Zusammenfassung des Urteils STBER.2022.28: Verwaltungsgericht
In dem Gerichtsverfahren ging es um die fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst an einem Einfamilienhaus. Der Beschuldigte, ein Mitarbeiter einer Firma, hatte Heissarbeiten mit Bitumen auf dem Flachdach des Hauses ausgeführt. Dabei entstand ein Brand, der erheblichen Schaden verursachte. Nach einer ausführlichen Beweisführung und den Aussagen der Beteiligten wurde der Beschuldigte freigesprochen. Der Privatberufungskläger forderte Schadenersatz und eine Parteientschädigung. Die Gerichtskosten wurden dem Beschuldigten auferlegt. Das Gericht stellte fest, dass der Beschuldigte keine schuldhaft handelte und sprach ihn frei.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2022.28 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 28.08.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Brand; Bitumen; Beschuldigte; Privatberufungskläger; Feuer; Arbeit; Beschuldigten; Rauch; Vater; Monteur; Fassade; Monteure; Hitze; Privatberufungsklägers; Recht; Bitumenbahn; Firma; Flamme; Flachdach; Bitumenbahnen; Balkon; Beweis; Brandursache; Aufbordung |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 18 StGB ;Art. 222 StGB ;Art. 32 BV ;Art. 356 StGB ;Art. 423 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 432 StPO ; |
Referenz BGE: | 113 IV 58; 120 Ia 36; 122 IV 23; 143 IV 361; 147 IV 47; |
Kommentar: | Stefan Trechsel, zum StGB, Zürich, Art. 18 StGB, 1997 |
Geschäftsnummer: | STBER.2022.28 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 28.08.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2023.89 |
Titel: | fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 28. August 2023 Es wirken mit: Vizepräsident Marti, Vorsitz Ersatzrichterin Laffranchi Gerichtsschreiberin Lupi De Bruycker
In Sachen 1. Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Anklägerin 2. AX.___, vertreten durch Rechtsanwalt Simon Bloch, Privatberufungskläger
B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Burri, Beschuldigter
betreffend fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst Es erscheinen zur Berufungsverhandlung vor Obergericht vom 28. August 2023: 1. B.___ als Beschuldigter; 2. Rechtsanwalt Tobias Burri als privater Verteidiger; 3. AX.___ als Privatberufungskläger und Auskunftsperson; 4. Rechtsanwalt Simon Bloch als Vertreter des Privatberufungsklägers; 5. C.___ als Auskunftsperson; 6. DX.___ als Auskunftsperson; 7. FwmbA E.___ als Zeuge.
Zudem erscheinen als Zuhörer: - Polizeibeamte KAPO Solothurn.
Rechtsanwalt Simon Bloch stellt und begründet im Namen und Auftrag des Privatberufungsklägers folgende Schlussanträge (Berufungsverfahren, Aktenseite [ASB] 136):
« 1. Es sei der Beschuldigte im Sinne der Anklage schuldig zu sprechen wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst im Sinne von Art. 222 StGB und er sei angemessen zu bestrafen. 2. Es sei der Beschuldigte zu verpflichten, dem Privatkläger AX.___ Schadenersatz in Höhe von CHF 33'371.95 zzgl. Zins zu 5 % seit 22. Oktober 2020 zu bezahlen. 3. Es sei der Beschuldigte zu verpflichten, dem Privatkläger AX.___ für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung in Höhe von CHF 2'620.15 und für das obergerichtliche Verfahren in Höhe von CHF 2'346.25 zu bezahlen. 4. Es seien die Verfahrenskosten dem Beschuldigten zur Bezahlung aufzuerlegen.»
Es wird auf die Audiodatei (ASB 151) und die Notizen der Gerichtsschreiberin (Zusammenfassung der wesentlichen Ausführungen: ASB 132 - 135) verwiesen.
Rechtsanwalt Tobias Burri stellt und begründet im Namen und Auftrag des Beschuldigten folgende Schlussanträge:
« 1. Herr B.___ sei vom Vorhalt der fahrlässigen Begehung einer Feuersbrunst vollumfänglich freizusprechen. 2. Die Zivilforderung des Privatklägers sei vollumfänglich abzuweisen. 3. Die ins Recht gelegte Kostennote des Verteidigers sei dem Staat zur Bezahlung aufzuerlegen. 4. Die Verfahrenskosten seien ebenfalls dem Staat aufzuerlegen.»
Es wird auf die von Rechtsanwalt Burri eingereichten Plädoyernotizen verwiesen (ASB 137 - 150).
Im Weiteren wird für die an der Berufungsverhandlung vorgenommenen Verfahrenshandlungen auf folgende Dokumente verwiesen:
- Separates Verhandlungsprotokoll vom 28. August 2023 (ASB 60 ff.); - Einvernahmeprotokoll C.___ (ASB 71 - 87), Audiodatei der Einvernahme (ASB 88); - Einvernahmeprotokoll DX.___ (ASB 89 - 99), Audiodatei der Einvernahme (ASB 103); - Einvernahmeprotokoll FwmbA E.___ (ASB 104 - 115 ff.), Audiodatei der Einvernahme (ASB 116); - Einvernahmeprotokoll AX.___ (ASB 117 - 122), Audiodatei der Einvernahme (ASB 123); - Einvernahmeprotokoll B.___ (ASB 124 - 131 ff.), Audiodatei der Einvernahme (ASB 151).
Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:
I. Prozessgeschichte
1. Aufgrund der am 22. Oktober 2020 um 20:22 Uhr bei der Alarmzentrale Solothurn eingegangenen Brandmeldung von FX.___ rückten die Feuerwehr und eine Polizeipatrouille zum Einfamilienhaus am [Adresse] aus, welches von FX.___, deren Ehemann DX.___ und deren Sohn AX.___ bewohnt wird. Durch die Polizeipatrouille wurde in der Folge FwmbA E.___ und Kpl G.___ vom kriminaltechnischen Dienst zur Abklärung der Brandursache zum Brandobjekt aufgeboten (Aktenseiten [AS] 21 f.).
2. AX.___, der Eigentümer des Brandobjektes, wurde noch gleichentags um 20:45 Uhr erstmals polizeilich befragt (AS 63). Am darauf folgenden Tag fanden zeitgleich die getrennten polizeilichen Einvernahmen von B.___ (nachfolgend auch Beschuldigter) und H.___ als Auskunftspersonen statt (AS 78 ff. und AS 83 ff.). Diese hatten in der zweiten Nachmittagshälfte des 22. Oktober 2020 als Mitarbeiter der Firma I.___ AG auf dem Balkon/der Terrasse im ersten Obergeschoss der Liegenschaft zwischen Elternschlafzimmer und dem Arbeitsraum oberhalb der Garage Heissarbeiten mit Bitumen verrichtet (AS 16).
