Zusammenfassung des Urteils STBER.2022.93: Verwaltungsgericht
Die Strafkammer des Obergerichts hat am 5. Dezember 2023 über einen Fall von Vergewaltigung und Nötigung verhandelt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren für den Beschuldigten A.___ sowie eine Geldstrafe. Die Privatklägerin C.___ und ihr Anwalt forderten die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils. Der Verteidiger des Beschuldigten plädierte auf Freispruch. Das Gericht berücksichtigte die Beweise und Zeugenaussagen, um den strittigen Sachverhalt zu klären. Die Privatklägerin schilderte detailliert den sexuellen Übergriff, während der Beschuldigte seine Unschuld beteuerte. Die Beweiswürdigung basierte auf objektiven Beweismitteln wie ärztlichen Notizen und Zeugenaussagen. Nach Prüfung aller Fakten und Aussagen fällte das Obergericht ein Urteil im Sinne der Anklage und verurteilte den Beschuldigten zu einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2022.93 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 05.12.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Privatklägerin; Beschuldigte; Beschuldigten; Aussage; Hände; Richt; Handy; Urteil; Hotel; Aussagen; Kontakt; Staat; Einvernahme; Apos; Geschädigte; Angst; Zeugin; Hotelzimmer; Berufung; Freiheit |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 135 StPO ;Art. 142 StPO ;Art. 181 StGB ;Art. 190 StGB ;Art. 29 StPO ;Art. 3 StGB ;Art. 32 BV ;Art. 34 StGB ;Art. 391 StPO ;Art. 41 StGB ;Art. 426 StPO ;Art. 428 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 49 StPO ;Art. 5 StGB ;Art. 66a StGB ; |
Referenz BGE: | 119 IV 301; 120 Ia 31; 129 IV 262; 129 IV 6; 133 I 33; 134 IV 216; 137 IV 326; 138 IV 120; 142 IV 265; 144 IV 217; 144 IV 27; 144 IV 313; 147 IV 241; 147 IV 340; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | STBER.2022.93 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 05.12.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2024.17 |
Titel: | Vergewaltigung, Nötigung |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 5. Dezember 2023 Es wirken mit: Präsident Werner Oberrichter von Felten Gerichtsschreiberin Lupi De Bruycker In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Anschlussberufungsklägerin
A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Andreas Ehrsam Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend Vergewaltigung, Nötigung Es erscheinen zur Berufungsverhandlung vor Obergericht vom 5. Dezember 2023:
1. Staatsanwältin B.___, für die Staatsanwaltschaft als Anschlussberufungsklägerin; 2. Rechtsanwältin Susanne Frei, unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin C.___; 3. A.___, Beschuldigter und Berufungskläger; 4. Rechtsanwalt Andreas Ehrsam, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten und Berufungsklägers.
Zudem erscheint: Gerichtsberichterstatterin der Solothurner Zeitung.
Staatsanwältin B.___ stellt und begründet für die Anschlussberufungsklägerin folgende Schlussanträge (vgl. auch Plädoyernotizen: Aktenseiten Berufungsverfahren [ASB] 76 ff.):
« 1. A.___ sei schuldig zu sprechen im Sinne der Anklage wegen - Vergewaltigung (AZ 1), - Nötigung (AZ 2). 2. A.___ sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren, davon bedingtvollziehbar 1 Jahr und 6 Monate, bei einer Probezeit von 3 Jahren. 3. A.___ sei als Zusatzstrafe zum Urteil der Staatsanwaltschaft vom 23. August 2018 zu bestrafen mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 100.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 3 Jahren. 4. Die am 28. Januar 2019 ausgestandene Haft sei auf die Freiheitsstrafe anzurechnen. 5. A.___ sei für die Dauer von 10 Jahren des Landes zu verweisen. 6. Die Landesverweisung sei im Schengener Informationssystem (SIS) auszuschreiben. 7. Folgende mit Verfügung vom 24. September 2020 beschlagnahmten Gegenstände seien C.___ auf deren Verlangen auszuhändigen: - 1 Damenhose - 1 Damenunterwäsche, Unterhose - 1 Damenunterwäsche, BH - 1 Damenbluse - 2 Säcke 8. Die nach richterlichem Ermessen festzusetzenden Verfahrenskosten seien gemäss Art. 426 Abs. 1 und 4 StPO dem Beschuldigten zur Bezahlung aufzuerlegen. 9. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung sei nach richterlichem Ermessen festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen, unter Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO. 10. Die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsvertretung sei nach richterlichem Ermessen festzusetzen und zufolge unentgeltlicher Rechtspflege vom Staat Solothurn zu bezahlen.»
Rechtsanwältin Susanne Frei stellt und begründet als unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin folgende Schlussanträge (vgl. auch Plädoyernotizen: ASB 102 ff.):
« 1. Das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts von Olten-Gösgen vom 29. Oktober 2021 (OGSAG.2020.36-AOGWAL) sei vollumfänglich zu bestätigen. 2. Es seien die Kosten der amtlichen Geschädigtenvertretung für das Verfahren vor Obergericht auf die Staatskasse zu nehmen.»
Rechtsanwalt Andreas Ehrsam stellt und begründet im Namen und Auftrag des Beschuldigten und Berufungsklägers folgende Schlussanträge (vgl. auch Plädoyernotizen: ASB 108 ff.):
« 1. A.___ sei von Schuld und Strafe freizusprechen. 2. Sämtliche Anträge der Privatklägerin betreffend Schadenersatz (und Genugtuung) seien abzuweisen, sofern darauf einzutreten ist. 3. A.___ sei vom Staat Solothurn für die ausgestandene Haft von einem Tag eine Entschädigung in der Höhe von CHF 200.00 auszurichten. 4. A.___ sei die amtliche Verteidigung im Berufungsverfahren, unter Einsetzung des unterzeichneten Anwalts als amtlicher Verteidiger, zu gewähren. 5. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates Solothurn.»
Hinsichtlich der an der Berufungsverhandlung vorgenommenen Verfahrenshandlungen wird im Weiteren auf folgende Dokumente verwiesen:
- Verhandlungsprotokoll vom 5. Dezember 2023 (ASB 38 ff.); - Einvernahmeprotokoll des Beschuldigten (ASB 50 ff.); - Audio-Dokument: Befragung des Beschuldigten (ASB 75); - Audio-Dokument: zweite Parteivorträge und letztes Wort des Beschuldigten (ASB 123).
Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:
I. Prozessgeschichte
1. Am 3. April 2018 reichte C.___ (nachfolgend Privatklägerin) bei der Staatsanwaltschaft […] Strafanzeige gegen A.___ (nachfolgend Beschuldigter) wegen Vergewaltigung ein (Akten Seiten [AS] 1 ff.).
2. Am 7. Juni 2018 wurde die Privatklägerin durch die Stadtpolizei […] erstmals befragt (AS 63 ff.).
3. Am 15. November 2018 anerkannte die Staatsanwaltschaft Solothurn den Gerichtsstand (AS 360 f.).
4. Am 16. November 2018 eröffnete die Staatsanwaltschaft Solothurn eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen Vergewaltigung (AS 331).
5. Am 28. Januar 2019 wurde der Beschuldigte vorläufig festgenommen (AS 377) und nach anschliessender Befragung des Beschuldigten (AS 150 ff.) sowie der Privatklägerin (AS 162 ff.) wieder entlassen (AS 280).
6. Am 14. Februar 2020 erliess die Staatsanwaltschaft eine konkretisierte Eröffnungsverfügung wegen Vergewaltigung und Nötigung (AS 332).
7. Am 24. November 2020 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Beschuldigten beim Amtsgericht Olten-Gösgen wegen Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 StGB) und Nötigung (Art. 181 StGB).
8. Am 29. Oktober 2021 erliess das Amtsgericht Olten-Gösgen folgendes Urteil (AS 608 ff.)
« 1. Der Beschuldigte A.___ hat sich der Vergewaltigung schuldig gemacht, begangen am 17.02.2018 (AnklS. Ziff. 1.).
2. Der Beschuldigte A.___ wird verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs für 16 Monate mit einer Probezeit von 3 Jahren. Im Übrigen ist die Freiheitsstrafe (12 Monate) zu vollstrecken.
3. Die ausgestandene Haft von 1 Tag (Polizeihaft vom 28.01.2019) ist dem Beschuldigten A.___ an den unbedingt zu vollziehenden Teil der Freiheitsstrafe anzurechnen.
4. Der Beschuldigte A.___ wird für die Dauer von 7 Jahren des Landes verwiesen.
5. Folgende beschlagnahmten Gegenstände (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) sind C.___ auf deren Verlangen innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils herauszugeben: - 1 Damenhose - 1 Damenunterwäsche, Unterhose - 1 Damenunterwäsche, BH - 1 Damenbluse - 2 Säcke Nach unbenutztem Ablauf der 30-tägigen Frist sind die Gegenstände zu vernichten.
6. Der Beschuldigte A.___ hat der Privatklägerin C.___, unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Frei, eine Genugtuung von CHF 5'000.00, zzgl. 5 % Zins seit 17.02.2018, zu bezahlen. Im Übrigen wird die Zivilforderung auf den Zivilweg verwiesen.
7. Die Privatklägerin [Versicherung] wird zur Geltendmachung ihrer Zivilforderung auf den Zivilweg verwiesen.
8. Die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Privatklägerin C.___, Rechtsanwältin Susanne Frei, wird auf CHF 8'183.35 festgesetzt und ist zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschuldigten vom Staat zu bezahlen.
9. Die Entschädigung für den vormaligen amtlichen Verteidiger des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Dominik Schnyder, wird auf CHF 652.65 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Es wird festgestellt, dass das Honorar durch die Zentrale Gerichtskasse bereits ausbezahlt wurde. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 251.30 (Differenz zum vollen Honorar), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.
10. Die Entschädigung für den amtlichen Verteidiger des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Andreas Ehrsam, wird auf CHF 8'902.70 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 3'292.30 (Differenz zum vollen Honorar), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben.
11. Die Verfahrenskosten, mit einer Gerichtsgebühr von CHF 8'000.00, total CHF 10'553.50, hat der Beschuldigte A.___ zu bezahlen.»
9. Am 21. November 2021 meldete der Beschuldigte die Berufung an (AS 664).
10. Am 7. November 2022 wurde dem Beschuldigten das begründete Urteil zugestellt (AS 664). 11. Am 28. November 2022 erklärte der Beschuldigte die Berufung (ASB 2 ff.). Er verlangt einen vollumfänglichen Freispruch, die Abweisung der Zivilforderung der Privatklägerin sowie eine Haftentschädigung von CHF 200.00, u.K.u.E.F.
12. Die Privatklägerin verzichtete mit Eingabe vom 8. Dezember 2022 auf ein Rechtsmittel (ASB 12).
13. Am 14. Dezember 2022 erklärte die Staatsanwaltschaft die Anschlussberufung in Bezug auf den impliziten Freispruch vom Vorwurf der Nötigung, die Strafzumessung und die Landesverweisung. Sie beantragt eine zusätzliche Verurteilung wegen Nötigung, die Ausfällung einer höheren Freiheitsstrafe sowie einer längeren Landesverweisung mit Ausschreibung im SIS (ASB 13 ff.).
14. Am 17. Juli 2023 wurde die Berufungsverhandlung auf den 5. Dezember 2023 angesetzt (ASB 17 f.). Zum Ablauf der Verhandlung wird auf das separate Protokoll verwiesen (ASB 38 ff.).
II. Prozessgegenstand
1. Folgende Ziffern des vorinstanzlichen Urteils sind in Rechtskraft erwachsen:
- Ziff. 5: Herausgabe div. beschlagnahmter Gegenstände an die Privatklägerin; - Ziff. 7: Verweisung der [Versicherung] auf den Zivilweg; - Ziff. 8 (teilweise): Entschädigung für die unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin, Rechtsanwältin Susanne Frei, der Höhe nach; - Ziff. 9 und 10 (teilweise): Entschädigung des vormaligen amtlichen Verteidigers, Rechtsanwalt Schnyder, und des aktuellen amtlichen Verteidigers, Rechtsanwalt Ehrsam, der Höhe nach.
2. Die im Berufungsverfahren zu beurteilenden Vorhalte lauten wie folgt:
«Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 1 StGB) begangen am 17. Februar 2018, in der Zeit zwischen 01:14 und 03:55 Uhr, in Stuttgart, [Adresse], [Hotel], Zimmer 202, z.N. von C.___, indem der Beschuldigte gegen die Geschädigte Gewalt anwendete bzw. die Geschädigte zum Widerstand unfähig machte und sie so gegen ihren Willen zur Duldung des Beischlafs nötigte.
Der Beschuldigte und die im fraglichen Zeitpunkt minderjährige Geschädigte (geb. [..]. […]. 2000) vereinbarten – nachdem sie sich einige Tage zuvor per lnstagram kennengelernt und am Tag zuvor gemeinsam in einer Shisha-Bar gewesen waren – gemeinsam etwas zu unternehmen. Der Beschuldigte holte die Geschädigte vereinbarungsgemäss am 16. Februar 2018, ca. 16:00 Uhr im [Wohnheim] in [Stadt in der Schweiz] ab. Anschliessend fuhren sie gemeinsam nach Stuttgart in das [Hotel], wo der Beschuldigte ein Zimmer mit zwei Betten für eine Nacht buchte. Im Hotelzimmer besprachen der Beschuldigte und die Geschädigte, was sie machen wollten. Zu dieser Zeit versuchte der Beschuldigte die Geschädigte zu küssen. Die Geschädigte wollte dies jedoch nicht und sagte dem Beschuldigten, er solle aufhören und drehte ihren Kopf weg. Der Beschuldigte hörte sodann auf und die Parteien beschlossen, um ca. 19:00 20:00 Uhr, essen und anschliessend ins Kino zu gehen. Nach einem gemeinsamen Abendessen in einem griechischen Restaurant sahen sich der Beschuldigte und die Geschädigte um 23:00 Uhr im Kino (mutmasslich [Name des Kinos]) die Filmvorstellung «Fifty Shades of Grey, Teil 3» an. Während des Filmes legte der Beschuldigte seine Hand auf das Knie der Geschädigten, was die Geschädigte duldete. Nach dem Film, um ca. 01 :14 Uhr, fuhren der Beschuldigte und die Geschädigte zurück in das Hotelzimmer. Die Geschädigte wollte sich in das obere Bett des Etagenbettes Schlafenlegen und sagte dem Beschuldigten, sie benütze das obere Bett und er solle im unteren Bett liegen. Der Beschuldigte bat die Geschädigte jedoch, sich zu ihm hinzulegen und erklärte, sie könne später ins obere Bett gehen und fragte die Geschädigte, ob sie Angst vor ihm habe. Daraufhin setzte sich die Geschädigte ins untere Bett neben den Beschuldigten. In der Folge versuchte der Beschuldigte die Geschädigte zu küssen, was ihm nicht gelang, da die Geschädigte auswich und ihn wegstiess und dem Beschuldigten sagte, er solle sie in Ruhe lassen. Obschon die Geschädigte den Annäherungsversuchen des Beschuldigten auswich, ihn wegstiess und ihm wiederholt mitteilte, nicht geküsst werden zu wollen, versuchte es dieser weiterhin. Schliesslich packte der Beschuldigte die Geschädigte mit seiner rechten Hand an ihren Handgelenken und drückte beide Hände der aufgrund des körperlichen Einwirkens des Beschuldigten mittlerweile auf dem Rücken liegenden Geschädigten über ihren Kopf – so dass sie ihre Hände bzw. Arme nicht mehr frei bewegen konnte – und legte sich auf sie. Die Geschädigte schrie wiederholt, dass der Beschuldigte sie in Ruhe lassen solle, weinte und versuchte aufzustehen bzw. sich durch körperliche Gegenwehr aus dieser Position zu befreien, was ihr jedoch nicht gelang, zumal der Beschuldigte ihre Hände nach wie vor festhielt und die deutlich leichtere und ihm damit körperlich eindeutig unterlegene Geschädigte mit seinem Körpergewicht auf das Bett drückte. Trotz der Schreie, des Weinens sowie der aktiven körperlichen Gegenwehr der Geschädigten - mithin also ungeachtet ihres für den Beschuldigten offensichtlich erkennbar entgegenstehenden Willens - öffnete der Beschuldigte mit seiner nach wie vor freien linken Hand die Hose der Geschädigten, zog diese sowie ihre Unterhose nach unten, öffnete den Reissverschluss seiner Hose, zog seinen erigierten Penis raus, drang damit in die Vagina der Geschädigten ein, vollzog an ihr während zwei bis drei Minuten den Geschlechtsverkehr und ejakulierte anschliessend auf den Bauch der Geschädigten, wodurch er die Geschädigte durch Gewaltanwendung zur Duldung des Beischlafs nötigte.
Nötigung (Art. 181 StGB) begangen am 17. Februar 2018, ca. zwischen 03:00 Uhr und 04:00 Uhr, in Stuttgart, [Adresse], [Hotel], Zimmer 202, z.N. von C.___, indem der Beschuldigte der Geschädigten, nachdem er diese durch Gewaltanwendung zur Duldung des Beischlafs genötigt hatte (vgl. Ziff. 1 hiervor), das Mobiltelefon entriss, um zu verhindern, dass die Geschädigte die Polizei alarmiert jemandem von der Vergewaltigung erzählt, wodurch er sie durch Beschränkung ihrer Handlungsfreiheit zu einem Unterlassen nötigte.»
III. Zuständigkeit
1. Die Vorinstanz hat zurecht festgehalten, dass nach den einschlägigen Bestimmungen von Art. 3 ff. StGB (räumlicher Geltungsbereich) das schweizerische StGB auf die Vergewaltigung anwendbar ist, da diesbezüglich ein Anwendungsfall von Art. 5 Abs. 1 lit. a StGB vorliegt (Ausnahme vom Territorialitätsprinzip: Straftaten gegen Minderjährige im Ausland).
In Bezug auf den angeklagten Straftatbestand der Nötigung hat die Vorinstanz eine Katalogtat im Sinne von Art. 5 StGB sowie einen Anwendungsfall der weiteren Ausnahmebestimmungen von Art. 4, 6 und 7 StGB verneint. Es kann auf dies Ausführungen unter Ziff. I des vorinstanzlichen Urteils verwiesen werden.
2.1 Die Anschlussberufungsklägerin hält dem vor Obergericht entgegen, dass vorliegend die Voraussetzungen von Art. 7 Abs. 2 lit. a StGB erfüllt seien, so dass auch diese Tat der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterworfen sei (ASB 89 ff.). Diese Rechtsauffassung ist abzulehnen, weil hinsichtlich dieses Vorhaltes gar nie von den Schweizer Behörden ein Auslieferungsbegehren gestellt wurde, so dass ein solches auch gar nicht im Sinne des Gesetzeswortlautes von Art. 7 Abs. 2 lit. a StGB aus einem Grund, der nicht die Art der Tat betrifft, abgewiesen werden konnte.
2.2 Zu berücksichtigen ist indes, dass bei Anwendbarkeit des schweizerischen StGB zur Beurteilung der vorgehaltenen Tat (Vergewaltigung), was die Verfahrensführung anbelangt, auch die schweizerische Strafprozessordnung anwendbar ist. Art. 29 StPO, der ursprünglich für innerstaatliche Konstellationen bzw. Kompetenzkonflikte konzipiert ist, kommt als Grundsatz auch vorliegend zum Tragen: Gemäss dieser Bestimmung werden mehrere von derselben beschuldigten Person begangene Straftaten grundsätzlich gemeinsam verfolgt und beurteilt (Art. 29 Abs. 1 StPO). Würde man im vorliegenden Fall die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichtsbarkeit in Bezug auf die vorgehaltene Nötigung mit Begehungsort Stuttgart verneinen, würde dies dem Grundsatz der Verfahrenseinheit widersprechen. Dies wäre umso stossender, da zwischen den vorgehaltenen Straftaten der Nötigung und der Vergewaltigung im vorliegenden Fall ein sehr enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, soll doch gemäss dem zur Anklage gebrachten Lebenssachverhalt die Nötigung unmittelbar im Anschluss an die Vergewaltigung begangen worden sein und darauf abgezielt haben, die Anzeige der Vergewaltigung durch die Privatklägerin zu verhindern. Die angeklagte Nötigung ist hier als Begleitdelikt der Vergewaltigung zu betrachten. Daher ist die Zuständigkeit der Schweiz zur Verfolgung und Beurteilung der dem Beschuldigten vorgehaltenen Nötigung und somit auch die diesbezügliche Anwendbarkeit des schweizerischen StGB zu bejahen.
IV. Beweiswürdigung und rechtserheblicher Sachverhalt
1. Allgemeines zur Beweiswürdigung
1.1 Unschuldsvermutung
Im Strafverfahren gilt der Grundsatz «in dubio pro reo» (im Zweifel zugunsten des Angeklagten). Dieser steht in engem Zusammenhang mit dem Prinzip der freien Beweiswürdigung und gilt als Teilgehalt der Unschuldsvermutung (vgl. Art. 10 Abs. 3 StPO sowie Art. 10 Abs. 1 StPO, Art. 6 Ziff. 2 EMRK, Art. 32 Abs. 1 BV). Der Grundsatz betrifft sowohl die Verteilung der Beweislast als auch die Würdigung der Beweise. Als Beweislastregel bedeutet er, dass die Anklagebehörde bzw. das Gericht die Schuld der beschuldigten Person zu beweisen hat und nicht diese ihre Unschuld nachweisen muss. Als Beweiswürdigungsregel besagt er, dass sich das Gericht nicht von der Existenz eines für die beschuldigte Person ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Die Maxime ist verletzt, wenn das Gericht an der Schuld hätte zweifeln müssen. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Es muss sich um erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel handeln, das heisst um solche, die sich nach der objektiven Beweislage aufdrängen (BGE 120 Ia 31 E. 2).
1.2 Zur Glaubhaftigkeit von Aussagen Verfahrensbeteiligter
1.2.1 Bei der Prüfung des Wahrheitsgehalts von Zeugenaussagen hat sich die soge-nannte Aussageanalyse durchgesetzt. Überprüft wird dabei in erster Linie die Hypothese, ob die aussagende Person unter Berücksichtigung der Umstände, der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der Motivlage eine solche Aussage auch ohne realen Erlebnishintergrund hätte machen können. Methodisch wird die Prüfung in der Weise vorgenommen, dass das im Rahmen eines hypothesengeleiteten Vorgehens durch Inhaltsanalyse (aussageimmanente Qualitätsmerkmale, sogenannte Realkennzeichen) und Bewertung der Entstehungsgeschichte der Aussage sowie des Aussageverhaltens insgesamt gewonnene Ergebnis auf Fehlerquellen überprüft und die persönliche Kompetenz der aussagenden Person analysiert werden. Dabei ist immer davon auszugehen, dass die Aussage nicht realitätsbegründet ist. Ergibt die Prüfung, dass diese Unwahrhypothese (Nullhypothese) mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen. Es gilt dann die Alternativhypothese, dass die Aussage wahr ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_298/2010 E. 2.3 mit Verweis auf BGE 133 I 33 E. 4.3; 129 I 49, E. 5). Weiter hat das Bundesgericht verschiedentlich ausgeführt, dass die Prüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen primär Sache des Gerichts ist. Auf Begutachtungen sei nur bei besonderen Umständen zurückzugreifen (vgl. u.a. Urteil des Bundesgerichts 6B_165/2009 E. 2.5).
Die jüngere Lehre zur Aussagepsychologie hat sich eingehend mit der Methodik der Glaubhaftigkeitsbeurteilung auseinandergesetzt. Es kann an dieser Stelle insbesondere auf folgende Fachbeiträge verwiesen werden: Revital Ludewig/Daphna Tavor/ Sonja Baumer, Wie können aussagepsychologische Erkenntnisse Richtern, Staatsanwälten und Anwälten helfen?, in: AJP 11/2011 S. 1415 ff.; Martin Hussels, Von Wahrheiten und Lügen – Eine Darstellung der Glaubhaftigkeitskriterien anhand der Rechtsprechung, in: forumpoenale 6/2012 S. 368 ff.; Susanna Niehaus, Zur Bedeutung suggestiver Prozesse für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Aussagen in Sexualstrafsachen, in: forumpoenale 1/2012 S. 31 ff.; Susanna Niehaus, Begutachtung der Glaubhaftigkeit von Kinderaussagen, in: FamPra.ch 2/2010 S. 315 ff.; Aussagepsychologie für die Rechtspraxis, «Zwischen Wahrheit und Lüge», Revital Ludewig/Sonja Baumer/Daphna Tavor [Hrsg.], Zürich/St.Gallen 2017, Einführung in die Aussagepsychologie, S. 17 ff.)-
Hervorzuheben ist dabei, dass bei der Abklärung einer möglichen absichtlichen Falschbezichtigung (Lügenhypothese) die Analyse der aussageübergreifenden Qualität (Konstanz) und der inhaltlichen Qualität der Aussage mittels inhaltlicher Glaubhaftigkeitsmerkmale bzw. sogenannter Realkennzeichen zentral ist. Mit einer hohen Aussagequalität lässt sich die Lügenhypothese widerlegen, wobei die Aussagequalität ausschliesslich unter Berücksichtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit und der bereichsspezifischen Erfahrungen und Kenntnisse der aussagenden Person sowie der Befragungsumstände bewertet werden kann (vgl. Niehaus, forumpoenale 1/2012, S. 33 f.).
Als Realkennzeichen, die auf einen erlebnisbasierten Hintergrund der Aussage hindeuten, gelten die folgenden, wobei sich auch andere Benennungen bzw. Darstellungen finden (Realkennzeichen gemäss Max Steller/Günter Köhnken; vgl. Ludewig/Tavor/Baumer, in: AJP 11/2011 S. 1425; Günter Köhnken, Glaubwürdigkeits-begutachtung, in: Gunter Widmaier [Hrsg.], Münchner Anwaltshandbuch Strafverteidigung, München 2006, N 52 ff.):
« I. Allgemeine Merkmale 1. Logische Konsistenz (die Aussage ist in sich stimmig, innere und äussere Widerspruchslosigkeit, Folgerichtigkeit von Aussagenergänzungen) 2. Ungeordnete Darstellung/Reproduktionsweise (die Handlung wird im freien Bericht sprunghaft, unstrukturiert und nicht chronologisch geschildert, ohne dass dabei gegen die logische Konsistenz verstossen wird) 3. Quantitativer Detailreichtum (über das Kerngeschehen wird detailliert berichtet, z.B. Einzelheiten zu den Örtlichkeiten, der Wohnungseinrichtung, den behaupteten Handlungsverläufen und den beteiligten Personen)
II. Spezielle Inhalte 1. Raum-zeitliche Verknüpfungen / kontextuelle Einbettung (die Kernhandlung wird mit bestimmten örtlichen Verhältnissen, zeitlichen Gegebenheiten, bestimmten Gewohnheiten des Zeugen Personen im sozialen Umfeld verknüpft) 2. Interaktionsschilderungen (Handlungen und Handlungsketten – Aktionen und Reaktionen – werden beschrieben, die sich gegenseitig bedingen und sich aufeinander beziehen) 3. Wiedergabe von Gesprächen (Inhalte von Gesprächen, Gesprächssequenzen, Gesprächsketten werden wiedergegeben, Aspekt der Wechselseitigkeit, Konkretheit der Darstellung) 4. Schilderung von Komplikationen (es wird von unvorhersehbaren Schwierigkeiten berichtet, von vergeblichen Bemühungen, wiederholten Versuchen, enttäuschten Erwartungen)
III. Inhaltliche Besonderheiten 1. Ausgefallene Einzelheiten (in der Aussage treten ungewöhnliche, einzigartige, absonderliche, überraschende, originelle Details auf, welche aber nicht unrealistisch, abstrus unmöglich sind) 2. Schilderung von Nebensächlichkeiten (Einzelheiten werden geschildert, die für das Kerngeschehen in der Aussage unnötig sind, scheinbar belanglose Nebenumstände) 3. Schilderung unverstandener Handlungselemente (Handlungen werden von der aussagenden Person – meist Kindern – nicht verstanden, aber sachgerecht beschrieben – z.B. Ejakulat als Spucke; allgemein nicht verstandene Interaktionsverläufe) 4. Indirekt handlungsbezogene Schilderungen / externe Assoziationen (Handlungen werden geschildert, die dem Kerngeschehen ähnlich sind, die aber zu anderer Zeit mit anderen Personen stattgefunden haben) 5. Schilderung eigener psychischer Vorgänge (Gedanken eigene gefühlsbezogene physiologische Abläufe werden beschrieben, die mit dem Kerngeschehen zusammenhängen; Schilderung von Affektverläufen, Erlebnisentwicklung, Entwicklungsverlauf der Einstellung zum Täter) 6. Schilderung psychischer Vorgänge des Täters (vermutete Gedanken Gefühle, gefühlsbezogene physiologische Abläufe des Täters werden beschrieben)
IV. Motivationsbezogene Inhalte 1. Spontane Verbesserung der eigenen Aussage (der Inhalt der Aussage wird spontan präzisiert berichtigt) 2. Eingeständnis von Erinnerungslücken (Erinnerungslücken und Wissenslücken werden spontan zugegeben) 3. Einwände gegen die Richtigkeit der eigenen Aussage (die Glaubhaftigkeit der eigenen Aussage der eigenen Person wird in Frage gestellt; die Darstellung wird z.B. als nicht plausibel, unwahrscheinlich merkwürdig kommentiert; die eigene Glaubwürdigkeit wird gewissermassen in Frage gestellt, die aussagende Person ist aber dennoch von der Richtigkeit der eigenen Angaben überzeugt) 4. Selbstbelastungen / selbstbelastende Äusserungen (es wird ein vermeintliches Fehlverhalten gegenüber der beschuldigten Person geschildert; die aussagende Person belastet sich bezüglich gewisser Punkte selbst; sie stellt sich in ungünstiger Weise dar, z.B. Eigenbeteiligungen am behaupteten Geschehen, Ermutigungen, Fehlverhalten) 5. Entlastung der beschuldigten Person (auf eine Belastung Mehrbelastung der beschuldigten Person wird verzichtet, obwohl dies naheliegend war; die aussagende Person entschuldigt die beschuldigte Person explizit implizit)
V. Deliktsspezifische Inhalte 1. Beschreibung von deliktsspezifischen Merkmalen (die Aussage weist Elemente auf, die mit empirisch-kriminologischen Kenntnissen typischer Begehungsformen solcher Delikte im Einklang stehen; der aus-sagenden Person ist dies nicht bekannt)»
Nach dem Gesagten kann also mithilfe der Realkennzeichen die Qualität einer Aussage ermittelt werden. Dabei sagt nicht allein das Vorhandensein von Realkennzeichen an sich etwas über die Glaubhaftigkeit einer Aussage aus, sondern es braucht den Vergleich zwischen der Aussagequalität und der (Erfindungs-)Kompetenz der aussagenden Person. Eine Fokussierung auf die Anzahl erfüllter Qualitätsmerkmale wäre daher irreführend. Die Realkennzeichen dürfen nicht im Sinne einer Checkliste verwendet werden. Kompetenzen, Erfahrungen und allfällige psychische Störungen der aussagenden Person sowie die Komplexität des vorgebrachten Geschehens müssen bei der Beurteilung mitberücksichtigt werden. Bei jungen Kindern minderbegabten Erwachsenen können einzelne prägnante Qualitätsmerkmale ausreichen, um einen Erlebnisbezug zu belegen. Bei gut begabten Jugendlichen Erwachsenen reicht dagegen das Vorliegen einer Reihe von wenig prägnanten Qualitätsmerkmalen dazu oft nicht aus (vgl. Ludewig/Tavor/Baumer, AJP 11/2011 S. 1427).
