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Urteil Verwaltungsgericht (SO - STBER.2022.68)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:STBER.2022.68
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Strafkammer
Verwaltungsgericht Entscheid STBER.2022.68 vom 22.06.2023 (SO)
Datum:22.06.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Der Beschuldigte A.___ wurde wegen mehrfacher Erschleichung einer falschen Beurkundung, Betrügerischen Konkurses, Urkundenfälschung, Betrug, Hehlerei, Gehilfenschaft zum Diebstahl und zum Hausfriedensbruch sowie Vergehen gegen das Bundesgesetz über Geldspiele schuldig gesprochen. Das Urteil erging am 22. Juni 2023 vor dem Obergericht. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 18'484.80. Der Beschuldigte muss eine unbedingte Freiheitsstrafe von 34 Monaten verbüssen und eine Geldstrafe von CHF 500.00 zahlen. Zudem wurde eine Landesverweisung für 10 Jahre ausgesprochen. Die Verfahrenskosten wurden ihm vollumfänglich auferlegt. Die Gegenpartei war die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn.
Schlagwörter: Beschuldigte; Apos; Beschuldigten; Kredit; Urteil; Vorhalt; Staat; Zigaretten; Firma; Recht; Urteils; Verfahren; Covid-; Staatsanwalt; Geldstrafe; Staatsanwaltschaft; Täter; Asservate; Landes; Schuld; Freiheit; Freiheitsstrafe; Vorinstanz
Rechtsnorm: Art. 122 StPO ; Art. 137 StGB ; Art. 146 StGB ; Art. 146A StGB ; Art. 148 StGB ; Art. 163 StGB ; Art. 165 StGB ; Art. 166 StGB ; Art. 25 StGB ; Art. 251 StGB ; Art. 253 StGB ; Art. 335 StPO ; Art. 34 StGB ; Art. 379 StPO ; Art. 39 KG ; Art. 391 StPO ; Art. 40 StGB ; Art. 41 OR ; Art. 41 StGB ; Art. 42 StGB ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 43 StGB ; Art. 433 StPO ; Art. 44 StGB ; Art. 442 StPO ; Art. 46 StGB ; Art. 47 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 50 StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 63 AIG ; Art. 66a StGB ; Art. 69 StGB ; Art. 7
Referenz BGE:102 IV 84; 105 IV 225; 117 IV 7; 122 IV 197; 122 IV 279; 128 IV 18; 129 IV 130; 132 IV 12; 134 IV 140; 134 IV 1; 134 IV 97; 135 IV 76; 136 IV 1; 136 IV 55; 138 IV 120; 138 IV 130; 142 IV 119; 142 IV 265; 144 IV 13; 144 IV 217; 144 IV 313; 146 IV 42; 147 IV 340;
Kommentar:
Schweizer, Trechsel, Pieth, Praxis, 3. Auflage, Art. 47 StGB, 2018
Entscheid
 
Geschäftsnummer: STBER.2022.68
Instanz: Strafkammer
Entscheiddatum: 22.06.2023 
FindInfo-Nummer: O_ST.2023.75
Titel: mehrfache Erschleichung einer falschen Beurkundung, Misswirtschaft, Unterlassung der Buchführung, Betrügerischer Konkurs- und Pfändungsbetrug, Urkundenfälschung, Betrug, Hehlerei, Gehilfenschaft zum Diebstahl, Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch, Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und

Resümee:

 

Obergericht

Strafkammer

 

 

 

 

 

 

Urteil vom 22. Juni 2023

Es wirken mit:

Präsident von Felten

Oberrichter Marti  

Ersatzrichterin Lüthi

Gerichtsschreiberin Schenker

In Sachen

Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn,

Anklägerin

 

gegen

 

A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Fabian Brunner, BrunnerAebiPartner, Lunaweg 17, Postfach 247, 4502 Solothurn

 

Beschuldigter und Berufungskläger

 

betreffend     mehrfache Erschleichung einer falschen Beurkundung, Misswirtschaft, Unterlassung der Buchführung, Betrügerischer Konkurs- und Pfändungsbetrug, Urkundenfälschung, Betrug, Hehlerei, Gehilfenschaft zum Diebstahl, Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch, Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, Vergehen gegen das Bundesgesetz über Geldspiele, Vergehen gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie, Widerruf, Landesverweis


Es erscheinen am 22. Juni 2023, um 8:30 Uhr, zur Verhandlung vor Obergericht:

1.    Staatsanwalt B.___, für die Staatsanwaltschaft als Anklägerin;

2.    Rechtsanwalt Fabian Brunner, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten A.___;

3.    C.___, Dolmetscherin.

 

In Bezug auf die behandelten Vorfragen, die vorgenommenen Verfahrenshandlungen und die im Rahmen der Parteivorträge vorgetragenen Standpunkte wird auf das separate Protokoll der Hauptverhandlung vom 22. Juni 2023 und die Plädoyernotizen in den Akten verwiesen.

 

Im Rahmen der Parteivorträge stellen und begründen die Parteien die folgenden Anträge:

 

Staatsanwalt B.___ für die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn:

1.      Es sei festzustellen, dass folgende Schuldsprüche des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. April 2022 gegen A.___ in Rechtskraft erwachsen sind wegen:

a.   Misswirtschaft;

b.   Unterlassung der Buchführung;

c.   Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung;

d.   Vergehen gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie.

 

2.    A.___ sei wegen mehrfacher Erschleichung einer falschen Beurkundung, Betrügerischen Konkurses, Urkundenfälschung, Betrug, Hehlerei, Gehilfenschaft zum Diebstahl und zum Hausfriedensbruch sowie wegen Vergehen gegen das Bundesgesetz über Geldspiele im Sinne der Anklageschrift vom 27. Oktober 2021 schuldig zu sprechen.

3.    Folgende A.___ bedingt gewährten Strafen seien zu widerrufen und zu vollziehen:

a.   Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons […] vom 1. April 2020 für eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 90.00;

b.   Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons […] vom 6. Mai 2020 für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 100.00.

4.    A.___ sei zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 34 Monaten sowie zu einer Busse von CHF 500.00 zu verurteilen.

5.    Gegen A.___ sei eine Landesverweisung für die Dauer von 10 Jahren auszusprechen.

6.    Die Landesverweisung sei im Schengener Informationssystem (SIS) auszuschreiben.

7.    Die Verfahrenskosten seien vollumfänglich dem Beschuldigten aufzuerlegen.

8.    Sämtliche beschlagnahmten Wertgegenstände seien zu versilbern.

9.    Die Verfahrenskosten seien mit dem Erlös der versilberten Wertgegenstände und den beschlagnahmten, sich bei der Gerichtskasse befindlichen Gelder in der Höhe von CHF 18'484.80 zu verrechnen.

10.  Allfällige überschüssige beschlagnahmten Gelder seien einzuziehen.

 

Rechtsanwalt Fabian Brunner als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten:

1.    Der Beschuldigte sei von den Vorhalten gemäss Anklageschrift Ziffern 1, 4, 6, 7, 8, 9 und 11 freizusprechen.

2.    Der Beschuldigte sei wegen Misswirtschaft (Ziff. 2 Anklageschrift), Unterlassung der Buchführung (Ziff. 3 Anklageschrift), Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Ziff. 10 Anklageschrift) und wegen Vergehen gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 19. Juni 2020 (Ziff. 12 Anklageschrift) schuldig zu sprechen und zu 140 Tagessätzen à CHF 10.00 und zur Zahlung einer Busse von max. CHF 200.00 zu verurteilen.

3.    Der Vollzug der Geldstrafe sei aufzuschieben und die Probezeit sei auf zwei Jahre festzusetzen.

4.    Die mit den Urteilen der Staatsanwaltschaft des Kantons […] vom 1. August 2020 und der Staatsanwaltschaft […] vom 6. Mai 2020 bedingt ausgesprochenen Strafen seien nicht zu widerrufen und die Probezeit sei jeweils um ein Jahr zu verlängern.

5.    Von einer Landesverweisung sei abzusehen.

6.    Die Zivilklage der Privatklägerin Feuerwehr und Zivilschutz der Stadt [Ort 11] (Ziff. 1.1.) sei auf den Zivilweg zu verweisen, evtl. sei sie abzuweisen.

7.    Es seien die folgenden beschlagnahmten Gegenstände an den Beschuldigten auszuhändigen:

HD-Nr. 1 Ipad, HD-Nr. 7 LG Handy, HD-Nr. 9 Ipad, HD-Nr. 10 Geldkassette (CHF 122.20), HD-Nr. 11 Geldkassette (CHF 195.50), HD-Nr. 14 Bargeld Euro 480, CHF 500.00, CHF 110.00 Reka-Checks.

8.    Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien zu 2/5 dem Beschuldigten aufzuerlegen und zu 3/5 auf die Gerichtskasse zu nehmen.

9.    Die Kosten der amtlichen Verteidigung seien gemäss der eingereichten Honorar- und Spesennote festzulegen.

10.  Die Kosten des Verfahrens seien vom Staat zu tragen.

*

Das Urteil wird den Parteien durch die Gerichtsschreiberin im Verlauf des Nachmittags vom 22. Juni 2023 telefonisch eröffnet. Damit entfällt die ursprünglich für den 22. Juni 2023, 17:00 Uhr, vorgesehene mündliche Urteilseröffnung durch das Gericht.

Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:

I. Prozessgeschichte

 

1. Am 7. Dezember 2020 erstattete das Kantonale Konkursamt bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn Strafanzeige gegen A.___ (nachfolgend Beschuldigter) wegen Misswirtschaft, Unterlassung der Buchführung und missbräuchlicher Beantragung eines Covid-19-Kredites im Zusammenhang mit der D.___ GmbH, über welche am 24. September 2020 der Konkurs eröffnet worden war (Akten der Staatsanwaltschaft, nachfolgend zitiert mit Register / konkrete Seitenzahl [pag.], Reg. 2.1.1. / pag. 001 ff.).

 

2. Am 9. Dezember 2020 eröffnete die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen Betrugs (Art. 146 Abs. 1 StGB), Unterlassung der Buchführung (Art. 166 StGB) und Misswirtschaft (Art. 165 Ziff. 1 StGB). In der Folge wurde die Strafuntersuchung mehrfach ausgedehnt (Reg. 12.1.1. / pag. 001 ff.).

 

3. Am 5. März 2021 erliess die Staatsanwaltschaft einen Hausdurchsuchungsbefehl für die Wohnräume des Beschuldigten an der [Strasse] in [Ort 1], welcher am 12. März 2021 vollstreckt wurde (Reg. 12.2. / pag. 001 ff.).

 

4. Ebenfalls am 5. März 2021 erliess die Staatsanwaltschaft einen Vorführungsbefehl gegen den Beschuldigten. Am 12. März 2021 erfolgte die Festnahme des Beschuldigten. Am 15. März 2021 ordnete das Haftgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Untersuchungshaft über den Beschuldigten für die Dauer von drei Monaten an. Am 26. April 2021 wurde der Beschuldigte aus der Untersuchungshaft entlassen (Reg. 12.3.1. / pag. 001 ff.).

 

5. Am 27. Oktober 2021 erhob die Staatsanwaltschaft beim Richteramt Thal-Gäu Anklage gegen den Beschuldigten wegen mehrfacher Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253 StGB), Misswirtschaft (Art. 165 Ziff. 1 StGB), Unterlassung der Buchführung (Art. 166 StGB), betrügerischen Konkurses und Pfändungsbetrugs (Art. 163 Ziff. 1 StGB), Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB), Betrugs (Art. 146 Abs. 1 StGB), Hehlerei (Art. 160 Ziff. 1 StGB), Gehilfenschaft zum Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 i.V.m. Art. 25 StGB), Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch (Art. 186 i.V.m. Art. 25 StGB), Vergehens gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Art. 87 Abs. 4 AHVG), Vergehens gegen das BG über Geldspiele (Art. 130 Abs. 1 a BGS) und Vergehens gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 19. Juni 2020 (Art. 13 lit. d i.V.m. Art. 6 Abs. 1 und 2 Covid-19-Verordnung besondere Lage) (Reg. 1.4./ pag. 005 ff.).

 

6. Am 7. April 2022 erliess das Amtsgericht von Thal-Gäu folgendes Urteil:

     1.    A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:

a)  mehrfache Erschleichung einer falschen Beurkundung, begangen am 27. April 2018, in [Ort 4] (Vorhalt Ziff. 1 a) und b));

b)  Misswirtschaft, begangen ab dem 26. April 2019 bis 24. September 2020, in [Ort 1] (Vorhalt Ziff. 2);

c)  Unterlassung der Buchführung, begangen in der Zeit vom 30. April 2018 bis zum

     24. September 2020, in [Ort 1] (Vorhalt Ziff. 3);

d)  Betrügerischer Konkurs und Pfändungsbetrug, begangen in der Zeit vom 6. April 2020 bis zum 24. September 2020 (Vorhalt Ziff. 4);

e)  Urkundenfälschung, begangen am 6. April 2020, in [Ort 1] (Vorhalt Ziff. 5);

f)  Betrug, begangen am 6. April 2020, in [Ort 1] (Vorhalt Ziff. 6);

g)  Hehlerei, begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 12. März 2021, in [Ort 1] (Vorhalt Ziff. 7);

h)  Gehilfenschaft zum Diebstahl, begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 20. Februar 2021, in [Ort 2] (Vorhalt Ziff. 8);

i)   Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch, begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 20. Februar 2021, in [Ort 2] (Vorhalt Ziff. 9);

j)   Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, begangen mindestens in der Zeit von Oktober 2018 bis März 2019, in [Ort 1] (Vorhalt Ziff. 10);

k)  Vergehen gegen das BG über Geldspiele, begangen mindestens in der Zeit vom 5. Juli 2020 bis zum 26. November 2020 sowie am 12. März 2021, in [Ort 1] (Vorhalt Ziff. 11);

l)   Widerhandlung gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 19. Juni 2020, begangen in der Zeit vom 11. März 2021 bis zum 12. März 2021, in [Ort 1] (Vorhalt Ziff. 12).

2.    Folgende A.___ bedingt gewährten Strafen sind zu widerrufen und zu vollziehen:

a)  Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons […] vom 1. April 2020 für eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 90.00;

b)  Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons […] vom 6. Mai 2020 für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 100.00 (Zusatzstrafe zum Urteil vom 1. April 2020).

3.    A.___ wird verurteilt zu:

a)  einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten;

b)  einer Busse von CHF 500.00, bei Nichtbezahlung ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 5 Tagen.

4.    A.___ ist die vom 12. März bis 16. April 2021 ausgestandene Untersuchungshaft von 46 Tagen an die Freiheitsstrafe anzurechnen.

5.    A.___ wird gestützt auf Art. 66a Abs. 1 lit. d StGB für die Dauer von 10 Jahren des Landes (Hoheitsgebiet der Schweiz) verwiesen.

6.    Es wird festgestellt, dass folgende beschlagnahmten Gegenstände bereits an die rechtmässige Eigentümerin zurückgegeben wurden:

2 Stk. Holmatro Core, Schlauch (1x orange; 1x grün), an Feuerwehr der Stadt [Ort 11] zurückgegeben;

1 Stk. Holmatro Spreizer, Core, an Feuerwehr der Stadt [Ort 11] zurückgegeben;

1 Stk. Holmatro Keilzylinder, Core, an Feuerwehr der Stadt [Ort 11] zurückgegeben;

Holmatro, Benzin, Duopumpe, DPU 31 PL, an Feuerwehr der Stadt [Ort 11] zurückgegeben;

1 Stk. Honda, Stromerzeuger, EU 2.0i, an Feuerwehr der Stadt [Ort 11] zurückgegeben.

7.    Folgende beschlagnahmte Gegenstände werden eingezogen und sind 30 Tage nach Feststellung der Rechtskraft dieses Urteils durch die Polizei zu verwerten, evtl. zu vernichten, wobei ein allfälliger Netto-Verwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) dem Staat Solothurn verfällt:

 

Anzahl/Objekt                                                                        Aufbewahrungsort

IPad silber/weiss CE […], ohne Code                                               Asservate

Ausweis «Baustellen» von E.___                                                      Asservate

DVD’s                                                                                                 Asservate

LG Handy schwarz, ohne Code                                                         Asservate

IPad 64 Gbt, IMEI […], weiss                                                            Asservate

Bargeldkasse, grau                                                                           Asservate

Bargeldkasse pink mit Schlüssel                                                       Asservate

Kartonbecher mit CHF-Hartgeld in Silber, insgesamt

30 Münzen                                                                                         Asservate

Reka-Checks CHF 110.00                                                                 Asservate

UBS Stick, 8 Gbt, schwarz                                                                Asservate

IPhone S, weiss mit gelber Hülle, IC […], ohne Code                      Asservate

8 Kreditkarten                                                                                    Asservate

1 Samsung (beschädigt), lila Rand, ohne Code                               Asservate

1 Samsung (beschädigt), schwarz, ohne Code                                Asservate

1 Samsung im Etui mit transparentem Deckel, ohne Code             Asservate

1x Reisetasche Pulp, dunkelgrün mit Zigarettenpackungen

(unbekannte Menge) diverser Marken                                              Asservate

lose Zigarettenpackungen diverser Marken                                     Asservate

1x grüne Kiste mit Zigaretten diverser Marken                                 Asservate

1 Paar braune Schuhe, Grösse 43                                                   Asservate

1x Behältnis rot mit diversen Münzen                                               Asservate

1x Behältnis rot mit 2x Uhren und Schmuck                                     Asservate

1x Plastiksäckchen mit 4 Silbermünzen                                            Asservate

1x Couvert mit der Aufschrift "F.___ [Ort 3]"

und folgendem Inhalt:

-        6x zyprische Pfund

-        1x 250'000 türkische Lire

-        7x 5'000.00 jugoslawische Dinar

-        12x 1'000.00 jugoslawische Dinar

-        1x 500 jugoslawische Dinar

-        1x 50 jugoslawische Dinar

-        1x 20 jugoslawische Dinar

-        3x 10 jugoslawische Dinar                                                           Asservate

8.    Folgende beschlagnahmte Barbeträge werden eingezogen und verfallen 30 Tage nach Feststellung der Rechtskraft dieses Urteils dem Staat Solothurn, unter Verrechnung mit der Busse und den vom Beschuldigten zu tragenden Gerichtskosten:

Objekt                                              Betrag der auf Gerichtskasse einbezahlt wurde

Bargeld CHF 5'000.00                                          CHF 5'000.00

Bargeld CHF 200.00                                                   CHF 200.00

Bargeld in Geldkassette                                             CHF 122.20

Bargeld in Geldkassette                                             CHF 195.50

EUR 480.00; CHF 500.00                                          CHF 1022.10

Bargeld von insgesamt CHF 10'500.00                    CHF 10'500.00

Erlös vom [Fahrzeug], [Kennzeichen]                       CHF 1'445.00

Total beschlagnahmte Gelder                                   CHF 18'484.80

9.    A.___ wird bei der Anerkennung behaftet, der Privatklägerin GT.___, CHF 100'000.00 zuzüglich 5% Zins seit 25. Dezember 2020 als Schadenersatz zu schulden.

10.  Im Übrigen wird die Zivilklage der GT.___ abgewiesen.

11. Folgende Zivilforderungen werden auf den Zivilweg verwiesen:

a)  [weitere Privatklägerin]: CHF 1'016.00

b)  [Getränkemarkt]: CHF 1'000.00

12.  A.___ hat der Privatklägerin GT.___, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Daphinoff, Bern, eine Parteientschädigung von CHF 6'015.30 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.

13.  Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Fabian Brunner, Solothurn, wird auf CHF 8'217.40 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen, zahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn.

       Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 2'224.00 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00 pro Stunde), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

14.  Es wird festgestellt, dass die Kostennote des ehemaligen amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Christian Werner, [Ort 5], von der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn mit Verfügung vom 13. April 2021 auf CHF 6'312.20 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt worden ist.

       Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

15. Die übrigen Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00, total CHF 9'000.00, hat A.___ zu tragen. Sie sind mit den sichergestellten Vermögenswerten gemäss Ziff. 7 und 8 vorstehend zu verrechnen.

7. Am 20. Juli 2022 erklärte der Beschuldigte die Berufung (Akten des Obergerichts, nachfolgend zitiert mit OGer und konkreter Seitenzahl, OGer 001 ff.).

 

8. Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit Eingabe vom 25. Juli 2022 auf ein Rechtsmittel (OGer 056).

 

9. Ebenso verzichtete die GT.___ mit Eingabe vom 5. August 2022 auf ein Rechtsmittel (OGer 060).

 

10. Die übrigen Parteien liessen sich nicht vernehmen.

 

11. Am 8. Februar 2023 wurde zur Berufungsverhandlung auf den 22. Juni 2023 vorgeladen (OGer 068 ff.).

 

12. Mit Verfügung vom 4. Mai 2023 wurden die Akten des Berufungsverfahrens betreffend G.___ und H.___ (STBER.2022.65) beigezogen (Ziff. 1). Ebenso wurde den Parteien mitgeteilt, dass das Berufungsgericht im Falle der Anordnung der Landesverweisung auch über deren Ausschreibung im SIS zu befinden haben werde (OGer 079 f.).

 

13. Mit Verfügung vom 10. Mai 2023 wurden für das vorliegende Verfahren die Akten des inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn betreffend Widerruf der Niederlassungsbewilligung / Wegweisung des Beschuldigten (VWBES.2021.367) beigezogen (OGer 081 ff.).

 

14. Am 15. Mai 2023 ging dem Obergericht eine Mitteilung des Bundesamts für Justiz, beinhaltend eine Meldung zu einem bereits erfassten hängigen Strafverfahren, ein (OGer 085). Gestützt auf diese Meldung wurden am 15. Mai 2023 bei der Staatsanwaltschaft […] Kopien der Strafakten ST.2023.3644/gvot eingeholt (OGer 086 ff.).

 

15. Mit Schreiben vom 19. Mai 2023 liess der amtliche Verteidiger dem Berufungsgericht mitteilen, dass der Beschuldigte über keine Belege betreffend seine finanziellen Verhältnisse verfügt (OGer 101).

 

16. Am 23. Mai 2023 wurde ein aktueller Strafregisterauszug des Beschuldigten eingeholt und den Parteien zugestellt (OGer 102 ff.).

 

17. Ebenfalls am 23. Mai 2023 wurde dem Berufungsgericht seitens des Straf- und Massnahmenvollzugs mitgeteilt, dass der Beschuldigte von der Polizei Kanton Solothurn aufgegriffen worden sei bzw. dass nun vorgesehen sei, diesen gestützt auf die zwischenzeitlich rechtskräftig gewordene, durch den Beschuldigten missachtete Wegweisung zwangsweise ausser Landes zu schaffen (OGer 107 ff.).

 

18. Mit Eingabe vom 8. Juni 2023 stellte Rechtsanwalt Michael Daphinoff als Vertreter der Privatklägerin GT.___ folgende Anträge (OGer 115 ff.):

       1.  Herr A.___ sei wegen Betrugs (Art. 146Abs. 1 StGB) und Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB), eventualiter wegen Widerhandlung nach Art. 23 Covid-19-Solidarbürgschaftsverordnung schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen.

       2.  Herr A.___ sei zu verurteilen, der Privatklägerin Schadenersatz in der Höhe von CHF 100'000.00 zzgl. Zins zu 5 % seit dem 25. Dezember 2020 zu bezahlen.

       3.  Es sei der Privatklägerin eine allenfalls von Herrn A.___ bezahlte Geldstrafe und/oder Busse in Anwendung von Art. 73 Abs. 1 lit. a StGB, eingezogene Gegenstände und Vermögenswerte deren Verwertungserlös gemäss Art. 73 Abs. 1 lit. b StGB resp. Ersatzforderungen gemäss Art. 73 Abs. 1 lit. c StGB zuzusprechen.

       4.  Herr A.___ sei zu verurteilen, die gerichtlich zu bestimmenden Verfahrenskosten zu bezahlen.

       5.  Herr A.___ sei zu verurteilen, der Privatklägerin eine Parteientschädigung in der Höhe von CHF 8'473.83 zu bezahlen.

 

19. Am 13. Juni 2023 wurden bei der Staatsanwaltschaft […] die Akten MU1 22 2474 betr. Verurteilung des Beschuldigten wegen unrechtmässiger Aneignung, begangen am 17. April 2022, eingeholt (OGer 257).

 

20. Am 22. Juni 2023 fand die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht statt.

 

 

II. Rechtskraft des vorinstanzlichen Urteils und Gegenstand des Berufungsverfahrens

 

Die Berufung des Beschuldigten richtet sich – in Berücksichtigung der anlässlich der Verhandlung vor dem Berufungsgericht gemachten Präzisierungen des amtlichen Verteidigers (s. diesbezüglich das Protokoll der Hauptverhandlung vom 22.06.2023) – gegen die Schuldsprüche (Ziff. 1 des erstinstanzlichen Urteils) wegen mehrfacher Erschleichung einer falschen Beurkundung, begangen am 27. April 2018, in [Ort 4] (Ziff. 1. lit. a des erstinstanzlichen Urteils; Vorhalt Ziff. 1 a) und b) der Anklageschrift), betrügerischen Konkurses und Pfändungsbetrugs, begangen in der Zeit vom 6. April 2020 bis zum 24. September 2020 (Ziff. 1 lit. d des erstinstanzlichen Urteils; Vorhalt Ziff. 4 der Anklageschrift), Urkundenfälschung, begangen am 6. April 2020, in [Ort 1] (Ziff. 1 lit. e des erstinstanzlichen Urteils; Vorhalt Ziff. 5 der Anklageschrift), Betrugs, begangen am 6. April 2020, in [Ort 1] (Ziff. 1 lit. f des erstinstanzlichen Urteils; Vorhalt Ziff. 6 der Anklageschrift), Hehlerei, begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 12. März 2021, in [Ort 1] (Ziff. 1 lit. g des erstinstanzlichen Urteils; Ziff. 7 der Anklageschrift), Gehilfenschaft zum Diebstahl, begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 20. Februar 2021, in [Ort 2] (Ziff. 1 lit. h des erstinstanzlichen Urteils; Vorhalt Ziff. 8 der Anklageschrift), der Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch, begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 20. Februar 2021, in [Ort 2] (Ziff. 1 lit. i des erstinstanzlichen Urteils; Vorhalt Ziff. 9 der Anklageschrift) und des Vergehens gegen das BG über Geldspiele, begangen mindestens in der Zeit vom 5. Juli 2020 bis zum 26. November 2020 sowie am 12. März 2021, in [Ort 1] (Ziff. 1 lit. k des erstinstanzlichen Urteils; Vorhalt Ziff. 11 der Anklageschrift). Weiter angefochten sind die Strafzumessung (Ziff. 2 und 3 des erstinstanzlichen Urteils), die Landesverweisung (Ziff. 5 des erstinstanzlichen Urteils), teilweise die Entscheide über die beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte (Ziff. 7 und Ziff. 8 des erstinstanzlichen Urteils), ein Teil der Zivilansprüche (Ziff. 11 des erstinstanzlichen Urteils, betreffend die nicht im Urteil enthaltene Zivilforderung der Feuerwehr und Zivilschutz der Stadt [Ort 11] [Ziff. II.1.1. der Anklageschrift]) sowie die Kostenregelung (Ziff. 15 des erstinstanzlichen Urteils).

 

Nicht angefochten und demnach in Rechtskraft erwachsen sind folgende Ziffern des vorinstanzlichen Urteils: Die Schuldsprüche wegen Misswirtschaft (Ziff. 1 lit. b des erstinstanzlichen Urteils, Vorhalt Ziff. 2 der Anklageschrift), Unterlassung der Buchführung (Ziff. 1 lit. c des erstinstanzlichen Urteils, Vorhalt Ziff. 3 der Anklageschrift), wegen Vergehens gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (Ziff. i lit. j des erstinstanzlichen Urteils, Vorhalt Ziff. 10 der Anklageschrift) und wegen Widerhandlung gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 19. Juni 2020 (Ziff. 1 li. l des erstinstanzlichen Urteils, Vorhalt Ziff. 12 der Anklageschrift), teilweise die Entscheide über die beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte (Ziff. 7 und 8 des erstinstanzlichen Urteils), die Zivilforderung der GT.___ (Ziff. 9 und 10 des vorinstanzlichen Urteils) sowie die Entschädigungen der amtlichen Verteidiger der Höhe nach (Ziff. 13 und 14 des vorinstanzlichen Urteils).

 

Ebenfalls nicht explizit angefochten aber dennoch im Rahmen der Strafzumessung zu überprüfen ist Ziff. 4 des erstinstanzlichen Urteils (Anrechnung der Haft).

Hinsichtlich der Ziffern 11 lit. a und b des erstinstanzlichen Urteils wurde anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung die Berufung zurückgezogen, ebenso wie hinsichtlich der Feststellung der Rückgabe der beschlagnahmten Gegenstände an die Feuerwehr der Stadt [Ort 11] (Ziff. 6 des erstinstanzlichen Urteils).

 

Hinsichtlich der im vorliegenden Verfahren noch zu beurteilenden Vorhalte wird auf die Anklageschrift verwiesen.

 

 

III. Beweiswürdigung, rechtliche Würdigung

 

1. Vorhalt der mehrfachen Erschleichung einer falschen Beurkundung, Art. 253 StGB (Ziff. 1a und Ziff. 1b der Anklageschrift vom 27.10.2021)

 

Der Sachverhalt ist nicht bestritten. Der Beschuldigte hat von Anfang an zugestanden, dass er sich das Kapital für die Gründung der D.___ GmbH von einem Dritten ausgeliehen und dieses nach der Gründung wieder zurückbezahlt hat. Er bestreitet den subjektiven Tatbestand, indem er ausführt, nicht gewusst zu haben, dass dieses Vorgehen nicht zulässig sei. Wie die Vorinstanz zurecht ausführt, handelt es sich dabei um eine offensichtliche Schutzbehauptung. Der Beschuldigte hat gegenüber dem Notar mit seiner Unterschrift bestätigt, dass das Gründungskapital zur ausschliesslichen Verfügung der Gesellschaft steht und dass alle statutarischen Anforderungen an die Leistung der Einlagen erfüllt sind. Den beurkundenden Notar trifft eine Aufklärungspflicht, d.h. er hat sich zu vergewissern, dass die Partei unabhängig von ihren sonstigen persönlichen Fähigkeiten in administrativen Belangen den Inhalt des zu beurkundenden Geschäfts auch versteht und er hat diese im Zweifelsfalle über die Tragweite des zu beurkundenden Sachverhalts im Detail aufzuklären. Die Bedeutung des Gründungskapitals und dessen weiteres Schicksal stellen dabei einen zentralen Punkt beim Vorgang einer jeden Gesellschaftsgründung dar. Es besteht somit vorliegend kein Zweifel, dass der Beschuldigte durch den Notar über die Umstände in für ihn verständlichen Worten genügend über die Tragweite des Geschäfts und die Bedeutung seiner Unterschrift aufgeklärt worden war. Ihm war somit klar, dass seine unterschriftliche Bestätigung in der Gründungsurkunde hinsichtlich der ausschliesslichen Verfügbarkeit des Gründungskapitals für die Gesellschaft und hinsichtlich der Erfüllung der statutarischen Anforderungen an die Leistung der Einlagen nicht den wahren Gegebenheiten entsprach und damit unrichtig war. Diesbezüglich ist auch auf die detaillierten und zutreffenden Ausführungen der Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer abzustellen (Stichwort Parallelwertung in der Laiensphäre). Das Argument der Verteidigung, der Beschuldigte sei in administrativen Belangen nicht der Stärkste gewesen, verfängt somit nicht.

