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Urteil Verwaltungsgericht (SO - STBER.2023.16)

Zusammenfassung des Urteils STBER.2023.16: Verwaltungsgericht

Ein Autofahrer wurde wegen ungenügend gesicherter Ladung und Verstoss gegen das Nationalstrassenabgabegesetz verurteilt. Er hatte einen Anhänger mit einem weiteren Auto geladen, jedoch war die Ladungssicherung mangelhaft. Der Lenker wurde zu einer Geldstrafe von CHF 600.00 und den Verfahrenskosten von CHF 425.00 verurteilt. Nachdem er gegen den Strafbefehl Einspruch erhoben hatte, wurde das Urteil bestätigt, und er musste die Kosten von insgesamt CHF 2'080.00 tragen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts STBER.2023.16

Kanton:SO
Fallnummer:STBER.2023.16
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Strafkammer
Verwaltungsgericht Entscheid STBER.2023.16 vom 30.10.2023 (SO)
Datum:30.10.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Beschuldigte; Urteil; Anhänger; Fahrzeug; Beschuldigten; Verfahren; Vorinstanz; Verfahrens; Sachverhalt; Person; Personenwagen; Berufung; Akten; Urteils; Fahrzeugs; Sachverhalts; Zurrgurte; Recht; Solothurn; Nationalstrasse; Staatsanwaltschaft; Kanton; Ladung; Gericht; Übertretung; Obergericht; Kontrollschild; Führens
Rechtsnorm: Art. 103 StGB ;Art. 189 VTS ;Art. 219 VTS ;Art. 29 SVG ;Art. 30 SVG ;Art. 379 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 406 StPO ;Art. 416 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 57 VRV ;Art. 67 StPO ;Art. 70 VRV ;Art. 82 StPO ;Art. 90 SVG ;Art. 93 SVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Daniel Jositsch, Niklaus Schmid, Praxis StPO, Art. 398 StPO, 2018

Entscheid des Verwaltungsgerichts STBER.2023.16

 
Geschäftsnummer: STBER.2023.16
Instanz: Strafkammer
Entscheiddatum: 30.10.2023 
FindInfo-Nummer: O_ST.2023.86
Titel: Führen eines nicht betriebssicheren Fahrzeuges (Anhänger), Übertretung des Nationalstrassenabgabegesetzes

Resümee:

 

Obergericht

Strafkammer

 

 

 

 

 

 

Urteil vom 30. Oktober 2023

Es wirken mit:

Präsident Werner

Oberrichter Marti

Oberrichter von Felten

Gerichtsschreiberin Schenker

In Sachen

Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn,

Anklägerin

 

gegen

 

A.___,

Beschuldigter und Berufungskläger

 

 

 

betreffend     Führen eines nicht betriebssicheren Fahrzeuges (Anhänger), Übertretung des Nationalstrassenabgabegesetzes


 

Mit Verfügung der Verfahrensleitung vom 12. April 2023 wurde in Anwendung von Art. 406 Abs. 1 lit. c StPO das schriftliche Verfahren angeordnet.

Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:

 

I. Prozessgeschichte

 

1. Am Montag, 4. April 2022, 14:20 Uhr, fuhr eine Patrouille der Polizei Kanton Solothurn auf der Autobahn A1, Gemeindegebiet Oensingen, in Fahrtrichtung Bern. Auf Höhe Kilometer 43.700 fiel der Patrouille ein Personenwagen (Kontrollschild [Kennzeichen]) mit Anhänger (Kontrollschild [Kennzeichen]) auf, der einen weiteren Personenwagen geladen hatte. Da die Patrouille bei grober Sichtung der Auffassung war, die Ladungssicherung sei evtl. ungenügend, wurde der Personenwagen mit Anhänger auf den Rastplatz Oberbipp-Nord beordert und dort einer Kontrolle unterzogen (s. zum Ganzen die Strafanzeige der Polizei Kanton Solothurn vom 04.05.2022, Akten der Staatsanwaltschaft [AS] 002 ff. mit den zugehörigen fotografischen Aufnahmen in AS 005 ff.).