Neben der rein auf die erwähnten Realkennzeichen ausgerichteten Glaubhaftigkeitsanalyse des Aussageinhalts ist somit auch eine sog. Kompetenzanalyse hinsichtlich der aussagenden Person vorzunehmen. Dabei spielt die Aussagetüchtigkeit eine wesentliche Rolle, welche massgeblich von persönlichen Eigenschaften der aussagenden Person beeinflusst wird und etwa durch eingeschränkte kognitive Fähigkeiten beeinträchtigt werden kann. Auch suggestive Einflüsse können die Aussagezuverlässigkeit beeinträchtigen, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Aussageentstehung und Aussageentwicklung zu richten ist. Schliesslich ist auch eine Motivationsanalyse vorzunehmen, bei der die Frage in den Vordergrund rückt, ob bei der aussagenden Person Motive für eine bewusste Falschaussage vorliegen (Aussagepsychologie für die Rechtspraxis, «Zwischen Wahrheit und Lüge», Revital Ludewig / Sonja Baumer / Daphna Tavor [Hrsg.], Zürich/St.Gallen 2017, Einführung in die Aussagepsychologie, S. 53 ff., 71 ff., 79 ff.).
1.2.2 Eine beschuldigte Person erzählt im Gegensatz zu einem Zeugen/einer Zeugin bzw. einem Opfer im Regelfall nicht eine Geschichte, die sich unter Berücksichtigung der Aussageentstehung und -entwicklung anhand der Aussagequalität auf ihren Realitätsbezug überprüfen lässt. Eine beschuldigte Person ist aufgefordert, eine bestehende Geschichte zu bestätigen zu verneinen. Die Realkennzeichenanalyse ist damit bei beschuldigten Personen in aller Regel kein taugliches Mittel der Glaubhaftigkeitsbeurteilung. In der Aussagepsychologie wurden verschiedene Erkenntnisse zum Aussageverhalten schuldiger und unschuldiger Personen gewonnen: Ein Unschuldiger antwortet detailreich, spontan und ohne Ausflüchte. Er will die Wahrheit ans Licht bringen, ist gesprächig, kooperativ im Gespräch, bleibt beim Thema, verwendet treffende und starke Ausdrücke betreffend den Inhalt der Vorwürfe und beteuert die Unschuld spezifisch zum jetzigen Fall, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Ein Schuldiger erzählt demgegenüber so viel wie nötig und so wenig wie möglich; er neigt zu Auslassungen. Er will die Wahrheit verheimlichen, ist zurückhaltend, unkooperativ im Gespräch, weicht auf irrelevante Themen aus, verwendet schwache und ausweichende Ausdrücke betreffend den Inhalt der Vorwürfe und spricht nicht spontan über Unschuld (vgl. Referat von Daphna Tavor, Aussagepsychologie zur Beurteilung der Aussagen von Angeklagten, Seminar «Zwischen Wahrheit und Lüge», 10./11. Juni 2013, durchgeführt vom Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis der Universität St. Gallen, Kompetenzzentrum für Rechtspsychologie).
2. Konkrete Beweiswürdigung
2.1 Strittiger Sachverhalt
Dass es zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 2018 im [Hotel], Zimmer 202, in Stuttgart zu Geschlechtsverkehr gekommen ist, ist unbestritten. Weiter unbestritten ist, dass der Beschuldigte ohne Kondom vaginal in die Privatklägerin eingedrungen war und ihr hernach auf den Bauch ejakuliert hat. Bestritten und daher zu beweisen sind die von der Anklageschrift behaupteten Nötigungsmittel sowohl im Hinblick auf die Vornahme des Geschlechtsverkehrs als auch danach im Zusammenhang mit der mutmasslichen Wegnahme des Handys.
2.2 Strafanzeige vom 3. April 2018
Die von D.___ (Mitarbeiterin der [Beratungsstelle]) und der Privatklägerin unterzeichnete Strafanzeige umschreibt den Kernsachverhalt wie folgt (AS 1 ff.):
Im Hotelzimmer habe sich die Privatklägerin auf eines der beiden Betten gesetzt. Der Beschuldigte sei zu ihr gekommen und habe angefangen, sich ihr anzunähern. Sie habe die Avancen abgelehnt, worauf der Beschuldigten angefangen habe, sie zu bedrängen. Er habe zuerst ihre beiden Hände festgehalten, so dass sie sich nicht mehr habe wehren können. Sie habe zu schreien begonnen und ihn angeschrien, er solle sie in Ruhe lassen, sie wolle das nicht. Ihren Willen missachtend, habe der Beschuldigte begonnen, ihre Hosen zu öffnen und diese samt Unterhosen ihr vom Leib zu ziehen. Mittlerweile sei er auf ihrem Körper gelegen, so dass sie sich unter seinem Körpergewicht nicht mehr habe befreien können. Er habe mit seinen Händen ihre Genitalien berührt, dies gegen ihren Willen, wobei sie immer noch versucht habe, sich mit aller Kraft zu wehren. Sie habe um Hilfe geschrien. Dann sei der Beschuldigte mit seinem Penis in ihre Vagina eingedrungen. Sie habe geweint und geschrien, er solle aufhören. Nach ungefähr drei Minuten habe der Beschuldigte seinen Penis wieder aus der Vagina herausgezogen und sei vom Bett aufgestanden. Er habe die Privatklägerin angewiesen, nicht zu schreien, sonst werde er sie schlagen. Er habe sie dann gefragt, wieso sie das nicht gewollt habe und sie angefleht, ihm nun deswegen keine Probleme zu machen. Er habe schon genug Probleme. Er habe sich entschuldigt und beteuert, dass er sich eben nicht mehr unter Kontrolle gehabt habe. Dann habe er der Privatklägerin das Handy weggenommen, damit sie nicht die Polizei habe rufen können. Den Rest der Nacht habe die Privatklägerin sitzend auf einem Stuhl im Hotelzimmer verbracht und geweint. Sie habe wegrennen wollen, da es aber mitten in der Nacht gewesen sei und sie sich in Stuttgart überhaupt nicht ausgekannt habe und dort auch niemanden gekannt habe, habe sie sich entschieden, im Hotelzimmer zu bleiben. Am nächsten Morgen hätten sie das Hotelzimmer gemeinsam in aller Früh verlassen. Der Beschuldigte habe die Privatklägerin wieder zurück ins [Wohnheim] gefahren. Seit dem 1. März 2018 sei die Privatklägerin in einer delegierten Psychotherapie bei Frau E.___ (Traumatherapie).
2.3 Objektive Beweismittel
Im Hinblick auf den strittigen Sachverhalt sind folgende objektiven Beweismittel relevant:
In den Akten befinden sich mehrere Fotoaufnahmen des Zimmers 202. Darauf ist u.a. zu sehen, dass das Zimmer über zwei Betten (ein Doppelbett und ein kleineres Bett oberhalb des Doppelbettes) und ein Fernsehgerät verfügt.
In einer im Rahmen der Gynäkologischen Untersuchung erstellten Notiz von Dr. med. F.___ ist u.a. folgendes vermerkt (AS 41 f.):
«NF-mässige Vorstellung nach sexuellem Übergriff in der Nacht von Freitag auf Samstag (17.02.2018 um 03h morgens) durch einen Bekannten, den die Patientin seit Kurzem über Socialmedia (lnstagram) kennengelernt hatte. Kennt nur seinen Vornamen (A.___), Alter: 24 Jahre. Dieser habe sie am Vortag im [Wohnheim] abgeholt. Sie hatten einen Ausflug geplant. Der Besagte A.___ wurde von einer Betreuerin gesehen und als freundlich und zuvorkommend beschrieben. Abends sind sie dann zu ihm nach Hause. Seine Eltern und der Bruder waren nicht anwesend, wohnen wohl sonst auch in dem Haus in [Ort]. Sie hätten in zwei getrennten Betten in seinem Schlafzimmer geschlafen (das andere Bett gehört seinem Bruder) als er plötzlich gegen 3h zu ihr ins Bett kam. Er habe ihre beiden Handgelenke umklammert, sie ausgezogen trotz Gegenwehr und Schreie Ihrerseits. Geschlagen, gebissen gewürgt habe er sie nicht. Es kam zu einer nicht einvernehmlichen, ungeschützten Penetration. Ob er einen Samenerguss hatte, das weiss die Patientin nicht.
Danach hätten sie sich etwas gestritten. Danach sei er eingeschlafen. Sie hat die Nacht bei ihm verbracht. Am nächsten Tag (nachdem er bis 12h ausgeschlafen hatte) habe er sie wieder ins [Wohnheim] zurückgefahren mit dem Auto. Gemäss Patientin habe der Bekannte sie gedrängt, niemandem davon zu berichten. Aktuell Patientin bei Wohlbefinden.». Die Patientin sei 40 kg schwer und 1.53m gross. Bis auf ein kleinstes diskretes Hämatom ca. 8 x 6 mm an der Oberarminnenseite Höhe Ellenbeuge links seien keine Verletzungen sichtbar.
Anlässlich der Einvernahme der Privatklägerin vom 7. Juni 2018 wurden ab deren Handy zahlreiche Bilder abfotografiert, u.a. ein mutmasslich am 17. Februar 2018, 03:55 Uhr erstellter Screenshot, welcher eine Abbildung des Beschuldigten mit seinen Kontaktdaten (A.___ +41[…]) zeigt (AS 90).
2.4 Aussagen der Verfahrensbeteiligten sowie Zeugen
2.4.1 Privatklägerin
2.4.1.1 Einvernahme vom 7. Juni 2018 bei der Stadtpolizei […] (AS 63 ff.)
Die Privatklägerin machte zum Kernsachverhalt in freier Rede folgende Aussagen: Der Beschuldigte habe ihr ca. eine Woche vor dem 17. Februar 2018 auf Instagram geschrieben. Ein paar Tage später hätten sie sich dann in [Stadt] getroffen. Zwei Tage später habe er sie gefragt, ob sie mit ihm spazieren gehen wolle. Er habe sie im [Wohnheim] abgeholt. Dann habe er sie gefragt, ob es für sie ok sei, nach Stuttgart zu fahren. Das hätten sie dann gemacht. Nachdem sie vom Kino ins Hotelzimmer zurückgekommen seien, habe der Beschuldigte Sex haben wollen. Sie habe ihm vorher schon gesagt, dass sie keine Beziehung wolle und mit niemandem etwas haben wolle. Er habe das natürlich gewusst und trotzdem habe er mit ihr Sex haben wollen und sie habe nein gesagt. Nachher habe einfach ihre Hände festgehalten, dass sie sich nicht mehr habe bewegen können. Nachher habe er einfach ihre Hose ausgezogen und sie habe geschrien. Sie habe wegrennen wollen, habe aber nichts machen können. Sie habe sich nicht bewegen können und dann habe er sie vergewaltigt. Nach zwei Minuten habe er sie losgelassen und nachher sei sie am Weinen gewesen. Nachher habe er sie gefragt, warum sie so etwas nicht wolle. Nachher habe er ein riesiges Drama gemacht. Er habe gesagt, dass er das nicht gewollt habe und dass sie keine Anzeige machen solle, er werde alles gut machen. Sie habe gesagt, dass er es nicht mehr gut machen könne. Er habe Angst gehabt und immer wieder gefragt, ob sie nun eine Anzeige machen werde. Er habe sie gefragt, was sie machen werde. Sie habe gesagt, nichts. Er habe gesagt, sie solle bitte keine Anzeige machen, er habe sonst schon Probleme. Nachher habe sie mit dem Natel Screenshots machen wollen, damit sie alles habe. Er habe ihr das Natel weggenommen und es nicht mehr zurückgeben wollen. Sie habe gesagt, er solle ihr das Natel zurückgeben, aber er habe nicht gewollt. Dann habe er sie im Gesicht festgehalten. Er habe gesagt, er gebe ihr das Natel nicht zurück, wenn sie etwas machen werde. Er habe sie noch schlagen wollen, es aber nicht getan.
Gefragt, wie es dann weitergegangen sei, sagte sie wie folgt aus: Das sei um 03:00 Uhr gewesen, am 17. Februar. Irgendwann sei er dann eingeschlafen und sie natürlich nicht. Das Zimmer habe ein Bett unten und eines oben gehabt. Sie sei auf dem oberen Bett gesessen und habe gewartet, bis er aufgewacht sei und sie zurückgefahren habe. Bei der Rückfahrt sei er irgendwie nett zu ihr gewesen aus Angst, dass sie ihn anzeige werde, sie habe nichts gesagt. Er habe sie ins [Wohnheim] zurückgefahren. Sie habe aussteigen wollen. Er habe sie gefragt, ob sie nichts sagen werde. Sie habe nichts gesagt, die Türe aufgeschlossen und sei gegangen. Sie habe ihrer Bezugsperson nicht sagen können, was passiert sei. Sie habe irgendwie Angst gehabt und es sei ihr peinlich gewesen. Am nächsten Tag habe sie ihrer Bezugsperson dann erzählt, was passiert sei. Diese habe sie (die Privatklägerin) gefragt, ob sie Anzeige machen wolle. Sie habe gesagt ja, dass sie das unbedingt machen wolle.
Auf diverse Nachfragen ergänzte die Privatklägerin Folgendes: Im Kino hätten sie «Fifty Shades of Grey», Teil 3, gesehen. Auf der Hinfahrt nach Stuttgart seien sexuelle Dinge kein Thema gewesen. Nur am Anfang. Sie habe ihm einfach gesagt, dass sie mit niemandem etwas haben wolle und keine Beziehung und so. Nachher habe er sie nicht mehr gefragt so. Sie hätten das Zimmer 202 gehabt. Sie habe ihm gesagt, er solle unten schlafen und sie schlafe oben.
2.4.1.2 Einvernahme vom 14. Juni 2018 bei der Stadtpolizei […] (AS 98 ff.)
Sie hätten sich vor dem Essen maximal eine halbe Stunde im Hotelzimmer aufgehalten. Sie seien einfach so am «Hocken» gewesen. Zuerst habe er sie schon küssen wollen, dann habe er es nicht gemacht und es sei ok gewesen. Sie habe ihm gesagt, dass er aufhören solle. Sie habe den Kopf weggedreht und gesagt, er solle aufhören. Dann habe er aufgehört. Während des Films habe er seine Hand auf ihrem Oberschenkel gehabt. Er habe den Film gar nicht geschaut. Er sei fast am Pennen gewesen. Sie habe zugelassen, dass er seine Hand auf ihrem Oberschenkel gehabt habe, weil dies ihre Kollegen auch machten. Sie habe nicht frech sein wollen, damit er sie nicht komisch finde. Sie habe nur Popcorn gegessen während des Films und sonst nichts gemacht. Nach dem Film hätten sie nicht über sexuelle Dinge gesprochen. Als sie wieder ins Hotelzimmer gekommen seien, habe sie Folgendes gesagt: «Ich gehe nach oben du nach unten.» Er habe geantwortet: «Ja lieg wenigstens da unten, nachher kannst du rauf gehen.» Sie sei dann in seinem Bett gewesen. Dann habe er sie küssen wollen bzw. damit angefangen. Sie habe gesagt, er solle sie in Ruhe lassen. Dann habe er weitergemacht und dann sei es passiert… Es sei ihm egal gewesen, was sie gewollt habe. Er habe ihre Hände festgehalten. Mit einer Hand habe er ihre Hose ausgezogen.
Sie solle detailliert und der Reihe nach den genauen Ablauf des sexuellen Übergriffs schildern: Eben, als sie bei ihm im unteren Bett am Liegen gewesen sei, habe er sie küssen wollen. Sie habe ihn weggestossen und nein gesagt. Dann sei er irgendwie wütend geworden, irgendwie nervös. Dann habe er ihre beiden Hände mit einer Hand gehalten. Mit der anderen Hand habe er ihr die Hose ausgezogen. Dann habe sie geschrien, weil sie gemerkt habe, was er vorhabe. Sie habe geweint. Sie habe gesagt «lass mich los, du Arschloch». Er habe seinen Penis in ihre Vagina gesteckt. Er habe ja zwei Minuten gebraucht. Dann habe er sie irgendwann losgelassen. Sie sei schockiert gewesen. Sie habe sich nicht mehr bewegen können, sie habe nichts sagen können. Sie sei schockiert gewesen und habe geweint. Irgendwann sei er aufgestanden und habe sich angezogen. Er habe gesagt «es tut mir leid». Sie habe gesagt: «Was tut dir leid?» Er habe gesagt, es tue ihm leid und dass er nicht so sei. Sie habe gesagt, er könne das nicht mehr gut machen. Er habe dann Angst gehabt, dass sie ihn anzeige. Er habe bereits genug Probleme, sei beim RAV angemeldet und habe «Puff» mit dem Vater. Sie habe gesagt, dass das sein Problem sei. Er habe sie gefragt, warum sie so etwas nicht wolle. Sie habe gesagt, dass sie ihm von Anfang an gesagt habe, dass sie mit niemandem etwas wolle und er das gewusst habe. Sie habe geweint und gar nicht schlafen können. Sie habe dann ihr Handy genommen und habe Screenshots machen wollen, damit sie das habe. Er habe gehört, dass sie etwas mache, so Screenshots und so. Er habe gefragt, was sie mit dem Handy mache. Sie habe nichts gesagt. Er habe Angst gehabt und ihr das Handy nehmen und es ihr nicht mehr zurückgeben wollen. Sie habe geschrien, weil sie ihr Handy habe zurückbekommen wollen und weil sie «hässig» gewesen sei. Dann habe er sie da gehalten (greift mit der Hand an den Mund). Er habe sie schlagen wollen, es aber nicht gemacht. Sie habe gesagt, dass er alles nur noch schlimmer mache, wenn er sie jetzt noch schlage. Er habe aufgehört, er habe gesagt «lass mich wenigstens schlafen». Er habe gesagt, dass er nicht schlafen könne, wenn sie das Handy in der Hand habe. Sie habe einfach gehen wollen, aber nicht gekonnt. Es sei morgens um 03:00 Uhr gewesen, in Stuttgart, und sie habe kein Geld gehabt. Irgendwann sei er eingeschlafen und sie habe gewartet, bis er aufgewacht sei und sie zurückgebracht habe. Bei der Rückfahrt habe sie immer noch nichts gesagt. Sie sei ganz ruhig gewesen. Er habe wieder gefragt, ob sie etwas machen, ihn anzeigen werde so. Er sei ganz nett mit ihr gewesen, weil er Angst gehabt habe. Ja, er habe sie zurückgebracht. Sie habe aussteigen wollen, dann habe er gesagt «sagst du gar nichts?». Sie habe die Türe geschlossen und sei gegangen. Als sie im [Wohnheim] gewesen sei, hätten die anderen gemerkt, dass etwas nicht stimme, aber sie habe es nicht erzählen können. Eine Kollegin sei zu ihr gekommen und habe gefragt, was passiert sei. Sie habe es ihr erzählt. Diese habe gesagt, sie habe gedacht, dass mit dem Typ etwas nicht stimme. Die Kollegin habe gesagt, dass sie (die Privatklägerin) das sofort ihrer Bezugsperson erzählen solle. Am nächsten Tag sei ihre Bezugsperson gekommen und sie habe es ihr erzählt.
Wie lange der sexuelle Übergriff gedauert habe? Etwa zwei Minuten lang. Ob der Beschuldigte gewusst habe, dass sie keinen sexuellen Kontakt wolle? Ja, er habe es gewusst. Wie sie das signalisiert habe? Er habe sie am Anfang gefragt und sie habe nein gesagt. Als er sie habe küssen wollen, habe sie ihn weggestossen, und gesagt, dass sie keinen Sex mit jemandem wolle. Ob sie während des sexuellen Übergriffs auch etwas gesagt getan habe, woran er habe erkennen können, dass sie es nicht wolle? Ja, sie sei am Schreien gewesen und habe gesagt «lass mich los», aber er habe weitergemacht. Er habe gesagt, dass er eine Krankheit habe und deshalb einfach weitergemacht habe. Was das für eine Krankheit sei? Sie wisse es nicht. Sie glaube es sei nicht psychisch. Sie wisse nicht, ob er eine Krankheit habe, aber er habe es so erzählt. Er habe den Übergriff mit einer Krankheit rechtfertigen wollen. Wann er das mit der Krankheit gesagt habe? Das habe er nachher gesagt, nach dem sexuellen Übergriff. Er habe gesagt, dass sein Kopf blockiere. Wie sie sich während des Übergriffs verhalten habe? Sie habe geschrien und gesagt «lass mich, Du Arschloch». Sie habe sich befreien wollen, aber sie habe es nicht gekonnt, da er sie festgehalten habe. Ob sie sich habe wehren können? Nein. Warum nicht? «Also nochmal, mein Gott, heieiei ... Ja, weil ich ... ich konnte einfach nichts machen, weil er zu breit ist und ich so dünn und habe keine Kraft». Ob sie nach Hilfe geschrien versucht habe, wegzurennen? Sie habe geschrien und sie habe schon wegrennen wollen, sie habe aber nicht gekonnt, weil er auf ihr gewesen sei. Ob der Beschuldigte in sie eingedrungen sei? Ja, vaginal. Ob er zum Samenerguss gekommen sei? Ja. Er habe auf ihren Bauch ejakuliert. Was dann passiert sei? Sie sei schnell aufgestanden und duschen gegangen. Zuerst habe sie noch mit ihm gestritten. Sie wisse, sie hätte nicht duschen gehen sollen, aber daran habe sie nicht gedacht. Worüber sie gestritten hätten? Über ihr Handy, er habe ihr Handy nehmen wollen, damit sie nicht die Polizei rufen jemanden informieren könne. Und dann sei sie duschen gegangen? Ja, sie habe sich dreckig gefühlt und habe duschen gehen müssen. Ob der Beschuldigte ein Kondom benutzt habe? Nein. Ob sie während des Übergriffs nackt gewesen sei? Sie habe keine Hose und keine Unterhose angehabt. Er habe beides heruntergezogen. Ihr T-Shirt habe sie noch angehabt. Bis wohin er ihre Hose heruntergezogen habe? (Die Privatklägerin zeigt auf die Mitte der Unterschenkel). Ob der Beschuldigte sie ausgezogen habe ob sie sich selbst habe ausziehen müssen? Er habe sie ausgezogen. Wie er das gemacht habe? Er habe mit einer Hand ihre beiden Hände festgehalten, mit der rechten Hand. Dann habe er versucht, mit der anderen Hand ihre Hose herunterzuziehen. Ob der Beschuldigte seine Kleider angehabt habe? Ja. Seine Hose sei offen gewesen. Ob er diese selber aufgemacht habe? Ja. Wie er das gemacht habe? Mit der rechten Hand habe er ihre Hände gehalten, mit der linken Hand habe er seine Hose aufgemacht und dann habe er ihre Hose heruntergezogen. Ob er sie sonst noch irgendwo berührt gestreichelt habe, ähnliches, zum Beispiel an den Armen, Beinen, am Po, an den Brüsten, etc.? Nein. Ob es zum Oralverkehr gekommen sei? (Die Privatklägerin versteht den Begriff nicht) Ob er gesagt habe, sie solle seinen Penis in den Mund nehmen? Nein. Was der Beschuldigte während des Ereignisses getan habe, wie er sich verhalten habe? Er sei auf ihr gelegen und sie sei mit dem Rücken im Bett gelegen. Sie wisse nicht, wie sie es beschreiben solle. Er sei schon etwas aggressiv gewesen. Ob er bewaffnet gewesen sei dies vorgegeben habe? (Die Privatklägerin schüttelt den Kopf). Ob sie verletzt worden sei? Nein. Ob sie Abmachungen getroffen hätten? Nein, er habe nur gesagt, sie solle bitte niemandem etwas sagen, auch der Polizei nicht. Sie solle ihre Gefühlssituation während der Tat beschreiben: Sie habe Panik und Angst gehabt. Wovor sie Angst gehabt habe? Weil er sie vergewaltigt habe. Das sei ihr noch nie passiert, so etwas habe noch nie jemand probiert. Sie habe nicht gewusst, was sie machen solle, deshalb habe sie Angst gehabt. Wovor sie Panik gehabt habe? Vor ihm, weil er aggressiv gewesen sei und sie am Weinen gewesen sei und er einfach weitergemacht habe. Ob sie psychisch unter Druck gesetzt worden sei? Sie sei psychisch kaputt gewesen. Wann? Als er angefangen habe, habe sie Angst und Panik gehabt. Am Schluss habe sie sich komisch gefühlt. Sie sei einfach sprachlos gewesen. Sie habe einfach gehen wollen, aber nicht gekonnt. Wo genau im Bett sie gelegen sei während des Übergriffs? Sie sei mit dem Rücken auf dem Bett gelegen und er auf ihr. Wer wo gelegen sei, als sie sich ins untere Bett gelegt habe? Sie sei auf der linken Seite gewesen und er auf der anderen. Ob er sich zuerst neben sie gelegt habe direkt auf sie? Neben sie. Warum sie sich zu ihm ins Bett gelegt habe? Sie habe nicht gewollt, dass er meine, sie hasse ihn, dass sie ihn nicht möge. Sie habe nicht gedacht, dass so etwas passiere. Was sie gedacht habe, warum sie sich in sein Bett legen sollte? Sie habe sich in dem Moment nichts überlegt. Als er versucht habe, sie zu küssen, ob er da noch neben ihr bereits auf ihr gelegen sei? Neben ihr. Ob sie in diesem Moment noch hätte aufstehen und gehen können? Ja. Warum sie es nicht gemacht habe? Das Zimmer sei zu klein und sie habe nicht raus gehen können. Er habe ja trotzdem neben ihr sein und etwas machen können. Sie hätte doch aufstehen können? Ja, aber er hätte ja trotzdem etwas machen können. Sie wäre ja trotzdem im Zimmer gewesen. Er hätte aber dann vielleicht eher gemerkt, dass sie nicht wolle und aufgehört, was sie dazu sage? Sie habe ihm ja gesagt, dass sie das nicht wolle, er habe es gewusst. Was sie gewollt habe, als sie sich in das untere Bett gelegt habe? Sie habe einfach schlafen wollen. Aber dann hätte sie doch in ihr Bett gehen können, was sie dazu sage? Er habe gesagt, sie solle zuerst zu ihm ins Bett kommen und dann könne sie ja raufgehen. Ob sie vor nach dem Ereignis mit jemandem Geschlechtsverkehr gehabt habe? Nein. Ob sie überhaupt vorher schon mal Geschlechtsverkehr gehabt habe? Nein. Ob es irgendwann, zu irgendeinem Zeitpunkt, als sie den Beschuldigten gesehen habe, irgendwelche sexuelle Handlungen (Küssen, Streicheln, Halten, etc.) gegeben habe, in welche sie eingewilligt habe? Nein, nur im Kino hatte er seine Hand auf ihrem Bein gehabt. Und in [Stadt] habe er sie umarmt. Er habe seinen Arm um ihre Schulter gelegt und den Kopf angelehnt. Wie lange er ihr nach der Tat ihr Handy nicht zurückgegeben habe? Etwa zehn Minuten lang. Was er in dieser Zeit mit ihrem Handy gemacht habe? Er habe es behalten wollen, damit sie niemanden habe informieren können. Er habe es nur bei sich gehabt, nichts damit gemacht. Warum er ihr dann das Handy wieder zurückgegeben habe? Weil sie gesagt habe, dass sie nichts mache. Warum sie das Zimmer nicht verlassen habe, als der Beschuldigte eingeschlafen sei? Sie habe ja nichts machen können um 04:00 Uhr morgens. Sie habe einfach gewartet, bis er aufgewacht sei. Ob sie ihr Mobiltelefon gehabt habe, als er eingeschlafen sei? Ja. Ob sie jemanden angerufen habe? Nein. Warum nicht? Sie habe nicht anrufen können, weil sie kein Geld darauf gehabt habe. Sie habe auch keine Nachricht schicken können. Ob sie das Hotelzimmer hätte verlassen können? Sie glaube schon. Warum sie das nicht getan habe? Weil sie Angst gehabt habe. Wovor? Dass er aufwache und wieder etwas mache und sie habe nicht bei der Rezeption ein Drama machen wollen. Sie habe nicht gewusst, wie sie von Stuttgart wieder nach Hause habe zurückkommen können. Wann der Beschuldigte wieder aufgewacht sei? Um 12:00 Uhr. Und sie habe so lange gewartet? Ja. Sie sei sieben Stunden auf dem Stuhl gesessen und habe gewartet? Nein, sie sei auf dem Bett gewesen. In der ersten Einvernahme habe sie gesagt, dass sie auf dem Stuhl gesessen sei, bis er aufgewacht sei? Zuerst sei sie auf dem Stuhl gesessen, bis er eingeschlafen sei, dann sei sie ins obere Bett gegangen. Warum sie nicht mit dem Zug nach Hause gefahren sei? Sie habe kein Geld gehabt und auch nicht gewusst, wie man von Stuttgart nach [Stadt in der Schweiz] fahre. Warum sie sich an der Grenze nicht bemerkbar gemacht habe? Sie wisse es nicht. Sie habe sich «so Scheisse» gefühlt und habe nicht reden können. Sie habe an der Grenze nichts machen wollen. Sie habe nicht überlegen können. Auf der Rückfahrt habe sie nichts gesagt. Er habe sie gefragt, ob sie essen trinken wolle, sie habe aber keine Antwort gegeben.
2.4.1.3 Einvernahme vom 28. Januar 2019 bei der Polizei Kanton Solothurn (AS 162 ff.)
Auf die einleitende Frage, wie es ihr gehe, antwortete die Privatklägerin, sie habe irgendwie Stress, weil sie wisse, dass er lüge (die Privatklägerin lächelt). Sie sei sicher, dass der Beschuldigte lüge und sage, sie habe es gewollt.