3. Am 29. Oktober 2020 fand die polizeiliche Einvernahme von DX.___ als Auskunftsperson statt (AS 65 ff.).
4. Am 17. Februar 2021 erstattete die Polizei des Kantons Solothurn (nachfolgend Polizei) Strafanzeige gegen B.___ und H.___ (AS 13 ff.). Am 25. Februar 2021 erliess die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (nachfolgend Staatsanwaltschaft bzw. Anklägerin) gegen beide einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst und verurteilte sie zu einer Geldstrafe von je 20 Tagessätzen à CHF 60.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs, sowie zu den Verfahrenskosten (AS 3 ff. und AS 8 ff.).
5. Die Strafanzeige der Solothurnischen Gebäudeversicherung (nachfolgend SGV) vom 3. März 2021 (AS 11) ging am 5. März 2021 bei der Staatsanwaltschaft Solothurn ein.
6. Auf die Einsprachen von B.___ und H.___ hin (vgl. AS 103 ff. und AS 110 ff.) beauftragte die Staatsanwaltschaft die Polizei mit ergänzenden Ermittlungen (vgl. AS 90 f.: Insbesondere sei der Frage nachzugehen, ob letztlich der Bauherr AX.___ selber für die Verursachung der Feuersbrunst verantwortlich sein könnte). In der Folge wurde AX.___ am 27. April 2021 polizeilich befragt (AS 69 ff.) und der Staatsanwaltschaft wurde am 7. Mai 2021 ein polizeilicher Nachtragsrapport vorgelegt (AS 26 ff.).
7. Mit Verfügung vom 17. Mai 2021 hielt die Staatsanwaltschaft in beiden Fällen am angefochtenen Strafbefehl fest und überwies die Akten dem Gerichtspräsidium Thal-Gäu zum Entscheid (AS 1 ff. und AS 6 ff.).
8. Am […]. September 2021 verstarb H.___ (vgl. die Mitteilung seines Rechtsvertreters, Rechtsanwalt Stefan Eberle, vom 28.9.2021: AS 134).
9. Am 17. Januar 2022 fand die erstinstanzliche Hauptverhandlung statt, anlässlich welcher AX.___ als Privatkläger im Straf- und Zivilpunkt zugelassen wurde (vgl. hierzu das separate Protokoll der erstinstanzlichen Verhandlung: AS 158) und B.___, DX.___ und C.___, Geschäftsführer der I.___ AG, sowie AX.___ befragt wurden. Der Amtsgerichtspräsident von Thal-Gäu erliess noch gleichentags folgendes Urteil:
«1. B.___ wird vom Vorhalt der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst, angeblich begangen am 22. Oktober 2020, freigesprochen. 2. Das Strafverfahren gegen H.___ sel. wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst, angeblich begangen am 22. Oktober 2020, wird eingestellt. 3. Die Zivilforderungen von AX.___ gegenüber B.___ werden abgewiesen. 4. B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Burri, wird eine Parteientschädigung von CHF 5'363.10 (inkl. Auslagen und MwSt.) zugesprochen, zahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn. 5. H.___ sel., vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Eberle, wird eine Parteientschädigung von CHF 1'441.45 (inkl. Auslagen und MwSt.) zugesprochen, zahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn. 6. Die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 1'200.00, total CHF 2'500.00, gehen zu Lasten des Staates Solothurn.»
10. Gegen dieses Urteil liess AX.___ (nachfolgend Privatberufungskläger) durch seinen Rechtsvertreter, Rechtsanwalt Simon Bloch, rechtzeitig die Berufung anmelden (AS 264.1). Mit Berufungserklärung vom 15. März 2022 wendet sich der Privatberufungskläger gegen den erstinstanzlichen Freispruch des Beschuldigten (Dispositivziffer 1), die Abweisung der Zivilforderung des Privatberufungsklägers (Dispositivziffer 3) sowie die Kosten- und Entschädigungsfolgen gemäss Dispositivziffer 4 und 6. Verlangt werden folgende Abänderungen des erstinstanzlichen Urteils:
- Schuldspruch des Beschuldigten wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst; - Verurteilung des Beschuldigten zu einer angemessenen Strafe; - Gutheissung der Zivilforderung des Privatberufungsklägers bzw. Verpflichtung des Beschuldigten zur Zahlung der Zivilforderung an den Privatberufungskläger; - Auferlegung der anteilsmässigen Verfahrenskosten an den Beschuldigten; - Verpflichtung des Beschuldigten zur Zahlung einer Parteientschädigung an den Privatkläger.
11. Weder die Staatsanwaltschaft noch der Beschuldigte erhoben Anschlussberufung. Damit ist das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich folgender Punkte in Rechtskraft erwachsen:
- Dispositivziffer 2: Einstellung des Strafverfahrens gegen †H.___. - Dispositivziffer 5: Parteientschädigung von CHF 1'441.45 zugunsten von †H.___, vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Eberle, zahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse.
12. Die Berufungsverhandlung fand am 28. August 2023 statt (vgl. hierzu ausführlich das Verhandlungsprotokoll: ASB 60 - 64).
II. Vorhalt und Anklagegrundsatz
1. Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Lebenssachverhalt wird im Strafbefehl vom 25. Februar 2021, der als Anklage gilt, wie folgt umschrieben (AS 8 f.):
«Fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst (Art. 222 Abs. 1 StGB i.V.m. § 60 Abs. 1 Gebäudeversicherungsgesetz sowie § 46, § 48 Abs.1 lit. d und Abs. 3, § 50 Abs. 1 lit. b Vollzugsverordnung zum Gebäudeversicherungsgesetz) begangen am 22. Oktober 2020, um ca. 17:00 Uhr, sowie eine gewisse Zeit, mindestens eine halbe Stunde danach, in [Adresse], zum Nachteil von AX.___, indem der Beschuldigte als Mitarbeiter der Firma I.___ AG anlässlich der ihm zur Ausführung übertragenen Heissarbeiten mit Bitumen durch unsachgemässen Umgang mit einem Gasbrenner fahrlässig eine Feuersbrunst an einem Einfamilienhaus verursachte. Dabei entstand am Gebäude ein Schaden in der Höhe von rund CHF 160'000.00.