 

Ebenso zweifelsfrei erwiesen ist die Täuschungsabsicht des Beschuldigten. Was die rechtliche Würdigung anbelangt, kann vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. Es hat daher ein Schuldspruch wegen mehrfacher Erschleichung einer falschen Beurkundung im Sinne von Art. 253 StGB, begangen am 27. April 2018 in [Ort 4], zu ergehen.

 

2. Vorhalte im Zusammenhang mit der Erlangung eines COVID-19-Kredites über CHF 100'000.00: Betrügerischer Konkurs (Art. 163 Ziff. 1 StGB), Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB) und Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB, Ziff. 4 - 6 der Anklageschrift vom 27.10.2021)

 

2.1. Die D.___ GmbH wurde am 30. April 2018 mit folgendem Zweck ins Handelsregister des Kantons Solothurn eingetragen: «Erstellen von Hoch- und Tiefbauten aller Art, Vornahme von Isolierungen, Bauabdichtungen, Beschichtungen, Beton- und Flachdachsanierungen, Fugenabdichtungen, Injektionen, Klebarmierungen und Reinigungsarbeiten, Erstellen von Industrieböden sowie Erbringen Bautreuhand- und Bauberatungsleistungen. Kann Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im In- und Ausland errichten und sich an anderen Unternehmen im In- und Ausland beteiligen, Grundstücke erwerben, belasten und veräussern sowie alle Geschäfte tätigen, die direkt Indirekt mit ihrem Zweck in Zusammenhang stehen.». Als einziger Gesellschafter und Geschäftsführer mit Einzelunterschrift wurde der Beschuldigte eingetragen (Reg 2.1.1. / pag. 009).

 

Am 6. April 2020 unterzeichnete der Beschuldigte für die D.___ GmbH eine Covid-19-Kreditvereinbarung mit der [Bank 1] über einen Kreditbetrag von insgesamt CHF 100'000.00 (Reg. 6.1. / pag. 014). Dabei gab er unter Ziff. 3 des entsprechenden Formulars einen Umsatzerlös der D.___ GmbH für das Jahr 2019 in Höhe von CHF 1'350'000.00 an. Der Beschuldigte bestätigte unter Ziff. 4 des Formulars, dass er aufgrund der Covid-19-Pandemie namentlich hinsichtlich seines Umsatzes wirtschaftlich beeinträchtigt sei und dass er den Kreditbetrag ausschliesslich zur Sicherung seiner laufenden Liquiditätsbedürfnisse verwenden werde. Er wurde ausdrücklich auf die Straffolgen des Betruges (Art. 146 StGB) und der Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) hingewiesen. Unter Ziff. 5 des Formulars erfolgte unter dem Titel «Verwendungszweck» schliesslich der Hinweis, der Kredit dürfe ausschliesslich zur Sicherung der laufenden Liquiditätsbedürfnisse des Kreditnehmers verwendet werden. Die Bank habe keine Pflicht, die vertragskonforme Verwendung zu prüfen.

 

Am 8. April 2020 wurde mit der Karte mit der Endnummer […] am Geldautomat der [Bank 1] in [Ort 5] ab dem Firmenkonto der D.___ GmbH bei der [Bank 1], Konto-Nr. […], ein Betrag von CHF 80'000.00 in bar bezogen. Am 9. April 2020 erfolgte ein weiterer Bezug über CHF 19'000.00 am Geldautomat der [Bank 1] [Ort 6] mit der Karte mit der Endnummer […]. Nach diesem Geldbezug war das Konto mit CHF 99'650.74 im Minus. Der Schlusssaldo des Kontos im Zeitpunkt der Sperrung durch die Staatsanwaltschaft resp. per 11. Mai 2020 betrug total CHF -100'039.96 (Reg. 6.1. / pag. 009 f.). Gemäss Mitteilung der [Bank 1] an die Staatsanwaltschaft vom 2. August 2019 gehörten zu dieser Kontoverbindung zwei Maestrokarten, eine Karte mit der Nr. […] lautend auf den Beschuldigten und eine Karte mit der Nr. […] lautend auf I.___ (Reg. 5.1.4. / pag. 065). Am 22. Januar 2021 teilte die [Bank 1] der Staatsanwaltschaft mit, alle Covid-19-Kredite bis CHF 500'000.00 seien bei der [Bank 1] als Kontokorrentkredite ausgesetzt, d.h. auf dem Konto werde eine Limite hinterlegt, bis zu welcher der Kunde das Konto im Soll nutzen könne (Reg. 6.1. / pag. 037).

 

Am 24. September 2020 wurde über die D.___ GmbH der Konkurs eröffnet. Am 2. Dezember 2020 wurde das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt. Gemäss Betreibungsregisterauszug vom 25. September 2020 hatte die Firma innert der 29 Monate ihres Bestehens insgesamt 37 Forderungen von mindestens CHF 127'000.00 angehäuft. Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung verfügte sie über keinerlei Aktiven (Reg. 2.1.1. / pag. 001 ff.).

 

2.2. Aus den edierten Kontoauszügen des Firmenkontos der D.___ GmbH bei der [Bank 1] ist ersichtlich, dass die Firma von verschiedenen Firmen und vereinzelt auch Privatpersonen Zahlungen überwiesen erhielt, hauptsächlich in der Zeit ab Gründung bis Februar 2019. Danach waren bis März 2020 kaum mehr Umsätze zu verzeichnen (Reg. 5.1.4. / pag. 095 ff., Reg 6.1. / pag. 001 ff.). Von August bis Oktober 2019 arbeitete der Beschuldigte im Angestelltenverhältnis für die J.___ SARL, bevor er wiederum mit der D.___ GmbH tätig war. Am 11. Mai 2020 ging letztmals Geld auf dem Konto der D.___ GmbH ein. Insgesamt sind auf dem Bankkonto Umsätze von CHF 431'642.28 ersichtlich (Reg. 3.1. / pag. 338 f.; resp. gemäss Reg. 3.1. / pag. 258 CHF 439'032.47): CHF 335'649.90 (2018), CHF 35'390.19 (2019) und CHF 67'992.38 (2020). Eine Auswertung der anlässlich der Hausdurchsuchung beim Beschuldigten vom 12. März 2021 sichergestellten Daten ergab zudem einen Barumsatz von Juli 2019 bis Juni 2020 von insgesamt CHF 455'041.62 (Reg. 3.1. / pag. 259 und Reg. 3.1. / 339): CHF 61'022.51 (2019) und CHF 394'019.11 (2020). Im Handy des Beschuldigten wurden zudem COVID-19-Kreditanträge von diversen Gesellschaften gesichert (Reg. 3.1. / pag. 342).

 

2.3. Im Rahmen eines Strafverfahrens gegen K.___ (Gesellschafter und Geschäftsführer der L.___ GmbH in Liquidation, zwischenzeitlich aus dem Handelsregister gelöscht) wegen Erpressung und Nötigung zum Nachteil des Beschuldigten sagte der Beschuldigte anlässlich einer polizeilichen Einvernahme vom 9. Juli 2019 aus, zurzeit keine Angestellten zu haben. In den letzten beiden Jahren habe er über zehn Angestellte gehabt, vielleicht 12 13, je nach Auftragslage. K.___ habe ihm vor fast zwei Jahren einmal Baumaterial im Wert von CHF 100'000.00 verkauft. Es sei abgemacht gewesen, dass er zur Finanzierung des Kaufpreises bei jedem Auftrag, den er von K.___ erhalten habe, CHF 5'000.00 – 10'000.00 an K.___ zahle, resp. K.___ dies vom Honorar abziehe. Insgesamt habe er so über CHF 25'000.00 an K.___ zurückbezahlt. Vor etwa fünf Monaten habe K.___ ihm Druck gemacht und er habe ihm dann das ganze Baumaterial zurückgeben müssen. Auf Verlangen von K.___ habe er diesem dann nochmals CHF 10'000.00, also 10 % des Materialwertes, bezahlt. Dies für die Verwendung des Materials. Die Firma von K.___ sei die L.___ GmbH. K.___ habe als Generalunternehmer fungiert und ihm (dem Beschuldigten) als Subunternehmer Aufträge erteilt. Er habe zwischen 15 und 20 Kunden von K.___ gehabt (Reg. 5.1.4. / pag. 039 ff.). Bei der Einvernahme vom 18. September 2020 gegenüber der Staatsanwaltschaft im selben Verfahren sagte der Beschuldigte u.a. aus, damals (April – Juli 2019) an Depressionen gelitten zu haben, auch wegen dem Finanziellen. Es sei alles nicht so gelaufen, wie es hätte sollen (Reg. 5.1.4. / pag. 058).

 

2.4. Im Rahmen eines gegen den Beschuldigten geführten Strafverfahrens wegen Übertretung des BG gegen die Schwarzarbeit machte der Beschuldigte am 12. September 2019 folgende Aussagen (Reg. 5.1.4. / pag. 015 ff.): Die Firma D.___ GmbH existiere aktuell noch, sei aber stillgelegt. Sie werde vielleicht in zwei Wochen geschlossen. Er sei seit zwei Monaten bei der […] (recte: J.___) GmbH als Eisenleger im 100%-Pensum angestellt. Er habe seit sechs bis sieben Monaten keine Kontrolle mehr über seine Firma, das sei auch ein Grund, weshalb die Firma geschlossen werde. Er habe finanzielle Probleme mit der Firma. Er habe ausstehende Einnahmen von geleisteten Arbeiten in Höhe von ca. CHF 100'000.00 aber auch offene Rechnungen bei Lieferanten. Er wolle von dieser Firma nichts mehr wissen. Er habe Angst davor.

 

2.5. Bei der Einvernahme durch das Kantonale Konkursamt am 16. November 2020 (Reg. 2.1.1. / pag. 024 ff.) gab der Beschuldigte an, im Jahr 2018 sei die Firma kaum aktiv gewesen. Seit dem 31. Dezember 2019 habe die Firma keine Arbeitnehmer mehr gehabt. Er habe allen per Ende 2019 gekündigt. Die zahlreichen Bargeldbezüge ab dem Firmenkonto bei der [Bank 1] seien für die Löhne des Personals aufgewendet worden, auch für seinen Lebensunterhalt, da er über kein eigenes Konto verfügt habe. Auch mit dem Corona-Kredit seien noch die restlichen Löhne und Schulden der Firma sowie sein Lebensunterhalt bezahlt worden. Er sei leider oftmals belogen worden auf falsche Versprechungen reingefallen, für Aufträge, die dann doch nicht zu Stande gekommen seien. Dadurch habe er viel mehr Auslagen als Einnahmen gehabt.

 

2.6. Anlässlich der Einvernahme nach vorläufiger Festnahme bei der Staatsanwaltschaft vom 12. März 2021 (Reg. 10.1. / pag. 001 ff.) gab der Beschuldigte zu Protokoll, er habe den Kreditantrag unterzeichnet. Er habe diesen vom Internet geholt. Von Buchhaltung habe er keine Ahnung gehabt. Die Buchhaltung habe I.___ gemacht. Er sei in Schwierigkeiten gewesen, seine Mitarbeiter zu zahlen. (Ob denn seine Firma von den Covid-Massnahmen betroffen gewesen sei und weniger Umsatz gemacht habe?) Ja. (Auf Vorhalt, wonach gemäss bisherigen Abklärungen die D.___ GmbH ab April 2019 keine Eingänge mehr gehabt habe und er gemäss seinen eigenen Aussagen im Strafverfahren STBER.2019.15675 ab August 2019 gar nicht mehr für die D.___ GmbH gearbeitet habe bzw. wie demnach die Gesellschaft einen Umsatz von CHF 1'350'000.00 habe generieren können?) Er denke, der Umsatz der Gesellschaft sei viel grösser gewesen. (Auf nochmaligen Vorhalt, dass seit April 2019 auf der Bank keine Eingänge mehr verzeichnet worden seien:) Sie hätten nachher nicht mehr mit der D.___ GmbH gearbeitet, weil keine interessante Offerte mehr gekommen sei. (Ab wann er dann nicht mehr für die D.___ GmbH gearbeitet habe?) Sie hätten 2018 begonnen mit den Arbeiten. Sie seien mit I.___ zusammen gewesen, dieser sei für die Dokumente und die Buchhaltung verantwortlich gewesen. (Ab wann er nicht mehr mit dieser Firma gearbeitet habe?) Er könne das nicht genau sagen. Seit vier Monaten sei er bei jemandem anderen angestellt, bei der N.___ GmbH. (Auf Vorhalt, wonach aufgrund der bisherigen Ermittlungen davon auszugehen sei, dass die D.___ GmbH im Jahre 2019 höchstens einen Umsatz von CHF 100'000.00 generiert habe und er daher den Umsatz mit CHF 1'350'000.00 bewusst falsch angegeben habe:) Nein, er habe nicht falsche Aussagen gemacht. Sie hätten auch viele Verträge mündlich gemacht. Ab Gründung seien acht Personen bei der D.___ GmbH angestellt gewesen. Es habe viel Arbeit gegeben. Manchmal habe er bis zu 28 Personen für die Firma beschäftigt. (Wie er die Firma finanziert habe, wenn doch ab 2019 keine Eingänge mehr zu verzeichnen gewesen seien?) Er habe keine Ahnung von Dokumenten. (Wofür er die am 08.04.2020 abgehobenen CHF 80'000.00 verwendet habe?) Um die Mitarbeiter zu bezahlen und seine Schulden und so. (Wofür er die CHF 19'000.00 verwendet habe, welche er einen Tag später bezogen habe?) Die Schulden seien über CHF 140'000.00 gewesen. Die Firma sei nicht mehr bezahlt worden. Er habe gearbeitet für nichts. Eine Firma habe Schulden über fast CHF 200'000.00 bei ihnen gehabt und nichts bezahlt. (Wie diese Firma heisse?) Dies sei die O.___ AG mit Sitz in [Ort 2]. (Auf Vorhalt, wonach er im Verfahren STR.2019.15675 betr. Schwarzarbeit ausgesagt habe, mit der Firma überfordert gewesen zu sein und nichts mehr damit habe zu tun haben wollen, trotzdem habe er im April 2020 den COVID-Kredit beantragt:) Er sei müde gewesen und habe Schulden gehabt, bis es nicht mehr gegangen sei. Er habe für seine Arbeit kein Geld bekommen und sei verarscht worden. (Auf Vorhalt seiner auf ihn privat laufenden Verlustscheine über CHF 150'000.00:) Wenn bei ihm alles bezahlt worden wäre, hätte er mindestens eine halbe Million auf der Sparkasse. Es brauche noch etwas Zeit. (Auf Vorhalt, wonach er aufgrund der grossen Überschuldung habe wissen müssen, dass er den Kredit nie werde zurückbezahlen können:) Er habe den Kredit aufgenommen, um ihn zurückzuzahlen. Niemand habe Geld zum Verschenken. (Auf Vorhalt, wonach er den Kredit nicht zur Sicherung der laufenden Liquiditätsbedürfnisse der D.___ GmbH verwendet habe:) Das sei alles zur D.___ GmbH gegangen. Er habe keinen Rappen für sich genommen. Er habe nur seine Ruhe haben wollen, dass er privat keine Schulden habe. (Wo sich die Buchhaltungsunterlagen der Firma befänden?) I.___ habe die kompletten Dokumente. Er habe ihm alles gegeben. (Wann er ihm zum letzten Mal Dokumente übergeben habe?) Das sei mehr als ein Jahr her. (Wie I.___ denn hätte die Buchhaltung machen sollen ohne Dokumente?) Er, der Beschuldigte, habe in dieser Zeit nicht gearbeitet. (Ob er somit nicht mehr gearbeitet habe, als er den Covid-Kredit beantragt habe?) Sie seien dann voll am Schaffen gewesen.     

 

2.7. Im Rahmen der Haftverhandlung vom 15. März 2021 machte der Beschuldigte folgende Aussagen (Reg. 12.3.1. / pag. 022): Er entschuldige sich, er habe das nicht gemacht, wie es sein sollte. Er habe aber keinen Schaden anrichten wollen. Er habe viele Papiere mit Abrechnungen. Man könne die Abrechnungen bei den Firmen holen. Es seien zwar Rechnungen gestellt worden, aber nicht deklariert. Er habe z.B. einen Auftrag von CHF 100'000.00 gehabt, dieser sei aber nicht zum Steueramt gegangen. (Wie die Firmen heissen, von denen er Gelder bezogen habe, ohne sie zu deklarieren?)  L.___ von Herrn K.___, P.___ AG, Q.___ GmbH, O.___ AG, und noch 4-5 andere Firmen, mit denen er grössere Umsätze gemacht habe, auch die Firmen R.___ AG, S.___ GmbH, nur diese seien mehr als eine Million Umsatz.

 

2.8. Anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 22. März 2021 machte der Beschuldigte folgende Aussagen (Reg. 10.1. / pag. 013 ff.): Er und sein Partner I.___ hätten mit der D.___ GmbH gearbeitet. Er habe das Gefühl gehabt, dass er damit seine Schulden würde zurückzahlen und eine neue Zukunft aufbauen können. Vom Covid-Kredit habe er keinen Rappen für sich genommen. Er habe damit seine Mitarbeiter bezahlt. Wenn die O.___ AG alles bezahlt hätte, hätte er den Kredit zurückzahlen können. Viele Firmen hätten Schulden über mehrere CHF 100'000.00 nicht bezahlt. Die Firma D.___ GmbH habe als Generalunternehmer gearbeitet. Sie hätten Eisenlegerarbeiten, Schalungen, Mauern, Betonarbeiten, Dachdecker usw. gemacht. (Wer die Auftraggeber der Firma gewesen seien?) Die O.___ AG, die L.___ GmbH, Q.___ AG, T.___ AG, R.___ AG, noch viele. Von Privatpersonen hätten sie auch viele Aufträge gehabt. Für Privatpersonen hätten sie Dachdeckerarbeiten und allgemeine Bauarbeiten erledigt. Er habe die Mitarbeiter angestellt und auch die Arbeitsverträge gemacht. Er habe sie auch bezahlt. Die Firma sei Konkurs gegangen und er habe alle Verträge weggeworfen. Er habe gekämpft, damit er die Mitarbeiter habe bezahlen können. (Auf Vorhalt, er habe beim Konkursamt angegeben, I.___ sei nicht mehr erreichbar gewesen; wann das gewesen sei und was der Grund dafür gewesen sei?) Das sei in der ersten Coronazeit gewesen, so ungefähr im März 2020. Er sei da nicht nur finanziell «in der Scheisse» gewesen, sondern auch allgemein. I.___ habe etwas selber gegründet und sei danach weg gewesen. Er, der Beschuldigte, habe Schulden von mehreren hunderttausend Franken gehabt und nicht mehr zahlen können. (Auf Vorhalt, im Verfahren STR.2019.15675 betr. Schwarzarbeit habe er ausgesagt, die D.___ GmbH sei seit ein paar Monaten nicht mehr aktiv und er habe seit zwei Monaten im Angestelltenverhältnis als Eisenleger gearbeitet:) Er wisse nicht mehr, wo er gearbeitet habe. (Weshalb er sich um eine Stelle bemüht und aufgehört habe, Aufträge für die D.___ GmbH auszuführen?) Er habe einfach arbeiten müssen. Wenn er keine Aufträge gehabt habe, dann habe er nach einer neuen Stelle gesucht, damit er habe arbeiten können. (Auf Vorhalt, wonach die D.___ GmbH bereits im November/Dezember 2018 Betreibungen der AHV und der [Versicherung] gehabt habe und sich die Schulden ab April 2019 gehäuft hätten, bis schliesslich gemäss Betreibungsamt eine Summe von CHF 127'000.00 bei Konkurseröffnung offen geblieben sei bzw. auf Frage, was er unternommen habe, um die finanzielle Situation der Firma zu verbessern:) Er habe nichts mehr machen können. Das Konto bei der [Bank 1] sei blockiert gewesen. Er habe eigentlich weiterkämpfen wollen und auch eine interessante Offerte in [Ort 7] gehabt. Er habe den Auftrag dann aber nicht bekommen. Er sei verarscht worden. Die Offerte habe CHF 1.6 Mio. betragen. Es sei eine Entscheidung der Bank gewesen. Die Firma sei nicht sauber gewesen. Wäre die Firma sauber gewesen, hätte er alle Schulden der D.___ GmbH abzahlen und auch seine privaten Schulden begleichen können. (Das Formular für den Covid-Kredit habe er ausgefüllt. Woher er von dieser Möglichkeit erfahren habe?) Das wisse er nicht. Die Leute hätten gesagt, es sei ganz einfach, einen Kredit zu bekommen. Niemand habe ihm dabei geholfen. Er habe es alleine ausgefüllt, aber nicht gedacht, etwas zu bekommen. Dennoch habe er den Gedanken gehabt, die Mitarbeiter damit zu bezahlen. Er sei in Schwierigkeiten gewesen mit den Mitarbeitern und mit dem Material. (Wie er auf einen Jahresumsatz von CHF 1'350'000.00 gekommen sei?) Sie hätten mehr Aufträge und Offerten als das gehabt. Er habe nichts falsch deklariert. Plus minus CHF 50'000.00 spiele keine Rolle. Er habe mehrere Aufträge und Offerten gehabt. (Ob er Belege für die Verwendung des Kredites habe?) Er habe damit die Mitarbeiter bezahlt. Er habe aber keine Belege. (Wie er denn den Kredit hätte zurückzahlen wollen?) Mit einer guten Offerte hätte er den Kredit zurückzahlen können. Am Schluss habe er eine gute Offerte gehabt. Er habe aber den Auftrag nicht bekommen, weil die Firma verschuldet gewesen sei. Im Bau seien CHF 100'000.00 nicht viel Geld. (Auf Vorhalt, in der Einvernahme vom 12.09.2019 [im Verfahren STR.2019.15.675 betr. Schwarzarbeit] habe er ausgesagt, dass die D.___ GmbH seit ein paar Monaten nicht mehr aktiv gewesen sei. Den Kredit habe er dreiviertel Jahre später beantragt. Wann er wieder begonnen habe, mit der D.___ GmbH zu arbeiten?) Er habe immer Arbeit angenommen, damit er aus der «Scheisse» herauskomme. Wenn er eine gute Offerte bekommen hätte, hätte es anders ausgesehen. Er wisse nicht mehr, wie lange er als Eisenleger gearbeitet habe. Er habe nichts mehr machen können, da das Konto der Firma blockiert gewesen sei. Er habe gekämpft. Er wisse nicht mehr, wann er mit der D.___ GmbH wieder angefangen habe zu arbeiten.

 

2.9. Anlässlich der Einvernahme vom 24. März 2021 sagte der Beschuldigte Folgendes aus (Reg. 10.1. / pag. 026 ff.): (Auf Vorhalt, er habe im Verfahren STR.2019.15675 betr. Schwarzarbeit im September 2019 ausgesagt, seit ein paar Monaten nicht mehr mit der D.___ GmbH tätig gewesen zu sein und diese stillgelegt zu haben. Gemäss Bankauszug der [Bank 1] sei seit 15.02.2019 keine Gutschrift mehr eingegangen. Welches der letzte Auftrag mit der D.___ GmbH gewesen sei?) Das wisse er nicht. Er habe mehrere Male aufhören wollen und dann wieder angefangen. Dann sei auch noch das Bankkonto blockiert worden. Er habe aufhören müssen, er wisse nicht mehr genau, wann das gewesen sei. (Auf Vorhalt, er habe gesagt, gegenüber der O.___ AG noch eine grössere offene Forderung gehabt zu haben, die O.___ AG sei aber am 03.12.2018 in Konkurs gegangen:) Es seien mehrere Firmen gewesen, die nicht bezahlt hätten. Wenn nur 80 % bezahlt hätten, dann wäre die D.___ GmbH stabil finanziert gewesen und er wäre heute nicht hier. (Auf Vorhalt:) Er wolle nicht sagen, wer ihn nicht bezahlt habe. (Auf Vorhalt, er solle die Namen der Mitarbeiter der D.___ GmbH nennen:) Es seien viele gewesen. Mehr als die Hälfte kenne er nicht einmal. Es hätten so viele gearbeitet. Sie hätten manchmal nur einen Tag auf einer Baustelle gearbeitet und am anderen Tag bereits auf einer anderen Baustelle. Er könne sich nicht mehr erinnern, bei diversen würden ihm die Familiennamen nicht einfallen (der Beschuldigte schreibt die ihm bekannten Namen, insgesamt sieben, auf ein Blatt Papier, s. Reg. 10.1. / pag. 037). (Ob es sich bei diesen Namen auf der Liste um Festangestellte der D.___ GmbH handle?) U.___ habe am längsten für die Firma gearbeitet. Er habe jedoch nie Arbeitsverträge gemacht. Mit den Arbeitsverträgen habe er nichts zu tun gehabt. Da müsse man I.___ fragen. Dieser habe auch die Lohnabrechnungen gemacht. Es hätten alle Arbeitsverträge gehabt. (Welche Summen er für sich selber und seine Familie aus der D.___ GmbH bezogen habe?) Nur zum Überleben. Er habe nicht profitiert von der Firma. Er habe mit der Firma nur Probleme gehabt. (Ob er eine Summe nennen könne, welche er in etwa monatlich zur Verfügung gehabt habe?) Die Kosten für Autos und Lieferwagen seien über CHF 50'000.00 gewesen. Es sei schwierig zu sagen, wie viel er für sich zum Überleben gehabt habe. Das sei ein schwieriges Kapitel. Seit er in der Schweiz sei, habe er nie weniger zum Leben gehabt als in der Zeit bei der D.___ GmbH. (Wieso er die Löhne nicht den Sozialversicherungen gemeldet habe?) Er habe es nicht gewusst. Alles sei ohne sein Wissen gemacht worden. Er habe nicht gewusst, was am Laufen sei, alles habe I.___ gemacht. (Warum im Konkurs keine Aktiven mehr vorhanden gewesen seien?) Das Material hätten sie K.___ zurückgegeben. Etwas Grosses hätten sie nicht gehabt. Nur billige alte Maschinen, welche schon kaputt gewesen seien. Die hätten sie in die Mulde geworfen. Er habe die Kontrolle über die Firma verloren. (Auf Frage, wonach er die Gutschriften auf dem Firmenkonto immer sofort bar abgehoben habe, was er damit gemacht habe?) Damit habe er die Mitarbeiter und das Material bezahlt. Er habe alles in bar bezahlt. (Wie er denn gewusst habe, wem er wieviel Lohn habe auszahlen müssen?) Jeder habe seinen Stundenrapport gehabt. Ein Teil habe ein Bankkonto gehabt, das Geld sei auch überwiesen worden. Sicher vier fünf Mal habe er die Löhne überwiesen. Zum Beispiel für U.___. Sobald er das Geld vom Konto habe beziehen können, habe er dies den Mitarbeitenden persönlich gebracht, auf die Baustelle nach Hause. (Auf Vorhalt, er solle bekannt geben, wem er im April/Mai 2020 aus dem Covid-Kredit wieviel bezahlt habe:) Für mehrere Mitarbeiter, die die Firma gehabt habe. Er habe noch vieles offen gehabt. Bei jedem Mitarbeiter. Er habe alles bezahlt. Die Personen auf der Liste, die er vorhin erstellt habe, hätten auch Geld vom Kredit erhalten. (Welche Fixkosten/Auslagen er gehabt habe?) Löhne, Material und die Fahrzeuge. Das Material hätten sie teilweise nur drei, vier Mal gebrauchen können, dann hätten sie es wegwerfen müssen, weil es kaputt gewesen sei. Bei jeder Baustelle seien nur 25 bis 30 % von den Einnahmen alleine für das Material gebraucht worden.

 

2.10. Anlässlich der Einvernahme bei der Polizei vom 10. Mai 2021 (Reg. 10.1. / pag. 085 ff.) machte der Beschuldigte zu diesem Vorhalt folgende Aussagen: (Auf Vorhalt, dass ihm im ersten Halbjahr 2020 zusammen mit dem Covid-Kredit aus Einnahmen rund CHF 500'000.00 zur Verfügung gestanden hätten:) Er habe gearbeitet, aber nicht kalkulieren können. Er sei verbrannt. Er habe die Mitarbeiter bezahlt, mehr nicht. Er habe selber nichts verdient. Er habe verloren. (Wieso er trotz den vorhandenen Aufträgen im 2020 einen Covid-Kredit beantragt habe?) Er sei in Schwierigkeiten gewesen. (Wieso dann die Firma trotz des vorhandenen Umsatzes im 2020 in Konkurs gegangen sei?) Er habe kein Geld gehabt. Er sei in Schwierigkeiten gewesen, weil er die Mitarbeiter nicht habe zahlen können.

