habe, wisse er nicht. Daher habe das Opfer begonnen, ihn zu langweilen. Dies sei im Sommer 2015 gewesen. Das Opfer habe sich danach bei ihm entschuldigt und die Sache sei abgetan gewesen. (aV von diversen Aussagen, wonach er beim Opfer viele Schulden gehabt habe) Einmal seien es CHF 70.00 und einmal CHF 150.00 gewesen. Alles sei zurückbezahlt. Die halbe Stadt [Ort 1] habe Schulden beim Opfer gehabt. (aF) Wenn eine Person aussage, er habe CHF 4'000.00 Schulden gehabt beim Opfer, dann stimme das nicht. Das schwöre er auf das Grab seiner Mutter. Er versündige nicht. (aF) Auch, dass er ein Heroinläufer des Opfers gewesen sei, stimme nicht. Das Opfer habe ihm das angeboten, er habe aber abgelehnt. (aV von Aussagen, das Opfer sei sehr wütend auf ihn – den Beschuldigten – gewesen und habe gesagt, es steche diesen ab) Dies habe er – der Beschuldigte – der Polizei gemeldet. Das Opfer habe ihn angerufen und ihm gedroht, ihn umzubringen. (aF) Den Grund kenne er nicht, das Opfer habe wohl zu viel Whisky getrunken gehabt. (aF) Er habe den Vorfall ca. Ende August 2015 der Polizei gemeldet. (aF) Ja, er habe dem Polizisten gesagt, der Streit drehe sich um offene Drogenschulden. Diese habe es aber nie gegeben. Das Opfer habe ihn offenbar verwechselt er habe die Schulden erfunden. (aF) Das Opfer habe einmal CHF 1'000.00 einmal CHF 2'000.00 und einmal sogar CHF 10'000.00 gefordert, alles erfunden. Er habe Angst gehabt, dass das Opfer drei Monster (grosse Männer) auf ihn hetze. (aV von Aussagen, gemäss Zeugen sei das Verhältnis zum Opfer am Schluss nicht mehr gut gewesen, weil das Opfer wütend war wegen der vielen Schulden des Beschuldigten) Das stimme nicht. Also gut, er habe zwei Mal Heroin für das Opfer verkauft, dies nachdem der Walliser weg gewesen sei. Er habe für das Opfer insgesamt zwei Mal je neun Brieflein zu 0,2 Gramm, insgesamt also 18 mal 0,2 Gramm (3,6 Gramm) verkauft. Dafür habe er CHF 40.00 als Lohn erhalten. Aber mit Mord habe er nichts zu tun. Das käme ihm nicht einmal in seinen tiefsten Träumen in den Sinn. (aV von Zahlenlisten des Opfers mit dem Namen des Beschuldigten und dem Vermerk «31. Okt. Bezahlen») Der Zettel und die Beträge sagten ihm nichts. Er sei diese Beträge nichts schuldig. (auf erneute Frage, wann er mit dem Opfer letztmals persönlich und telefonisch Kontakt gehabt habe) Kurz vor dem 10. Oktober 2015, also der Meldung bei der Polizei, habe das Opfer ihn bedroht, dass es ihn umbringen lassen wolle. Da ihn diese Drohung beunruhigt habe, habe er dies der Polizei gemeldet. Das sei alles. (aF, der letzte telefonische Kontakt mit dem Opfer sei am 14. Oktober 2015 um 11:36 Uhr gewesen [Anruf des Opfers]). Just seit Mitte Oktober 2015 habe niemand mehr das Opfer gesehen. Man habe den Eindruck, er verschweige etwas) Nein, er könne der Polizei leider nicht helfen. Er erinnere sich, dass das Opfer ihn an diesem 14. Oktober 2015 angerufen habe. Warum, das wisse er aber nicht mehr.
Am Folgetag, 30. Dezember 2015 rief der Beschuldigte bei der Polizei an und gab als Ergänzung zur Befragung an (AS 7015), er habe sich diesen September Sorgen gemacht, weil er längere Zeit nichts mehr vom Opfer gehört habe. Da sei er beim Opfer vorbeigegangen. Das sei anfangs bis Mitte September gewesen. Als er in das Treppenhaus seines Blocks gekommen sei, sei ihm der Dealer des Opfers entgegengekommen, ein vernarbter Jugoslawe. Dieser habe ihn ganz aggressiv gefragt, wohin er wolle. Er habe gesagt, er wolle zum Opfer. Da habe ihm der Jugo gesagt, das Opfer schlafe und er solle verschwinden, sonst erhalte er Schläge. Er habe dem Opfer dann eine Karte dort gelassen und darauf geschrieben, es solle sich bei ihm melden. Alle wüssten, dass dieser aggressive Mann der Dealer des Opfers sei. Das Opfer solle diesem vom Pokern auch Geld geschuldet haben. Er habe das gestern nicht gesagt, weil er fix und fertig gewesen sei und auch Angst habe vor diesen Jugos, welche alle aus dem Sumpf des [Lokal 2] und [Lokal 3] stammten.
Am 4. Januar 2016 rief der Beschuldigte erneut bei der Polizei an (AS 7016 f.): er sei im Spital und wolle Aussagen machen. Die Polizisten hätten ihn im Spital besucht. Seine Aussagen seien so schnell gekommen, dass es nicht möglich gewesen sei, ein Protokoll zu erstellen. Die Kernaussagen seien gewesen, er sei doch in der Wohnung des Opfers gewesen. Dies sei ihm in den Sinn gekommen, als er das Dacty-Protokoll noch einmal gelesen habe. Offenbar habe der Beschuldigte realisiert, dass ihm die Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Das Opfer habe ihn – den Beschuldigten – einmal angerufen und gesagt, es müsse ihm jemanden vorstellen. Dies sei eben dieser Drogenlieferant gewesen. Nachdem das Opfer verschwunden gewesen sei, sei auch dieser Mann nicht mehr gesehen worden. Allerdings sei dieser Mann noch einmal in der Wohnung des Opfers gewesen, als dieses schon weg gewesen sei. Das Opfer habe ihm einmal gesagt, es habe Probleme. Als das Opfer weg gewesen sei, sei der Walliser auch weg gewesen. Das Opfer habe auch im [Lokal 2] Heroin verkauft und habe ihm dabei einmal ca. 50 Gramm gezeigt. Das Opfer habe auch Kontakt gehabt zu einem Mazedonier, einem Türsteher. Das Opfer habe diesem einmal Geld gegeben. Als das Opfer weg gewesen sei, sei auch der Mazedonier verschwunden gewesen. Auf dem Fotoblatt erkannte der Beschuldigte das Opfer nicht.
Am 5. Januar 2016 wurde der Beschuldigte erneut als Auskunftsperson polizeilich befragt (AS 7018) und gab an, er habe das Opfer einmal nach Hause begleitet. Im Vorraum habe ihm das Opfer ein Iso-Getränk angeboten. Er sei einfach im äusseren Korridor gestanden. Im Bett sei eine Kollegin des Opfers gelegen, die bei diesem gewohnt habe und welche man nun nicht mehr finde. (aF) Er habe sich nur im Vorraum der Wohnung befunden, es ca. Mitte August gewesen. (aF) Er sei ca. drei Mal in der Wohnung des Opfers gewesen. Beim dritten Mal habe das Opfer gesagt, es wolle ihn nicht mehr sehen und nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten. Er wolle mit den beiden anderen, P.___ und Q.___, Geschäfte machen. (aF) «Heroin»- Geschäfte. Danach habe er nur noch ein paar belanglose Telefonate mit dem Opfer gehabt. Ein Türke namens «R.___» habe gesagt, das Opfer sei nach Mazedonien gefahren. (aF) Er habe nie einen Schlüssel zur Wohnung des Opfers gehabt. (aF nach dem letzten Kontakt mit dem Opfer) Das könne er nicht sagen. Es müsse irgendwann im September gewesen sein. Etwa anfangs bis Mitte, er habe damals ein Telefongespräch mit dem Opfer geführt. (aF) Gesehen habe er das Opfer letztmals so Ende August 2015, bei der «Chilestäge» wie immer. (aF) Auf das Verschwinden des Opfers sei er etwa Ende September 2015 aufmerksam geworden, es seien sicher schon Blätter von den Bäumen gefallen. Damals sei die «P.___» zu ihm gekommen und habe ihm in einer Nervosität mitgeteilt, dass das Opfer schon lange nicht mehr aufgetaucht sei. (aF) Der Walliser sei seit ca. September dieses Jahres verschwunden. (aF) Vom Tod des Opfers habe er von einem Kollegen, S.___, erfahren. Dieser habe es im Fernsehen gesehen. (aF) Auch der Heroin-Lieferant des Opfers sei nun weg. (aF) Er müsse nun sagen, dass er vier Mal in der Wohnung des Opfers gewesen sei. (aV das könne er bei der ersten Befragung kaum vergessen gehabt haben) Doch, das sei so. Zudem habe er auch Angst gehabt wegen den Drogen. Er habe wegen seinem fehlbaren Verhalten im Zusammenhang mit den Drogen nicht zur Verantwortung gezogen werden wollen. (aF) Den Lieferanten habe er zwischen Ende Juli und Mitte September 2015 gesehen.
Am 8. März 2016 rief der Beschuldigte erneut bei der Polizei an und berichtete (AS 7027), er habe den Heroinhändler des Opfers nun wieder in [Ort 1] gesehen. Seit ca. zwei Wochen sei auch wieder guter Stoff auf der Gasse erhältlich. Die Heroinkonsumenten seien happy.
Am 10. April 2016 rief der Beschuldigte erneut bei der Polizei an (AS 7028). Er sei vor rund einer Woche von T.___ vergiftet worden. Dieser habe ihm ein Glas Wasser angeboten. Dann sei ihm schwindlig geworden und anstatt die Ambulanz zu rufen, habe ihn T.___ die Treppe hinuntergeschleift und dort liegen gelassen. Er sei dann drei Tage im Spital gewesen, man habe Opiate in seinem Blut gefunden. Am 16. April 2016 sei er zudem bei der Kirchentreppe von den Heroinverkäufern bedroht worden.
6.2.2 Die nächste Einvernahme des Beschuldigten erfolgte durch den Staatsanwalt nach vorläufiger Festnahme am Tag der Anhaltung, 24. Februar 2020 (AS 7029 ff.). Der Beschuldigte wollte keine Aussage machen.