Auf die Aufforderung, den Vorfall nochmals so detailliert wie möglich zu schildern, gab die Privatklägerin Folgendes zu Protokoll:
Nach dem Kino seien sie wieder ins Hotel zurückgefahren. Dann hätten sie abgemacht, wer wo schlafe. Das Zimmer habe zwei Betten gehabt, eines unten und eines oben. Sie hätten abgemacht, dass der Beschuldigte unten und sie oben schlafe. Dann habe er gesagt «warum liegst Du nicht neben mir, hast Du Angst?» Sie habe gesagt «nein, ich habe keine Angst». Sie sei dann gesessen. Er habe versucht, sie anzufassen, zu küssen, sie habe Nein gesagt, weil sie schon am Anfang gesagt habe, sie wolle keinen Sex und keine Beziehung, er habe das gewusst. Er habe das aber nicht akzeptiert. Auf einmal habe er ihre Hände festgehalten so (zeigt vor, indem sie sich die Hände vor der Brust zusammenhält) und sie habe sich nicht befreien können. Sie habe gesagt «lass mich in Ruhe». Sie habe geschrien, sie habe Hilfe gerufen, sie habe alles Mögliche versucht, aber es sei einfach nicht gegangen. Er habe dann ihre Hosen ausgezogen und dann habe er einfach (die Privatklägerin lächelt) «ja wie soll ich das sagen. Er hat dann einfach. Ich war am ‘Hüle’. Ich habe Angst gehabt, raus zu gehen. Ich habe nicht gewusst wie, wo, ich habe nichts dabei gehabt, ich konnte nicht anrufen.» Schlussendlich sei sie einfach auf einen Stuhl gesessen, der im Zimmer gewesen sei, neben dem Fenster. Er habe ihr Handy genommen, damit sie niemanden anrufe. Dann habe er es ihr am Schluss wieder gegeben, er habe gesagt, er gebe ihr das Handy zurück, wenn sie nichts mache. Er habe ihr gesagt, er habe Angst, dass sie ihn anzeige, und er habe selber Probleme, mit seinen Eltern. Sie habe nichts gesagt, er habe gefragt, ob sie ihn anzeige nicht, aber sie habe nichts gesagt. Er habe gesagt, es tue ihm so leid, er habe das nicht gewollt, er habe das nicht kontrollieren können. Sie habe dann gar nichts gemacht, sie habe Angst gehabt, dass sie Probleme mit dem [Wohnheim] bekomme. Sie habe einfach die ganze Nacht gewartet, bis er dann am Morgen aufgewacht sei und sie heimgefahren habe. Seit dann habe sie keinen Kontakt mit ihm. Sie habe ihn einfach angezeigt, sie habe erzählt, was passiert sei. Ja, nachher sei sie bei Frau G.___ gewesen, sie sei noch im Spital gewesen, am nächsten Tag. Sie habe da natürlich auch erzählen müssen, was passiert sei. Ja, sie habe keine Verletzungen gehabt (lächelt). Aber innerlich schon. Es sei ihr heiss, sie möge nicht mehr. Es sei so mühsam für sie, immer wieder die Geschichten zu erzählen.
Er habe ihr gesagt, er sei nicht so, wie sie denke. Er habe ihr selber gesagt, dass er Angst habe, dass sie ihn anzeigen werde. Er habe sie noch schlagen wollen, habe es aber nicht gemacht, weil sie gesagt habe, wenn er das mache, sei es schlimmer für ihn, nicht für sie. Sie finde es einfach unfair, weil sie gesagt habe, sie wolle nichts haben. Er habe es gewusst.
Ob sie sich schon beim ersten Treffen körperlich näher gekommen seien? Nein. Ob es vor dem Vorfall in Stuttgart schon zu Berührungen, Küssen, Umarmungen gekommen sei? Nein.
Ob sie vor dem Essen schon im Hotel gewesen seien? Ja. Was sie auf dem Zimmer gemacht hätten? Sie habe gewartet, er habe zuerst duschen wollen. Im Kino habe er nichts gemacht, er habe einfach seine Hände auf ihrem Knie gehabt, sonst nichts.
Wie es dann im Hotelzimmer weitergegangen sei? Im Hotelzimmer sei sie einfach im Bett gesessen. Und dann habe er versucht, sie zu küssen, sie zu berühren. Und das sei immer wie schlimmer geworden, weil sie immer Nein gesagt habe. Er habe sie gefragt: «Warum willst Du nicht?» Sie habe gesagt: «Einfach so», sie habe schon am Anfang gesagt, sie wolle nichts haben. Dann habe er ihre Hände festgehalten, und ihre Hosen ausgezogen. Und dann? «Dann hat er mich, ja, vergewaltigt, ich habe mich befreien wollen, aber ich konnte nicht, er ist breiter als ich, ja.» Wie es ganz genau zu dem sexuellen Kontakt gekommen sei? Sie sei am Liegen gewesen. Er habe versucht, sie zu küssen und sie zu berühren. Sie habe gesagt: «Nein, lass mich bitte in Ruhe». Er sei dann schlimmer geworden. Er sei irgendwie «hässig» gewesen. Sie wisse nicht. Deswegen habe er ihre Hände festgehalten. Dann habe er ihre Hosen ausgezogen. Und dann? «Dann, puh, dann hat er mich vergewaltigt.» Ob sie beschreiben könne, was sie unter vergewaltigt versehe? Sie wisse nicht, wie erklären. Ob sie unter Benennung der Körperteile sagen könne, was genau passiert sei? Er habe einfach versucht, seinen Penis bei ihr reinzustecken. In die Vagina. Das sei ihm gelungen. Wie es dann weiter gegangen sei? Sie sei dann voll geschockt gewesen, sie habe nicht gewusst, was sie jetzt machen solle. Sie habe dann geduscht, das sei ein Fehler von ihr gewesen. Sie habe nicht gewusst, dass sie nicht duschen müsse. Wie weit sie mit dem sexuellen Kontakt einverstanden gewesen sei? (Die Privatklägerin fragt, wie die Befragerin das meine) Wie weit sie noch einverstanden gewesen sei? (Die Privatklägerin schweigt) Ob es etwas gebe, mit dem sie noch einverstanden gewesen sei? Nein. Sie wisse nicht, warum sie niemand gehört habe im Hotel. Wer was hätte hören sollen? Sie sei am Schreien gewesen und am «hüle» und sie wisse nicht, warum sie niemand gehört habe und ihr niemand geholfen habe. Wann, in welchem Moment, sie geschrien habe? Als er sie vergewaltigt habe, als er ihre Hände festgehalten habe. Dann habe sie versucht, sich zu befreien. Sie habe gesagt «lass mich bitte in Ruhe». Er habe es nicht gemacht.
Sie habe vorhin gesagt, er habe zuerst versucht, sie zu küssen und zu berühren, wie er das genau gemacht habe? Er sei näher gekommen, dann habe sie gesagt, «ich wott das nit», er habe sie nach dem Grund gefragt. Sie habe gesagt, «ich wott das einfach nicht», sie habe das schon am Anfang gesagt, sie möchte mit niemandem etwas haben. Ja, sie sei schon mit dem Küssen und den Berührungen nicht einverstanden gewesen. Wie sie das gezeigt habe? Sie sei immer weggegangen. Als er näher gekommen sei, sei sie weg gegangen (die Privatklägerin rutscht auf dem Stuhl zur Seite). Sie habe gesagt «Nein, ich wott das nit». Sie habe ihn geschupft (die Privatklägerin nimmt die Hände vor den Körper). Deswegen sei er wütend geworden. Woran sie das gemerkt habe? Er sei aggressiv gewesen, er sei «mega» aggressiv gewesen. Wie sich das geäussert habe? Er sei einfach «mega» aggressiv und «hässig» geworden, deswegen habe er ihre Hände festgehalten, damit sie nichts habe machen können. Wie der Beschuldigte auf das, was sie gemacht habe, reagiert habe? Sie glaube, ihn habe das gar nicht interessiert, was sie gesagt habe. Ob er denn gemerkt habe, dass sie keinen sexuellen Kontakt wolle? Ja, am Schluss habe er ihr gesagt, es tue ihm leid, er habe das nicht gewollt, er habe das nicht kontrollieren können. Er sei eigentlich nicht so. Das habe er am Schluss gesagt, als es fertig gewesen sei. Dann habe er gesehen, dass sie am «Hüle» gewesen sei. Er habe gesehen, dass sie «voll» geschockt gewesen sei. Er habe Angst gehabt, dass sie ihn gerade anzeigen werde. Warum sie wisse, dass er während des sexuellen Kontaktes gemerkt habe, dass sie es nicht gewollte habe? Er habe gesehen, dass sie geschrien habe. Er habe gesehen, dass sie geweint habe. Wie er dann im Moment des sexuellen Kontaktes darauf reagiert habe? Er habe auf das gar nicht reagiert. Wie das ganz genau mit der Kleidung gegangen sei? Er habe ihr ihre Hose und ihre Unterhose ausgezogen. Bis da (zeigt auf Fussfesseln), bis ganz unten. Und er sei auf ihr gewesen. Was sie denn noch angehabt habe? Sie habe Jeans gehabt, dunkelblau, eine weisse Unterhose und eine Bluse, weiss mit Blumen drauf. Was mit der Bluse gewesen sei? Er habe da gar nicht (…) er habe nur ihre Hosen und ihre Unterhosen ausgezogen. Wie das Ganze mit seiner Kleidung gegangen sei? Er habe auch Jeans angehabt. Sie glaube noch einen Pullover. Aber sie wisse nicht mehr, welche Farbe, sie glaube das sei schwarz gewesen. Wie es mit seiner Kleidung gegangen sei? Er habe nur seinen Reissverschluss aufgemacht. Wie genau der Beschuldigte die Kontrolle über die Privatklägerin habe bewahren können im Moment des sexuellen Kontaktes? Mit einer Hand habe er ihre Hände festgehalten. Ihre Hände seien so gewesen (zeigt vor, indem sie zwei Fäuste macht und vor den Körper hält). Mit der anderen Hand habe er ihre Hosen und Unterhosen ausgezogen und seinen Reissverschluss aufgemacht. Ob sie die Position beschreiben könne, in der sie sich befunden habe? Sie sei am Liegen gewesen. Wie? Normal, also liegend. Mit dem Rücken wohin? Auf dem Bett, also so (lehnt sich nach hinten). Ob sie die Position beschreiben könne, in welcher er sich befunden habe? Er sei auf ihr drauf gewesen. Ob er mit seinem Penis komplett in ihre Vagina eingedrungen sei? Ja, so gut es gegangen sei. Er habe kein Kondom verwendet. Er sei auf ihrem Bauch zum Samenerguss gekommen. Was er danach ganz genau gesagt habe? Sie solle ihn bitte nicht anzeigen, er habe genug Probleme. Es tue ihm leid, er habe das nicht gewollt, sie solle ihm verzeihen, er habe es nicht kontrollieren können. Er sei nicht so. Wie er darauf gekommen sei, dass sie ihn anzeigen werde? Sie habe ihr Handy gehabt und sie habe versucht, sich zu verbinden, aber das sei nicht gegangen. Nachher habe er gedacht, sie wolle die Polizei anrufen so. Deshalb habe er ihr Handy genommen. Weshalb er gedacht habe, sie wolle die Polizei anrufen, ob sie das gesagt habe? Nein, sie habe nichts so gesagt. Sie habe einfach versucht, ihr Handy zu verbinden. Sie habe keine Verbindung mit dem Internet gehabt. Sie habe schon schreiben wollen, aber das sei nicht gegangen. Er habe dann gesehen, dass sie versucht habe zu schreiben, und dann habe er ihr das Handy weggenommen. Sie habe dann geduscht, er nicht. Ob sie dann im Stuhl gesessen sei? Sie habe dann gewartet, bis er aufgewacht sei. Das sei um 04:00 Uhr gewesen. Aufgewacht sei er um 12:00 Uhr. Er habe sie dann gefragt, ob sie etwas essen trinken wolle. Sie habe nichts gesagt. Über den sexuellen Kontakt sei nicht geredet worden. Sie hätten auf der Heimfahrt einfach gar nicht geredet. Eine Verabschiedung habe es auch nicht gegeben. Sie sei einfach ausgestiegen.
Weshalb sie nicht bereits in Stuttgart die Polizei eingeschaltet habe? Sie habe Angst gehabt, dass sie Probleme bekomme im [Wohnheim], dass sie sich Sorgen machten. Sie habe sich gefragt, wie sie dann heimkomme. Sie habe zuerst nach Hause gehen und dann dort erzählen wollen, was passiert sei, und Anzeige machen. Warum sie den sexuellen Kontakt nicht gewollt habe? Sie habe einfach nicht gewollt. Sie habe den Beschuldigten nur als Kollegen gesehen. Wann das Thema gewesen sei, dass sie keinen Beziehung und keinen Sex wolle? Das sei Thema gewesen, als er mit ihr die ersten Male geschrieben habe. Sie habe gesagt, «Du darfst mich schon kennenlernen, aber ich will nichts mehr als Freundschaft, nur dass Du das weisst. Ich will kein Sex und keine Beziehung». Sie habe das auf Instagram geschrieben.
Ob sie vor diesem Vorfall schon sexuelle Erfahrungen gehabt habe? Nein. Ob sie schon einmal Geschlechtsverkehr gehabt habe ob sie zum Zeitpunkt dieses Vorfalles noch Jungfrau gewesen sei? Nein, das sei sie nicht gewesen. Also habe sie vorher schon sexuelle Erfahrungen gehabt? Ja.
Wie sie reagiert habe, als er sie das erste Mal geküsst habe? Er habe sie nicht geküsst, er habe es versucht, aber sie habe das nicht gewollt. Also sei es zu keinem Küssen gekommen? Nein. Sie habe gesagt, dass es immer schlimmer geworden sei. Was sie damit gemeint habe? Sie meine, als sie nein gesagt habe, habe er immer wieder versucht. Sie habe gesagt, sie sei zuerst im Bett oben gewesen, wie sie dann aufs untere Bett gekommen sei? Nein, sie sei am Anfang unten gewesen. Sie sei nicht gerade oben gegangen. Was sie denn unten gemacht habe? Nichts, er habe einfach gewollt, dass sie mit ihm sitze und diskutiere. Somit seien sie auf dem Bett gesessen gelegen, um zu diskutieren? Sie sei zuerst gesessen, nachher sei er näher gekommen. Dann habe er versucht, sie zu küssen und zu berühren. Dann habe sie Nein gesagt. Dann sei es immer wieder schlimmer geworden. Ja und dann sei es eben…Aus welchem Grund sie zu diesem Zeitpunkt nicht umgehend das gemeinsame Hotelzimmer verlassen habe? Sie habe das Zimmer nicht verlassen, weil sie nicht in Stuttgart so etwas machen wolle. Weil sie nicht gewusst habe, wohin sie solle. Sie habe nichts dabei gehabt, kein Geld. Was sie genau geschrien habe? Dass er sie in Ruhe lassen solle. Was noch? Nichts mehr, sie habe einfach gewollt, dass er sie lasse, dass er nicht so etwas mache. Weshalb sie anschliessend den Vorfall nicht der Polizei gemeldet habe? Weil sie gedacht habe, dass sie im [Wohnheim] anrufen und sie sich dann Sorgen machten. Sie habe einfach Angst gehabt, dass er aufwache und sie einfach im Zimmer einschliesse. Auf den Vorhalt, sie habe dem Arzt gesagt, dass sie mit abends mit dem Beschuldigten zu ihm nach Hause gegangen sei: Sie habe nicht[s] gesagt, dass sie zu seinen Eltern gehen würden. (Wie es dann komme, dass in den Untersuchungsakten des […]-Spitals von einem anderen Tatort die Rede sei? Ehm, sie habe gesagt, er habe am Anfang gefragt, ob sie zu ihm nach Hause komme und dann habe er entschieden, dass sie nach Stuttgart gingen. Also habe sie dem Arzt nicht erzählt, es sei bei ihm zu Hause passiert? Nein.
Auf Vorhalt der Aussagen des Beschuldigten: Sie habe es gewusst, dass er lüge, sie habe es gewusst (lacht). Es sei voll logisch, dass er lüge, sie habe von Anfang gesagt, dass sie nichts wolle, er habe es gewusst. Es habe keinen Fernseher im Zimmer gehabt. Sie habe keinen Knopf aufgemacht. Er habe sie nicht geküsst, er habe es versucht, aber nicht geschafft. Sie habe es nicht gewollt. Er habe gesehen, dass sie es nicht gewollt habe und habe es trotzdem gemacht. Er sei auf den Knien gewesen und habe gesagt: «Bitte tue mich nicht anzeigen, ich habe genug Probleme».
Auf Ergänzungsfragen der Verteidigung, sie sei auf dem Bett gesessen, wie sie dann in die liegende Position gekommen sei? Er habe ihre Hände genommen, also ihre Arme und habe sie festgehalten. Dann habe er versucht, ihre Hose aufzumachen. Wie sie in die liegende Position gekommen sei? Sie sei am Sitzen gewesen und er habe versucht, sie zu küssen. Sie habe nein gesagt, sie sei nicht ganz hinten gewesen. Sie sei irgendwie in der Mitte gewesen. In der Mitte des Bettes. Sie sei am Sitzen gewesen, so mit den Beinen offen (zeigt dies vor, indem sie die Beine gegen vorne gerade ausstreckt, leicht gespreizt). Dann, als er «hässig» geworden sei, habe er ihre Hände gehalten. Wie sie vom Sitzen ins Liegen gekommen sei? Er habe ihr weh getan, sie wisse nicht, wie sie es erklären solle, als er ihre Hände gehalten habe, habe er ihr weh getan und sie quasi irgendwie geschupft. Sie habe aufstehen wollen, genau so (macht eine Vorwärtsbewegung mit dem Oberkörper), aber er sei für sie zu schwer gewesen. Er sei doppelt so breit wie sie. Wie schwer, wisse sie nicht. Sie sei ihm ungefähr bis zu den Schultern gekommen. Ob sie sich direkt nach dem Geschlechtsverkehr wieder angezogen habe? Ja. Sie sei dann nachher duschen gegangen, weil sie nicht sein Sperma auf sich habe haben wollen. Sie sei aufgestanden, habe ihre Hosen angezogen, sei ins Badezimmer und habe geduscht. Sie habe acht Stunden auf dem Stuhl gewartet? Sie sei am Anfang auf dem Stuhl gesessen, bis er eingeschlafen sei, dann sei sie rauf aufs Bett, dann habe sie da gewartet.
Sie solle nochmal so genau wie möglich den sexuellen Übergriff schildern: «Ja, ich bin auf dem Bett gesessen. Mit den Beinen auf dem Bett. Dann hat er versucht, mich zu küssen. Ich habe Nein gesagt, und er ist dann immer weiter schlimmer geworden, er hat dann meine Hände festgehalten, damit ich nichts machen kann. Und er ist auf mich drauf gewesen. Und mit der anderen Hand hat er versucht, also er hat meine Hose ausgezogen und seinen Reissverschluss aufgemacht.» Nachher habe er seinen Penis in ihre Vagina reingesteckt. Dann sei sie aufgestanden und habe ihre Hose angezogen. Nachher sei sie ins Badezimmer duschen gegangen. Auf Vorhalt, sie habe den Teil mit dem sexuellen Kontakt ausgelassen: «Ehm, Ja, er hat mich ja am Anfang gefragt, ob ich vor ihm Angst habe, und warum ich nicht neben ihn sitze. Dann habe ich das. Dann hat er eben versucht, mich zu küssen und zu berühren. Ich habe das nicht gewollt. Dann ist er auf mich gekommen, hat meine Hände festgehalten. Und meine Hose ausgezogen. Mit der anderen Hand. Und dann hat er seinen Reissverschluss aufgemacht. Dann hat er einfach seinen Penis in meine Vagina reingesteckt.» Was dann passiert sei? Dann sei sie aufgestanden und habe ihre Hose angezogen. Wie lange der Geschlechtsverkehr gedauert habe? Zwei bis drei Minuten. Ob sie diese zwei bis drei Minuten schildern könne? «Mhm. Ich habe mich versucht zu befreien. Aber ich habe es nicht gekonnt, weil er auf mir drauf war und er zu schwer war für mich. Ich war am Schreien, ich sagte ihm, er solle mich in Ruhe lassen. Aber er hat das nicht gemacht.» Wo sie ihre Hände und Beine zum Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs gehabt habe? Ihre Hände habe sie auf ihrem Kopf gehabt. Ihre Beine einfach auf dem Bett. Sie sei auf dem Rücken gelegen. Wo der Beschuldigte seine Hände und Beine gehabt habe? Er sei zwischen ihren Beinen gewesen. Mit einer Hand habe er ihre Arme gehalten. Wie er das gemacht habe. Also quasi mit einer Hand habe er ihre Hände gehalten, mit der rechten Hand. Mit der linken habe er… Sie habe vorher gesagt, sie hätte ihre Hände auf dem Kopf gehabt, ob sie das genauer beschreiben könne? Also so (zeigt vor, indem sie beide Hände mit den Fäusten aneinander vors Gesicht hält). Und er habe da die Hände gehalten? Ja, ihre Arme zusammen. Ob sie den Penis des Beschuldigten gesehen habe, als dieser seinen Reisverschluss geöffnet habe? Ja. Wie sie sich gewehrt habe? «Puh, ich habe versucht aufzustehen. So meine ich, er war auf mich drauf, ich versuchte aufzustehen (beugt sich nach vorne). Ich konnte nicht aufstehen, er hat mir mit der rechten Hand die Hände zusammengehalten und mit der linken Hand hat er gleichzeitig meine Hose ausgezogen». Wo ihre Hände gewesen seien beim Versuch, wieder aufzustehen? «Er hat meine Hände so zusammengehalten und meine Hände waren auf dem Kopf (zeigt dies wieder vor, indem sie die Hände vor dem Körper zusammenhält).» Wo ihre Füsse dabei gewesen seien? «Ehm, meine Füsse, also er war zwischen meinen Beinen. Meine Füsse waren, also, äh, auf der rechten linken Seite von seinen Beinen.» Wieso der Beschuldigte es nicht geschafft habe, sie zu küssen? Sie habe ihn geschupft und gesagt, sie wolle das nicht. Ob sie das Versuchen nochmals erklären könne? «Ja, er ist einfach näher gekommen, auf mich, so nah es geht. Dann hat er mich umarmen wollen, dann habe ich ihn einfach geschupft, und gesagt, ich will das nicht.»
2.4.1.4 Befragung anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung vom 28. Oktober 2021 (AS 529 ff.)
Sie hätten sich auf Instagram geschrieben. Sie habe ihm gesagt, sie wolle nichts von ihm, kein One-Night-Stand, keine Beziehung. Er habe ja gesagt. Sie habe gedacht ok, gut. In Stuttgart seien sie essen gegangen und ins Kino, dann zurück ins Hotel. Es sei spät gewesen. Dann hätten sie abgemacht, wer wo schlafe, weil das Zimmer zwei Betten gehabt habe. Ein kleines oben und ein grosses unten. Sie habe gesagt, sie möchte oben schlafen und er könne unten. Er habe sie gefragt, ob sie Angst vor ihm habe. Sie habe gesagt nein, eigentlich nicht. Er hat gesagt, sie solle neben ihn sitzen. Sie habe nicht zeigen wollen, dass sie Angst habe so. Sie sei neben ihm gelegen und dann habe er es versucht. Sie habe ihn weggestossen. Sie habe gesagt, sie wolle nicht. Er habe es nicht verstanden, er habe sie ignoriert. Er habe ihre Hände so genommen und gehalten (die Privatklägerin zeigt die Handgelenke vor der Brust). Mit der anderen Hand habe er den Reissverschluss ihrer Hose geöffnet, ihr die Unterhosen ausgezogen und dann sei es passiert. Sie habe sich nicht wehren können. Er sei doppelt so breit wie sie und viel zu schwer. Sie habe geschrien, sie habe geweint und er habe es einfach ignoriert und weitergemacht. Was dann passiert sei? Sie sei geschockt gewesen. Es sei 03:00 Uhr in der Nacht gewesen. Sie sei duschen gegangen. Sie habe nichts geschlafen. Sie sei in einer Ecke gewesen, «voll» geschockt. Sie habe gedacht, dass er sie nun blockiere. Er sei sogar auf die Knie gegangen und habe gesagt «bitte zeige mich nicht an», er habe selber Probleme. Sie habe nichts gesagt. Sie habe einfach Screenshots gemacht, damit sie seine Daten noch habe, wenn er sie überall blockiere. Das sei um 04:00 Uhr morgens gewesen. Sie sei nicht weg, weil sie kein Geld und nichts dabei gehabt habe. Sie habe einfach bis zum nächsten Morgen gewartet. Ob sie diese Szene beschreiben könne, als sie die Screenshots gemacht habe? Er habe sich bei ihr entschuldigt. Er habe gesagt «bitte zeige mich nicht an», er sei nicht so, er habe sich nicht kontrollieren können, er habe Probleme. Das sei nach dem Vorfall gewesen. Vor dem Duschen. Wer unmittelbar nach dem Vorfall zuerst aufgestanden sei? Er sei zuerst aufgestanden, weil er auf ihr gewesen sei. Dann sei sie aufgestanden. Er habe gesehen, dass sie geweint habe. Er habe gesagt «bitte mache es einfach nicht», es tue ihm so leid, er habe dies nicht gewollt. Er habe Angst gehabt, dass sie ihn anzeige. Aus diesem Grund habe er ihr das Handy weggenommen. Sie habe Screenshots machen wollen und er habe ihr das Handy weggenommen, damit sie es nicht mache. Er habe es ihr nicht zurückgeben wollen. Er sei «mega» wütend gewesen. Er habe sie so gehalten (greift mit der Hand ans Kinn). Ob er geklemmt habe? Ja, weil er wütend gewesen sei. Er habe sie aber nicht geschlagen. Er habe sie schlagen wollen, aber habe es nicht getan. Sie habe gesagt, er solle sie lassen und dass sie nichts mit dem Handy machen werde. Das sei vor dem Duschen gewesen. Er habe das Handy so fünf bis zehn Minuten gehabt. Sie sei nach dem Vorfall vom Bett aufgestanden und habe als erstes ihr Handy genommen? Zuerst habe er sich entschuldigt. Dann habe er gesehen, dass sie mit dem Handy etwas machen wolle. Er habe es ihr dann weggenommen. Sie habe es zurückverlangt. Er habe gesagt, er gebe es nicht, sie würde ihn anzeigen. Sie habe gesagt, sie mache nichts, er solle ihr das Handy zurückgeben. Irgendwann habe er es dann zurückgegeben. Ob sie jemanden habe anrufen wollen? Sie habe dies nicht können, weil sie kein WLAN und kein Abo gehabt habe. Sie habe Angst gehabt, weil die im [Wohnheim] nicht gewusst hätten, dass sie in Stuttgart sei. Sie habe nicht weggehen können und «so und so» sagen können. Sie habe Zeit gebraucht, bis sie es habe erzählen können. Den Screenshot vom WhatsApp-Profil habe sie um 04:00 Uhr gemacht, als er eingeschlafen sei. Wann sie geduscht habe? Als er sich entschuldigt habe, sei sie duschen gegangen. Sie habe nicht gewusst, dass sie nicht duschen müsse. Sie habe sich so dreckig gefühlt. Er sei nicht duschen gegangen. Wieso in den Arztberichten stehe, es sei bei ihm passiert? Sie habe gelogen, weil sich nicht habe sagen wollen, was sie gemacht habe. Sie habe das Gefühl gehabt, sie sei schuld, weil sie mitgegangen sei. Sie habe ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie das [Wohnheim] nicht informiert habe. Was nach dem Kinobesuch im Hotelzimmer passiert sei? Es sei anfangs alles gut gewesen. Er habe angefangen. Er sei ihr zu nahe gekommen. Sie habe gesagt, sie wolle nichts. Er habe gefragt, wieso sie nicht wolle. Ob ihre Hose eng weit gewesen sei? Es sei eine skinny Jeans gewesen. Die Hose sei über die Hüfte gegangen. Wo er gewesen sei, als er gefragt habe, ob sie Angst habe? Er sei zu diesem Zeitpunkt neben ihr gelegen. Er habe sie gefragt, wieso sie sich nicht neben ihn setze, ob sie Angst habe. Sie habe nein gesagt. Dann habe er gemeint, sie solle kurz neben ihn liegen und dann könne sie schlafen gehen. Sie habe okay gesagt. Dann habe er sie küssen wollen, sie habe ihn weggestossen und gesagt, sie wolle nichts. Wie sie ihn weggestossen habe? Sie habe den Kopf gedreht. Wo er da gewesen sei? Sie seien ins Bett gelegen. Er sei näher gekommen und habe sie küssen wollen, sie habe ihren Kopf gedreht und gesagt, sie wolle nicht. Er sei links von ihr gewesen. Was er gemacht habe, als sie sich von ihm weggedreht habe? «Er kam auf mich drauf, er hat meine beiden Hände so zusammengenommen und über den Kopf getan (die Privatklägerin zeigt die Handgelenke gekreuzt über dem Kopf). Dann hat er seinen Reissverschluss geöffnet und meine Hosen nach unten getan, etwa bis hierher (die Privatklägerin zeigt auf die Höhe der Knie).» Ob sie sich gewehrt habe? Sie habe geschrien, geweint, aber er habe weitergemacht. Seine Beine seien zwischen ihren Beinen gewesen, nachdem er versucht habe, sie zu küssen. Wie er auf sie zu liegen gekommen sei, nachdem er noch neben ihr sitzend versucht habe, sie zu küssen? Er sei links von ihr gewesen und auf sie drauf gekommen und habe versucht… Er sei auf sie drauf gekommen. Sie habe versucht wegzukommen, irgendwie. Er sei aber zu schwer gewesen, so dass sie sich nicht habe bewegen können. Seine Beine seien zwischen ihren gewesen. So habe er dann seine Hose und ihre Hose weggenommen. Er habe seinen «Penis…ehm…hineingetan», sie habe geschrien, geweint, sie habe alles Mögliche probiert, aber habe es leider nicht geschafft. Er sei dann fertig gewesen und… Ob er einen Samenerguss gehabt habe? Ja, auf ihrem Bauch. Ob er sie verletzt habe, ihr Schmerzen zugefügt habe? Ihre Hände hätten ihr weh getan, weil er sie gehalten habe. Sie habe allgemein Schmerzen gehabt, weil er das gegen ihren Willen getan habe. Sie sei «voll» geschockt gewesen. Dann habe er sie losgelassen und gesagt, er sei eigentlich nicht so. Sie habe ihn «Psycho» genannt. Er habe gesagt, er sei kein «Psycho», er sei eigentlich nicht so. Sie habe gesagt, er habe sicher ein Problem. Dann habe er von ihr verlangt, dass sie ihn nicht anzeigen werde. Er sei da «voll» nett mit ihr gewesen, vermutlich weil er Angst gehabt habe. Ob sie die Szene mit dem Natel beschreiben könne? Er habe gesehen, dass sie das Handy in der Hand habe. Dann habe er gedacht, sie rufe jemanden an und informiere jemanden. Er habe gefragt, was sie mit dem Handy mache, und habe es ihr weggenommen. Sie habe gesagt, sie mache nichts, er solle es zurückgeben. Ob das unmittelbar nach der Szene auf dem Bett gewesen sei? Sie wisse nicht genau, wann dies gewesen sei. Dies sei, nachdem er sich entschuldigt habe, gewesen, einfach ein wenig später. Ob sein Penis steif gewesen sei, als er ihn ausgepackt habe? Das wisse sie doch nicht, sie habe nicht darauf geachtet. Ob sie gesehen habe, wie er ihn ausgepackt habe? Nein. Ob sie es gespürt wahrgenommen habe? «Er hat es einfach ausgepackt und ehm ... Ich habe mich nicht genau geachtet, weil ... ehm ... Wieso soll ich mich darauf achten, wenn ich Panik habe und voll geschockt bin.» Ob sie versucht habe, ihn zu treten? Ja, das habe sie auch versucht. Sie habe versucht, sich zu wehren und wegzukommen, er sei aber auf ihr gewesen und sie habe nichts machen können. Ob er still gelegen sei sich bewegt habe, als er auf ihr gewesen sei und den Penis in ihre Vagina gesteckt habe? Er habe sich bewegt. So zwei bis drei Minuten sei es gegangen. Er habe dann seinen Penis ausgepackt. Dann sei er auf ihrem Bauch gekommen. Dann sei er gegangen. Er sei aufgestanden. Sie habe ihre Kleider noch angehabt. Die Hose sei etwa hier gewesen (zeigt etwas unterhalb des Knies). Ob es [das Ejakulat] ihre Bluse auch getroffen habe? Nein, nur den Bauch. Ob sie sich erinnern könne, was sie in den zwei bis drei Minuten getan habe? Sie habe geweint, geschrien, er solle weg. Wie es ihr heute gehe? Sie habe Angst vor allen Männern, welche sie nicht kenne. Wenn sie unterwegs sei und merke, dass sie jemand anschaue auf sie zukomme, dann bekomme sie Panik. Auch abends sei sie nicht gerne alleine unterwegs. Sie könne niemandem vertrauen, weil sie die ganze Zeit denke «oh mein Gott, was will er eigentlich». Mit 17 Jahren habe sie nicht so weit gedacht. Sie habe nicht gedacht, dass Leute vergewaltigt würden und so. Ob sie in Therapie sei wegen des Vorfalls? Ja. Jetzt nicht mehr. Sie habe aufgehört, weil sie gedacht habe, es bringe nichts und sie rede nicht gerne darüber.