 

2.11. Anlässlich der Schlusseinvernahme bei der Staatsanwaltschaft am 27. Juli 2021 (Reg. 10.1. / pag. 100 ff.) äusserte sich der Beschuldigte zu diesem Vorhalt wie folgt: Er habe eine Firma gehabt, damit er seine Schulden hätte sanieren können. Er habe damit aber alles schlimmer gemacht. Er habe gewinnen wollen. Er habe nur seine Zukunft schuldenfrei gestalten wollen. Er habe aber viel Verlust gemacht. Viele Kunden hätten auch nicht bezahlt. Das seien die Gründe, weshalb er verloren habe. Er habe gearbeitet, aber nichts verdient. Nur Verlust gemacht. Die Bank hätte seine Angaben auf dem Kreditformular überprüfen müssen. (Wie er auf CHF 1'350'000.00 Umsatz gekommen sei?) Sie hätten es angeschaut und gedacht, dass sie nie einen Kredit bekämen, weil er Betreibungen gehabt habe. Er habe mit dem Geld nur die Mitarbeiter bezahlen können. Nicht einmal dafür habe das Geld vollständig gereicht. Er habe das Formular einfach ausgefüllt. Es sei eine Schätzung gestützt auf die Ein- und Ausgänge auf dem Bankkonto gewesen. Ein Mitarbeiter habe einen Jahreslohn von Minimum CHF 50'000.00. Ja, das Formular habe er am 6. April 2020 ausgefüllt und unterzeichnet. (Wie er sich die Rückzahlung des Kredits vorgestellt habe?) Er habe mit diesem Geld Mitarbeiter bezahlt. Das Leben sei lang. Er habe vor zu arbeiten. (Was er dazu sagen könne, dass die D.___ GmbH mitten in der Pandemie im Zeitraum vom 02.04.2020 bis zum 17.06.2020 Einnahmen in der Höhe von mindestens CHF 191'269.87 habe generieren können?) Dazu könne er nichts sagen. (Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass er den Kredit nicht zur Sicherung der laufenden Liquidität der Firma sondern für andere Zwecke verwendet habe. Ob er dazu etwas sagen könne?) Nein. (Wofür er den Kredit verwendet habe?) Er habe damit die Mitarbeiter bezahlt. (Wie er sich erkläre, dass er weder die Namen der Mitarbeiter nennen noch Quittungen vorlegen könne?) Es sei Vergangenheit, egal was er nun sage, es bringe nichts mehr. (Auf Vorhalt, er habe nie beabsichtigt, den Kredit zurückzuzahlen:) Er glaube schon, dass er das erledigen könne. Er habe vorgehabt, es in Raten zu zahlen. Er habe diesbezüglich auch bereits mit der [Bank 1] Kontakt gehabt. (Auf Vorhalt, wie er Schulden zurückzahlen wolle, wenn er privat seit 2016 immer nur Schulden angehäuft habe?) Es mache ihm keine Freude, Schulden zu haben. Er wolle die Schulden sanieren. Er müsse all seine Ausgaben und Einnahmen aufschreiben. Er müsse jetzt kämpfen, dass er ein normales Leben führen könne. Künftig würden keine Schulden mehr entstehen. Es werde nur noch saniert. (Auf Vorhalt des Beiseiteschaffens der CHF 100'000.00 aus dem Kredit:) Er könne versichern, dass kein Cent in seine Hosentasche gekommen sei. Es wäre gut gewesen, wenn er damit seine Schulden hätte zahlen können. Er habe die Mitarbeiter schon bei der [Unfallversicherung] angemeldet, aber kein Geld gehabt, um die Versicherungen zu bezahlen.

 

2.12. Anlässlich seiner Befragung vor Vorinstanz gab der Beschuldigte am 7. April 2022 Folgendes zu Protokoll (Akten des Richteramtes Thal-Gäu, nachfolgend zitiert mit TG und konkreter Seitenzahl, TG 081 ff.): Er habe eine Partnerschaft mit I.___ gehabt. Die Abmachung wäre gewesen, dass dieser ihn wegen Buchführung unterstütze und zum Organisieren von Dokumenten. Fürs Arbeiten sei er, der Beschuldigte, selber fähig gewesen. Von der Möglichkeit des Covid-Kredits habe er in den Medien erfahren. Er habe das dann beantragt, aber nicht gedacht, dass er etwas bekomme, da er ja Schulden und Betreibungen gehabt habe. Er habe nichts absichtlich falsch ausgefüllt. Plötzlich sei das Geld da gewesen. (Wie er auf den Umsatz von CHF 1'350'000.00 gekommen sei?) Das habe er einfach spontan geschrieben. (Ob somit die Zahl nur aus dem Bauch heraus gekommen sei?) Ja. Es hätten auch 700 200 sein können. Er habe einfach etwas aufgeschrieben. Wenn man ihn eine Stunde später gefragt hätte, was er geschrieben habe, hätte er das nicht mehr gewusst. Er habe dann das Geld abgehoben, weil er in Schwierigkeiten gewesen sei. Er sei mit der Firma im Minus gewesen und mit den Angestellten. Konkret habe er damit Mitarbeiter bezahlt. Er habe sie cash bezahlt. Ohne Quittung. Er habe so viel Druck gehabt von allen Seiten. Für sich habe er nichts genommen. Es habe nicht einmal für die Mitarbeiter gereicht. Er habe sich vorgestellt, den Kredit in Raten zurückzuzahlen. Bei der [Bank 1] habe man ihm gesagt, er könne es begleichen, wenn ein grosser Auftrag komme.  

 

2.13. Am 6. April 2021 wurde I.___ von der Staatsanwaltschaft als Zeuge im Verfahren gegen den Beschuldigten befragt (Reg. 10.3.1. / pag. 001 ff.). Er machte folgende Aussagen: Er sei im April 2018 zur D.___ GmbH gekommen und dort bis Ende Oktober/anfangs November 2018 tätig gewesen. Im Jahr 2019 bis anfangs März habe er nichts gemacht. Dann habe er seine eigene Firma gegründet, die V.___ GmbH. Die D.___ GmbH habe Umbauten, Renovationen und Neubauten gemacht. Sie seien als Subunternehmer tätig gewesen. Er wisse auch nicht genau, wie viele Mitarbeiter die D.___ GmbH von April 2018 bis April 2019 beschäftigt habe. Ausser ihnen beiden (dem Beschuldigten und ihm) seien es noch etwa fünf gewesen. Namen kämen ihm aber jetzt gerade nicht in den Sinn. (Wie die Löhne ausbezahlt worden seien?) Das wisse der Beschuldigte. Er könne es nur bezüglich seines Lohnes sagen. Einen Teil habe er 2019 erhalten für das Jahr 2018. Eigentlich habe er nichts erhalten. Es sei einfach ausbezahlt worden, wenn wieder Geld hereingekommen sei. Am Anfang der Firmentätigkeit hätten sie einen Auftrag für einen Neubau in [Ort 8] mit zwei Häusern gehabt. Der Auftrag sei von Herr K.___ seitens der L.___ gewesen. Er selber habe auf der Baustelle gearbeitet. Offerten hätten sie nicht machen müssen. Die Arbeit sei ja vorhanden gewesen. Er habe keine Buchhaltung gemacht. Er habe keine Ahnung von Buchhaltung. Er habe nur die Rechnungen verschickt. Er habe sich nicht als Partner gesehen, sondern als Arbeiter. Es sei ihm gesagt worden, wie viel er in Rechnung stellen müsse und das habe er dann gemacht. Das habe die L.___ und dann noch T.___ betroffen. Als er bei der Firma gewesen sei, habe es auch noch einen Auftrag für die W.___ gegeben. Das sei ein Reinigungsauftrag gewesen. Er habe eine Maestrokarte für das Firmenkonto gehabt, die er auch gebraucht habe für die Arbeit. Im Juni Juli 2018 habe er sie aber dann verloren und keine neue mehr bekommen. Sie hätten dann eine Karte zusammen gehabt und hätten halt dann zusammen schauen müssen, wenn er etwas gebraucht habe. Er habe keine Unterlagen der D.___ GmbH. Er wisse nicht, wo sich die Arbeitsverträge befänden, er habe nur seinen eigenen gemacht. Auch mit den Lohnzahlungen habe er nichts zu tun gehabt. Er habe nur Rechnungen gestellt. (Ob die D.___ GmbH gegenüber den Mitarbeitern noch offene Lohnschulden gehabt habe?) Das wisse er nicht. Er wisse auch nicht, ob er noch etwas zugute habe. Er sei ja weggegangen, weil der Beschuldigte kein Geld mehr gehabt habe, ihn zu bezahlen. (Wo sich die Rechnungen befänden, die er gemacht habe?) In seinem Laptop. Dieser sei aber kaputt gegangen und er habe ihn weggeworfen. Wenn der Beschuldigte da gewesen sei, habe er die Rechnungen diesem gegeben. Wenn er nicht da gewesen sei, habe er sie dem Auftraggeber gegeben. (Wie hoch der Umsatz der D.___ GmbH gewesen sei?) Das wisse er nicht. Bei der L.___ seien es etwa CHF 100'000.00 gewesen. In [Ort 9] auch etwa CHF 100'000.00 und von den Reinigungen ca. CHF 50'000.00. Das seien die, an welche er sich erinnern könne. Vom 2019 könne er nichts sagen. Er wisse auch nicht, ob der Beschuldigte 2019 noch für die Firma gearbeitet habe. Vom Covid-Kredit wisse er nichts. In dieser Zeit hätten sie sich nicht gesehen. Die Rechnungen, die er geschrieben habe, seien auf das Bankkonto der Firma bei der [Bank 1] bezahlt worden. Von einer anderen Zahlungsart wisse er nichts. Seine letzte Arbeit für die D.___ GmbH sei Ende Oktober Anfangs November 2018 auf der Baustelle in [Ort 9] gewesen. (Weshalb er die D.___ GmbH verlassen habe?) Er habe einfach gesehen, dass es mit der Firma schlecht laufe und habe aufgehört. Er habe den Lohn nicht mehr regelmässig erhalten und das sei schwierig gewesen. Irgendeinmal gehe das nicht mehr. Er habe deshalb eine eigene Firma gegründet. Er habe sicher im Jahr 2018 einen Teil des Lohnes erhalten, sicher in bar. Am 5. Februar 2019 habe er dann noch CHF 15'944.00 Lohn für das Jahr 2018 erhalten. (Auf Frage des Verteidigers des Beschuldigten, was nach dem von ihm selbst erstellten Arbeitsvertrag seine konkrete Tätigkeit für die D.___ GmbH gewesen sei?) Entweder Geschäftsführer Bauarbeiter. Er wisse es nicht mehr genau. Er habe den Minimallohn für einen Mitarbeiter auf dem Bau erhalten. Offerten hätten sie keine gemacht. Das sei immer Mund zu Mund gewesen. Der Beschuldigte habe verhandelt und mündlich Offerten gemacht. Wenn er etwas schriftlich festgehalten habe, dann nur genau das, was der Beschuldigte ihm gesagt habe. Dieser habe ihm sagen müssen, was zu machen sei. 

 

2.14. Beweiswürdigung und massgeblicher Sachverhalt

 

2.14.1. Betrügerischer Konkurs (Art. 163 StGB)

 

Unbestritten und aufgrund der objektiven Beweismittel erwiesen ist, dass der Beschuldigte am 6. April 2020 für die D.___ GmbH, dessen einziges Organ er war, einen Antrag auf einen Covid-19-Kredit unterzeichnet und der [Bank 1] AG eingereicht hat, woraufhin ihm in der Folge eine entsprechende Kreditlimite von CHF 100'000.00 gewährt worden ist. Am 8. April 2020 und 9. April 2020 hob der Beschuldigte insgesamt CHF 99'000.00 in bar ab, worauf das Konto der D.___ GmbH im Minus war. Der Schlusssaldo betrug CHF -100'039.96.

 

Den Akten nicht zu entnehmen und damit unklar ist, wofür der Beschuldigte das von ihm in bar bezogene Geld verwendet hat. Seine diesbezüglichen Aussagen sind nicht einheitlich. Anlässlich der Befragung durch das Konkursamt gab der Beschuldigte an, mit dem Covid-Kredit die restlichen offenen Löhne und Schulden der Firma sowie seinen Lebensunterhalt bezahlt zu haben. Im weiteren Verlauf des Strafverfahrens bestritt der Beschuldigte dann konsequent, vom Covid-Kredit etwas für sich selber genutzt zu haben. Er habe einzig die ausstehenden Löhne seiner Mitarbeiter bezahlt. Er konnte jedoch weder entsprechende Quittungen vorlegen noch die Namen der Mitarbeiter nennen, die er mit dem Covid-Kredit ausbezahlt haben will. Die Buchhaltung habe I.___ gemacht. Dies wurde von Letzterem bestritten. Anlässlich der Befragung vor Vorinstanz gab der Beschuldigte zu Protokoll, die Löhne alle cash bezahlt zu haben, dies ohne Quittung. Dies erscheint zwar reichlich unglaubwürdig. Dennoch darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die D.___ GmbH im Jahr 2020 noch Umsatz in Höhe von rund CHF 462'000.00 generierte, somit sogar noch mehr als in den beiden Vorjahren seit der Gründung. Es kann daher nicht gesagt werden, die Firma sei im 2020 inaktiv gewesen. Diesen Umsatz konnte der Beschuldigte wohl kaum alleine erwirtschaftet haben, so dass er tatsächlich im Jahr 2020 noch Mitarbeiter beschäftigt haben muss. Somit kann auch seine diesbezügliche Aussage bei der konkursamtlichen Befragung, er habe allen Mitarbeitern per 31. Dezember 2019 gekündigt und ab dann keine Mitarbeiter mehr gehabt, nicht zutreffen. Weiter brauchte die D.___ GmbH zur Erfüllung der Aufträge zwingend Maschinen, Material etc. Anlässlich der Einvernahme im Strafverfahren gegen K.___ vom 9. Juli 2019 sagte der Beschuldigte aus, er habe diesem anfangs 2019 das ganze Baumaterial zurückgeben müssen. Anlässlich seiner Einvernahme vom 24. März 2021 gab der Beschuldigte zu Protokoll, von den jeweiligen Eingängen seien schon 25 % – 30 % für Material weg, wobei dieses jeweils nach wenigen Malen in Gebrauch habe weggeworfen werden müssen. Folglich ist davon auszugehen, dass die D.___ GmbH auch im Jahr 2020 nebst ausstehenden (alten) Löhnen auch noch laufende Verbindlichkeiten für entsprechende Materialauslagen hatte. Schliesslich stand – da erstellterweise tatsächlich noch Arbeiten ausgeführt worden waren – auch dem Beschuldigten selbst als Gesellschafter und Geschäftsführer der D.___ GmbH gegenüber dieser ein Lohnanspruch zu.

 

Die Ansicht der Staatsanwaltschaft und der Vorinstanz, der Beschuldigte habe Vermögenswerte beiseitegeschafft, einzig dadurch, indem er Geld in bar bezogen habe, ohne entsprechende Belege für dessen Verwendung vorlegen zu können, greift demnach zu kurz. Bei Art. 163 StGB besteht keine Beweislastumkehr. Dem Beschuldigten muss nachgewiesen werden können, durch welche Handlung er das Vermögen der D.___ GmbH zum Schaden der Gläubiger zum Scheine vermindert hat. Dies ist vorliegend nicht möglich. Es kann nicht erstellt werden, wofür der Beschuldigte die von ihm bar bezogenen Gelder in Höhe von CHF 99'000.00 verwendet hat. Auch die Anklageschrift nennt keine konkrete Verwendung der vom Beschuldigten getätigten Barabhebungen. Durch die (durch den Beschuldigten zugestandene) Unterlassung der Buchführung alleine, welche es verunmöglicht, die Verwendung von Vermögenswerten genau nachzuvollziehen, werden jedenfalls noch keine Vermögenswerte zum Scheine – und zum Schaden der Gläubiger –  vermindert.

 

2.14.2. Betrug und Urkundenfälschung (Art. 146 Abs. 1 StGB und Art. 251 Ziff. 1 StGB)

 

2.14.2.1. Hinsichtlich der Aktivität der D.___ GmbH, insbesondere hinsichtlich des erzielten Umsatzes, machte der Beschuldigte höchst widersprüchliche und auch aktenwidrige Aussagen. Wie erwähnt sagte der Beschuldigte im Strafverfahren wegen Schwarzarbeit (STBER.2019.15675) am 12. September 2019 aus, die Firma sei stillgelegt und werde vielleicht in zwei Wochen geschlossen. Er habe seit sechs bis sieben Monaten keine Kontrolle mehr über die Firma. Er habe finanzielle Probleme zufolge ausstehender Einnahmen in Höhe von CHF 100'000.00 für geleistete Arbeiten. Im Verlauf des vorliegenden Strafverfahrens behauptete er sodann, der Umsatz des Jahres 2019 sei sogar noch grösser gewesen als die auf dem Formular deklarierten CHF 1'350'000.00. Anlässlich der Einvernahme vom 22. März 2021 sprach der Beschuldigte von einer Offerte über 1.6 Mio., die aber dann geplatzt sei.

 

Die polizeilichen Ermittlungen haben ergeben, dass sich hinsichtlich der D.___ GmbH für das Jahr 2019 lediglich ein Umsatz in Höhe von knapp CHF 100'000.00 belegen lässt. Dies korrespondiert auch mit der Aussage des Beschuldigten vom 12. September 2019, die Firma sei seit längerer Zeit stillgelegt. Erstellt ist auch, dass der Beschuldigte von August bis Oktober 2019 für die Firma J.___ GmbH tätig war. Was die vom Beschuldigten geltend gemachte Offerte über 1.6 Mio. anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass eine Offerte noch keinen Umsatz darstellt. Anlässlich der Befragung vor Vorinstanz gestand der Beschuldigte dann schliesslich zu, die Summe von CHF 1'350'000.00 auf dem Covid-Kreditformular lediglich aus dem Bauch heraus deklariert zu haben. Er habe einfach etwas aufgeschrieben, wenn man ihn eine Stunde später gefragt hätte, was er geschrieben habe, hätte er es nicht mehr gewusst (TG 089 Z. 371 ff.).

 

Damit ist bewiesen, dass der Beschuldigte auf dem Covid-Kredit-Formular bewusst eine reine Fantasiezahl als Umsatz angegeben hat, welche mit der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der D.___ GmbH nicht im Entferntesten etwas zu tun hatte, was dem Beschuldigten durchaus bewusst war.

 

Die durch die polizeilichen Ermittlungen aufgezeigte Umsatzentwicklung der D.___ GmbH zeigt weiter, dass die Firma keineswegs durch die Covid-Pandemie beeinträchtigt war. Das Gegenteil war der Fall, im 2020 erzielte die Firma deutlich höhere Umsätze als im Jahr 2019. Auch diesbezüglich hat der Beschuldigte bewusst falsche Angaben gemacht.

 

Der Beschuldigte sagte mehrfach aus, nicht damit gerechnet zu haben, dass er einen Kredit erhalte und die Bank hätte seine Angaben ja überprüfen müssen. Diesbezüglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass beim Beschuldigten im Handy mehrere Covid-Kredit-Anträge anderer Firmen gefunden wurden. Dies belegt, dass er sich sehr wohl mit der Materie auseinandergesetzt hat. In den Medien wurde denn auch prominent darüber berichtet, dass Covid-Kredite bis CHF 500'000.00 in einem raschen, unkomplizierten und formlosen Verfahren ausbezahlt werden sollten. Dass der Beschuldigte davon ausging, seine Angaben würden seitens der Bank nicht überprüft, wird im Übrigen schon durch die eklatante Diskrepanz des von ihm angegebenen Umsatzes zu den auf dem Geschäftskonto bei der [Bank 1] dokumentierten Umsätzen belegt. Wäre der Beschuldigte davon ausgegangen, die Bank würde den von ihm angegebenen Umsatz überprüfen, so hätte ihm auch klar sein müssen, dass die Bank dann bei ihm weitere Erkundigungen eingeholt hätte und er dann aufgrund fehlender Buchhaltung seinen Umsatz nicht hätte belegen können. Das Vorgehen des Beschuldigten, einen Kreditantrag zu stellen und dabei einen deutlich erhöhten Umsatz anzugeben, macht überhaupt nur dann einen Sinn, wenn davon ausgegangen wird, dass effektiv keine Überprüfung stattfindet. Dem Beschuldigten dürfte dabei auch klar gewesen sein, dass die Bank maximal 10 % des Umsatzes als Kredit spricht. Deshalb hätte es von Vornherein keinen Sinn gemacht, einen Kreditantrag zu stellen und den effektiven Umsatz von CHF 100'000.00 anzugeben.

 

Es ist damit in sachverhaltsmässiger Hinsicht erstellt, dass der Beschuldigte auf dem von ihm ausgefüllten und unterzeichneten Kreditformular ganz bewusst falsche Angaben hinsichtlich des Umsatzes seiner Firma und deren Betroffenheit durch die Pandemie gemacht hat, in der Absicht, einen Kredit über CHF 100'000.00 zu erlangen und im Vertrauen darauf, dass seine Angaben nicht überprüft werde, wie dies im Formular auch explizit erwähnt wurde. In gleicher Art machte er falsche Angaben über den Verwendungszweck, indem er den Kredit zur Abzahlung bestehender Schulden verwendete und dies zum Voraus so beabsichtigte.

 

Bringt die Verteidigung diesbezüglich vor, bei der kreditgebenden [Bank 1] handle es sich um die Hausbank des Beschuldigten, bei welcher bereits negative Überprüfungen des Beschuldigten stattgefunden hätten bzw. welcher durchaus bewusst gewesen sei, dass der Beschuldigte und seine Gesellschaft schon vor der Corona-Pandemie überschuldet gewesen seien, so verfängt diese Argumentation nicht. Einerseits kann nicht von der Prämisse ausgegangen werden, der Antrag der D.___ GmbH für einen Covid-Kredit in Höhe von CHF 100'000.00 sei zwingend durch den auch sonst für die Gesellschaft zuständigen Kundenbetreuer der [Bank 1] behandelt worden. Ebenso möglich ist, dass – infolge interner Vereinfachungen – ein einzelner Kundenbetreuer für sämtliche Covid-Kredit-Anfragen aller durch die Bank betreuten Gesellschaften zuständig war. Hinzu tritt, dass – selbst wenn man von der Annahme ausginge, der Antrag sei durch den auch sonst für die D.___ GmbH zuständigen Kundenbetreuer bearbeitet worden – jenem Kundenbetreuer durchaus bekannt gewesen sein dürfte, dass auf dem Bau bzw. konkret bei der Gesellschaft des Beschuldigten vieles mit Hilfe von Barzahlungen abgewickelt wurde, weswegen die Bezifferung des Umsatzes nur erschwert mit Hilfe der vorhandenen Bankpapiere hätte nachvollzogen werden können. Dem Zweck des Kredits geradezu entgegengestanden wäre schliesslich, wenn man von der Bank verlangt hätte, weitere Informationen vertieft zu verifizieren, bspw., ob noch weitere Konten bei anderen Banken vorhanden sind ob bereits andere Kreditanträge negativ beantwortet worden waren. Ein entsprechendes Wissen um die schlechten finanziellen Verhältnisse des Beschuldigten und seiner Gesellschaft kann der Bank demnach nicht unterstellt werden.

 

2.14.2.2. Zu klären bleibt nun noch die Frage, ob der Beschuldigte, wie ihm dies die Anklageschrift vorhält, die [Bank 1] über seinen Rückzahlungswillen und die Rückzahlungsmöglichkeit seitens der D.___ GmbH getäuscht hat.

 

Gemäss Art. 7 der zum Tatzeitpunkt einschlägigen COVID-19-Solidaritätsverordnung waren die Kredite beschränkt auf 10 % des Jahresumsatzes. Gemäss Art. 13 der Verordnung waren die Kredite innert fünf Jahren, ausnahmsweise innert sieben Jahren, zurückzuzahlen. Die Beschränkung der Kreditlimite auf 10 % des Jahresumsatzes bezweckte, die Rückzahlungsfähigkeit des Kreditnehmers sicherzustellen. Es sollten keine Kredite gesprochen werden, deren Rückzahlung von vornherein ausserhalb jeglicher wirtschaftlicher Möglichkeiten des Kreditnehmers lagen.

 

Der Beschuldigte hat im Rahmen seiner Einvernahmen stets beteuert, den Kredit zurückzahlen zu wollen. Seine Einschätzung der Rückzahlungsmöglichkeiten seitens der D.___ GmbH erscheint jedoch wenig realistisch und seine Aussagen diesbezüglich sind durchwegs ausweichend und unkonkret. So sagte er anlässlich der Einvernahme nach vorläufiger Festnahme aus, die Firma O.___ AG habe Schulden über fast CHF 200'000.00 bei der D.___ GmbH gehabt und nicht bezahlt. Im Zeitpunkt der Gewährung des Covid-19-Kredits war die Firma O.___ AG jedoch schon längst Konkurs. Weiter sagte er anlässlich derselben Einvernahme aus, wenn bei ihm alles bezahlt worden wäre, hätte er mindestens eine halbe Million auf der Sparkasse. Es brauche noch etwas Zeit. Er habe den Kredit aufgenommen, um ihn zurückzuzahlen. Niemand habe Geld zum Verschenken. Anlässlich der Verhandlung vor Haftgericht nannte er diverse Firmen, mit welchen er einen Umsatz von über einer Million gemacht habe. Wie bereits ausgeführt, haben die polizeilichen Ermittlungen jedoch nicht den geringsten Hinweis auf Umsätze in dieser Grössenordnung ergeben. Der Beschuldigte konnte keinen einzigen konkreten Beleg über die von ihm behaupteten Umsätze in Millionenhöhe liefern. Auf den Vorhalt der Unterlassung der Buchhaltung reagierte der Beschuldigte stets mit Ausflüchten. Er will alle Dokumente I.___ übergeben haben. Dieser sagte jedoch aus, von Buchhaltung keine Ahnung und auch keine Unterlagen der Firma erhalten zu haben. Anlässlich der Einvernahme vom 22. März 2021 verstieg sich der Beschuldigte wiederum zur Behauptung, wenn die O.___ AG alles bezahlt hätte, hätte er den Kredit zurückzahlen können. Viele Firmen hätten Schulden über mehrere CHF 100'000.00 nicht bezahlt. Er habe alle Verträge weggeworfen, als die Firma Konkurs gegangen sei. Weiter sprach der Beschuldigte bei dieser Einvernahme von einer interessanten Offerte in [Ort 7] über CHF 1'600'000.00. Auch hierzu gibt es jedoch keinerlei konkreten Hinweise und der Beschuldigte konnte keinen einzigen Beleg für seine Angaben liefern. Anlässlich der Einvernahme vom 10. Mai 2021 wurde der Beschuldigte gefragt, weshalb er den Kredit nicht zurückbezahlt habe, wenn er doch im ersten Halbjahr 2020 Einnahmen von rund CHF 500'000.00 gehabt habe. Er führte daraufhin aus, er habe gearbeitet, aber nicht kalkulieren können. Er sei verbrannt. Er habe die Mitarbeiter bezahlt, mehr nicht. Er sei in Schwierigkeiten gewesen. Anlässlich der Schlusseinvernahme wurde der Beschuldigte gefragt, wie er sich die Rückzahlung des Kredits vorgestellt habe. Dazu führte er aus, er habe mit dem Geld Mitarbeiter bezahlt. Das Leben sei lang. Er habe vor, zu arbeiten. Auf den konkreten Vorhalt, er habe gar nie beabsichtigt, den Kredit zurückzuzahlen gab der Beschuldigte zu Protokoll, er glaube schon, dass er dies erledigen könne. Er habe vorgehabt, es in Raten zu zahlen. Er habe diesbezüglich auch bereits mit der [Bank 1] Kontakt gehabt. Auf den Vorhalt, wie er denn die Schulden zurückzahlen wolle, wenn er privat seit 2016 nur Schulden angehäuft habe, meinte er, es mache ihm keine Freude, Schulden zu haben. Er wolle die Schulden sanieren. Er müsse jetzt kämpfen. Anlässlich der vorinstanzlichen Verhandlung schliesslich gab der Beschuldigte zu Protokoll, als er den Kredit beantragt habe, sei er mit der Firma im Minus gewesen. Der Kredit habe nicht einmal für die Bezahlung aller Mitarbeiter gereicht. Er habe sich vorgestellt, den Kredit in Raten zurückzuzahlen. Bei der [Bank 1] habe man ihm gesagt, er könne es begleichen, wenn ein grosser Auftrag komme.

 

Beim Willen des Beschuldigten, den Kredit zurückzahlen zu wollen, handelt es sich um eine innere Tatsache, die nicht direkt einem Beweis zugänglich ist. Es ist daher auf die äusseren Umstände abzustellen. Diese sprechen in casu klar gegen einen vorhandenen Rückzahlungswillen. Die Höhe des Kredits war in keinem vernünftigen Verhältnis zum Umsatz, den die D.___ GmbH tatsächlich erzielte. Die vorstehend erwähnte Beschränkung des Covid-19-Kredits auf 10 % des Jahresumsatzes hatte ursprünglich den Zweck, das Risiko betr. Rückzahlung zu minimieren. Vorliegend täuschte der Beschuldigte die Bank aber in wesentlichem Ausmass über die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft. Mit der Angabe eines fiktiven Umsatzes von CHF 1.35 Mio. generierte der Beschuldigte einen Kreditbetrag von CHF 100'000.00 und damit einen Betrag, der ähnlich hoch wie der tatsächlich erzielte Umsatz zu liegen kam. Die Gesellschaft hat in Tat und Wahrheit zu keinem Zeitpunkt Gewähr bieten können, den ausbezahlten Kredit jemals zurückzuzahlen.

 

Weiter täuschte der Beschuldigte die Bank über den Verwendungszweck des beantragten Kredits. Der Beschuldigte hat sämtliche Eingänge auf dem Firmenkonto jeweils umgehend wieder bar bezogen und laufend verbraucht. So hat die D.___ GmbH ihre Verbindlichkeiten während des gesamten Bestehens laufend erhöht. Aus dem Betreibungsregisterauszug vom 25. September 2020 geht hervor, dass die Firma laufend Betreibungen anhäufte und immer wieder Verlustscheine resultierten. Selbst kleinste Forderungen unter CHF 100.00 mussten betrieben werden und mündeten in Verlustscheinen. Daran änderte sich auch nach Bezug des Covid-19-Kredits nichts. Obschon die Firma im 2020 deutlich mehr Umsatz generierte als je zuvor seit ihrem Bestehen, mussten wiederum zahlreiche Forderungen betrieben werden. Darunter befanden sich wiederum auch Forderungen über wenige hundert Franken. Mit anderen Worten: Das konsequente Nicht-Bezahlen von Verbindlichkeiten hatte bei der Firma D.___ GmbH System. Der Beschuldigte hatte keinerlei Übersicht über die finanziellen Verhältnisse der Firma und bemühte sich auch nicht darum. Gemäss rechtskräftigem Vorwurf der Misswirtschaft hat der Beschuldigte trotz Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Firma diese vielmehr quasi im Blindflug bis zum Konkurs weiterbetrieben. Die ihm zur Verfügung gestellten Gelder aus dem Covid-Kredit verwendete der Beschuldigte vordergründig dazu, alte, noch ausstehende Lohnzahlungen zu begleichen. Dies widersprach jedoch dem Zweck der Covid-Kredite. Es sollten nicht alte, marode Gesellschaften saniert werden, sondern es sollte ein zukünftiger Liquiditätsbedarf gesichert und eine Möglichkeit geschaffen werden, zukünftige Forderungen bezahlen zu können. Der Beschuldigte verwendete die Gelder jedoch unmittelbar nach Einräumung der Kreditlimite vertragswidrig, was von ihm von Anfang an beabsichtigt war. Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung verfügte die Firma denn auch über keinerlei Aktiven mehr. Nach seinem Rückzahlungswillen befragt, reagierte der Beschuldigte einzig mit Fantastereien und Ausflüchten. Dieses Verhalten kann nicht anders interpretiert werden als dahingehend, dass dem Beschuldigten als verantwortlichem Organ der D.___ GmbH bereits im Moment, als er den Covid-Kredit beantragte, jeglicher Rückzahlungswille fehlte. Mit Täuschung der Bank über die tatsächlichen finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft täuschte der Beschuldigte somit die Bank zugleich über die Möglichkeit der D.___ GmbH, den Kredit jemals zurückzahlen zu können und damit über das Verlustrisiko der Kreditgewährung.