Der Beschuldigte erhielt von seinem Arbeitgeber den Auftrag, zusammen mit einem Arbeitskollegen, Abläufe für die Liegenschaft zu installieren und diese anschliessend abzudichten. Für die Abdichtung erwärmte er auf der Terrasse im ersten Obergeschoss der Liegenschaft des Geschädigten, insbesondere in den Ecken, mit einem Gasbrenner den Bitumen, um diesen weicher zu machen, wobei er in der dahinterstehenden Isolation einen Glimmbrand verursachte, der sich infolge Zeitablaufs und Sauerstoffzufuhr zu einem Brand entwickelte.
Die pflichtwidrige Unvorsichtigkeit ergibt sich daraus, dass der Beschuldigte seiner gesetzlichen Vorsichtspflicht beim Umgang mit Feuer (§ 60 Gebäudeversicherungsgesetz, § 46 Abs. 1 sowie § 48 Abs. 1 lit. d und 3 Gebäudeversicherungsverordnung) nicht nachkam, als er mit Bitumenbahnen und einem Gasbrenner Heissarbeiten auf dem Terrassenboden im ersten Obergeschoss ausführte, konkret Bitumenbahnen mit offener Flamme in den Ecken schweisste, sodass sich in der dahinterliegenden Isolation Staubablagerungen und allfällige Holzspäne derart thermisch erhitzten, dass ein Glimmbrand entstehen konnte, welcher bei fachgerechter Ausführung nicht aufgetreten wäre. Mit diesem unsachgemässen Verhalten setzte der Beschuldigte [die] Ursache für den Brand.
Im Zeitpunkt der Arbeitsausführung war dem Beschuldigten aufgrund der langjährigen Berufserfahrung von 12 Jahren und der Ausbildung als Spengler bekannt, dass im Rahmen von Heissarbeiten mit Bitumen generell und erst recht bei mangelhafter Ausführung ein Brand entstehen kann, wobei er jedoch in der Folge solche risikoreichen Arbeiten unsachgemäss ausführte und keine adäquaten bzw. weitergehende Brandverhütungsmassnahmen (Wässern der Schweissstellen, Räumen der Arbeitsstelle, Bereitstellen von Löschmitteln) traf. Durch korrektes Verhalten (Implementierung adäquater Brandschutzmassnahmen [Brandwache], Bereitstellen von Löschwasser Feuerlöscher, Vermeiden zu starker Beheizung der Fassade und der Isolation mit dem Gasbrenner bei der Ausführung) wäre der Brand unterblieben. Ein solches korrektes Verhalten wäre im Übrigen für den Beschuldigten ohne weiteres zumutbar gewesen.»
2. Prozessuale Einwände
2.1 Der Beschuldigte lässt geltend machen, der Strafbefehl gegen B.___ und der Strafbefehl gegen H.___ seien identisch. Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass beide mit dem Bitumenbrenner Schweissarbeiten ausgeführt hätten und beide bei der Überprüfung und Einhaltung der Sorgfaltspflichten unvorsichtig gewesen seien, was jedoch nicht den damaligen Gegebenheiten entsprochen habe. B.___ und H.___ hätten vielmehr den Auftrag in Arbeitsteilung ausgeführt, da es auch nur einen Bitumenbrenner gegeben habe. H.___ habe vor Beginn der Schweissarbeiten geprüft, ob die Fassade hinterlüftet sei bzw. ob sich entzündbares Material in der dahinterliegenden Isolation befinde, und er habe während der Schweissarbeiten die Bitumenbahnen zurechtgeschnitten. B.___ habe demgegenüber, nachdem H.___ festgestellt gehabt habe, dass keine akute Brandgefahr bestehe und kein Glimmbrand entstehen könne, mit den Schweissarbeiten angefangen. B.___ könne nicht für ein Tun von H.___ verurteilt werden, ohne dass von einer Mittäterschaft ausgegangen werde. In Anbetracht der erfolgten Arbeitsteilung müsste der Strafbefehl – wenn überhaupt – von einer Mittäterschaft ausgehen. Die beiden Strafbefehle verletzten somit den Anklagegrundsatz, da diese B.___ und H.___ den gleichen Vorwurf machten, obwohl sich diese die Arbeiten geteilt hätten (AS 198 f.).
2.2 Die beiden Strafbefehle sind mit einer Ausnahme identisch formuliert. Lediglich hinsichtlich der (individuellen) Berufserfahrung wird eine Differenzierung vorgenommen: Dem Beschuldigten wird im Strafbefehl eine Berufserfahrung als Spengler von 12 Jahren, dem zwischenzeitlich verstorbenen H.___ eine Berufserfahrung von 42 Jahren attestiert. Würde dem Beschuldigten vorgehalten, er habe die Tat in vorsätzlicher Mittäterschaft mit H.___ (vormals Beschuldigter 2) begangen, wäre nicht erforderlich, dass die Anklageschrift genau darlegt, welcher Beschuldigter im Einzelnen welche Handlung vorgenommen hat, da sich jeder Mittäter die Handlungen des anderen Mittäter gegenseitig anrechnen lassen muss (vgl. hierzu das Urteil des Bundesgerichts 6B_939/2013 vom 17.6.2014 E. 2: «Das Konzept der Mittäterschaft bewirkt eine materiellrechtlich begründete Beweiserleichterung bei der Zurechnung von Teilaspekten einer Tat an die Mittäter. Führen verschiedene Personen gemeinsam strafbare Handlungen insbesondere in örtlich, zeitlich funktionell unterschiedlichen Zusammenhängen arbeitsteilig aus, schneidet das Institut der Mittäterschaft einem Mittäter den Einwand ab, es habe jeweils ein Anderer die fragliche Teilhandlung ausgeführt, er könne dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden, denn er habe das weder getan noch davon auch nur Kenntnis gehabt.»). Der im vorliegenden Verfahren zur Anklage gebrachte Straftatbestand (Art. 222 Abs. 1 StGB) ist als Fahrlässigkeitsdelikt konzipiert. Die Konzeption einer fahrlässigen Mittäterschaft wird in Judikatur und Lehre seit jeher kontrovers diskutiert. Im Leitentscheid BGE 113 IV 58 (sog. «rolling stones» - Fall) hielt das Bundesgericht hierzu Folgendes fest (Regeste): «Haben mehrere Personen eine einzige (sorgfaltswidrige) Handlung beschlossen und in arbeitsteiliger Weise durchgeführt, so hat die Bejahung der Kausalität zwischen der gemeinsam vorgenommenen Gesamthandlung und dem eingetretenen Erfolg die Strafbarkeit aller Beteiligten zur Folge.» Es stehe fest, dass beide Angeklagten gemeinsam die beiden Steine den Abhang hinunterrollen lassen wollten. In einer derartigen Konstellation sei nicht danach zu fragen, ob der jeweilige Einzelbeitrag für den tatbestandsmässigen Erfolg kausal geworden sei, sondern ob die Kausalität zwischen der gemeinsam vorgenommenen Gesamthandlung und dem eingetretenen Erfolg zu bejahen sei. Dies müsse jedenfalls dann gelten, wenn die sorgfaltswidrige Handlung gemeinsam beschlossen und in der Folge in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang gemeinsam