2.4.2 Beschuldigter
Der Beschuldigte bestreitet, gegenüber der Privatklägerin Gewalt angewendet zu haben. Den Kernsachverhalt schildert er wie folgt:
Im Hotelzimmer seien sie sich näher gekommen. Mehr müsse er wohl nicht erzählen. Er verstehe nicht, dass sie mit ihm ins Hotel gekommen sei und danach erzähle, sie sei vergewaltigt worden. Wenn sie nicht gewollt hätte, hätte sie wohl nicht ihren Hosenknopf aufgemacht und ihre Hose ausgezogen. Sie seien im Bett gewesen, hätten «gechillt» und seien sich näher gekommen. Als sie ins Hotelzimmer gekommen seien, habe er seine Jacke ausgezogen, sei auf das Bett gelegen und habe den TV eingeschaltet. Sie habe auch ihre Jacke ausgezogen und sei zu ihm gelegen. Sie habe ihren Hosenknopf geöffnet und dann ihre Hose ausgezogen. Dann seien sie sich näher gekommen. Sie hätten Geschlechtsverkehr zusammen gehabt. Es sei ein Doppelbett gewesen. Sie hätten sich gegenseitig angenähert. Es sei im gegenseitigen Interesse passiert. Hätte sie gesagt, dass sie all dies nicht wolle, hätte er das verstanden. Er sei davon ausgegangen, dass sie die Nähe auch gewollt habe. Sie habe ihm nicht signalisiert, dass sie das nicht wolle. Sie habe auch absolut nichts gesagt. Es stimme nicht, dass er sie gegen ihren Willen geküsst habe. Sie sei ja mit ihm ins Hotelzimmer gekommen. Sie habe von Anfang an gewusst, dass sie zusammen in einem Hotelzimmer übernachten würden. Er nenne dies nicht Vergewaltigung. Er denke schon, dass es zu Geschlechtsverkehr komme, wenn man zusammen in einem Hotelzimmer übernachte. Wenn sie es nicht gewollt hätte, hätte sie ja sagen können, sie wolle ein Einzelzimmer ein Einzelbett, respektive gar nicht mitkommen können. Er habe die Geschädigte auf die Lippen geküsst. Er habe nicht bemerkt, dass sie dies nicht gewollt habe. Sie habe ebenso geküsst. Es stimme nicht, dass er mit seiner rechten Hand die Hände der Privatklägerin festgehalten habe, so dass sie sich nicht habe wehren können. Er wisse nicht, warum sie das sage, ev. weil er den Kontakt abgebrochen habe. Auf Vorhalt, er habe gegen den Willen der Geschädigten deren Unterhose sowie Hose bis zur Mitte ihrer Unterschenkel runtergezogen: Er habe seine Aussage gemacht. Er habe alles erzählt, mehr sage er nicht. Es stimme nicht, dass es gegen den Willen der Privatklägerin zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. Der Geschlechtsverkehr sei im gegenseitigen Interesse gewesen. Er sei gut gewesen. Die Privatklägerin habe sich weder verbal noch körperlich gewehrt. Nach dem Geschlechtsverkehr sei er unter die Dusche gegangen und dann eingeschlafen. Er glaube, die Privatklägerin sei auch duschen gegangen. Er wisse nicht mehr, wie die Verabschiedung erfolgt sei. Es müsse irgendetwas passiert sein, dass der Kontakt abgebrochen sei. Er wisse es aber nicht mehr (Einvernahme vom 28.1.2019, AS 150 ff.).
Sie seien nach dem Kino ins Hotelzimmer zurückgegangen. Dort sei er aufs Bett gelegen. Sie sei zu ihm gekommen. Sie habe ihren Hosenknopf aufgemacht und nachher habe es angefangen. Sie hätten angefangen herumzumachen und dann sei die Sache passiert. Ob er den Ablauf genau schildern könne? Als sie den Hosenknopf geöffnet habe, seien sie näher zueinandergekommen. Er sei dann auf sie drauf und dann sei es passiert. Sie seien ins Hotelzimmer, er habe sich aufs Bett gelegt und habe den TV eingeschaltet. Sie sei neben ihn gekommen. Sie habe von sich aus ihren Hosenknopf geöffnet. Sie seien dann näher zusammengekommen. Er wisse nicht, wie er das Restliche erzählen solle. Das sei dann einfach passiert. Dann sei er duschen gegangen und dann schlafen. Was sie gemacht habe, wisse er nicht. Am Morgen seien sie aufgestanden und zurückgefahren. Ja, er sei angezogen gewesen, er habe eine Hose, Unterhose und ein T-Shirt getragen. Er glaube, die Geschädigte habe ebenfalls Hose und T-Shirt Pulli getragen. Er sei auf der linken Seite, der Fensterseite, gelegen und die Privatklägerin auf der rechten Seite, Richtung Türe. Wie es dann weitergegangen sei? Er habe die Situation soeben erklärt. Wann die Privatklägerin den Hosenknopf geöffnet habe? Beim Liegen. Er könne sich nicht erinnern, wie es weitergegangen sei. Entweder habe sie die Hose ausgezogen er. Ob er sich dann auch ausgezogen habe? Ja, nachher schon. Er wisse nicht genau wann. Er habe Hose und Unterhose ausgezogen. Er könne sich nicht erinnern, ob er sich ganz ausgezogen nur die Hose heruntergezogen habe. Er glaube nicht, dass er sich oben ausgezogen habe. Er glaube auch nicht, dass sich die Privatklägerin oben ausgezogen habe. Er könne sich nicht erinnern, ihre Brüste gesehen zu haben. Er wisse nicht mehr, ob die Hose der Privatklägerin ganz ausgezogen nur heruntergezogen gewesen sei. Er sei auf ihr drauf gewesen. Er wisse nicht mehr, was er mit seinen Händen gemacht habe. Er sei dann vaginal in sie eingedrungen. Auf die Frage, ob er zum Samenerguss gekommen sei, fragte der Beschuldigte zurück, wie dies gemeint sei. Er wisse es nicht mehr. Ob in ihr drin gemeint sei? Auf die Erklärung, es gehe um den Samenerguss an sich und nicht um den Ort, meinte der Beschuldigte, ja, nachdem er fertig gewesen sei, schon. Bevor er gekommen sei, habe er ihn rausgenommen. Er sei auf ihr, nicht in ihr gekommen. Er glaube, das Sperma sei auf ihren Bauch gekommen. Das sei bei ihm immer so. Er spritze nie rein. Kondome habe er nicht gern. Er glaube nicht, dass die Privatklägerin zum Orgasmus gekommen sei. Er könne sich nicht mehr erinnern. Er habe nicht bereits bei der Abreise gewusst, dass er mit der Privatklägerin Geschlechtsverkehr haben werde. Man könne sich aber schon vorstellen, dass etwas passieren werde, wenn man zusammen nach Stuttgart fahre und im gleichen Zimmer übernachte. Sie hätte ja sonst sagen können, dass sie ein separates Zimmer wolle. Was es für ihn bedeutet habe, dass die Privatklägerin mit ihm ein Zimmer geteilt habe? Dass sie das auch gewollt habe, vielleicht, also mit ihm schlafen. Es sei einfach seine Vorstellung gewesen. Nach dem Ganzen (also zusammen essen, Kino und dann im gleichen Zimmer) sei schon klar gewesen, dass etwas passieren könne. Der Film sei ja auch um dieses Thema gegangen. Wie er reagiert hätte, wenn die Privatklägerin gesagt hätte, sie wolle nicht? Keine Ahnung. Er wolle keine Aussagen machen. Er könne sich nicht erinnern, dass die Privatklägerin auf der Hinfahrt gesagt habe, sie wolle mit niemandem etwas haben, und sie wolle keine Beziehung. Auf Vorhalt, wonach er vor dem Essen bereits im Hotelzimmer versucht habe, die Privatklägerin zu küssen: Er erinnere sich nicht. Er könne sich nicht erinnern, ob er im Kino die Hand aufs Knie der Privatklägerin gelegt habe. Er glaube schon, dass er nach dem Film «spitz» gewesen sei. Er wisse nicht, ob er im Hotel immer noch «spitz» gewesen sei. Wie es dann im Hotelzimmer weitergegangen sei? Er wolle keine Aussagen mehr machen (lächelt). Er könne sich nicht erinnern, dass die Privatklägerin gesagt habe, sie schlafe oben und er unten. (Auf Vorhalt der Aussage der Privatklägerin, wonach er gewollt habe, dass sie zu ihm runterkomme. Das habe sie dann gemacht. Er habe sie dann küssen wollen. Sie habe ihn weggestossen) Er mache keine Aussagen mehr. Auf Vorhalt, er sei dann wütend geworden: «Keine Aussage. Ich weiss es nicht. Also ich kann mich nicht erinnern». Nach Einwendung des Verteidigers, er solle klar sagen, wenn er sich nicht erinnern könne ob er keine Aussagen machen wolle. «Also keine Aussage». Auf Vorhalt, er habe die Hände der Geschädigten festgehalten: Er könne sich nicht mehr erinnern. Auf Vorhalt, dass er ihr die Hose ausgezogen habe und sie begonnen habe zu schreien: «Stimmt nicht» (der Beschuldigte lächelt). Auf Vorhalt, er sei gegen den Willen der Privatklägerin mit dem Penis in deren Vagina eingedrungen: (Der Beschuldigte schüttelt den Kopf) «Wir hatten zusammen etwas ja, aber nicht, dass sie keinen Wille[n] hatte. Es ist einfach passiert, ja.» (Auf den Vorhalt, der Geschlechtsverkehr habe zwei Minuten gedauert, worauf er die weinende Geschädigte losgelassen und sich bei ihr entschuldigt habe, er habe Angst gehabt, dass sie ihn anzeigen werde) Dass es zwei Minuten gedauert habe, sei eine Lüge. Es habe schon etwas länger gedauert. Es stimme auch nicht, was dann passiert sein solle. Er könne sich nicht erinnern, dass er ihr das Handy weggenommen habe. Auf Vorhalt, er habe zur Privatklägerin gesagt, er könne nicht schlafen, wenn sie das Handy in der Hand halte: Er gebe keine Aussage. Danach habe er keinen Kontakt mehr zur Privatklägerin gehabt. Er glaube, dass er den Kontakt abgebrochen habe. Vielleicht lüge die Geschädigte deshalb. Er sei 1,73, 1,74 m gross und 85, 86 kg schwer. Die Privatklägerin habe keine Abwehrbewegungen während des Küssens gemacht. Er glaube auch nicht, dass sie während des Geschlechtsverkehrs etwas gesagt habe. Er glaube schon, dass die Privatklägerin jederzeit ihre Hände frei habe bewegen können (Einvernahme vom 23. September 2020, AS 208 ff.).
Nach dem Kino seien sie wieder ins Hotelzimmer gegangen. Er sei aufs Bett gelegen und habe den Fernseher eingeschaltet. Sie sei neben ihn gelegen. Sie habe ihren Hosenknopf geöffnet. Sie seien sich dann näher gekommen und die Sache sei passiert. Danach sei er duschen und dann schlafen gegangen. Nein, er habe nach dem Sex nichts mehr gesagt. Ob sie noch etwas gesagt habe, wisse er nicht. Er wisse nicht, was sie gemacht habe. Auf die Frage, was genau passiert sei, führte er aus, sie habe die Knöpfe geöffnet, sie seien sich näher gekommen. Sie hätten sich ausgezogen und es sei zum Geschlechtsverkehr gekommen. Auf die Frage, ob sie sich komplett ausgezogen hätten, gab er zu Protokoll, es sei so passiert. Er habe nicht ihre Hände gehalten sonst etwas gemacht. Die Sache sei ganz normal passiert. Es stimme, dass er schliesslich auf ihrem Bauch gekommen sei. Der Sex sei ganz normal gewesen. Er könne nicht sagen «Hammer» so. Auf die Frage nach der Stellung führte er aus, sie sei gelegen und er sei auf ihr gewesen. Auf die Frage, wo die Beine der Geschädigten gewesen seien, führte er aus, er könne sich nicht genau erinnern. Sie seien oben bei ihm gewesen bei den Schultern, beide. Sie habe ihre Hose selber ausgezogen. Auf Frage, ob er sie geküsst habe, antwortete er mit ja. Sie habe ihn auch geküsst. Es stimme nicht, dass er ihre Hände fixiert habe. Für ihn komme es so rüber, dass die Geschädigte dies mache, weil er den Kontakt abgebrochen habe. Er habe den Kontakt nach Deutschland abgebrochen. Er habe sie (= ihre Nummer) nach der Rückkehr blockiert. Sie habe ihm danach nicht geschrieben. Er habe nicht gewollt, dass sie ihm schreibe. Es sei etwas Einmaliges gewesen. Es sei nichts Spezielles vorgefallen (Befragung vor Vorinstanz).
Der Vorhalt stimme nicht. Er wisse noch, dass sie die Privatklägerin selber den Hosenknopf aufgemacht habe, sie sich geküsst hätten und es zum Sex gekommen sei. Er mache so etwas nicht, wenn eine Frau nein sage. (Auf Frage) Ja, die Privatklägerin habe dann auch die Hose und Unterhose selbst ausgezogen und er habe sich ebenfalls ausgezogen. (Auf die Frage hinsichtlich der Vorgehensweise bei Geschlechtsverkehr) Die Privatklägerin habe sich hingelegt, sie sei auf dem Rücken gelegen und er sei auf sie gekommen und es habe einen Samenerguss auf ihren Bauch gegeben. Wie lange der eigentliche Geschlechtsverkehr (vom Eindringen des Penis in die Vagina bis zur Ejakulation auf den Bauch der Privatklägerin) gegangen sei, wisse er nicht mehr genau. Auf die Angaben der Privatklägerin, wonach dies zwei bis drei Minuten erwähnt habe: Das könnte sein. (Auf die entsprechenden Fragen) Nein, er könne sich nicht mehr erinnern, ob man während des Geschlechtsverkehrs etwas geredet und sich geküsst habe, wo er seine Hände gehabt habe und ob die Privatklägerin sich bewegt habe nur (da)gelegen sei. Es sei schon lange her und er habe damals mehrere sexuelle Beziehungen gehabt, weshalb der sich nicht mehr erinnern könne. (Auf die Frage, ob ihm das häufig passiert sei, dass die Frau einfach so den Hosenknopf aufmache und sich gewissermassen anbiete) Das habe es gegeben, ja. Auf den Vorhalt der Aussage der Privatklägerin, wonach er schon vor dem Nachtessen im Hotelzimmer versucht haben solle, sie zu küssen, wobei sie dann den Kopf weggedreht und gesagt habe, er solle aufhören, was er dann auch gemacht habe) Daran könne er sich nicht erinnern. Er könne sich auch nicht an die erste von ihm vorgenommene Handlung in Stuttgart nach dem Check-in im Hotelzimmer erinnern. (Gemäss der Aussage der Privatklägerin habe er im Kino deren Hand auf seinen Oberschenkel gelegt) Das könnte sein, er könne sich nicht mehr daran erinnern. Was er zum Screenshot der Privatklägerin, erstellt morgens um 03:55 Uhr, sage? Einen solchen Screenshot könne man auch aus Versehen erstellen, zum Beispiel wenn man das Handy hervornehme abschalte. Ein solcher Screenshot bedeute nun nicht, dass etwas falsch gelaufen sei. Das sei für ihn kein Beweis. Das mit dem Sex habe sich so ergeben. (Auf Frage) Ja, er habe schon die Erwartung (in sexueller Hinsicht) gehabt, er habe ihr ja auch gesagt, dass er ein einziges Hotelzimmer gebucht habe, und sie sei damit einverstanden gewesen. Im Kino seien sie sich näher gekommen. Er habe schon das Gefühl gehabt, es könnte etwas werden. (Auf Frage) Ja, nach der Filmvorstellung sei er eigentlich schon sexuell erregt gewesen, er habe nach dem Film schon Lust auf Sex gehabt. Er habe aber nicht die Einstellung gehabt, dass unbedingt etwas passieren müsse. Es habe nicht darauf hinauslaufen müssen. Es sei nicht so gewesen, dass er unbedingt etwas habe machen müssen. Ja, er habe zwischen dem 17. Februar 2018 und seiner polizeilichen Erstbefragung vom 28. Januar 2019 keinen Kontakt mehr mit der Privatklägerin gehabt und erstmals anlässlich seiner polizeilichen Festnahme von der Anzeige der Privatklägerin erfahren. (Auf die richterliche Bemerkung, wonach es dann eigentlich keinen Grund gegeben habe, die Nummer der Privatklägerin auf seinem Handy zu blockieren) Für ihn sei es eine einmalige Sache gewesen, er habe keine Beziehung mit der Privatklägerin gewollt und er habe sie nicht mehr sehen wollen. (Auf den Vorhalt, wonach er anlässlich der Erstbefragung gesagt habe, er wisse nicht mehr, weshalb der Kontakt zur Privatklägerin abgebrochen sei, irgendetwas müsse passiert sei, wohingegen er vor der Vorinstanz gesagt habe, er habe den Kontakt abgebrochen, er habe ihre Nummer blockiert, und er glaube, die Privatklägerin schuldige ihn deshalb falsch an) Er sei zu müde gewesen, damals (anlässlich der Erstbefragung) sei er am Anschlag gewesen, er sei von der Arbeit (Nachtschicht) gekommen. Er habe bis 6:00 Uhr gearbeitet und er habe die Befragung wohl so schnell wie möglich hinter sich bringen wollen. (Auf die Frage, wie er sich seine unterschiedlichen Aussagen erkläre: So habe anlässlich der Erstbefragung ausgesagt habe, die Privatklägerin habe selber den Hosenknopf geöffnet und sich die Hose ausgezogen, dann habe er es im Rahmen der zweiten Befragung gesagt, er sie habe das getan, worauf er vor erster Instanz wiederum gesagt habe, die Privatklägerin habe sich die Hosen selber ausgezogen). Sein Motorradunfall 2012 könnte dafür eine Erklärung sein: Er habe seither das Problem, dass er Sachen vergesse und ihm es später plötzlich wieder in den Sinn komme. Er wolle klarstellen, dass er hier in der Schweiz aufgewachsen sei, die Gesetze hier kenne und wisse, was passieren könnte. Er habe damals auch vorgehabt, sich für die Einbürgerung anzumelden und sein Einbürgerungsgesuch sei dann wegen dieses Vorfalls abgewiesen worden. Weshalb solle er so etwas machen? Er sei nicht so ein Typ. Es gebe genug Frauen «draussen». Es gebe auch Frauen, die dies gegen Geld machten. Er müsse nicht unbedingt eine Frau vergewaltigen, damit er zu dem komme. (Auf entsprechende Frage) Ja, das sehe er so, es wäre für ihn kein Problem gewesen, wenn die Privatklägerin damals in Stuttgart die Hose nicht abgezogen hätte und sie keinen Sex gewollt hätte (Befragung vor Obergericht).
2.4.3 H.___
H.___ machte anlässlich der Einvernahme vom 10. Juli 2018 als Auskunftsperson folgende Aussagen (AS 135 ff.):
Sie sei mit der Privatklägerin zusammen im [Wohnheim] gewesen. Diese habe mit ihr am meisten Kontakt gehabt. Sie sei einmal zusammen mit dem Beschuldigten und der Privatklägerin in [Stadt] im Ausgang gewesen. Der Beschuldigte habe die Privatklägerin immer umarmt und auf die Wange geküsst. Sie habe den Eindruck gehabt, dass er auf sie stehe und habe dies der Privatklägerin gesagt. Diese habe gesagt, dass sie nicht auf den Beschuldigten stehe, sie seien nur Kollegen. Sie habe gelacht, als der Beschuldigte sie geküsst und umarmt habe. Das sei ihr nicht unangenehm gewesen. Die Privatklägerin habe ihr gesagt, dass sie keine sexuelle Beziehung mit dem Beschuldigten wolle. Es sei bereits bei diesem Treffen in [Stadt] Thema gewesen, dass die beiden nach Stuttgart hätten gehen wollen. Sie habe das drei Tage vorher gewusst. Die Privatklägerin habe mit vielen Buben Kontakt gehabt. Sie habe aber zu diesem Zeitpunkt keinen Freund gehabt, soviel sie wisse. Nach dem Vorfall mit dem Beschuldigten habe sie auch mit einem Jungen Kontakt gehabt. Dieser habe auch etwas von ihr wollen, sie aber nicht von ihm. Ob sich die Privatklägerin auch sexuell mit Jungs eingelassen habe? Ja. Sie wisse von einem. Das sei im April 2018 gewesen. Sie habe es ihr erzählt. Sie hätten zusammen getrunken und herumgemacht. Am Anfang habe sie nein gesagt. In dieser Zeit habe sie auch eine Beziehung gehabt. Sie hätten dann weiter herumgemacht. Sie habe sich wegen ihres Freundes schlecht gefühlt, es aber trotzdem gemacht. Sie meine Sex. Als sie sie gefragt habe, weshalb sie das gemacht habe, obwohl sie einen Freund habe, habe sie gesagt, es sei wegen des Alkohols gewesen. Nachdem sie dann mit ihrem Freund Schluss gemacht habe, sei es mehrmals vorgekommen, dass sie mit diesem Typen Sex gehabt habe. Ob sie auch mit ihrem Freund Sex gehabt habe, wisse sie nicht. Ob sie vor dem Treffen mit dem Beschuldigten mit anderen Männern Sex gehabt habe, wisse sie nicht. Sie habe dem Beschuldigten nicht zu erkennen gegeben, dass sie keine Beziehung wolle. Die Privatklägerin habe ihr vom Ausflug nach Stuttgart erzählt. Sie seien im Hotel gewesen. Er habe sie festgehalten und vergewaltigt. Er habe ihr das Handy weggenommen. Er habe zu ihr auch gesagt: «Ist es nicht viel geiler so?» Sie sei «mega» «hässig» gewesen. Er sei vor ihr auf die Knie gegangen und habe sich entschuldigt. Er habe gesagt, dass es ihm leid tue. Der Beschuldigte habe mit seinen beiden Händen ihr Hände festgehalten. Die Privatklägerin habe sich die ganze Zeit bewegt und er habe sie festgehalten. Ob sie sich ansonsten noch gewehrt habe, habe sie ihr nicht erzählt. Die Vergewaltigung sei auf dem Bett passiert. Wie die Privatklägerin auf das Bett gekommen sei, habe sie ihr nicht erzählt. Sie habe ihr auch sonst keine weiteren Details erzählt. Sie habe sie auch nicht nach weiteren Details gefragt. Wann die Privatklägerin ihr dies erzählt habe? Sie sei nach der Rückkehr in das Zimmer der Privatklägerin gegangen. Sie habe fragen wollen, wie es in Deutschland gewesen sei. Sie habe bemerkt, dass die Privatklägerin am Weinen gewesen sei. Sie habe sie vorher nie weinend gesehen. Nachher habe sie es ihr erzählt. Sie habe der Privatklägerin geglaubt. Sie sei am Weinen gewesen und sie habe sich gedacht «warum sollte sie so etwas erfinden?». Es sei noch nie vorgekommen, dass sie etwas Unwahres erzählt habe. Die Privatklägerin sei nachher zwei bis drei Tage «mega» traurig gewesen. Ob sie erzählt habe, was sie unmittelbar danach gemacht habe? Sie habe erzählt, sie habe eine Dusche genommen. Was er gemacht habe, habe sie nicht erzählt. Ob sie etwas von Screenshots erzählt habe? Nein. Ob die Privatklägerin ihr gesagt habe, dass sie eine Anzeige gemacht habe? Ja. Das habe sie der Privatklägerin gesagt, sie solle das machen. Ob sie das Gefühl habe, dass die Privatklägerin freiwillig mit dem Beschuldigten ins Bett gegangen sei? «Nein, nie».
2.4.4 I.___
I.___ machte am 17. Juni 2019 bei der Polizei als Auskunftsperson befragt folgende Aussagen (AS 187 ff.):
Sie sei die Prozessverantwortliche der Privatklägerin im [Wohnheim]. Sie habe sofort gemerkt, dass etwas passiert sein müsse. Die Privatklägerin sei aufgewühlt und hektisch gewesen. Sie habe sie gefragt, was passiert sei, worauf die Privatklägerin gesagt habe, sie könne ihr nichts sagen. Sie sei an diesem Tag zwei, drei Mal auf sie zugegangen. Die Privatklägerin sei dann später zu ihr gekommen und habe ihr gesagt, dass sie noch nicht darüber sprechen könne, sie werde später zu ihr kommen. Am gleichen Tag abends sei sie aber doch zu ihr gekommen. Das Gespräch sei recht schwierig gewesen. Die Geschädigte habe zuerst nicht richtig darüber sprechen können. Sie habe recht intensiv mit ihr sprechen müssen, um einige Informationen zu erhalten. Im zweiten Teil des Gesprächs sei sie dann recht emotional gewesen und habe das Erlebte in ihren Worten erzählt. Sie habe keine Zweifel daran gehabt, dass sie das erlebt habe. Sie habe auch über den Körper und ihre Empfindungen erzählt, deshalb sei es für sie klar gewesen, dass sie das erlebt habe. Sie habe da stark geweint und mit dem ganzen Körper geschüttelt. Bei früheren Gesprächen habe die Privatklägerin sehr selten geweint. Man habe ihr auch den Schreck im Gesicht ansehen können. Die Privatklägerin habe eher zu Mädchen Kontakt gehabt als zu Jungs. Sie habe schon gesagt, dass sie kein Interesse an einer Beziehung habe, weil sie die Energie für etwas Anderes brauche. Ob die Privatklägerin nach der Tat verändert gewirkt habe? So die Traurigkeit und die Schwere, das sei noch vorhanden. Sie habe wiederholt gesagt, dass sie das stark belaste. Ob die Auskunftsperson wisse, ob die Privatklägerin bereits vor der Tat sexuelle Erfahrungen gehabt habe? So wie sie sich erinnere, habe sie nein gesagt. Die Privatklägerin habe ihr vor dem Vorfall gesagt, dass sie sich mit einem Bekannten «A.___» treffen werde. Sie werde bei diesem zu Hause übernachten, auch seine Eltern seien anwesend. Auf Vorhalt, ob es i.O. gewesen wäre, wenn die Privatklägerin in Deutschland übernachtet hätte? Sie denke nicht, dass sie das in Ordnung gefunden hätte. Sie hätte das nicht alleine entschieden, sondern sicherlich im Team vorbesprochen. Die Privatklägerin habe angegeben, bei einem Bekannten zuhause zu übernachten. Sie glaube nicht, dass sie einer Übernachtung in Deutschland zugestimmt hätte. Die Strafanzeige sei von Frau D.___ vom [Name der Beratungsstelle] erstellt worden. Sie, die Auskunftsperson, habe diese dann mit der Privatklägerin angeschaut und besprochen, ob das korrekt sei. Warum die Privatklägerin nicht gewollt habe, dass die Eltern von der Sache erfahren? Sie habe sich vor deren Reaktion gefürchtet. Zu dieser Zeit habe fast kein Kontakt zu den Eltern bestanden. Es sei eine sehr schwierige Situation mit dem Stiefvater gewesen. Es wäre eine Stigmatisierung gewesen vor dem Hintergrund der bereits angespannten Situation zur Familie. Auf die Frage, was die Privatklägerin von der Nacht mit dem Beschuldigten erzählt habe, führte die Auskunftsperson aus, hinsichtlich des Ortes habe sie etwas Anderes erzählt, sie habe ihr nämlich erzählt, dass sie bei den Eltern des Beschuldigten gewesen sei. Es sei offensichtlich gewesen, dass etwas passiert sei, was die Privatklägerin mitgenommen habe. Es sei für die Privatklägerin sehr schwierig gewesen, darüber zu sprechen. Sie habe erzählt, dass sie essen gegangen und anschliessend im Kino gewesen seien. Sie seien in einem Zimmer mit zwei Betten gewesen und sie habe in einem schlafen können und der Beschuldigte im anderen. Sie (die Privatklägerin) habe dann angefangen zu erklären, dass der Beschuldigte genau gewusst habe, dass sie nichts vom ihm wolle. Sie (I.___) habe dann versucht, mit Fragen herauszufinden, was passiert sei. Sie habe gefragt, ob er sie angefasst habe, ob er mehr gemacht habe. Sie habe gespürt, dass sie etwas belaste. Durch ihr Nachfragen sei dann immer mehr gekommen. Sie habe ihr gesagt, sie müsse mehr von ihr wissen. Auf einmal sei dann alles aufs Mal gekommen. Sie habe dann gesagt, er habe ihre Arme vor dem Körper festgehalten und gedrückt. (Die Auskunftsperson zeigt die Arme gekreuzt vor der Brust) Er sei mit dem Gewicht auf ihr gewesen. Die Privatklägerin habe geschildert, wie ungut das Gefühl für sie gewesen sei. Sie habe beschrieben, wie er mit den Beinen ihre Beine auseinandergedrückt habe. Sie habe ganz fest zum Ausdruck gebracht, dass es für sie schmerzhaft und schlimm gewesen sei und sie in Panik geraten sei. Sie habe dies unter Tränen gesagt. Sie habe versucht, ihn wegzustossen, es sei ihr aber nicht gelungen. Sie habe versucht zu schreien, es habe ihr aber den Atem, die Stimme genommen. Sie habe gefragt, ob er in sie eingedrungen sei. Die Privatklägerin habe nachgefragt, was dies heisse. Es sei dann eine Pause gefolgt, weil sie so heftig geweint habe und sich wieder habe sammeln müssen. Sie habe dann erzählt, dass er sie danach bedroht habe und ihr Handy weggenommen habe. Sie habe ihr dann gezeigt, wie er ihr Gesicht gehalten habe. (Die Auskunftsperson greift mit der Hand ans Kinn) Sie habe ihr Handy dann wieder zurückerhalten. Er habe sich auch noch bei ihr entschuldigt und sie gebeten, es niemandem zu erzählen, damit er keine Probleme bekomme. Die Privatklägerin habe dann gesagt, dass sie dies nicht so stehen lassen könne und er dafür bestraft werden müsse.