 

2.15. Rechtliche Würdigung

 

2.15.1. Betrügerischer Konkurs (Art. 163 StGB)

 

In Berücksichtigung sämtlicher Umstände ist der Beschuldigte in dubio pro reo vom Vorwurf des betrügerischen Konkurses, angeblich begangen vom 6. April 2020 bis zum 24. September 2020, in [Ort 1], freizusprechen. Diesbezüglich ist vollumfänglich auf vorstehende Ausführungen zu verweisen (Ziff. III./2.14.1.).

 

2.15.2. Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 StGB)

 

Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen an andern Rechten zu schädigen sich einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht verfälscht, die echte Unterschrift das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet beurkunden lässt, eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 251 StGB). Vorliegend geht es um die Tatbestandsvariante der Falschbeurkundung, also das beurkunden einer rechtlich erheblichen Tatsache. Die Falschbeurkundung ist von der einfachen schriftlichen Lüge abzugrenzen, welche nicht strafbar ist. In seiner neueren Rechtsprechung wendet das Bundesgericht den Tatbestand restriktiv an. Der Urkunde muss eine erhöhte Überzeugungskraft Glaubwürdigkeit zukommen, so dass der Adressat ihr ein besonderes Vertrauen entgegenbringt mit der Folge, dass eine Überprüfung weder nötig noch zumutbar erscheint (Markus Boog, in Niggli / Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Strafrecht, Strafgesetzbuch / Jugendstrafgesetz [nachfolgend zitiert mit BSK StGB-Autor], 4. Auflage 2019, Art. 251 N 71 m.w.Verw.). Es muss aus den konkreten Umständen hervorgehen sich aus dem Gesetz ergeben, dass das Dokument vertrauenswürdig ist, so dass eine Überprüfung durch den Empfänger nicht notwendig ist und nicht verlangt werden kann (BGE 144 IV 13 E. 2.2.3., BGE 142 IV 119 E. 2.1., BGE 138 IV 130 E. 2.1., Urteil des Bundesgerichts 6B_55/2017 vom 24.03.2017 E. 2.2., m.w.Verw.). Dies ist der Fall, wenn bestimmte objektive Versicherungen Dritten die Wahrheit der Erklärung garantieren. Dazu gehören z.B. die Prüfungspflicht einer Urkundsperson auch die Existenz gesetzlicher Bestimmungen, die den Inhalt des Dokuments festlegen (BGE 132 IV 12 E.8.1., BGE 129 IV 130 E. 2.1.). Letzteres trifft bspw. auf das sog. Formular A im Bankenverkehr zu, welches gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung unter den strafrechtlichen Schutz der Falschbeurkundung fällt (Urteil des Bundesgerichts 6B_731/2021 vom 24.11.2022).    

 

Mit der COVID-19-Solidaritätsbürgschaftsverordnung wurde in einer akuten, durch die Corona-Pandemie und die vor diesem Hintergrund beschlossenen Massnahmen (insb. Lockdown) verursachten Krise, welche viele kleinere und mittlere Unternehmen existenziell bedrohte, ein Instrumentarium geschaffen, welches diesen schnell und unbürokratisch finanzielle Hilfe in Form von verbürgten Krediten zur Verfügung stellen sollte. Die von der Pandemie betroffenen Firmen sollten so an Kredite gelangen, welche ihnen normalerweise zufolge zu grossem Risiko für die kreditgewährende Bank nicht gewährt worden wären. Wesentlich war dabei, dass die Kreditvergabe auf einer Selbstdeklaration des Kreditnehmenden beruhte (Art. 3 und 11 der Verordnung) die Kreditvergabe sofort und ohne weitere Prüfung der Angaben des Kreditnehmenden erfolgen sollte. Die von den Banken gewährten Kredite waren durch bestehende Bürgschaftsorganisationen verbürgt. Letztere hatten die Gesuche lediglich auf Vollständigkeit und formelle Korrektheit zu überprüfen (Art. 11 Abs. 3 der Verordnung). Auch die Prüfpflicht der Bank beschränkte sich auf die Vollständigkeit der im standardisierten Formular vorgegebenen Angaben und die Zeichnungsberechtigung des Antragstellers (SECO Prüfkonzept vom 23.06.2020, Ziff. 5.2.1.; vgl. zum Ganzen auch Beat Brechbühl/Jean-Luc Chenaux/Daniel Lengauer /ThomasNösberger, Covid-19-Kredite – Rechtsgrundlagen und Praxis der Missbrauchsbekämpfung in: Jusletter 05.10.2020). Das Formular «COVID-19-Kreditvereinbarung» war im Anhang 1 zur Covid-19- Solidarbürgschaftsverordnung enthalten und stellte mithin von Gesetzes wegen (resp. qua Verordnung) ein wesentliches Element für die Kreditgewährung dar, welches die normalerweise übliche Bonitätsprüfung ersetzte. Damit präsentiert sich vorliegend die Rechtslage gleich wie beim im Bankenverkehr ebenfalls gebräuchlichen Formular A: Gesetzliche Bestimmungen, die den Inhalt eines Dokumentes festlegen, garantieren die Wahrheit der Erklärung.

 

Bei den vom Beschuldigten im entsprechenden Formular getätigten Falschangaben hinsichtlich des Umsatzes der D.___ GmbH und deren erhebliche wirtschaftliche Betroffenheit von der Pandemie handelt es sich somit um eine strafrechtlich relevante Falschbeurkundung und nicht bloss um eine schriftliche Lüge (gleich entschieden haben auch die Berufungsgerichte im Kanton Zürich [Urteil vom 10.02.2022 = SB210947-O] und im Kanton Genf [Urteil vom 18.06.2021 = P/9674/2020 – AARP/169/2021]). Der Beschuldigte wollte die [Bank 1] täuschen und handelte in der Absicht, der D.___ GmbH und damit indirekt sich selbst als einzigem Gesellschafter einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Dieser bestand darin, dass die Firma einen Kredit erhielt, welchen sie nicht erhalten hätte, hätte der Beschuldigte das Formular korrekt ausgefüllt.

 

Der Beschuldigte hat sich daher der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB, begangen am 6. April 2020, in [Ort 1], schuldig gemacht.    

 

2.15.3. Betrug (Art. 146 Abs. 1 StGB)

 

2.15.3.1. Rechtliche Grundlagen

 

Wer in der Absicht, sich einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 146 Abs. 1 StGB).

 

Als objektive Tatbestandselemente werden eine arglistige Täuschung, ein dadurch bewirkter Irrtum, eine auf den Irrtum gestützte Vermögensdisposition des Irrenden sowie ein aufgrund der Vermögensdisposition eingetretener Vermögensschaden vorausgesetzt (vgl. Stefan Trechsel/Dean Crameri in: PK StGB, Art. 146 StGB N 1).

 

Angriffsmittel beim Betrug ist die Täuschung des Opfers. Als Täuschung gilt jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, bei einem anderen eine von der Wirklichkeit abweichende Vorstellung hervorzurufen. Sie ist eine unrichtige Erklärung über Tatsachen, d.h. über objektiv feststehende, vergangene gegenwärtige Geschehnisse Zustände (vgl. u.a. BGE 135 IV 76 E. 5.1.).

 

Die Erfüllung des Tatbestands erfordert eine arglistige Täuschung. Betrügerisches Verhalten ist strafrechtlich erst relevant, wenn der Täter mit einer gewissen Raffinesse Durchtriebenheit täuscht. Ob die Täuschung arglistig ist, hängt aber nicht davon ab, ob sie gelingt. Aus dem Umstand, dass das Opfer der Täuschung nicht erliegt, lässt sich nicht ableiten, diese sei notwendigerweise nicht arglistig. Wesentlich ist, ob die Täuschung in einer hypothetischen Prüfung unter Einbezug der dem Opfer nach Wissen des Täters zur Verfügung stehenden Selbstschutzmöglichkeiten als nicht nur erschwert durchschaubar erscheint (vgl. u.a. BGE 135 IV 76 E. 5.2.; Ursula Cassani, Der Begriff der arglistigen Täuschung als kriminalpolitische Herausforderung, ZStrR 117/1999 S. 164).

 

Dem Merkmal der Arglist kommt mithin die Funktion zu, legitimes Gewinnstreben durch Ausnutzung von Informationsvorsprüngen von der strafrechtlich relevanten verbotenen Täuschung abzugrenzen und den Betrugstatbestand insoweit einzuschränken. Dies geschieht einerseits durch das Erfordernis einer qualifizierten Täuschungshandlung. Aus Art und Intensität der angewendeten Täuschungsmittel muss sich eine erhöhte Gefährlichkeit ergeben (betrügerische Machenschaften, Lügengebäude). Einfache Lügen, plumpe Tricks leicht überprüfbare falsche Angaben genügen demnach nicht. Andererseits erfolgt die Eingrenzung über die Berücksichtigung der Eigenverantwortlichkeit des Opfers (vgl. u.a. BGE 135 IV 76 E. 5.2.).

 

Nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist – soweit das Opfer sich nicht in leichtfertiger Weise seiner Selbstschutzmöglichkeiten begibt – Arglist gegeben, wenn der Täter zur Täuschung eines anderen ein ganzes Lügengebäude errichtet sich besonderer Machenschaften Kniffe bedient. Solche betrügerischen Machenschaften liegen vor, wenn die Täuschung durch zusätzliche Massnahmen, wie z.B. gefälschte rechtswidrig erlangte Urkunden und Belege, abgesichert wird. Arglist wird aber auch schon bei einfachen falschen Angaben bejaht, wenn deren Überprüfung nicht nur mit besonderer Mühe möglich nicht zumutbar ist, und wenn der Täter das Opfer von der möglichen Überprüfung abhält nach den Umständen voraussieht, dass dieses die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen wird (vgl. u.a. BGE 135 IV 76 E. 5.2., BGE 122 IV 197 E. 3d; Stefan Trechsel/Dean Crameri in: PK StGB, Art. 146 StGB N 7 f. sowie die neueren Entscheide des Bundesgerichts 6B_962/2015 vom 05.04.2016 E. 2.4. sowie 6B_712/2017 vom 23.05.2018 E. 4.3.).

 

Der Gesichtspunkt der Überprüfbarkeit der Angaben erlangt nach der neueren Rechtsprechung auch bei Lügengebäuden und besonderen Machenschaften und Kniffen Bedeutung. Auch in diesen Fällen ist somit das Täuschungsopfer zu einem Mindestmass an Aufmerksamkeit verpflichtet (BGE 135 IV 76 E. 5.2.; BGE 128 IV 18 E. 3a; je m.w.Verw.). Arglist scheidet aus, wenn der Getäuschte den Irrtum mit einem Mindestmass an Aufmerksamkeit hätte vermeiden können. Dabei sind die jeweilige Lage und die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen im Einzelfall entscheidend. Rücksicht zu nehmen ist namentlich auf geistesschwache, unerfahrene aufgrund von Alter Krankheit beeinträchtigte Opfer auf solche, die sich in einem Abhängigkeits- Unterordnungsverhältnis in einer Notlage befinden, und deshalb kaum imstande sind, dem Täter zu misstrauen. Auf der anderen Seite sind besondere Fachkenntnis und Geschäftserfahrung des Opfers in Rechnung zu stellen.

 

Die arglistige Täuschung muss sodann beim Opfer einen Irrtum – also eine von der Wirklichkeit abweichende Vorstellung – bewirken, welcher es dazu veranlasst, eine Vermögensdisposition, eine Vermögensverfügung, zu treffen, die zu einem Vermögensschaden führt. Das Opfer kann auch zum Schaden eines Dritten verfügen, was entsprechende Verfügungsmacht voraussetzt. Mit dem Eintritt eines Vermögensschadens ist der Betrug vollendet. Eine vorübergehende Schädigung genügt, späterer Ersatz schliesst Betrug nicht aus (vgl. Stefan Trechsel/Dean Crameri in: PK StGB, Art. 146 StGB N 14 f., 18, 20 und 26).

 

Das Vermögen muss einen Schaden erleiden, d.h. es muss sich im Vergleich zwischen der effektiven Gesamtvermögenslage und der hypothetischen Vermögenslage unter der Annahme, dass die Erklärung des Täters wahr war, eine Differenz zum Nachteil des Opfers ergeben. Eine blosse Vermögensgefährdung genügt nicht. Eine Vermögensgefährdung wird aber dann zur Verletzung, wenn das Vermögen in einem Masse gefährdet wird, dass es in seinem wirtschaftlichen Wert vermindert ist. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vermindert ist das Vermögen, wenn der Gefährdung im Rahmen einer sorgfältigen Bilanzierung durch Wertberichtigung Rückstellung Rechnung getragen werden muss (vgl. Stefan Trechsel/Dean Crameri in: PK StGB, Art. 146 StGB N 23; vgl. u.a. BGE 122 IV 279 E. 2a).

 

In BGE 102 IV 84 E. 4 hat das Bundesgericht zum Kredit- bzw. Darlehensbetrug gemäss dem altrechtlichen Betrugstatbestand (Art. 148 aStGB) Folgendes ausgeführt: «Kreditgeschäfte, wie der vorliegende Darlehensvertrag, schliessen zumeist gewisse Risiken in sich, welche der Darleiher bewusst eingeht. Dafür erhebt er regelmässig auch einen Zins, welcher diesem Risiko Rechnung trägt. Deshalb kann nicht schon in jeder Vermögensgefährdung, welche im Abschluss solcher Kreditgeschäfte liegt, eine nach Art. 148 StGB beachtliche Vermögensschädigung gesehen werden. Eine solche ist sinngemäss nur dann gegeben, wenn der Borger entgegen den beim Darleiher geweckten Erwartungen von Anfang an dermassen wenig Gewähr für eine vertragsgemässe Rückzahlung des Geldes bietet, dass die Darlehensforderung erheblich gefährdet und infolgedessen in ihrem Wert wesentlich herabgesetzt ist. In diesem Fall überschreitet der Kreditnehmer in unzulässiger Weise die Grenze des dem Kreditgeber zumutbaren Risikos.»

Zum konkreten Fall hat sich das Bundesgericht in E. 4 sodann wie folgt geäussert: «Wie schon dargelegt, täuschte der Beschwerdegegner eine weit grössere Kreditwürdigkeit vor, als es den Tatsachen entsprach. Wären seine Angaben wahr gewesen, hätte die Darlehensforderung nach Abschluss des Vertrages einen viel höheren Wert gehabt. Sie hätte vom Darleiher bedeutend leichter und besser an einen Dritten verpfändet abgetreten werden können. Damit war aber der Darleiher schon durch den Abschluss des Vertrages geschädigt, nicht erst durch die nicht vertragsgemässe Rückzahlung. Selbst die vertragsgemässe Rückzahlung hätte die schon durch den Vertragsschluss eingetretene Vermögensverminderung nicht ungeschehen machen können. Denn auch eine bloss vorübergehende Schädigung genügt für den Betrug.»

 

Bezogen auf den Schädigungsvorsatz im konkreten Fall hat das Bundesgericht in E. 5 schliesslich Folgendes festgehalten: «Die Vermögensschädigung lag nicht erst darin, dass der Beschwerdegegner später hinzugetretene Umstände (…) nicht voraussah und infolge dieser Umstände seine vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr erfüllte. Die Vermögensschädigung trat schon mit Vertragsabschluss ein, weil damals der Darleiher für sein Geld eine Darlehensforderung erhielt, die trotz der subjektiven Rückzahlungsbereitschaft bedeutend weniger wert war, als sie es gewesen wäre, wenn die Angaben des Beschwerdegegners über den Verwendungszweck des Darlehens und die Vermögensverhältnisse der Wahrheit entsprochen hätten. Nur dies ist rechtlich auch Gegenstand des Schädigungsvorsatzes, nicht der zur Zeit des Vertragsabschlusses mehr weniger begründete Glaube des Beschwerdegegners, er könne und wolle seinen Rückzahlungsverpflichtungen auch unter den zur Zeit des Vertragsabschlusses wirklich bestehenden und voraussehbaren Verhältnissen nachkommen.»

 

In subjektiver Hinsicht wird Vorsatz bezüglich der objektiven Tatbestandsmerkmale vorausgesetzt, wobei Eventualvorsatz genügt. Ausserdem muss die Absicht, sich einen Dritten ungerechtfertigt bereichern zu wollen, vorliegen, wobei nicht erforderlich ist, dass die Bereicherung tatsächlich eintritt. Als Bereicherung gilt jede wirtschaftliche Besserstellung im Sinne des strafrechtlichen Vermögensbegriffes, selbst wenn sie bloss vorübergehend sein sollte. Zwischen dem Schaden und der Bereicherung muss ein innerer Zusammenhang bestehen; die Bereicherung muss die Kehrseite des Schadens sein. Unrechtmässigkeit der Bereicherung ist gegeben, wenn diese im Widerspruch zur Rechtsordnung steht, sie also vom Recht missbilligt wird. Ist der Täter nicht sicher, einen Anspruch auf die Bereicherung zu haben, so handelt er hinsichtlich der Unrechtmässigkeit mit Eventualabsicht, was nach der Praxis des Bundesgerichts genügt, sofern er die Bereicherung selbst unbedingt anstrebt (vgl. Stefan Trechsel/Dean Crameri in: PK StGB, Art. 146 StGB N 31 sowie zu Vor Art. 137 StGB N 10 bis 13 und 15; Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo in: BSK StGB II, Vor Art. 137 StGB N 78, 85 und 87).

 

2.15.3.2. Subsumtion

 

Vorliegend hat der Beschuldigte die [Bank 1] und auch die GT.___ vorsätzlich über verschiedene Tatsachen getäuscht: Den im Jahr 2019 erzielten Jahresumsatz der D.___ GmbH, deren Betroffenheit durch die Covid-Pandemie, den beabsichtigten Verwendungszweck der ihm zur Verfügung gestellten Gelder, seinen Willen (als einziges Organ der GmbH) zur Kreditrückzahlung sowie die grundsätzliche Zahlungsfähigkeit bzw. die Rückzahlungsmöglichkeit der D.___ GmbH. Beim Zahlungswillen handelt es sich um eine sog.  innere Tatsache, welche einer Überprüfung von vornherein nicht zugänglich ist. Bezüglich des Umsatzes 2019 und der Betroffenheit der D.___ GmbH von der Pandemie sowie auch der Zahlungsfähigkeit der Firma (letztere hing vom Umsatz ab) verwendete der Beschuldigte eine falsche Urkunde zwecks Täuschung. Angesichts der bereits vorstehend beim Tatbestand der Urkundenfälschung beschriebenen besonderen Situation konnte der Beschuldigte davon ausgehen, dass seine Angaben nicht überprüft werden würden. Davon ging er auch tatsächlich aus, ansonsten sein Vorgehen keinen Sinn ergeben hätte. Die kreditgebende [Bank 1] wie auch die den Kredit verbürgende GT.___, welche den Antrag des Beschuldigten lediglich auf Vollständigkeit und formelle Korrektheit zu prüfen hatte, unterlagen aufgrund der Täuschung durch den Beschuldigten hinsichtlich der erwähnten Tatsachen einem Irrtum. Gestützt auf diesen Irrtum gewährte die [Bank 1] der D.___ GmbH einen Kredit über CHF 100'000.00, den die GT.___ verbürgte. Da die D.___ GmbH die Voraussetzungen für eine Kreditgewährung nicht erfüllte und bereits im Moment der Kreditgewährung dermassen wenig Gewähr für eine vertragsgemässe Rückzahlung bot, war die Darlehensforderung von Anfang an wertlos. Hierauf trat letztendlich beim Bund (welcher die gewährten Bürgschaften finanzierte) ein Schaden ein. In gleichem Ausmass wurde die D.___ GmbH (und dadurch indirekt auch der Beschuldigte selbst als deren einziger Gesellschafter) unrechtmässig bereichert, hatten sie doch keinen Anspruch auf die Kreditgewährung und eine Rückzahlung war auch nicht beabsichtigt. Die unrechtmässige Bereicherung der D.___ GmbH wurde vom Beschuldigten auch angestrebt. Aufgrund der Verwendung einer gefälschten Urkunde, der Täuschung über innere und somit nicht überprüfbare Tatsachen sowie dem Vertrauen des Beschuldigten darauf, dass eine Überprüfung seiner Angaben nicht erfolgen werde, ist die Arglist zu bejahen.

 

Der [Bank 1] sowie der GT.___ kann keine Leichtfertigkeit vorgehalten werden. In wirtschaftlich «normalen» Zeiten wäre die Leichtfertigkeit hinsichtlich einer solchen Kreditgewährung (lediglich auf Vertrauen in die Richtigkeit der Angaben des Kreditnehmers beruhend und ohne jegliche Überprüfung) angesichts der besonderen Fachkenntnisse der Getäuschten zwar durchaus prüfenswert. Im konkreten wirtschaftlichen Umfeld mitten in der Pandemie war dieses Vorgehen jedoch nicht nur im gesamtwirtschaftlichen Interesse des Landes geboten, sondern auch durch die erwähnte Covid-19-Solidaritätsbürgschaftsverordnung vorgeschrieben. Mit anderen Worten konnten sich die Getäuschten gar nicht anders verhalten, als sie es im konkreten Fall taten. Eine Opfermitverantwortung scheidet somit aus. Auch hier kann wiederum auf die erwähnten Entscheide der Berufungsgerichte der Kantone Zürich und Genf verwiesen werden.

 

Der Beschuldigte hat sich daher nebst der Urkundenfälschung i.S.v. Art. 251 Ziff. 1 StGB auch des Betruges i.S.v. Art. 146 Abs. 1 StGB, begangen am 6. April 2020, in [Ort 1], schuldig gemacht.

 

3. Vorhalte im Zusammenhang mit den Einbruchdiebstählen ins [Feuerwehrmagazin Ort 11] vom 24./25. Januar 2021 und in den [Getränkemarkt] in [Ort 2] vom 19./20. Februar 2021: Hehlerei (Art. 160 Ziff. 1 StGB), Gehilfenschaft zum Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 25 StGB) und Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch (Art. 186 i.V.m. Art. 25 StGB, Ziff. 7 - 9 der Anklageschrift vom 27.10.2021)

 

3.1. Gemäss Strafanzeige vom 28. Januar 2021 (Reg. 5.1.5. / pag. 001 ff.) ereignete sich in der Nacht vom 24. Januar 2021 auf den 25. Januar 2021 ein Einbruchdiebstahl in das [Feuerwehrmagazin Ort 11]. Dabei wurden ein hydraulischer Rettungsspreizer Holmatro SP 4240 C (Seriennummer […]), ein Generator Honda EU20i (Seriennummer […]), ein Hydraulikaggregat Holmatro DPU 31 PC (Seriennummer […]) zwei Hydraulikschläuche Holmatro CORE Hose C 10 GU (Seriennummer […] und […]) sowie ein Keilzylinder Holmatro PW 4624 C (Seriennummer […]) gestohlen.

 

Gemäss Strafanzeige vom 11. März 2021 (Reg. 5.1.4. / pag. 167 ff.) verübten drei unbekannte Täter am frühen Morgen des 20. Februar 2021 einen Einbruchdiebstahl in den [Getränkemarkt] in [Ort 2]. Die Tat wurde durch eine Videoüberwachung aufgezeichnet. Unter anderem wurden Zigaretten im Wert von CHF 9'946.70 und ein Tresor gestohlen. Der aufgebrochene Tresor wurde später in [Ort 10] gefunden.

 

Bei der am 12. März 2021 beim Beschuldigten an der [Strasse] in [Ort 1] durchgeführten Hausdurchsuchung wurde diverses mutmassliches Deliktsgut sichergestellt, so u.a. im Gartenhaus/Geräteschuppen die hydraulischen Rettungsgeräte, welche anlässlich des Einbruches ins [Feuerwehrmagazin Ort 11] in der Nacht vom 24. auf den 25. Januar 2021 entwendet worden waren sowie Zigarettenstangen und einzelne Päckchen (insgesamt 147 Päckchen und Stangen), welche mutmasslich aus dem Einbruchdiebstahl vom 19. auf den 20. Februar 2021 im [Getränkemarkt] in [Ort 2] stammen. Ab einem beim Beschuldigten ebenfalls im Gartenhaus sichergestellten Behältnis mit diversen Münzen wurde die DNA von H.___ sichergestellt. Auf dem Tragriemen und dem Reissverschlussgleiter einer mit Zigaretten gefüllten Reisetasche, welche im Raum hinter der Küche gefunden wurde, befand sich die DNA des Beschuldigten (Reg. 3.1. / pag. 260 ff., pag. 340, pag. 345, Reg. 12.2. / pag. 001 ff.). Schliesslich wurde auch Bargeld im Totalbetrag von CHF 16'517.70 und Euro 480.00 sichergestellt, so u.a. in einem Blumentopf auf dem Sitzplatz CHF 10'000.00 (Reg. 3.1. / pag. 334 ff., pag. 340). Im Handy des Beschuldigten konnte ein Foto gesichert werden, welches zwei Pet-Säcke voller Zigaretten-Päckchen zeigt, die sich auf dem Rücksitz eines Fahrzeugs befanden. Dazu passend konnte eine handschriftliche Auflistung von diversen Zigarettenmarken mit Anzahl Päckchen gesichert werden (Reg. 3.1. / pag. 342). Gemäss Videoauswertung vom Einbruch in den [Getränkemarkt] wurde das Diebesgut mit zuvor behändigten Pet-Säcken abtransportiert (Reg. 3.1. / pag. 346). Gemäss Untersuchungsbericht des Kriminaltechnischen Dienstes der Polizei Kanton Solothurn vom 25. März 2021 konnte beim Vergleich der Wirkfläche des beim Beschuldigten sichergestellten Keilzylinders mit einer Werkzeugspurenabformung ab der Unterseite des Deckbleches der Türe des beim Diebstahl im [Getränkemarkt] [Ort 2] in der Nacht vom 19. auf den 20 Februar 2021 entwendeten Tresors ein Zusammenhang festgestellt werden (Reg. 3.1. / pag. 004 ff.). Ebenso konnten gemäss Untersuchungsbericht vom 1. Mai 2021 sowohl auf dem beim Beschuldigten sichergestellten Keilzylinder wie auch auf dem ebenfalls beim Beschuldigten sichergestellten Spreizer Lackpartikel sichergestellt werden, welche sich optisch nicht vom grauen Eigenmaterial des besagten Tresors unterscheiden liessen. Diese festgestellte einseitige Spurenübertragung spreche in hohem Masse dafür, dass die sichergestellten Rettungsgeräte für den Aufbruch des Tresors eingesetzt worden seien (Reg. 3.1. / pag. 007 ff.). Schliesslich ergab sich aus der Mobiltelefonauswertung, dass der Beschuldigte seit dem 20. Dezember 2020 fast täglich mit G.___ in Kontakt stand (Reg. 3.1. / pag. 342, pag. 346).

 

3.2. Mit Urteil des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 22. April 2022 wurde H.___ wegen gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs, begangen in der Zeit vom 17. Dezember 2020 bis zum 24. Januar 2021, teilweise in Mittäterschaft mit G.___, rechtskräftig für schuldig befunden. Mit Urteil vom 1. März 2023 sprach das Obergericht des Kantons Solothurn G.___ des gewerbsmässigen Diebstahls, der mehrfachen Sachbeschädigung und des mehrfachen Hausfriedensbruchs, begangen in der Zeit vom 12. Dezember 2020 bis zum 20. Februar 2021, schuldig. Dieser Schuldspruch umfasst u.a. auch den Einbruchdiebstahl vom 24./25. Dezember 2020 ins [Feuerwehrmagazin Ort 11] sowie den Einbruchdiebstahl vom 19./20. Februar 2021 zum Nachteil des [Getränkemarkt]es. Dieses Urteil ist ebenfalls rechtskräftig (s. beigezogene Akten STBER.2022.65).

 

3.3. Anlässlich der Einvernahme nach vorläufiger Festnahme bei der Staatsanwaltschaft vom 12. März 2021 (Reg. 10.1. / pag. 001 ff.) gab der Beschuldigte auf den Vorhalt der Sicherstellung der Rettungsgeräte in seinem Gartenhaus zu Protokoll, dies sei nicht seine Ware und er habe absolut nichts damit zu tun. Diese Waren seien von verschiedenen Personen, welche diese dort deponiert hätten. (Warum er dies zugelassen habe?) Das sei nicht sein Haus. Er wohne dort, er habe das Haus gemietet, aber ohne das Magazin, ohne nichts. Als er die Miete angetreten habe, seien dort noch mehr Sachen gewesen, die ihn gar nicht interessiert hätten. Der Vermieter sei X.___ aus [Ort 1]. (Auf Vorhalt des Fundes von 50 Stangen verschiedener Zigaretten im Erdgeschosse im Raum hinter der Küche:) Das habe nichts mit Diebesgut zu tun. (Woher die Zigaretten seien?) Der Automat sei ausser Betrieb gewesen. Dann habe er die Zigaretten gekauft. Dies sei ungefähr vor einem Monat gewesen. Er habe diese vom Inhaber des Automaten gekauft. Von diesem habe er einen Zigarettenautomaten gehabt. An seinen Namen erinnere er sich nicht mehr.

 

3.4. Anlässlich der Haftverhandlung vom 15. März 2021 (Reg. 10.3.1. / pag. 022) wurde der Beschuldigte gefragt, ob er inzwischen wisse, woher die bei ihm sichergestellten Zigaretten stammten. Er gab zur Antwort, er wisse den Namen nicht mehr, aber dieser komme sicher noch, weil er noch Geld von ihm, dem Beschuldigten, kriege.

