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Urteil Verwaltungsgericht (SO - STBER.2023.32)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:STBER.2023.32
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Strafkammer
Verwaltungsgericht Entscheid STBER.2023.32 vom 22.01.2024 (SO)
Datum:22.01.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Am 5. Januar 2023 wurde A.___ vom Amtsgericht Solothurn-Lebern wegen verschiedener Delikte zu einer Freiheitsstrafe, Geldstrafe und Busse verurteilt. Nachdem der Beschuldigte Berufung einlegte, fand am 22. Januar 2024 die Berufungsverhandlung statt, bei der über die Anwendung des Prozessrechts aufgrund von Änderungen in der StPO entschieden werden musste. Es wurde festgestellt, dass gemäss Art. 448 und 453 StPO das alte Recht (vor dem 1. Januar 2024) für den vorliegenden Fall gilt. Der Richter entschied, dass die allgemeinen Verfahrensbestimmungen als Übergangsbestimmungen gelten, wenn keine abweichenden Regelungen getroffen wurden. Die Gerichtskosten betrugen CHF 0, und die verlierende Partei war männlich.
Schlagwörter: Recht; Inkrafttreten; Entscheid; Gesetze; Bestimmungen; Gesetzes; Berufung; Rechtsmittel; Verfahren; Rechtsmittelverfahren; Körperverletzung; Verfahrensbestimmungen; Übergangsbestimmungen; Urteil; Revision; Anderslautendes; Rechtmittelverfahren; Formulierung; Berufungsverfahren; STBER; Kammer; StPO:; Beschuldigte; Prozessrecht; Regelung; Übergangsrecht
Rechtsnorm: Art. 136 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 448 StPO ; Art. 453 StPO ; Art. 456a StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: STBER.2023.32
Instanz: Strafkammer
Entscheiddatum: 22.01.2024 
FindInfo-Nummer: O_ST.2024.24
Titel: mehrfache versuchte schwere Körperverletzung, evtl. mehrfache einfache Körperverletzung (mit gefährlichem Tatmittel), versuchte schwere Körperverletzung, evtl. einfache Körperverletzung, etc.

Resümee:

Art. 448 Abs. 1 und 453 Abs. 1 StPO: Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO kommen als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung der StPO beschlossen und nichts Anderslautendes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich das neue Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtmittelverfahren sieht Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (der neuen Bestimmung) gefällt worden ist.
 

SOG 2024 Nr. 2

Art. 448 Abs. 1 und 453 Abs. 1 StPO: Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO kommen als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung der StPO beschlossen und nichts Anderslautendes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich das neue Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtmittelverfahren sieht Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (der neuen Bestimmung) gefällt worden ist.

 

 

Sachverhalt:

 

Am 5. Januar 2023 wurde A.___ wegen verschiedener Delikte durch das Amtsgericht von Solothurn-Lebern zu einer Freiheitsstrafe, einer Geldstrafe und einer Busse verurteilt. Gegen das Urteil liess der Beschuldigte am 17. Januar 2023 die Berufung anmelden, worauf es am 22. Januar 2024 zur Berufungsverhandlung kam. Im Entscheid des Berufungsgerichts vom 22. Januar 2024 musste entschieden werden, welches Prozessrecht anwendbar ist, hat doch die StPO per 1. Januar 2024 zahlreiche Änderungen erfahren.

 

 

Aus den Erwägungen:

 

I. Anwendbares Recht

 

1. Per 1. Januar 2024 trat die Revision der StPO in Kraft. Die Änderungen enthalten keine Regelung betreffend Übergangsrecht. Es stellt sich somit die Frage, welches Recht vorliegend anwendbar ist, da erstinstanzlich vor Inkrafttreten der Revision geurteilt wurde, das Berufungsurteil nun aber nach diesem ergeht.

 

Art. 448 StPO sieht vor, dass Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, nach neuem Recht fortgeführt werden, soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen (Abs. 1). Unter dem Abschnitt der Rechtsmittelverfahren hält Art. 453 Abs. 1 StPO fest, dass sofern ein Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden ist, so werden Rechtsmittel dagegen nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt. 

