Zusammenfassung des Urteils STBER.2022.55: Verwaltungsgericht
Am 29. Mai 2021 wurde A.___ in Solothurn wegen Ungehorsams gegen die Polizei verurteilt, nachdem er sich geweigert hatte, eine mündliche Wegweisung zu befolgen. A.___ wurde zu einer Busse von CHF 100.00 verurteilt. Die Gerichtskosten belaufen sich auf insgesamt CHF 1'575.00. Die Entscheidung wurde vom Obergericht unter dem Vorsitz von Präsident von Felten getroffen. Die unterlegene Partei war die Staatsanwaltschaft.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2022.55 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 20.03.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Beschuldigte; Solothurn; Polizei; Urteil; Beschuldigten; Wegweisung; Berufung; Urteils; KapoG; Verfahren; Sachverhalt; Verfügung; Kundgebung; Kanton; Busse; Baseltor; Verfahrens; Stadt; Gericht; Vorinstanz; Recht; Innenstadt; Person; Sachverhalts; Wegweisungs; Befehl |
Rechtsnorm: | Art. 10 BV ;Art. 106 StGB ;Art. 110 StPO ;Art. 17 BV ;Art. 22 BV ;Art. 29 BV ;Art. 292 StGB ;Art. 335 StPO ;Art. 356 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 406 StPO ;Art. 416 StPO ;Art. 46 BV ;Art. 47 StGB ;Art. 5 BV ;Art. 7 BV ;Art. 8 BV ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Daniel Jositsch, Niklaus Schmid, Praxis StPO, Art. 398 StPO, 2018 |
Geschäftsnummer: | STBER.2022.55 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 20.03.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2023.19 |
Titel: | Widerhandlung gegen das EG zum StGB |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 20. März 2023 Es wirken mit: Oberrichter Werner Oberrichter Marti Gerichtsschreiberin Schenker In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Anklägerin
gegen
A.___, Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend Widerhandlung gegen das EG zum StGB
Mit Verfügung der Verfahrensleitung vom 17. August 2022 wurde in Anwendung von Art. 406 Abs. 1 lit. c StPO das schriftliche Verfahren angeordnet. Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte
1. Nachdem ein Gesuch des Vereins [«…»] für die Durchführung einer Kundgebung gegen Corona-Massnahmen mit über 1'000 Teilnehmenden und einem Umzug durch die Altstadt von Solothurn am 29. Mai 2021 durch die Verantwortlichen der Stadt Solothurn abgelehnt worden war, zeichnete sich ab, dass diverse Gruppierungen versuchen würden, die Demonstration trotz fehlender Bewilligung durchzuführen. Ebenso wurde zwischenzeitlich eine Gegenveranstaltung für denselben Tag angekündigt. Die Stadt Solothurn erteilte deshalb der Polizei Kanton Solothurn den Auftrag, diese zu verhindern, die Rechtsordnung durchzusetzen und die Bevölkerung zu schützen. Personen, die trotz Verbots an den Kundgebungen teilnehmen wollten, wurden per Medienmitteilung dringend aufgerufen, auf eine Teilnahme zu verzichten; wer dennoch daran teilnehme, habe mit polizeirechtlichen Massnahmen (bspw. Fernhaltungen / Wegweisungen) und je nach Situation mit strafrechtlichen Konsequenzen (bspw. Bussen / Anzeigen) zu rechnen (s. diesbezüglich die Medienmitteilung der Polizei Kanton Solothurn vom 25.05.2021, einsehbar unter https://so.ch/verwaltung/departement-des-innern/polizei/medienmitteilungen/archiv/2021/mai/mai-2021/news/solothurn-polizei-bereitet-sich-auf-illegale-kundgebung-vor-und-ruft-dazu-auf-auf-eine-teilnahme-zu-verzichten/, letztmals besucht am 20.03.2023).
Am besagten Tag wurden bei den Eingängen zur Innenstadt Solothurn durch die Polizei Kanton Solothurn (nachfolgend Polizei) Personenkontrollen durchgeführt. Um 10:35 Uhr wurde auch A.___ (Beschuldigter und Berufungskläger, nachfolgend Beschuldigter) einer Kontrolle unterzogen. Als in seinem Rucksack ein leuchtgelbes Pressegilet gefunden wurde, wurde er gebeten, einen Presseausweis vorzulegen. Als er dies nicht konnte, wurde er mündlich aus der Stadt Solothurn weggewiesen. Da der Beschuldigte der mündlichen Wegweisung keine Folge leistete, wurde er angehalten und dem Regionenposten Solothurn zwecks Durchführung einer Erstbefragung und erkennungsdienstlicher Behandlung zugeführt (s. zum Ganzen die Strafanzeige der Polizei vom 19.07.2021).