 

3.5. Anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 22. März 2021 machte der Beschuldigte folgende Aussagen (Reg. 10.1. / pag. 013 ff.): Er wohne seit 1.5 Jahren zur Miete an der [Strasse] in [Ort 1]. Er zahle CHF 1'600.00 Miete. Für die Garage und sonst zahle er nichts, weil das nicht seines sei. (Wer das Gartenhaus resp. den Geräteschuppen und die Garage gemietet habe?) Das Gartenhaus habe er nicht gemietet. Es seien immer irgendwelche Sachen dort gewesen. Dort sei alles offen. Es habe kein Schloss. Es gehöre alles dem gleichen Vermieter, X.___ Er zahle keine Miete dafür. Er wisse nicht, wer die Miete bezahle. Das interessiere ihn nicht. Das Grundstück sei von drei Seiten her offen. Er habe verschiedene Sachen gefunden. Er wisse nicht mehr, wer was gemietet habe.

 

3.6. Anlässlich der Einvernahme vom 26. April 2021 gab der Beschuldigte Folgendes zu Protokoll (Reg. 10.1. / pag. 038 ff.): Mit den Einbrüchen ins Feuerwehrmagazin und in den [Getränkemarkt] habe er nichts zu tun. Es sei ein Fehler gewesen, dass er das Material, das man bei ihm gefunden habe, akzeptiert habe. Er habe mit diesem Material aber wirklich nichts zu tun. Er wohne seit ca. zwei Jahren an der [Strasse] in [Ort 1]. Er sei Mieter. (Was er genau gemietet habe?) Es sei ein Einfamilienhaus mit Terrasse. (Ob er auch das Gartenhaus benutzt habe?) Ja. (Seit wann?) Seit er dort wohne. Es habe aber schon bei seinem Einzug Material vom Vormieter im Gartenhaus gehabt. (Auf Vorhalt der anlässlich der Hausdurchsuchung vom 12.03.2021 im Gartenhaus gefundenen Bergungsgeräte der Feuerwehr [Ort 11]:) Er wisse nicht, wie diese Geräte dorthin gekommen seien. (Wann er letztmals vor dem 12.03.2021 im Gartenhaus gewesen sei?) Er sei selten in diesem Gartenhaus gewesen. Er wisse es nicht mehr genau. Vielleicht eine Woche zwei Wochen davor. (Ob das Gartenhaus auch von anderen Personen habe benutzt werden dürfen?) Für ihn sei dies kein Problem gewesen. Man könne in dieses Gartenhaus von verschiedenen Seiten hineinkommen, konkret erreiche man das Gartenhaus von fünf verschiedenen Seiten. Das Gartenhaus sei von verschiedenen Personen benutzt worden. (Von wem?) Auch vom Vermieter. Bei seinem Einzug habe es bereits Material in diesem Gartenhaus gehabt. Auch der vorherige Mieter habe schon Material im Gartenhaus gehabt. Er denke, dass in diesem Gartenhaus von mehreren Personen Material gelagert worden sei. (Ob er die Bergungsgeräte der Feuerwehr [Ort 11] zuvor schon einmal gesehen habe?) Ja. Er habe diese Gerätschaften vor seiner Festnahme bereits einmal gesehen. Er habe diese Geräte dann genommen und weiter nach hinten gelegt. (Wann er diese Gerätschaften erstmals gesehen habe?) Vielleicht eine Woche zwei vor seiner Festnahme. Er habe dieses Material nach hinten geschoben. Er wisse nicht einmal, für was dieses Material sei. (Von wem ausser von ihm diese Gerätschaften im Gartenhaus deponiert worden sein könnten?) Er möchte niemanden falsch beschuldigen. Er habe keine Ahnung. Er habe ein Pokerlokal gehabt. Da seien verschiedene Leute rein- und rausgegangen. Er könne wirklich nicht sagen, wer diese Geräte dort deponiert habe. (Zu den bei ihm aufgefundenen Zigaretten:) Die Zigaretten in der Tasche seien ungefähr zwei drei Wochen alt gewesen. Diese seien in einem Zigarettenapparat gewesen. Jemand habe ihm diesen Apparat verkauft. Dieser habe aber nicht mehr funktioniert. Diese Person habe dann das Geld für die Zigaretten bei ihm abholen sollen. Der Preis für die Zigarettenpackungen sei am Automaten gestanden. (Wozu die restlichen Zigaretten gewesen seien?) Es seien nur diese Zigaretten aus dem Automaten gewesen. Vielleicht seien es noch ein wenig mehr, konkret ein paar Stangen Zigaretten, gewesen, aber nicht viel mehr. (Wieso er so viele Zigaretten gebraucht habe?) Weil verschiedene Leute bei ihm im Pokerlokal Zigaretten bestellt hätten. (Auf Vorhalt der beim Beschuldigten in der Küche sichergestellten CHF 5'000.00:) Das sei sein Geld. Er habe dies von der N.___ GmbH. Das sei ein Vorschuss für die Reparatur seiner Zähne gewesen. Er habe eine Abmachung gehabt, dass das Geld von seinem Lohn abgezogen werde, deshalb sei es unten in der Küche gelegen. (Auf Vorhalt der in der Küche sichergestellten CHF 500.00, Euro 480.00 und CHF 110.00 in REKA-Checks:) Das Bargeld habe er von seiner Familie wegen den Kindergeburtstagen erhalten. Oder vielleicht auch von Freunden der Familie. Er habe gearbeitet und dieses Geld selber verdient. Auf dem Bau erhalte man beide Währungen. (Auf Vorhalt des Bargeldes in Höhe von CHF 10'500.00, welches unter seiner Laube sichergestellt worden sei:) Dieses Geld habe mit ihm nichts zu tun. Er wisse nichts von diesem Geld. Er habe diesbezüglich eine Vermutung, aber er wisse es nicht ganz genau. (Was denn seine Vermutung sei?) Er wisse nicht, ob er dies sagen solle. Es sei nicht schön, wenn man jemanden falsch anschuldige. (Auf Vorhalt, es bestehe der Verdacht, dass es sich bei dem beim Beschuldigten sichergestellten Bargeld um Bargeld aus dem im [Getränkemarkt] entwendeten Tresor handle [im Tresor hätten sich CHF 4'842.00 befunden]:) Dies komme nicht in Frage. (Auf Vorhalt der in seinem Handy sichergestellten Liste mit verschiedenen Zigarettenmarken [Bilddatei 1]:) Er habe keinen Zigarettenautomaten gehabt. Jeder habe aufgeschrieben, welche Zigaretten er rauche. Er, der Beschuldigte, sei dann mehrmals an die Tankstelle und habe dort die gewünschten resp. notierten Zigaretten gekauft. (Wer dieses Bild erstellt habe?) Er, der Beschuldigte. Aus dem Grund, wenn er das Blatt verliere. Die Schrift sei seine. (Auf Vorhalt der Bilddatei 7, welche einen Pet-Sack gefüllt mit verschiedenen Zigarettenpackungen zeige:) Dies seien dieselben Zigaretten, wie diejenigen, welche sich in der Reisetasche befunden hätten. (Wer dieses Bild erstellt habe?) Das wisse er nicht. Vielleicht er. Der Mann, welcher ihm die Zigaretten gebracht habe, habe einen Kombi gehabt. Das mit dem Automaten habe irgendwie nicht funktioniert. Deshalb hätten sie die Zigaretten in einen Plastiksack geworfen und er habe ihm die Zigaretten so gegeben. (Auf Vorhalt, dass die Zigaretten aus dem Plastiksack niemals in der Reisetasche Platz gehabt hätten:) Es sei ein Teil dieser Zigaretten in der Tasche gewesen. Den Rest habe dieser Mann zurückgenommen. Er wisse nicht, wie viele Zigaretten er ihm gebracht habe. Der Mann habe auch eine Liste von diesen Zigaretten gehabt. Den Rest der Zigaretten aus dem Plastiksack habe dieser zurückgenommen. Wie dieser Mann heisse, wisse er nicht. Dieser Mann müsse ihm einen neuen Zigarettenautomaten bringen. Er habe deutsch mit ihm gesprochen. Er könne nicht mehr über ihn sagen. Er wisse auch dessen Erreichbarkeit nicht. Dieser habe eine Firma gehabt. Er wisse nicht einmal mehr, durch wen er auf diesen Mann gekommen sei. (Wann und wo das Bild mit den Zigaretten im Plastiksack erstellt worden sei?) Das sei auf seinem Parkplatz an der [Strasse] in [Ort 1] gewesen. Wann genau, wisse er nicht mehr. Er wisse nur, dass dieser Mann ihm diesen Sack gegeben habe und einen weiteren kleinen Sack mit Zigaretten. Er habe dann einen Teil des Sackes behalten und den Rest habe der Mann wieder zurückgenommen. (Auf Vorhalt, wonach dieses Bild mit dem Handy des Beschuldigten am 23.02.2021 um 02:31:13 Uhr erstellt worden sei, also zwei Tage nach dem Einbruch in den [Getränkemarkt]:) Er sage nichts dazu. Er habe mit Einbrüchen nichts zu tun. (Ob es ihm nicht merkwürdig vorgekommen sei, dass dieser Mann mitten in der Nacht bei ihm mit Zigaretten aufgetaucht sei?) In jedem Poker-Club sei das so. Das Leben finde in der Nacht statt und nicht am Tag. (Auf Vorhalt, dass auch die Zigarettenpackungen beim Einbruch im [Getränkemarkt] in Pet-Säcke abgefüllt worden seien:) Er wisse nicht, was er dazu sagen solle. Er habe mit diesem Diebstahl nichts zu tun. (Ob er eine Person Namens G.___ kenne?) Er kenne mehrere [Vorname]. Einer sei auch ab und zu bei ihm gewesen. Dieser heisse auch [Vorname], an den Familiennamen könne er sich aber nicht erinnern. (Auf Vorlage eines Fotos von G.___:) Den habe er schon gesehen. Er kenne ihn nicht gut. Er habe ihn manchmal nach Hause gefahren. Nach [Ort 1]. Einmal habe er ihm gesagt, dass er in [Ort 12] wohne. Einmal habe er ihn nach [Ort 1] gefahren. (Ob er die Rufnummer dieser Person habe?) Das wisse er nicht. Er wisse nicht einmal seine eigene Nummer. (Ob er viel Kontakt zu dieser Person gehabt habe?) Nein. Er habe keinen Kontakt zu dieser Person gehabt. (Auf Vorhalt, wonach im Handy von G.___ der Name des Beschuldigten unter dem Namen «[Y.___]» gespeichert gewesen sei und auf dessen Handy ersichtlich sei, dass sie sich seit dem 22.12.2020 kennen müssten, da G.___ an diesem Tag den Kontakt des Beschuldigten auf seinem Handy erstellt habe. Wann und wo sie sich kennengelernt hätten?) Das wisse er nicht mehr. (Auf Vorhalt, wonach auf dem Handy des Beschuldigten die Nummer von G.___ unter dem Kontakt [Spitzname] gespeichert sei und sie beide ab dem 20.02.2021 bis zur Festnahme des Beschuldigten fast täglich Kontakt gehabt hätten:) Sie hätten immer wieder zusammen telefoniert. (Auf Vorhalt, dass er vorhin gesagt habe, nicht viel Kontakt mit G.___ gehabt zu haben:) Er wisse nicht, wie viel Kontakt er mit ihm gehabt habe. Das sei schon lange her. Sie hätten ein normales Verhältnis gehabt. G.___ spiele Poker. Er wisse nicht, wann er G.___ das letzte Mal gesehen habe. (Auf Vorhalt, wonach sich G.___ gemäss Auswertung von dessen Handy oft für längere Zeit [also über mehrere Stunden] beim Beschuldigten an der [Strasse] in [Ort 1] aufgehalten habe. Weshalb dies so sei?) Das wisse er nicht. Er habe keine Ahnung. (Auf Vorhalt, wonach anlässlich einer Hausdurchsuchung bei G.___ mehrere Gegenstände, welche eindeutig beim Einbruch in den [Getränkemarkt] verwendet worden seien, gefunden worden seien:) Er habe mit diesem Einbruch nichts zu tun. (Ob er eine Person Namens H.___ kenne?) Diesen Namen habe er noch nie gehört. (Auf Vorlage eines Fotos:) Er habe diese Person schon gesehen. Er kenne sie aber nicht mit Namen. Dieser sei mit G.___ zusammen bei ihm in [Ort 1] an der [Strasse] gewesen. (Wie oft die beiden bei ihm gewesen seien?) Das wisse er nicht. Es könne sein, dass die beiden mehrmals bei ihm gewesen seien. Also dieser H.___ sei bei ihm gewesen, habe aber nicht Poker gespielt. Er sei zusammen mit G.___ bei ihm gewesen. Da sei er ganz sicher. Wann er H.___ das erste Mal gesehen habe, wisse er nicht mehr. Er habe keinen persönlichen Kontakt mit H.___ gehabt. Er habe auch keine Telefonnummer von ihm. (Auf Vorhalt, wonach bei der Hausdurchsuchung beim Beschuldigten ab einer Plastiktüte einer Münzverpackung [HD-Nr. 34] die DNA von H.___ gefunden worden sei:) Sie hätten sich jeweils lediglich begrüsst und gefragt, wie es gehe. Er habe mit ihm aber nicht wirklich etwas zu tun gehabt. Er habe diesen lediglich ein paar Mal bei sich zu Hause mit G.___ gesehen. H.___ sei kein Freund von ihm. Er wisse nichts weiter über diesen. (Wieso denn H.___ zu ihm gekommen sei, wenn er kein Poker spiele?) Er sei mit G.___ gekommen und habe einfach etwas getrunken. G.___ habe Poker spielen wollen. (Ob allenfalls G.___ und H.___ die Gerätschaften der Feuerwehr [Ort 11] bei ihm im Gartenhaus hätten deponieren können?) Es sei schwer. Es seien so viele Personen dort gewesen.    

 

3.7. Anlässlich der Einvernahme bei der Polizei vom 10. Mai 2021 (Reg. 10.1. / pag. 085 ff.) gab der Beschuldigte zu Protokoll, er habe die Zigaretten nicht kaufen müssen. Diese seien von einer Firma gebracht worden, er habe nichts bezahlen müssen. Die Kasse des Automaten habe der Chef der Firma geleert. Er wisse aber nicht, wer das gewesen sei. Die bei ihm gefundenen Zigaretten seien aus dem alten Automaten, der kaputt gegangen sei. Er habe einen neuen bekommen und die alten dann im Reduit aufbewahrt. Vorher sei er mehrfach an der Tankstelle gewesen, um Zigaretten zu kaufen.

 

3.8. Anlässlich der Schlusseinvernahme bei der Staatsanwaltschaft am 27. Juli 2021 (Reg. 10.1. / pag. 100 ff.) äusserte sich der Beschuldigte zu diesem Vorhalt wie folgt: Er habe mit dem Einbruch bei der Feuerwehr und den Geräten absolut nichts zu tun. Auch mit dem Einbruch in den [Getränkemarkt] habe er nichts zu tun. Er wolle aber auch keine falsche Person anschuldigen. Er habe auch nicht von diesem Einbruch profitiert.

 

3.9. Anlässlich seiner Befragung vor der Vorinstanz am 7. April 2022 gab der Beschuldigte Folgendes zu Protokoll (TG 081 ff.): Auch andere Personen hätten Zugang zu seinem Gartenhaus gehabt. Es sei immer offen. Es habe nicht zum Mietobjekt gehört. Es sei immer voll gewesen mit Material, auch bevor er eingezogen sei. Er selber habe auch Sachen dort deponiert. Seine Kinder hätten dort Fussball gespielt. (Auf Vorhalt der Geräte der Feuerwehr:) Er habe nichts gestohlen. Er habe auch niemandem etwas zur Verfügung gestellt. Er wisse nicht, wer diese Geräte dort hingestellt habe. (Auf Vorhalt des Zigarettendiebstahls:) Es seien mehrere Leute gewesen, sie seien mehrere Leute dort gewesen und es sei viel «abgange». Mit dem Diebstahl habe er aber nichts zu tun. (Woher er die Zigaretten habe?) Bei ihm sei ein alter Automat gewesen, welcher kaputt gewesen sei. Dort seien noch Zigaretten drin gewesen. Der Automateneigentümer sei sie nie mehr holen gekommen.

 

3.10. Beweiswürdigung, massgeblicher Sachverhalt und rechtliche Würdigung

 

3.10.1. Ausgangslage

 

Unbestritten und aktenmässig erstellt ist, dass anlässlich der Hausdurchsuchung beim Beschuldigten an der [Strasse] im Gartenhaus Rettungsgeräte gefunden wurden, welche aus einem Einbruchdiebstahl vom 24./25. Januar 2021 ins [Feuerwehrmagazin Ort 11] stammen. Weiter ist aufgrund der spurenkundlichen Untersuchungen der Polizei ohne weiteres erwiesen, dass zumindest der Holmatro Keilzylinder zum Aufwuchten des im Rahmen eines Einbruchdiebstahls am 20. Februar 2021 in den [Getränkemarkt] in [Ort 2] entwendeten Tresors verwendet wurde. Dort wurde weiter auch eine grosse Anzahl Zigaretten gestohlen. Für beide Diebstähle wurde G.___ mit rechtskräftigem Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 1. März 2023 für schuldig erkannt. Diesbezüglich kann auf die diesbezüglichen Erwägungen im begründeten Urteil und die beigezogenen Akten verwiesen werden. Beim Beschuldigten wurden schliesslich anlässlich der Hausdurchsuchung vom 12. März 2021 ebenfalls zahlreiche Zigarettenstangen und einzelne Päckchen sichergestellt. Weiter wurde in seinem Handy ein Foto gesichtet, welches zwei Pet-Säcke voller Zigaretten zeigt, welche sich auf dem Rücksitz eines Autos befanden. Dazu passend konnte im Handy des Beschuldigten auch eine handschriftliche Auflistung von diversen Zigarettenmarken mit Mengenangaben sichergestellt werden. Gemäss Videoauswertung des Diebstahls im [Getränkemarkt] wurde das Diebesgut mit zuvor behändigten Pet-Säcken abtransportiert.

 

Die Anklage wirft dem Beschuldigten einerseits Hehlerei vor, indem er die gestohlenen Rettungsgeräte, u.a. den für den Diebstahl im [Getränkemarkt] verwendeten Keilzylinder, in seinem Gartenhaus verheimlicht haben soll. Zum anderen soll der Beschuldigte G.___ und zwei unbekannten Mittätern Beihilfe zum Einbruch in den [Getränkemarkt] geleistet haben, indem er diesen den besagten Keilzylinder für den Einbruch zur Verfügung gestellt habe.

 

3.10.2. Hehlerei (Art. 160 Ziff. 1 StGB)

 

Der Beschuldigte bestreitet die Vorhalte und will von den jeweiligen Einbrüchen nichts gewusst haben. Zu den bei ihm gefundenen Rettungsgeräten und Zigaretten machte er indes einerseits widersprüchliche wie auch sehr unplausible Aussagen. So gab er anlässlich der Einvernahme nach vorläufiger Festnahme zu Protokoll, die Waren in seinem Gartenhaus stammten von verschiedenen Personen, welche diese dort deponiert hätten. Er habe das Haus zwar gemietet, dies aber ohne Gartenhaus. Bei Antritt der Miete hätten sich dort bereits diverse Sachen befunden. Die Zigaretten habe er gekauft, weil der Automat ausser Betrieb gewesen sei. Der Betreiber des Automaten habe ihm diese verkauft. Dies sei vor ca. einem Monat gewesen. An dessen Namen erinnere er sich nicht mehr. Anlässlich der Haftverhandlung ergänzte der Beschuldigte, der Automateninhaber habe noch Geld von ihm zugute. Anlässlich der Einvernahme vom 22. März 2021 sagte der Beschuldigte aus, das Gartenhaus sei für jedermann zugänglich gewesen. Anlässlich der Einvernahme vom 26. April 2021 gab der Beschuldigte dann aber zu Protokoll, es sei sein Fehler gewesen, dass er das Material, welches man bei ihm gefunden habe, akzeptiert habe. Er habe das Gartenhaus von Anfang an auch genutzt. Es sei aber von verschiedenen Personen genutzt worden, die dort Material deponiert hätten. Er habe die Rettungsgeräte bereits vor seiner Festnahme einmal dort gesehen und dann weiter nach hinten geschoben. Dies sei vielleicht ein zwei Wochen vor seiner Festnahme gewesen. Auf die Frage, von wem diese Geräte dort hätten deponiert worden sein können, meinte er, niemanden falsch anschuldigen zu wollen. Er habe ein Pokerlokal gehabt und dort seien verschiedene Leute rein und raus gegangen. Die Zigaretten seien vom Automaten, den ihm jemand verkauft habe. Der Apparat habe aber nicht mehr funktioniert. Diese Person habe dann das Geld für die Zigaretten bei ihm abholen sollen. Der Preis für die Zigarettenpackungen sei am Automaten gestanden. Er habe alle Zigaretten aus diesem Automaten gehabt. Vielleicht seien es noch ein paar Stangen zusätzlich gewesen. Bei ihm hätten verschiedene Leute im Pokerlokal Zigaretten bestellt. Die bei ihm in der Küche sichergestellten CHF 5'000.00 seien ein Vorschuss seines Arbeitgebers, der N.___, gewesen für eine Zahnreparatur. Das unter seiner Laube gefundene Bargeld in Höhe von CHF 10'000.00 habe nichts mit ihm zu tun. Er wisse nichts von diesem Geld. Er habe eine Vermutung, wolle aber niemanden falsch anschuldigen. Auf Vorhalt der bei ihm im Handy sichergestellten Liste mit Zigaretten führt er aus, er habe keinen Zigarettenautomaten gehabt. Jeder habe aufgeschrieben, was er rauche. Er sei dann mehrmals an die Tankstelle, um Zigaretten zu besorgen. Das Foto mit der Liste habe er gemacht, für den Fall, dass er die Liste verliere. Die Zigaretten in den Pet-Säcken auf dem Foto seien dieselben Zigaretten, welche bei ihm in einer grünen Tasche gefunden worden seien. Er wisse nicht, wer dieses Bild gemacht habe, vielleicht er. Weil die Automaten nicht funktioniert hätten, habe ihm der Mann, der ihm die Zigaretten gebracht habe, diese in einen Plastiksack geworfen und ihm die Zigaretten so gegeben. Er habe dann einen Teil davon in die grüne Tasche getan und den Rest habe der Mann wieder abgeholt. Wie der Mann heisse, wisse er nicht. Er könne nicht mehr über ihn sagen. Er wisse auch dessen Erreichbarkeit nicht. Dieser müsse ihm noch einen neuen Zigarettenautomaten bringen. Auf Vorhalt, dass das Foto am 23. Februar 2021, um 02.31 Uhr, gemacht worden sei, also zwei Tage nach dem Einbruch im [Getränkemarkt], wollte der Beschuldigte nicht mehr sagen, als dass das Leben in der Nacht stattfinde. Auf Vorhalt gab der Beschuldigte zu, G.___ zu kennen. Er habe jedoch keinen Kontakt zu diesem gehabt. Erst als dem Beschuldigten vorgehalten wurde, dass er mit G.___ ab dem 20. Februar 2021 bis zur Verhaftung des Beschuldigten fast täglich Kontakt gehabt habe, gab der Beschuldigte zu, regelmässig mit ihm telefoniert zu haben. G.___ spiele Poker, er wisse aber nicht, wann er ihn das letzte Mal gesehen habe. Warum sich G.___ gemäss Auswertung von dessen Handy oft für längere Zeit beim Beschuldigten befunden habe, konnte letzterer aber dann nicht erklären. Auf Vorhalt gab der Beschuldigte zu, auch H.___ zu kennen. Dieser sei jeweils mit G.___ gekommen, habe aber nicht Poker gespielt. Anlässlich der Einvernahme vom 10. Mai 2021 gab der Beschuldigte zu Protokoll, er habe die Zigaretten nicht kaufen müssen. Diese seien ihm von einer Firma gebracht worden, er habe nichts bezahlen müssen. Die Zigaretten seien aus seinem alten kaputten Automaten. Er habe dann einen neuen bekommen und die alten Zigaretten dann im Reduit aufbewahrt.       

 

Hinsichtlich der Zigaretten widersprach sich der Beschuldigte. Es wird aus seinen relativ wirren Aussagen nicht wirklich klar, ob die Zigaretten nun aus seinem alten Automaten stammten ihm vom Automatenlieferanten sonst jemandem verkauft wurden. Was die beim Beschuldigten gefundenen Zigarettenstangen anbelangt, können diese ohnehin nicht aus einem Zigarettenautomaten stammen, enthalten Zigarettenautomaten doch bekannterweise Einzelpackungen und nicht Stangen. Hinsichtlich der Rettungsgeräte gab der Beschuldigte anlässlich der Einvernahme vom 26. April 2021 immerhin zu, es sei ein Fehler gewesen, diese akzeptiert zu haben. Darauf ist er zu behaften. Es wäre ohnehin eine unglaubliche Verkettung von Zufällen, dass ausgerechnet beim Beschuldigten sowohl gestohlene Rettungsgeräte wie auch eine grosse Menge Zigaretten gefunden wurden – wobei eines der gefundenen Rettungsgeräte nachweislich beim Einbruch in den [Getränkemarkt] verwendet wurde, wo eine grössere Menge Zigaretten gestohlen wurde, dass beide Diebstähle G.___ zuzuordnen sind, welcher zufälligerweise regelmässig beim Beschuldigten Poker spielte und dass dieser zufällig in Begleitung von H.___ war, mit welchem G.___ zusammen weitere Diebstähle verübte. Wenn man weiter berücksichtigt, dass der Beschuldigte ab dem 20. Februar 2021 (dem Tag des Einbruchs im [Getränkemarkt]) regelmässig in Kontakt mit G.___ stand und dem Beschuldigten gemäss dessen Aussage rund drei Tage nach diesem Einbruch mitten in der Nacht eine grössere Menge Zigaretten in genau gleichen Pet-Säcken, welche beim Einbruch im Getränkemarkt verwendet wurden, von seinem Automatenlieferanten übergeben worden sein sollen, dessen Namen er nicht mehr kennen will und den er auch nicht mehr erreichen kann, dann wird vollends klar, dass es sich bei den Aussagen des Beschuldigten um reine Schutzbehauptungen handeln muss. Dieses Bild wird abgerundet durch den Umstand, dass sich der Beschuldigte auch hinsichtlich G.___ widersprach, wollte er zu diesem doch zuerst keinen Kontakt gehabt haben, auch wenn er zugab, ihn zu kennen.

 

Es kann daher füglich ausgeschlossen werden, dass G.___ sonst wer ohne Wissen des Beschuldigten in dessen Gartenhaus die im [Feuerwehrmagazin Ort 11] gestohlenen Rettungsgeräte lagerte. Ob nun das Gartenhaus vom Mietvertrag umfasst war nicht, spielt keine Rolle, ist doch unbestritten, dass das Gartenhaus dem Beschuldigten zur Verfügung stand. Der angeklagte Sachverhalt hinsichtlich der Hehlerei ist somit in objektiver Hinsicht erstellt. Angesichts der engen Verbindung zwischen dem Beschuldigten und G.___ sowie den beim Beschuldigten aufgefundenen Zigaretten, die offensichtlich aus dem Einbruchdiebstahl im [Getränkemarkt] stammen müssen, kann somit auch ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte um die deliktische Herkunft der Rettungsgeräte wusste. Es kann im Übrigen auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden.

 

Der Beschuldigte hat daher den Tatbestand der Hehlerei nach Art. 160 Ziff. 1 StGB erfüllt.

 

3.10.3. Gehilfenschaft zum Diebstahl (Art. 139 i.V.m. Art. 25 StGB) und Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch (Art. 186 i.V.m. Art. 25 StGB)

 

Gestützt auf die vorliegenden Akten ist davon auszugehen, dass G.___ den von ihm anlässlich des Diebstahls ins [Feuerwehrmagazin Ort 11] (bei welchem eine Beteiligung des Beschuldigten nicht nachgewiesen ist), entwendeten Keilzylinder im Gartenhaus des Beschuldigten lagerte, wofür der Beschuldigte seine Zustimmung erteilte. Wenn der Beschuldigte somit G.___ das Gartenhaus aber lediglich zur Verfügung stellte, um den von G.___ entwendeten Keilzylinder darin zu lagern, dann musste er diesem den Keilzylinder für den Diebstahl im [Getränkemarkt] gar nicht zur Verfügung stellen, da G.___ die Sachherrschaft über den Keilzylinder nicht durch das Aufbewahren des Deliktsguts im Geräteschuppen aufgegeben hatte. Der Beschuldigte konnte G.___ nur etwas ausleihen, das ihm gehörte und nicht etwas, das G.___ gestohlen hatte. Von einem zur Verfügung stellen könnte man einzig sprechen, wenn G.___ den Keilzylinder dem Beschuldigten zuvor veräussert hätte. Dafür fehlen aber jegliche Hinweise. Nicht erstellt ist demnach die Behauptung der Anklage, der Beschuldigte habe G.___ den Keilzylinder zur Verfügung gestellt.

 

Eine andere, zusätzlich strafbare Gehilfenschaftshandlung ist nicht auszumachen. Insbesondere das blosse Zur-Verfügung-Stellen eines Lagerortes für den Keilzylinder kann kaum als zusätzlich strafbare Gehilfenschaft zum Einbruchdiebstahl in den [Getränkemarkt] gewertet werden. An diesem Schluss ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschuldigte gemäss vorliegendem Beweisergebnis offensichtlich von G.___ für dessen Zustimmung mit Zigaretten belohnt wurde, welche dieser zuvor im [Getränkemarkt] gestohlen hatte und dem Beschuldigten die deliktische Herkunft der Zigaretten bewusst war. Hinsichtlich der Zigaretten wird dem Beschuldigten schliesslich keine Hehlerei vorgeworfen.

 

Zusammengefasst hat sich der Beschuldigte somit der Gehilfenschaft zum Diebstahl und der Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch nicht schuldig gemacht und ist von diesem Vorhalt freizusprechen.   