durchgeführt werde (E. 2 S. 60; zur im konkreten Fall anerkannten fahrlässigen Mittäterschaft vgl. auch SOG 2013 Nr. 8). Anders entschied das Bundesgericht in einem sachverhaltlich anders gelagerten Fall (BGE 143 IV 361): Die beiden Beschuldigten hatten je zwei Feuerwerksraketen gezündet. Eine dieser vier Raketen verursachte eine Feuersbrunst. Es konnte jedoch nicht ermittelt werden, welcher der beiden Beschuldigten die fehlgeleitete und brandauslösende Rakete gezündet hatte. Die Fehlleitung der Rakete hatte ihre Ursache in einem unsachgemässen Abfeuern (mit Risikoerhöhung durch «falsches» In-den-Boden-Stecken). Das Bundesgericht kam zu folgendem Schluss, es fehle an den Voraussetzungen der Annahme einer Gesamthandlung im Sinne von BGE 113 IV 58; denn der gemeinsame Beschluss einer sorgfaltswidrigen Handlung sei nicht nachgewiesen (vgl. E. 4.9, in fine sowie Regeste: «Die beiden Beschuldigten hatten zwar gemeinsam beschlossen, Feuerwerksraketen zu zünden. Im Übrigen blieb es aber jedem von ihnen überlassen, beim Anzünden der jeweiligen Rakete die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten zu beachten. Die fehlende Möglichkeit, einem von zwei Beschuldigten eine sorgfaltswidrige Erfolgsverursachung nachzuweisen, kann nicht zur Annahme einer strafrechtlichen Gesamtverantwortung führen.»).
Die von der Verteidigung aufgeworfene Problematik der Zurechnung einzelner Tatbeiträge im Falle einer arbeitsteiligen Vorgehensweise beschlägt im Kern die Beweiswürdigung. Erst wenn sich im Rahmen der Beweiswürdigung herausstellen sollte, dass dem Beschuldigten in dem gegen ihn erlassenen Strafbefehl aufgrund der arbeitsteiligen Vorgehensweise Einzeltatbeiträge vorgehalten werden, die sich diesem nicht nachweisen bzw. zuordnen lassen, stellt sich die Frage, ob der Strafbefehl eine auf einem gemeinsamen Beschluss beruhende sorgfaltswidrige Gesamthandlung umschreibt, die eine mittäterschaftliche Zurechnung zulässt. Es wird in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen unter nachfolgender Ziff. III.4.3 verwiesen. Aus diesen Erwägungen erschliesst sich, dass der Gasbrenner auf der Baustelle am 22. Oktober 2020 unstrittig ausschliesslich vom Beschuldigten bedient wurde, so dass hinsichtlich der Frage, welcher der beiden Monteure welche Handlungen im Rahmen der arbeitsteiligen Vorgehensweise vorgenommen hat, keine beweisrechtliche Abgrenzungs- bzw. Zuordnungsproblematik zu erkennen ist. Der Einwand geht deshalb fehl.
2.3 Im Weiteren rügt die Verteidigung (vgl. AS 202), es falle auf, dass die im Strafbefehl zitierte Bestimmung von § 50 Abs. 1 lit. b der Vollzugsverordnung zum Gebäudeversicherungsgesetz seit 1. Januar 2015 ausser Kraft sei, weshalb der Beschuldigte bereits deswegen freizusprechen sei.
Dem kann nicht gefolgt werden: Der Strafbefehl nennt den nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllten Straftatbestand (Art. 222 Abs. 1 StGB). Ebenso gehen aus dem Strafbefehl die gesetzgeberischen Erlasse auf kantonaler Ebene hervor, die ein sorgfältiges Verhalten bei feuergefährlichen Tätigkeiten vorschreiben. Es sind dies § 60 Abs. 1 des Gesetzes über die Gebäudeversicherung, Brandverhütung, Feuerwehr und Elementarschadenhilfe (Gebäudeversicherungsgesetz, BGS 618.111) sowie § 46, § 48 Abs. 1 lit. d der Vollzugsverordnung zum Gesetz über die Gebäudeversicherung, Brandverhütung, Feuerwehr und Elementarschadenhilfe (Verordnung zum Gebäudeversicherungsgesetz, BGS 618.112). Die Tatsachen, dass im Strafbefehl mit § 50 Abs. 1 lit. b der Verordnung zum Gebäudeversicherungsgesetz auch eine Vollzugsbestimmung zitiert wurde, die zwischenzeitlich ausser Kraft gesetzt wurde, und dass die Bestimmung von § 48 dieser Verordnung (in der im Tatzeitpunkt gültigen Fassung) auch nur einen Abs. 1 kennt, vermag daran nichts zu ändern. Es geht hervor, auf welchen Straftatbestand und auf welche kantonalen Normen sich die Anklägerin beruft, womit der Bestimmung von Art. 325 Abs. 1 lit. g StPO genüge getan ist.
III. Sachverhalt
1. Allgemeines zur Beweiswürdigung
1.1 Gemäss der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie Art. 10 Abs. 3 StPO verankerten Maxime «in dubio pro reo» ist bis zum Nachweis der Schuld zu vermuten, dass die einer Straftat angeklagte Person unschuldig ist: es gilt demnach die Unschuldsvermutung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 120 Ia 36 ff, 127 I 40 f) betrifft der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowohl die Verteilung der Beweislast als auch die Würdigung der Beweise. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Als Beweiswürdigungsregel ist der Grundsatz «in dubio pro reo» verletzt, wenn sich der Strafrichter von der Existenz eines für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhaltes überzeugt erklärt, obschon bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, da solche immer möglich sind. Obwohl für die Urteilsfindung die materielle Wahrheit wegleitend ist, kann absolute Gewissheit bzw. Wahrheit nicht verlangt werden, da diese der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen ist. Mit Zweifeln ist deshalb nicht die entfernteste Möglichkeit des Andersseins gemeint. Erforderlich sind vielmehr erhebliche und schlechthin nicht zu unterdrückende Zweifel, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei mehreren möglichen Sachverhaltsversionen hat der Richter auf die für den Beschuldigten günstigste abzustellen. Eine Verurteilung darf somit nur erfolgen, wenn die Schuld des Verdächtigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist, d.h. wenn Beweise dafür vorliegen, dass der Täter mit seinem Verhalten objektiv und subjektiv den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verwirklicht hat. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter einerseits persönlich von der Tatschuld überzeugt ist und andererseits die Beweise die Schuld des Verdächtigen in einer vernünftige Zweifel ausschliessenden Weise stützen. Der Richter hat demzufolge nach seiner persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber zu entscheiden, ob er eine Tatsache für bewiesen hält nicht (BGE 115 IV 286).