Am 16. Juni 2020 wurde I.___ durch die Staatsanwältin als Zeugin befragt und machte dabei zusammengefasst folgende Aussagen (AS 195 ff.): Die Privatklägerin sei über Nacht weggewesen und als sie zurückgekommen sei, sei stark aufgefallen, dass etwas habe passiert sein müssen. Die Privatklägerin sei sehr aufgelöst gewesen. Ansonsten sei sie eher ruhig gewesen. Sie sei zweimal auf die Privatklägerin zugegangen. Sie habe gemeint, sie wolle nichts sagen. Später sei die Privatklägerin dann auf sie zugekommen und habe gesagt, sie wolle reden, sie könne aber gerade nicht. Am gleichen Abend sei sie dann aber doch zu ihr gekommen und habe gesagt, sie wolle reden. Sie habe erzählt, wie es gewesen sei. Am Anfang sei es gut gewesen. Sie habe dann aber relativ schnell erzählt, dass etwas passiert sei, das sie nicht gewollt habe. Die Privatklägerin habe versucht zu erzählen, was passiert sei. Es sei aber sehr schwierig für sie gewesen. Sie habe erzählt, dass sie bei ihm zuhause gewesen seien. Er hätte gewusst, dass sie nichts von ihm wolle. Sie habe dann nachgefragt, ob sie mehr dazu erzählen könne. Sie habe gemerkt, dass sie die Privatklägerin unterstützen müsse, um die Worte zu finden. Sie habe dann beschrieben, es habe zwei Betten gehabt. Sie habe gesagt, dass sie das nicht gewollt habe. Sie habe nachgefragt, was sie nicht gewollt habe. Sie wisse nicht mehr, ob sie gefragt habe, ob er zu ihr zum Bett gekommen sei ob die Privatklägerin dies gesagt habe. Sie habe dann gefragt, ob er sie «ghebt» habe. Die Privatklägerin habe gesagt, nein, mehr. Sie habe gefragt, ob er sie geküsst habe und sie dies nicht gewollt habe. Sie habe wieder gesagt, nein, mehr. Bis dorthin sei es sehr zäh gewesen. Sie habe der Privatklägerin nicht Sachen sagen wollen, aber sie habe gemerkt, dass es wichtig sei, dass sie herausfänden, was gewesen sei, damit die Privatklägerin sagen können, was gewesen sei. Dann sei es wie anders geworden, etwas habe sich bei der Privatklägerin geändert. Es seien die Emotionen gekommen und sie habe viel gesprochen. Sie habe erzählt, dass er sie festgehalten habe. (Die Zeugin hält sich die Arme gekreuzt vor der Brust) Die Privatklägerin habe dies so gezeigt. Er habe sie so gehalten und sie habe solche Angst gehabt. Sie habe sich wehren wollen, aber sie habe keine Chance gehabt, er sei zu schwer gewesen. Sie habe auch ein paar Mal gesagt, sie habe solche Angst gehabt. Diesen Teil habe die Privatklägerin als freien Bericht erzählt, das sei aus ihr heraus gekommen. In diesem Moment habe sie nicht nachgefragt. Das Eis sei gebrochen gewesen. Sie habe versucht, etwas zu sagen, aber es habe ihr vor Angst und vom Gewicht die Stimme verschlagen. Weiter habe sie erzählt, wie er ihr die Beine auseinandergedrückt habe. Da habe sie auch nichts nachgefragt, das habe sie von sich aus erzählt. Sie habe dann nachgefragt, ob er in sie eingedrungen sei, was die Privatklägerin bejaht habe. Sie habe dort sehr fest geweint. Dann habe die Zeugin etwas gewartet. Darauf habe die Privatklägerin nochmals von sich aus angefangen zu erzählen, sie habe aber nicht gesagt, wie es aufgehört habe, sondern sie habe wie den nächsten Schritt erzählt. Sie habe erzählt, dass er ihr nachher gedroht habe. Er habe ihr das Handy weggenommen, weil er Angst gehabt habe, dass sie jemanden anrufen könnte. Die Privatklägerin habe ihr auch gezeigt, wie der Beschuldigte sie am Gesicht gehalten habe (die Zeugin greift sich mit der Hand gegen den Mund). Das Handy habe sie später wieder erhalten. Sie hätten dann wieder etwas Zeit vergehen lassen, weil die Privatklägerin wieder habe weinen müssen. Die Zeugin habe dann versucht, nicht mehr zu viel nachzufragen. Die Privatklägerin habe sich auch Vorwürfe gemacht, weshalb sie mitgegangen sei. Sie habe zudem für einen Bruchteil einer Sekunde den Schreck im Gesicht der Privatklägerin gesehen. Dies sei sehr eindrücklich gewesen, das habe sie noch nie gesehen. Auf die Frage, ob die Privatklägerin betreffend Beine noch etwas gesagt habe, führte die Zeugin aus, sie habe erzählt, dass der Beschuldigte mit seinen Beinen ihre Beine auseinandergedrückt habe. Das habe sie von sich aus gesagt. Ob sie gesagt habe, ob sie in diesem Moment angezogen gewesen sei? Das wisse die Zeugin eben nicht mehr genau. Wahrscheinlich habe die Privatklägerin etwas gesagt, aber sie könne sich nicht mehr erinnern, was es gewesen sei. Sie habe nicht explizit benannt, in welcher Position sie gewesen sei. Sie habe einfach gesagt, dass sie da gelegen sei und sie habe dieses Gewicht beschrieben. Dass ihr das so Angst gemacht habe und dass sie sich nicht habe wehren können. Dass es ihr die Sprache immer wieder wegen des Gewichts und der Angst verschlagen habe. Ob die Privatklägerin erzählt habe, wie es dazu gekommen sei, dass der Beschuldigte auf ihr gewesen sei? Dort habe es eben wie diesen Sprung gegeben. Das Gespräch sei am Anfang eher schwierig gewesen und als sie dann nachgefragt habe, habe es diesen Wechsel gegeben, als sie plötzlich erzählt habe, dass er auf ihr drauf gewesen sei und eben das mit dem Gewicht. Aber wie genau er auf sie drauf gekommen sei, habe die Privatklägerin nicht erzählt. Auf den Vorhalt, die Zeugin habe erwähnt, die Privatklägerin gefragt zu haben, ob der Beschuldigte in sie eingedrungen sei. Wann sie dies nachgefragt habe? Nachdem die Privatklägerin selber beschrieben gehabt habe, wie der Beschuldigte ihre Beine auseinander gedrückt habe, habe sie dann eben wie nachgefragt. Ob es nötig gewesen sei, dass sie nachgefragt habe? Sie hätte wahrscheinlich das Bild gehabt, wäre sich aber nicht sicher gewesen. Sie habe in diesem Moment gefunden, es sei wichtig, es zu benennen. Ob die Erzählung gestockt habe, als sie nachgefragt habe? Ja, es habe ein wenig eine Stockung gegeben. Sie habe nachfragen müssen, um zu wissen, wovon sie spreche. Was dann die Reaktion der Privatklägerin gewesen sei? Sie habe stark emotional reagiert, sie habe es bestätigt und geweint. Ja, sie habe die Frage mit Ja beantwortet und sei nachher stark ins Weinen gekommen. Danach habe sie nichts mehr dazu gesagt und sie habe auch nicht nachgefragt. Dann sei der Teil mit dem Natel gekommen. Auf den Vorhalt, ob die Befragerin die Zeugin richtig verstanden habe, wonach die Privatklägerin auf Frage bestätigt habe, dass der Beschuldigte in sie eingedrungen sei, aber nicht gesagt habe, wie das gegangen sei? Vorher habe sie schon gesagt, sie wolle nicht, es habe ihr weh getan. Als sie aber dann gefragt habe, ob er in sie eingedrungen sei, habe sie nichts weiter dazu gesagt, also nicht wie wie lange. Das habe sich dann auch nicht nachgefragt. Sie habe auch nicht spezifisch gesagt, wo es ihr weh getan habe. Ob die Privatklägerin gesagt habe, wo sich der Vorfall abgespielt habe? Ja, sie habe damals gesagt, es sei im Elternhaus des Beschuldigten gewesen. Ob die Zeugin wisse, dass die Privatklägerin der Polizei gegenüber einen anderen Ort angegeben habe? Ja. Sie habe sie zum [Beratungsstelle] begleitet, also am nächsten Tag seien sie im Spital gewesen und da hätten sie die Untersuchungen gemacht. In der Woche darauf seien sie zum [Beratungsstelle] gegangen zur Opferhilfeberatung. Dort hätten Sie die Anzeige erfasst. Sie hätten das mit der Privatklägerin angeschaut und sie habe dort mitbekommen, was die Privatklägerin gesagt habe. So wie sie es in Erinnerung habe, habe die Privatklägerin dort einen anderen Ort genannt, also bei Frau G.___. Ob die Zeugin eine Idee habe, warum die Privatklägerin ihr gegenüber einen falschen Ort angegeben habe? Sie vermute, dass die Privatklägerin einen falschen Ort angegeben habe, weil sie sich nicht getraut habe zu sagen, wo sie gewesen sei. Für die Privatklägerin sei das eine schwierige Zeit im [Wohnheim] gewesen. Für sie sei es etwas ganz Wichtiges gewesen, dass sie eigenständig und selbständig habe sein können. Sie sei nicht viel weg gewesen. Sie habe aber auch gerne mal was Schönes gemacht. Vielleicht habe sie befürchtet, dass das dann nicht mehr gehen werde. Sie habe sich wahrscheinlich nicht getraut zu sagen, wo sie gewesen sei. Ob die Privatklägerin etwas gesagt habe, ob der Beschuldigte sie ausgezogen habe wie er sie ausgezogen habe? Es könne gut sein, dass sie dazu etwas gesagt habe. Sie könne sich aber nicht mehr daran erinnern und in ihren Notizen habe sie nichts dazu gefunden. Ob es etwas gebe, das die Privatklägerin der Zeugin gegenüber später einmal über den Vorfall erwähnt habe, das wichtig sein könnte? So der Gedanke vom Schuldgefühl, das sei schon etwas gewesen, das sie begleitet habe. Weil sie so die Rückmeldung erhalten habe. Ob die Zeugin glaube, was die Privatklägerin erzähle? Als die Privatklägerin den Vorfall erzählt habe, habe sie keine Zweifel gehabt. Dies wegen der Emotionalität, welche sie gehabt habe. In vielen anderen Gesprächen sei sie sehr ruhig gewesen und habe ruhig erzählen können, was ihr passiert sei. Aber bei diesem Gespräch sei so eine Betroffenheit und eine so starke Emotionalität (vorhanden) gewesen. Ob sich die Privatklägerin nach diesem Vorfall verändert habe? Nach dem Vorfall habe sie mehr Rückzüge und Appetitlosigkeit gehabt. Sie habe in dieser Zeit durch viele schwierige Sachen gehen müssen. Später habe sie sie dann nicht mehr gesehen. Auf Ergänzungsfrage der Verteidigung hinsichtlich der Probleme, weshalb die Privatklägerin im [Wohnheim] gewesen sei: Es sei eine sehr, sehr schwierige Familienthematik. Es sei eine problematische Beziehung zum Stiefvater gewesen und die Mutter habe sie nicht unterstützen können. Die Privatklägerin habe sich nicht als Teil der Familie gefühlt, sie habe sich wie weggeworfen gefühlt. Sie sei, bevor sie im [Wohnheim] gewesen sei, bei einer Kollegin gewesen und dann via [Beratungsstelle] zu ihnen gekommen. Der Prozess sei schwierig gewesen. Die Privatklägerin habe unbedingt eine Volllehre machen und sozusagen ein normales Leben leben wollen. Aber mit der Zeit habe man gemerkt, dass sie Unterstützung brauche. Man habe gemerkt, dass sie Begleitung brauche und sie habe auch akzeptieren müssen, dass es nicht für eine Volllehre genüge. Ob sexueller Missbrauch vor dem geschilderten Vorfall schon je einmal ein Thema gewesen sei? Soweit sie sich erinnern könne, sei dies kein Thema gewesen. Ob die Privatklägerin sich gegenüber der Zeugin über ihr Sexualleben geäussert habe? Die Privatklägerin habe ihr gesagt, sie wolle im Moment keine sexuellen Kontakte. Sie hätten dies auch besprochen, bevor es dieses Treffen mit dem Beschuldigten gegeben habe. Sie habe die Privatklägerin gefragt, ob sie verhüte und ob dies ein Thema sei. Die Privatklägerin habe ihr dann erzählt, dass dies kein Thema sei. Soweit sich die Zeugin erinnern könne, sei die Privatklägerin zu diesem Zeitpunkt sexuell nicht aktiv gewesen. Auf die Frage, ob die Privatklägerin konkrete Abwehrhandlungen beschrieben habe, führte die Zeugin Folgendes aus: Ja, sie habe gesagt… also wie der Schritt gekommen sei, wie er sie dort eben an den Händen gehalten habe, darüber hätten sie nicht gesprochen, das habe sie nicht gesagt sie habe nicht nachgefragt. Aber sie habe gesagt, sie habe zu wenig Kraft gehabt und habe sich nicht wehren können. Ob sie konkrete Abwehrhandlungen beschrieben habe? Nein, sie habe einfach beschrieben, wie sie versucht habe, ihn wegzudrücken, und wie er ihre Hände über Kreuz gehalten habe und wie es ihr den Schnauf genommen habe. Mehr habe sie nicht gesagt, auch nicht was vorher gewesen sei, bzw. wie sie in diese Situation gekommen sei. Auf die Frage, ob sie gesagt habe, ob sie um Hilfe geschrien habe, führte die Zeugin aus, das habe sie sicher probiert. Sie wisse nicht, ob es ihr gelungen sei. Sie habe immer wieder gesagt, es habe ihr die Sprache verschlagen. Wie D.___ in die vorliegende Angelegenheit involviert sei? Die Zeugin sei mit der Privatklägerin zu D.___ gegangen und diese habe dann Frau G.___ für die Privatklägerin kontaktiert. Wer die Strafanzeige geschrieben habe? Soviel die Zeugin wisse, Frau D.___. Sie, die Zeugin habe die Anzeige dann mit der Privatklägerin durchgesehen und sie Frau D.___ wieder zurückgegeben. Ob die Privatklägerin der Zeugin erzählt habe, was nach dem Sexualkontakt mit dem Beschuldigten passiert sei? Nein, sie habe mit der Privatklägerin nicht darüber gesprochen. Ob die heutige Aussage möglich gewesen sei, weil die Zeugin ihre Notizen nochmal durchgesehen habe? Für die heutigen Aussagen seien die Notizen sicherlich wichtig gewesen. Aber sie könne sich auch erinnern und die Emotionen und alles vor sich sehen. Sie sei damals sehr aufmerksam gewesen und präsent. Ob sich die Privatklägerin an diesem Abend (als sie in Deutschland gewesen sei) im [Wohnheim] gemeldet habe? Ja, aber nicht bei ihr, sondern bei jemand anderem. Das sei abgemacht gewesen, dass man noch Telefonkontakt habe. Ihre Arbeitskollegin habe dann mit der Privatklägerin telefoniert und diese habe ihrer Arbeitskollegin gesagt, es sei soweit alles gut und es sei schön. Sie wisse leider nicht, wann dies zeitlich gewesen sei. Es sei keine fixe Zeit für den Kontakt abgemacht gewesen. Es sei abgemacht gewesen, dass sie auswärts übernachte, aber sie hätten nicht gewusst, dass sie im Ausland übernachte. Ob die Privatklägerin im Voraus bekannt gegeben habe, wo sie übernachte? Ja, sie habe gesagt bei ihrem Kollegen zu Hause.
Am 19. Juni 2020 übermittelte die Zeugin der Staatsanwaltschaft ihre Notizen über das Gespräch mit der Privatklägerin, welche sie für die Vorbereitung ihrer ersten Aussage bei der Polizei und der zweiten Aussage bei der Staatsanwaltschaft erstellt hatte (AS 251 ff.).
2.5 Beweiswürdigung
2.5.1 Entstehungsgeschichte der Aussage der Privatklägerin
Die Privatklägerin vertraute sich unmittelbar nach der Tat als erstes ihrer engsten Bezugsperson und Freundin im [Wohnheim], H.___, an. Diese riet ihr dann, es einer Betreuungsperson zu melden. Sie (H.___) habe ihr auch zur Strafanzeige geraten. Am Abend desselben Tages vertraute sich die Privatklägerin dann auch der Betreuerin I.___ an, welche ein ausführliches Gespräch mit der Privatklägerin führte, worüber sie sich auch Notizen erstellte. Während die Aussagen gegenüber H.___ eher oberflächlich waren, erwähnte die Privatklägerin gegenüber I.___ zahlreiche Details, dies indes mitunter erst nach mehr weniger hartnäckigem Nachfragen. Grundsätzlich können solche «Befragungen» insbesondere bei noch jungen Kindern ein mehr weniger erhebliches Suggestionspotenzial entfalten. Indes befand sich die Privatklägerin im Zeitpunkt des Gespräches mit I.___ bereits kurz vor der Mündigkeit. Auch sind keine besonderen psychischen Probleme der Privatklägerin bekannt, welche diese anfällig für Suggestionen gemacht hätten. Einen Tag später äusserte sich die Privatklägerin dann im Rahmen der gynäkologischen Untersuchung gegenüber der untersuchenden Ärztin. Anschliessend stellte I.___ den Kontakt zur [Beratungsstelle] her. Wann der erste Kontakt zwischen der Privatklägerin und D.___ von der [Beratungsstelle] stattfand, ist nicht belegt. Die Strafanzeige datiert vom 3. April 2018. Die erste Befragung der Privatklägerin durch die Polizei erfolgte dann am 7. Juni 2018, mithin fast vier Monate nach der Tat. Diesen zeitlichen Ablauf gilt es bei der nachfolgenden Würdigung der Aussagen der Privatklägerin zu berücksichtigen.
2.5.2 Konstanzanalyse
In den wesentlichen Punkten stimmen die Aussagen der Privatklägerin im Rahmen der insgesamt vier Einvernahmen überein. So schilderte sie jeweils übereinstimmend, dass sich der Beschuldigte ihr im Bett angenähert habe, dann auf sie gelegen sei, dabei mit der rechten Hand ihre beiden Hände festgehalten und mit der linken Hand ihre Hose geöffnet und ihr Hose und Unterhose runtergezogen habe. Ebenso habe er mit der freien linken Hand seine Hose geöffnet, seinen Penis herausgeholt und sei dann vaginal in sie eingedrungen. Vor der Penetration habe sie ihm mehrfach gesagt, dass sie keinen Sex mit ihm wolle. Sie habe auch geschrien und geweint. Sie habe sich wegen seines Körpergewichts nicht wehren können. Das Ganze habe zwei bis drei Minuten gedauert. Der Beschuldigte habe kein Kondom benutzt und ihr am Schluss auf den Bauch ejakuliert. Dann habe er sich bei ihr entschuldigt und ihr das Handy weggenommen. Nach fünf bis zehn Minuten habe er ihr das Handy wiedergegeben und sei dann schlafen gegangen. Sie sei die ganze Nacht wachgeblieben.
Hinsichtlich des Detaillierungsgrades der Aussagen der Privatklägerin fällt jedoch auf, dass diese von polizeilicher Einvernahme zu polizeilicher Einvernahme detaillierter wurden. So schilderte die Privatklägerin den Kernsachverhalt beispielsweise bei ihrer ersten polizeilichen Einvernahme vom 7. Juni 2018 nur knapp: Er habe Sex haben wollen, sie habe nein gesagt. Nachher habe er ihr die Hände festgehalten und ihr die Hosen ausgezogen. Sie habe geschrien und wegrennen wollen, habe aber nichts machen können. Dann habe er sie vergewaltigt. Nach zwei Minuten habe er sie losgelassen und sie gefragt, warum sie so etwas nicht wolle. Als sie mit dem Natel Screenshots habe machen wollen, habe er ihr das Natel weggenommen. Als sie das Natel zurückverlangt habe, habe er sie im Gesicht festgehalten. Eine solche Anreicherung von Details von Einvernahme zu Einvernahme ist eher unüblich und kann ein Indiz für fehlende Glaubhaftigkeit darstellen. Dabei ist aber zu beachten, dass der höhere Detaillierungsgrad im vorliegenden Fall vor allem darauf zurück zu führen ist, dass detaillierter nachgefragt wurde, sich demnach mit der konkreten Fragetechnik erklären lässt. Im Weiteren lässt sich feststellen, dass diverse detaillierte Angaben der Privatklägerin bereits in einem frühen Verfahrensstadium Eingang in die Akten fanden, so dass sich bei genauer Betrachtung nicht von einer überraschenden Wendung im Aussageverhalten der Privatklägerin ausgegangen werden kann. Betrachtet man nämlich die Aussage von I.___, so fällt auf, dass die Schilderungen der Privatklägerin ihrer Betreuungsperson gegenüber tatnah, nämlich am Abend des 17. Januar 2018, bereits sehr detailliert waren und die meisten Details, welche die Privatklägerin dann erst ab der zweiten polizeilichen Einvernahme nach und nach schilderte, bereits enthielt. Was die Aussagen der Zeugin I.___ anbelangt, so ist entgegen der Vorinstanz nicht von einem Belastungseifer auszugehen. Der Zeugin I.___ kann nicht unterstellt werden, sie habe ein Interesse an einer Verurteilung des Beschuldigten gehabt. Vielmehr war sie im Interesse der Privatklägerin daran interessiert, herauszufinden, was wirklich geschehen war, nachdem sie selber nach der Rückkehr der Privatklägerin ins [Wohnheim] sofort bemerkt hatte, dass etwas passiert sein musste. Auch dass sie ihre ursprünglichen Notizen im Hinblick auf ihre Befragung überarbeitet und dann der Staatsanwaltschaft zugstellt hat, kann nicht gegen sie ausgelegt werden. Die Aussagen von I.___ wirken vielmehr sehr authentisch. So hat sie mehrfach ihre Beobachtungen hinsichtlich der Gefühlslage der Privatklägerin während des Gesprächs wiedergegeben und hat auch stets transparent dargelegt, ob die Aussagen der Privatklägerin in freier Rede auf Nachfrage hin erfolgten. Sie hat auch eingestanden, dass sie mitunter recht hartnäckig habe nachfragen müssen. Dafür, die Aussagen von I.___ mit Zurückhaltung zu betrachten, wie sich die Vorinstanz ausdrückt, besteht kein Anlass.
Dennoch sind an dieser Stelle einige Widersprüche bzw. unterschiedliche Angaben in den Aussagen der Privatklägerin aufzuführen: So sagte diese bei ihrer ersten Einvernahme vom 7. Juni 2018 aus, die Idee, nach Stuttgart zu fahren, habe ihr der Beschuldigte spontan am selben Tag unterbreitet, als er sie im [Wohnheim] abgeholt habe. Demgegenüber ergibt sich aus der Aussage von H.___, dass die Reise nach Stuttgart schon drei Tage vorher, beim Treffen in [Stadt], ein Thema war. Weiter sagte die Privatklägerin einmal aus, sie sei im unteren Bett am Liegen gewesen, als sich der Beschuldigte ihr angenähert habe, ein andermal gab sie an, sie sei gesessen. Wie sie dann von der sitzenden Lage zum Liegen gekommen sei, konnte die Privatklägerin anlässlich der Einvernahme vom 28. Januar 2019 erst nach mehrmaligem Nachfragen des Verteidigers erklären: Der Beschuldigte habe sie irgendwie geschupft. Anlässlich dieser Einvernahme erwähnte sie auch zum ersten Mal, der Beschuldigte habe ihr weh getan. Auffällig ist auch, dass sich die Privatklägerin zu Beginn der Einvernahme vom 28. Januar 2019 dahingehend äusserte, sie sei sicher, dass der Beschuldigte lüge, obschon sie dies dann gar noch nicht wissen konnte.
Ebenfalls zu erwähnen ist der Umstand, dass die Privatklägerin gegenüber der Zeugin I.___ und der behandelnden Ärztin angab, der Vorfall habe sich beim Beschuldigten zu Hause ereignet. Auf diesen Umstand angesprochen, sagte sie anlässlich der Einvernahme vom 28. Januar 2019 aus, das sei nur zu Beginn ein Thema gewesen, dass sie zum Beschuldigten nach Hause gehe. Sie habe dem Arzt nicht erzählt, dass es beim Beschuldigten passiert sei. Erst anlässlich der Befragung vor Vorinstanz gab sie dann zu, diesbezüglich gelogen zu haben. Sie habe ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie mit dem Beschuldigten nach Deutschland gegangen sei, ohne das [Wohnheim] zu informieren.
Bei der Einvernahme vom 14. Juni 2018 sagte die Privatklägerin aus, der Beschuldigte habe ihr die Hosen bis Mitte Unterschenkel heruntergezogen. Anlässlich der Einvernahme vom 28. Januar 2019 sagte sie aus, bis ganz unten (zeigt auf Fussfessel). Vor Vorinstanz war es dann bis zur Höhe der Knie. Auch was das Festhalten der Hände anbelangt, gibt es gewisse Unterschiede im Aussageverhalten. Anlässlich der Einvernahme vom 28. Januar 2019 zeigte die Privatklägerin zuerst vor, der Beschuldigte habe ihr die Hände vor der Brust zusammengehalten. Auf spätere Frage sagte sie aus, ihre Hände habe sie während des Geschlechtsverkehrs auf ihrem Kopf gehabt. Auf die Bitte, dies zu erläutern, zeigte sie dies dann jedoch vor, indem sie ihre Hände vors Gesicht resp. vor den Körper hielt. Vor Vorinstanz hielt sie die Hände wieder vor die Brust.
In der Strafanzeige ist geschildert, der Beschuldigte habe mit seinen Händen ihre Genitalien berührt. Anlässlich der Einvernahme vom 14. Juni 2018 verneinte sie die Frage, ob der Beschuldigte sie sonst noch irgendwo berührt habe. Auch in den weiteren Einvernahmen war nie die Rede von einem Berühren der Genitalien. Auch die Angabe in der Strafanzeige, der Beschuldigte habe sie angewiesen, nicht zu schreien, sonst werde er sie schlagen, bestätigte die Privatklägerin in keiner der vier Einvernahmen. Vielmehr sagte sie aus, der Beschuldigte habe beim Streit ums Handy schlagen wollen, es aber nicht getan.
Gegenüber der behandelnden Ärztin gab die Privatklägerin an, sie wisse nicht, ob der Beschuldigte einen Samenerguss gehabt habe. In den späteren Einvernahmen sagte sie dann aber aus, der Beschuldigte habe ihr auf den Bauch ejakuliert.
Anlässlich der Einvernahme vom 14. Juni 2018 verneinte die Privatklägerin, vor nach dem Vorfall mit jemand anderem Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Bei der Befragung vom 28. Januar 2019 gab sie dann an, vor dem Vorfall schon sexuelle Erfahrungen gehabt zu haben und insbesondere nicht mehr Jungfrau zu sein. Ebenso verneinte sie anlässlich der Einvernahme vom 28. Januar 2019 die Frage, ob sie und der Beschuldigte sich schon beim ersten Treffen körperlich näher gekommen seien, ob es zu Berührungen, Küssen, Umarmungen gekommen sei. H.___ sagte jedoch am 10. Juli 2018 aus, der Beschuldigte habe die Privatklägerin beim ersten Treffen in [Stadt] immer umarmt und auf die Wange geküsst. Dies sei ihr nicht unangenehm gewesen. Jedoch sagte die Privatklägerin bereits bei der Einvernahme vom 14. Juni 2018 aus, der Beschuldigte habe sie in [Stadt] anlässlich des ersten Treffens umarmt. Er habe seinen Arm um ihre Schulter gelegt und den Kopf angelehnt.
Schliesslich gab die Privatklägerin am 28. Januar 2019 zu Protokoll, es habe keinen Fernseher im Hotelzimmer gehabt (dies auf den Vorhalt der Aussage des Beschuldigten, er habe den Fernseher eingeschaltet), was nachweislich falsch ist.
Anlässlich der Einvernahme vom 28. Januar 2019 sagte die Privatklägerin auf entsprechende Frage aus, sie habe den Penis des Beschuldigten gesehen, als dieser den Reissverschluss geöffnet habe. Auf die Frage anlässlich der Hauptverhandlung, ob der Penis des Beschuldigte steif gewesen sei, antwortete die Privatklägerin dann, das wisse sie doch nicht, sie habe nicht darauf geachtet. Sie habe nicht gesehen, wie er ihn ausgepackt habe. Anlässlich der Befragung vor Vorinstanz sagte die Privatklägerin auch erstmals aus, dass sie Schmerzen gehabt und versucht habe, den Beschuldigten zu treten, und dass sich der Beschuldigte bewegt habe. Dass sie Schmerzen gehabt habe, sagte die Privatklägerin aber gemäss Aussage von I.___ schon bei der Befragung durch diese am Tatabend. Gemäss Aussage von I.___ habe die Privatklägerin ihr auch gesagt, der Beschuldigte habe ihr die Beine auseinandergedrückt. Dies bestätigte die Privatklägerin in den nachfolgenden Einvernahmen nicht. Lediglich in der Befragung vor Vorinstanz sagte sie aus, die Beine des Beschuldigten seien zwischen ihren Beinen gewesen.