 

2. Mit Strafbefehl vom 22. Juni 2022 wurde der Lenker des genannten Personenwagens, A.___ (Beschuldigter), wegen ungenügend gesicherter Ladung (Art. 57 Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung [VRV, SR 741.11], Art. 29 des Strassenverkehrsgesetzes [SVG, SR 741.01], Art. 30 Abs. 1 SVG, Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG), wegen Benützung der Nationalstrasse ohne gültige Vignette (Art. 14 des Bundesgesetzes über die Abgabe für die Benützung von Nationalstrassen [Nationalstrassenabgabegesetz, NSAG, SR 741.71]) und wegen Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs (konkret: Anhänger) infolge nicht korrekten Anbringens der Sicherheitsverbindung (Lasso) (Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG) zu einer Busse von CHF 600.00 und zur Tragung der Verfahrenskosten von CHF 425.00 verpflichtet (AS 008 f.).

 

3. Mit undatiertem Schreiben (Eingang bei der Staatsanwaltschaft am 08.07.2022) erhob der Beschuldigte Einsprache gegen diesen Strafbefehl (AS 011 ff.).

 

4. Am 30. August 2022 wurde dem Beschuldigten eine Kopie der Verfahrensakten zugestellt. Unter Verweis darauf, dass im Kanton Solothurn die Verfahrenssprache Deutsch gelte, wurde der Beschuldigte gebeten, bis am 16. September 2022 mitzuteilen, ob an der Einsprache vom Juli 2022 festgehalten diese zurückgezogen werde. Der Beschuldigte wurde darauf hingewiesen, dass – wenn an der Einsprache festgehalten werde – die Akten dem zuständigen Gericht zur Beurteilung überwiesen würden (AS 014).

 

5. Mit Schreiben vom 12. September 2022 hielt der Beschuldigte an seiner Einsprache fest (AS 015).

 

6. Am 5. September 2022 erliess die Staatsanwaltschaft in Anwendung von Art. 83 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) einen berichtigten (mit dem ursprünglichen Strafbefehl vom 22.06.2022 absolut identischen) Strafbefehl und überwies diesen am 14. September 2022 zusammen mit den Verfahrensakten dem zuständigen Gerichtspräsidium Thal-Gäu zum Entscheid (AS 016 ff., insb. AS 018 f.).

 

7. Der Amtsgerichtspräsident von Thal-Gäu fällte nach durchgeführter mündlicher Hauptverhandlung (s. diesbezüglich die Akten des Richteramtes Thal-Gäu [T-G] 033 f. [Protokoll der Hauptverhandlung], T-G 035 ff. [Einvernahme von B.___ als Zeuge] und T-G 039 ff. [Einvernahme des Beschuldigten] am 11. Januar 2023 folgendes Strafurteil (T-G 043 ff. [Dispositiv] resp. T-G 053 ff. [begründetes Urteil]):

 

1.   A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:

a.   Führen eines nicht betriebssicheren Anhängers durch ungenügend gesicherte Ladung und nicht korrektes Anbringen der Sicherheitsverbindung zum Fahrzeug, begangen am 4. April 2022;

b.   Übertretung gegen das Nationalstrassenabgabegesetz, begangen am 4. April 2022.

 

2.   A.___ wird zu einer Busse von CHF 600.00 verurteilt, bei Nichtbezahlung ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 6 Tagen;

 

3.   A.___ hat die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 600.00, total CHF 800.00, zu bezahlen. Wird kein Rechtsmittel ergriffen und verlangt keine Partei ausdrücklich eine schriftliche Begründung des Urteils, so reduziert sich die Urteilsgebühr auf CHF 200.00, womit die gesamten Kosten CHF 400.00 betragen.

 

8. Nach Eingang der Urteilsanzeige am 19. Januar 2023 (T-G 048) meldete der Beschuldigte am 26. Januar 2023 gegen dieses Urteil des Amtsgerichtspräsidenten von Thal-Gäu vom 11. Januar 2023 die Berufung an (T-G 049 f.).

 

 9. Am 6. Februar 2023 wurde den Partien das schriftlich begründete Urteil zugestellt
(T-G 052 ff.; Eingang bei der Staatsanwaltschaft am 07.02.2023 [T-G 062] bzw. Eingang beim Beschuldigten am 13.02.2023 [T-G 063]).