1.2 Das Gericht folgt bei seiner Beweisführung dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 10 Abs. 2 StPO): Es würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung und ist damit bei der Wahrheitsfindung nicht an die Standpunkte und Beweisführungen der Prozessparteien gebunden. Unterschieden wird je nach Art des Beweismittels in persönliche (Personen, welche die von ihnen wahrgenommenen Tatsachen bekannt geben: Aussagen von Zeugen, Auskunftspersonen und Beschuldigten) und sachliche Beweismittel (Augenschein und Beweisobjekte wie Urkunden Tatspuren). Dabei kommt es nicht auf die Zahl Art der Beweismittel an, sondern auf deren Überzeugungskraft Beweiskraft.
2. Unbestrittener Sachverhalt
2.1 Unbestritten ist, dass der Beschuldigte am 22. Oktober 2020 um ca. 15:30 Uhr zusammen mit H.___ beim Einfamilienhaus am [Adresse] eintraf, um auf dem Flachdach im 1. OG dieser Liegenschaft Heissarbeiten mit Bitumen für die Firma I.___ AG auszuführen. Beide Monteure verfügten zu jenem Zeitpunkt bereits über eine langjährige berufliche Erfahrung als Spengler (B.___: 12 Jahre, inkl. Lehre; H.___: 42 Jahre, ebenfalls inkl. Lehre). Den entsprechenden Auftrag und die näheren Angaben, was vor Ort zu erledigen war, erhielten beide von ihrem Vorgesetzten C.___, dem Geschäftsführer der I.___ AG, der sich am Vormittag mit dem Vater des Privatberufungsklägers vor Ort getroffen hatte, wobei die Aussagen über den Inhalt dieses Treffens divergieren (vgl. hierzu die nachfolgende Beweiswürdigung). Der Privatberufungskläger war zusammen mit seinem Vater bereits seit längerer Zeit damit beschäftigt, die von ihnen bewohnte Liegenschaft umzubauen. Für diesen Umbau führten sie auf dem Flachdach auch Arbeiten mit Bitumen aus. Bitumen ist ein dunkelfarbiges, halbfestes bis springhartes, klebriges Erdölderivat, das wasserabweisend und nicht wasserlöslich ist. Es wird vorwiegend als Bindemittel im Asphalt eingesetzt, der im Strassenbau und für Abdichtungen im Deponie- und Wasserbau eine wesentliche Rolle spielt. Aufgrund seiner Eigenschaften kommt Bitumen auch vielfach für die Dach- und Dichtungsbahnenherstellung zum Einsatz (vgl. www.derdichtebau.de, letztmals besucht am 17.8.2023). Hinsichtlich der Verarbeitung des Bitumens ist unstrittig, dass es zwingend erhitzt werden muss, um es weich und geschmeidig zu machen. Ebenso ist eine Erhitzung des Bitumens unumgänglich, damit dieses klebt, d.h. an der Fassadenwand (bei sog. Aufbordungen) haften bleibt. Diese Erhitzung wurde – auch diesbezüglich liegen im Grundsatz übereinstimmende Aussagen der Befragten vor – bei den Arbeiten auf dem Flachdach/Sitzplatz der Liegenschaft mittels eines Gas-/Bunsenbrenners erzielt. Die Familie X.___ verfügte über einen eigenen kleinen Bunsenbrenner, der draussen auf dem Balkon aufbewahrt wurde, die beiden Mitarbeiter der I.___ AG brachten am 22. Oktober 2020 ihren eigenen Gasbrenner auf die Baustelle mit.
Strittig ist hingegen, wer zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise auf dem Flachdach der Liegenschaft Arbeiten mit Bitumen vornahm. Hierzu wird nachfolgend (Ziff. III.4.2) näher einzugehen sein.
2.2 Im Weiteren ist angesichts der diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen der befragten Personen erstellt, dass der Beschuldigte und H.___ die Liegenschaft des Privatberufungsklägers um bzw. kurz nach 17:00 Uhr wieder verliessen, die zeitlichen Angaben variieren nur leicht (Privatberufungskläger: um ca. 17:00 Uhr, AS 63; bis 17:00 Uhr, AS 70; Beschuldigter: ca. 17:10/17:15 Uhr, AS 80; um ca. 17:00 Uhr seien sie mit den Aufräum- und Messarbeiten fertig gewesen, AS 110; plus/minus 17:15 Uhr, AS 253; Vater des Privatberufungsklägers: ziemlich genau um 17:10 Uhr habe seine Frau gesagt, AS 67; einzig H.___ machte die Angabe, dass sie noch bis etwa 17:30 Uhr einen provisorischen Schlauch hätten anbringen müssen: AS 85).
2.3 Hinsichtlich der weiteren Chronologie der Ereignisse kann angesichts der Angaben von AX.___ und DX.___ als erstellt gelten, dass die Hausbewohner ihrer akuten Gefährdung erstmals kurz nach dem Abendessen gewahr wurden, dies aufgrund der Rauchbildung, welche zuerst im Schlafzimmer des Privatberufungsklägers und dann (in weit umfassenderem Ausmass) in Elternschlafzimmer im 1. OG festgestellt wurde (vgl. die Aussagen von DX.___: AS 67 und AS 236: Der Rauch sei dort «knüppeldicht» gewesen; «ca. von oben bis kniehoch»). Hierauf versuchten der Privatberufungskläger und dessen Vater das Feuer zu löschen. Zeitgleich alarmierte die Mutter des Privatberufungsklägers die Alarmzentrale. Ihr Anruf wurde um 20:22 Uhr registriert (AS 22). Gemäss Brandmeldung vom 6. November 2020 konnte vor Ort beim Brandobjekt eine Rauchsäule mit der Fläche des Brandobjektes und der Höhe von circa. 40 Metern festgestellt werden. Als die Feuerwehr die Dachziegel vom Brandobjekt entfernte, kamen Flammen zum Vorschein, die bereits den Dachstock des Gebäudes erreichten (AS 24).