Auf diese Unterschiede wird im Rahmen der abschliessenden Beweiswürdigung (vgl. nachfolgende Ziff. IV./2.5.5) zurückzukommen zu sein.
2.5.3 Glaubhaftigkeitsanalyse
Die Schilderungen der Privatklägerin enthalten zahlreiche Realkennzeichen: So schilderte sie mehrfach detailliert und übereinstimmend die zwischen ihr und dem Beschuldigten geführten Gespräche. Die geschilderten tatspezifischen Gesprächsinhalte sind dabei oft sehr individuell geprägt und wirken authentisch: So habe er sie immer wieder gefragt, ob sie nichts sagen werde, resp. gebeten, keine Anzeige zu machen, er habe genug Probleme. Dabei sei er vor ihr auf die Knie gegangen. Er habe das nicht gewollt. Es tue ihm leid. Er sei sonst nicht so. Als er sie habe schlagen wollen, habe sie zu ihm gesagt, wenn er sie jetzt noch schlage, dann mache er alles nur noch schlimmer, aber für ihn, nicht für sie. Er habe im Zusammenhang mit dem Streit über das Handy gesagt «lass mich wenigstens schlafen», wenn sie das Handy habe, könne er nicht schlafen. Sie habe dann gesagt, er solle ihr das Handy zurückgeben, sie werde nichts machen. Er habe gesagt, er habe eine Krankheit. Sein Kopf blockiere. Er habe das nicht kontrollieren können. Sie habe ihn «Psycho» genannt. Er habe gesagt, er sei kein «Psycho», er sei eigentlich nicht so.
Weiter schilderte die Privatklägerin mehrfach eindrücklich ihre eigenen Gefühle und Gedanken sowie die Gefühlslage des Beschuldigten: Er habe Angst gehabt, dass sie ihn anzeige. Sie sei schockiert gewesen. Sie habe sich nicht mehr bewegen und nichts sagen können. Er habe den Übergriff mit seiner Krankheit rechtfertigen wollen. Er sei aggressiv gewesen. Sie habe nicht gewusst, was sie machen solle. Am Schluss habe sie sich komisch gefühlt. Sie sei einfach sprachlos gewesen. Sie habe nicht gewollt, dass er meine, sie möge ihn nicht. Sie glaube, ihn habe gar nicht interessiert, was sie gesagt habe. Sie habe gedacht, dass er sie (= ihre Handynummer) nun blockiere und deshalb einen Screenshot gemacht.
Weiter fällt auch der generell fehlende Belastungseifer auf. Die Privatklägerin entlastete den Beschuldigten mehrfach: Der Beschuldigte habe gesagt, es tue ihm leid. Er habe sie schlagen wollen, es aber nicht getan. Zuerst habe er sie schon küssen wollen, habe es aber dann nicht gemacht und es sei «ok» gewesen. Sie habe den Kopf weggedreht und gesagt, er solle aufhören, dann habe er aufgehört. Er sei ganz nett mit ihr gewesen, weil er Angst gehabt habe, dass sie ihn anzeige werde. Er habe nicht gesagt, sie solle seinen Penis in den Mund nehmen. Er sei nicht bewaffnet gewesen und habe sie nicht verletzt. Ja, als er versucht habe, sie zu küssen, hätte sie aufstehen und gehen können. Am Anfang sei alles gut gewesen.
Die Privatklägerin hielt auch mit Selbstbelastungen nicht zurück: Im Kino habe sie zugelassen, dass er ihre Hand auf seinen Oberschenkel gelegt habe. Sie sei auf seine Bitte hin zu ihm ins Bett gelegen. Sie wisse, dass sie nicht hätte duschen sollen. Sie habe das Gefühl gehabt, sie sei schuld, weil sie mit ihm mitgegangen sei. Sie habe ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie das [Wohnheim] nicht informiert habe, nach Stuttgart zu gehen.
Schliesslich unterlegte die Privatklägerin ihre Aussagen auch mehrfach mit eindrücklichen Gesten: Beispielsweise bei der Schilderung, wie er ihr die Hände festgehalten habe wie er sie beim Streit ums Handy gehalten habe (Griff mit der Hand ans Kinn). Als sie sagte, sie sei mit dem Rücken auf dem Bett gelegen, lehnte sie sich im Stuhl zurück. Bei der Schilderung, sie habe aufstehen wollen, machte sie eine Vorwärtsbewegung mit dem Oberkörper.
Sehr eindrücklich sind auch die Schilderungen der Zeugin I.___ über die Schilderungen der Privatklägerin: Beispielsweise wie sie sich wegen seines Gewichts nicht habe wehren können. Wegen des Gewichts und der Angst habe es ihr wie die Sprache verschlagen. Es habe ihr den Schnauf genommen. Oder die Aussage der Zeugin I.___, wonach sie in einem kurzen Moment der Schilderungen der Privatklägerin sehr eindrücklich den Schreck in ihrem Gesicht gesehen habe. Es habe sie am ganzen Körper geschüttelt. Es sei klar gewesen, dass sie etwas erlebt habe.
Auf der anderen Seite fällt auch auf, dass die Schilderungen der Privatklägerin gerade zum eigentlich vaginalen Eindringen eher knapp ausfielen. Dies war auch bei den Schilderungen gegenüber der Zeugin I.___ der Fall. So schilderte die Zeugin eindrücklich, es habe wie einen Sprung gegeben, als die Privatklägerin geschildert habe, wie der Beschuldigte auf ihr drauf gewesen sei. Wie er auf sie gekommen sei, habe sie nicht geschildert. Auch als sie gesagt habe, der Beschuldigte habe ihr die Beine auseinandergedrückt, habe sie nachfragen müssen, ob er in sie eingedrungen sei. Sie habe das zwar bejaht, aber nicht geschildert, wie er dies gemacht habe. Dieser Sprung war auch bei der Einvernahme vom 28. Januar 2019 ersichtlich, als die Privatklägerin trotz mehrmaligem Nachfragen des Verteidigers kaum schildern konnte, wie der Beschuldigte auf sie kam.
2.5.4 Beurteilung der Aussagen des Beschuldigten
Beim Aussageverhalten des Beschuldigten fällt auf, dass sich dieser zum Kernsachverhalt sehr zurückhaltend äusserte. So sagte er etwa zu Beginn der ersten Einvernahme aus, im Hotelzimmer seien sie sich näher gekommen, mehr müsse er wohl nicht erzählen. Auf den konkreten Vorhalt, er habe gegen den Willen der Privatklägerin deren Hosen und Unterhosen runtergezogen, lautete seine Antwort, er habe seine Aussage gemacht, mehr sage er nicht. Auf die Frage anlässlich der zweiten Einvernahme, wie er reagiert hätte, wenn die Privatklägerin keinen Sex gewollt hätte, antwortete er, er wolle keine Aussagen machen. Auf den Vorhalt, er habe bereits vor dem Essen im Hotelzimmer versucht, die Privatklägerin zu küssen: Er erinnere sich nicht. Er vermochte sich auch nicht daran zu erinnern, im Kino der Privatklägerin die Hand aufs Knie gelegt zu haben. Auf die Frage, wie es dann im Hotelzimmer weitergegangen sei, meinte der Beschuldigte wiederum, er wolle keine Aussagen mehr machen. Auf den Vorhalt, er habe sie dann küssen wollen, sie habe ihn weggestossen: Er gebe keine Aussagen mehr. Auf den Vorhalt, er sei dann wütend geworden: «Keine Aussage, ich weiss es nicht. Also ich kann mich nicht erinnern». Nach der Einwendung seines Verteidigers, er (Beschuldigter) solle klar sagen, ob er sich nicht erinnere keine Aussagen machen wolle: «Also keine Aussage». Auf den Vorhalt, die Hände der Geschädigten festgehalten zu haben: Er könne sich nicht mehr erinnern. Auf den Vorhalt, dass er ihre Hose ausgezogen habe und sie begonnen habe zu schreien, begnügte er sich mit einem knappen «stimmt nicht», wobei der Beschuldigten lächelte. Auf den Vorhalt, gegen den Willen der Privatklägerin mit seinem Penis in ihre Vagina eingedrungen zu sein, reagierte der Beschuldigte zuerst lediglich mit einem Kopfschütteln, um dann anzufügen: «Wir hatten zusammen etwas ja, aber nicht, dass sie keinen Willen hatte. Es ist einfach passiert.». Er könne sich nicht erinnern, dass er ihr das Handy weggenommen habe.
Nun ist es zwar so, dass der Beschuldigte nicht verpflichtet ist, Aussagen zu machen. Wenn er sich entschliesst, Aussagen zu machen, dann ist es schon sehr auffällig, wenn er dann konkrete Vorhalte lediglich sehr knapp bestreitet, ohne weitere Ausführungen zu machen, sich an konkrete Vorhalte gar nicht mehr erinnern will punktuell antwortet, dazu keine Aussage zu machen. Von einem unschuldigen Beschuldigten, der sich mit einem derart schweren Vorwurf konfrontiert sieht, der seine persönliche Freiheit bedroht und sein Bleiberecht in der Schweiz gefährdet, wäre zu erwarten, dass er die konkrete Vorhalte vehement bestreitet und zu seiner eigenen Entlastung konkret und ausführlich schildert, wie es tatsächlich war. Nun mag es zwar auch für einen Unschuldigen durchaus gute Gründe geben, die Aussage zu verweigern und dies darf ihm grundsätzlich nicht angelastet werden. Dann wäre aber eine konsequente Aussageverweigerung zu erwarten gewesen. Das schwammige Aussageverhalten des Beschuldigten sowie der Umstand, dass er sich windete und auswich, sobald es um den eigentlichen Kern des Vorhaltes ging, indem er sich auf eine Erinnerungslücke bzw. sein Aussageverweigerungsrecht berief, erweist sich als höchst auffällig und spricht nicht für die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen. Auch das ausgesprochen selektive Erinnerungsvermögen des Beschuldigten nährt gewichtige Zweifel hinsichtlich der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen, insbesondere wenn man sich vergegenwärtigt, dass die zum Teil sehr detaillierten Schilderungen des Beschuldigten Vorgänge betrafen, die nicht der jüngeren Vergangenheit zuzurechnen sind, sondern sich auf den Deliktstag und zum Teil auf den Tatort selbst bezogen: So konnte sich der Beschuldigte erinnern, wie er im Hotelzimmer in Stuttgart seine Jacke auszog, sich ins Bett legte und den Fernseher anschaltete (AS 155, 213). Ebenso blieb dem Beschuldigten eine Vielzahl von Details in Bezug auf den gemeinsamen Besuch des Restaurants in der Erinnerung haften (AS 154, 223: Suche nach einem griechischen Restaurant in Stuttgart und dessen Besuch, Unterhaltung der Privatklägerin mit dem Restaurantpersonal auf Griechisch, kein Alkoholkonsum im Restaurant, es sei ein feines Essen gewesen), wohingegen er sich an den Geschlechtsverkehr bzw. den ihm unmittelbar vorausgegangen Handlungen kaum erinnern konnte. Die wenigen hierzu erfolgten Angaben wirkten zudem wenig plausibel. Insbesondere seine mehrmals vorgebrachte Aussage, wonach die Privatklägerin im Hotelzimmer selber ihren Hosenknopf aufgemacht und sich ihm, ohne dass man sich vorher über Sex unterhalten habe, angeboten habe, wirkt nicht lebensnah. Im Weiteren fällt auf, dass der Beschuldigte oft mit Gegenfragen antwortete, was auch seinem Verteidiger nicht entging, forderte doch dieser seinen Mandanten anlässlich der Schlusseinvernahme ausdrücklich auf, keine Gegenfragen mehr zu stellen (vgl. AS 231). Beispielsweise auf die Frage, ob er einen Samenerguss hatte, fragte er zuerst zurück, wie dies gemeint sei, um dann anzufügen, er wisse es nicht mehr. Später sagte er dann aus, er habe der Privatklägerin auf den Bauch ejakuliert, das mache er immer so.
Zu guter Letzt hat sich der Beschuldigte in wesentlichen Punkten aber auch widersprochen: Bei der ersten Einvernahme vom 28. Januar 2019 sagte er, die Privatklägerin habe ihren Hosenknopf geöffnet und dann ihre Hose ausgezogen. Wie die Verabschiedung an diesem Tag erfolgt sei, wisse er nicht mehr. Es müsse irgendetwas passiert sein. Er wisse es nicht mehr. Anlässlich der zweiten Einvernahme vom 23. September 2020 sagte er aus, entweder habe sie ihre Hose ausgezogen er. Er glaube, dass er den Kontakt zur Privatklägerin abgebrochen habe. Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung und der Berufungsverhandlung war er sich dann schliesslich wieder sicher, dass die Privatklägerin ihre Hose selbst ausgezogen hatte und er den Kontakt abgebrochen hatte. Er habe sie (bzw. die Nummer der Privatklägerin) blockiert. Er denke, die Privatklägerin schuldige ihn falsch an, weil er den Kontakt abgebrochen habe.
2.5.5 Abschliessende Beweiswürdigung
Vorab ist festzuhalten, dass kein Motiv ersichtlich ist, weshalb die Privatklägerin den Beschuldigten zu Unrecht belasten sollte. Mit Bezug auf die Motivlage ist auch auf die anlässlich der Berufungsverhandlung von der Verteidigung vorgebrachte «Ghosting»-These (vgl. insbesondere ASB 108 f., AS 115) näher einzugehen. Die Verteidigung macht geltend, der Beschuldigte habe in jener Zeit sich in Bezug Frauen, mit denen er zuvor in einem (auch sexuellen) Kontakt gestanden sei, für ein sog. «Ghosting» (abrupter und konsequenter Kontakt- und Kommunikationsabbruch) entschieden. Auch die Privatklägerin sei vom Beschuldigten «geghostet» worden. Diese habe im Nachhinein (womöglich bereits kurz nach dem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr) ihren Entscheid, sich schnell auf den Beschuldigten eingelassen zu haben, bereut und in der Folge ungute Gefühle zum relevanten Geschehen entwickelt. Sie sei sich aufgrund des «Ghostings» des Beschuldigten benutzt vorgekommen und habe mit der Anzeige und den Aussagen gegen den Beschuldigten die Sache für sich ins rechte Licht rücken wollen. Diese «Ghosting»-These verfängt jedoch gleich aus mehreren Gründen nicht: Zum einen steht fest, dass sich die Privatklägerin kurze Zeit nach dem Ereignis, nämlich noch am Abend des 17. Februar 2018, als sie ins [Wohnheim] zurückkehrte, ihrer Mitbewohnerin H.___ und der Betreuerin I.___ anvertraute und ihnen gegenüber den Beschuldigten konkret belastete. Diese Gespräche fanden somit zu einem Zeitpunkt statt, als sich bei der Privatklägerin noch gar keine Enttäuschung über allfällig unerwiderte Kontaktversuche eingestellt haben konnte. Gegen die «Ghosting»-These spricht vor allem aber auch die tatnächste Aussage des Beschuldigten selbst. Dieser gab am 28. Januar 2019 zu Protokoll, er wisse nicht, wie lange er generell noch mit der Privatklägerin Kontakt gehabt habe (AS 159). Er erwähnte keine Kontaktaufnahme und auch keinen Versuch hierzu durch die Privatklägerin selbst: Daran könne er sich nicht erinnern (AS 160). Und er blieb – einmal mehr – vage: Es müsse irgendetwas passiert sein, so dass der Kontakt abgebrochen sei (AS 159, Antwort auf Frage 89). Im Weiteren bleibt basierend auf diesem «Ghosting»-Szenario unerfindlich, weshalb die Privatklägerin bis zur Anzeige 1 ½ Monate verstreichen liess. Ginge man – im Sinne eines Racheaktes – von einer wahrheitswidrigen Anzeige als Reaktion auf ein vom Beschuldigten ausgeübtes «Ghosting» aus, wäre vielmehr damit zu rechnen gewesen, dass die Privatklägerin gleich unmittelbar darauf eine Anzeige gegen den Beschuldigten erstattet hätte. Auch wäre in diesem Fall zu erwarten gewesen, dass die Vorwürfe der Privatklägerin zu Lasten des Beschuldigten weit drastischer ausgefallen wären und die Privatklägerin auf Entlastungen des Beschuldigten gänzlich verzichtet hätte, was aber – wie unter vorstehender Ziff. IV.2.5.3 dargelegt – gerade nicht der Fall war.
Wie dargelegt, enthalten die Schilderungen der Privatklägerin zahlreiche Realkennzeichen, die in ihrer Ausgeprägtheit imponieren und insgesamt einen glaubhaften Eindruck ihrer Aussagen hinterlassen. Demgegenüber ist das Aussageverhalten des Beschuldigten sehr auffällig und ausweichend und spricht gegen dessen Glaubhaftigkeit. Seine Aussagen sind geradezu prototypisch für einen Beschuldigten, der etwas zu verbergen hat.
Was die festgestellten Widersprüche bzw. Abweichungen in den Aussagen der Privatklägerin anbelangt, gilt es, diese zu relativieren. Dass die Privatklägerin der Zeugin I.___ und der untersuchenden Ärztin wahrheitswidrig angab, der Vorfall habe sich beim Beschuldigten zu Hause ereignet, ist nachvollziehbar vor dem Hintergrund ihres eigenen Fehlverhalten. So sagte doch die Privatklägerin selbst aus, sie habe sich mitschuldig gefühlt, weil sie mit dem Beschuldigten mitgegangen sei. Sie habe ein schlechtes Gewissen gegenüber dem [Wohnheim] gehabt. Den dortigen Betreuerinnen gegenüber machte die Privatklägerin vor der Abreise nachweislich falsche Angaben (vorgesehener Aufenthalt beim Beschuldigten zu Hause) bzw. verschwieg relevante Angaben (Verlassen der Schweiz, Aufenthalt im Ausland). Die Privatklägerin realisierte, dass sie mit ihrem Verhalten das in sie gesetzte Vertrauen des [Wohnheim] enttäuscht hatte, und sie war in den Tagen unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus Deutschland noch nicht in der Lage, zu ihrem Fehler zu stehen und den vorgenannten Personen ihren tatsächlichen Aufenthaltsort offenzulegen. Das Schuldgefühl der Privatklägerin ist somit absolut nachvollziehbar, stellt aber wie dargelegt letztendlich auch ein Realkennzeichen dar.
Dass in der Strafanzeige teilweise Angaben enthalten sind, welche die Privatklägerin in den nachfolgenden Einvernahmen nicht bestätigte, spricht ebenfalls nicht unbedingt gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen. Zwar hat die Zeugin I.___ ausgesagt, sie habe die Strafanzeige mit der Privatklägerin besprochen. Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass D.___, welche die Strafanzeige verfasst hat, die Privatklägerin allenfalls in gewissen Punkten missverstanden hat und die Privatklägerin sich dann entweder nicht getraut hat, dies richtigzustellen, das Missverständnis nicht bemerkt hat. Ob die Reise nach Stuttgart nun spontan am selben Tag vom Beschuldigten vorgeschlagen wurde dieser sich bereits drei Tage vorher mit der Privatklägerin darüber unterhalten hat, ist einerseits nicht wesentlich. Andererseits ist wiederum nachvollziehbar, weshalb die Privatklägerin darüber allenfalls die Unwahrheit erzählte, würde es sie doch in einem besseren Licht dastehen lassen, wenn die Reise nicht von «langer Hand» geplant gewesen wäre.
Auch die unterschiedlichen Angaben, ob die Privatklägerin nun zuerst auf dem Bett gesessen gelegen sei, sind nicht derart wesentlich, als dass gewisse Unsicherheiten in den Aussagen – insbesondere angesichts des Umstandes, dass die Privatklägerin erst Monate nach der Tat polizeilich befragt wurde – nicht erklärbar wären. Dasselbe gilt für den Umstand, dass sie nicht mehr genau erklären konnte, wie der Beschuldigte auf ihr zu liegen gekommen ist. Was die unterschiedlichen Angaben in Bezug auf das Festhalten der Hände anbelangt, ist einerseits darauf hinzuweisen, dass die Privatklägerin dies meist gleich vorgezeigt hat (gekreuzte Hände vor dem Körper). Auf der anderen Seite muss man sich vor Augen führen, dass es sich um einen dynamischen Vorgang handelte, bei welchem sich sowohl der Beschuldigte wie die Privatklägerin bewegt haben dürften. Dabei ist es sehr gut möglich, dass die Position der Hände der Privatklägerin nicht immer gleich war. Es kann in diesem Kontext deshalb nicht von Widersprüchen im engeren Sinne die Rede sein. Dass die Zeugin H.___ von einem Festhalten mit beiden Händen berichtete, kann ohne Weiteres auf ein Missverständnis zwischen der Zeugin und der Privatklägerin zurückzuführen sein. Auch hinsichtlich der Frage, bis wie weit nach unten der Beschuldigte die Hose/Unterhose der Privatklägerin gezogen habe, gilt es das dynamische Geschehen zu berücksichtigen. Man darf schliesslich auch nicht ausser Acht lassen, dass das Ganze für die Privatklägerin ein nicht nur stark schambehaftetes, sondern auch traumatisches Ereignis darstellt. Damit erklären sich auch die unterschiedlichen Aussagen, ob sie nun den Penis des Beschuldigten gesehen habe nicht. Die Befragung vor Vorinstanz erfolgte über drei Jahre nach der Tat. Es ist somit nicht ausserordentlich, dass die Privatklägerin die suggestive Frage des Gerichtspräsidenten, ob sie versucht habe, den Beschuldigten zu treten, mit Ja antwortete. Dass sie Schmerzen gehabt habe, wie sie vor Vorinstanz aussagte, sagte sie schon am Tattag gegenüber der Zeugin I.___, zu welcher sie ein Vertrauensverhältnis hatte. Dass die Privatklägerin vor Vorinstanz auf entsprechende Frage erstmals aussagte, der Beschuldigte habe sich beim Geschlechtsverkehr bewegt, erstaunt ebenfalls nicht, ist doch dies wohl eine Selbstverständlichkeit, zu deren Erwähnung sich die Privatklägerin ohne vorherige explizite Frage nicht veranlasst sah. Dass die Privatklägerin den eigentlichen Akt des Geschlechtsverkehrs nicht sehr detailliert schilderte, mag einerseits wiederum mit Schamgefühlen und Traumatisierung zu tun habe. Es ist aus der Traumaforschung bekannt, dass das Hirn als Schutzmechanismus gewisse Dinge ausblendet. Auf der anderen Seite ist das Eindringen des Mannes mit seinem Penis in die Vagina einer Frau in der klassischen Stellung (wie es sich vorliegend ereignete) aber auch nicht ein derart komplexer und mehrgliedriger Vorgang, welcher zu weitschweifigen Schilderungen Anlass geben würde.
Dass die Privatklägerin zu Beginn der Befragung vom 28. Januar 2019 an dem Tag, als der Beschuldigte zum ersten Mal mit dem Tatvorwurf konfrontiert wurde, sagte, sie sei sich sicher, der Beschuldigte lüge, spricht nicht a priori dafür, dass die Privatklägerin die Unwahrheit sagt. Aufgrund des Verhaltens des Beschuldigten nach der Tat – dem eindringlichen Flehen, von einer Anzeige abzusehen, und der Wegnahme des Handys – sowie des Umstands, dass der Beschuldigte die Privatklägerin danach blockierte, konnte diese durchaus erahnen, dass der Beschuldigte die Tat bestreiten könnte. Davon ging die Privatklägerin ja offensichtlich auch unmittelbar nach der Tat aus, weshalb sie einen Screenshot vom Kontakt des Beschuldigten erstellte.
Dass die Privatklägerin der behandelnden Ärztin gegenüber offenbar angab, nicht zu wissen, ob der Beschuldigte einen Samenerguss gehabt habe, ist letztlich ohne Belang, da es ja unbestritten ist, dass der Beschuldigte auf den Bauch der Privatklägerin ejakulierte. Auch was die unterschiedlichen Angaben zum Umstand, ob die Privatklägerin schon Geschlechtsverkehr hatte nicht, anbelangt, sind diese nicht derart wesentlich, dass die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen insgesamt in Zweifel zu ziehen wäre. Dasselbe gilt hinsichtlich der Aussage der Privatklägerin, es habe im Hotelzimmer kein Fernsehgerät gehabt. Dass sich die Privatklägerin bei dem von ihr geschilderten Geschehen nicht unbedingt an ein Fernsehgerät erinnern konnte, ist nachvollziehbar.
Zu guter Letzt kann der Privatklägerin auch nicht angelastet werden, dass sie den gegenüber der Zeugin I.___ erwähnten Umstand, der Beschuldigte habe mit seinen Beinen ihre Beine auseinandergedrückt, in späteren Einvernahmen nicht explizit erwähnte. Anlässlich der Befragung vor Vorinstanz sagte sie immerhin aus, die Beine des Beschuldigten seien zwischen ihren gewesen. Wiederum ist darauf hinzuweisen, dass es sich um ein dynamisches Geschehen handelte und die Privatklägerin erst Monate nach der Tat polizeilich befragt wurde. Das Auseinanderdrücken der Beine dürfte sich ziemlich zeitnah gar zeitgleich mit der für die Privatklägerin schmerzhaften Penetration ereignet haben, so dass dieses Detail in der Erinnerung der Privatklägerin später in den Hintergrund trat.
Alles in allem mögen die erwähnten Unterschiede in den Aussagen der Privatklägerin auf den ersten Blick zwar gewisse Zweifel nähren. Bei einer vertieften Auseinandersetzung lassen sich die meisten davon erklären. Im Gesamtgefüge aller Beweismittel, insbesondere unter Berücksichtigung der zahlreichen gewichtigen Realkennzeichen, des sehr auffälligen Aussageverhaltens des Beschuldigten, eines vollständig fehlenden Falschbezichtigungsmotivs der Privatklägerin sowie des Umstandes, dass die Aussagen der Privatklägerin indirekt durch zwei weitere Zeuginnen bestätigt werden, bleiben jedoch keine nicht zu unterdrückenden Zweifel daran zurück, dass sich der Sachverhalt, so wie in der Anklageschrift geschildert, verwirklich hat.
Diese Schlussfolgerung drängt sich auch deshalb auf, weil die Privatklägerin in der Tatnacht nachweislich um 03:55 Uhr einen Screenshot von den Kontaktangaben des Beschuldigten auf WhatsApp machte, was sich vor dem Hintergrund eines angeblich einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs nicht schlüssig erklären liesse. Es handelt sich hier um ein gewichtiges objektives Beweismittel. Daran ändern auch die seitens der Verteidigung dagegen vorgebrachten Argumente nichts. Es ist zwar – mit der Verteidigung – einzuräumen, dass der von einem Polizisten anlässlich der Einvernahme vom 7. Juni 2018 ab dem Handy der Privatklägerin abfotografierten Screenshot, der schliesslich zu den Akten genommen wurden (AS 90), beweisrechtlich nicht die gleiche Aussagekraft hat wie eine direkt ab dem Handy erhobene Datei. Daraus im Sinne der Verteidigung auf eine Unverwertbarkeit zu schliessen (vgl. Plädoyer, ASB 115), geht jedoch fehl. Es wurde weder geltend gemacht, noch ist erkennbar, dass dieses Beweismittel unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erlangt worden ist. Ein Antrag, dieses Beweismittel aus den Akten zu weisen, was bei unverwertbaren Beweisen vorgesehen ist (Art. 142 Abs. 5 StPO), wurde denn auch von der Verteidigung nie gestellt. Wenn die Verteidigung im Weiteren vorbringt, ein Screenshot mit den Kontaktangaben des Beschuldigten könne auch nach bereits vorgenommener Kontaktblockade erstellt werden und das Datum und die Uhrzeit könnten abgeändert werden, so ist dem Folgendes entgegen zu halten: Technisch sind solche manipulative Eingriffe zwar möglich, mit Blick auf die massgeblichen Umstände des vorliegenden Einzelfalls erweisen sie sich aber als äusserst unwahrscheinlich. Ginge man mit der Verteidigung (vgl. ASB 115) davon aus, die Privatklägerin habe den Screenshot zwar erst später erstellt, jedoch bewusst mit dem Datum und der Uhrzeit der Tatnacht versehen, um ihre (wahrheitswidrigen) Vorwürfe mit gefälschten Sachbelegen zu untermauern, so hätte dieses Vorgehen eine ausgesprochen hohe planerische Kompetenz sowie ausserordentliche Raffinesse und Durchtriebenheit erfordert. Es sind dies jedoch alles Eigenschaften, die bei der Privatklägerin nicht zu erkennen sind. Vielmehr verdeutlicht die Videoaufzeichnung der Einvernahme vom 28. Januar 2019, dass die intellektuellen und kommunikativen Fähigkeiten der Privatklägerin limitiert sind. Sie hatte zuweilen Schwierigkeiten, die Fragestellungen zu erfassen, was zum einen daran lag, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist, zum anderen aber auch auf ihre intellektuellen Begrenzungen zurückzuführen ist, die sich auch darin manifestierten, dass die Privatklägerin, obwohl sie dies unbedingt wollte, nicht in der Lage war, eine Volllehre zu absolvieren (vgl. die Aufzeichnungen der Betreuerin I.___: AS 252).
Auch der Umstand, dass die Privatklägerin weder der Zeugin H.___ noch der Zeugin I.___ etwas vom Screenshot erwähnte, ist nicht erstaunlich, stand doch am Tattag das Bedürfnis, über den sexuellen Missbrauch zu berichten, im Vordergrund. Schliesslich erklärte die Privatklägerin nachvollziehbar, weshalb sie nicht, als der Beschuldigte eingeschlafen war, mit ihrem Handy die Polizei sonst wen anrief resp. sich nicht an die Rezeption wendete. Die Privatklägerin machte sich Vorwürfe, weil sie heimlich, ohne im [Wohnheim] Bescheid gegeben zu haben, mit dem Beschuldigten nach Deutschland gegangen war, und sie musste das soeben Geschehene erst einmal verarbeiten. Dass sie möglichst schnell nach Hause wollte und nicht länger ohne Geld und ohne geographische Kenntnisse in einer für sie fremden Stadt, in welcher sie niemanden kannte, verweilen wollte, ist nachvollziehbar. Ganz allgemein gilt es schliesslich immer auch, sich bei Fällen von schwerem sexuellen Missbrauch mit stereotypen Erwartungen, wie sich Opfer vernünftigerweise zu verhalten haben, zurückzuhalten.