 

4. Vorhalt des Vergehens gegen das BG über Geldspiele (Art. 130 Abs. 1a BGS, Ziff. 11 der Anklageschrift vom 27.10.2021)

 

4.1. Anlässlich der Hausdurchsuchung beim Beschuldigten an der [Strasse] in [Ort 1] vom 12. März 2021 wurde im Parterre der Liegenschaft ein Lokal mit verschiedenen Räumlichkeiten festgestellt, in welchen zwei Pokertische standen. Im Lokal befanden sich 20 Personen und fünf weitere Personen befanden sich im Aussenbereich der Liegenschaft. Bei der Hausdurchsuchung wurde u.a. auch das Mobiltelefon des Beschuldigten sichergestellt. Darauf konnten verschiedene Quittungen des [Wettspielanbieter] festgestellt werden sowie Fotos des Lokals, in welchem sich zudem ein Wettspielautomat befand. Eine Auswertung der [Spielquittungen] durch die Polizei ergab für die Zeit vom 5. Juli 2020 bis zum 26. November 2020 Einsätze von mindestens CHF 55'000.00. Eine Abrechnung von [des Anbieters] für die Zeit vom 16. September 2020 bis zum 7. Oktober 2020 zeigt alleine in dieser Zeit Wetteinsätze von CHF 48'635.47 und Auszahlungen von CHF 24'865.69. Ebenfalls ersichtlich waren auf dem Handy des Beschuldigten der Laptop, auf welchem die Wettspiele in seinem Lokal angeboten wurden sowie einige Kontakte mit dem Zusatz «Wette». Weiter ist aus den Chats ab dem Mobiltelefon des Beschuldigten ersichtlich, dass dieser für die Pokertourniere in seinem Lokal Personal beschäftigt hatte (Reg. 3.1. / pag. 332, pag. 334 f., pag. 342, pag. 345).   

 

4.2. Anlässlich der Einvernahme nach vorläufiger Festnahme bei der Staatsanwaltschaft vom 12. März 2021 (Reg. 10.1. / pag. 001 ff.) gab der Beschuldigte zu Protokoll, sie hätten ein Lokal gehabt und Pokerturniere gespielt. (Wen er mit wir meine?) Das seien Kollegen gewesen. Sie hätten meistens am Wochenende solche Turniere gemacht. (Ob er dabei Geld verdient habe?) Sie hätten das nicht gemacht, um Geld zu verdienen. (Seit wann er das mache?) Sie hätten das schon früher gemacht. Sie hätten das ab und zu gemacht und in den letzten Tagen seien viele Leute gekommen, das habe ihm auch nicht gepasst und die Leute hätten immer länger spielen wollen, das sei nicht gut für ihn und das Ganze. Er stehe zu dem. Es sei ein wenig sein Fehler, dass er verschiedene Leute reingelassen habe.

 

4.3. Anlässlich der Einvernahme bei der Polizei vom 10. Mai 2021 (Reg. 10.1. / pag. 085 ff.) wurde der Beschuldigte auch zum Vorhalt der Widerhandlung gegen das Geldspielgesetz befragt, verweigerte aber diesbezüglich die Aussage. Immerhin gab er zu, für das Lokal im Parterre an der [Strasse] in [Ort 1] verantwortlich zu sein. Sie seien alles Kollegen gewesen. Die Gegenstände im Lokal, wie Spieltische, Zigaretten- und Snackautomat, Kühlschrank, Kaffeemaschine sowie Tische und Stühle habe er übers Internet gekauft. Die komplette Einrichtung habe etwa CHF 1'000.00 weniger gekostet. Die Getränke habe er aus dem Trinkgeld der Pokerspiele gekauft. Das Lokal existiere noch nicht lange. Es sei auch nicht jeden Tag geöffnet gewesen. Sie hätten mehrere Pokerturniere gespielt. Oft seien sie nur ein paar Leute gewesen und hätten etwas zusammen getrunken einfach nur zusammen gestanden, um zu reden. Wie viele Leute sich durchschnittlich im Lokal befunden hätten, könne er nicht beurteilen. Er zähle die Leute nicht. In der Nacht der Razzia am 12. März 2021 seien es viele gewesen. Normalerweise seien es weniger gewesen, manchmal nur drei bis fünf. Er sei meistens da gewesen. Es seien Kollegen und Freunde gewesen. Dann habe aber wieder jemand jemanden anderes mitgebracht und die seien dann auch wieder aufgetaucht. Ausser Pokerspiele, welche er angeboten habe, habe es keine Spiele gegeben. (Auf Vorhalt der in seinem Handy sichergestellten Listen mit Personen und Zahlen:) Das habe mit den Arbeitsstunden zu tun. Mit den Personen, welche für ihn gearbeitet hätten, in seiner Baufirma. Es sei darum gegangen, wem er noch etwas zu bezahlen habe. Manche seien im Plus gewesen, manche im Minus.

 

4.4. Anlässlich der Schlusseinvernahme bei der Staatsanwaltschaft am 27. Juli 2021 (Reg. 10.1./ pag. 100 ff.) wollte sich der Beschuldigte zu diesem Vorhalt nicht äussern.

 

4.5. Anlässlich seiner Befragung vor der Vorinstanz vom 7. April 2022 gab der Beschuldigte Folgendes zu Protokoll (TG 081 ff.): Sie hätten unter Kollegen gepokert. Es seien verschiedene Leute gewesen. (Auf Vorhalt von Sportwetten:) Er selber habe gewettet, aber nur für sich. Die Leute, die bei ihm gewesen seien, hätten nicht wetten können, weil er selber mehr gewettet habe. (Auf Frage des Verteidigers, ob er spielsüchtig sei:) Ja, er sei spielsüchtig gewesen.

 

4.6. Beweiswürdigung, massgebender Sachverhalt und rechtliche Würdigung

 

Anhand der Ergebnisse der Hausdurchsuchung vom 12. März 2021 und der Aussagen des Beschuldigten ist der angeklagte Sachverhalt ohne weiteres erstellt. Dass der Beschuldigte die in seinem Lokal organisierten Sportwetten nicht lediglich im Kollegenkreis angeboten hat, gab er selbst auch zu mit seiner Aussage, es seien immer mehr Leute gekommen, was ihm selbst nicht mehr recht gewesen sei. Im Übrigen kann hinsichtlich Beweiswürdigung und rechtliche Würdigung vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden.

 

Der Schuldspruch wegen Vergehen gegen das BG über Geldspiele (Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS), begangen mindestens in der Zeit vom 5. Juli 2020 bis zum 26. November 2020 sowie am 12. März 2021, in [Ort 1], ist daher zu bestätigen.

 

 

IV. Strafzumessung

 

1. Allgemeines

 

1.1. Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Nach Art. 50 StGB hat das Gericht die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten.

 

Der Begriff des Verschuldens muss sich auf den gesamten Unrechts- und Schuld-gehalt der konkreten Straftat beziehen. Innerhalb der Kategorie der realen Straf-zumessungsgründe ist zwischen der Tatkomponente, welche nun in Art. 47 Abs. 2 StGB näher umschrieben wird, und der in Abs. 1 aufgeführten Täterkomponente zu unterscheiden (vgl. Trechsel/Thommen, in Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage 2018, N 16 zu Art. 47, mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Praxis).

 

1.2. Bei der Tatkomponente können fünf verschiedene objektive und subjektive Momente unterschieden werden. Beim Aspekt der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes (Ausmass des verschuldeten Erfolgs) geht es sowohl um den Rang des beeinträchtigten Rechtsguts wie um das Ausmass seiner Beeinträchtigung, aber auch um das Mass der Abweichung von einer allgemeinen Verhaltensnorm. Auch die Verwerflichkeit des Handelns (Art und Weise der Herbeiführung des Erfolgs) ist als objektives Kriterium für das Mass des Verschuldens zu berücksichtigen. Auf der subjektiven Seite ist die Intensität des deliktischen Willens (Willensrichtung des Täters) zu beachten. Dabei sprechen für die Stärke des deliktischen Willens insbesondere Umstände wie die der Wiederholung Dauer des strafbaren Verhaltens auch der Hartnäckigkeit, die der Täter mit erneuter Delinquenz trotz mehrfacher Vorverurteilungen sogar während einer laufenden Strafuntersuchung bezeugt. Hier ist auch die Skrupellosigkeit, wie auch umgekehrt der strafmindernde Einfluss, den es haben kann, wenn ein V-Mann bei seiner Einwirkung auf den Verdächtigen die Schranken des zulässigen Verhaltens überschreitet, zu beachten. Hinsichtlich der Willensrichtung dürfte es richtig sein, dem direkten Vorsatz grösseres Gewicht beizumessen als dem Eventualdolus, während sich mit der Unterscheidung von bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit keine prinzipielle Differenz der Schwere des Unrechts der Schuld verbindet. Die Grösse des Verschuldens hängt weiter auch von den Beweggründen und Zielen des Täters ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Delinquenz umso schwerer wiegt, je grösser das Missverhältnis zwischen dem vom Täter verfolgten und dem von ihm dafür aufgeopferten Interesse ist. Schliesslich ist unter dem Aspekt der Tatkomponente die Frage zu stellen, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Hier geht es um den Freiheitsraum, welchen der Täter hatte. Je leichter es für ihn gewesen wäre, die Norm zu respektieren, desto schwerer wiegt die Entscheidung gegen sie und damit seine Schuld (BGE 117 IV 7 E. 3aa).

 

1.3. Bei der Täterkomponente sind einerseits das Vorleben, bei dem vor allem Vor-strafen, auch über im Ausland begangene Straftaten (BGE 105 IV 225 E. 2), ins Gewicht fallen – Vorstrafenlosigkeit wird neutral behandelt und bei der Strafzumessung nur berücksichtigt, wenn die Straffreiheit auf aussergewöhnliche Gesetzestreue hinweist (BGE 136 IV 1) – und andererseits die persönlichen Verhältnisse (Lebensumstände des Täters im Zeitpunkt der Tat) wie Alter, Gesundheitszustand, Vorbildung, Stellung im Beruf und intellektuelle Fähigkeiten zu berücksichtigen. Des Weiteren zählen zur Täterkomponente auch das Verhalten des Täters nach der Tat und im Strafverfahren, also ob er einsichtig ist, Reue gezeigt, ein Geständnis abgelegt bei den behördlichen Ermittlungen mitgewirkt hat, wie auch die Strafempfindlichkeit des Täters.

 

Vorstrafen stellen eines von mehreren täterbezogenen Merkmalen dar und steigern das konkrete Tatverschulden nicht. Das Sachgericht darf Vorstrafen nicht wie eigenständige Delikte im Rahmen einer «nachträglichen Gesamtstrafenbildung» würdigen. Nicht zulässig ist es, eine am Tatverschulden ausgerichtete prozentuale Straferhöhung vorzunehmen, mit der Folge, dass die gleiche Vorstrafe sich je nach Tatverschulden unterschiedlich stark straferhöhend auswirkt. Damit würde aus dem täterbezogenen Strafzumessungskriterium des Vorlebens ein tatbezogenes gemacht, was der gesetzlichen Konzeption von Art. 47 Abs. 1 StGB widerspricht, wonach Tat- und Täterkomponenten voneinander unabhängige Strafzumessungsfaktoren sind. Auch kann keine Vorstrafe derart straferhöhend berücksichtigt werden, dass der Täter faktisch ein zweites Mal für die bereits abgeurteilte Tat bestraft wird. Dies liefe sowohl dem Einzeltatschuldprinzip als auch dem Grundsatz «ne bis in idem» zuwider (vgl. Urteil 6B_249/2014 vom 16.10.2014 E. 2.4.2. mit Hinweis). Gemäss einem Urteil des Bundesgerichts vom 25. August 2015, 6B_510/2015, kann indes eine beachtliche Renitenz und Gleichgültigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung zu einer Straferhöhung von einem Drittel des Strafmasses führen.

 

1.4. Das Gesamtverschulden ist zu qualifizieren und mit Blick auf Art. 50 StGB im Urteil ausdrücklich zu benennen, wobei von einer Skala denkbarer Abstufungen nach Schweregrad auszugehen ist. Hierauf ist in einem zweiten Schritt innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens die (hypothetische) Strafe zu bestimmen, die diesem Verschulden entspricht (BGE 136 IV 55 E. 5.7.). Das Bundesgericht drängt in seiner jüngeren Praxis vermehrt darauf, dass Formulierung des Verschuldens und Festsetzung des Strafmasses auch begrifflich im Einklang stehen (Urteile des Bundesgerichts vom 07.07.2011, 6B_1096/2010 E. 4.2.; vom 06.06.2011, 6B_1048/2010 E. 3.2. und vom 26.04.2011, 6B_763/2010 E. 4.1.).

 

1.5. Strafen von bis zu 180 Tageseinheiten sind grundsätzlich in Form einer Geldstrafe auszusprechen (Art. 34 StGB). Das Gericht kann stattdessen auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn a) eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten, b) eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann (Art. 41 Abs. 1 StGB). Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen (Art. 41 Abs. 2 StGB). Die Freiheitsstrafe als eingriffsintensivste Sanktion ist nach der gesetzlichen Konzeption somit nach wie vor (auch nach der auf den 01.01.2018 in Kraft gesetzten Revision) «ultima ratio» und kann nur verhängt werden, wenn keine andere, mildere Strafe in Betracht kommt (Botschaft vom 21.09.1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1999 2043 f. Ziff. 213.132; BGE 138 IV 120 E. 5.2. S. 122 f.; BGE 144 IV 217 vom 30.04.2018 E. 3.3.3. mit Hinweisen). Bei der Wahl der Sanktionsart waren auch unter dem früheren Recht als wichtige Kriterien die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97 E. 4.2. S. 100 f. m.w.Verw.). Das Bundesgericht hat entschieden, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters und dessen voraussichtliche Zahlungsunfähigkeit keine Kriterien für die Wahl der Strafart sind. Es ist vielmehr, wenn die Voraussetzungen für den bedingten Strafvollzug erfüllt sind, eine bedingte Geldstrafe auszusprechen. Sinn und Zweck der Geldstrafe erschöpfen sich nicht primär im Entzug von finanziellen Mitteln, sondern liegen in der daraus folgenden Beschränkung des Lebensstandards sowie im Konsumverzicht. Nach der Meinung des Gesetzgebers soll die Geldstrafe auch für einkommensschwache Täter, d.h. für solche mit sehr geringem, gar unter dem Existenzminimum liegenden Einkommen ausgefällt werden können. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Geldstrafe als unzweckmässige Sanktion angesehen und deshalb vielfach auf eine Freiheitsstrafe erkannt werden müsste. Dies würde dem zentralen Grundanliegen der Revision diametral zuwiderlaufen. Gerade mittellosen Straftätern geht die Geldstrafe ans Lebensnotwendige, so dass sie für jene deutlich spürbar wird. Eine nicht bezahlbare Geldstrafe soll es nach der Botschaft – ausser durch Verschulden des Täters durch unvorhergesehene Ereignisse – denn auch nicht geben. Bei einkommensschwachen mittellosen Tätern, etwa Sozialhilfebezügern, nicht berufstätigen, den Haushalt führenden Personen Studenten ist somit die Ausfällung einer tiefen Geldstrafe möglich (BGE 134 IV 97 E. 5.2.3. m.w.Verw.). Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit sollte bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift (BGE 138 IV 120 E. 5.2. S. 122 f. m.w.Verw.).

 

1.6. Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen und ist an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist die Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips nach Art. 49 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (sog. «konkrete Methode»). Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (BGE 142 IV 265 E. 2.3.2.; BGE 138 IV 120 E. 5.2. S. 122). Die Bildung einer sog. «Einheitsstrafe» bei engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang verschiedener Delikte ist nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich nicht mehr zulässig. Ebenso ist es nicht zulässig, für einzelne Delikte eine Freiheitsstrafe statt einer Geldstrafe auszusprechen, nur, weil die maximale Höhe der Geldstrafe von 180 Tagessätzen zufolge Asperation mehrerer Geldstrafen überschritten würde. Diesfalls bleibt es grundsätzlich bei der Ausfällung einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen, auch wenn diese insgesamt für alle mit Geldstrafe zu sanktionierenden Delikte nicht mehr schuldangemessen ist (BGE 144 IV 217 E. 3.6.).

 

 

Im soeben erwähnten BGE 144 IV 217 und in BGE 144 IV 313 rückte das Bundesgericht von seiner früheren Rechtsprechung ab, die im Rahmen der Deliktsmehrheit nach Art. 49 Abs. 1 StGB im Zusammenhang mit der Wahl der Strafart noch Ausnahmen von der konkreten Methode zuliess (wonach für jedes einzelne Delikt im konkreten Fall die Strafart zu bestimmen und eine gesonderte Einsatzstrafe festzusetzen ist). In neueren Entscheiden hielt das Bundesgericht dann allerdings wieder fest, es könne eine Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen werden, wenn viele Einzeltaten zeitlich sowie sachlich eng miteinander verknüpft seien und eine blosse Geldstrafe bei keinem der in einem engen Zusammenhang stehenden Delikte geeignet sei, in genügendem Masse präventiv auf den Täter einzuwirken (Urteil 6B_382/2021 vom 25.07.2022 E. 2.4.2.).

 

1.7. Gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten. In subjektiver Hinsicht relevantes Prognosekriterium ist insbesondere die strafrechtliche Vorbelastung (ausführlich BGE 134 IV 1 E. 4.2.1.). Für den bedingten Vollzug genügt das Fehlen einer ungünstigen Prognose, d.h. die Abwesenheit der Befürchtung, der Täter werde sich nicht bewähren (BGE 134 IV 1 E. 4.2.2.). Bereits in der bisherigen Praxis spielte die kriminelle Vorbelastung die grösste Rolle bei der Prognose künftigen Legalverhaltens (Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, Strafen und Massnahmen, 2. Auflage, Bern 2006, § 5 N 27). Allerdings schliessen einschlägige Vorstrafen den bedingten Vollzug nicht notwendigerweise aus (Roland M. Schneider / Roy Garré in: Niggli / Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, 4. Auflage, Basel 2019, N 61 zu Art. 42 StGB).

 

Der Strafaufschub nach Art. 42 Abs. 1 StGB wird lediglich bei einer klaren Schlechtprognose verwehrt. Dabei kommt es auf die Persönlichkeit des Verurteilten an. Diese erschliesst sich aus den Tatumständen, dem Vorleben, insbesondere Vortaten und Leumund, wobei auch das Nachtatverhalten miteinzubeziehen ist, ebenso die vermutete Wirkung der Strafe auf den Täter. Das Gericht hat eine Gesamtwürdigung aller prognoserelevanten Kriterien vorzunehmen und deren einseitige Berücksichtigung zu vermeiden. Dies gilt auch für das Prognosekriterium Vorstrafen. Dieses dürfte zwar ein durchaus gewichtiges Kriterium darstellen, was aber, wie erwähnt, nicht heisst, dass Vorstrafen die Gewährung des bedingten Strafvollzuges generell ausschliessen. Dies hat allerdings auch im Umkehrschluss zu gelten: Das Fehlen von Vorstrafen führt nicht zwingend zur Gewährung des bedingten Strafvollzuges, wenn sämtliche übrigen Prognosekriterien das klare Bild einer Schlechtprognose zu begründen vermögen. Allerdings ist doch wohl davon auszugehen, dass Ersttätern im Allgemeinen der bedingte Strafvollzug zu gewähren ist.

 

Unter dem Aspekt des Nachtatverhaltens spricht etwa die weitere Delinquenz während laufendem Strafverfahren gegen die Gewährung des bedingten Strafvollzuges. Ungünstig wirkt sich auch ein weiteres gleichartiges Delikt aus, wenn zwar das Strafverfahren wegen des ersten Vorfalles noch nicht eröffnet wurde, der Täter jedoch weiss, dass er ein solches zu erwarten hat (sog. kriminologischer Rückfall). Grundsätzlich sind Einsicht und Reue Voraussetzung für eine gute Prognose. Die bedingte Strafe wird abgelehnt für Überzeugungstäter. Gegen eine günstige Prognose spricht ferner die Verdrängungs- und Bagatellisierungstendenz des Täters. Von besonderem Interesse ist das Verhalten im Strafverfahren, wobei blosses Bestreiten der Tat die Aussageverweigerung kein Grund zur Verweigerung des bedingten Strafvollzuges darstellen, da solches Verhalten andere Gründe als mangelnde Einsicht haben kann (Scham, Angst, Sorge um die Familie). Die Nutzung der Verteidigungsrechte darf nicht sanktioniert werden. Anders kann dies indessen beurteilt werden, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude auftischt. Bei der Prognosestellung ist die ganze Wirkung des Urteils zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Faktor der Prognosebildung ist die Bewährung am Arbeitsplatz. Unzulässig ist die Verweigerung des bedingten Vollzuges allein wegen der Art Schwere der Tat (Stefan Trechsel/Mark Pieth, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage, Bern 2017, N 8 ff. zu Art. 42 StGB, mit zahlreichen Hinweisen).

 

1.8. Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen (Art. 43 StGB). Auch bei der Ausfällung einer teilbedingten Strafe ist Grundvoraussetzung das Bestehen einer begründeten Aussicht auf Bewährung. Die subjektiven Voraussetzungen von Art. 42 StGB gelten somit auch für die Anwendung von Art. 43 StGB. Beim Institut des teilbedingten Strafvollzuges ist der Strafzweck der Spezialprävention in den Vordergrund zu stellen. Art. 43 StGB hat die Bedeutung, dass die Warnwirkung des Teilaufschubes angesichts des gleichzeitig angeordneten Teilvollzuges für die Zukunft eine weitaus bessere Prognose erlaubt (vgl. zum Ganzen Entscheid BGE 134 IV 1 E. 5.5.2. S. 15).

 

2. Wahl der Sanktionsart

 

Der Beschuldigte wurde in jüngster Vergangenheit bereits mehrfach mit bedingten Geldstrafen bestraft, ohne dass ihn dies irgendwie beeindruckt hätte. Es stellt sich im vorliegenden Verfahren daher auch die Frage des Widerrufs des bedingten Strafvollzuges. Nur gerade zehn Tage, nachdem die Vorinstanz den Widerruf hinsichtlich zweier Geldstrafen erstinstanzlich angeordnet hatte, beging der Beschuldigte eine unrechtmässige Aneignung und wurde deswegen am 25. Januar 2023 von der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à CHF 70.00 verurteilt. Dass auch hinsichtlich dieser Strafe wiederum der bedingte Strafvollzug mit einer minimalen Probezeit von zwei Jahren gewährt wurde, ist nur schwer nachvollziehbar. Am 6. April 2023 wurde der Beschuldigte als PW-Lenker mit massiv überhöhter Geschwindigkeit angehalten. Dieser Vorhalt ist in objektiver Hinsicht belegt und vom Beschuldigten auch anerkannt und kann daher berücksichtigt werden. Schliesslich wurde der Beschuldigte am 22. Mai 2023 durch die Polizei als Lenker eines PW beim Telefonieren angehalten. Dies notabene zu einem Zeitpunkt, an dem er gemäss rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 9. Februar 2023 gar nicht mehr hätte in der Schweiz sein dürfen. Es hat sich also eindrücklich gezeigt, dass es sich beim Beschuldigten um einen unbelehrbaren Rechtsbrecher handelt, den nichts – schon gar nicht Geldstrafen – vor weiterer Delinquenz abhalten kann. Eine weitere Geldstrafe wäre daher offensichtlich nicht geeignet, den Beschuldigten vor der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Dies muss auch für vollziehbare Geldstrafen gelten. Auch wenn bisher noch keine Geldstrafe vollzogen wurde, wurde der Beschuldigte doch bereits mehrfach zu unbedingten Bussen verurteilt. Der Beschuldigte ist zudem hoch verschuldet und scheint sich auch davon nicht beeindrucken zu lassen. Schliesslich ist der Beschuldigte – wie nachstehend aufzuzeigen sein wird – des Landes zu verweisen und wurde bereits durch die Migrationsbehörde ausgeschafft. Eine Geldstrafe wäre daher beim Beschuldigten auch nicht einbringbar. Es ist daher mit Ausnahme der Widerhandlung gegen die COVID-Verordnung für sämtliche Delikte eine Freiheitsstrafe auszusprechen.

 

3. Konkrete Strafzumessung

 

3.1. Einsatzstrafe

 

Vorliegend ist der Betrug nach Art. 146 Abs. 1 StGB das schwerste begangene Delikt. Im Gesetz ist für Betrug eine Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen.

 

In Bezug auf die objektive Tatschwere kann grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urteil TG, Ziff. IV./B.1., S. 26 f.). Mit der Vorinstanz ist von einem leichten Verschulden auszugehen. Die von der Vorinstanz dafür verhängte Einsatzstrafe von 14 Monaten erweist sich jedoch – im Vergleich mit anderen Fällen – als zu hoch. Der Beschuldigte hat zwar ein soziales Netz ausgenutzt, welches der Staat in aller Kürze speziell zu Gunsten von wirtschaftlich Beeinträchtigten geschaffen hat, allerdings war die notwendige kriminelle Energie des Beschuldigten bspw. im Vergleich zu sonstigen Kreditbetrügen, bei welchen teilweise zahlreiche weitere Dokumente ge- verfälscht werden, nicht allzu hoch. In Würdigung sämtlicher Umstände erweist sich demnach bei einem Verschulden, welches im mittleren Bereich des ersten Drittels des Strafrahmens zu liegen kommt, eine Einsatzstrafe von zehn Monaten Freiheitsstrafe als angemessen.

 

3.2. Asperation der weiteren Delikte

 

3.2.1. Urkundenfälschung

 

Der Strafrahmen für Urkundenfälschung geht ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe.

 

Wie die Vorinstanz korrekt festgestellt hat (Urteil TG, Ziff. IV./B.1. lit. d, S. 27), sind die inhaltlich falschen Angaben des Beschuldigten auf dem Antragsformular zur Gewährung eines Covid-Kredits bereits Kern der arglistigen Täuschung, wobei ein erheblicher Teil der Strafwürdigkeit bereits im Rahmen des Betruges berücksichtigt worden ist. Die von der Vorinstanz vorgenommene Asperation von einem Monat Freiheitsstrafe ist nicht zu beanstanden.

 

3.2.2. Mehrfache Erschleichung einer Falschbeurkundung

 

Auch diesbezüglich ist auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz zu verweisen (a.a.O., S. 28). Der Beschuldigte handelte einzig mit dem Zweck der von ihm vorsätzlich beabsichtigten Schwindelgründung. Die von der Vorinstanz vorgenommene Asperation von zwei Monaten Freiheitsstrafe erscheint daher auch hier angemessen.

 

3.2.3. Misswirtschaft

 

Die Betreibungs- und Konkursdelikte schützen das Gläubigervermögen. Während dem Pfändungsschuldner i.d.R. wenige Gläubiger mit überschaubaren Forderungsbeträgen gegenüberstehen, sind bei Konkursen oftmals zahlreiche Gläubiger mit bedeutenden Forderungssummen involviert. Der Botschaft zum revidierten Art. 165 StGB ist denn auch zu entnehmen, dass die Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten im Vordergrund steht und diese bei Konkursschuldnern ein grosses Risikopotential zeitigen. Der Gesetzgeber geht bei Konkursschuldnern mit anderen Worten von einem grösseren Risikopotential und einem entsprechend höheren Verfolgungsinteresse aus. Dies zeigt sich bei Konkursschuldnern in der Ausgestaltung als Offizialdelikt, während dessen Misswirtschaftshandlungen bei Pfändungsschuldnern nur auf Antrag hin verfolgt werden. Nach einer kurzen Betrachtung der gesetzlich vorgesehenen Konkursschuldner gemäss Art. 39 Abs. 1 SchKG kann sodann der Schluss gezogen werden, dass v.a. bei Handelsgesellschaften regelmässig grosse Kapitalien involviert sind und somit ein grosses Schädigungspotential im Konkursfall gegeben ist (Marco Breu, Die Misswirtschaftshandlung der «argen Nachlässigkeit in der Berufungsausübung und Vermögensverwaltung» unter besonderer Berücksichtigung der verwaltungsrätlichen Tätigkeit, 11.05.2021, Ziff. 1 S. 1, m.Verw.).

 

Dieses vom Gesetzgeber bezeichnete grosse Schädigungspotential hat sich beim Beschuldigten sehr wohl realisiert. Wie die Vorinstanz korrekt festgestellt hat (a.a.O., S. 28), haben sich durch die durch den Beschuldigten verursachte Konkursverschleppung letztlich offene Betreibungen in der Höhe von CHF 127'000.00 angehäuft, wobei für einen Grossteil weiterer Forderungen ebenfalls (noch nicht in Betreibung gesetzte) Ansprüche bestehen dürften. Ebenso liegt eine offene Forderung der Privatklägerin GT.___ in Höhe von nicht weniger als CHF 100'000.00 vor, welche trotz entsprechender Anerkennung des Beschuldigten noch nicht einmal ansatzweise bezahlt worden ist. Die von der Vorinstanz vorgenommene Asperation der Einsatzstrafe um drei weitere Monate, was einer eigenständigen Einsatzstrafe von sechs Monaten entspricht, erscheint angemessen und ist zu bestätigen.

 

3.2.4. Unterlassung der Buchführung

 

Für die durch den Beschuldigten begangene Unterlassung der Buchführung erachtet die Vorinstanz eine Erhöhung der Einsatzstrafe um zwei Monate als angemessen (a.a.O., S. 28). Wie es auf diese Einschätzung kommt, wird aber von der Vorinstanz nicht näher ausgeführt. Entsprechend sind weitere Ausführungen angezeigt:

 

Der Beschuldigte ist seit Eintragung der D.___ GmbH ins Handelsregister am 30. April 2018 bis zur Eröffnung des Konkurses über die Gesellschaft bzw. deren Auflösung am 24. September 2019 und mithin während knapp 1 ½ Jahren in keinster Weise der ihm obliegenden Buchführungspflichten nachgekommen. Gemäss seinen Angaben hat er – was von diesem explizit bestritten wurde – die Aufgaben an den ihm nahestehenden I.___ übertragen, ohne dessen Tätigkeit zu überprüfen. Für das letzte Jahr hat er diesem nicht einmal mehr die Unterlagen zur Verfügung gestellt, so dass dieser – selbst wenn er tatsächlich als Buchhaltungsverantwortlicher eingesetzt worden sein sollte – seinen Pflichten ohnehin nicht mehr hätte nachkommen können. Das Verschulden des Beschuldigten wiegt insgesamt nicht allzu schwer. Eine hypothetische Einsatzstrafe von vier Monaten bzw. eine Asperation der vorstehend festgelegten Einsatzstrafe um weitere zwei Monate erscheint gerechtfertigt.

 

3.2.5. Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung

 

Wie bei der Unterlassung der Buchführung bezeichnet auch hier die Vorinstanz die Erhöhung der Einsatzstrafe um einen Monat als angemessen, ohne die Hintergründe näher auszuführen (a.a.O., S. 28). Da der Beschuldigte im gesamten Vorverfahren den Sachverhalt, wie er ihm zur Last gelegt wurde, anerkannt hat, erfolgten im Rahmen der Beweiswürdigung keine weitergehenden Ausführungen seitens der Vorinstanz (s. Ziff. II S. 5 bzw. Ziff. III./A., S. 6 ff.).