2.4 Die Feuersbrunst zerstörte im 1. OG der Liegenschaft zwischen dem Elternschlafzimmer und der neuen Terrasse mehrere Quadratmeter der Hauswand (Holzbalken, Isolation und Aussenabrieb) sowie die Wand- und Deckenverkleidung des Elternschlafzimmers. Im Schlafzimmer/Estrich im 2. OG verwüstete das Feuer Holzbalken und die umliegenden Wände sowie mehrere Quadratmeter des Daches oberhalb des Estrichs. Im Weiteren wurden Russanhaftungen an Decken und Wänden im 1. und 2. OG festgestellt. Im EG (Wohnzimmer/Küche/Eingangsbereich) wurde die Wohnzimmerdecke durch Löschwasser beschädigt (vgl. auch die fotografischen Aufnahmen unter AS 49 ff.). Im Weiteren wurden Kleidungsstücke, elektronische Geräte und Einrichtungsgegenstände durch die Rauchgase beschädigt bzw. kontaminiert.
2.5 Am 3. Juni 2021 stellte die I.___ AG dem Privatberufungskläger Rechnung für Flachdach- und Spenglerarbeiten im Betrag von total CHF 17‘948.00 (AS 190 ff.). Gemäss der Rechnung wurden die Arbeiten ab dem 18. November 2020 ausgeführt, d.h. knapp einen Monat nach dem Brand.
2.6 Am 14. Dezember 2021 erfolgte die Kostengutsprache der SGV in Bezug auf den Gebäudeschaden. Für den Schadensfall wurde dem Privatberufungskläger der Betrag von CHF 171‘546.00 überwiesen (AS 185 ff.).
3. Beweismittel
3.1 Fotografische Aufnahmen und spurenkundliche Überprüfung des Brandobjekts sowie deren Interpretation durch den kriminaltechnischen Dienst
3.1.1 Beim Eintreffen der aufgebotenen Brandursachenabklärer (Kpl G.___ und FwmbA E.___) sei der Brand grösstenteils bereits gelöscht gewesen (vgl. Strafanzeige, AS 19). Der Brandherd habe sich im südwestlichen Teil des Gebäudes, im Zimmer der Eltern des Geschädigten, auf der Höhe der neugebauten Terrasse, in der Hausfassade zwischen der Isolation und der Täferverkleidung befunden (AS 15, 22). In Anwendung des üblichen Ausschlussverfahrens habe der Brandherdbereich genauer untersucht und fotografisch dokumentiert werden können (vgl. die 13 Bildaufnahmen unter AS 50 - 62). Die Fotos 9 - 12 zeigen die Situation nach Entfernung der Wandverkleidung im Elternschlafzimmer hinter der Aussenfassade. Bild Nr. 12 (AS 61) zeigt eine Nahaufnahme des Brandherds in der Hauswand mit folgender Bildinterpretation: «Der Brandherd zeichnet sich spurenkundlich durch die stärkste Schollenbildung und den entsprechenden Materialverlust an den Holzbalken ab. Hier muss die Hitze am längsten eingewirkt haben.» Auf Bild Nr. 10/AS 59 (Übersichtsaufnahme der Brandherdzone) sowie auf Bild Nr. 11/AS 60 (Nahaufnahme des Brandherds) markieren die rot eingezeichneten Pfeile die Richtung der Brandausbreitung. Auf Bild Nr. 8 (AS 57) wird eine Nahaufnahme der mit Bitumenbahnen überlappend verschweissten Ecke gezeigt, der Brandherd befinde sich auf der Rückseite der Hauswandfassade. Gekennzeichnet ist mit «a» ein Spalt am unteren Ende der Hausfassade, durch welchen die Hitze des Bitumenbrenners in die Hauswand habe eindringen können, und mit «b» der «Blechwinkel» in der Hauswand. Die Untersuchung des Brandherdbereichs mittels Mini RAE 3000, einem Gerät zum Nachweis von flüchtigen, organischen Stoffen (Brandbeschleunigungssubstanzen wie bspw. Benzin, Lösungsmittel etc.), sei negativ verlaufen. Es hätten keine Hinweise auf Brandbeschleunigungsmittel detektiert werden können (AS 18 f.). Hinsichtlich der Witterung wird in der Brandmeldung festgehalten (AS 24): «Nacht, bedeckt, Regen, windstill, 15 Grad).
3.1.2 Hinsichtlich der durchgeführten Bitumen-Arbeiten zog FwmbA E.___, Brandursachenabklärer des kriminaltechnischen Dienstes, folgendes Fazit (AS 16): Es habe festgestellt werden können, dass auf dem Balkon/Terrasse im ersten Obergeschoss zwischen Elternschlafzimmer und dem Arbeitsraum oberhalb der Garage Bitumenarbeiten verrichtet worden seien. Der Balkon sei mittels Bitumenbahnen verdichtet/versiegelt worden. Diese Bahnen seien an den Hauswänden ca. 10 cm hochgezogen und in den Ecken überlappend verlegt worden. Um die Bitumenbahnen in der Ecke zu überlappen, werde mittels Brenner das Material erhitzt, um es weich und geschmeidig zu machen. Für die Einpassung der Bitumenbahnen in der Ecke werde mehr Hitze benötigt als bei der allgemeinen Verlegung. Demzufolge müsse in den Eckbereichen länger mit dem Brenner gearbeitet werden und die Hitze des Brenners wirke gebündelt auf die Hausfassade, die Blechdecke und zwangsläufig auch auf die dahinterliegende Isolation ein. Durch die Hitzeeinwirkung des Brenners für die Bitumenarbeiten dürften sich in der dahinterliegenden Isolation der Hauswand Staubablagerungen und allfällige Holzspäne dermassen thermisch erhitzt haben, dass ein Glimmbrand habe entstehen können. Dieser Glimmbrand habe sich mit der Zeit und durch Zufuhr von genügend Luftsauerstoff zu einem offenen Feuer entwickelt, das sich in der hinterlüfteten Hausmauer habe ausbreiten können.