2. Anlässlich der polizeilichen Erstbefragung auf dem Regionenposten führte der Beschuldigte aus, er habe vorgehabt, die Situation an der Demonstration zu dokumentieren bzw. dies mit seinem Mobiltelefon zu filmen. Dazu habe er ein Stativ dabeigehabt. Ihm sei bekannt gewesen, dass die Demonstration unbewilligt sei, doch das Versammlungsrecht gelte immer. Er werde sich nicht davon abhalten lassen, seine Einkäufe zu erledigen. Er wisse noch nicht, ob er nachher wieder in die Stadt gehe. Er möchte seine journalistische Arbeit machen können und die Situation dokumentieren. Ausserdem besuche er jeden Samstag seine Läden, weil es da Sachen gebe, die sonst nicht so leicht zu finden seien. Sein Auto stehe im Parkhaus Baseltor, das müsse er auch noch holen. Er trage keine Maske, weil er ein Attest habe. Dieses führe er nicht mit und er wolle nicht sagen, welcher Arzt es ausgestellt habe. Er habe ein Lungenproblem. Er finde es Willkür und eine Frechheit, dass er weggewiesen werde. Er sei ein freier Journalist und wolle seine Arbeit machen können (s. Protokoll der Erstbefragung vom 29.05.2021). In der Folge weigerte sich der Beschuldigte, von sich eine Fotografie anfertigen zu lassen, weswegen er dafür festgehalten werden musste (s. die Strafanzeige der Polizei vom 19.07.2021).
3. Nach der Befragung wurde dem Beschuldigten in Anwendung von § 37 Abs. 1 lit. c und d des Gesetzes über die Kantonspolizei vom 23. September 1990 (KapoG, BGS 511.11) und § 36 Abs. 2 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (VRG, BGS 124.11) eine Wegweisungs- und Fernhalteverfügung für die Innenstadt und Vorstadt Solothurn, bis am 29. Mai 2021, 22:00 Uhr, auferlegt und schriftlich abgegeben. Gleichentags, 12:40 Uhr, wurde der Beschuldigte aus der polizeilichen Obhut entlassen (s. die Strafanzeige der Polizei vom 19.07.2021).
4. Mit Strafbefehl vom 2. August 2021 wurde der Beschuldigte wegen des beanzeigten Ungehorsams gegen die Polizei betreffend die mündliche Wegweisung um 10:35 Uhr an der Baselstrasse, Baseltor, mit einer Busse von CHF 100.00, ersatzweise einem Tag Freiheitsstrafe, belegt und zur Tragung der Verfahrenskosten von CHF 100.00 verpflichtet.
5. Gegen den Strafbefehl vom 2. August 2021 erhob der Beschuldigte am 8. August 2021 Einsprache. Da der Beschuldigte dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft vom 12. August 2021, die Einsprache kurz schriftlich zu begründen, nicht nachkam und er auch innert der mit Schreiben vom 9. September 2021 gesetzten Frist keine Mitteilung machte, ob er an seiner Einsprache festhalte, hielt die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 29. September 2021 am Strafbefehl vom 2. August 2021 fest und überwies diesen zusammen mit den Akten dem Gerichtspräsidium Solothurn-Lebern zum Entscheid (Akten des Richteramtes Solothurn-Lebern [nachfolgend S-L] 0001 ff.).
6. Mit Verfügung des Richteramtes Solothurn-Lebern vom 8. Oktober 2021 wurde der Beschuldigte zur Hauptverhandlung auf den 14. Februar 2022 vorgeladen (S-L 0005 ff.). Am 3. November 2021 teilte der Beschuldigte dem Richteramt schriftlich mit, da es aufgrund von Nebenwirkungen der COVID-Impfungen diverse Ausfälle von Arbeitskollegen gegeben habe und immer noch gebe, könne sein Arbeitgeber auf seine Arbeitskraft nicht verzichten. Deshalb sei es ihm nicht möglich, einen Termin auf dem Gericht wahrzunehmen. Ausserdem werde er die Aussage ohnehin verweigern, da er sich keiner Schuld bewusst sei. Darüber hinaus sei er als nebenberuflich unabhängiger Journalist gemäss Art. 17 BV (Medienfreiheit) jederzeit befugt, Bericht zu erstatten. Das Gericht habe festzustellen, ob eine epidemiologische Notlage vorliege (jemals vorgelegen habe) und ob das Epidemiengesetz, auf welches sich das Strafverfahren stütze, angewandt werden dürfe und ob die COVID-Verordnung entsprechend an Gültigkeit besitze. Er weise nochmals ausdrücklich darauf hin, dass Untersuchungsbehörden auch entlastende Beweismittel zu erheben und zu prüfen hätten, weil ein aus ihrer Sicht strafbares Verhalten durch die Behörde belegt werden können müsse. Ebenfalls weise er darauf hin, dass die Unschuldsvermutung gelte (S-L 0010).
7. Unter Verweis auf Art. 356 Abs. 4 StPO, wonach die Einsprache als zurückgezogen gilt, wenn die Einsprache erhebende Person der Hauptverhandlung unentschuldigt fernbleibt und sich auch nicht vertreten lässt, hielt die Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern mit Verfügung vom 15. November 2021 am Verhandlungstermin vom 14. Februar 2022 fest (S-L 0011).