 

10. Mit undatierter, in französischer Sprache verfasster Eingabe (Eingang beim Obergericht des Kantons Solothurn am 06.03.2023) focht der Beschuldigte das Urteil des Amtsgerichtspräsidenten von Thal-Gäu vom 11. Januar 2023 an (Akten des Obergerichts
[OGer] 002 ff.).

 

11. Gestützt auf die Verfügung des Präsidenten der Strafkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 6. März 2023, mit welcher die Berufungserklärung dem Beschuldigten unter Verweis auf Art. 67 Abs. 1 StPO i.V.m. § 1bis des Gesetzes über die Gerichtsorganisation des Kantons Solothurn (GO, BGS 125.12) zur Übersetzung auf Deutsch zurückgewiesen wurde (OGer 007 f.), reichte der Beschuldigte mit undatierter Eingabe (Eingang beim Obergericht am 27.03.2023) eine korrigierte Berufungserklärung nach (OGer 010 ff.). Das Urteil wurde in Bezug auf die Widerhandlung gegen das NSAG anerkannt, hingegen hinsichtlich des angeblichen Führens eines nicht betriebssicheren Anhängers (recte: Fahrzeugs) angefochten.

12. Mit Eingabe vom 3. April 2023 teilte die Staatsanwaltschaft mit, auf eine Anschlussberufung und auf eine weitere Teilnahme am Berufungsverfahren zu verzichten. Die Eintretensvoraussetzungen seien durch das Berufungsgericht von Amtes wegen zu prüfen und es sei der Staatsanwaltschaft das begründete Urteil zuzustellen (OGer 019).

 

13. Mit Verfügung vom 12. April 2023 wurde in Anwendung von Art. 406 Abs. 1 lit. c StPO das schriftliche Verfahren angeordnet (OGer 021 f.).

 

14. Für die Vorbringen der Parteien ist grundsätzlich auf die Akten zu verweisen; sofern notwendig, wird nachfolgend näher darauf eingegangen.

 

 

II. Beweiswürdigung und Beweisergebnis

 

A. Prüfungsgegenstand

 

1. Im als Anklageschrift geltenden Strafbefehl vom 22. Juni 2022 bzw. 5. September 2022 wird dem Beschuldigten vorgehalten, er sei am 4. April 2022, 14:20 Uhr, als Lenker des Personenwagens (Kontrollschild [Kennzeichen]) mit einem Anhänger (Kontrollschild [Kennzeichen]) auf der Autobahn A1, Gemeindegebiet Oensingen, in Fahrtrichtung Bern, unterwegs gewesen. Dabei habe er die Ladung auf dem Anhänger (konkret einen Personenwagen) nur ungenügend gesichert und sich deshalb der ungenügend gesicherten Ladung i.S.v. Art. 57 Abs. 1 VRV, Art. 29 SVG, Art. 30 Abs. 2 SVG und Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG (Anklageschrift-Ziffer 1.1.) sowie des Führens eines nicht betriebssicheren Anhängers infolge nicht korrekten Anbringens der Sicherheitsverbindung («Lasso») i.S.v. Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG schuldig gemacht (Anklageschrift-Ziffer 1.3.). Weiter soll sich der Beschuldigte der Benützung der Nationalstrasse ohne gültige Vignette i.S.v. Art. 14 NSAG schuldig gemacht haben (Anklageschrift-Ziffer 1.2.).

 

Im Strafbefehl nicht näher ausgeführt, aber den Akten zu entnehmen ist, dass dem Beschuldigten hinsichtlich des Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs konkret vorgehalten wird, er habe den auf dem Anhänger mitgeführten Personenwagen mit sog. «ablegereifen»[1] Zurrgurten gesichert. Weiter sei die vorgeschriebene Abreisssicherung des Anhängers nur mit einer Schlaufe über die Anhängerkupplung (sog. «Lasso») gelegt und nicht wie vorgeschrieben an einem festen Punkt angebracht gewesen (s. diesbezüglich auch das Urteil der Vorinstanz [Urteil T-G] Ziff. II. / Lit. B Ziff. 1., S. 3).