3.1.3 Die zur Anwendung gebrachte Methodik zur Klärung der Brandursache erklärte FwmbA E.___ wie folgt (AS 16 f.): Anhand der Spuren würden sämtliche Brandentstehungsmöglichkeiten geprüft und gegebenenfalls ausgeschlossen. Ziel sei es, dass man alle möglichen Ursachen ausschliessen könne mit Ausnahme einer verbleibenden, die sich mit den Spurenbildern widerspruchsfrei zusammenführen lasse. Das Verschweissen von Bitumenbahnen ähnliche Arbeiten müssten mit offener Flamme (grosser Hitze) vorgenommen werden, was grosse Erfahrung, sauberes Arbeiten und eine korrekte Kontrolle der Arbeitsstelle voraussetze. Verdeckte brennbare Gegenstände Stäube könnten sich ohne direkten Feuerkontakt unbemerkt entzünden. Es sei bekannt, dass diese unabdinglichen Arbeiten fast immer mit einer latenten Brandgefahr verbunden seien. Zur Schadensminderung trügen sicherlich verschiedene Merkblätter mit Vorsichts- und Brandverhütungsmassnahmen sowie spezifische Schulungen bei. Die Gefahr von meistens «verdeckten» Glimmbränden, welche sich unter Umständen erst nach Stunden durch Rauchentwicklung zeigten, sei jedoch immer vorhanden.
3.1.4 H.___ legte seiner Einsprache gegen den Strafbefehl eine Fotoaufnahme bei, auf welcher zum einen der abgeklebte Terrassenbereich («hier abgeklebt») und zum anderen das durch die Feuerwehr abgedeckte Dach oberhalb der Brandherdzone markiert wurde, versehen mit der Frage «warum hier oben?» (AS 104). Die Polizei ging dieser Frage sowie den weiteren Ausführungen in der Einsprache nach und hielt in ihrem Nachtragsrapport vom 7. Mai 2021 ergänzend Folgendes fest (AS 26 ff.): Für das Bitumenschweissen seien Temperaturen von ca. 200 Grad erforderlich und Bitumenklebemassen würden auf ca. 180 Grad erhitzt (AS 29). Hinsichtlich der latent stets vorhandenen Brandgefahr bei Arbeiten mit offener Flamme und den notwendig zu treffenden Massnahmen wurde das Merkblatt «Arbeiten mit offener Flamme bei Abdichtungen von Hochbauten» vom Verband Schweizer Gebäudehüllen-Unternehmungen beigelegt (vgl. AS 32 - 48). Gemäss der Fotodokumentation könne die Brandherdzone anhand des Gesamtbrandspurenbildes (Zerstörung, Beschädigung, Verkohlung, Schollenbildung) im Bodenbereich der Zwischenwand im Eckbereich zwischen Gebäudefassade und Schlafzimmer eruiert werden (siehe Foto Nr. 11 und 12/AS 60 und 61). Der Brandherd befinde sich im Eckbereich der Gebäudefassade, welche bei den Heissarbeiten mit Bitumen thermisch belastet worden sei (siehe Foto Nr. 5 - 7/AS 54 - 56). Dieser Bereich sei auf dem der Einsprache beiliegenden Fotoblatt als Arbeitsort markiert worden. Bei den verrichteten Arbeiten mit offener Flamme seien die im Eckbereich und der Zwischenwand umliegenden Materialien (Aussenfassade/Isolation/Holzkonstruktion/Metallwinkel/Staub etc.) thermisch belastet worden. Durch die Arbeiten dürfte besonders der im Bodeneckbereich angebrachte Metallwinkel thermisch aufbereitet worden sein (siehe Foto Nr. 8/AS 57). Durch die Hitzeentwicklung auf die im Umfeld des Eckbereichs befindlichen Materialien dürften im unmittelbaren Bodenbereich innerhalb der Zwischenwand Holz- Staubpartikel thermisch dermassen belastet worden sein, dass sich dort ein Glimmbrand habe bilden können. Der Glimmbrand bzw. die Hitzeabstrahlung habe sich spurenkundlich (Verkohlung/Schollenbildung) über einen längeren Zeitraum unbemerkt innerhalb der Zwischenwand weiter ausbreiten können (siehe Foto Nr. 5 sowie 10 - 12/AS 54 sowie AS 59 - 61). Die durch den Glimmbrand verursachten Rauchgase und die Hitze hätten sich – von aussen nicht einsehbar – in den hinterlüfteten Zwischenwand nach oben ausdehnen können. In der Folge sei die Holzkonstruktion und Isolation in der Zwischenwand thermisch dermassen belastet worden, dass sich unter Zufuhr von genügend Luftsauerstoff ein offenes Feuer habe entwickeln können und sich grossflächig in Richtung Dachstock habe ausbreiten können (siehe Foto Nr. 5, 10, 11 und 13/AS 54, 59 und 62). Folglich seien gemäss dem eruierten Brandverlauf die Brandspuren an der auf dem Fotoblatt zur Einsprache markierten Stelle («warum hier oben?») erklärbar (AS 31, oben). Fazit: Als Brandursache stünden die Heissarbeiten im Zusammenhang mit den durchgeführten Bitumen-Schweissarbeiten im Bereich Balkonboden und Gebäudeaussenfassade im 1. OG der Liegenschaft im Vordergrund. Die Glimmbrandherdzone habe sich in der Zwischenwand über einen längeren Zeitraum entwickeln können und sei bei einer Kontrolle vom Balkon dem Schlafzimmer aus nicht einsehbar gewesen. Auch die Rauchgase, die sich über einen längeren Zeitraum innerhalb der Zwischenwand Richtung Dachstock ausgebreitet hätten, dürften über einen längeren Zeitraum nicht ersichtlich bzw. feststellbar gewesen sein.