 

2. Die Thematik des Übergangsrechts wurde in den parlamentarischen Beratungen nie diskutiert, daraus lassen sich damit keine Erkenntnisse ableiten. Der Basler Kommentar zur StPO (BSK StPO, 3. Aufl., 2023) hält zu Art. 448 folgendes fest: «Hinzuweisen ist darauf, dass in der vom Parlament am 17. Juni 2022 verabschiedeten Teilrevision der Strafprozessordnung keine von Art. 448 StPO abweichenden Bestimmungen vorgesehen sind und die revidierten Bestimmungen der StPO demnach sofort in Kraft treten.» (BSK StPO-Oehen, Art. 448 StPO N 2). Diese Formulierung ist aber insofern unklar, als daraus nicht genau hervorgeht, ob das neue Recht generell zur Anwendung gelangt eben Art. 453 StPO als Ausnahme für Rechtsmittelverfahren Anwendung findet. Im Grundsatz richtig ist, dass Art. 448 StPO für alle hängigen Verfahren gilt und damit die Revision sofort in Kraft tritt. Anderes sieht aber Art. 453 StPO für die Rechtsmittelverfahren vor, nämlich, dass die Rechtsmittel gegen einen Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach bisherigem Recht, von den bisher zuständigen Behörden, beurteilt werden. Es würde zu eng greifen, die Formulierung «bei Inkrafttreten dieses Gesetzes» so auszulegen, dass nur das damalige Inkrafttreten der neuen StPO im Jahr 2011 gemeint ist. Vielmehr kommen die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung beschlossen und nichts anderes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich neues Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtsmittelverfahren sieht aber Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung gefällt wurde. Diese Auslegung verhindert unbefriedigende Ergebnisse in der Praxis: Um nur zwei Beispiele zu nennen, müsste in allen hängigen Berufungsverfahren die Privatklägerschaft mit URP nach Art. 136 Abs. 3 nStPO noch einen Antrag für URP stellen (soweit noch nicht geschehen), um die URP im Berufungsverfahren überhaupt zu erhalten. Oder der Beschuldigte würde benachteiligt, wenn ihm erstinstanzlich eine Entschädigung direkt zugesprochen wird und auf seine Berufung hin die Entschädigung dann nach Art. 429 Abs. 3 nStPO im Berufungsverfahren dem Verteidiger zugesprochen werden müsste. Fänden die neuen Bestimmungen auch für Rechtsmittelverfahren gegen erstinstanzliche Urteile vor dem Jahr 2024 Anwendung, würde dies bedeuten, dass bei teilweiser Anfechtung der rechtskräftige Teil des Urteils nach altem Recht ergeht, und der angefochtene nach neuem Recht. Es kann aber nicht sein, dass für ein Urteil (Art. 408 StPO) ein Teil nach altem und ein Teil nach neuem Prozessrecht gefällt wird. Diese Rechtsauffassung wird auch von früheren StPO-Revisionen gestützt: Mit der Änderung vom 28. September 2012 wurde mit Art. 456a StPO eine von den allgemeinen Regeln von Art. 448 und der Ausnahme von Art. 453 StPO abweichende Regelung geschaffen, wonach das neue Recht in allen Verfahren gelte, somit auch für Rechtsmittelverfahren. Im Weiteren kann auch Art. 2 des StGB herangezogen werden, dessen Formulierung in Abs. 1 «nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen Vergehen begeht» jeweils die entsprechende Änderung des Gesetzes meint.

 

3. Es hat demnach Folgendes zu gelten: Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen nach Art. 448 ff. StPO kommen als Übergangsbestimmungen zur Anwendung, wenn eine neue Änderung der StPO beschlossen und nichts Anderslautendes geregelt wird. Somit gilt grundsätzlich das neue Recht (Art. 448 Abs. 1 StPO), soweit die nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Bei Rechtmittelverfahren sieht Art. 453 StPO vor, dass grundsätzlich das alte Recht Anwendung findet, wenn der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (der neuen Bestimmung) gefällt worden ist.

 

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies folglich, dass das alte Recht (vor dem 1. Januar 2024) zur Anwendung gelangt.

 

Obergericht, Strafkammer, Entscheid vom 22. Januar 2024 (STBER.2023.32)



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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