Am 25. Februar 2020 (AS 7032 ff.) bestritt der Beschuldigte, etwas mit dem Tod des Opfers zu tun zu haben. Er könne über das Opfer nicht viel sagen, weil er diesen zu wenig gut gekannt habe. Sie hätten manchmal zusammen im McDonalds um 10.00 Uhr einen Kaffee getrunken und rund eine Stunde geredet. Das Opfer sei immer alleine in der Ecke gesessen. Er wisse nur, dass das Opfer Probleme mit dem Alkohol gehabt habe. (aF) Ja, seines Wissens habe es auch Drogen konsumiert. Kokain beim Pokern. Und es habe mit Heroin gehandelt, ja. Er habe nur einen Läufer gekannt, den Walliser U.___. (aF) Nein, er habe selbst nicht Drogen für das Opfer verkauft, er habe zwei Mal jemandem etwas gebracht und dafür eine Stange Zigaretten einen Kaffee erhalten. Dann habe er gesagt, er mache das nicht mehr und habe keinen grossen Kontakt zum Opfer mehr gehabt. Er habe damals wenig bis gar keine Drogen konsumiert. Er habe sich dann von diesen Leuten zurückgezogen. (aF) Nein, er habe keine offenen Schulden beim Opfer gehabt damals. Wenn Leute von der Gasse etwas Anderes erzählten, wolle man ihm eins reinbremsen. (aV er habe ja selbst von Schulden beim Opfer erzählt bei der ersten Einvernahme) Ja, das habe er gesagt, es sei aber nicht wahr. Das Opfer habe im Delirium von ihm Geld verlangt und das dann auch anderen Leuten erzählt. Deshalb habe man das auf der Gasse gewusst. Warum das Opfer von ihm so viel Geld verlangt habe, wisse er nicht. (aF nach dem Verhältnis zum Opfer vor dessen Verschwinden) Das Opfer habe ihn angerufen und gesagt, es arbeite nun mit anderen Personen zusammen. Danach hätten sie keinen Kontakt mehr gehabt. (aF) Nein, er habe vor dem Verschwinden keinen Streit mit dem Opfer gehabt. (aV seiner Polizeimeldung vom 10. Oktober 2015 wegen Drohung durch das Opfer) Er sei damals nicht vom Opfer bedroht worden. Es seien die Leute gewesen, mit denen das Opfer gespielt habe. Es seien zwei Männer gewesen. Er habe der Polizei gesagt, sie solle die beiden Männer bei der Kirchentreppe holen gehen. Einer dieser Männer habe im Casino viel Geld verloren gehabt und das Opfer habe dann Geld von ihm – dem Beschuldigten – verlangt. Er habe dem Opfer aber kein Geld geben wollen und können. Da habe das Opfer gesagt, dann schicke es diese Leute. Das sei alles gewesen. (aF) Nach dieser Drohung habe es kein Telefonat mehr gegeben, es sei nichts mehr passiert. (aF) Er habe dann noch einmal beim Opfer nachgefragt in Form einer Karte, die er in den Briefkasten gelegt habe. Da habe er gefragt, wo es sei. Er habe gedacht, das Opfer sei evtl. wieder in seine Heimat gegangen. Als er nichts weiter gehört habe, habe er es sein lassen. (aF) Es sei möglich, dass er anderen Personen erzählt habe, das Opfer fordere von ihm CHF 3'000.00 bis 4'000.00. Es sei aber gar nicht möglich, dass er diesem so hohe Beträge geschuldet habe. Er selbst lebe ja vom Sozialamt. Es habe dann ein «Gschnurr» gegeben. (aF) Er habe nicht vor dem Opfer Angst gehabt, sondern vor dessen Männern. Das könnten Kriegsveteranen sein und mit diesen sei nicht zu spassen. Aus Angst sei er ein paar Tage beim Vater geblieben. (aF) Vom Verschwinden des Opfers habe er gar nichts gemerkt, er habe angenommen, dieses sei zurück zu seinen Leuten. Er habe sich aber auch nicht wirklich darüber informiert, da es ihn nicht interessiert habe. (aF) Auf der Gasse habe es die wildesten Gerüchte um den Tod des Opfers gegeben. (aF) Woran es gestorben sei, könne er nicht sagen. Für ihn sei es schon erschreckend gewesen. Er habe keinen Hass gehabt auf das Opfer. Man habe sich nach der Drohung getrennt, jeder habe seine Sache gemacht. Ob das Opfer bestohlen worden sei, wisse er nicht, auf der Gasse seien sie aber schon scharf gewesen, zu schauen, wo seine Sachen seien. Damit meine er Geld und Drogen. Es könne nur darum gegangen sein. (aF, warum er am 29. Dezember 2015 gesagt habe, er habe mit «Mord» nichts zu tun. Wie er darauf gekommen sei, dass das
(In der Folge wurde der Beschuldigte auf die verdeckten Ermittler angesprochen, AS 7043 ff.: Miguel, Herr Herzog und Frau Fernandez) Auf die Eröffnung, es habe sich um verdeckte Ermittler gehandelt, erwiderte der Beschuldigte, das wisse er schon. Er könne auch eins und eins zusammenzählen. Ja, Miguel habe ihm am 16. Januar 2020 erzählt, ein Mann habe seine Schwester vergewaltigt. Miguel habe ihm dabei nicht das Bild gezeigt mit dem Erwürgen eines Menschen von hinten, sondern das Bild mit einer Faust. Es könne sein, dass Miguel auch gesagt habe, er habe den Mann dann getötet. So deutlich habe er es aber nicht gesagt. Er habe gesagt, der Mann habe seine Strafe bekommen, er habe ihn geschlagen. Dass Miguel gesagt habe, er habe den Mann getötet, das habe er nicht rausgehört. (aV, darauf habe er - der Beschuldigte – gesagt, er habe auch einen Mann getötet. Was er dazu sage?) «Ich?? Nein. Ich habe gesagt, ich hatte einmal etwas Ähnliches erlebt. Jemand habe von mir mal «Prügel» bezogen. Getötet habe ich niemanden. Jetzt geht es langsam zu weit. Ich habe ihm eine Geschichte erzählt von V.___ in den 70er, dessen Bruder wurde vergiftet mit Heroin. Sein Bruder habe ihm dann dieselbe Strafe gegeben, also mit Strichnin vergiftet. Er lebt nicht mehr.» (aV) Nein, er habe Miguel keine Geschichte von einem «Drecksjugo» erzählt. Das habe er nicht gesagt. Er wisse ja nicht, mit wem sie zusammenarbeiteten. Sie (die verdeckten Ermittler) hätten ihm immer nur Fragen gestellt. Das sei ihm spanisch vorgekommen. Er habe es vermutet, das sei so. Er sei aber nicht weg, weil er aber nichts zu verstecken habe. Er habe Miguel einfach die Geschichte von V.___ erzählt, das sei so. Er habe ihm auch gesagt, dass man bei den Jugos schauen müsse, was diese so verkauften. (aF, ob er dem Miguel nicht die Geschichte erzählt habe, die er mit dem Opfer erlebt habe?) Nein, er habe im Verallgemeinern von Jugoslawen geredet. Dass diese die Leute auch kaputt machten auf eine gewisse Art und Weise. Das mit dem «Dings» habe er Miguel nicht so gesagt. (auf erneuten Vorhalt, er habe Miguel vom «Drecksjugo» erzählt) «Das streitet auch niemand ab. Nein, das stimmt nicht. Es mag sein, dass die Jugos es verdient hätten, die solche Sachen machen, eine solche Strafe zu erhalten. Auch das Geld und die CHF 12'000.00. Ich hatte nie so viel Geld. Ich habe nie mit Geld um mich geworfen. Und er nimmt mich noch auf den Arm und sagt, ich sei ein geiler Siech, weil ich das gemacht habe? Aber hallo? Da bin ich erschrocken.» (aF) Dass ein Jugo mit dem Messer auf ihn losgekommen sei, habe er nie gesagt. Wo solle das stattgefunden haben? (Beim Opfer in der Wohnung) Nein, da müsse man aufhören. Da sei kein Wort über ein Messer gefallen. Der sei nicht mit einem Messer auf ihn – den Beschuldigten – losgekommen. Er sei gar nicht in dessen Wohnung gewesen und dieser habe ihn auch nicht mit einem Messer bedroht. Er wisse nicht, was hier abgehe, das sei eine Farce. (aF, wie es denn gewesen sei?) So, wie er gesagt habe. Er wisse nicht, wie Miguel auf solche Sachen komme und ihm anhänge. Und die Geschichte von Miguel, wie der Andere habe büssen müssen, könne ja dahingestellt bleiben. Er habe Miguel erzählt, bei ihm – dem Beschuldigten – habe es auch einmal eine ähnliche Sache gegeben mit einem Jugo. Das sei aber in [Ort 4] gewesen. Und dieser lebe noch. (nach einer Pause) Er habe gesagt, was er habe sagen wollen und sage nun nicht mehr viel. (aF, was für eine Geschichte mit einem Jugo er denn Miguel erzählt habe) Das sei, dass es damals eine Meinungsverschiedenheit gegeben habe und sie hätten sich etwas gepackt. Beide hätten es überlebt. Mehr sei da nicht gewesen. (aF, ob er das Miguel erzählt habe?) Er wisse nicht, ob er es ihm erzählt habe. Zu diesem Fall habe er nun alles gesagt, es gehe ihm alles zu weit. (aV, er habe auch gegenüber Herrn Herzog mal gesagt, er habe auch etwas getan, bis hin zu Mord) Immer komme dieses Wort, das er nicht gesagt habe. Er habe erzählt, dass seine Mutter und Schwester gestorben seien. Und dass er seine Frau und sein Kind verloren habe. Das habe er damit gemeint. Das habe er Herrn Herzog erzählt und nichts Anderes. (aV, er habe Miguel erzählt, er habe dem Jugo dann einen Kick gegeben und «dä Siech» sei dann auf einen Tisch gefallen, der dadurch kaputtgegangen sei) Er habe seine Sache dazu gesagt. Mehr sage er nicht. (auf Vorlage des Bildes mit dem beschädigten Tisch) Er wisse nicht einmal, wo das sei. Er äussere sich nicht mehr dazu. Er komme sich «verarscht» vor. Bereits am ersten Tag, als das Inserat dort gehangen sei, sei es ihm komisch vorgekommen. Trotzdem habe er es gemacht. Er könne mit Sicherheit sagen, dass er nie jemanden umgebracht habe. (aV, er habe Miguel ja noch gesagt, er habe danach eine Postkarte geschrieben) Das solle er gesagt haben. Nein. An solche Sachen könne er sich nicht erinnern. Dass er mit Miguel über die Postkarte gesprochen habe, stimme einfach nicht. (aV, er habe auch gesagt, die Telefone des Jugos hätten danach gefehlt) Und jetzt? Was solle das heissen? Er habe gesagt, auf der Nummer sei er nicht mehr erreichbar gewesen. Das habe er aber der Polizei gesagt, nicht Miguel. Das Opfer sei unter den drei Nummern nicht mehr erreichbar gewesen. (aF) Er habe Miguel auch nicht gesagt, das Opfer sei an einem Blutgerinnsel gestorben. Ganz bestimmt nicht. Ebenso wenig, dass die Türe nachher verschlossen gewesen sei. Er habe ja zu Beginn nicht zu 100% sagen können, ob sie von der Polizei seien nicht. Deshalb habe er nicht gleich Sachen aus dem Privaten erzählt. Das mit der Mutter und der Schwester habe er ihm erzählt. Aber die anderen Sachen habe er ihm sicher nicht erzählt. (aV) Sie hätten sicher nicht über den Drogenkonsum und die Spielsucht des Jugos gesprochen. Das habe er der Polizei erzählt, nicht Miguel. Er sage nun nichts mehr dazu.
Am Nachmittag des 25. Februar 2020 nach der Mittagspause wurde der Beschuldigte erneut befragt und mit dem Inhalt des Amtsbericht Nr. 54 konfrontiert, er wollte sich dazu aber nicht äussern (AS 7066a ff.). Er könne nichts dazu sagen. Er könne einfach sagen, es habe das aufgezeichnete Gespräch mit Miguel nicht gegeben, das sei sein letztes Wort. (aF, ob der Bericht einfach eine grosse Lügengeschichte sei?) Er habe den Bericht gelesen, verstanden und es sei gut.