 

Zusammenfassend hat der Beschuldigte in der Zeit von Oktober 2018 bis März 2019, d.h. während sechs Monaten, als Gesellschafter und Geschäftsführer der D.___ GmbH und so als Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer U.___ den Bruttomonatslohn in der Höhe von CHF 6'066.48 mindestens von Januar bis März 2019 um die Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von jeweils CHF 926.70 gekürzt ausgerichtet, obwohl er der Ausgleichskasse die geschuldeten Arbeitnehmerbeiträge weder deklariert noch bezahlt hat. Insgesamt hat der Beschuldigte demnach Arbeitnehmerbeiträge von CHF 2'780.10 nicht der Ausgleichskasse ausbezahlt, sondern diese selber verbraucht damit andere Forderungen beglichen.

 

Der Beschuldigte selbst führte diesbezüglich sinngemäss aus, keine Ahnung von der Buchhaltung gehabt und damit auch nicht gewusst zu haben, wer wie viel Lohn zugute gehabt hätte. Die kriminelle Energie des Beschuldigten ist nicht allzu hoch zu bewerten, hat er sich doch einfach um die Belange seiner Mitarbeiter zu wenig gekümmert und seine Angelegenheiten als Arbeitgeber schleifen lassen. Zudem bewegten sich die finanziellen Folgen dieses Verhaltens, auch aufgrund der nur kurzen Deliktsdauer, verglichen mit anderen Fällen in einem geringfügigen Bereich. Die von der Vorinstanz vorgenommene Asperation von einem Monat, was einer hypothetischen Einsatzstrafe von zwei Monaten entspricht, ist mit Blick auf die gesamten Umstände gerechtfertigt.

 

3.2.6. Hehlerei

 

Die Vorinstanz erachtet für die durch den Beschuldigten begangene Hehlerei eine Asperation der Einsatzstrafe um zwei Monate als angemessen (a.a.O., S. 28).

 

Dies erscheint insgesamt als leicht zu hoch. Die durch den Beschuldigten begangenen Tathandlungen beschränkten sich auf das zur-Verfügung-Stellen eines Geräteschuppens für die eigentlichen Täter. Eine Gehilfenschaft zum Diebstahl bzw. zum Hausfriedensbruch konnte dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden. Das Verschulden wiegt damit noch sehr leicht. Eine Asperation der Einsatzstrafe um einen Monat, was einer hypothetischen Einsatzstrafe von zwei Monaten entspricht, erscheint für die dem Beschuldigten zur Last gelegte Hehlerei als genügend.

 

2.7. Vergehen gegen das Bundesgesetz über Geldspiele

 

Für das Vergehen gegen das Bundesgesetz über Geldspiele erhöht die Vorinstanz die Strafe um weitere vier Monate (a.a.O., S. 28). Explizit erwähnt sie, dass erhebliche Wetteinsätze von mindestens CHF 55'000.00 getätigt wurden.

 

Diese Auffassung ist grundsätzlich vertretbar. Mit Blick – auch auf weitere Fälle im vergleichbaren Rahmen – erscheint die von der Vorinstanz erachtete Asperation der Einsatzstrafe um vier Monate, was einer eigenständigen Einsatzstrafe von acht Monaten entspräche, jedoch als insgesamt zu hoch. Vielmehr erscheint die Festsetzung der hypothetischen Einsatzstrafe auf vier Monate, d.h. eine Asperation der vorstehend festgelegten Einsatzstrafe um zwei Monate, als angemessen.

 

3.2.7. Zwischenfazit

 

Unter ausschliesslicher Berücksichtigung der Tatkomponenten resultiert damit eine Freiheitsstrafe von 22 Monaten.

 

3.3. Täterkomponente

 

Die gegen den Beschuldigten auszusprechende Landesverweisung ist im Rahmen des Sanktionenpakets grundsätzlich zu berücksichtigen. Diese betrifft den Beschuldigten – angesichts der bereits rechtskräftig angeordneten verwaltungsrechtlichen Wegweisung – jedoch in nur solch geringem Ausmass, dass sie sich nicht auf die Strafzumessung auswirkt.

 

Auf der anderen Seite wirkt sich der Umstand, dass der Beschuldigte trotz laufenden Strafverfahrens weiter delinquierte und am 25. Januar 2023 wegen einer unrechtmässigen Aneignung, die er lediglich zehn Tage nach dem vorinstanzlichen Urteil beging, erneut verurteilt werden musste, straferhöhend aus. Überdies wurde der Beschuldigte am 6. April 2023 als PW-Lenker ausserorts mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h statt erlaubter 80 km/h angehalten und befand sich auch am 22. Mai 2023 trotz rechtskräftiger Wegweisung noch in der Schweiz. Das Nachtatverhalten wirkt sich daher negativ aus.

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher Täterkomponenten ist daher eine Erhöhung der vorstehend festgelegten Strafe um zwei Monate auf insgesamt 24 Monate angezeigt.

 

3.4. Vollzug

 

Angesichts der doch eindrücklichen Unbelehrbarkeit, welche der Beschuldigte mit seiner neuen Delinquenz trotz laufenden Verfahrens sowie dem Verbleib in der Schweiz trotz rechtskräftiger Wegweisungsverfügung an den Tag legte, ist grundsätzlich von einer ungünstigen Prognose auszugehen. Lediglich unter Berücksichtigung der stützenden Wirkung des Vollzugs der beiden Geldstrafen (s. nachstehend) sowie des Vollzugs eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe von 24 Monaten kann für einen Teil der Freiheitsstrafe der bedingte Vollzug gewährt werden. Die doch erheblich belastete Prognose sowie das vom Beschuldigten an den Tag gelegte Verschulden rechtfertigen es, den unbedingten Anteil der Freiheitsstrafe auf zehn Monate festzusetzen. Für den Anteil von 14 Monaten wird dem Beschuldigten der bedingte Strafvollzug bei einer Probezeit von drei Jahren gewährt.

 

3.5. Vergehen gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 19. Juni 2020 (Art. 13 iit. d i.V.m. Art. 6 Abs. 1 und 2 Covid-19-Verordnung besondere Lage)

 

Aufgrund der Übertretung gegen die Covid-19-Verordnung besondere Lage hat die erste Instanz zusätzlich eine Busse von CHF 500.00 ausgesprochen (a.a.O., Ziff. 2, S. 29). Diese Busse erscheint angemessen und wurde denn auch von keiner Partei angefochten. Sie ist zu bestätigen. Der Beschuldigte wird demnach zu einer Busse von CHF 500.00, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von fünf Tagen, verurteilt.

 

4. Widerruf

 

4.1. Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Strafen verüben wird, so widerruft das Gericht gemäss Art. 46 Abs. 1 StGB die bedingt aufgeschobene Strafe den bedingt aufgeschobenen Teil der Strafe. Ein während der Probezeit begangenes Verbrechen Vergehen führt nicht zwingend zum Widerruf des bedingten Strafaufschubs. Dieser erfolgt nur, wenn wegen der Begehung des neuen Delikts von einer negativen Einschätzung der Bewährungsaussichten auszugehen ist, d.h. aufgrund der erneuten Straffälligkeit eine eigentliche Schlechtprognose besteht. Die Prüfung der Bewährungsaussichten des Täters ist analog der Prüfung der Gewährung des bedingten Strafvollzugs anhand einer Würdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung der Bewährungsaussichten im Falle des Widerrufs des bedingten Vollzugs einer Freiheitsstrafe ist auch zu berücksichtigen, ob die neue Strafe bedingt unbedingt ausgesprochen wird (BGE 134 IV 140, E. 4.2. ff. mit Hinweisen). Besonders günstige Umstände, wie sie Art. 42 Abs. 2 StGB für den bedingten Strafaufschub bei entsprechender Vorverurteilung verlangt, sind für den Widerrufsverzicht aber nicht erforderlich. Das heisst allerdings nicht, dass es im Rahmen von Art. 46 StGB auf die neue Tat und die daraus resultierende Strafe überhaupt nicht ankommen würde. Art und Schwere der erneuten Delinquenz bleiben vielmehr auch unter neuem Recht für den Entscheid über den Widerruf von Bedeutung, insoweit nämlich, als das im Strafmass für die neue Tat zum Ausdruck kommende Verschulden Rückschlüsse auf die Legalbewährung des Verurteilten erlaubt. Insoweit lässt sich sagen, dass die Prognose für den Entscheid über den Widerruf umso eher negativ ausfallen kann, je schwerer die während der Probezeit begangenen Delikte wiegen (BGE 134 IV 140, E. 4.5.).

 

4.2. Vorliegend muss über den Widerruf des mit Strafbefehl des Kantons […] vom 1. April 2020 für eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 90.00 und des mit Strafbefehl des Kantons […] vom 6. Mai 2020 für eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 100.00 gewährten bedingten Vollzugs befunden werden.

 

Diesbezüglich ist vollumfänglich auf die detaillierten und zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz (a.a.O., Ziff. 3, S. 29) sowie die vorstehenden Ausführungen zum (teil)bedingten Strafvollzug zu verweisen. Der mit den beiden genannten Strafbefehlen gewährte bedingte Vollzug der ausgesprochenen Geldstrafen ist zu widerrufen. Da vorliegend für die neu zu beurteilenden Taten eine (teilbedingte) Freiheitsstrafe auszusprechen ist, erfolgt keine Gesamtstrafenbildung.

 

5. Anrechnung der Haft

 

In Anwendung von Art. 51 StGB ist dem Beschuldigten die vom 12. März 2021 bis 26. April 2021 (nicht wie von der Vorinstanz ausgeführt bis 16. April 2021) ausgestandene Untersuchungshaft von 46 Tagen an den unbedingt vollziehbaren Teil der Freiheitsstrafe anzurechnen.

 

V. Landesverweisung

 

1. Allgemeines

 

Zufolge des Freispruchs vom Vorhalt des Diebstahls und des Hausfriedensbruchs liegt kein Fall einer obligatorischen Landesverweisung mehr vor. Zu prüfen ist die Anordnung einer fakultativen Landesverweisung gemäss Art. 66abis StGB. Diese darf nur angeordnet werden, wenn sie verhältnismässig, insb. notwendig ist. Im Gegensatz zur obligatorischen Landesverweisung ist dies nicht quasi vorweg zu vermuten. Die Verhältnismässigkeit ist unabhängig vom Bestehen eines Härtefalles in jedem Fall einer genauen Prüfung zu unterziehen.

 

Die Landesverweisung ist lediglich dann notwendig, wenn das öffentliche Interesse an einer Landesverweisung aus Gründen der Sicherstellung der durch die verurteilte Person gefährdeten öffentlichen Ordnung die privaten Interessen des Betroffenen am Verbleib in der Schweiz überwiegt. Dies wird bei in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Personen nur selten der Fall sein, führen doch die Delikte, die üblicherweise mit hohen Freiheitsstrafen bestraft werden und dementsprechend ein grosses öffentliches Interesse an der Landesverweisung des die öffentliche Ordnung gefährdenden Täters besteht, praktisch ausnahmslos zu einer obligatorischen Landesverweisung gem. Art. 66a StGB. Bei der Begehung von nicht zu den Katalogtaten gehörenden Verbrechen und Vergehen bestehen demgegenüber gewichtige Einschränkungen betreffend die Anordnung einer fakultativen Landesverweisung. In Anlehnung an den ausländerrechtlichen Widerrufsgrund der «längerfristigen Freiheitsstrafe» (Art. 62 Art. 1 lit. b und Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG) ist eine fakultative Landesverweisung bei aufenthaltsberechtigten Personen als Folge einer Verurteilung bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe grundsätzlich als unverhältnismässig und somit unzulässig zu betrachten. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit sind in jedem Fall die konkreten Umstände des Einzelfalls zu beachten. Insbesondere sind den öffentlichen Interessen die privaten Interessen der betroffenen Person und ihrer Familie gegenüberzustellen. Dabei sind insb. – immer im Lichte der Schwere der begangenen Tat – der Grad der Integration der Person, die Dauer des Aufenthalts in der Schweiz sowie die Wirkung der Massnahme auf die Familie der betroffenen Person zu beachten. Demnach kann sich etwa die Landesverweisung – bspw. bei ausländischen Staatsbürgern, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind und keinen engen Bezug zum Land, dessen Staatsbürgerschaft sie besitzen, haben – selbst bei einer Verurteilung zu einer hohen Freiheitsstrafe als unverhältnismässig erweisen. Mit Blick auf die sog. «Reneja-Praxis» kann sich im konkreten Fall aber auch bei mit Schweizer Staatsbürgern verheirateten, noch nicht lange sich in der Schweiz aufhaltenden Ausländern, die zu einer Freiheitsstrafe von zwei mehr Jahren verurteilt wurden, die Anordnung einer fakultativen Landesverweisung als unverhältnismässig erweisen, wenn es für den schweizerischen Ehepartner schwer zumutbar erscheint, die Schweiz zu verlassen. Umgekehrt kann die Anordnung einer fakultativen Landesverweisung bei mehrfach verurteilten unbelehrbaren Wiederholungstätern angebracht sein, wobei auch diese Tätergruppe aufgrund des weit gefassten Deliktskatalogs in Art. 66a Abs. 1 lit. a – o StGB in der Regel von einer obligatorischen Landesverweisung betroffen sein wird, bevor sich eine fakultative Landesverweisung als verhältnismässig erweist. Die fakultative Landesverweisung kann somit bei in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Personen nur in wenigen Fällen angeordnet werden. Vielmehr fokussiert sich diese Massnahme auf sog. «Kriminaltouristen», also auf Personen, welche sich, ohne über eine Aufenthaltsberechtigung zu verfügen, mit dem Ziel in die Schweiz begeben haben, um hierzulande zu delinquieren (Matthias Zurbrügg/Constantin Hruschka in: BSK StGB, a.a.O., Art. 66abis N 6 ff. mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

 

2. Landesverweisung im konkreten Fall

 

2.1. Der Beschuldigte wurde am 17. Februar 1987 in [Dorf], [Ausland] geboren und reiste am 12. Juni 1999 mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein. Seit dem 19. April 2000 ist er im Besitz einer Niederlassungsbewilligung. Der Beschuldigte ist seit dem 11. September 2007 mit der [ausländischen] Staatsangehörigen AZ.___, geb. [Geburtsdatum], verheiratet. Die beiden haben inzwischen fünf gemeinsame Kinder, die beiden Söhne BY.___, geb. [Geburtsdatum], und CX.___, geb. [Geburtsdatum], die Tochter DW.___, geb. [Geburtsdatum] sowie die Zwillinge EV.___ und FU.___, geb. [Geburtsdatum]. Die Ehefrau ist im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung und die beiden ältesten Söhne sind im Besitz einer Niederlassungsbewilligung. Den drei jüngeren Kindern wurde bis jetzt keine Bewilligung ausgestellt (Reg. 5.1.6. / pag. 007 f.).

 

2.2. Mit Verfügung vom 26. August 2021 widerrief das MISA namens des DdI die Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers und verlängerte die Aufenthaltsbewilligung dessen Ehefrau nicht. Sie wurden per 30. November 2021 aus der Schweiz weggewiesen (Reg. 5.1.6. / pag. 009 ff.). Eine hiergegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit rechtskräftigem Urteil vom 9. Februar 2023 ab (VWBES.2021.367). A.___ und AZ.___ wurden aus der Schweiz weggewiesen und ihnen wurde Frist gesetzt, die Schweiz bis am 30. April 2023 zu verlassen.

 

Wie sich diesem Entscheid und den beigezogenen Akten entnehmen lässt, erfolgte bereits am 10. April 2014 durch das MISA ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschuldigten verbunden mit einer Wegweisung aus der Schweiz. Eine dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 3. Februar 2015 noch gut und verwarnte den Beschuldigten. Er wurde unmissverständlich darauf hingewiesen, dass er mit dem Widerruf der Niederlassungsbewilligung und der Wegweisung aus der Schweiz zu rechnen habe, sollte er in absehbarer Zeit erneut in relevanter Weise straffällig werden.

 

Den beigezogenen Akten und dem Strafregisterauszug im vorliegenden Verfahren lässt sich weiter entnehmen, dass der Beschuldigte seit dem Jahr 2006 mehrfach strafrechtlich verurteilt wurde, so wegen folgender Delikte:

 

-        Verurteilung zu 30 Tagen Gefängnis, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, dies wegen mehrfachen Diebstahls (Strafbefehl des […] vom 04.08.2006);

 

-        Verurteilung zu 10 Tagessätzen Geldstrafe zu je CHF 80.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von CHF 200.00, dies wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz durch Mitführen eines Schlagstockes (Strafbefehl des […] vom 10.04.2007);

 

-        Verurteilung zu 30 Tagessätzen Geldstrafe zu je CHF 60.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Busse von CHF 400.00, dies wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz durch Transport von ca. 950 Gramm Haschisch (Strafmandat des […] vom 09.11.2009);

 

-        Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzuges für 19 Monate mit einer Probezeit von drei Jahren, sowie Busse von CHF 200.00, dies wegen gewerbs- und teilweise bandenmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs und Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs (Urteil des […] vom 02.05.2012);

 

-        Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 90.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von CHF 1'000.00, dies wegen Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz (Strafbefehl der Staatsanwaltschaft […] vom 01.04.2020);

 

-        Verurteilung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 100.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, dies wegen Tierquälerei (Strafbefehl der Staatsanwaltschaft […] vom 06.05.2020);

 

-        Verurteilung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu CHF 70.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, dies wegen unrechtmässiger Aneignung (Strafbefehl der Staatsanwaltschaft […] vom 25.01.2023).

 

Das Verwaltungsgericht begründete seinen Entscheid vom 9. Februar 2023 neben der regelmässigen Delinquenz des Beschuldigten mit dessen kontinuierlicher Anhäufung von Schulden. Die Verschuldung sei selbstverschuldet und mutwillig erfolgt und daher dem Beschuldigten qualifiziert vorwerfbar. Abschliessend hielt das Verwaltungsgericht Folgendes fest:

 

«Aufgrund der sehr hohen und immer weiter anwachsenden Verschuldung der Beschwerdeführer, der Unbelehrbarkeit und der wiederholten Delinquenz des Beschwerdeführers besteht ein grosses öffentliches Interesse an der Wegweisung der Familie aus der Schweiz.» (E. 7.1).

 

«Dem gegenüber steht das private Interesse der Familie, in der Schweiz zu verbleiben. Dabei ist beachtlich, dass der Beschwerdeführer im relativ jungen Alter von 12 Jahren in die Schweiz eingereist ist und sich hier bereits über 23 Jahre aufhält. Die Beschwerdeführerin reiste mit 22 Jahren in die Schweiz ein und hält sich hier seit 14 Jahren auf. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführte, entspricht die Integration der Beschwerdeführer in die hiesigen Verhältnisse jedoch nicht annähernd ihrer langen Anwesenheitsdauer. Zwar können sich die Beschwerdeführer inzwischen beide in der deutschen Sprache verständigen und der Beschwerdeführer war meist arbeitstätig. Die Beschwerdeführerin vermochte sich jedoch wirtschaftlich nicht zu integrieren, weshalb ihr auch die Erteilung der Niederlassungsbewilligung verweigert worden ist. Sie hat massive Schulden von über CHF 50'000.00 angehäuft. Sie ist im [Ausland] geboren und aufgewachsen und hat dort nicht nur ihre Jugend, sondern auch die jungen Erwachsenenjahre verbracht. Sprache und Gepflogenheiten des [Ausland] sind ihr damit bestens bekannt. Auch hatte sie in den letzten Jahren mehrfach aus familiären Gründen um ein Rückreisevisum ersucht, weshalb davon ausgegangen werden darf, dass sie dort an familiäre Bande wird anknüpfen können. Die Rückkehr in ihre Heimat ist der Beschwerdeführerin damit nach 14 Jahren Aufenthalt in der Schweiz ohne Weiteres zumutbar. Ihrem Ehemann, der bereits im Alter von 12 Jahren in die Schweiz eingereist ist, wird die Rückkehr in die Heimat bestimmt nicht leicht fallen. Jedoch ist auch er im [Ausland] geboren und hat dort die Primarschule besucht. Sprache und Gepflogenheiten des Heimatlandes sind auch ihm bekannt. Schwerwiegende gesundheitliche Probleme macht er keine geltend. In seinem noch jungen Alter von 36 Jahren wird es ihm zusammen mit seiner Ehefrau und den Kindern möglich sein, sich zu reintegrieren, auch wenn er sein Beziehungsnetz dort neu wird aufbauen müssen. Aus der hohen Arbeitslosigkeit im [Ausland] lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass der Beschwerdeführer dort zwingend arbeitslos wäre (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_114/2019 vom 11. November 2019 E. 6.2). Bei der wirtschaftlichen Integration wird ihm die in der Schweiz gesammelte jahrelange Erfahrung in der Baubranche zugutekommen. Es liegen somit keine unüberwindbaren Hindernisse vor, welche die Wegweisung des Beschwerdeführers ins [Ausland] als unzumutbar erscheinen liessen.» (E. 7.2).

 

«Minderjährige haben grundsätzlich dem Inhaber der elterlichen Sorge Obhut in die gemeinsame Heimat zu folgen. (…) Für schulpflichtige Kinder ist der Umzug in die Heimat zusammen mit der Inhaberin dem Inhaber der elterlichen Sorge bzw. dem Betreuungsrecht zumutbar, wenn sie durch Sprachkenntnisse, gelegentliche Ferienaufenthalte und einer entsprechenden Kulturvermittlung durch die Eltern mit den dortigen Verhältnissen vertraut sind und deswegen noch als anpassungsfähig gelten können. (…) Die fünf gemeinsamen Kinder sind elf, acht, vier und (die Zwillinge) ein Jahr alt. Die jüngsten drei Kinder sind ohne Weiteres in einem anpassungsfähigen Alter. Da sie noch kaum eine Beziehung zur Schweiz aufgebaut haben können und die Eltern ihre Hauptbezugspersonen sind, ist ihnen die Ausreise zusammen mit diesen problemlos zumutbar. Auch bezüglich den älteren beiden Kindern ist aus dem Umstand, dass sie in der Schweiz die Schule und den Fussballclub besuchen, nicht zu schliessen, dass ihnen eine Übersiedlung ins [Ausland] nicht zumutbar wäre. Es wird nicht bestritten, dass ihnen die Sprache und Kultur des Heimatlandes durch die Eltern vermittelt wurden und sie sind sowohl im Herbst 2020 als auch im Sommer 2021 zusammen mit ihrer Mutter zu Ferienzwecken ins [Ausland] gereist. Es darf deshalb davon ausgegangen werden, dass ihnen die dortigen Verhältnisse bereits bekannt sind und sie sich dort – eventuell auch über ihr Hobby Fussball – werden integrieren können. Auch wenn die Ausreise in das Heimatland zweifellos einen einschneidenden Wechsel mit sich bringen wird, ist sie auch ihnen zumutbar, zumal auch in ihrem Alter noch die Kernfamilie den primären und prägenden Bezugspunkt bilden wird (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_589/2021 vom 20. September 2021 E.5.3.1; 2C_763/2019 vom 21. Januar 2020 E. 4.3; 2C_724/2018 vom 24. Juni 2019 E. 5.3.1).» (E.7.3).

 

«Wie die Vorinstanz richtig ausgeführt hat, käme eine Rückstufung nach Art. 63 Abs. 2 AIG nur dann in Frage, wenn der Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers nicht verhältnismässig wäre, was hier zweifellos nicht der Fall ist. Weder die Ermahnung im September 2011, die Nichterteilung der Niederlassungsbewilligung im März 2014, noch der Widerruf der Niederlassungsbewilligung im April 2014, welcher vom Verwaltungsgericht durch eine Verwarnung ersetzt wurde, vermochten bei den Beschwerdeführern ein Umdenken zu bewirken. Die Beschwerdeführer haben seither ihre Schulden mehr als verdoppelt und der Beschwerdeführer hat sich mehrfach und gar in zunehmendem Masse strafbar gemacht. Die Beschwerdeführer haben somit ihre letzte Chance, um sich in der Schweiz zu bewähren, klar vertan.» (E. 8).

 

2.3. Diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts kann vollumfänglich zugestimmt werden. Das Verwaltungsgericht hat sich ausführlich und sorgfältig mit dem öffentlichen Interesse an der Wegweisung des Beschuldigten und dessen privaten Interessen sowie den privaten Interessen seiner Familie am Verbleib in der Schweiz auseinandergesetzt und ist zum Schluss gekommen, dass Ersteres überwiegt. Dies muss erst recht bei der Prüfung der Landesverweisung gelten. Mit der Einführung der strafrechtlichen Landesverweisung wollte der Gesetzgeber die bisher geltende Rechtslage der Wegweisung hinsichtlich straffälliger Ausländer verschärfen. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Verfahren nun bei der Landesverweisung zahlreiche u.a. durchaus gewichtige Straftaten hinzukommen, welche in die Waagschale geworfen werden müssen, wenn es um die Beurteilung des öffentlichen Interesses geht. Insbesondere mit dem Betrug im Zusammenhang mit dem Covid-19-Kredit hat der Beschuldigte eine Straftat begangen, die zwar nicht im Katalog der Delikte für die obligatorische Landesverweisung enthalten ist. Die Nähe zu den Katalogtaten des Betruges im Bereich einer Sozialversicherung der Sozialhilfe resp. des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung (Art. 148a Abs. 1 StGB) sowie des Leistungs- und Abgabebetrugs ist jedoch nicht zu übersehen. In allen Fällen geht es um Schädigung der öffentlichen Hand durch betrügerisches Verhalten, insb. um die Bekämpfung von missbräuchlichen Bezügen zu Lasten des Staates. Somit hat der Beschuldigte auch durch den Betrug im Zusammenhang mit dem Covid-19-Kredit die öffentliche Ordnung ganz erheblich geschädigt.

 

Das Berufungsgericht setzt in seiner Rechtsprechung zur Landesverweisung insbesondere ein grosses Gewicht auf bereits früher erfolgte ausländerrechtliche Verwarnungen. Dies ist auch vorliegend bei der Interessenabwägung zu Lasten des Beschuldigten zu gewichten. Ebenso kann auch die Anhäufung von Schulden im Verfahren der Landesverweisung berücksichtigt werden, ist sie doch Ausdruck einer fehlenden wirtschaftlichen Integration. Die privaten Interessen des Beschuldigten und seiner Familie am Verbleib in der Schweiz sind demgegenüber mit der rechtskräftig erfolgten ausländerrechtlichen Wegweisung ganz erheblich «geschrumpft». Die nun fehlende Aufenthaltsberechtigung des Beschuldigten und seiner Familie in der Schweiz führt im Rahmen der fakultativen Landesverweisung zu einer Situation, welche mit der von Kriminaltouristen vergleichbar ist (auch wenn der Beschuldigte im Zeitpunkt der Begehung der vorliegend zu beurteilenden Taten die Niederlassungsbewilligung noch besass). All diese Erwägungen rechtfertigen vorliegend klarerweise die Anordnung der fakultativen Landesverweisung nach Art. 66a StGB.

 

Das insgesamt doch sehr schwer wiegende ausländerrechtliche Verschulden und das angesichts der bereits rechtskräftig erfolgten verwaltungsrechtlichen Wegweisung doch sehr geringe private Interesse des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz (könnte dieser sich doch künftig ohnehin nur noch als Tourist in der Schweiz aufhalten) rechtfertigen es, die Landesverweisung für die Dauer von 10 Jahren zu verhängen.

 

3. Ausschreibung im SIS

 

Der Beschuldigte ist [ausländischer] Staatsangehöriger und verfügt über kein Aufenthaltsrecht im Schengenraum. Es ist daher zu prüfen, ob die Landesverweisung im SIS auszuschreiben ist.

 

Im Urteil 6B_572/2019 vom 8. April 2020 hat das Bundesgericht entschieden, dass das in Art. 391 Abs. 2 StPO verankerte Verschlechterungsverbot zumindest dann nicht gilt, wenn die Ausschreibung der Landesverweisung im SIS im erstinstanzlichen Verfahren unbehandelt blieb (E. 3.3.5.). Genau eine solche Konstellation liegt im vorliegenden Fall vor. Aus den Akten ergeben sich keinerlei Hinweise, dass sich die Vorinstanz mit der Frage der Ausschreibung der Landesverweisung im SIS auseinandergesetzt hätte. Das vorinstanzliche Urteil ist diesbezüglich unvollständig, weshalb das Berufungsgericht die Frage der Ausschreibung zwingend zu prüfen hat (auch wenn die Staatsanwaltschaft kein Rechtsmittel ergriffen hat).

 

Ausschreibungen im Schengener Informationssystem dürfen gemäss dem in Art. 21 SIS-II-Verordnung verankerten Verhältnismässigkeitsprinzip nur vorgenommen werden, wenn die Angemessenheit, Relevanz und Bedeutung des Falles dies rechtfertigen. Voraussetzung für die Eingabe einer Ausschreibung zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung im SIS ist eine nationale Ausschreibung, die auf einer Entscheidung der zuständigen nationalen Instanz (Verwaltungsbehörde Gericht) beruht; diese Entscheidung darf nur auf der Grundlage einer individuellen Bewertung ergehen (Art. 24 Ziff. 1 SIS-II-Verordnung). Eine Ausschreibung ist insbesondere gerechtfertigt bei einem Drittstaatangehörigen, der in einem Mitgliedstaat wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 24 Ziff. 2 lit. a SIS-II-Verordnung) bei einem Drittstaatangehörigen, gegen den ein begründeter Verdacht besteht, dass er schwere Straftaten begangen hat, gegen den konkrete Hinweise bestehen, dass er solche Taten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates plant (Art. 24 Ziff. 2 lit. b SIS II-Verordnung). Das Bundesgericht und das Bundesverwaltungsgericht haben im Sinne einer Präzisierung festgehalten, dass die Bestimmung von Art. 24 Ziff. 2 lit. a SIS-II-Verordnung weder eine (konkrete) Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr noch einen Schuldspruch wegen einer Straftat, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht ist, verlangt. Vielmehr genügt, wenn der entsprechende Straftatbestand, dessen der Betroffene verurteilt wurde, eine Freiheitsstrafe im Höchstmass von einem Jahr mehr vorsieht. So wurde bspw. vom Bundesverwaltungsgericht die Zulässigkeit der Ausschreibung des Einreiseverbots im SIS bei einer Verurteilung der betroffenen Person wegen Hehlerei i.S.v. Art. 160 Ziff. 1 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen und einer Busse von CHF 700.00 bejaht, dies mit dem Hinweis, die Straftat erfülle den von Art. 24 Abs. 2 lit. a SIS II-Verordnung verlangten Schweregrad «bei Weitem» (BGE 147 IV 340 E. 4.4.1. m.Verw.a. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-7594-2014 vom 14.04.2016). Gemäss Bundesgericht ist indes im Sinne einer kumulativen Voraussetzung in jedem Einzelfall zu prüfen, ob von der betroffenen Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Ordnung ausgeht (Art. 24 Abs. 2 SIS-II-Verordnung, s. zum Ganzen stellvertretend das Urteil des Bundesgerichts 6B_1178/2019 vom 10.03.2021, insb. E. 4.3. m.w.Verw., u.a. auf BGE 146 IV 42 betreffend die grundsätzlichen Voraussetzungen der Ausschreibung). An die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Nicht verlangt wird, dass das «individuelle Verhalten der betroffenen Person eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt». Entscheidend ist weniger das Strafmass, sondern vielmehr Art und Häufigkeit der Straftaten. Lediglich reine Bagatelldelikte sollen die Ausschreibung im SIS ausschliessen. Einer Ausschreibung der Landesverweisung steht schliesslich auch der Umstand, dass der Beschuldigte zu einer bedingt vollziehbaren Strafe verurteilt wurde nicht entgegen (BGE 147 IV 340 E. 4.8.).  