 

2. Der Amtsgerichtspräsident von Thal-Gäu sprach den Beschuldigten in sämtlichen zur Anklage gebrachten Punkten schuldig, wobei die beiden Anklageschrift-Ziffern 1.1. und 1.3. unter den Tatbestand von Art. 93 SVG, d.h. unter das Führen eines nicht betriebssicheren Anhängers (recte: Fahrzeugs) gemäss Art. 93 Abs. 2 SVG zusammengefasst wurden. In seiner korrigierten Berufungserklärung anerkennt der Beschuldigte die Verurteilung im Zusammenhang mit der nicht ordnungsgemäss angebrachten, d.h. lediglich im Fahrzeug mitgeführten Autobahnvignette. Diesbezüglich sind somit keine Ausführungen mehr angezeigt. In Bezug auf die bestrittenen Vorhalte des Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs gilt es jedoch, den Sachverhalt zu überprüfen.

 

3. Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens, beschränkt Art. 398 Abs. 4 StPO die Überprüfung des Sachverhalts auf offensichtlich unrichtige, d.h. willkürliche Feststellungen des Sachverhalts und Rechtsverletzungen. Offensichtlich unrichtig ist eine Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist. Relevant sind hier zunächst klare Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, liegend etwa in Versehen und Irrtümern, offensichtlichen Diskrepanzen zwischen der sich aus den Akten sowie der Hauptverhandlung ergebenden Akten- und Beweislage und der Urteilsbegründung. In Betracht fallen sodann Fälle, in denen die gerügte Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvorschriften der StPO selbst, beruht. Unter diesen Rügegrund fallen weiter Konstellationen, in denen die an sich zur Verfügung stehenden Beweismittel offensichtlich ungenügend ausgeschöpft wurden, also der Sachverhalt unvollständig festgestellt und damit der Grundsatz der Wahrheitsforschung von Amtes wegen missachtet wurde. Die Beschränkung auf eine Willkürprüfung gilt auch für den Grundsatz in dubio pro reo als Beweiswürdigungsregel (Niklaus Schmid / Daniel Jositsch, Praxiskommentar StPO, 3. Auflage, Zürich / St. Gallen 2018, Art. 398 StPO N 13, vgl. auch das Urteil des Bundesgerichts 6B_226/2018 vom 26.04.2018 m.w.Verw.).

 

B. Führen eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs

 

1.1. In seinem Urteil vom 11. Januar 2023 hielt der Amtsgerichtspräsident von Thal-Gäu zur Ausgangslage der Beweiswürdigung fest, der Beschuldigte bestreite nicht, den Personenwagen mit Anhänger zur besagten Zeit am fraglichen Ort gelenkt zu haben. Unbestritten sei auch, dass er die Anhängerkupplung so präpariert habe, wie sie auf den fotografischen Aufnahmen vom 4. April 2022 zu sehen sei, nämlich mit einer lose über die Anhängerkupplung gelegten Abreissleine. Demgegenüber bestreite der Beschuldigte, dass die verwendeten Zurrgurte ablegereif gewesen seien (Urteil T-G, Ziff. II. / Lit. B Ziff. 2.1., S. 3).

 

1.2. Unter Verweis auf die Strafanzeige der Polizei Kanton Solothurn vom 4. Mai 2022 (Urteil T-G Ziff. II. / Lit. B Ziff. 2.2., S. 3 f.) sowie die Ausführungen des Zeugen B.___ und des Beschuldigten (Urteil T-G Ziff. II. / Lit. B Ziff. 2.3., S. 4) hält die Vorinstanz weiter fest, beim Zeugen B.___ könne eine bewusste Falschaussage ausgeschlossen werden. Er habe den Beschuldigten nicht gekannt und habe auch keine Veranlassung gehabt, ihn falsch zu belasten. Er habe die Zurrgurte anlässlich der Kontrolle vom 4. April 2022 persönlich begutachten können und sei zum Schluss gelangt, dass diese ablegereif gewesen seien. Seine Feststellungen habe er erneut anlässlich der Hauptverhandlung bestätigt. Schliesslich sei auf den fotografischen Aufnahmen in den Akten klar erkennbar, dass die Zurrgurte deutlich verwittert gewesen seien. Die Darstellung des Beschuldigten, die Zurrgurte seien lediglich verschmutzt gewesen, vermöge angesichts der klaren Aussagen des Zeugen B.___ und der eindeutigen Fotografien nicht zu überzeugen. Es sei daher hinsichtlich der Ablegereife der Zurrgurte auf die Aussagen des Zeugen B.___ abzustellen (Urteil T-G Ziff. II. / Ziff. 2.4., S. 4).