Die soeben dargelegten Einvernahmen vom 25. Februar 2020 wurden auf Video aufgezeichnet und später transkribiert, dies auf 46 Seiten weitaus detaillierter als die Protokollierung bei der Einvernahme selbst (Transkription der Videoaufzeichnung der Einvernahmen nach Festnahme, AS 8091 ff.). Dazu werden nachfolgend nur noch die ersten und letzten Seiten der transkribierten Aussagen dargelegt, welche auch im Einvernahmeordner abgelegt sind; die gesamte Transkription von 46 Seiten findet sich auf AS 8091 ff.
Am 20. April 2020 erfolgte die staatsanwaltschaftliche Schlusseinvernahme (AS 7100 ff.). Dabei machte der Beschuldigte grundsätzlich von seinem Schweigerecht Gebrauch. Auch zum Vorhalt, auf einem der beim Opfer entwendeten Handys sei am Morgen nach dem mutmasslichen Tatzeitpunkt ein Anrufversuch registriert worden, das Handy sei dabei am Antennenstandort des Vaters des Beschuldigten in [Ort 5] eingeloggt gewesen, wollte sich der Beschuldigte nicht äussern.
Vor Amtsgericht machte der Beschuldigte ebenfalls vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
6.3.1 In den Aussagen des Beschuldigten finden sich zahlreiche Widersprüche und auch Auffälligkeiten: - Der Beschuldigte spielte seine Bekanntschaft mit dem Opfer zunächst auffällig herunter, als Kollegen wollte er dieses nicht bezeichnen. Er habe dieses vielleicht zwei Mal pro Woche per Zufall in der Stadt getroffen und vielleicht drei Mal mit ihm abgemacht. Das ist angesichts der dokumentierten telefonischen Kontakte ganz einfach falsch. Allerdings könnte bei diesen Falschangaben auch das Bemühen, seine Drogengeschäfte mit dem Opfer zu verschleiern, eine Rolle gespielt haben, weshalb diesem Indiz kein massgebliches Gewicht zukäme, hätte er nicht zu Beginn der Einvernahme vom 25. Februar 2020 erneut versucht, seine Beziehung zum Opfer klein zu reden. - Am Nachmittag des 25. Februar 2020 wurde der Beschuldigte erneut befragt und mit den Amtsberichten konfrontiert, er wollte sich dazu aber nicht äussern (AS 7066a ff.). Er könne einfach sagen, es habe das aufgezeichnete Gespräch mit Miguel nicht gegeben, das sei sein letztes Wort. Er habe den Bericht gelesen, verstanden und es sei gut. - In der ersten Einvernahme bestritt der Beschuldigte klar, sich je in der Wohnung des Opfers aufgehalten zu haben. Nach der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 29. Dezember 2015 wurde ihm aber bewusst, dass ihm wohl aufgrund der Spuren die Anwesenheit in der Wohnung des Opfers (Tatort!) nachgewiesen werden könnte (so bestätigt dann auch von S.___: AS 089) und meldete sich bei der Polizei, um seine Falschaussage zu korrigieren: er sei einmal im Korridor der Wohnung des Opfers gewesen. Nach späteren Aussagen war er sogar mehrfach in der Wohnung des Opfers gewesen. Diese Falschaussage ist ein Indiz für die Täterschaft des Beschuldigten. Das Gewicht dieses Indizes wird allerdings zunächst relativiert, weil die Falschaussage auch dazu gedient haben könnte, die eigene Mitbeteiligung am Drogenhandel des Opfers zu vertuschen. Dazu ist aber anzumerken, dass der Beschuldigte bereits in der ersten Einvernahme eine Mitbeteiligung im Umfang von 3,6 Gramm Heroin (Verkauf von 18 Briefchen zu je 0,2 Gramm) einräumte (Frage 63). Dennoch behauptete der Beschuldige wenig später in Frage 66 unaufgefordert noch einmal, er sei nie in der Wohnung des Opfers gewesen. - Widersprüchlich sind auch die Angaben des Beschuldigten zum auffälligen Abbruch der vorher äusserst häufigen telefonischen Kontakte mit dem Opfer: Nach ersten Aussagen zum Vorhalt dieser Tatsache soll ihm das Opfer beim letzten Telefongespräch am 16. Oktober 2015 um 12.50 Uhr, dem Tag vor dem Versterben, gesagt haben, es habe nun andere Drogenverkäufer gefunden und wolle nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten. Später stellte er sich dann auf den Standpunkt, er selbst habe dabei die Beziehung zum Opfer beendet und gesagt, er wünsche keinen Kontakt mehr. Die Aussagen des Beschuldigten dazu blieben auch in der Folge höchst uneinheitlich. Ganz am Anfang gab er auch an, er habe dem Opfer nach dessen Verschwinden auf die Combox gesprochen, was widerlegt werden konnte. Einen Auslöser für den Kontaktabbruch konnte der Beschuldigte denn auch nie benennen, er gab an, es habe keinen Krach gegeben, das letzte Gespräch mit dem Opfer sei belanglos gewesen etc. Wenn er – wie auch behauptet – angenommen hätte, das Opfer sei einfach in seine Heimat zurückgegangen – hätte es keinen Anlass gegeben für das Hinterlegen der Portkarte mit der Frage nach dem Verbleib. Tatsächlich ist dieser Kontaktabbruch ein gewichtiges Indiz für die Täterschaft des Beschuldigten: in den drei Wochen vor dem 16. Oktober 2015 gab es insgesamt 143 Verbindungen vom Beschuldigten an das Opfer und deren 22 in umgekehrter Richtung, bis zu 18 an einem Tag. Ab dem 16. Oktober 2015 hörten diese Kontakte abrupt auf. Der Beschuldigte versuchte das Opfer kein einziges Mal mehr zu erreichen, während dem Drittpersonen noch zahlreiche Anrufversuche unternahmen (vgl. Auflistung und Diagramme AS 093 ff.). Auch wenn der Beschuldigte dazu angab, dies sei zu einfach gedacht, gibt es dafür keine andere Erklärung, namentlich unter Mitberücksichtigung der Postkarte, auf die nachfolgend noch näher einzugehen sein wird. - Dass sich der Beschuldigte zu seinen Drogenverkaufsaktivitäten für das Opfer widersprach, stellt hingegen kein Indiz für seine Beteiligung am Tötungsdelikt dar. - Widersprüchliche Aussagen machte der Beschuldigte auch zu seinen Schulden beim Opfer. Diese spielen im vorliegenden Verfahren eine zentrale Rolle, soll sich der Streit, der mit dem Tod des Opfers endete, doch wegen der Schulden des Beschuldigten beim Opfer entzündet haben. Der Beschuldigte gab zunächst an, er habe dem Opfer CHF 70.00 geschuldet. Als ihm vorgehalten wurde, mehrere Leute aus dem gemeinsamen Umfeld hätten von erheblichen Schulden des Beschuldigten beim Opfer im Umfang von mehreren CHF 1'000.00 berichtet, gab der Beschuldigte dafür eine abstrus wirkende Erklärung zu Protokoll. Das Opfer habe in der Tat bei ihm Schulden von mehreren CHF 1'000.00 geltend gemacht, dies aber ohne jede Berechtigung. So hätten die von der Polizei befragten Personen dann auch vom Opfer, aber auch von ihm, von diesen angeblichen Schulden erfahren. Der Beschuldigte hatte am 10. Oktober 2015, somit wenige Tage vor dem Ableben des Opfers der Polizei gemeldet, er sei vom Opfer bedroht worden im Zusammenhang mit dem Drogengeschäft (AS 024). Es ist daher von erheblichen Schulden des Beschuldigten beim Opfer auszugehen, was unter dem noch zu besprechenden Gesichtspunkt des Tatablaufes ein deutliches Indiz für die Täterschaft des Beschuldigten darstellt. Bemerkenswert ist dabei, dass die Drohung vom 10. Oktober 2015 beidseitig ganz offensichtlich keinen Anlass gab für den Abbruch der Kontakte zwischen dem Beschuldigten und dem Opfer, gab es doch auch danach viele Kontakte, am 12. Oktober 2015 bspw. alleine deren 18.
6.3.2 Das Verhalten des Beschuldigten war in verschiedener Hinsicht auffällig: - Nach seiner ersten Einvernahme am 29. Dezember 2015 und auch später meldete sich der Beschuldigte mehrfach von sich aus telefonisch bei der Polizei und wies auf mögliche Täter hin. Schon in der ersten Einvernahme hatte er – ungefragt – den «Walliser» als potentiell verdächtig beschrieben. Wenn er – wie von ihm behauptet – mit dem Opfer keine Beziehung mehr gehabt haben soll und ihn der Tod des Opfers auch nicht betroffen haben soll, erscheint dieses Verhalten merkwürdig und wäre am ehesten mit dem Versuch einer Vertuschung/Ablenkung durch den Täter zu erklären. Es handelt sich dabei aber nur um ein schwaches Indiz für die Täterschaft des Beschuldigten. - Höchst auffällig ist das Verhalten des Beschuldigten im Zusammenhang mit der von ihm beim Opfer nach dessen Verschwinden eingeworfenen Postkarte: Er sprach diese bei der ersten Einvernahme von sich aus an, identifizierte dann die ihm vorgehaltene Postkarte anhand des Motivs auf der Vorderseite als die von ihm eingeworfene Karte, bestritt aber, den Text auf der Rückseite geschrieben zu haben, das sei nicht seine Schrift. Das von der Polizei in Auftrag gegebene Handschriftgutachten vom 10. September 2020 ergab kein eindeutiges Resultat (AS 3118 ff.): Die schriftvergleichenden Befunde sprächen «mässig» dafür, dass es sich beim Verfasser des Textes auf der Postkarte um den Beschuldigten gehandelt habe. Zusammenfassend seien die Befunde unter der Annahme der Urheberschaft des Beschuldigten besser erklärbar als unter der Annahme der Hypothese «unbekannte Urheberschaft». Insgesamt bestehen aber keinerlei Zweifel darüber, dass der Text vom Beschuldigten selbst verfasst wurde, gab er doch an, er habe auf seiner Postkarte genau das geschrieben, was auch tatsächlich auf der inkriminierten, aufgefundenen Postkarte stand: «Was ist passiert» Wo bist zu hin?». Dass die Schrift von der üblichen Handschrift des Beschuldigten abwich, kann darin begründet sein, dass er die Karte nach seinen Angaben auf einer Bank vor dem Denner, also einer unebenen Unterlage, geschrieben hat – weitaus wahrscheinlicher (siehe nachfolgend) – dass er die Handschrift absichtlich verstellt hat. Es liegt nahe, dass sich der Beschuldigte mit dieser Karte ein Alibi verschaffen wollte für den Fall, dass er in den Fokus der Ermittlungen geraten sollte. Um die Ermittlungsbehörden jedoch nicht ohne Not auf seine Person zu lenken, verstellte er seine Schrift und unterschrieb die Karte nicht mit seinem Namen bzw. überkritzelte nachträglich den von ihm zuerst hingeschriebenen Buchstaben «M». Es spricht für sich, dass der Beschuldigte sich per Postkarte nach dem Wohlergehen des Opfers erkundigte, nachdem sie vorher – bis zum Tag des Versterbens des Opfers – täglich vielfachen telefonischen Kontakt gehabt hatten. Es handelt sich um ein deutliches Indiz für die Täterschaft des Beschuldigten.