 

Vorliegend wurde der Beschuldigte wegen mehrerer Straftaten verurteilt, die keineswegs mehr nur reine Bagatelldelikte darstellen. Insbesondere mit dem Covid-19-Kreditbetrug hat der Beschuldigte die öffentliche Ordnung erheblich gefährdet. Auch die Häufigkeit der vom Beschuldigten verübten Delinquenz spricht klar für die Annahme einer vom Beschuldigten ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die Landesverweisung ist daher im SIS auszuschreiben. Die Ausschreibung gilt auch für allfällige Alias-Namen von A.___.

 

 

VI. Einziehung

 

Der Beschuldigte beantragt die Aushändigung folgender beschlagnahmter Gegenstände:

 

-        IPad silber/weiss, HD Nr. 1;

-        LG Handy schwarz, HD Nr. 7;

-        IPad 64 Gbt, HD Nr. 9;

-        Bargeldkasse grau mit CHF 122.20, HD Nr. 10;

-        Geldkassette mit CHF 195.50, HD Nr. 11;

-        Euro 480.00, CHF 500.00 und 10 Reka-Checks, HD Nr. 14.

 

Die Vorinstanz begründet nicht, inwiefern die vorstehend aufgeführten Gegenstände zur Begehung einer Straftat gedient haben dazu bestimmt gewesen sein sollen. Ebenso ergibt sich aus der vorinstanzlichen Begründung nicht, dass die beschlagnahmten Vermögenswerte durch eine Straftat erlangt worden sein sollen dazu hätten bestimmt sein sollen, eine Straftat zu veranlassen zu belohnen. Hinsichtlich der beiden Ipads und des Handys LG ist denn auch nicht ersichtlich, inwiefern die Einziehungsvoraussetzungen des Art. 69 StGB erfüllt sein sollen. Weder ergibt sich ein klarer Deliktkonnex, noch ist eine Gefährdung der Sicherheit von Menschen, der Sittlichkeit der öffentlichen Ordnung erkennbar. Ebenso ist hinsichtlich der vorstehenden Vermögensbeträge kein Deliktskonnex gemäss Art. 70 Abs. 1 StGB ersichtlich. Der Beschuldigte hatte durchaus auch legale Einkünfte. Es ist daher keineswegs naheliegend, dass die doch vergleichsweise geringen Bargeldbeträge aus einer Straftat stammen sollen. Erst recht ist dies bei den Reka-Checks nicht ersichtlich.

 

Die Staatsanwaltschaft begründet die Beschlagnahme im entsprechenden Beschlagnahmebefehl vom 22. Juni 2021 denn auch jeweils mit Art. 71 Abs. 3 StGB (Beschlagnahme im Hinblick auf die Durchsetzung von Ersatzforderungen). Eine Ersatzforderung wird von der Staatsanwaltschaft aber gar nicht geltend gemacht. Hingegen führt die Staatsanwaltschaft im Beschlagnahmebefehl u.a. auch Art. 263 Abs. 1 lit. b StPO an (Beschlagnahme zur Sicherstellung von Verfahrenskosten, Geldstrafe, Bussen und Entschädigungen). Gemäss Art. 442 Abs. 4 StPO können die Strafbehörden ihre Forderungen aus Verfahrenskosten u.a. mit beschlagnahmten Vermögenswerten verrechnen. So ist die Vorinstanz hinsichtlich der vorstehenden Bargeldbeträge auch vorgegangen, hat sie doch die Verrechnung mit Bussen und Gerichtskosten angeordnet. Dies bedingt jedoch keine vorgängige Einziehung. Die Vorinstanz vermischt Einziehung und Verrechnung. Hinsichtlich der Reka-Checks im Wert von CHF 110.00 ordnete die Vorinstanz jedoch effektiv die Einziehung an, also keine Verrechnung mit Verfahrenskosten (auch wenn die Verrechnung in Ziff. 15 erwähnt wird, wird sie in Ziff. 7 nicht angeordnet). Diesbezüglich macht eine Verrechnung mit Verfahrenskosten effektiv auch keinen Sinn, würde dies doch die vorgängige Veräusserung durch die Strafverfolgungsbehörden bedingen, welche angesichts des geringen Betrages unverhältnismässig erscheint. Dasselbe gilt für die beiden IPads und das LG Handy.

 

Die beschlagnahmten Reka-Checks im Wert von CHF 110.00 sowie die beiden IPads und das LG Handy sind somit dem Beschuldigten herauszugeben. Die noch strittigen Bargeldbeträge im Gesamtbetrag von CHF 1'339.80 (CHF 122.20 [HD-Nr. 10], CHF 195.50 [HD-Nr. 11], EUR 480.00 und CHF 500.00 [HD-Nr. 14]) sind in Anwendung von Art. 442 Abs. 4 StPO mit den Verfahrenskosten zu verrechnen. Die zugehörigen Gegenstände (d.h. die Bargeldkasse grau [HD-Nr. 10] und die Bargeldkasse pink [HD-Nr. 11]) werden eingezogen und sind zu verwerten.

 

Auf den Antrag der Privatklägerin GT.___ vom 8. Juni 2023 um Zusprechung von Busse, Geldstrafe und eingezogenen Vermögenswerten resp. deren Verwertungserlös kann nicht eingetreten werden, da diese formell kein Rechtsmittel ergriffen hat.

 

 

VII. Zivilforderungen

 

1. [weitere Privatklägerin] und [Getränkemarkt]

 

Wie vorstehend bereits erwähnt, hat der Beschuldigte anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung die Berufung betreffend die Ziff. 11 lit. a und b des erstinstanzlichen Urteils zurückgezogen. Gemäss rechtskräftiger Ziffer 11 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 werden die Zivilforderungen der [weiteren Privatklägerin] (CHF 1'016.00) und des [Getränkemarkt]s (CHF 1'000.00) demnach auf den Zivilweg verweisen.

 

2. Feuerwehr Stadt [Ort 11]

 

Die Zivilforderung der Privatklägerin Feuerwehr Stadt [Ort 11] ist ausgangsgemäss auf den Zivilweg zu verweisen.

 

3. GT.___

 

Die Ziff. 9 und Ziff. 10 des erstinstanzlichen Urteils wurden nicht angefochten und sind entsprechend in Rechtskraft erwachsen. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat die Verteidigung im Rahmen der mündlichen Ausführungen die Zivilforderung im Umfang von CHF 100'000.00 erneut anerkannt.

 

Entsprechend hat der Beschuldigte der Privatklägerin GT.___ demnach einen Schadenersatz von CHF 100'000.00 zzgl. 5 % Zins seit dem 25. Dezember 2020 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Zivilklage der Privatklägerin abgewiesen.

 

 

VIII. Kosten- und Entschädigungsfolgen

 

1. Erstinstanzliches Verfahren

 

1.1. Die erste Instanz hat die Verfahrenskosten mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00, total CHF 9'000.00, dem Beschuldigten auferlegt (vgl. Urteil TG, Ziff. VII./5. S. 36). Mit Blick auf den Verfahrensausgang kann diese Kostenverlegung vom Berufungsgericht nicht bestätigt werden. Zufolge der im Berufungsverfahren erfolgten Freisprüche von den Vorhalten des betrügerischen Konkurses, der Gehilfenschaft zum Diebstahl und der Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch sind die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens dem Beschuldigten zu 90 %, ausmachend CHF 8'100.00, aufzuerlegen. Die anderen 10 %, ausmachend CHF 900.00, gehen zu Lasten des Staates Solothurn.

 

1.2. Die Honorarnote für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten, Rechtsanwalt Fabian Brunner, wurde für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von CHF 8'217.40 (inkl. Auslagen und MwSt.) rechtskräftig festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt.

 

Der Beschuldigte ist infolge seiner (anteilsmässigen) Verurteilung zur Tragung der Verfahrenskosten nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO von Gesetzes wegen verpflichtet, den Betrag im Umfang von 90 %, ausmachend CHF 7'395.65, dem Staat Solothurn zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Ebenso ist der Beschuldigte verpflichtet, den Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 2'001.60 (90 % der Differenz zum vollen Honorar von CHF 230.00 pro Stunde) zu bezahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

 

1.3. Die Honorarnote für die vormalige amtliche Verteidigung des Beschuldigten, Rechtsanwalt Christian Werner, wurde für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von CHF 6'312.20 (inkl. Auslagen und MwSt.) rechtskräftig festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt.

 

Der Beschuldigte ist infolge seiner (anteilsmässigen) Verurteilung zur Tragung der Verfahrenskosten nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO von Gesetzes wegen verpflichtet, den Betrag im Umfang von 90 %, ausmachend CHF  5'681.00, dem Staat Solothurn zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

 

1.4. Die Privatklägerschaft hat gegenüber der beschuldigten Person Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Verfahren, wenn sie obsiegt (Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO) die beschuldigte Person nach Art. 426 Abs. 2 StPO kostenpflichtig ist. Die Privatklägerschaft hat ihre Entschädigungsforderung bei der Strafbehörde zu beantragen, zu beziffern und zu belegen. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, so tritt die Strafbehörde auf den Antrag nicht ein (Art. 433 Abs. 2 StPO).

 

Im vorinstanzlichen Verfahren hat der Beschuldigte die Zivilforderung der GT.___ in Höhe von CHF 100'000.00 anerkannt. Die darüber hinausgehende Zivilforderung hat die Vorinstanz abgewiesen. Diese bezog sich lediglich auf die Einziehung und Zusprechung der beschlagnahmten Vermögenswerte in Höhe von CHF 18'484.80 und die Verhängung einer Ersatzforderung mit Zusprechung an die Privatklägerin in Höhe von CHF 81'515.20. Die Privatklägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 6'661.45 geltend gemacht. Weshalb die Vorinstanz ihr lediglich CHF 6'015.30 zugesprochen hat, begründet sie nicht. Jedenfalls ist die Bürgschaftsgenossenschaft im Vorverfahren mit ihrer Zivilforderung zwar nicht vollständig, aber doch in weit überwiegendem Ausmass durchgedrungen. Lediglich in den Modalitäten der Entschädigung (Zusprechung von eingezogenen Vermögenswerten resp. einer Ersatzforderung) unterlag sie. Es rechtfertigt sich daher, der Bürgschaftsgenossenschaft für das erstinstanzlichen Verfahren ermessensweise eine reduzierte Parteientschädigung von pauschal CHF 5'000.00 zuzusprechen.

 

Auf das Argument des Beschuldigten, eine Vertretung der Privatklägerin sei nicht notwendig gewesen, da bereits die Staatsanwaltschaft das Anliegen genügend vertrete, ist nicht näher einzugehen. Ein Zivilkläger hat das Recht, sich zu konstituieren und sich im Verfahren durch einen eigenen Rechtsbeistand vertreten zu lassen, selbst wenn bereits die Staatsanwaltschaft als Anklägerin ins Verfahren involviert ist. Weitere Ausführungen diesbezüglich erübrigen sich.

 

2. Zweitinstanzliches Verfahren

 

2.1. Die Kosten des Verfahrens sind von den Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO).

 

Im Berufungsverfahren obsiegt der Beschuldigte hinsichtlich der Freisprüche von den Vorhalten des betrügerischen Konkurses, der Gehilfenschaft zum Diebstahl und der Gehilfenschaft zum Hausfriedensbruch sowie teilweise der Strafzumessung. Dies rechtfertigt, die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Entscheidgebühr von CHF 5'000.00 und Auslagen von CHF 860.00 dem Beschuldigten zu 80 %, ausmachend CHF 4’688.00, aufzuerlegen. Die anderen 20 %, ausmachend CHF 1'172.00, gehen zu Lasten des Staates Solothurn.

 

2.2. Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt Fabian Brunner, macht in seiner Honorarnote für das Berufungsverfahren einen Arbeitsaufwand von 15.5 Stunden sowie Auslagen von CHF 184.50 geltend. Dies ist nicht zu beanstanden. Hinzuzurechnen sind die Aufwendungen für die Hauptverhandlung sowie die telefonische Urteilseröffnung.

 

Zusammengefasst ergibt sich demnach folgende Berechnung:

 

Aufwand

Ansatz AMTV

Zwischentotal

Ordentlicher

Ansatz

Zwischentotal

3.5 h

(bis 31.12.2022)

CHF 180.00

CHF 630.00

CHF 230.00

CHF 805.00

12 h

(ab 01.01.2023)

CHF 190.00

CHF 2'280.00

CHF 230.00

CHF 2'760.00

2 h

(HV + Urteils-

eröffnung)

CHF 190.00

CHF 380.00

CHF 230.00

CHF 460.00

Zwischentotal

 

CHF 3'290.00

 

CHF 4'025.00

Auslagen

 

CHF 184.50

 

CHF 184.50

Zwischentotal

 

CHF 3'474.50

 

CHF 4'209.50

MwSt.

7.7 %

CHF 267.55

 

CHF 324.15

TOTAL

 

CHF 3'742.05

 

CHF 4'533.65

 

 

 

Diff.

CHF 791.60

 

Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten für das Berufungsverfahren wird demnach auf CHF 3'742.05 festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen.

 

Der Beschuldigte ist infolge seiner (anteilsmässigen) Verurteilung der Verfahrenskosten nach Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO von Gesetzes wegen verpflichtet, den Betrag im Umfang von 80 %, ausmachend CHF  2'993.65, dem Staat Solothurn zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Ebenso ist der Beschuldigte verpflichtet, den Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 633.30 (80 % der Differenz zum vollen Honorar von CHF 230.00 pro Stunde) zu bezahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.

 

2.3. Die Privatklägerin GT.___ macht für das Berufungsverfahren einen Aufwand von 28.1 Stunden geltend. Dies ist insgesamt deutlich zu hoch. Diesbezüglich sind folgende Ausführungen anzubringen:

-        Die Kostennote des Vertreters der Privatklägerin umfasst einen grossen Teil an Aufwand, welcher bereits vor der Vorinstanz geleistet worden ist. Dieser Aufwand, konkret Seite 1 der Honorarnote betreffend, wurde bereits vorstehend mit der reduzierten Parteientschädigung von pauschal CHF 5'000.00 entschädigt und kann vorliegend nicht mehr geltend gemacht werden.

-        Für das zweitinstanzliche Verfahren werden Aufwendungen von 7.6 Stunden geltend gemacht (S. 2 der Honorarnote). Dies ist insofern überhöht, als dass – ohne Partei zu sein – vor dem Berufungsgericht Anträge wiederholt wurden, die nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens bilden konnten, was dem Vertreter der Privatklägerin bewusst sein musste. Ein Teil des Aufwandes ist somit ungerechtfertigt in Rechnung gestellt.

-        Der Stundenansatz für die Bestimmung der Kosten der privat bestellten Verteidiger und der Rechtsbeistände von Privatklägern Dritten beträgt CHF 230.00 – CHF 330.00 zzgl. Mehrwertsteuer, soweit sie Anwälte sind (§ 158 des Gebührentarifs des Kantons Solothurn [GT, BGS 615.11]). Die vorliegende Strafsache betrifft eine spezielle Rechtsmaterie, so dass von leicht erhöhten Anforderungen ausgegangen werden kann, welche den Stundenansatz von CHF 280.00 rechtfertigen. Diesbezüglich sind keine Anpassungen vorzunehmen.

 

Ermessensweise wird somit festgelegt, dass der Beschuldigte der Privatklägerin GT.___, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Daphinoff, Bern, für deren Aufwand im zweitinstanzlichen Verfahren eine reduzierte Parteientschädigung von pauschal CHF 1'800.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen hat.

 

2.4. Die vom Beschuldigten zu tragenden Verfahrenskosten von total CHF 12'788.00 (1. Instanz CHF 8'100.00, 2. Instanz CHF 4'688.00) und die vorliegend auszusprechende Busse von CHF 500.00 sind mit den beschlagnahmten Barbeträgen von CHF 17'145.00 und CHF 1'339.80 zu verrechnen, womit sämtliche Forderungen des Staates beglichen sind. Die übrigen CHF 5'196.80 werden mit dem Rückforderungsanspruch des Staates betreffend das Honorar der amtlichen Verteidigung verrechnet, so dass noch ein Rückforderungsanspruch des Staates von CHF 2'198.85 verbleibt.

 

Demnach wird in Anwendung von Art. 40 StGB, Art. 41 StGB, Art. 43 StGB, Art. 44 StGB, Art. 46 StGB, Art. 47 StGB, Art. 49 Abs. 1 StGB, Art. 50 StGB, Art. 51 StGB, Art. 66abis StGB, Art. 69 StGB, Art. 70 Abs. 1 StGB, Art. 106 StGB, Art. 146 Abs. 1 StGB, Art. 160 Ziff. 1 Abs. 1 StGB, Art. 165 Ziff. 1 StGB, Art. 166 StGB, Art. 251 Ziff. 1 StGB, Art. 253 StGB, Art. 87 Abs. 4 AHVG, Art. 13 lit. d i.V.m. Art. 6 Abs. 1 und 2 aCovid-19-Verordnung besondere Lage, Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS, Art. 24 SIS-II-Verordnung, Art. 122 ff. StPO, Art. 135 StPO, Art. 267 Abs. 1 - 3 StPO, Art. 335 ff. StPO, Art. 379 ff. StPO, Art. 398 ff. StPO, Art. 416 ff. StPO, Art. 433 ff. StPO, Art. 442 Abs. 4 StPO, Art. 41 OR, § 146 Gebührentarif, § 158 Gebührentarif, GVB.2022.111

festgestellt und erkannt:

1.    Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 1 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 hat sich A.___ schuldig gemacht der

a)   Misswirtschaft, begangen ab dem 26. April 2019 bis 24. September 2020, in [Ort 1] (Anklageschrift vom 27.10.2021 [AKS] Ziff. 2);

b)   Unterlassung der Buchführung, begangen in der Zeit vom 30. April 2018 bis zum 24. September 2020, in [Ort 1] (AKS Ziff. 3);

c)   Vergehen gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenver-sicherung, begangen mindestens in der Zeit von Oktober 2018 bis März 2019, in [Ort 1] (AKS Ziff. 10);

d)   Widerhandlung gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 19. Juni 2020, begangen in der Zeit vom 11. März 2021 bis zum 12. März 2021, in [Ort 1] (AKS Ziff. 12).

 

2.    A.___ wird von den Vorhalten

a)   des betrügerischen Konkurses und des Pfändungsbetrugs, angeblich begangen in der Zeit vom 6. April 2020 bis zum 24. September 2020, in [Ort 1] (AKS Ziff. 4);

b)   der Gehilfenschaft zum Diebstahl, angeblich begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 20. Februar 2021, in [Ort 2] (AKS Ziff. 8);

c)   der Gehilfenschaft zum Hausfriedenbruch, angeblich begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 20. Februar 2021, in [Ort 2] (AKS Ziff. 9)

freigesprochen.

 

3.    A.___ hat sich schuldig gemacht

a)   der mehrfachen Erschleichung einer falschen Beurkundung, begangen am 27. April 2018, in [Ort 4] (AKS Ziff. 1a und Ziff. 1b);

b)   der Urkundenfälschung, begangen am 6. April 2020, in [Ort 1] (AKS Ziff. 5);

c)   des Betrugs, begangen am 6. April 2020, in [Ort 1] (AKS Ziff. 6);

d)   der Hehlerei, begangen in der Zeit vom 24. Januar 2021 bis zum 12. März 2021, in [Ort 1] (AKS Ziff. 7);

e)   der Vergehen gegen das Bundesgesetz über Geldspiele, begangen mindestens in der Zeit vom 5. Juli 2020 bis zum 26. November 2020 sowie am 12. März 2021, in [Ort 1] (AKS Ziff. 11).

 

4.    A.___ wird verurteilt zu

a)   einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzugs für 14 Monate bei einer Probezeit von drei Jahren, womit eine Teilstrafe von 10 Monaten zu vollziehen ist;

b)   einer Busse von CHF 500.00, bei Nichtbezahlung ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von fünf Tagen.

5.    A.___ ist die vom 12. März 2021 bis 26. April 2021 ausgestandene Untersuchungshaft von 46 Tagen an den unbedingt vollziehbaren Teil der Freiheitsstrafe gemäss Ziff. 4 lit. a hiervor anzurechnen.

6.    Der A.___ mit nachfolgenden Urteilen gewährte bedingte Strafvollzug wird widerrufen und die Strafen sind zu vollziehen:

a)   Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons […] vom 1. April 2020:

            Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je CHF 90.00;

b)   Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons […] vom 6. Mai 2020:

      Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 100.00 (Zusatzstrafe zum Urteil vom 01.04.2020).

 

7.    A.___ wird für die Dauer von zehn Jahren des Landes verwiesen.

 

8.    Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben. Die Ausschreibung gilt auch für allfällige Alias-Namen von A.___.

 

9.    Gemäss rechtskräftiger Ziffer 6 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 wird festgestellt, dass folgende beschlagnahmte Gegenstände bereits an die rechtmässige Eigentümerin zurückgegeben wurden:

HD-Nr.

Objekt

Ort

25

2 St. Holmatro Core, Schlauch

(1x orange, 1x grün)

An Feuerwehr der Stadt [Ort 11]

zurückgegeben

26

1 Stk. Holmatro Spreizer, Core

An Feuerwehr der Stadt [Ort 11]

zurückgegeben

27

1 Stk. Holmatro, Keilzylinder, Core

An Feuerwehr der Stadt [Ort 11]

zurückgegeben

28

Holmatro, Benzin, Duopumpe,

DPU 31 PL

An Feuerwehr der Stadt [Ort 11]

zurückgegeben

29

1 Stk. Honda, Stromerzeuger,

EU 2.0i

An Feuerwehr der Stadt [Ort 11]

zurückgegeben

 

10.  Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 7 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 werden folgende beschlagnahmte Gegenstände eingezogen und sind 30 Tage nach Rechtskraft dieses Urteils durch die Polizei zu verwerten, evtl. zu vernichten, wobei ein allfälliger Netto-Verwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) dem Staat Solothurn verfällt:

HD-Nr.

Objekt

Ort

3

Ausweis «Baustellen» von E.___

Asservate

4

DVD’s

Asservate

12

Kartonbecher mit CHF-Hartgeld in Silber, insgesamt

30 Münzen

Asservate

15

USB-Stick, 8 Gbt, schwarz

Asservate

18

iPhone S, weiss mit gelber Hülle, IC S79C E296A,

ohne Code

Asservate

21

8 Kreditkarten

Asservate

22

1 Samsung (beschädigt), lila Rand, ohne Code

Asservate

23

1 Samsung (beschädigt), schwarz, ohne Code

Asservate

24

1 Samsung im Etui mit transparentem Deckel,

ohne Code

Asservate

30

1x Reisetasche Pulp, dunkelgrün mit Zigaretten-

packungen (unbekannte Menge) diverser Marken

Asservate

31

Lose Zigarettenpackungen diverser Marken

Asservate

32

1x grüne Kiste mit Zigaretten diverser Marken

Asservate

33

1x Paar braune Schuhe, Grösse 43

Asservate

34

1x Behältnis rot mit diversen Münzen

Asservate

35

1x Behältnis rot mit 2x Uhren und Schmuck

Asservate

36

1x Plastiksäckchen mit 4 Silbermünzen

Asservate

37

1x Couvert mit der Aufschrift «F.___

[Ort 3]» und folgendem Inhalt:

6x zyprische Pfund

1x 250'000.00 türkische Lire

7x 5'000.00 jugoslawische Dinar

12x 1'000.00 jugoslawische Dinar

1 x 500.00 jugoslawische Dinar

1x 50.00 jugoslawische Dinar

1x 20.00 jugoslawische Dinar

3x 10.00 jugoslawische Dinar

Asservate

 

11.  Die folgenden beschlagnahmten Gegenstände sind nach Rechtskraft dieses Urteils an dem Berechtigten, A.___, auszuhändigen:

HD-Nr.

Objekt

Ort

1

iPad silber/weiss CE 0682, ohne Code

Asservate

7

LG Handy schwarz, ohne Code

Asservate

9

iPad 64 Gbt, IMEI [Nummer], weiss

Asservate

14

Reka-Checks CHF 110.00

Asservate

 

12.  Die folgenden beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und sind 30 Tage nach Rechtskraft dieses Urteils durch die Polizei zu verwerten, evtl. zu vernichten, wobei ein allfälliger Netto-Verwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) dem Staat Solothurn verfällt:

HD-Nr.

Objekt

Ort

10

Bargeldkasse grau

Asservate

11

Bargeldkasse pink mit Schlüssel

Asservate

 

13.  Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 8 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 werden folgende beschlagnahmte Barbeträge mit der in Ziff. 4 lit. b hiervor ausgesprochenen Busse und den vom Beschuldigten zu tragenden Verfahrenskosten gemäss nachstehenden Ziff. 22 und 25 verrechnet (s. auch nachstehend Ziff. 26):

HD-Nr.

Objekt

Betrag der auf die Gerichtskasse

einbezahlt wurde

2

Bargeld CHF 5'000.00

CHF 5'000.00

8

Bargeld CHF 200.00

CHF 200.00

20

Bargeld von insgesamt

CHF 10'500.00

Erlös vom [Fahrzeug],

[Kennzeichen]

CHF 10'500.00

 

CHF 1'445.00

 

CHF 17'145.00

 

14.  Folgende beschlagnahmte Barbeträge werden mit der in Ziff. 4 lit. b hiervor ausgesprochenen Busse und den vom Beschuldigten zu tragenden Verfahrenskosten gemäss nachstehenden Ziff. 22 und 25 verrechnet (s. auch nachstehend Ziff. 26):

HD-Nr.

Objekt

Betrag der auf die Gerichtskasse

einbezahlt wurde

10

Bargeld in Geldkassette

CHF 122.20

11

Bargeld in Geldkassette

CHF 195.50

14

EUR 480.00, CHF 500.00

CHF 1'022.10

 

CHF 1'339.80

 

15.  Gemäss rechtskräftiger Ziffer 9 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 hat A.___ der Privatklägerin GT.___ einen Schadenersatz von CHF 100'000.00 zzgl. Zins zu 5 % seit dem 25. Dezember 2020 zu bezahlen.

 

16.  Gemäss rechtskräftiger Ziffer 10 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 wird die Zivilklage der Privatklägerin GT.___ im Übrigen abgewiesen.

 

17.  Gemäss rechtskräftiger Ziffer 11 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 werden folgende Zivilforderungen auf den Zivilweg verwiesen:

a)   [weitere Privatklägerin]: CHF 1'016.00;

b)   [Getränkemarkt]: CHF 1'000.00.

 

18.  Die Zivilforderung der Privatklägerin Feuerwehr Stadt [Ort 11] wird auf den Zivilweg verwiesen.

 

19.  A.___ hat der Privatklägerin GT.___, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Daphinoff, Bern, für deren Aufwand im erstinstanzlichen Verfahren eine reduzierte Parteientschädigung von pauschal CHF 5'000.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.

 

20.  Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 13 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 wurde die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Fabian Brunner, Solothurn, im erstinstanzlichen Verfahren auf CHF 8'217.40 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt.

Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates im Umfang von CHF 7'395.65 (90% von CHF 8'217.40) während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 2'001.60 (90 % der Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00 pro Stunde), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

21.  Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 14 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 7. Januar 2022 wird festgestellt, dass die Kostennote des ehemaligen amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Christian Werner, Olten, von der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn mit Verfügung vom 13. April 2021 auf CHF 6'312.20 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt worden ist.

Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 5'681.00 (90 % von CHF 6'312.20), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

 

22.  A.___ hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00, total CHF 9'000.00, im Umfang von 90 %, ausmachend CHF 8'100.00, zu bezahlen. Die anderen 10 %, ausmachend CHF 900.00, gehen zu Lasten des Staates Solothurn.

 

23.  A.___ hat der Privatklägerin GT.___, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Daphinoff, Bern, für deren Aufwand im zweitinstanzlichen Verfahren eine reduzierte Parteientschädigung von pauschal CHF 1'800.00 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.

 

24.  Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Fabian Brunner, Solothurn, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 3'742.05 (Honorar CHF 3'290.00 [3.5 Stunden à CHF 180.00, 14.0 Stunden à CHF 190.00], Auslagen CHF 184.50 und MwSt. CHF 267.55) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen.

Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 2'993.65 (80 % von CHF 3'742.05) sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 633.30 (80 % der Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00 pro Stunde, inkl. Auslagen und MwSt.), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

 

25.  A.___ hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00, total CHF 5'860.00, im Umfang von 80 %, ausmachend CHF 4'688.00, zu bezahlen. Die anderen 20 %, ausmachend CHF 1'172.00, gehen zu Lasten des Staates Solothurn.

 

26.  Die von A.___ zu tragenden Verfahrenskosten von total CHF 12'788.00 (1. Instanz CHF 8'100.00, 2. Instanz CHF 4'688.00) und die gemäss Ziff. 4 lit. b hiervor ausgesprochene Busse von CHF 500.00 werden mit den gemäss Ziff. 13 und 14 hiervor bezeichneten Barbeträgen von CHF 17'145.00 und CHF 1'339.80 verrechnet, womit sämtliche Forderungen betreffend A.___ beglichen sind. Die übrigen CHF 5'196.80 werden mit dem Rückforderungsanspruch des Staates gemäss Ziffer 20 vorstehend verrechnet, so dass noch ein Rückforderungsanspruch des Staates von CHF 2'198.85 verbleibt.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona).

Im Namen der Strafkammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

von Felten                                                                         Schenker



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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