 

2. Der Beschuldigte vermag in seiner Berufungserklärung nicht darzulegen resp. bringt überhaupt keinerlei Gründe vor, inwiefern die Beweiswürdigung der Vorinstanz in irgendeiner Art und Weise willkürlich gewesen sein soll. Er beschränkt sich vielmehr darauf, die bereits vor der ersten Instanz vorgebrachten Argumente zu wiederholen. So beruft er sich erneut darauf, dass seiner Ansicht nach die von ihm verwendeten Gurte nicht ablegereif gewesen seien. Diese Vorbringen genügen aber nicht, die aktenbasierte Darstellung der ersten Instanz (s. diesbezüglich insb. das Protokoll der Hauptverhandlung vom 11.01.2023 [T-G 033], die Einvernahmeprotokolle der Beteiligten [T-G 035 ff. und T-G 040 ff.] sowie die zugehörigen fotografischen Aufnahmen in AS 005 ff., insb. AS 006 Fotos 1 und 2) zu widerlegen. Die Feststellung der Vorinstanz, die durch den Beschuldigten verwendeten Zurrgurte seien ablegereif gewesen, ist somit nicht willkürlich.

 

3.1. Hinsichtlich der konkreten Befestigungsart des Personenwagens auf dem Anhänger verzichtete die Vorinstanz – wohl unter Zugrundelegung, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Art und Weise der Befestigung der Zurrgurte grundsätzlich nicht bestritt – auf weitergehende Ausführungen.

 

3.2. In der Berufungserklärung bringt der Beschuldigte nun vor, das Fahrzeug sei mehrfach vorgeführt worden, ohne dass es einen Vermerk gegeben hätte. Das Fahrzeug sei immer mit diesem Abschlepphaken fahrtüchtig gewesen. Es handle sich um einen elektrisch einziehbaren Abschlepphaken, im Innern der Stossstange, so dass man den Haken obligatorisch räumen müsse, wenn er nicht gebraucht werde. Da kein Platz vorhanden sei, könne auch der (von Zeuge B.___) vorgeschlagene Adapter nicht montiert werden. Abschliessend legte der Beschuldigte einen Auszug aus der Homepage der AMAG ins Recht, welcher beweisen solle, dass sein Fahrzeug von der Pflicht eines Befestigungspunktes nicht betroffen sei.

 

3.3. Der Beschuldigte vermag aus dieser Argumentation nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Durch die in den Akten liegenden Fotografien ist belegt, dass der Beschuldigte den sich auf dem Anhänger befindlichen Personenwagen mittels sog. «Lasso» an der Deichsel festgemacht hat. Dies wurde vom Beschuldigten insbesondere vor der Vorinstanz denn auch ausdrücklich zugestanden. Inwiefern die Vorinstanz in diesem Punkt den Sachverhalt unrichtig festgestellt hätte, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich. Weiter ist gemäss vorstehenden Ausführungen rechtmässig festgestellt, dass die benutzten Zurrgurte ablegereif gewesen sind. Ob das Fahrzeug ganz grundsätzlich über genügend Befestigungspunkte verfügt, ist vor diesem Hintergrund ohne Belang und auch gar nicht Teil der Anklage

 

Den Argumenten des Beschuldigten ist ebensowenig zu folgen, wenn er auf die Feststellung der AMAG verweist, wonach jemand, der bei Verwendung der «Lasso-Sicherung» kontrolliert wird, einer Busse entgehen kann, wenn er mit der Kennzeichnung auf der Anhängerkupplung nachweisen könne, dass sein Fahrzeug nach der EG-Richtlinie 94/20/EWG genehmigt worden sei: Sowohl in den Akten der Staatsanwaltschaft als auch in beiden Gerichtsverfahren wird dieser Nachweis durch den Beschuldigten gerade nicht erbracht. Ein pauschaler Verweis, dass theoretisch eine Rechtfertigung gegeben sein könnte, genügt nicht. Zur sog. «Lasso-Methode» bzw. zum Umstand, dass auch mit einer genehmigten Anhängerkupplung die Verkehrssicherheit gefährdet werden kann, ist zudem auf das das Urteil des Bundesgerichts 6B_967/2023 vom 11. Oktober 2023, E. 1.4., zu verweisen.