Es ist daher im Ergebnis von dem in der Anklageschrift festgehaltenen Sachverhalt auszugehen.
V. Rechtliche Würdigung
1. Vergewaltigung
Hinsichtlich der rechtlichen Würdigung kann vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Ziff. II./3., US 24 - 26). Der Schuldspruch wegen Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB ist zu bestätigen.
2. Nötigung
2.1 Gemäss Art. 181 StGB wird wegen Nötigung bestraft, wer jemanden durch Gewalt Androhung ernstlicher Nachteile durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen zu dulden. Schutzobjekt von Art. 181 StGB ist die Freiheit der Willensbildung und Willensbetätigung des Einzelnen (BGE 134 IV 216 E. 4.4.3; BGE 129 IV 6 E. 2.1, BGE 129 IV 262 E. 2.1). Diese ist strafrechtlich unabhängig von der Art der (legalen) Tätigkeit geschützt, welche der Betroffene nach seinem frei gebildeten Willen verrichten will (BGE 134 IV 216 E. 4.4.3). Der Tatbestand ist ein Erfolgsdelikt; die Anwendung des Nötigungsmittels muss den Betroffenen in seiner Handlungsfreiheit beeinträchtigen (Urteil 6B_819/2010 vom 3. Mai 2011 E. 5.1). Um dem gesetzlichen und verfassungsmässigen Bestimmtheitsgebot («nullum crimen sine lege») gerecht zu werden, ist die Tatbestandsvariante der «anderen Beschränkung der Handlungsfreiheit» in Art. 181 StGB restriktiv auszulegen. Nicht jeder noch so geringfügige Druck auf die Entscheidungsfreiheit eines andern führt zu einer Bestrafung nach Art. 181 StGB. Das Zwangsmittel der «anderen Beschränkung der Handlungsfreiheit» muss, um tatbestandsmässig zu sein, das üblicherweise geduldete Mass an Beeinflussung in ähnlicher Weise eindeutig überschreiten, wie es für die im Gesetz ausdrücklich genannten Zwangsmittel der Gewalt und der Androhung ernstlicher Nachteile gilt. Es muss ihnen mithin eine den gesetzlich genannten Mitteln vergleichbare Zwangswirkung zukommen (vgl. BGE 137 IV 326 E. 3.3.1; BGE 134 IV 216 E. 4.1 mit Hinweisen). Es führt somit nicht jeder noch so geringfügige Druck auf die Entscheidungsfreiheit eines andern zu einer Bestrafung nach Art. 181 StGB (zum Ganzen: BGE 129 IV 262 E. 2.1; BGE 119 IV 301 E. 2a; je mit Hinweisen; Urteil 6B_819/2010 vom 3. Mai 2011 E. 5.3, insbesondere E. 5.4 mit verschiedenen Beispielen aus der Rechtsprechung). Eine Nötigung ist unrechtmässig, wenn das Mittel der Zweck unerlaubt ist wenn das Mittel zum angestrebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis steht wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich sittenwidrig ist (BGE 137 IV 326 E. 3.3.1; BGE 134 IV 216 E. 4.1; BGE 129 IV 6 E. 3.4, BGE 129 IV 262 E. 2.1; BGE 119 IV 301 E. 2b; je mit Hinweisen).
2.2 Vorliegend hat der Beschuldigte der Privatklägerin mit Gewalt das Handy weggenommen und es ihr während einer Zeitspanne von fünf bis zehn Minuten nicht mehr zurückgegeben. Als Nötigungszweck hält die Anklageschrift vor, es sei dem Beschuldigten darum gegangen, «zu verhindern, dass die Privatklägerin die Polizei alarmiert jemandem von der Vergewaltigung erzählt». Aus den Aussagen der Privatklägerin ergibt sich jedoch, dass der Beschuldigte ihr das Handy weggenommen hat, als sie einen Screenshot machen wollte. Zum Tätigen von Anrufen Versenden von Nachrichten habe sie das Handy nicht benutzen können, da sie im Ausland keine Verbindung habe aufbauen können (was hinsichtlich Notrufe nicht zutrifft, aber im Tatzeitpunkt der irrigen Annahme der Privatklägerin entsprach). Unabhängig davon habe sie – so die weiteren Aussagen der Privatklägerin – aber auch nicht beabsichtigt, die Polizei sonst wen zu benachrichtigen. Dies tat sie denn auch nicht, unmittelbar nachdem der Beschuldigte ihr das Handy wieder zurückgegeben hatte. Mithin ist der objektive Tatbestand hinsichtlich des angeklagten Sachverhaltes nicht erfüllt, da die Wegnahme des Handys nicht die Verhinderung der Benachrichtigung von Polizei Drittpersonen bewirkt hat. Der Vorsatz des Beschuldigten richtete sich jedoch darauf. Weder konnte er wissen, dass die Privatklägerin keine Verbindung hatte, noch war ihm bewusst, dass die Privatklägerin nicht die Absicht hatte, die Polizei Dritte zu alarmieren. Es liegt somit ein Versuch vor. Der Beschuldigte ist daher wegen versuchter Nötigung im Sinne von Art. 181 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen.
VI. Strafzumessung
1. Allgemeines
Die Vorinstanz hat die allgemeinen Regeln der Strafzumessung zutreffend zusammengefasst, darauf kann grundsätzlich verwiesen werden. Näherer Erörterung bedarf noch die Wahl der Sanktionsart.
1.1 Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im zu beurteilenden Einzelfall eine Geld- Freiheitsstrafe auszusprechen ist, gemäss Art. 47 StGB nach dem Ausmass des (Einzeltat-)Verschuldens (BGE 144 IV 217 E. 3.3.1), wobei die Geldstrafe gegenüber der Freiheitsstrafe als mildere Sanktion gilt (BGE 144 IV 27 E. 3.3.3; 137 IV 249 E. 3.1; 135 IV 188 E. 3.4.3; 134 IV 82 E. 7.2.2 und 97 E. 4.2.2). Das Gericht trägt bei der Wahl der Strafart neben dem Verschulden des Täters, der Zweckmässigkeit der Strafe, ihren Auswirkungen auf die Täterschaft und auf ihr soziales Umfeld sowie ihrer Wirksamkeit unter dem Gesichtswinkel der Prävention Rechnung (BGE 147 IV 241 E. 3.2, 313 E. 1.2; 134 IV 82 E. 4.1; 97 E. 4.2; Urteile 6B_141/2021 vom 23. Juni 2021 E. 1.3.2; 6B_112/2020 vom 7. Oktober 2020 E. 3.2). Dabei berücksichtigt es, dass bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall jene gewählt werden soll, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft (BGE 138 IV 120 E. 5.2; 134 IV 82 E. 4.1; 97 E. 4.2.2). Dies gilt auch im Rahmen der Gesamtstrafenbildung.
Die Bildung einer Gesamtstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB ist nur bei gleichartigen Strafen möglich. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB. Ungleichartige Strafen sind kumulativ zu verhängen. Das Gericht kann auf eine Gesamtfreiheitsstrafe nur erkennen, wenn es im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss eine Freiheitsstrafe ausfällen würde (sog. konkrete Methode). Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen vorsehen, genügt nicht. Der Täter darf im Rahmen von Art. 49 Abs. 1 StGB nicht strenger bestraft werden, als wenn die Straftaten einzeln abgeurteilt worden wären (BGE 144 IV 313 E. 1.1.1, 217 E. 2.2; 142 IV 265 E. 2.3.2; 138 IV 120 E. 5.2; 137 IV 57 E. 4.3.1). Dabei hat das Gericht, wenn es an Stelle einer Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennt, diese Wahl näher zu begründen.
1.2 Die frühere Rechtsprechung liess Ausnahmen von der erwähnten konkreten Methode zu, dies beispielsweise bei zeitlich und sachlich eng miteinander verknüpften Straftaten, die sich nicht sinnvoll auftrennen und für sich allein beurteilen liessen (Urteile 6B_210/2017 vom 25. September 2017 E. 2.2.1; 6B_1011/2014 vom 16. März 2015 E. 4.4). Eine weitere Ausnahme galt, wenn nicht eine deutlich schwerere Tat zusammen mit einer wenigen weiteren, leichter wiegenden Nebentaten zu sanktionieren war und bei einer Gesamtbetrachtung nur eine 360 Einheiten übersteigende Sanktion als verschuldensangemessen erschien (Urteile 6B_499/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 1.8; 6B_157/2014 vom 26. Januar 2015 E. 3.1; 6B_65/2009 vom 13. Juli 2009 E. 1.4.2).
Gemäss BGE 144 IV 313 sind solche Ausnahmen nicht mehr zulässig (BGE 144 IV 313 E. 1.1.2 in fine mit Hinweis auf BGE 144 IV 217 E. 3.5.4; vgl. auch Urteile 6B_141/2021 vom 23. Juni 2021 E. 1.3.2; 6B_496/2020 vom 11. Januar 2021 E. 3.4.2; 6B_619/2019 vom 11. März 2020 E. 3.4). Weiterhin gilt jedoch, dass das Gericht anstelle einer Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen kann, wenn eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann (Art. 41 Abs. 1 lit. b StGB; aArt. 41 Abs. 1 StGB). Eine kurze Freiheitsstrafe anstelle einer Geldstrafe von höchstens 180 Tagessätzen ist gemäss Art. 41 Abs. 1 lit. a StGB (in Kraft seit 1. Januar 2018) zudem zulässig, wenn eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten. Vor dem 1. Januar 2018 sah das Gesetz auch für Strafen von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr alternativ Freiheitsstrafe Geldstrafe vor (vgl. aArt. 34 Abs. 1 StGB).
Zudem darf nach der neusten Rechtsprechung eine Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen werden, wenn viele Einzeltaten zeitlich sowie sachlich eng miteinander verknüpft sind und eine blosse Geldstrafe bei keinem der in einem engen Zusammenhang stehenden Delikte geeignet ist, in genügendem Masse präventiv auf den Täter einzuwirken (Urteile 6B_141/2021 vom 23. Juni 2021 E. 1.3.2; 6B_496/2020 vom 11. Januar 2021 E. 3.4.2; 6B_112/2020 vom 7. Oktober 2020 E. 3.2; 6B_1186/2019 vom 9. April 2020 E. 2.2 und 2.4).
1.3 Im Urteil 6B_93/2022 vom 24. November 2022 hat sich das Bundesgericht ausführlich mit dem Einfluss des Einzeltatverschuldens auf die Wahl der Strafart befasst und in E. 1.3.5 Folgendes ausgeführt:
«Das Bundesgericht führte in BGE 144 IV 313 E. 1.1.1 das Verschulden des Täters bei den Kriterien für die Wahl der Strafart nicht auf und hielt fest, das Verschulden sei nicht bestimmend (‘pas déterminante’; Urteil 6B_395/2021 vom 11. März 2022 E. 7.1). In BGE 144 IV 217 E. 3.3.1 hatte es festgehalten, ob im zu beurteilenden Einzelfall eine Geld- Freiheitsstrafe auszusprechen sei, ergebe sich nicht aus den abstrakten Strafandrohungen der jeweiligen Tatbestände, sondern beurteile sich gemäss Art. 47 StGB nach dem Ausmass des (Einzeltat-) Verschuldens. Auf diese Rechtsprechung stützt sich das Bundesgericht im vorangehend zitierten Urteil 6B_658/2021 vom 27. Januar 2022 E. 2.3.1. Im Urteil 6B_696/2021 vom 1. November 2021 E. 5.2 wird erwogen: Stünden verschiedenartige Sanktionen zur Verfügung, wähle das Gericht zuerst die Art der Strafe, wobei es dem Verschulden des Täters, der Angemessenheit der Strafe, ihren Auswirkungen auf den Täter und auf seine soziale Situation sowie ihrer Wirksamkeit unter dem Gesichtswinkel der Prävention Rechnung trage. Dieses Urteil stützt sich auf BGE 147 IV 241 E. 3.2, wo auf BGE 144 IV 217 E. 3.3.1 (‘il convient donc notamment de tenir compte de la culpabilité de l'auteur’) verwiesen und präzisiert wird, dass nach BGE 144 IV 313 E. 1.1.1 das Verschulden des Täters für die Wahl der Strafart nicht bestimmend (‘déterminante’) sei; das sei in der Weise zu verstehen, dass in Fällen, wo verschiedene Strafarten in Betracht kämen, das Verschulden nicht das entscheidende Kriterium bilden könne (‘ne peut constituer le critère décisif’), sondern neben den weiteren Kriterien für die Wahl der Strafart zu berücksichtigen sei. Nach der Konzeption des StGB habe das Verschulden einen Einfluss auf die Wahl der Strafart, weil die schwersten Straftaten mit Freiheitsstrafe und nicht mit Geldstrafe zu sanktionieren seien (BGE 147 IV 241 E. 3.2). Auch nach der neusten Rechtsprechung darf eine Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen werden, wenn viele Einzeltaten zeitlich sowie sachlich eng miteinander verknüpft sind und eine blosse Geldstrafe bei keinem der in einem engen Zusammenhang stehenden Delikte geeignet ist, in genügendem Masse präventiv auf den Täter einzuwirken (Urteil 6B_141/2021 vom 23. Juni 2021 E. 1.3.2 mit Hinweisen); das Urteil berücksichtigt damit bei der Wahl der Strafart die mehrfache und kontinuierliche gleichartige Delinquenz. Hinzuweisen ist weiter auf das Urteil 6B_432/2020 vom 30. September 2021 E. 1.4 betreffend sexuelle Handlungen mit Kindern: Nach diesem Urteil können Tat- Deliktgruppen gebildet werden, da es etwa nicht möglich ist, ‘jeden Kuss einzeln zu asperieren’. Dies widerspricht BGE 144 IV 313 nicht per se, sondern steht im Zusammenhang mit der Wahl der geeigneten Strafart und der erforderlichen spezialpräventiven Wirkung auf den Täter nach Art. 41 StGB (in der am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Fassung). Die Geldstrafe stellt im Bereich der leichten und mittleren Kriminalität (‘la petite et moyenne criminalité’) die Hauptsanktion dar (BGE 144 IV 313 E. 1.1.1). Freiheitsstrafen sollen in diesem Bereich nur verhängt werden, wenn dem Staat keine anderen Mittel offenstehen, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten; eine Freiheitsstrafe kann dann etwa notwendig erscheinen, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen und Vergehen abzuhalten (Urteil 6B_918/2020 vom 19. Januar 2021 E. 6.4.2).»
Berücksichtigt man auch die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Einfluss des Verschuldens auf die Wahl der Sanktionsart, so erscheint diese insgesamt noch etwas widersprüchlich und nicht gefestigt (vgl. Ege/Seelmann, «die [un]gefestigte Rechtsprechung zur Wahl der Strafart, Kritische Gedanken zu BGE 147 IV 241» in: AJP 4/2022, 342 ff.).
In BGE 147 IV 241 hielt das Bundesgericht zudem fest, der Richter habe bei der Aussprechung einer Strafe zuerst die Art der Strafe zu bestimmen und erst danach das Strafmass festzusetzen. In E. 3.2 führte es hiezu aus (vgl. Pra 111 [2022] Nr. 17):
« Die Berücksichtigung des Verschuldens bei der Wahl der Strafart kann eine einfache Bestimmung des Strafmasses nicht rechtfertigen, das der Richter dann nur in Tagessätze in Tage mit Freiheitsentzug gemäss der Limite der fraglichen Strafe umwandeln müsste (vgl. BGE 144 IV 217 E. 3.5.3 S. 235). Im Gegenteil, der Richter muss die Art der Strafe festlegen, die die strafbare Handlung sanktioniert, indem er die vorher erwähnten unterschiedlichen Kriterien berücksichtigt – unter anderem das des Verschuldens – sowie auch daraus das Strafmass ableiten. Dem Beschwerdeführer kann daher nicht gefolgt werden, wenn er anführt, dass der Richter zuerst ein ‘Mass an Strafeinheiten’ festlegen und dann erst die Strafart auswählen müsse; dies würde dazu führen, dass die vorher erwähnten Kriterien bei der Wahl der Strafart unbeachtet blieben. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass es insbesondere für den Richter ausgeschlossen ist, beim Zusammentreffen von mehreren strafbaren Handlungen für jede Handlung eine Anzahl an ‘Strafeinheiten’ festzulegen und dann die Straferhöhung vorzunehmen, bevor die Art jeder Sanktion bestimmt wird (vgl. BGE 142 IV 265 E. 2.4.3 S. 270 f.). In der Tat setzt die Anwendung von Art. 49 StPO voraus, dass die Strafen von gleicher Art sind, was dazu führt, dass der Richter für jede begangene Straftat überprüft, welche Strafart er ausspricht (vgl. BGE 144 IV 313 E. 1.1.1 S. 316 = Pra 2019 Nr. 58; BGE 144 IV 217 E. 2.2 S. 219; 142 IV 265 E. 2.3.2 S. 267 f.; Anwendung der ‘konkreten Methode’).»
1.4 Die Strafzumessung ist zweistufig, sie besteht in der Wahl der Strafart und in der Festsetzung des Masses der entsprechenden Strafe. Dabei fragt sich, in welcher Reihenfolge der Richter vorzugehen hat. Gemäss neuester bundesgerichtlicher Rechtsprechung soll der Richter zuerst die Strafart bestimmen und danach das Strafmass festsetzen. Dies erscheint aber nicht in allen Fällen praktikabel. Gemäss Bundesgericht sind die massgebenden Faktoren für die Wahl der Strafart das Verschulden des Täters, die Angemessenheit der Strafe, ihre Auswirkungen auf den Täter und auf seine soziale Situation sowie ihre Wirksamkeit unter dem Blickwinkel der Prävention. Das Verschulden wird jedoch erst bei der eigentlichen Strafzumessung, also bei der Festsetzung des Ausmasses an Strafe bemessen. Wenn der Richter zuerst die Strafart festsetzen will und dabei das Verschulden zu berücksichtigen hat, kommt er nicht umhin sämtliche Kriterien zur Bemessung des Einzeltatverschuldens (Ausmass des verschuldeten Erfolges, Verwerflichkeit, Willensrichtung, Beweggründe, Ausmass der Willensfreiheit) bereits miteinzubeziehen. Damit rückt aber die eigentliche Strafzumessung (Bestimmung des Masses an Strafe) unweigerlich wieder an den Anfang des Strafzumessungsvorgangs und vermischt sich mit der Wahl der Strafart.
In der Praxis behilft sich der Richter bei der Strafzumessung zur Lösung dieser Problematik tatsächlich damit, dass er in einem ersten Schritt unter Einbezug aller Kriterien zur Bestimmung des Einzeltatverschuldens ein Mass an Strafeinheiten bestimmt. Überschreitet dieses Mass den Bereich von 180 Strafeinheiten (oder unter Anwendung des vor dem 1. Januar 2018 geltenden Rechts 360 Strafeinheiten), so ist auch klar, dass nur eine Freiheitsstrafe in Frage kommt und die Wahl der Strafart wird obsolet. Indes kann die Strafart durchaus bereits zu Beginn des Strafzumessungsprozesses bestimmt werden, wenn – vorerst unter Ausklammerung des Verschuldens – aufgrund der weiteren Kriterien (Angemessenheit der Strafe, Auswirkungen auf den Täter und auf seine soziale Situation sowie Wirksamkeit unter dem Blickwinkel der Prävention) klar ist, dass nur eine Freiheitsstrafe in Frage kommt. Dieses Vorgehen (Bestimmung einer verschuldensangemessenen Anzahl Strafeinheiten unter Berücksichtigung sämtlicher Kriterien zur Bestimmung der Einzeltatschuld vor der Festlegung der Strafart) ermöglicht auch am besten, das Verschulden bei der Wahl der Strafart adäquat einfliessen zu lassen. Zudem dient diese Vorgehensweise auch dazu, verschuldensunangemessene Strafen bestmöglich zu verhindern. Müsste man nämlich in jedem Fall die Strafart vorweg bestimmen, ohne bereits das Verschulden detailliert bemessen zu können, könnte dies nämlich dazu führen, dass man etwa bei einem Betrug mit a priori nicht schwerem Verschulden eine Geldstrafe wählen würde und dann das Einzeltatverschulden innerhalb dieses eng begrenzten Spektrum (bis 180 Tagessätze) bemessen müsste. Konsequent hiesse dies dann, dass bei einem bspw. leicht bis mittelschweren Verschulden die Strafe im Bereich 60 - 80 Tagessätzen anzusiedeln wäre.
2. Strafzumessung im Konkreten
2.1 Bestimmung der Einsatzstrafe für die schwerste Tat
Vorliegend handelt es sich bei der Vergewaltigung um die schwerste vom Beschuldigten begangene Straftat. Der abstrakte Strafrahmen beträgt gemäss Art. 190 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Damit ist zugleich klar, dass eine Geldstrafe nicht möglich ist.
Der Beschuldigte wendete als Nötigungsmittel physische Gewalt an. Indes überschritt die angewendete Gewalt kaum das für die Bejahung des Tatbestandes erforderliche Mindestmass. Der Beschuldigte hielt der kleinen und zierlich gebauten Privatklägerin die Hände fest und nutzte seine physische Überlegenheit respektive sein deutlich grösseres Körpergewicht, um das Opfer widerstandunfähig zu machen. Im Rahmen aller denkbaren Fälle sind deutlich gravierendere Nötigungsmittel denkbar. Das eigentliche nötigende Verhalten dauerte mit ca. zwei bis drei Minuten relativ kurz. Allerdings drang der Beschuldigte ungeschützt in die Privatklägerin ein, auch wenn er nicht in ihr ejakulierte. Die Privatklägerin musste sich nach der Tat einer Post-Expositions-Prophylaxe unterziehen und während einer gewissen Zeit therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Verschuldenserhöhend wirkt sich auch die Minderjährigkeit der Privatklägerin aus, welche der Beschuldigte zumindest in Kauf nahm, zumal er das Opfer gemäss seinen Aussagen vom 28. Januar 2019 und vor Obergericht auf 18 19 schätzte und mit einer solchen Schätzung immer auch eine gewisse Unschärfe einhergeht. Hinzu kommt, dass die Privatklägerin in Anbetracht ihres äusseren Erscheinungsbildes (vgl. hierzu die Videoeinvernahme, die zudem erst annähernd ein Jahr nach der Tat erstellt wurde) jünger wirkt, als sie tatsächlich war. Das Ausmass des verschuldeten Erfolges wirkt – ohne die Tat bagatellisieren zu wollen – im Quervergleich mit anderen Fällen, die unter diese Strafnorm zu subsumieren sind – eher leicht. Was die Art und Weise des Tatvorgehens anbelangt, ist festzustellen, dass es im Vorfeld der Tat zu gewissen körperlichen Annäherungen kam (beispielsweise im Kino beim ersten Treffen in [Stadt]), welche auf die Initiative des Beschuldigten zurückgingen und gegen die sich die jüngere, damals noch minderjährige Privatklägerin nicht widersetzte. Dies ändert aber nichts daran, dass die Privatklägerin dem Beschuldigten im Hotelzimmer schliesslich klare Grenzen setzte. Indem sie sich mehrmals verbal widersetzte, sie mehrfach versuchte, ihn von sich wegzustossen, sowie schrie und weinte, gab sie dem Beschuldigten unmissverständlich zu erkennen, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wollte. Angesichts des Umstandes, dass sich die Privatklägerin bereit erklärt hat, mit dem Beschuldigten in einem gemeinsamen Zimmer in Stuttgart zu übernachten und gewisse körperliche Annäherungen im Vorfeld der Tat zuliess, entstand beim Beschuldigten – wie er auch selbst einräumte – eine gewisse Erwartungshaltung, welche dann durch die Gegenwehr der Privatklägerin enttäuscht wurde. Während er in einer ersten Phase vor dem Nachtessen die Gegenwehr der Privatklägerin noch akzeptierte (als er sie küssen wollte), setzte er sich dann später skrupellos darüber hinweg. Weder die Schreie noch das Weinen der Privatklägerin hielten ihn von seinem Tun ab, was von einer erheblichen Gefühlskälte zeugt. Der unter Anwendung von Gewalt erzwungene Geschlechtsverkehr war nicht von langer Hand geplant. Anders fällt die Beurteilung hingegen in Bezug auf die Sexualhandlung als solche aus: Das vom Beschuldigten organisierte Ausflugsprogramm war auf einen Sexualakt ausgerichtet. Davon zeugen die Buchung des gemeinsamen Hotelzimmers in Stuttgart sowie die von ihm getroffene Wahl eines klar erotisch geprägten Kinofilmes («Fifty Shades of Grey», Teil 3). All dies war nicht Zufall, sondern Kalkül. Das hat auch hinsichtlich des vom Beschuldigten gewählten Ausflugsziel im Ausland zu gelten: Das Opfer liess sich vom Beschuldigten nach Stuttgart einladen, in dieser Grossstadt kannte sie sich nicht aus. Ebenso war sie ohne Geld unterwegs. Ohne die Unterstützung des Beschuldigten konnte sie sich vor Ort weder orientieren noch eigenständig die Rückreise in die Schweiz antreten. Die Privatklägerin begab sich somit in eine gewisse situative Abhängigkeit bzw. Gefahr. Die Auffassung der Vor-instanz, wonach es sich bei der Privatklägerin «mehr weniger um ein Zufallsopfer» (US 32, in fine) gehandelt habe, ist mit Blick auf die konkreten Umstände zu verwerfen: Die Privatklägerin kann gerade nicht als beliebiges, austauschbares weibliches Opfer bezeichnet werden und es waren opferspezifische Merkmale (Alter, Vulnerabilität sowie Hilf- und Sorglosigkeit der Privatklägerin), die für die Tatverwirklichung entscheidend waren: Die Privatklägerin war im [Wohnheim] untergebracht, einer vom Kanton […] bewilligte Kriseninterventionsstelle, die Jugendlichen im Alter von 13 bis 18 Jahren, die nicht mehr zu Hause bei ihrer Familie leben können, vorübergehend Schutz bietet. Der Beschuldigte holte die Privatklägerin direkt in dieser Institution ab und unterhielt sich dort vor Ort auch mit einer Betreuerin. Er wusste folglich um die besondere Verletzlichkeit der Privatklägerin, um deren altersbedingte Unterlegenheit und deren problembehaftete familiäre Situation (andernfalls wäre die Unterbringung im [Wohnheim] gar nicht erforderlich gewesen) und machte sich dies zu nutzen. Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz und aus egoistischen Beweggründen, was jedoch tatbestandsimmanent ist. Umstände, welche ihn daran gehindert hätten, sich rechtmässig zu verhalten, sind keine ersichtlich.
Gesamthaft ist unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren von einem leichten Tatverschulden im oberen Bereich des unteren Verschuldensdrittels (12 - 48 Monate) auszugehen. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Berufungsgerichts erscheint vorliegend dem Verschulden des Beschuldigten eine Einsatzstrafe von 40 Monaten als angemessen.
2.2 Strafzumessung für die versuchte Nötigung
Die Nötigung, begangen als Versuch, steht in einem sehr engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Vergewaltigung. Zwar entschuldigte sich der Beschuldigte unmittelbar nach der begangenen Vergewaltigung bei der Privatklägerin, setzte dann aber gleich zur nächsten Tat an: Er nahm der Privatklägerin das Handy weg, um zu verhindern, dass diese Alarm schlug. Die Tatbegehung hatte folglich den Zweck, die Vergewaltigung zu verheimlichen resp. die Privatklägerin von einer sofortigen Anzeige abzuhalten. Damit ist sie auch Ausdruck derselben kriminellen Energie wie die Vergewaltigung. Wegen des engen Zusammenhangs zur Vergewaltigung kann auch beim Nötigungsversuch nicht mehr von einem Bagatelldelikt gesprochen werden, das eine Geldstrafe rechtfertigen würde. Es ist daher auch für dieses Delikt eine Freiheitsstrafe festzusetzen. Sowohl Nötigungsmittel wie auch das Ausmass der Einschränkung der Handlungsfreiheit der Privatklägerin sind eher gering: Sie konnte während 5 bis 10 Minuten ihr Handy nicht benutzen. Die Nötigung, war nicht geplant, sondern vielmehr spontane Folge der Vergewaltigung. Es ist von einem leichten Verschulden eher im unteren Bereich des ersten Verschuldensdrittels auszugehen. Separat betrachtet und unter Annahme einer vollendeten Tatbegehung erschiene eine Einsatzstrafe von 3 Monaten angemessen. Angesichts der Tatsache, dass die Tat im Stadium des Versuchs steckenblieb und des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zur Vergewaltigung ist die Strafe asperationsweise um einen Monat auf 41 Monate zu erhöhen.
2.3 Täterkomponenten
Die Vorinstanz hat die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten im Rahmen der Beurteilung der Landesverweisung unter IV./2. ausführlich dargestellt. Darauf ist zu verweisen. Die Täterkomponenten erweisen sich vorliegend als neutral. Der Beschuldigte hat gemäss dem im Berufungsverfahren eingeholten aktuellen Strafregisterauszug (ASB 35 f.) eine Vorstrafe (Verurteilung vom 26.8.2015 wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeuges ohne erforderlichen Führerausweisung, begangen in der Zeit vom 2.7. bis 9.8.2015) und hat sich auch relativ kurze Zeit nach den vorliegend zu beurteilenden Tat, jedoch noch vor Eröffnung des vorliegenden Strafverfahrens wieder strafbar gemacht (Verurteilung vom 23.8.2018 wegen grober Verkehrsregelverletzung, begangen am 31.7.2018). Allerdings sind beide Verurteilungen nicht einschlägig. Zufolge der auszusprechenden Landesverweisung, die den Beschuldigten empfindlich treffen wird, ohne dass (unter den restriktiven Voraussetzungen von Art. 66a Abs. 2 StGB) ein schwerer persönlicher Härtefall bejaht wird (vgl. hierzu ausführlich nachfolgende Ziffer VII.), ist eine Strafreduktion um fünf Monate auf 36 Monate Freiheitsstrafe vorzunehmen.
2.4 Beschleunigungsgebot
Das Strafverfahren dauerte ab Eröffnung (formelle Eröffnungsverfügung am 16.11.2018 [AS 331], erste Verfahrenshandlungen gegenüber dem Beschuldigten am 28.1.2019 [AS 150 ff. und AS 337 f.: vorläufige Festnahme und erste Einvernahme) bis zur Ausfällung des zweitinstanzlichen Urteils fünf Jahre, was klar zu lang ist. Insbesondere nahm die vorinstanzliche Urteilsbegründung mit rund einem Jahr viel zu viel Zeit in Anspruch. Das Beschleunigungsverbot ist verletzt, was im Urteilsdispositiv ausdrücklich festzuhalten ist und eine weitere Strafreduktion um sechs Monate rechtfertigt. Der Beschuldigte ist daher zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten zu verurteilen.