6.3.3 Der Inhalt des Amtsberichts Nr. 54 ist auch ein höchst gewichtiges Indiz für die Täterschaft des Beschuldigten. Es besteht kein Zweifel, dass der Beschuldigte dabei dem verdeckten Ermittler «Miguel» von seiner Auseinandersetzung mit dem Opfer und das Schicksal des Opfers am Abend des 16. Oktober 2015 erzählte. Alle von ihm geschilderten Details bis zum Niederschlagen des Opfers stimmen mit den Ermittlungserkenntnissen überein: Es sei bei dem «Drecksjugo» daheim passiert (Tatort), dieser habe mit «Sugar» gehandelt, es habe sich um seine Schulden beim Opfer gedreht. Der Beschuldigte erwähnte das «Geldschuldenbüchlein» des Opfers, das auch von weiteren Personen aus dem Umfeld der beiden Protagonisten beschrieben wurde. Er gab gegenüber «Miguel» an, es seien alle vier Mobiltelefone des Opfers weggekommen, wobei es sich zweifellos um Täterwissen handelt, da dies von der Polizei nicht erwähnt worden war und auch nicht öffentlich geworden war (auch der verdeckte Ermittler, der nur über rudimentäre Fallkenntnis verfügte, gab vor der Vorinstanz als Zeuge an, davon nichts gewusst zu haben). Gleiches gilt für die Angabe, dass sich das Opfer den Kopf gestossen habe und der Tisch kaputtgegangen sei, die Türe sei verschlossen gewesen. Auch dies (Kopfverletzungen des Opfers, beschädigter Tisch, verschlossene Türe) war von der Polizei nicht erwähnt worden. Wie in seinen eigenen Einvernahmen bei den Strafverfolgungsbehörden gab der Beschuldigte gegenüber «Miguel» an, das Opfer sei immer im [Lokal 1] in [Ort 2] zocken gegangen, und es habe Alkohol und Kokain konsumiert. Auch die Erwähnung von «M.___» und «N.___», die sich auch in der Wohnung des Opfers aufgehalten hätten, findet sich bereits in der ersten Einvernahme des Beschuldigten am 29. Dezember 2015. Dazu kann auch auf die detaillierte Aufstellung des Staatsanwaltes im Parteivortrag vor Amtsgericht verwiesen werden (OG AS 152 ff.). Es besteht damit kein Zweifel, dass der Beschuldigte «Miguel» seine Auseinandersetzung mit dem Opfer am Abend des 16. Oktober 2016 geschildert hat. Daran ändert nichts, dass er in der Folge gegenüber «Miguel» auch bewusst falsche Angaben gemacht hat, wie den Fund von CHF 36'000.00 auf dem Estrich (es gab gar keinen Estrich in der Wohnliegenschaft des Opfers) die Observation des Opfers durch die Polizei. Ganz offensichtlich wurde dem Beschuldigten im Verlauf des Gesprächs bewusst, dass er sich gegenüber dem verdeckten Ermittler zu weit geöffnet hatte, und er versuchte in der Folge das Ergebnis der Auseinandersetzung und seine Rolle zu beschönigen und herunter zu spielen (das Opfer habe ihm gesagt, es benötige keine Hilfe, das Opfer habe nachweislich noch zwei Wochen gelebt, das Opfer sei dann wohl an einem Blutgerinnsel gestorben, etc.). Der Beschuldigte wollte aber auch auf mehrfache Nachfrage der Strafverfolgungsbehörden hin nie direkt sagen, der verdeckte Ermittler «Miguel» habe hier eine Lügengeschichte erzählt. Letztlich handelt es sich dabei um ein eigentliches Geständnis des Beschuldigten. Wenn er – mit dem Amtsbericht Nr. 54 konfrontiert – nun geltend machte, er habe «Miguel» nicht dahingehend verstanden, dass dieser einen Menschen getötet habe, kann ihm das nicht abgenommen werden: Wenn «Miguel» sich auf das gemalte Bild bezog und zwei Mal angab, er habe den Vergewaltiger seiner Schwester «kaputt gemacht», konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er diesen getötet hatte. Wenn nun der Beschuldigte auch auf Nachfrage mehrfach erwiderte «Jaja, ich eben auch», dann ist das das Eingeständnis, das Opfer getötet zu haben. Ebenso klar zeigt dies das Kreuzzeichen, welches der Beschuldigte in die Luft gemacht hat, als er bei «Miguel» nachfrage «Jä, so?». Es ist somit ausgeschlossen, dass der Beschuldigte bei diesem Gespräch davon ausging, «Miguel» habe den Vergewaltiger seiner Schwester nur geschlagen.
Ergänzend kann auf folgende weitere Amtsberichte verwiesen werden, aus denen Andeutungen des Beschuldigten über einen gravierenden Vorgang und auch die konkrete Tat in seinem Leben hervorgehen: - Nr. 43: Man müsse in letzter Konsequenz zu sich schauen, um zu überleben, bevor man plötzlich selbst ein Messer in den Bauch bekomme. - Nr. 49: Es gebe Dinge in seinem Leben, welche er noch nie jemandem erzählt habe. Dinge, bis hin zu einem Mord (Pause) in Deutschland. - Nr. 50: Er könne nicht verstehen, dass die Richter die Vorgeschichte, die zu einer Tat führten, nicht genügend berücksichtigten.
7. Beweisergebnis
7.1 Die Beweislage ist eindeutig, dies aufgrund der zahlreichen belastenden Indizien, aber auch gestützt auf die Aussagen des Beschuldigten gegenüber dem verdeckten Ermittler kann kein Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bestehen. Wenn die Verteidigung im Übrigen vor der Vorinstanz geltend machte, ausser den Amtsberichten gebe es keinerlei Beweismittel, dann ist das nach den obigen Ausführungen eine unzutreffende Beschönigung. Und selbst wenn man – entgegen diesem Beweisergebnis – aufgrund der späteren Angaben des Beschuldigten davon ausgehen würde, er habe kein Geständnis hinsichtlich der Tötung des Opfers abgelegt, sondern nur einen Kick gegen das Opfer geschildert, käme man aufgrund der vorliegenden Gutachten zwingend zum gleichen Schluss:
Aus den Gutachten ergibt sich klar, dass die mehrfachen und tödlichen Schläge mit dem stumpfen Gegenstand dem Opfer nach der Beschädigung des Tisches in der Auffindsituation zugefügt wurden. Das abgebrochene Tischbein lag immer noch unter dem Körper des Opfers (Fotos AS 2196 und 2298). Das Opfer hat sich demnach nach dem ersten Niederschlag, bei dem es gegen den Tisch stürzte und diesen beschädigte, nicht mehr bewegt. Das zeigen auch die Schläge, die das Opfer praktisch alle am selben Ort getroffen haben und zu einem Terrassenbruchsystem geführt haben. Hätte sich das Opfer noch bewegt, wäre das Spurenbild anders. Das schliesst auch aus, dass das Opfer an den Folgen des Sturzes nach dem Kick gestorben ist. Auch die Tatsache, dass das Opfer noch die Hausschuhe an den Füssen trug (AS 2198), spricht für diesen Verlauf. Dazu kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz auf US 17 verwiesen werden. Wenn nun der Beschuldigte dem Opfer den ersten Schlag (Kick) zugefügt hatte – mit der Folge, dass dieses nach hinten auf den Tisch krachte und auf dem abgebrochenen Tischbein liegen blieb –, war er es auch, der weiter auf das benommen am Boden liegende Opfer einschlug. Bekannt ist aus der Schilderung des Beschuldigten gegenüber «Miguel» auch, dass der Beschuldigte die vier Handys gestohlen hat und die Wohnungstüre von aussen verschlossen hat. Eine Dritttäterschaft kann auch aus diesem Grund ausgeschlossen werden. Das Mitnehmen der Handys und Verschliessen der Türe hätte im Übrigen auch keinerlei Sinn ergeben, hätte das Opfer nach der Gewalteinwirkung durch den Beschuldigten noch gelebt und hätte – wie vom Beschuldigten gegenüber «Miguel» dargelegt – gesagt, er (der Beschuldigte) brauche keine Hilfe zu rufen. Zudem kann das Mitnehmen der Handys nur den Zweck verfolgt haben, zu verhindern, dass die Polizei dem Täter auf die Spur kommt. Einen Wert verkörperten zumindest die beiden alten Nokia-Handys nicht mehr.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Eine Dritttäterschaft kann nicht nur wegen des Geständnisses der Tötung durch den Beschuldigten ausgeschlossen werden: wenn andernfalls auf jeden Fall davon auszugehen wäre, dass der Beschuldigte dem Opfer den Tritt/Kick versetzt hat und er – wie er mit seinen Aussagen offenbarte – wusste, das alle Handys gestohlen worden waren und die Türe verschlossen worden war, konnte danach keine Drittperson mehr «zufällig» in die Wohnung eindringen (ohne Spuren zu hiterlassen) und dem nach dem Tritt am Boden liegenden Opfer «den Rest geben». Hätte der Beschuldigte dieses Täterwissen von einem Dritten gehabt, hätte er dies zweifellos offengelegt.
7.2 Hinsichtlich des Ablaufs ist von der Darstellung des Beschuldigten gegenüber dem verdeckten Ermittler «Miguel» auszugehen: Er war beim Opfer daheim, wo plötzlich ein Streit ausbrach. Das Opfer kam mit seinem «Geldschuldenbüchlein» und sagte, der Beschuldigte schulde ihm CHF 12'000.00. In diesem Büchlein hatte das Opfer Buch geführt über seine Schuldner mit vielen Namen. Im Rahmen des Streites ging das Opfer mit einem Messer auf den Beschuldigten los, zumindest ist zu Gunsten des Beschuldigten davon auszugehen. Neben dem Bauch rechts des Opfers lag beim Auffinden der Leiche denn auch ein Messer auf dem Boden, wenn auch kein Küchenmesser (AS 002, Fotos: AS 2199 und 2208). Zudem ist aktenkundig, dass das Opfer am 16. Juli 2014 einen Menschen (W.___) mit einer Messer schwer verletzt hatte. Der Beschuldigte, dem Opfer gemäss Polizei «körperlich hoch überlegen» (AS 113), versetzte dem Opfer einen Tritt/Kick, worauf dieses zuerst auf den Tisch und darauf zu Boden stürzte, wo es benommen liegen blieb. Beim Sturz des Opfers ging der Tisch in die Brüche, das abgebrochene Tischbein lag unter dem Körper des Opfers. Der Beschuldigte schlug in der Folge noch mehrfach – mindestens fünf bis sechs Mal – mit einem stumpfen Gegenstand auf den Vorderkopf des wehrlos daliegenden Opfers ein und fügte ihm damit die tödlich wirkenden Verletzungen zu. Im Moment dieser Schläge lag zweifelsfrei kein Angriff des Opfers auf den Beschuldigten mehr vor. Der Beschuldigte entfernte sich aus der Wohnung, nahm dabei die Handys des Opfers, dessen Schlüsselbund, dessen Bauchtasche mit dem «Schuldenbüchlein» und der «Drogenbüchse» sowie das Tatwerkzeug mit und schloss die Wohnungstüre von aussen ab. Die Handys und das «Schuldenbüchlein» hätten Hinweise auf die Täterschaft des Beschuldigten liefern können. Der Beschuldigte meldete sich danach telefonisch entgegen allen vorherigen Gewohnheiten nicht mehr beim Opfer, weil er genau wusste, dass dieses nicht mehr zu erreichen war.