 

Schliesslich ist auch das Argument des Beschuldigten, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weswegen er denn nach der Kontrolle habe weiterfahren dürfen, wenn er doch nicht ordnungsgemäss gesichert habe, von der Hand zu weisen: Der Strafanzeige der Polizei Kanton Solothurn vom 4. Mai 2022 (AS 022 ff.) ist zu entnehmen, dass nach der Kontrolle mindestens einer der Zurrgurte behelfsmässig an der Deichsel des Anhängers montiert wurde – was wiederum zulässig ist.

 

Insgesamt liegt somit auch hinsichtlich der weiteren Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz, wonach der Beschuldigte die Sicherheitsverbindung zwischen Anhänger und Fahrzeug nicht korrekt vorgenommen habe, keine Willkür vor.

 

4. Zusammengefasst ist damit das, was der Beschuldigte gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz vorbringt, rein appellatorische Kritik und in keiner Weise geeignet, eine willkürliche Sachverhaltsermittlung der Vorinstanz zu begründen. Es ist deshalb bei der nachfolgenden rechtlichen Würdigung vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt auszugehen, wonach der Beschuldigte am 4. April 2022 um 14:20 Uhr als Lenker des Personenwagens (Kontrollschild VS [Kennzeichen]) mit einem Anhänger (Kontrollschild [Kennzeichen]) auf der Autobahn A1, Gemeindegebiet Oensingen, in Fahrtrichtung Bern, unterwegs gewesen ist und dabei die Ladung auf dem Anhänger (konkret einen Personenwagen) nur ungenügend gesichert bzw. die Sicherheitsverbindung zwischen Fahrzeug und Anhänger nur ungenügend (mittels «Lasso») angebracht hat.

 

 

III. Rechtliche Würdigung

 

1. Nach Art. 82 Abs. 4 StPO kann das Gericht im Rechtsmittelverfahren für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des angeklagten Sachverhalts aus Gründen der Prozessökonomie auf die Begründung der Vorinstanz verweisen, wenn es dieser beipflichtet. Auf neue tatsächliche rechtliche Vorbringen, die erstmals im Rechtsmittelverfahren vorgebracht werden, ist einzugehen. Vom Instrument der Verweisung ist zurückhaltend Gebrauch zu machen, da andernfalls bei der das Rechtsmittel ergreifenden Person der Eindruck entstehen kann, die Rechtsmittel-instanz setze sich mit ihren Vorbringen nicht auseinander (vgl. Nils Stohner, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N 9 zu Art. 82 StPO).

 

2. Unter Darlegung der geltenden rechtlichen Anforderungen an das genügende Sichern einer Ladung und die weiteren Voraussetzungen von Art. 93 SVG (Urteil T-G Ziff. III. / Ziff. 3.1., S. 4 f.), unter Wiederholung des beweismässig erstellten Sachverhalts (a.a.O. Ziff. 3.2., S. 4) und unter Berücksichtigung der Aussagen des Zeugen B.___ (a.a.O. Ziff. 3.3., S. 4) kommt die Vorinstanz zum Schluss, dass sowohl der objektive Tatbestand wie auch der subjektive Tatbestand von Art. 93 SVG erfüllt sind (a.a.O. Ziff. 3.4., S. 5 f. und Ziff. 3.5., S. 6).

 

Darauf ist abzustellen. Die rechtliche Würdigung des hiervor erstellten Sachverhalts durch die Vorinstanz als Führen eines nicht betriebssicheren Anhängers (recte: Fahrzeugs) und als Übertretung gegen das NSAG – Letzteres auch vom Beschuldigten nicht bestritten – ist vollumfänglich zu bestätigen. Den Ausführungen der Vorinstanz ist nichts Massgebliches hinzuzufügen.