8. Am 10. Februar 2022 teilte der Beschuldigte dem Richteramt schriftlich mit, es sei ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, den Gerichtstermin vom 14. Februar 2022 wahrzunehmen. Sofern ein Arztzeugnis benötigt werde, könne dieses gerne nachgereicht werden (S-L 0015). Gestützt auf die Verfügung der Amtsgerichtsstatthalterin vom 11. Februar 2022 (S-L 0016) reichte der Beschuldigte am 16. Februar 2022 ein vom 11. Februar 2022 datierendes Arztzeugnis von med. pract. B.___, [Ort 1], ein, welches ihm eine Arbeits- und Verhandlungsunfähigkeit vom 14. Februar 2022 bis 27. Februar 2022, d.h. für 14 Tage zu 100 %, infolge Krankheit bescheinigte (S-L 0017). Am 17. Februar 2022 setzte die Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern die Verhandlung neu auf den 17. Mai 2022 an (S-L 0019 ff.).
9. Anlässlich der mündlichen Hauptverhandlung vom 17. Mai 2022 reichte der Beschuldigte eine vierseitige Eingabe zu den Akten mit detaillierten Ausführungen, gemäss welcher seiner Ansicht nach die geltenden Corona-Bestimmungen sowie die darauf gestützten polizeilichen Handlungen unrechtmässig gewesen sein sollen (S-L 0033 ff.). Im Rahmen der Befragung durch die Amtsgerichtsstatthalterin verwies der Beschuldigte auf diese Eingabe und führte ergänzend aus, er sei heute nicht gekommen, um Aussagen zu machen, sondern nur, um seine Rechte als Bürger geltend zu machen (S-L 0030 ff.).
10. Am 17. Mai 2022 fällte die Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern folgendes Urteil (S-L 0037 ff. bzw. S-L 0046 ff. [begründetes Urteil]):
1. A.___ hat sich des Ungehorsams gegen die Polizei, begangen am 29. Mai 2021, schuldig gemacht. 2. A.___ wird zu einer Busse von CHF 100.00 verurteilt, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 1 Tag. 3. A.___ hat die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 400.00, total CHF 480.00, zu bezahlen. Wird kein Rechtsmittel ergriffen und verlangt keine Partei ausdrücklich eine schriftliche Begründung des Urteils, so reduziert sich die Urteilsgebühr um CHF 100.00, womit die gesamten Kosten CHF 380.00 betragen.
11. Mit Verfügung vom 18. Mai 2022 stellte die Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern fest, dass der Beschuldigte nach der mündlichen Urteilseröffnung am 17. Mai 2022 die schriftliche Begründung des Urteils verlangt hat (Ziff.1); das Gesuch um schriftliche Begründung des Urteils wurde nicht als Berufungsanmeldung gemäss Art. 298 StPO entgegengenommen. Der Beschuldigte wurde auf die dem Urteil vom 17. Mai 2022 beiliegende Rechtsmittelbelehrung hingewiesen (Ziff. 2, S-L 0040).
12. Am 27. Mai 2022 meldete der Beschuldigte die Berufung an («lege ich Berufung […] ein») und forderte, wie bereits vor Gericht beantragt, eine schriftliche, umfassende und lückenlose Urteilsbegründung (S-L 0043). Diese wurde dem Beschuldigten am 17. Juni 2022 zugestellt (S-L 0054).
13. In der Folge reichte der Beschuldigte mit Eingabe vom 6. Juli 2022 dem Obergericht des Kantons Solothurn eine Berufungserklärung ein. Da diese nicht handschriftlich unterzeichnet war, wurde sie unter Verweis auf Art. 110 Abs. 1 StPO retourniert (Akten des Obergerichts [OGer] 005). Am 14. Juli 2022 reichte der Beschuldigte die Berufungserklärung – handschriftlich unterzeichnet – nach. Das Urteil der Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern vom 17. Mai 2022 werde vollumfänglich angefochten. Er als beschuldigte Person sei freizusprechen und das Verfahren sei einzustellen. Die Verfahrenskosten seien dem Kanton Solothurn zu übertragen.
14. Am 2. August 2022 teilte die Staatsanwaltschaft mit, keinen Antrag auf Nichteintreten zu stellen. Auf die Einreichung einer Anschlussberufung wurde verzichtet; ebenso auf eine weitere Teilnahme am Berufungsverfahren (OGer 025).
15. Mit Verfügung vom 17. August 2022 wurde durch den Instruktionsrichter in Anwendung von Art. 406 Abs. 1 lit. c StPO das schriftliche Verfahren angeordnet (Ziff. 2, OGer 027 f.) und dem Beschuldigten Frist zur allfälligen Einreichung einer ergänzenden Berufungsbegründung und eines Entschädigungsbegehrens gesetzt (Ziff. 3 und Ziff. 4).