7.3 Der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass die Strafverfolgungsbehörden sich keineswegs bei ihren Ermittlungen auf den Beschuldigten beschränkten: Auch gegen zwei weitere Verdächtige, X.___ und Y.___, wurde eine Strafuntersuchung wegen vorsätzlicher Tötung eröffnet und es wurden umfangreiche Ermittlungen getätigt, welche diese beiden Verdächtigten aber zu entlasten vermochten (AS 025 ff und 099 ff.). Ermittelt wurde überdies auch gegen I.___ (AS 025).
8. Rechtliche Subsumtion
8.1 Bezüglich der rechtlichen Subsumtion des Beweisergebnisses als vorsätzliche Tötung kann grundsätzlich auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz auf US 18 ff verwiesen werden. Zusammenfassend ergibt sich folgendes: - Wer auf ein wehrlos am Boden liegendes Opfer mindestens fünf Mal mit einem stumpfen Gegenstand wuchtig auf den Kopf schlägt und diesem dabei mehrere Schädelbrüche zufügt, nimmt den Tod des Opfers nicht nur in Kauf, sondern beabsichtigt die Tötung mit direktem Tötungsvorsatz. Dies zeigt im Übrigen auch das Verlassen des Tatortes und Verschliessen der Wohnungstür. - Es liegen weder die qualifizierenden Tatbestandsmerkmale des Mordes noch die privilegierenden Merkmale eines Totschlages vor (und wurden auch von keiner Seite geltend gemacht). Rechtlich nicht von Belang ist im Übrigen, ob das Opfer nach dem letzten Schlag an den Kopf noch kurz gelebt hat nicht, da der Todeseintritt zweifellos auf die genannten Schläge zurückzuführen ist.
8.2 Einer näheren Prüfung bedarf die Frage der Notwehr. Wird jemand ohne Recht angegriffen unmittelbar mit einem Angriff bedroht, so ist der Angegriffene jeder andere berechtigt, den Angriff in einer den Umständen angemessenen Weise abzuwehren (Art. 15 StGB, "rechtfertigende Notwehr"). Artikel 16 StGB regelt die "entschuldbare Notwehr": Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr nach Artikel 15 StGB, so mildert das Gericht die Strafe (Art. 16 Abs. 1 StGB). Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr in entschuldbarer Aufregung Bestürzung über den Angriff, so handelt er nicht schuldhaft (Art. 16 Abs. 2 StGB). Das Gesetz regelt nur den quantitativen, intensiven Notwehrexzess, bei dem der Täter auf einen unmittelbar drohenden Angriff übermässig reagiert. Es regelt hingegen nicht auch den qualitativen, extensiven Exzess, bei welchem der Täter in einem Zeitpunkt handelt, in dem ein Angriff noch nicht nicht mehr unmittelbar droht (Urteil 6B_724/2017 vom 21. Juli 2017 E. 2.1 mit Hinweisen).
Der Beschuldigte wurde vom Opfer mit einem Messer angegriffen. Wenn er das ihm körperlich deutlich unterlegene Opfer mit einem Tritt/Kick derart niederschlug, dass es nach hinten auf den Tisch fiel, der zusammenbrach, und auf dem Boden liegen blieb, war diese Reaktion des Beschuldigten vom Notwehrrecht gedeckt und gerechtfertigt. Als der Beschuldigte aber danach mehrfach wuchtig mit einem stumpfen Gegenstand auf den Vorderkopf des Opfers einschlug, bestand keine Notwehrlage, das Opfer lag benommen und wehrlos am Boden. Dies würde selbst für den Fall der (vorinstanzlichen) Annahme, das Opfer habe nach dem Niederschlag das Messer noch in der Hand gehalten, gelten. Mit einem erneuten unmittelbaren Angriff des benommenen Opfers war unter diesen Umständen nicht zu rechnen. Eine Notwehrlage bestand somit bereits beim ersten Schlag mit dem stumpfen Gegenstand auf den Kopf des Opfers – und dies entgegen der Annahme der Vorinstanz – nicht mehr. Beim ersten Schlag mit dem stumpfen Gegenstand an den Kopf des Opfers lag auf Seiten des Beschuldigten auch kein Verteidigungswille mehr vor: Er schlug ganz einfach noch mehrfach heftig auf das Opfer ein, um dieses nun «ein für alle Mal ruhig zu stellen». Wie die Vorinstanz dann zu Recht ausführte, war das Opfer erst recht nach dem ersten, heftigen Schlag auf den Kopf keinesfalls nicht mehr in der Lage, weiter zu agieren. Dass das Opfer zunächst im Rahmen eines Streites mit einem Messer auf den Beschuldigten losgegangen war, ist bei der rechtlichen Würdigung nicht relevant, ist aber bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.
8.3 Der Schuldspruch der Vorinstanz wegen vorsätzlicher Tötung ist zu bestätigen, der Beschuldigte hat weder in rechtfertigender noch in entschuldbarer Notwehr und auch nicht in einem Notwehrexzess gehandelt.
IV. Raub
1. Vorhalt
Dem Beschuldigten wird unter Ziffer 4 der Anklagschrift vorgehalten, er habe am 23. September 2017, um 17:11 Uhr, in [Ort 1], Bahnhofquai, PU Winkelunterführung, zum Nachteil von F.___, einen Raub begangen, indem er der Geschädigten in unrechtmässiger Bereicherungs- und Aneignungsabsicht eine fremde bewegliche Sache weggenommen und – nachdem er auf frischer Tat ertappt worden sei – Nötigungshandlungen durch Androhung einer gegenwärtigen Gefahr für Leib Leben gegenüber dieser begangen habe. Die Geschädigte F.___ habe zwei Noten zu je CHF 20.00 in der gestreckten Hand nach oben gehalten. In diesem Moment habe ihr der Beschuldigte, welcher gerade aus Richtung Postplatz-Abgang gekommen sei und vorher ein Messer in der rechten Hand gehalten habe, die beiden Geldscheine im Vorbeirennen aus der Hand gerissen und sei davongerannt. Die Geschädigte sei dem Beschuldigten die Treppe hinauf nachgerannt, habe ihm zugerufen, dass das Geld ihr gehöre und ihn gepackt, woraufhin er sich umgedreht, die Geschädigte geschubst und sodann ein Springmesser mit 12.5 cm langer Klinge drohend gegen sie gehalten, Stichbewegungen gegen die Geschädigte ausgeführt und geschrien habe, sie solle ihn in Ruhe lassen. Die Distanz habe dabei einen Meter betragen. Danach sei ihm das Messer aus der Hand auf den Boden gefallen und er habe sich vom Tatort entfernt.
2. Sachverhalt
2.1 Vorweg ist festzuhalten, dass der Beschuldigte rechtskräftig wegen Wiederhandlung gegen das Waffengesetz schuldig gesprochen ist: Gemäss Ziffer 6 der Anklage hat er am 23. September 2017 in [Ort 1], Bahnhofquai, Winkelunterführung – Treppenaufgang zum Trottoir ein verbotenes Klappmesser, Länge 27,50 cm, Klingenlänge 12,50 cm, in der Öffentlichkeit auf sich getragen.
2.2 Der Entwendevorgang an sich ist unbestritten und in einer Videoaufzeichnung dokumentiert: Die Geschädigte hielt – zwecks Geldwechsels – zwei Zwanzigernoten in die Höhe, worauf ihr der vorbeirennende Beschuldigte die beiden Noten aus der Hand riss und, mit einem Messer in der Hand, den Treppenaufgang hinaufrannte. Unbestritten ist weiter, dass die Geschädigte den Beschuldigten verfolgte und ihn oben am Treppenaufgang einholte. Sie packte ihn am Ärmel und verlangte das Geld zurück. Als die Geschädigte sich des Messers gewahr wurde, entfernte sie sich vom Beschuldigten.
2.3 Umstritten ist, ob und wie der Beschuldigte das Messer gegen die Geschädigte eingesetzt hat.
2.3.1 Diesbezüglich machte die Geschädigte am 23. September 2017 folgende Aussage (Separatordner «Raub» Seiten 035 ff., nachfolgend OR AS 035 ff.). Oben an der Treppe habe der Täter Richtung Brücke davonlaufen wollen. Sie habe ihn am Jackenärmel fassen können und zu ihm gesagt, er solle ihr das Geld zurückgeben. Der Beschuldigte habe mit sich selber geredet, sie habe nicht verstanden, was er gemeint habe. Plötzlich habe er sich zu ihr umgedreht und sie mit einem Messer bedroht. Dieses habe er zuerst mit beiden Händen geöffnet und dann habe er damit gegen sie gefuchtelt; er habe so Stichbewegungen gegen sie gemacht. Dann sei das Messer zu Boden gefallen, er habe es aber sofort wieder aufgehoben. Da sie Angst gehabt habe, sei sie in den dortigen Coiffeurladen gelaufen, um zu sagen, man solle die Polizei rufen. (aF) Die Distanz zum Beschuldigten habe weniger als einen Meter betragen. Er hätte sie mit dem Messer stechen können, wenn er gewollt hätte. Am 24. September 2017 in Anwesenheit des amtlichen Verteidigers bestätigte sei diese Angaben und schilderte den Ablauf gleich (OR AS 039 ff.). Sie sei sehr erschrocken und habe sich gefühlt, wie wenn ihr jemand heisses Wasser über den Kopf geschüttet hätte. (aF) Es sei ein schwarzes Messer gewesen zum Auf- und Zumachen. Das habe sie gesehen, als das Messer zu Boden gefallen sei. Sie stehe immer noch unter Schock und habe die halbe Nacht nicht geschlafen. Sie habe den Schock ihres Lebens erlitten. (aF) Sie habe ihn am linken Arm ergriffen, da er in dieser Hand das Geld gehabt habe. Beim Umkehren habe er mit der rechten Hand das Messer gezogen. Wenn sie gewusst hätte, dass er ein Messer hat, hätte sie nie wegen CHF 40.00 so etwas gemacht, nicht einmal für CHF 10'000.00. (aF) Sie habe das Messer erstmals gesehen, als sie von ihm das Geld zurückverlangt habe. Wenn sie das Messer schon vorher gesehen hätte, wäre sie ihm nicht nachgelaufen.