 

 

IV. Strafzumessung

 

Die Vorinstanz hat die vorliegend anwendbaren rechtlichen Bestimmungen (Urteil T-G Ziff. III. / Ziff. 1, S. 6 f. und Ziff. 3, S. 7), die geltenden Strafrahmen (a.a.O. Ziff. 2 Abs. 1, S. 7) sowie die für den Beschuldigten massgebenden Strafzumessungsfaktoren (a.a.O. Ziff. 2 Abs. 2, S. 7) zutreffend dargelegt. Es ist darauf zu verweisen.

 

Die Strafzumessung wird vom Beschuldigten im Berufungsverfahren zu Recht nicht beanstandet, zumal die von der Vorinstanz ausgefällten Bussen von CHF 400.00 (für das Führen eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs in zwei Punkten) und CHF 200.00 (für das Benützen einer Nationalstrasse ohne Vignette), ausmachend insgesamt CHF 600.00, mit Blick auf den nicht unbelasteten strassenverkehrstechnischen Leumund des Beschuldigten jedenfalls nicht zu hoch ausgefallen sind. Dem Auszug aus dem Schweizerischen Strafregister des Beschuldigten sind frühere Urteile wegen Verletzung der Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Abs. 1 SVG, grober Verletzung der Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Abs. 2 SVG, Fahrens ohne Haftpflichtversicherung gemäss Art. 96 Abs. 2 Satz 1 SVG, Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs gemäss Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG, Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug Aberkennung des Ausweises gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, Fahrenlassens ohne Haftpflichtversicherung gemäss Art. 96 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 SVG, missbräuchlicher Verwendung von Ausweisen Kontrollschildern gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. a SVG und Übertretung der Verkehrsversicherungsverordnung gemäss Art. 60 VVV zu entnehmen (OGer 067 ff.).

 

Eine Erhöhung der Busse fällt aufgrund des Verschlechterungsverbots ausser Betracht. Die Busse von gesamthaft CHF 600.00 ist entsprechend – ebenso wie die praxisgemäss festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen – zu bestätigen.

 

 

V. Kosten

 

Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung vollständig. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens vom Beschuldigten zu tragen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens betragen CHF 800.00 (Urteilsgebühr von CHF 600.00 zzgl. Auslagen von CHF 200.00); diejenigen des zweiten Verfahrens werden auf CHF 1'280.00 (beinhaltend eine Urteilsgebühr von CHF 1'200.00 zzgl. Auslagen von pauschal CHF 80.00) festgesetzt.

 

Der Beschuldigte hat somit Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt CHF 2'080.00 zu bezahlen.

 

Parteientschädigungen werden keine ausgerichtet.

 


 

In Anwendung von Art. 29 SVG, Art. 30 Abs. 2 SVG, Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG, Art. 57 Abs. 1 VRV, Art. 70 Abs. 1 VRV, Art. 189 Abs. 4 und 5 VTS, Art. 219 Abs. 1 VTS, Art. 14 Abs. 1 NSAG, Art. 47 StGB, Art. 49 Abs. 1 StGB, Art. 103 ff. StGB, Art. 379 ff. StPO, Art. 398 ff. StPO, Art. 406 ff. StPO und Art. 416 ff. StPO wird demnach erkannt:

 

1.    A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:

a) Führen eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs durch ungenügend gesicherte Ladung und nicht korrektes Anbringen der Sicherheitsverbindung zum Fahrzeug, begangen am 4. April 2022;

b) Übertretung des Nationalstrassenabgabegesetzes, begangen am 4. April 2022.

2.    A.___ wird zu einer Busse von CHF 600.00, bei Nichtbezahlung ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von sechs Tagen, verurteilt.

3.    Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 600.00, total CHF 800.00, hat A.___ zu bezahlen.

4.    Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 1'200.00, total CHF 1'280.00, hat A.___ zu bezahlen.

5.    Der Beschuldigte hat somit Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt CHF 2'080.00 zu bezahlen.

6.    Eine Entschädigung wird nicht ausgerichtet.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Strafkammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Werner                                                                              Schenker

 

 

Auf eine gegen den vorliegenden Entscheid erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 6B_1322/2023 vom 10. Januar 2024 nicht ein.

 



[1] «Ablegereif» = Festgelegte Verschleissmerkmale sind erreicht worden, weswegen das betroffene Sicherungsmittel nicht mehr verwendet werden darf bzw. ausser Betrieb genommen werden muss (s. Wikipedia, letztmals besucht am 17.10.2023).



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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