16. Mit Verfügung vom 14. September 2022 wurde dem Beschuldigten die Verfügung vom 17. August 2022 noch einmal mit Gerichtsurkunde zugestellt (OGer 031 Ziff. 1). Es wurde festgestellt, dass der Beschuldigte innert der mit Verfügung vom 17. August 2022 festgesetzten Frist keine ergänzende Berufungserklärung bzw. kein Entschädigungsbegehren eingereicht hat (Ziff. 2). Dem Beschuldigten wurde in Aussicht gestellt, dass nach dem 27. September 2022 über die Berufung entschieden werde; bis dahin könne er noch eine Eingabe machen ein Entschädigungsbegehren stellen (Ziff. 3). Mit Verfügung vom 27. September 2022 wurde dem Beschuldigten – da er die Verfügung vom 14. September 2022 nicht abgeholt hat – diese noch einmal per A-Post nachgereicht (OGer 034). Bis dato ging keine weitere Eingabe des Beschuldigten ein.
17. Für die Ausführungen der Parteien wird, wo notwendig, auf nachfolgende Erwägungen verwiesen.
II. Formelles
Gegenstand sowohl des erstinstanzlichen Verfahrens wie auch des Berufungsverfahrens waren und sind ausschliesslich Übertretungen. Bildeten ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, beschränkt Art. 398 Abs. 4 StPO die Überprüfung des Sachverhalts auf offensichtlich unrichtige, d.h., willkürliche Feststellungen des Sachverhalts und auf Rechtsverletzungen. Offensichtlich unrichtig ist eine Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist. Relevant sind hier zunächst klare Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, liegend etwa in Versehen und Irrtümern, offensichtlichen Diskrepanzen zwischen der sich aus den Akten sowie der Hauptverhandlung ergebenden Akten- und Beweislage und der Urteilsbegründung. In Betracht fallen sodann Fälle, in denen die gerügte Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvorschriften der StPO selbst, beruht. Unter diesen Rügegrund fallen weiter Konstellationen, in denen die an sich zur Verfügung stehenden Beweismittel offensichtlich ungenügend ausgeschöpft wurden, also der Sachverhalt unvollständig festgestellt und damit der Grundsatz der Wahrheitsforschung von Amtes wegen missachtet wurde. Die Beschränkung auf eine Willkürprüfung gilt auch für den Grundsatz in dubio pro reo als Beweiswürdigungsregel (Niklaus Schmid/Daniel Jositsch, Praxiskommentar StPO, 3. Auflage, Zürich / St. Gallen 2018, Art. 398 StPO N 13; vgl. auch das Urteil des Bundesgerichts 6B_226/2018 vom 26.04.2018 m.w.Verw.).
III. Sachverhalt
1. Der dem Beschuldigten gemachte Vorhalt gemäss Strafbefehl vom 2. August 2021 (S-L 003) lautet wie folgt:
«Ungehorsam gegen die Polizei (§ 31 EG StGB) begangen am 29.05.2021, um 10:35 Uhr, in Solothurn, Baselstrasse, Baseltor, indem der Beschuldigte den Aufforderungen der Polizeibeamten, die diese innerhalb ihrer dienstlichen Befugnisse erliessen, nicht nachkam. Konkret weigerte er sich die Örtlichkeit zu verlassen.»
2. Im Rahmen der Beweiswürdigung hielt die Vorinstanz (Ziff. II., Urteilsseite [US] 2) fest, dass der Beschuldigte nicht bestreite, am 29. Mai 2021 trotz Aufforderung der Polizei die entsprechende Örtlichkeit (Solothurn, Baselstrasse, Baseltor) nicht verlassen zu haben. Eine Beweiswürdigung erübrige sich deshalb. Der Sachverhalt gemäss Strafbefehl vom 2. August 2021 gelte als erstellt.
3.1. Im Rahmen seiner Berufungserklärung vom 6. Juli 2022 bzw. 14. Juli 2022 moniert der Beschuldigte diese Feststellung. Nachdem der Beschuldigte die geltenden Grundsätze der Beweiswürdigung (Ziff. 1.1) wiederholt, führt er (in Ziff. 1.2) zusammengefasst aus, es treffe zu, dass er am 29. Mai 2021 um ca. 10:20 Uhr mit seinem Auto im Parkhaus Baseltor parkiert habe. Wie andere Bürger habe er beim Baseltor die Innenstadt betreten, so wie das einzelne vor ihm auch getan hätten, ohne dass sie angehalten durch die Polizisten kontrolliert worden wären. In seinem Fall aber sei er durch die Polizisten angehalten worden, und er habe sich wie verlangt ausgewiesen und den Dialog mit den Polizisten geführt. Er sei auch der Aufforderung, den Inhalt seines mitgeführten Rucksacks offen zu legen, nachgekommen. Ebenfalls habe er die Fragen der Polizisten beantwortet und sei absolut kooperativ gewesen, was mit keiner Zeile im Polizeirapport erwähnt werde. Es stelle sich die Frage, weshalb es zum ganzen Sachverhalt am Baseltor um 10:35 Uhr kein vorliegendes Protokoll gebe ausser die mündliche Wegweisung ohne Begründung, Dauer und den sonst erforderlichen Angaben, wie es unter § 37 (KapoG) klar definiert sei. Bei ihm seien bei der Kontrolle keine Gegenstände, offensichtliche Kleidung, Transparente, Flugblätter etc. gefunden worden, welche eine Teilnahme an der Kundgebung belegt hätten. Weder die Polizei noch das Gericht könnten seine beabsichtigte Teilnahme an der Kundgebung belegen beweisen, und seine Person sei auch nicht an der Kundgebung angetroffen worden. Es sei seine Absicht gewesen, in der Stadt Solothurn seine Einkäufe zu erledigen und die Kundgebung in seiner freiberuflichen Tätigkeit als Journalist zu dokumentieren, wie dies anderen Medienschaffenden ebenfalls gestattet worden sei. Im öffentlichen Raum benötige er keine Akkreditierung.