Der Beschuldigte gab am 24. September 2017an (OR AS 068 ff.), als er der Frau das Geld aus der Hand genommen habe, habe er das Messer nicht gegen sie eingesetzt. Er habe es einfach so in der linken Hand gehalten. Er habe die Frau nie mit dem Messer bedroht. Er sei dann auf die andere Strassenseite gerannt und dort habe er das Geld nicht mehr gehabt. Man habe das Geld bei ihm ja nicht gefunden. Es sei eine totale Kurzschlusshandlung gewesen unter dem Einfluss von Drogen (ein Dormicum) und Alkohol, er bereue das «aufs Grösste». Er verstehe seine Tat nicht, und zahle das Geld zurück. (aF) Die Frau habe ihn oben noch gepackt und er sei dann weitergegangen. (aF) Er habe das aus Blödsinn gemacht, aus einem Affekt heraus. Warum er das Messer mitgenommen habe, wisse er nicht. (aF, warum er das Messer eingesetzt habe?) Er habe das Messer nicht einsetzen wollen. Er habe das Messer «einfach plötzlich in der Hand gehabt und es sei von alleine aufgegangen». Es habe so einen Mechanismus, damit es aufgehe. Als er das offene Messer wieder in der Hand gehalten habe, habe er es wieder zusammengeklappt. (aF) Er habe das Messer einfach so in der Hand gehalten. Es sei halb geöffnet gewesen und habe so 4 cm rausgeschaut aus der Hand. (aF) Er habe das geschlossene Messer in der Hand gehalten und halb eingesteckt gehabt als er der Frau das Geld weggenommen habe. Vorher habe er das Messer halb geöffnet in der Hand gehalten und dann mit der zweiten Hand ganz geschlossen. Dann habe er es eingesteckt und erst dann habe er der Frau das Geld weggenommen und sei nach oben gerannt und oben gleich über die Strasse gelaufen. (aF) Ja, oben an er Treppe habe ihn die Frau am Arm gepackt und er habe sich losgerissen. Er habe die Frau nie bedroht sogar beraubt. Er habe ja selbst die Polizei angerufen und das Ganze erzählt. (aF) Er habe keine grosse Kraft gebraucht, um die Frau abzuschütteln. (aF) Das Messer habe er nie gegen sie eingesetzt. (aF, warum er der Frau das Geld nicht zurückgegeben habe, als sie ihn oben gepackt habe?) Sie sei schon ca. einen Meter zu ihm gekommen und habe ihn gepackt. Er sei dann einfach weitergegangen und sie habe ihm nachkommen müssen. Dann habe sie ihn losgelassen, ohne dass er etwas habe machen müssen. Er sei einfach weitergegangen und sie habe ihn losgelassen. Er möchte sich noch einmal bei allen Beteiligten entschuldigen. Am 27. Oktober 2017 gab der Beschuldigte ergänzend an (OR AS 074 ff.), er habe das Geld der Frau weggenommen, weil er von einer vorgängigen tätlichen Auseinandersetzung mit einem schwarzen Drogendealer voller Emotionen gewesen sei. Sonst hätte er nie so etwas gemacht. Er habe dann ja auch die Polizei verständigt wegen der Auseinandersetzung mit dem Schwarzen.
Z.___ gab als Auskunftsperson am 12. November 2017 zu Protokoll (OR AS 045), die Geschädigte habe ihn nach Münz gefragt und habe Bargeld in der Hand gehalten. Der Beschuldigte sei von hinten gekommen und habe ihr das Geld aus der Hand gerissen. Dann sei er die Treppe hochgegangen. Oben bei der Treppe habe er wegen des Verkehrs auf der Strasse etwas warten müssen. Die Frau sei dann auch die Treppe hochgekommen und habe weinend gesagt, das sei ihr Geld. Der Mann sei auf die Knie gestürzt, als er zur Strasse gegangen sei. Dabei habe er sein Messer aus der Tasche geholt und habe dieses in der Hand gehalten. Er sei dann aufgestanden und habe leicht gewankt. Er habe sich gedacht, der Mann sei betrunken, weil er gestürzt sei. (aF) Der Mann habe die Frau nicht direkt mit dem Messer bedroht. Auch ihn und weitere Anwesende habe er nicht bedroht. Er selbst sei dann in den Coiffeurladen gegangen und habe dort auf die Polizei gewartet. (aF) Als der Mann das Messer hervorgeholt habe, sei er rund drei bis vier Meter von der Frau und ihm (der Auskunftsperson) entfernt gewesen. Er selbst sei oben auf der Treppe gestanden.
2.3.2 Die Aussagen der Geschädigten, welche sie unter Strafandrohung für den Fall einer falschen Anschuldigung gemacht hat, sind glaubhaft: Sie werden vom Beschuldigen weitgehend bestätigt, ebenso von der Auskunftsperson. Sie schildert u.a. sehr anschaulich ihre Gefühle, als sie vom Messer bedroht worden sei, und sie habe sich deshalb auch sofort zurückgezogen. Das wird vom Beschuldigten bestätigt: Die Frau habe ihn gepackt, danach habe sie aber wieder losgelassen und sei weggelaufen. Die Geschädigte schildet auch eine Komplikation, die bei einer erfundenen Geschichte so nicht zu erwarten wäre: Das Messer sei dem Mann kurz zu Boden gefallen und er habe es sofort wieder vom Boden aufgehoben. Eine vergleichbare Bewegung des Beschuldigten, auf die Knie fallen, wird auch von der Auskunftsperson geschildert. Den Angaben der Geschädigten steht einzig die Aussage der Auskunftsperson gegenüber, wonach der Beschuldigte rund drei bis vier Meter von ihm und der Geschädigten entfernt gewesen sei, und dieser habe mit dem Messer niemanden bedroht, er habe das Messer nur in der Hand gehalten. Das kann aber nicht den ganzen Ablauf betreffen, ist doch unbestritten, dass die Geschädigte den Beschuldigten am Arm gepackt hat und sich diesem somit auf kurze Distanz genähert hatte. Demgegenüber sind die Aussagen des Beschuldigten widersprüchlich und unplausibel. Auf den Überwachungsbildern ist erkennbar, dass der Beschuldigte beim Betreten der Unterführung das Messer in der linken Hand hält und kurz vor dem Treppenaufgang in die rechte Hand nimmt. Das Messer ist geschlossen, ansonsten die Klinge deutlich erkennbar wäre. Das Messer war somit entgegen seiner Aussage nicht «plötzlich in seiner Hand». Da die Geschädigte das Messer geöffnet gesehen haben musste, wie ihre genaue Beschreibung zeigt, muss der Beschuldigte das Messer nach dem Treppenaufgang, als er von der Geschädigten gepackt wurde, wieder geöffnet haben. Das war auch der Grund, warum die Geschädigte von ihm losliess und ihn ohne Weiteres gehen liess, wie dies auch der Beschuldigte selbst angab. Dies musste einen bestimmten Grund haben, da die Geschädigte den Beschuldigten vorher die Treppe hinauf verfolgt und ihn am Ärmel gepackt hatte. Es ist damit auf die Schilderung der Geschädigten abzustellen, der angeklagte Sachverhalt ist erstellt. Der am 23. September 2017 um 18.50 Uhr beim Beschuldigten durchgeführte Atemlufttest fiel mit 0,47 mg/L positiv aus. Ebenso zeigte der um 18.55 Uhr durchgeführte Betäubungsmittelvortest ein positives Resultat auf Kokain und Benzodiazepine.
3. Rechtliche Würdigung
Wer mit Gewalt gegen eine Person unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib Leben nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird nach Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen bestraft. Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat ertappt, Nötigungshandlungen nach Absatz 1 begeht, um die gestohlene Sache zu behalten, wird nach Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 aStGB mit der gleichen Strafe belegt.
Der Beschuldigte hatte der Geschädigten CHF 40.00 entwendet und sie mit dem Messer bedroht (Öffnen des Messers und Herumfuchteln gegen die Geschädigte mit dem Messer), als diese ihn eingeholt und am Arm gepackt hatte. Damit hat er die Geschädigte bedroht im Sinne von Art. 140 StGB, um die gestohlene Sache, die CHF 40.00, zu behalten. Der Diebstahl war noch nicht beendet, da die Geschädigte dem Beschuldigte unverzüglich nachgeeilt war und ihn am Ärmel hatte packen können. Die Ausführungen der Verteidigung zum «Entreissdiebstahl» sind vorliegende irrelevant. Der Schuldspruch der Vorinstanz wegen Raubes in Form eines räuberischen Diebstahls ist zu bestätigen.
V. Irreführung der Rechtspflege
1. Vorhalt
Letztlich wird dem Beschuldigten in AKS Ziffer 5 vorgehalten, er habe am 23. September 2017, um 18:27 Uhr, in [Ort 1], [Adresse 2], die Rechtspflege in die Irre geführt, indem er bei der Polizei Kanton Solothurn wider besseres Wissen anzeigt habe, es sei eine strafbare Handlung begangen worden. Konkret habe er am 23. September 2017, um 18:27 Uhr, der Alarmzentrale der Polizei Kanton Solothurn telefoniert und dieser wider besseren Wissens gemeldet, dass er von einem unbekannten dunkelhäutigen Mann tätlich angegriffen und attackiert worden sei. Wie sich später anhand der durch die Polizei gesichteten Videoaufnahmen herausgestellt habe, sei dies nicht der Fall gewesen. Vielmehr habe der Beschuldigte, nach dem durch ihn begangenen Raub, um 18:19 Uhr in der Winkelunterführung grundlos einen unbekannten dunkelhäutigen Mann attackiert. Dies habe der Beschuldigte erst zugegeben und damit seine Aussagen revidiert, als er durch die Polizei am 27. Oktober 2017 mit den vorhandenen Videoaufnahmen konfrontiert worden sei. Er habe folglich vorsätzlich und wider besseres Wissen bei der Polizei angezeigt, es seien strafbare Handlungen, genauer eine tätliche Attacke ihm gegenüber, begangen worden, wodurch er den ungehinderten Gang der Justiz gestört habe. Nach Aussagen des Beschuldigten hatte er nach dem Entwenden mit den CHF 40.00 Kokain gekauft und konsumiert (OR AS 004).
2. Sachverhalt
Nachdem um 17.16 Uhr die Meldung wegen des soeben behandelten Delikts (Raub) bei der Polizei eingegangen war, rief der Beschuldigte selbst um 18.27 Uhr die Alarmzentrale an. Der aufgezeichneten Eingangsmeldung ist zu entnehmen, dass der Beschuldigte berichtete, er sei von einem Unbekannten tätlich angegriffen worden. Auf der Aufnahme ist zu hören, der Angreifer sei ihm nachgelaufen und habe als Erster geschlagen. Auch führte er aus, der Angreifer habe ihn bestehlen wollen, indem er ihm in die Tasche gegriffen habe. Das hat der Beschuldigte an der einschlägigen Einvernahme vom 27. Oktober 2017 (OR AS 074 ff.) nicht mehr erwähnt und das steht auch im Widerspruch zu den Videoaufnahmen der Winkelunterführung. Auf diesen ist zu sehen, dass der Beschuldigte dem vermeintlichen Angreifer nachläuft und diesen selber zuerst angreift. Das eigentliche Opfer kann sich befreien, wobei zu keinem Zeitpunkt zu sehen ist, dass dieses dem Beschuldigten etwas zu entwenden versucht. Vielmehr lässt es die eigene Jacke zurück, um zu flüchten. Nach Vorhalt der Meldung gab der Beschuldigte denn auch zu, dass ihm nicht in die Tasche gegriffen worden sei und er den anderen Mann angegriffen habe. Was er der Polizei bei der telefonischen Meldung erzählt habe, sei lächerlich. Er müsse sich dafür in Grund und Boden schämen. Er sei da wegen Alkohol und Dormicum nicht «Herr der Lage» gewesen. Er anerkenne den Vorhalt der falschen Anschuldigung. Dass der Unbekannte vorgängig den Beschuldigten bespuckt haben soll (was bei der Meldung nicht erwähnt wurde, wie es aber der Beschuldigte am 27. Oktober 2017 angab) ist mit Blick auf die Videoaufnahmen ebenso unglaubhaft. Der Unbekannte lief vor dem Beschuldigten und hielt offensichtlich nur auf dessen Zurufen hin an. Hätte er den Beschuldigten tatsächlich bespuckt, so hätte er ihn im Anschluss kaum derart nahe an sich herangelassen und wäre kaum dermassen durch den Angriff überrascht worden. Es ist daher erstellt, dass der Beschuldigte der Polizei anzeigte, er sei von einem dunkelhäutigen Mann zwecks Diebstahls angegriffen worden, obwohl dies nicht der Wahrheit entsprach, was er wusste, da er diesen Mann selber angegriffen hatte. Der angeklagte Sachverhalt ist erstellt.