2.5 Teilbedingter Strafvollzug
Mit der Vorinstanz ist von einer günstigen Prognose auszugehen, wobei es sich rechtfertigt, den vollziehbaren Teil der Freiheitsstrafe in Anbetracht der Schwere der Delinquenz auf 12 Monate festzusetzen. Für die restlichen 18 Monate kann dem Beschuldigten der bedingte Strafvollzug gewährt werden. Die Probezeit ist auf drei Jahre festzusetzen (dies angesichts der zwei im Strafregister eingetragenen Verurteilungen).
2.6 Anrechnung Untersuchungshaft
Dem Beschuldigte ist die ausgestandene Untersuchungshaft vom 28. Januar 2019 an den vollziehbaren Teil der Freiheitsstrafe anzurechnen.
VII. Landesverweisung und SIS-Ausschreibung
1. Die Vorinstanz hat die allgemeinen Grundsätze zur Landesverweisung zutreffend zusammengefasst sowie das Vorliegen eines Härtefalles mit stichhaltiger Argumentation verneint. Auf diese Erwägungen (vgl. Ziff. IV./1. und 2 auf US 28 - 30) kann verwiesen werden. Sie hat trotz des Umstandes, dass der Beschuldigte in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, auf eine nur bedingt gelungene wirtschaftliche Integration erkannt und festgehalten, dass die soziale Integration eher gering bzw. auf die Familie begrenzt sei. Ebenso kam die Vorinstanz zum Schluss, dass dem fliessend türkisch sprechenden Beschuldigten eine Integration in der Türkei möglich und zumutbar sei.
2.1 Diese Schlussfolgerungen behalten auch unter Berücksichtigung der aktuellen persönlichen Verhältnisse sowie der seit der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eingetretenen Veränderungen ihre Gültigkeit. In beruflicher Hinsicht fällt auch in den vergangenen Jahren ein unsteter Werdegang auf: Im Zeitpunkt der vorinstanzlichen Hauptverhandlung (= Oktober 2021) war der Beschuldigte seit kurzem als Chauffeur bei der J.___ GmbH angestellt. Wie dieser anlässlich seiner Befragung zur Person vor Obergericht zu Protokoll gab, sei er dort als Chauffeur sporadisch tätig gewesen, nämlich so lange, wie er gebraucht worden sei (ASB 68). Per 1. Januar 2023 trat er eine (unbefristete) neue Stelle als Chauffeur bei der K.___ AG an (vgl. Arbeitsvertrag vom 20.12.2022, ASB 31 2ff.), die er indessen nur bis Ende Juni 2023 ausübte und gemäss seinen eigenen Angaben aufgab, nachdem ihm von einer ehemaligen Arbeitgeberin (L.___ AG) ein befristetes Jobangebot unterbreitet worden war (Arbeitsvertrag vom 26.6.2023). Dort ist er auch aktuell noch tätig (vgl. aktenkundige Vertragsverlängerung bis 31.3.2024, ASB 49). Im Weiteren gab der Beschuldigte zu seiner Ausbildung zu Protokoll, er habe eine Lehre im Detailhandel begonnen, diese aber abgebrochen, weil er im Lehrbetrieb ausgenutzt worden sei. In der Folge sei der Lehrabschluss daran gescheitert, dass er keine Stelle für die praktische Prüfung gefunden habe. Er wolle – so die weiteren Ausführungen des Beschuldigten vor Obergericht – in Bezug auf die Berufsbildung etwas in der Hand haben, weshalb er sich für einen ICT-Kurs (Bereich: Software, Informatik) angemeldet habe. Aufgrund seiner Arbeit im Schichtbetrieb habe er seine Kursteilnahme jedoch pausieren müssen und die drei Prüfungen nicht ablegen können. (Gefragt nach der Dauer der Kursteilnahme vor Antritt der neuen Stelle) Er habe das zwei, drei Monate gemacht und dann ab Juli 2023 pausiert (ASB 73). Er plane, diese Ausbildung im kommenden Jahr abzuschliessen (ASB 67, 70). Auf die richterliche Anschlussfrage, ob er nach diesem Kurs ein Diplom vorweisen könne, blieben die Angaben des Beschuldigten eher diffus: Er könne den genauen Namen nun nicht sagen. Er plane dann, im Büro als Informatiker tätig zu sein
2.2 Negativ zu bewerten ist mit Blick auf die jüngste Entwicklung, dass dem Beschuldigten die Kontrolle über seine Ausgaben bzw. finanzielle Verpflichtungen entglitten ist und seine Schulden seit der erstinstanzlichen Hauptverhandlung massiv zugenommen haben: Während er seine Schulden vor erster Instanz noch mit CHF 30'000 bzw. CHF 36'000.00 bezifferte (vgl. AS 549 Z. 351 f.: Betreibung von CHF 4'000.00, Krankenkasse: CHF 2'500.00, Kreditschulden von CHF 30'000.00) – ging er nun vor Obergericht von rund dem doppelten Betrag (CHF 60'000.00 - CHF 70'000.00) aus (vgl. ASB 69), und dies obwohl er seit nun ungefähr zwei Jahren wieder bei seinen Eltern wohnhaft ist und diesen – im Unterschied zu früher, als er sich noch mit monatlich CHF 500.00 pro Monat an den Wohnkosten beteiligt hat – nach seinen eigenen Angaben nun nichts mehr abgeben muss. Sein Lohn (aktuell brutto CHF 5'000.00 pro Monat, zzgl. 13. Monatslohn und Schichtzulagen) werde gepfändet und er lebe am Existenzminimum. Befragt nach den Gründen für die Schuldenzunahme trotz des regelmässig generierten Einkommens in den Jahren 2022 und 2023, blieb der Beschuldigte vage: Es sei alles auf einmal gekommen. Es sei ihm psychisch nicht gut gegangen (schlechter Schlaf, plötzliche Kopfschmerzen, Gewichtszunahme). Aufgrund der Corona-Krise habe er damals seinen Job verloren und die eigene Wohnung nicht mehr bezahlen können, so dass er wieder bei den Eltern eingezogen sei. Er verstehe auch nicht ganz, wie das gekommen sei. Es habe sich alles angesammelt: Die Rechnungen für Versicherungen, das Auto, die Krankenkasse. Auch habe er einen Kredit aufgenommen sowie Schulden bei Kollegen und Verwandten gehabt. Aufgrund der (damaligen) Arbeitslosigkeit sei er richtig in Schwierigkeiten geraten und nun müsse er die Schulden abbezahlen. Der Beschuldigte räumte auf Frage auch ein, Glücksspiele gespielt zu haben, doch er habe sich dann nach ein, zwei Jahren selber bei den Spielcasinos wieder sperren lassen. Dabei habe er zum Teil auch Geld verloren, aber nicht massiv viel (ASB 68 - 70 sowie 73 f.). Folglich lässt sich allein damit seine prekäre finanzielle Situation nicht erklären.
2.3 Die lange Aufenthaltsdauer des hier geborenen Beschuldigten von nun annährend 30 Jahren führt aufgrund der von Lehre und Rechtsprechung postulierten restriktiven Auslegung von Art. 66a Abs. 2 StGB nicht per se zur Annahme eines schweren persönlichen Härtefalls. Diese vermag als rein quantitatives Kriterium nichts über die Qualität der erreichten Integration auszusagen. Zu prüfen ist stets, ob die konkreten Umstände des Einzelfalls für eine besonders gelungene Integrationsleistung sprechen, was vorliegend nicht zu erkennen ist. Neben der bereits dargelegten durchzogenen Bilanz in beruflicher Hinsicht und den angehäuften Schulden in beachtlicher Höhe kann auch nicht von einer ausgesprochen tiefen sozialen-kulturellen Verwurzelung hier in der Schweiz die Rede sein. Zwar leben seine Eltern und seine Geschwister sowie weitere Verwandte in der Schweiz, doch fehlt es an einer Kernfamilie im engeren Sinne, worunter die tatsächlich gelebte Gemeinschaft mit einem Ehegatten und einem minderjährigen Kind fällt. Der Beschuldigte ist kinderlos und unterhält weder in der Vergangenheit noch aktuell über eine langjährige partnerschaftliche Beziehung. Er verfügt über einen nach seinen Angaben stabilen Kollegenkreis, mit dem er einen Teil seiner Freizeit verbringt und der sich aus Schweizern und Ausländern zusammensetzt. Eine besonders tiefe soziale und kulturelle Verwurzelung kann darin jedoch nicht erblickt werden. Daran vermag auch der Umstand, dass sich der Beschuldigte seit anfangs 2023 bei der Feuerwehr [Ort] freiwillig als Chauffeur engagiert, nichts zu ändern. Inwiefern der Beitritt zur lokalen Feuerwehr, der zeitlich mit dem hängigen Berufungsverfahren zusammenfiel, rein intrinsisch (unter dem Eindruck der drohenden Landesverweisung) vielmehr taktisch motiviert war, muss vorliegend nicht abschliessend beurteilt werden. Jedenfalls steht fest, dass in Anbetracht der bisherigen Dauer dieses Einsatzes noch nicht von einem nachhaltigen, langandauernden Engagement für das Gemeinwohl ausgegangen werden kann, das seine Integrationsleistung in ein anderes Licht rückt.
2.4 Ob ein schwerer persönlicher Härtefall zu bejahen ist, hängt in massgeblicher Weise auch von den Resozialisierungschancen des Betroffenen im Heimatstaat ab. Mit anderen Worten darf nicht bloss isoliert die erreichte Integration im Gastland (Schweiz) betrachtet werden, sondern diese ist immer auch in Relation zu setzen zu den Möglichkeiten wie auch Schwierigkeiten, die im Heimatland im Falle einer Landesverweisung zu erwarten sind. Die Chancen des Beschuldigten, um in der Türkei beruflich und sozial Fuss zu fassen, können als intakt, wenn nicht sogar als gut bezeichnet werden: Der Beschuldigte spricht fliessend türkisch und unterhält sich auch mit seinen engsten Bezugspersonen, seinen Eltern, mehrheitlich auf Türkisch. Er reiste in der Vergangenheit regelmässig ferienhalber in seinen Heimatstaat und hielt sich gemäss seinen eigenen Angaben zweimal auch während einer längeren Phase dort auf, so auch während seiner obligatorischen Schulzeit, nämlich im Alter von ca. 11 bis 12 Jahren (vgl. Befragung vor erster Instanz: AS 548 sowie Schlusseinvernahme: AS 210 Z. 57). Er bezeichnete sich anlässlich der polizeilichen Befragung zur Person vom 28. Januar 2019 als Moslem (AS 493) und unter der Rubrik «Verschiedenes/Aufenthalte und Reisen im Ausland» wird der regelmässige Besuch in der Türkei bei seinen Verwandten vermerkt (AS 494), wohingegen er vor erster und zweiter Instanz zu Protokoll gab, er habe den Kontakt zu sämtlichen Verwandten in der Türkei vollständig abgebrochen. Dafür machte er familiäre Gründe geltend, die er jedoch auch auf Nachfrage nicht näher darlegen wollte (vgl. ASB 71 und 74). Der Beschuldigte ist demzufolge mit den kulturellen Prägungen und dem religiösen Brauchtum seines Heimatstaates vertraut und die von der Verteidigung vorgebrachte Behauptung, wonach er die Türkei als Tourist von Badeferien und die dortigen Gepflogenheiten «nicht im Ansatz» kenne (Plädoyer vor Obergericht, ASB 120), einer Grundlage entbehrt. Hinzu kommt, dass der Vater des Beschuldigten über eine Liegenschaft in der Nähe von Istanbul verfügt, die aktuell von den Grosseltern (mütterlicherseits) bewohnt wird. Und schliesslich eröffnen dem noch jungen, annähernd 30-jährigen Beschuldigten seine bislang ausgeübten Tätigkeiten als Chauffeur (Kategorie B) und im Bereich der Logistik sowie in der Produktion auch in seinem Heimatstaat berufliche Perspektiven.
In Würdigung all dieser Umstände ist ein schwerer persönlicher Härtefall zu verneinen.
3. Selbst wenn man – entgegen der hier dargelegten Auffassung – von einem schweren persönlichen Härtefall ausgehen würde, würde dies im Ergebnis nichts ändern, da die Verhältnismässigkeitsabwägung klar für eine Landesverweisung sprechen. Der Beschuldigte hat mit der Vergewaltigung zum Nachteil eines noch minderjährigen Opfers eine der schwersten Straftaten des StGB begangen, weswegen er – vor Berücksichtigung der Strafreduktion wegen der Verletzung des Beschleunigungsgebotes und der angeordneten Landesverweisung – grundsätzlich zu einer dem Verschulden angemessenen, unbedingt vollziehbaren mehrjährigen Freiheitsstrafe zu verurteilen gewesen wäre. Das Verschulden wiegt – auch im Quervergleich mit den anderen Katalogtaten nach Art. 66a Abs. 1 StGB – im Rahmen der Gewichtung des öffentlichen Interesses schwer. Vom Beschuldigten geht – trotz der Bejahung des teilbedingten Strafvollzuges – nach wie vor eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Der (teilweise) Aufschub des Strafvollzugs setzt nicht eine günstige, sondern nur das Fehlen einer ungünstigen Prognose voraus. Aus den Aussagen des Beschuldigten erschliesst sich, dass dieser ein nicht akzeptables Verständnis hinsichtlich der Auslebung seiner sexuellen Bedürfnisse hat. Ist er doch der Meinung, wenn eine Frau sich bereit erkläre, mit ihm zusammen im selben Hotelzimmer zu übernachten, sei dies mit einer Zustimmung zum Geschlechtsverkehr gleichzusetzen (vgl. AS 156: «sie kommt ja mit mir ins Hotelzimmer und sagt dies… sie wusste von Anfang an, dass wir zusammen ins Hotelzimmer gingen und dort übernachten.. ich nenne dies nicht eine Vergewaltigung.»). Aus den glaubhaften Schilderungen der Privatklägerin ergibt sich, dass der Beschuldigte offenbar nicht in der Lage war, seinen Sexualtrieb zu kontrollieren. Der Beschuldigte hat im vorliegenden Strafverfahren bisher keine Einsicht und auch kein Problembewusstsein an den Tag gelegt. Es besteht deshalb ein erhebliches Risiko, dass der Beschuldigte auch in künftigen, ähnlich gelagerten Situationen wiederum die Kontrolle verlieren kann. Die Beurteilung der Prognose im Rahmen der Abwägung des öffentlichen Interesses bei der Landesverweisung bemisst sich nicht nach gleichen Kriterien wie beim Entscheid über den bedingten teilbedingten Strafvollzug. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen von Straf- und Ausländerrecht ist im Bereich der Landesverweisung ein strengerer Massstab anzulegen. So kann ausländerrechtlich gerade bei schweren Straftaten ein geringes Rückfallrisiko genügen. Je schwerer eine vernünftigerweise absehbare Rechtsgutsverletzung wiegt, umso weniger ist die Möglichkeit eines Rückfalls in Kauf zu nehmen. Es besteht unter Berücksichtigung der schweren Delinquenz, den beiden weiteren rechtskräftigen Verurteilungen (mehrere Vergehen gegen SVG) sowie der Schuldensituation ein besonders hohes öffentliches Fernhalteinteresse, welches die privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz überwiegt.
Der Beschuldigte ist daher in Anwendung von Art. 66a Abs. 1 lit. h StGB des Landes zu verweisen.
4. Angesichts des Verschuldens, der Gewichtung des öffentlichen Interesses und der Beziehung des Beschuldigten zur Schweiz hat die Vorinstanz die Dauer der Landesverweisung auf sieben Jahre festgesetzt, was von der Anschlussberufungsklägerin angefochten wird. Mit Blick auf das von der Berufungsinstanz nun höher gewichtete Tatverschulden (vgl. hierzu die Ausführungen zur Strafzumessung) ist die Dauer der Landesverweisung leicht zu erhöhen. Angemessen erweisen sich acht Jahre.
5. Dass die Vorinstanz auf eine Ausschreibung der Landesverweisung im SIS verzichtet hat, ist angesichts der jüngeren bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht nachvollziehbar. Im publizierten Entscheid vom 10. März 2021 (6B_1178/2019 = BGE 147 IV 340) hielt das Bundesgericht fest, für eine Ausschreibung der Landesverweisung im SIS müsse kein schweres besonders schweres Delikt vorliegen. An den Begriff der Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 SIS-II-Verordnung seien keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genüge, wenn die betroffene Person wegen einer mehrerer, die öffentliche Sicherheit Ordnung tangierender Straftaten verurteilt worden sei, die einzeln betrachtet in ihrer Gesamtheit von einer gewissen Schwere seien, unter Ausschluss von blossen Bagatelldelikten. Die Argumentation der Vorinstanz, auf die Ausschreibung sei zu verzichten, weil es sich bei der vom Beschuldigten verübten Vergewaltigung um eine einmalige Straftat handle und nicht zu erwarten sei, dass der Beschuldigte erneut schwere Straftaten begehe, weshalb das Verhältnismässigkeitsprinzip gegen die Ausschreibung im SIS spreche, greift daher offensichtlich zu kurz. Die Vorinstanz berücksichtigt nicht, dass die Tat des Beschuldigten auf einen Kontrollverlust zurückzuführen ist, der offensichtlich in der Persönlichkeit des Beschuldigten und dessen Verständnis über Sexualität gründet, weshalb vom Beschuldigten auch künftig eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausgeht. Ebenso berücksichtigt die Vorinstanz nicht, dass auch die einmalige Begehung einer schweren Straftat für die Ausschreibung im SIS ohne weiteres genügen kann.
Die Landesverweisung ist daher im SIS auszuschreiben.
VIII. Zivilforderung
1.1 Der Beschuldigte verlangt mit seiner Berufung, die Genugtuungsforderung der Privatklägerin abzuweisen, sofern darauf einzutreten sei. Dieser Antrag fusst auf dem von ihm beantragten vollumfänglichen Freispruch. Eventualiter, d.h. für den Fall einer Verurteilung des Beschuldigten, äusserte sich die Verteidigung nicht zur Höhe der Genugtuung. Die von der Vorinstanz auf CHF 5'000.00 festgesetzte Genugtuung (zzgl. 5 % Zins seit 17. Februar 2018) ist vor dem Hintergrund der Tatschwere, des konkreten Verschuldens des Beschuldigten sowie der durchaus beträchtlichen Folgen der Tat für die Privatklägerin nicht zu beanstanden und entspricht auch der Rechtsprechung des Berufungsgerichts in ähnlich gelagerten Fällen. Nicht ausser Acht zu lassen ist dabei insbesondere auch der Umstand, dass es sich bei der Privatklägerin um ein damals minderjähriges, in sexuellen Belangen weitgehend unerfahrenes Opfer handelte, welches sich zudem zur Tatzeit in einer besonders verletzlichen Situation befand (Ausschluss aus der Familie, Aufenthalt im [Wohnheim]). Letzteres war dem Beschuldigten durchaus bewusst, hat er sie doch selbst im [Wohnheim] abgeholt und wusste somit um die Fremdplatzierung der Privatklägerin. Im Weiteren gilt es zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte den erzwungenen Beischlaf auch ohne Kondom vollzog, was für das Opfer eine weitere schwere Belastung bedeutete, musste sich doch die Privatklägerin nach der Tat einer Post-Expositions-Prophylaxe unterziehen.
Der Beschuldigte ist somit in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, der Privatklägerin eine Genugtuung in der Höhe von CHF 5'000.00, zzgl. 5 % Zins seit 17. Februar 2018, zu bezahlen.
1.2 Die Vorinstanz hat die Schadenersatzforderung der Privatklägerin mangels hinreichender Begründung in Anwendung von Art. 126 Abs. 2 lit. b StPO auf den Zivilweg verwiesen (vgl. Erwägung VI.2.2 auf US 31). Einzig der Beschuldigte wendet sich gegen diesen Entscheid. Nachdem dieser zweitinstanzlich ebenfalls schuldig gesprochen wird, ist das vorinstanzliche Urteil auch in diesem Punkt zu bestätigen.
IX. Kosten und Entschädigung
1. Kostenverlegung
1.1 Das Verfahren endet in Bezug auf beide Vorhalte mit Schuldsprüchen. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschuldigte die Verfahrenskosten, welche mit einer Urteilsgebühr von CHF 8’000.00 total CHF 10'553.50 ausmachen, vollumfänglich zu bezahlen (Art. 426 Abs. 1 StPO).
1.2 Im Berufungsverfahren unterliegt der Beschuldigte vollumfänglich. Die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft ist weitgehend erfolgreich: Es erfolgt ein zusätzlicher Schuldspruch wegen versuchter Nötigung, die Freiheitsstrafe wird im Ergebnis um zwei Monate angehoben und auch die Dauer der Landesverweisung wird von sieben auf nunmehr acht Jahre leicht erhöht. Dem Antrag der Anschlussberufungsklägerin entsprechend wird die Landesverweisung zudem im SIS ausgeschrieben. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00, total CHF 5'120.00, sind bei diesem Ausgang des Verfahrens vollumfänglich dem unterliegenden Beschuldigten aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO).
2. Entschädigungsfolgen
2.1 Erstinstanzliches Verfahren
2.1.1 Der Beschuldigte wird, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, verpflichtet, dem Staat die ausbezahlten Entschädigungen an die beiden amtlichen Verteidiger für das erstinstanzliche Verfahren (CHF 652.65 an den vormaligen amtlichen Verteidiger, Rechtsanwalt Dominik Schnyder, sowie CHF 8'902.70 an den derzeitigen amtlichen Verteidiger, Rechtsanwalt Andreas Ehrsam) vollumfänglich zurückzuzahlen (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).
2.1.2 Hinsichtlich der Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Privatklägerin hat die Vorinstanz zu Unrecht und unter Missachtung des Kreisschreibens des Obergerichts vom 19. Dezember 2019 auf den Vorbehalt des Rückforderungsanspruchs des Staates im Sinne von Art. 138 i.V.m. Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO verzichtet.
Fällt die Rechtsmittelinstanz wie vorliegend einen neuen Entscheid in der Sache, so befindet sie darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Gleichwohl kann darauf vorliegend nicht zurückgekommen werden: Der vorinstanzliche Verzicht auf einen Rückforderungsvorbehalt ist unangefochten geblieben, so dass das Verschlechterungsverbot (Art. 391 Abs. 2 StPO) zur Anwendung gelangt. Der vorinstanzliche Entscheid kann nicht im Rechtsmittelverfahren zu Lasten des Beschuldigten abgeändert werden und ist folglich zu bestätigen.
2.2 Berufungsverfahren
2.2.1 Die Honorarnote der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Privatklägerin für das Berufungsverfahren setzt sich aus einem Aufwand von 17,10 Stunden (inkl. Wegzeit und geschätzte Zeit für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung), Auslagen von CHF 60.40 sowie 7,7 % MWST zusammen (ASB 44). Der geltend gemachte Aufwand für das Aktenstudium und die Ausarbeitung des Plädoyers beläuft sich auf 9 Stunden. Dies erweist sich als zu hoch, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich die Rechtsvertreterin mit dem Fall aufgrund ihrer vorinstanzlichen Vertretung bereits vertraut war und sich für das Verfassen des Plädoyers vor 2. Instanz auch auf ihre bislang erarbeiteten Notizen und Unterlagen abstützen konnte. Hinzu kommt, dass der Gegenstand des Plädoyers klar umgrenzt war (Durchsetzung des Genugtuungsanspruchs der Privatklägerin, vollumfängliche Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils) und sich das vor Obergericht gehaltene Plädoyer auf 5 ½ Seiten beschränkte. Für eine angemessene, d.h. zielgerichtete und effiziente Ausübung der Verfahrensrechte sind für das Aktenstudium und die Ausarbeitung des Plädoyers insgesamt sieben Stunden (Kürzung von zwei Stunden) zu entschädigen. Die Berufungsverhandlung nahm vier Stunden und fünf Minuten (4,08333 Stunden) in Anspruch. Von der Teilnahme an der mündlichen Urteilseröffnung wurde die Rechtsbeiständin auf ihren Antrag hin vom Vorsitzenden dispensiert. Inkl. den weiteren Positionen der Honorarnote (insbesondere Mail, Tel. und Besprechung mit Klientin sowie Hin- und Rückreise vom 5.12.2023), die zu keinen Bemerkungen Anlass geben, resultieren insgesamt 14,68333 Stunden, wovon 14,38333 Stunden (Aufwand ab 1.1.2023) zum aktuellen Stundenansatz von CHF 190.00 (= CHF 2'732.85) und 0,3 Stunden (Aufwand vor 1.1.2023) zum vormaligen Stundenansatz von CHF 180.00 (= CHF 54.00) zu entschädigen sind (§ 158 Abs. 3 und 4 des kantonalen Gebührentarifs [BGS 615.11, GT] sowie Beschluss der Gerichtsverwaltungskommission vom 19.12.2022, GVB.2022.111). Zuzüglich den Auslagen von CHF 60.40 sowie 7,7 % MWST auf CHF 2'847.25 ist die Entschädigung für die unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin, Rechtsanwältin Susanne Frei, für das Berufungsverfahren auf total CHF 3'066.50 festzusetzen und zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschuldigten vom Staat zu bezahlen. Vorzubehalten ist der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 3'066.50, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).
2.2.2 Die Honorarnote des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten für das Berufungsverfahren setzt sich aus einem Aufwand von 27,84 Stunden, Auslagen von CHF 171.60 sowie 7,7 % MWST zusammen (ASB 46 ff.). Der in dieser Honorarnote (im Sinne einer Schätzung) integrierte Aufwand für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung und an der Urteilseröffnung sowie die zweimalige Hin- und Rückreise (5. und 7.12.2023) beläuft sich auf 12 Stunden und ist in Anbetracht der tatsächlich beanspruchten Zeit auf 7,58333 Stunden (Berufungsverhandlung: 4,08333, Urteileröffnung: 0,5 Stunden, Weg: 2x 1,5 Stunden) zu reduzieren. Von den insgesamt 23,42333 Stunden sind 19,75333 zu einem Stundenansatz von CHF 190.00 (Aufwand ab 1.1.2023) und 3,67 Stunden (Aufwand vor 1.1.2023) zu je CHF 180.00 zu entschädigen (CHF 3'753.15 + CHF 660.60). Zuzüglich den geltend gemachten Auslagen (CHF 171.60) sowie 7,7 % MWST auf CHF 4’585.35 (= CHF 353.05) ist die Entschädigung für Rechtsanwalt Andreas Ehrsam, für das Berufungsverfahren auf CHF 4'938.40 (inkl. Auslagen und MWST) festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, zu bezahlen.
Vorzubehalten ist im vollen Umfang (= CHF 4'938.40) der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO).
Demnach wird in Anwendung von Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 40, Art. 43, Art. 44 Abs. 1, Art. 47, Art. 49 Abs. 1, Art. 51, Art. 66a Abs. 1 lit. h, Art. 181 i.V.m. Art. 22 Abs. 1, Art. 190 Abs. 1 StGB; Art. 122 ff., Art. 135, Art. 138, Art. 267 Abs. 3, Art. 426 Abs. 1, Art. 428 Abs. 1 und 3 StPO festgestellt und erkannt: 1. Der Beschuldigte A.___ hat sich der Vergewaltigung und der versuchten Nötigung, beides begangen am 17. Februar 2018 zum Nachteil von C.___, schuldig gemacht (AKS Ziff. 1 und Ziff. 2). 2. Es wird festgestellt, dass im Strafverfahren gegen den Beschuldigten A.___ das Beschleunigungsgebot verletzt worden ist. 3. Der Beschuldigte A.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs für 18 Monate bei einer Probezeit von drei Jahren. 4. Die ausgestandene Haft (Polizeihaft vom 28.1.2019) wird dem Beschuldigten 5. Der Antrag des Beschuldigten A.___ auf Zusprechung einer Entschädigung von CHF 200.00 für die ausgestandene Haft wird abgewiesen. 6. Der Beschuldigte A.___ wird für die Dauer von 8 Jahren des Landes verwiesen. 7. Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben. 8. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziff. 5 des Urteils des Amtsgerichts von Olten-Gösgen vom 29. Oktober 2021 (nachfolgend erstinstanzliches Urteil) die folgenden beschlagnahmten Gegenstände (Aufbewahrungsort: Polizei Kanton Solothurn) C.___ auf deren Verlangen innert 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils herauszugeben sind: - 1 Damenhose - 1 Damenunterwäsche, Unterhose - 1 Damenunterwäsche, BH - 1 Damenbluse - 2 Säcke Nach unbenutztem Ablauf der 30-tägigen Frist sind die Gegenstände zu vernichten. 9. Der Beschuldigte A.___ hat der Privatklägerin C.___ eine Genugtuung von CHF 5'000.00, zzgl. 5 % Zins seit 17. Februar 2018, zu bezahlen. 10. Die Schadenersatzforderung der Privatklägerin C.___ wird auf den Zivilweg verwiesen. 11. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtkräftiger Ziff. 7 des erstinstanzlichen Urteils die Privatklägerin [Versicherung], zur Geltendmachung ihrer Zivilforderung auf den Zivilweg verwiesen wird. 12. Es wird festgestellt, dass gemäss der diesbezüglich rechtskräftigen Ziff. 8 des erstinstanzlichen Urteils die Entschädigung für die unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin C.___, Rechtsanwältin Susanne Frei, für das erstinstanzliche Verfahren auf CHF 8'183.35 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschuldigten vom Staat bezahlt worden ist. 13. Es wird festgestellt, dass gemäss der diesbezüglich rechtskräftigen Ziff. 9 des erstinstanzlichen Urteils die Entschädigung für den vormaligen amtlichen Verteidiger des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Dominik Schnyder, auf CHF 652.65 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat bezahlt worden ist. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 652.65, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben. 14. Es wird festgestellt, dass gemäss der diesbezüglich rechtskräftigen Ziff. 10 des erstinstanzlichen Urteils die Entschädigung für den amtlichen Verteidiger des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Andreas Ehrsam, auf CHF 8'902.70 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat bezahlt worden ist. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 8'902.70, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben. 15. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 8'000.00, total CHF 10'553.50, hat der Beschuldigte A.___ zu bezahlen. 16. Die Entschädigung für die unentgeltliche Rechtsbeiständin der Privatklägerin C.___, Rechtsanwältin Susanne Frei, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 3'066.50 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und ist zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschuldigten vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 3'066.50, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben. 17. Die Entschädigung für den amtlichen Verteidiger des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Andreas Ehrsam, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 4'938.40 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 4'938.40, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten erlauben. 18. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00, total CHF 5'120.00, hat der Beschuldigte A.___ zu bezahlen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona). Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin Werner Lupi De Bruycker
Der vorliegende Entscheid wurde vom Bundesgericht mit Urteil 6B_308/2024 vom 22. Mai 2024 bestätigt. |
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