Auf den Seiten 3 f. macht der Beschuldigte weitere Ausführungen zum konkreten Ablauf aus seiner Sicht betreffend die anschliessende Verbringung auf den Regionenposten Solothurn (Stichworte Fesselung, erkennungsdienstliche Behandlung inkl. Foto etc.) bis hin zum Zeitpunkt, als er Solothurn habe verlassen können. Er verneint deutlich, nicht kooperativ gewesen zu sein, weswegen er umfassend Angaben gemacht habe, was die Polizistin auch bestmöglich festgehalten habe. Bezugnehmend auf diese eingebrachten Sachverhalte widerspreche er der Argumentation der Amtsgerichtsstatthalterin betreffend den gemachten Vorhalt (Ziff. I. des angefochtenen Urteils) sowie bezüglich des unbestrittenen Sachverhalts (Ziff. II. des angefochtenen Urteils, s. S. 5 Ziff. 1.3. der Berufungserklärung).
3.2. Der Beschuldigte hat demnach bestätigt, sich am Tag der nicht bewilligten Corona-Demonstration am 29. Mai 2021, nach 10:20 Uhr, zu Fuss auf dem Weg in die Innenstadt Solothurn – konkret auf Höhe Baseltor an der Baselstrasse – befunden zu haben, als er durch die Polizei kontrolliert wurde. Er wurde gebeten, sich auszuweisen und seinen mitgeführten Rucksack zu öffnen, damit dieser kontrolliert werden kann. Weiter hat der Beschuldigte zugestanden, dass er seitens der kontrollierenden Beamten eine mündliche Wegweisungsverfügung erhalten hat, der zu folgen er nicht gewillt war, weswegen er ans Schliesszeug genommen und auf den Regionenposten Solothurn verbracht werden musste. Diese Zugeständnisse decken sich mit dem vorstehend (in Ziff. 2) genannten Beweisergebnis der Vorinstanz. Diese wiederum finden auch Stütze in den Akten (s. insbesondere die Strafanzeige der Polizei Kanton Solothurn vom 19.07.2021, die Niederschrift der Wegweisungs- und Fernhalteverfügung vom 29.05.2021 sowie das Protokoll der Erstbefragung des Beschuldigten vom 29.05.2021). Eine offensichtlich unrichtige und damit willkürliche Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.
4.1. Der Beschuldigte moniert, die Polizei wäre gar nie berechtigt gewesen, ihn von der Innenstadt und der Vorstadt Solothurn wegzuweisen bzw. die Fernhaltung zu verfügen. Der Beschuldigte behauptet im Wesentlichen, die Wegweisung bzw. Fernhaltung der Polizei sei nicht rechtens gewesen, da einerseits die Strafbestimmungen in der Covid-Verordnung rechtswidrig seien und er andererseits aufgrund des Versammlungsrechts und seiner journalistischen Tätigkeit dort habe verweilen dürfen (s. Urteil der Vorinstanz Ziff. III.2.2. US 2, S-L 0047). Anlässlich der schriftlichen Berufungserklärung verweist der Beschuldigte zusätzlich auf die Grundrechte der Art. 5 BV, Art. 7 BV, Art. 8 BV, Art. 10 BV, Art. 15 – 17 BV, Art. 22 BV, Art. 29 BV – 31 BV und Art. 46 BV sowie auf einen Bericht des Regionalsenders TeleBärn, worin Journalisten zu erkennen gewesen seien. Es sei fragwürdig, weswegen die Kundgebung von Herrn Fluri (Stadtpräsident) untersagt worden sei. Chris von Rohr und auch andere Teile der Bevölkerung hätten die Stadt betreten dürfen; auch andere Journalisten seien vor Ort gewesen. Fragen zur Verhältnismässigkeit seien durch den Mediensprecher der Polizei Kanton Solothurn nicht beantwortet worden (s. insb. die S. 5 – 8 der Berufungserklärung). Eine Verurteilung nach Art. 292 StGB falle ausser Betracht, da bereits die Wegweisung an sich nicht verhältnismässig gewesen sei (S. 9 – 11 der Berufungserklärung).