3. Rechtliche Würdigung
Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, wer sich selbst fälschlicherweise bei der Behörde einer strafbaren Handlung beschuldigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 304 Ziff. 1 StGB).
Mit der bewusst wahrheitswidrigen telefonischen Anzeige, er sei von einem schwarzen Drogenhändler zum Zwecke des Diebstahls tätlich angegriffen worden, hat sich der Beschuldigte der Irreführung der Rechtspflege schuldig gemacht.
VI. Strafzumessung
1. Allgemeines zur Strafzumessung
1.1 Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Nach Art. 50 StGB hat das Gericht die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten.
Der Begriff des Verschuldens muss sich auf den gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der konkreten Straftat beziehen. Innerhalb der Kategorie der realen Strafzumessungsgründe ist zwischen der Tatkomponente, welche nun in Art. 47 Abs. 2 StGB näher umschrieben wird, und der in Abs. 1 aufgeführten Täterkomponente zu unterscheiden (vgl. Trechsel/Thommen in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage 2018, Art. 47 StGB N 16 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Praxis).
1.2 Bei der Tatkomponente können verschiedene objektive und subjektive Momente unterschieden werden. Beim Aspekt der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes (Ausmass des verschuldeten Erfolgs) geht es sowohl um den Rang des beeinträchtigten Rechtsguts wie um das Ausmass seiner Beeinträchtigung, aber auch um das Mass der Abweichung von einer allgemeinen Verhaltensnorm. Auch die Verwerflichkeit des Handelns (Art und Weise der Herbeiführung des Erfolgs) ist als objektives Kriterium für das Mass des Verschuldens zu berücksichtigen. Auf der subjektiven Seite ist die Intensität des deliktischen Willens (Willensrichtung des Täters) zu beachten. Dabei sprechen für die Stärke des deliktischen Willens insbesondere Umstände wie die der Wiederholung Dauer des strafbaren Verhaltens auch der Hartnäckigkeit, die der Täter mit erneuter Delinquenz trotz mehrfacher Vorverurteilungen sogar während einer laufenden Strafuntersuchung bezeugt. Hier ist auch die Skrupellosigkeit, wie auch umgekehrt der strafmindernde Einfluss, den es haben kann, wenn ein V-Mann bei seiner Einwirkung auf den Verdächtigen die Schranken des zulässigen Verhaltens überschreitet, zu beachten. Hinsichtlich der Willensrichtung dürfte es richtig sein, dem direkten Vorsatz grösseres Gewicht beizumessen als dem Eventualdolus, während sich mit der Unterscheidung von bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit keine prinzipielle Differenz der Schwere des Unrechts der Schuld verbindet. Die Grösse des Verschuldens hängt weiter auch von den Beweggründen und Zielen des Täters ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Delinquenz umso schwerer wiegt, je grösser das Missverhältnis zwischen dem vom Täter verfolgten und dem von ihm dafür aufgeopferten Interesse ist. Schliesslich ist unter dem Aspekt der Tatkomponente die Frage zu stellen, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Hier geht es um den Freiheitsraum, welchen der Täter hatte. Je leichter es für ihn gewesen wäre, die Norm zu respektieren, desto schwerer wiegt die Entscheidung gegen sie und damit seine Schuld (BGE 117 IV 7 E. 3aa).
1.3. Bei der Täterkomponente sind einerseits das Vorleben, bei dem vor allem Vorstrafen, auch über im Ausland begangene Straftaten (BGE 105 IV 225 E. 2), ins Gewicht fallen – Vorstrafenlosigkeit wird neutral behandelt und bei der Strafzumessung nur berücksichtigt, wenn die Straffreiheit auf aussergewöhnliche Gesetzestreue hinweist (BGE 136 IV 1) – und andererseits die persönlichen Verhältnisse (Lebensumstände des Täters im Zeitpunkt der Tat), wie Alter, Gesundheitszustand, Vorbildung, Stellung im Beruf und intellektuelle Fähigkeiten zu berücksichtigen. Des Weiteren zählen zur Täterkomponente auch das Verhalten des Täters nach der Tat und im Strafverfahren, also ob er einsichtig ist, Reue gezeigt, ein Geständnis abgelegt bei den behördlichen Ermittlungen mitgewirkt hat, wie auch die Strafempfindlichkeit des Täters.
1.4 Das Gesamtverschulden ist zu qualifizieren und mit Blick auf Art. 50 StGB im Urteil ausdrücklich zu benennen, wobei von einer Skala denkbarer Abstufungen nach Schweregrad auszugehen ist. Hierauf ist in einem zweiten Schritt innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens die (hypothetische) Strafe zu bestimmen, die diesem Verschulden entspricht (BGE 136 IV 55 E. 5.7). Die tat- und täterangemessene Strafe für eine einzelne Tat ist grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens festzusetzen. Dieser ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint. Die Frage einer Unterschreitung des ordentlichen Strafrahmens kann sich stellen, wenn verschuldens- bzw. strafreduzierende Faktoren zusammentreffen, die einen objektiv an sich leichten Tatvorwurf weiter relativieren, so dass eine Strafe innerhalb des ordentlichen Rahmens dem Rechtsempfinden widerspräche. Die verminderte Schuldfähigkeit allein führt deshalb grundsätzlich nicht dazu, den ordentlichen Strafrahmen zu unterschreiten. Dazu bedarf es weiterer, ins Gewicht fallender Umstände, die das Verschulden als besonders leicht erscheinen lassen (E. 5.8).
1.5 Strafen von bis zu 180 Tageseinheiten sind grundsätzlich in Form einer Geldstrafe auszusprechen (Art. 34 StGB). Das Gericht kann stattdessen auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn a) eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten, b) eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann (41 Abs. 1 StGB). Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen (Art. 41 Abs. 2 StGB). In der zu den vorliegend zu beurteilenden Tatzeiten geltenden Fassung von Art. 34 Abs. 1 StGB waren Geldstrafen bis zu 360 Tagessätzen möglich. Die Freiheitsstrafe als eingriffsintensivste Sanktion ist nach der gesetzlichen Konzeption somit nach wie vor (auch nach der auf den 1. Januar 2018 in Kraft gesetzten Revision) ultima-ratio und kann nur verhängt werden, wenn keine andere, mildere Strafe in Betracht kommt (Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1999 2043 f. Ziff. 213.132; BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f.; BGE 144 IV 217 vom 30. April 2018 E. 3.3. 3 mit Hinweisen). Bei der Wahl der Sanktionsart waren auch unter dem früheren Recht als wichtige Kriterien die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97 E. 4.2 S. 100 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat entschieden, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters und dessen voraussichtliche Zahlungsunfähigkeit keine Kriterien für die Wahl der Strafart sind. Es ist vielmehr, wenn die Voraussetzungen für den bedingten Strafvollzug erfüllt sind, eine bedingte Geldstrafe eine bedingte gemeinnützige Arbeit auszusprechen. Bei einkommensschwachen mittellosen Tätern, etwa Sozialhilfebezügern, nicht berufstätigen, den Haushalt führenden Personen Studenten ist somit die Ausfällung einer tiefen Geldstrafe möglich (BGE 134 IV 97 E. 5.2.3 mit Hinweisen).
1.6 Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen und ist an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist die Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips nach Art. 49 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (sog. «konkrete Methode»). Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (BGE 142 IV 265 E. 2.3.2; BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122). Die Bildung einer sog. «Einheitsstrafe» bei engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang verschiedener Delikte ist nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich nicht mehr zulässig. Ebenso ist es nicht zulässig, für einzelne Delikte eine Freiheitsstrafe statt einer Geldstrafe auszusprechen, nur, weil die maximale Höhe der Geldstrafe von 180 Tagessätzen zufolge Asperation mehrerer Geldstrafen überschritten würde. Diesfalls bleibt es grundsätzlich bei der Ausfällung einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen, auch wenn diese insgesamt für alle mit Geldstrafe zu sanktionierenden Delikte nicht mehr schuldangemessen ist (BGE 144 IV 217 E. 3.6).
2. Konkrete Strafzumessung
2.1 Vorausgeschickt werden kann, dass die Vorinstanz nur für das Tötungsdelikt eine Freiheitsstrafe ausgesprochen hat, die zu Recht. Für die weiteren Delikte könnte mit Blick auf das Verschlechterungsverbot auch nur eine (Gesamt-)Geldstrafe ausgefällt werden. Nach dem zur Tatzeit geltenden, hier für den Beschuldigten milderen Recht kann die Geldstrafe maximal 360 Tagessätze betragen.
2.2.1 Der Strafrahmen für die vorsätzliche Tötung beträgt gemäss Art. 11 StGB Freiheitsstrafe zwischen fünf und 20 Jahren. Beim Tatverschulden ist zu Gunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass es sich nicht um eine geplante, sondern um eine spontane Tat gehandelt hat, die sich aus den Ereignissen des Tatabends so ergeben hat: Das Opfer forderte vom Beschuldigte eine grössere Geldsumme, weshalb es zwischen den beiden Protagonisten zum Streit kam. Das Opfer ging drohend mit einem Messer auf den Beschuldigten los, worauf dieser das Opfer mit einem Fusstritt (Kick) zu Boden schlug. Als das Opfer über den Tisch gefallen war und benommen am Boden lag, behändigte der Beschuldigte einen stumpfen Gegentand und schlug mindestens fünf Mal wuchtig auf den Kopf – den verletzlichsten Körperteil – des Opfers ein. Derart viele Schläge auf ein wehrlos am Boden liegendes Opfer offenbaren eine Skrupellosigkeit und einen ausgeprägten Tötungswillen des Beschuldigten. Der Beschuldigte – in verständlicher Aufregung wegen des Angriffs mit dem Messer – wollte in einer Mischung aus Angst und Wut ein für alle Mal vom Opfer in Ruhe gelassen werden. Dabei dürften die bestehenden Schulden, aber auch die nur wenige Tage vorher erfolgte Drohung des Beschuldigten durch das Opfer eine Rolle gespielt haben. Die Wut des Beschuldigten auf das Opfer geht auch deutlich aus den Schilderungen gegenüber dem verdeckten Ermittler «Miguel» hervor. Nach der Tat nahm der Beschuldigte kaltblütig die Gegenstände mit, die ihn hätten unter Verdacht bringen können und schloss die Türe zur Wohnung des Opfers von aussen ab. Der Beschuldigte hat wohl mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt, aber der Angriff auf Leib und Leben ging zuerst vom Opfer aus, was sich ebenfalls verschuldensmindernd auswirkt. Der Beschuldigte hätte sich aber auch leicht gesetzmässig verhalten und die Wohnung verlassen können, nachdem er das Opfer mit einem Fusstritt zu Boden geworfen hatte. Es liegen somit bei der Motivation Aspekte eines Totschlages, bei der Tatausführung hingegen Merkmale eines Mordes vor. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände lassen sich unter den Straftatbestand der vorsätzlichen Tötung noch weitaus schwerer wiegende Straftaten subsumieren und das Tatverschulden ist insgesamt als mittelschwer, im unteren Bereich, zu qualifizieren. Dem entspricht eine Einsatzstrafe von zehn Jahren Freiheitsstrafe.