4.2. Die Kantonspolizei hält die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht; sie wehrt Gefahren ab und beseitigt Störungen (§ 2 KapoG). Die Kantonspolizei erfüllt ihre Aufgaben unter Beachtung der Gesetzmässigkeit und der Verhältnismässigkeit (§ 25 Abs. 1 KapoG). Polizeiliche Massnahmen richten sich gegen die Person, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar stört die für ein solches Verhalten eines Dritten verantwortlich ist (§ 27 Abs. 1 KapoG). Die Kantonspolizei kann eine Person von einem Ort vorübergehend wegweisen fernhalten, wenn diese ernsthaft unmittelbar gefährdet ist (§ 37 Abs. 1 lit. a KapoG), Einsätze zur Wiederherstellung Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung behindert (lit. b), die Kantonspolizei an der Durchsetzung vollstreckbarer Anordnungen hindert (lit. c) Dritte (z.B. Passanten, Anwohner Geschäftsinhaber) belästigt, gefährdet unberechtigterweise an der bestimmungsgemässen Nutzung des öffentlichen Raumes hindert (lit. d). Die Wegweisung erfolgt formlos. In den Fällen von Buchstabe d) kann die Polizei die Fernhaltung bis längstens einen Monat schriftlich verfügen (§ 37 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KapoG). Absatz 1 gilt sinngemäss für Personenansammlungen sowie für die Fernhaltung von Tieren und Gegenständen (Abs. 3).
Vorliegend bestand die begründete Annahme, dass am 29. Mai 2021 in der Innenstadt von Solothurn eine nicht bewilligte Kundgebung gegen Corona-Massnahmen und allenfalls auch eine Gegenkundgebung stattfinden würden, welche eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellten. Gemäss Angaben des Beschuldigten an der Erstbefragung sei er sich bewusst gewesen, dass die in der Innenstadt von Solothurn geplante Demonstration nicht bewilligt worden sei, er habe aber vorgehabt, die Situation an der Demonstration mit seinem Mobiltelefon zu filmen. Dazu habe er ein Stativ gehabt. Er werde sich nicht davon abhalten lassen, seine Einkäufe zu erledigen; er wolle auch seine journalistische Arbeit machen und die Situation dokumentieren. Er trage auch keine Maske, weil er ein Attest habe, wobei er nicht sagen wolle, welcher Arzt das Attest ausgestellt habe. Die Polizei ging vor dem Hintergrund dieser Angaben davon aus, dass der Aufenthalt des Beschuldigten im Stadtgebiet zum angegebenen Zweck die Polizei Kanton Solothurn an der Durchsetzung eines vollstreckbaren Kundgebungsverbots hinderte und damit ein Fall von § 37 Abs. 1 lit. c KapoG vorlag. Ausserdem sei die Wegweisung / Fernhaltung zur Sicherstellung erfolgt, dass die Solothurner Bevölkerung weder belästigt noch gefährdet an der bestimmungsgemässen Nutzung des öffentlichen Raumes behindert werde, womit ein Anwendungsfall von § 37 Abs. 1 lit. d KapoG gegeben gewesen sei (s. diesbezüglich die nachträgliche schriftliche Begründung der Wegweisungsverfügung vom 29.05.2021, 12:10 Uhr, auf dem Regionenposten Solothurn).
Dieser Auffassung ist im Grundsatz zu folgen. Der Beschuldigte gab ausdrücklich bekannt, zwecks Dokumentation der Geschehnisse sich in direkte Nähe der nicht bewilligten Demonstration begeben zu wollen. Entsprechend führte er ein Stativ mit sich; gemäss Angaben der kontrollierenden Polizisten hatte der Beschuldigte zudem ein leuchtgelbes Pressegilet im Rucksack dabei. Es mag dem Beschuldigten zuzustimmen sein, dass ihm die Absicht für eine aktive Teilnahme an der Kundgebung deren Gegenbewegung nicht nachzuweisen war. Entgegen der Ansicht des Beschuldigten ist ein solcher Nachweis aber auch nicht gefordert: Der Beschuldigte stand zugegebenermassen in direktem Zusammenhang mit einer geplanten, nicht bewilligten Kundgebung (und der allfälligen Gegenkundgebung), deren Durchführung die Polizei zu verhindern verpflichtet war. Indem er der Aufforderung der Polizei, den Ort zu verlassen, nicht nachgekommen ist, hinderte er die Beamten an der Durchführung eines vollstreckbaren Kundgebungsverbots. Entgegen der Ansicht des Beschuldigten lag somit sehr wohl ein Anwendungsfall von § 37 Abs. 1 lit. c KapoG vor. Ebenso bestand die Gefahr, dass er mit seinem Verhalten Dritte (z.B. Passanten, Anwohner Geschäftsinhaber) belästigt, gefährdet unberechtigterweise an der bestimmungsgemässen Nutzung des öffentlichen Raumes hindert (§ 37 Abs. 1 lit. d KapoG). So widersetzte sich der Beschuldigte der Aufforderung der Polizei, gemäss der damals geltenden, auf der Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung besondere Lage) vom 23. Juni 2021, SR 818.101.26) geltenden Maskenpflicht eine Schutzmaske anzuziehen bzw. ein allfälliges Attest vorzulegen, welches ihn von der Maskentragpflicht befreit hätte. Die nachträgliche Einreichung eines Arztzeugnisses, welches ihn angeblich von der Maskentragpflicht befreit hätte, vermag an diesem Umstand nichts zu ändern: Den kontrollierenden Polizisten vor Ort war jenes Arztzeugnis nicht bekannt – führte der Beschuldigte doch zugestandenermassen keines mit sich – und sie mussten diesbezüglich auch keine weiteren Abklärungen tätigen, zumal ihnen dies mangels Bekanntgabe des ausstellenden Arztes ohnehin verunmöglicht war. Eine Wegweisung bzw. Fernhaltung des Beschuldigten war vor diesem Hintergrund nachvollziehbar und rechtmässig.
Mit Blick darauf, dass vorliegend neben § 37 Abs. 1 lit. d KapoG auch ein Anwendungsfall von § 37 Abs. 1 lit. c KapoG gegeben war, braucht die vom Beschuldigten aufgeworfenen Kritik, die Covid-19-Verordnung besondere Lage, welche der Anweisung der Polizei zum Tragen einer Schutzmaske zugrunde gelegen habe, sei nicht rechtmässig gewesen, nicht vertieft geprüft zu werden. Vielmehr ist anzumerken, dass unter Umständen sogar in Erwägung gezogen werden könnte, ob nebst § 37 Abs. 1 lit. c und d KapoG nicht zusätzlich auch ein Anwendungsfall von § 37 Abs. 1 lit. b KapoG vorgelegen hat. Der Aufforderung der Polizisten, das Gebiet zu verlassen, kam der Beschuldigte nicht nach. Er blieb vor Ort bzw. versuchte weiterhin, in die Stadt zu gelangen. Mit seinem Verhalten behinderte der Beschuldigte demnach einen Einsatz der Polizei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Da vorliegend bereits zwei Wegweisungsgründe gegeben sind, kann diese Frage jedoch grundsätzlich offen bleiben. So anders war die Polizei unter den konkreten Umständen berechtigt, den Beschuldigten aus der Stadt Solothurn wegzuweisen.
4.3 Die Massnahme der Polizei ist denn auch als verhältnismässig zu bezeichnen. Bevor der Beschuldigte auf den Regionenposten verbracht worden war, war er formlos mündlich aus der Vorstadt und Innenstadt von Solothurn weggewiesen worden. Auch wenn sich diesbezüglich keine spezifischen Angaben in den Akten finden lassen, ist davon auszugehen, dass sich diese Wegweisungs- bzw. Fernhalteverfügung auf die Dauer der angedrohten Kundgebungen beschränkte. Inwiefern der Beschuldigte durch diese Wegweisung unverhältnismässig stark in seinen Rechten eingeschränkt gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich und auch nicht näher von ihm dargelegt.
4.4. Gestützt auf § 37 Abs. 2 KapoG durfte diese Wegweisung zudem formlos erfolgen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Polizei wäre bereits in der Innenstadt gehalten gewesen, ihm die ihm auferlegte Wegweisung und Fernhaltung schriftlich zu eröffnen, verfängt nicht. Ebensowenig verfängt die Argumentation des Beschuldigten, wonach dieselben Massnahmen nicht auch gegenüber anderen Personen angeordnet worden seien.
5. Als Zwischenfazit lässt sich somit festhalten, dass sich der Beschuldigte am 29. Mai 2021, um 10:35 Uhr, in Solothurn, Baselstrasse, Baseltor, aufgehalten hat und sich den Aufforderungen der Polizeibeamten, die diese innerhalb ihrer dienstlichen Befugnisse erliessen, nicht nachgekommen ist bzw. sich konkret geweigert hat, die Örtlichkeit zu verlassen. Der Beschuldigte vermag mit seinen Vorbringen nicht zu belegen, inwiefern die Vorinstanz den Sachverhalt, welchen sie als erwiesen erachtet und ihrer rechtlichen Würdigung zugrundegelegt hat, offensichtlich unrichtig und damit willkürlich auf einer Rechtsverletzung beruhend festgestellt hätte. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz ist zu bestätigen.