2.2.2 Der Beschuldigte hatte – dies geht namentlich auch aus den Amtsberichten der verdeckten Ermittler hervor – kein leichtes Leben, er konnte wegen Rückenbeschwerden die Maurerlehre nicht beenden und hat seine Ehefrau und seine Tochter durch frühen Tod verloren. Er hatte nicht zuletzt deswegen über viele Jahre Suchtprobleme mit Alkohol und Kokain. Er verfügt mittlerweile über eine ¾-IV-Rente, arbeitet daneben als Hauswart und ist nicht mehr von der Sozialhilfe abhängig. Dies wirkt sich bei der Strafzumessung aber nicht strafmindernd aus.
Der Beschuldigte ist vorbestraft (Strafbefehle der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 23. Januar 2013 und 27. Mai 2014 wegen Nötigung und Diebstahls: bedingte Geldstrafen von 10 und 30 Tagessätzen), diese Delikte hatte er am 17. August 2012 bzw. am 20. August 2013 begangen. Negativ ins Gewicht fällt auch das Nachtatverhalten des Beschuldigten, wurde er am 23. September 2017 erneut straffällig.
Gemäss dem Austrittsbericht des [Spital] vom 16.11.2022 hat A.___ verschiedene Leiden, namentlich will seine Fusswunde seit Jahren nicht richtig verheilen. Aus diesem Grund musste der Beschuldigte gemäss Arztzeugnis vom 19. September 2023 erneut stationär hospitalisiert werden, als möglicherwiese letzte Option vor einer Fuss-Amputation. Er ist weiter HIV-positiv und Diabetiker, weshalb insgesamt von einer erhöhten Strafempfindlichkeit auszugehen ist.
Reue Einsicht sind nicht auszumachen, dies zeigen nicht zuletzt seine Aussagen zum Opfer gegenüber dem verdeckten Ermittler «Miguel».
Insgesamt heben sie die straferhöhenden und strafmindernden Faktoren gegenseitig auf und die Täterkomponenten wirken sich nicht auf die Strafhöhe aus. Es bleibt bei der Freiheitsstrafe von zehn Jahren.
2.2.3 An die Freiheitsstrafe ist dem Beschuldigten die Untersuchungshaft vom 23. September 2017 bis 24. September 2017 sowie vom 24. Februar 2020 bis 26. Mai 2020 anzurechnen.
2.3 Geldstrafe für die weiteren Delikte:
2.3.1 Hinsichtlich des Raubes kann von einem sehr leichten Verschulden ausgegangen werden: Es ging um einen geringfügigen Betrag und die Tat erfolgte spontan, der Beschuldigte hat die sich bietende Gelegenheit ergriffen. Dass er dann das mitgeführte Messer zur Abschreckung der ihm nacheilenden Geschädigten verwendet hat, kann ebenfalls als spontane Handlung qualifiziert werden, ein Raubdelikt war auch beim Diebstahl des Geldes noch nicht geplant. Aber immerhin hat er zur Sicherung der Beute eine Waffe eingesetzt, es blieb nicht bei Worten. Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz und aus egoistischem Beweggrund (was beim Raub aber der Regelfall ist). Verschuldensmindernd ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte unter Einfluss von Alkohol und Dormicum stand, was seine Hemmschwelle reduziert haben dürfte. Eine Einsatzstrafe von 210 Tagessätzen Geldstrafe, knapp über der gesetzlichen Minimalstrafe von 180 Tagessätzen Geldstrafe, erscheint dem sehr leichten Verschulden angemessen.
2.3.2 Diese Strafe ist nun zur Abgeltung der weiteren Vergehen angemessen zu erhöhen: - Bei der Widerhandlung gegen das Waffengesetz ist anzumerken, dass der Unrechts- und Schuldgehalt bereits weitgehend durch die Strafe wegen des – mit dem betreffenden Messer begangenen – Raubes abgegolten ist. Eine geringe Erhöhung der Einsatzstrafe um 10 Tagessätze Geldstrafe ist gerechtfertigt. - Bei der Irreführung der Rechtspflege ist ebenfalls von einem leichten Verschulden auszugehen. Der Beschuldigte hat seine falschen, belastenden Angaben aber immerhin bei erster Gelegenheit zurückgezogen, dies allerdings vor dem Hintergrund der vorliegenden Videoaufzeichnungen, die das Gegenteil bewiesen. Allerdings konnte der Beschuldigten den angeblichen Täter und dessen Wohnort genau beschreiben, was eine Identifizierung wohl ermöglicht hätte. Eine weitere asperationsweise Erhöhung der Geldstrafe um 50 Tagessätze auf nunmehr total 270 Tagessätze ist angebracht.
Die Täterkomponenten wirken sich auch hier neutral aus, wobei zu beachten ist, dass das Verfahren wegen den (verdeckten) Ermittlungen zum Tötungsdelikt länger dauerte.
2.3.3 Die Tagessatzhöhe ist angesichts der IV-Berentung des Beschuldigten mit der Vorinstanz auf CHF 30.00 festzusetzen.
2.3.4 Dem Beschuldigten ist für die Geldstrafe der bedingte Strafvollzug mit einer Probezeit von drei Jahren zu gewähren.
VII. Kosten und Entschädigungen
1. Bei diesem Verfahrensausgang ist der erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsentscheid zu bestätigen.
2. Im Berufungsverfahren unterliegt der Beschuldigte und Berufungskläger vollumfänglich. Die Verfahrenskosten sind daher dem Beschuldigten zur Bezahlung aufzuerlegen. Die Urteilsgebühr wird dabei auf CHF 10’00.00 festgesetzt.
3. Für das Berufungsverfahren macht der amtliche Verteidiger Reto Gasser 21.57 Stunden sowie Auslagen von CHF 151.95 geltend. Das Total beläuft sich inkl. MwSt. auf CHF 4'577.52. Das erscheint angemessen. Unter Hinzurechnung von zwei Stunden für die Verhandlung vom 26. September 2023 sowie von 0.5 Stunden für die mündliche Urteilseröffnung vom 27. September 2023 wird das Honorar des amtlichen Verteidigers auf CHF 5'089.10 festgesetzt, zahlbar durch den Staat Solothurn. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 1'260.35 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00/h, inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.
Demnach wird
in Anwendung von Art. 111 StGB, Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, Art. 304 Ziff. 1 StGB, Art. 33 Abs. 1 aWG; Art. 34, Art. 40, Art. 42 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1, Art. 47, Art. 49 Abs. 1, Art. 51, Art. 69, Art. 70 StGB (teilweise aStGB); Art. 135, Art. 267, Art. 335 ff., Art. 398 ff. und Art. 416 ff. StPO beschlossen und erkannt: 1. A.___ wird gemäss rechtskräftiger Ziffer 1 des Urteils des Amtsgerichts Olten-Gösgen vom 29. November 2022 (nachfolgend: vorinstanzliches Urteil) wie folgt freigesprochen: a) Diebstahl, angeblich begangen in der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober 2015 (AnklS Ziff. 2); b) mehrfache Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, angeblich begangen Ende Juli 2015 (AnklS Ziff. 3).
2. A.___ hat sich gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 2 des vorinstanzlichen Urteils der Widerhandlung gegen das Waffengesetz, begangen am 23. September 2017 (AnklS Ziff. 6), schuldig gemacht.
3. A.___ hat sich weiter wie folgt schuldig gemacht: a) vorsätzliche Tötung, begangen in der Nacht vom 16. auf den 17. Oktober 2015 (AnklS Ziff. 1); b) Raub, begangen am 23. September 2017 (AnklS Ziff. 4); c) Irreführung der Rechtspflege, begangen am 23. September 2017 (AnklS Ziff. 5).
4. A.___ wird verurteilt zu: a) einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren; b) einer Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu je CHF 30.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 3 Jahren.
5. A.___ wird die Haft vom 23. bis 24. September 2017 und vom 24. Februar 2020 bis 26. Mai 2020, total 95 Tage, an die Freiheitsstrafe angerechnet.
6. Folgende im Verfahren gegen A.___ sichergestellten Gegenstände (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) sind gemäss rechtskräftiger Ziffer 5 des vorinstanzlichen Urteils bis zum Ende der Vollstreckungsverjährung der Freiheitsstrafe nach Ziff. 4.a) vorstehend aufzubewahren und danach zu vernichten: - Spurenträger 2-92, Rap-Nr. […]; - 1 Doppelrundzylinder; - 2 Bohrmuldenschlüssel; - 4 Notizzettel; - 4 Zigarettenschachteln; - 1 Zigarettenschachtel; - 1 Karabinerhaken; - 1 Steckleiste mit 4 Ladegeräten; - 2 Reisepässe Kroatien; - 1 Geburtsurkunde; - Diverse Briefe/Auszüge; - 1 Trägerkarte; - 1 Fotografie; - 1 Notizblock Neue Aargauer Bank; - Inhalt Briefkasten; - 1 Postkarte aus Briefkasten; - 6 Brillenetuis; - 4 Brillenpässe; - 1 Ladegerät Nokia; - Diverse Medikamente; - Schriftstück (HD Nr. 18).
7. Das im Verfahren gegen A.___ sichergestellte Bargeld von total CHF 2'440.00 (eingezahlt bei der Zentralen Gerichtskasse Solothurn) wird zufolge rechtskräftiger Ziffer 6 des vorinstanzlichen Urteils als unrechtmässiger Vermögensvorteil eingezogen und verfällt dem Staat.
8. Folgende im Verfahren gegen A.___ sichergestellten Gegenstände werden zufolge rechtskräftiger Ziffer 7 des vorinstanzlichen Urteils den jeweils Berechtigten herausgegeben, wobei innert 10 Tagen nach Erhalt des Urteilsdispositivs der Herausgabeanspruch beim Gericht geltend zu machen ist: - 1 Brief «Deine Art Migell», Berechtigter A.___ (Aufbewahrungsort: in den Akten); - 1 Paket mit Pullover, Berechtigte H.___ (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn); - 1 Brief, Berechtigte H.___ (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn); - 1 Postkarte, Berechtigte H.___ (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn); - 8 CDs, Berechtigte H.___ (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn). Ohne ein solches Begehren wird Verzicht angenommen und die Gegenstände werden in den Akten belassen (Briefe) bzw. vernichtet.
9. Das im Verfahren gegen A.___ beschlagnahmte Klappmesser (rostfrei, Länge 27.50 cm, Klingenlänge 12.50 cm; Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) wird zufolge rechtskräftiger Ziffer 8 des vorinstanzlichen Urteils eingezogen und vernichtet.
10. Das im Verfahren gegen A.___ beschlagnahmte Bargeld von CHF 40.00 (einbezahlt bei der Zentralen Gerichtskasse Solothurn) ist F.___ zufolge rechtskräftiger Ziffer 9 des vorinstanzlichen Urteils herauszugeben.
11. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Reto Gasser, wurde für das erstinstanzliche Verfahren gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 10 des vorinstanzlichen Urteils auf CHF 37'162.15 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und wurde zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt. Nach Abzug der am 18. Dezember 2019 und am 11. Januar 2022 erfolgten Akontozahlungen von CHF 4'391.50 und CHF 15’000.00 wurde dem amtlichen Verteidiger noch ein Betrag von CHF 17'770.65 ausbezahlt. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 9'874.35 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00/h, inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
12. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Reto Gasser, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 5'089.10 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 1'260.35 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00/h, inkl. MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
13. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 35'000.00, total CHF 186'365.05, werden A.___ im Umfang von CHF 172'855.05 auferlegt. Im Übrigen gehen sie zu Lasten des Staates.
14. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 10'000.00, total CHF 10'500.00, werden A.___ auferlegt.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona). Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Der Gerichtsschreiber Werner Wiedmer |
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