IV. Rechtliche Würdigung und Strafzumessung
1. Wer der Anordnung Aufforderung nicht nachkommt, die ein Polizeibeamter innerhalb seiner Befugnisse erlässt, wird mit Haft bis 8 Tage Busse bestraft (§ 31 des Gesetzes über das kantonale Strafrecht und die Einführung des Schweizerischen Strafgesetzbuches [EG StGB], BGS 311.1). Wird in kantonalen Gesetzen und Verordnungen Haft, mit ohne Angabe einer Höchstdauer, Busse Busse allein als Höchststrafe angedroht, liegt eine Übertretung vor. Die Artikel 104 – 109 StGB sind anwendbar; vorbehalten sind die von Art. 106 StGB abweichenden Bussenbeträge (§ 3 Abs. 2 EG StGB).
2. Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so ist der Höchstbetrag einer Busse CHF 10'000.00 (Art. 106 Abs. 1 StGB). Der Richter spricht im Urteil für den Fall, dass die Busse schuldhaft nicht bezahlt wird, eine Ersatzfreiheitsstrafe von mindestens einem Tag und höchstens drei Monaten aus (Abs. 2). Das Gericht bemisst Busse und Ersatzfreiheitsstrafe je nach den Verhältnissen des Täters so, dass dieser die Strafe erleidet, die seinem Verschulden angemessen ist (Abs. 3).
3. Dem als Anklageschrift geltenden Strafbefehl kann entnommen werden, welcher Ungehorsam gegen die Polizei dem Beschuldigten genau vorgeworfen wird. Die rechtliche Würdigung des hiervor erstellten Sachverhalts durch die Vorinstanz wird durch den Beschuldigten dahingehend als unzureichend kritisiert, indem sich der Beschuldigte in seinen Ausführungen auf einen Anwendungsfall von Art. 292 StGB beruft. Diese Argumentation greift jedoch nicht: Die vom Beschuldigten gerügte Strafandrohung gemäss Art. 292 StGB bezieht sich auf die schriftliche Wegweisungsverfügung, welche dem Beschuldigten im Nachgang an die mündliche Wegweisung vor Ort auf dem Regionenposten Solothurn ausgehändigt worden ist. Diese zweite Wegweisungsverfügung hat der Beschuldigte jedoch gemäss eigenen Angaben respektiert und er hat das Stadtgebiet von Solothurn verlassen. Es war der Ungehorsam des Beschuldigten gegenüber der ersten, mündlich angeordneten Wegweisung am Baseltor, welche zum Strafbefehl vom 2. August 2022 geführt hat. Dies wurde auch im Strafbefehl ausdrücklich festgehalten («10:35 Uhr», «Baseltor, Baselstrasse»). Es liegt somit kein Anwendungsfall von Art. 292 StGB vor. Die Würdigung der Vorinstanz kann bestätigt werden.
4. Die Vorinstanz hat den vorliegend anwendbaren Strafrahmen sowie die massgebenden Strafzumessungsfaktoren zutreffend dargelegt (Ziff. IV, US 5). Auch darauf ist zu verweisen. Die Strafzumessung wird vom Beschuldigten im Berufungsverfahren zu Recht nicht beanstandet, zumal die von der Vorinstanz ausgefällte Busse in Höhe von CHF 100.00 sich im tiefsten Bereich des Möglichen bewegt und jedenfalls nicht zu hoch ausgefallen ist. Sie kann aber gemäss dem Verbot der reformatio in peius nicht erhöht werden. Die Busse in Höhe von CHF 100.00 ist entsprechend – ebenso wie die praxisgemäss festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag – zu bestätigen.
V. Kosten
1. Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung vollständig. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens vom Beschuldigten zu tragen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens betragen CHF 480.00 (Urteilsgebühr von CHF 400.00 zzgl. Auslagen von CHF 80.00); diejenigen des zweitinstanzlichen Verfahrens werden auf CHF 1’095.00 (beinhaltend eine Urteilsgebühr von CHF 1’000.00 zzgl. Auslagen von pauschal CHF 95.00) festgesetzt. Parteientschädigungen werden keine ausgerichtet.
In Anwendung von § 3 Abs. 2 EG StGB, § 31 EG StGB, Art. 47 StGB, Art. 106 StGB, Art. 335 ff. StPO, Art. 398 ff. StPO, Art. 406 ff. StPO und Art. 416 ff. StPO wird demnach
erkannt:
1. A.___ hat sich des Ungehorsams gegen die Polizei, begangen am 29. Mai 2021, 10:35 Uhr, in Solothurn, Baselstrasse, Baseltor, schuldig gemacht.
2. A.___ wird zu einer Busse von CHF 100.00, bei Nichtbezahlung ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von einem Tag, verurteilt.
3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 400.00, total CHF 480.00, hat der Beschuldigte A.___ zu bezahlen.
4. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 1’000.00, total CHF 1'095.00, hat der Beschuldigte A.___ zu bezahlen.
5. Der Beschuldigte hat somit Verfahrenskosten in Höhe von total CHF 1'575.00 zu bezahlen.
6. Eine Entschädigung wird nicht ausgerichtet. Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin von Felten Schenker
Auf eine gegen den vorliegenden Entscheid erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 6B_538/2023 vom 14. Juni 2023 nicht ein. |
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