3.2 Aussagen des Beschuldigten
3.2.1 Der Beschuldigte wurde erstmals am Vormittag nach dem Tag des Brandes polizeilich als Auskunftsperson einvernommen. Zusammengefasst führte er Folgendes aus (AS 78 ff.): Sie hätten Spenglerarbeiten/Flachdacharbeiten beim Haus gemacht. Das Flachdach habe der Eigentümer selber gemacht. Sie hätten die Abläufe für das Haus setzen und verdichten müssen. Hierfür hätten sie im Boden vom Balkon, bei der Holzplatte, welche die Unterlage sei (OSB-Platte), zwei Löcher rausgeschnitten. Danach hätten sie die Abläufe reingemacht, diese verschraubt und mit dem Bitumenbrenner abgedichtet. Sie hätten den Wasserabfluss für den Balkon gemacht. Sie hätten vor dieser Fensterfront, welche sich Richtung […] befinde, rechts und links, gearbeitet. Mit dem Brenner hätten sie die Abdichtungen gemacht. Der Eigentümer habe versucht, den Rest selber zu machen. Ob dieser nach ihnen noch Arbeiten verrichtet habe, wisse er nicht. Geschweisst (mit dem Bitumenbrenner) habe er. Hineingeklebt hätten sie zu zweit. Nachdem sie mit der Arbeit aufgehört hätten, seien sie noch ca. eine halbe Stunde vor Ort gewesen und hätten weder ein «Räuchlein» noch sonst irgendwas gesehen. Die Gasflasche hätten sie vor Ort gelassen (im ersten Stock unter der Dachschräge vor der Fensterfront zum Balkon), den Bitumenbrenner hätten sie wieder mitgenommen. (Auf die Frage, ob dem Beschuldigten irgendetwas Komisches aufgefallen sei während der Arbeit als sie die Baustelle verlassen hätten) «Nein, eigentlich nicht. Der Eigentümer kam zwei Mal zu uns hoch. Sonst war alles normal» (AS 81). (Auf die Frage, ob irgendwelche Pflichten zur Nachkontrolle bestünden, denen er jeweils nachgehen müsse) Er schaue immer, dass er eine halbe Stunde vor Arbeitsschluss mit dem Brennen aufhöre, damit er es noch einmal kontrollieren könne. Dies sei auch die Meinung seines Chefs. Ob es irgendeine Regelung gebe, wisse er im Moment gerade nicht. (Auf die Frage, was aus seiner Sicht zum Brand geführt habe) Wenn etwas glimme, dann sehe man nach einer halben Stunde Rauch. Er habe keinen Rauch gesehen; wenn dem so gewesen wäre, dann hätte er das Zeug wieder aufgeschnitten und gelöscht. Er könne sich nicht vorstellen, dass sie den Brand verursacht hätten, sonst hätten sie irgendetwas gesehen gerochen. Wenn sie etwas gesehen gerochen hätten, wären sie nicht einfach gegangen. Abschliessend gab er zu Protokoll, sie hätten genug früh mit den Arbeiten aufgehört und eine Nachkontrolle gemacht. Ob der Besitzer nachher noch Arbeiten verrichtet habe, wisse er nicht. Er könne nur sagen, dass die Abdichtungen, die der Besitzer selber gemacht habe, nicht dicht und nicht korrekt gewesen seien.
3.2.2 Nachdem gegen den Beschuldigten ein Strafbefehl erlassen worden war, begründete dieser noch vor Mandatierung eines Rechtsvertreters und vor Einsichtnahme in die Akten seine Einsprache wie folgt: Auf der Baustelle sei auch der Bauherr in Arbeitskleidung am Abdichten von Oblichterverglasungen gewesen. Ob dieser vorher etwas geschweisst habe, wüssten die Götter. Sie hätten die Schweissarbeiten um ca. 16:15 Uhr beendet. Bis ca. 17:00 Uhr seien sie mit Aufräum- und Messarbeiten beschäftigt gewesen. Ein Feuerlöscher wäre jederzeit griffbereit gewesen. Auch die Brandwache hätte wohl nichts genützt, da sie die letzten 45 Minuten keine Feststellungen gemacht hätten. Es könne auch nicht sichergestellt werden, dass der Bauherr keine weiteren Arbeiten mehr ausgeführt habe, nachdem er (der Beschuldigte) die Baustelle bereits verlassen gehabt habe. Im Weiteren müsse noch festgehalten werden, dass das Verhalten des Bauherrn sehr komisch gewesen sei. Dieser habe wie ein «geschlagener Hund» den Brand im Büro [der Firma I.___ AG] gemeldet. Sein Auftritt sei sehr fraglich gewesen, als wüsste er mehr.
3.2.3 Vor erster Instanz führte der Beschuldigte zusammengefasst aus, die Aufbordungen seien so «häb-chläpf» zusammengeschweisst gewesen, einfach nicht dicht, es habe Löcher dazwischen, also in diesen Nähten drinnen, gehabt. Sie hätten gesehen, dass man es wieder habe wegziehen können, weil dies nur so «halb-schottisch» angeklebt gewesen sei. Dann habe er es so im Eck genommen und retour gezogen. Durch die OSB-Platte habe er mit dem Kronenbohrer ein Loch gemacht, diese Platte sei schon vom Wasser «pflotschnass» gewesen. Danach hätten sie die Abläufe gesetzt. Den Brenner habe er bedient. Er habe es nach vorne gezogen und nachher auf seinem Schoss warm gemacht und dann hätten sie das Ganze auf einmal ins Eck gedrückt. Viel mehr als dies hätten sie mit dem Brenner nicht gemacht und sie hätten alles nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Zwischen Wand und Decke habe sich so ein «Spältli» befunden. Sein Kollege habe dort einmal so «onge ine glängt» und gemerkt, dass sich hintendran etwas befinde. Aber es sei nicht so, als wäre das jetzt weiche Isolation so etwas gewesen. Aus diesem Grund hätten sie sich entschieden, es nach vorne zu ziehen und vorne warm zu machen und dann die Flamme wieder wegzunehmen und es in das Eck zu drücken. Mit der Flamme sei er im Minimum etwa 70/80 cm von der Wand entfernt gewesen. Beim zweiten Ablauf, der sich quasi am Haus hinten befunden habe, habe man noch einen provisorischen Ablaufschlauch montiert, damit es dort nicht gleich die Terrasse hinunter geregnet habe. Bevor sie aufgebrochen seien, hätten sie nochmals diese zwei Ecken angeschaut und angefasst. Sie hätten weder etwas gerochen noch irgendetwas gesehen. Deshalb hätten sie sich auch entschieden, dass eine halbe Stunde ausreichend sei. Wie lange man warte, sei immer ein wenig situationsbedingt und auch sein Arbeitskollege, der 42 Jahre Berufungserfahrung habe, sei derselben Meinung gewesen. Sie hätten sich abgesprochen. Einen Feuerlöscher habe er im Auto gehabt. Wenn sie irgendetwas «onde dra» gesehen hätten, wäre ein Wasserschlauch da gelegen. Auch ein Feuerlöscher von der Familie X.___ sei, so glaube er, auf dem Dach hinten ums Eck gestanden. (Auf die Ergänzungsfrage seines Verteidigers) Das Flachdach sei absolut nicht fachmännisch erstellt gewesen. Alles sei so ein wenig zusammengebastelt gewesen, wenn man es vorsichtig ausdrücken wolle. Es sei nicht fachmännisch verklebt gewesen und dicht sei es schon gar nicht gewesen. (Befragt nach der Arbeitsaufteilung) Er habe die Löcher herausgebohrt und geschweisst. Der Kollege habe ihm etwas Bitumen zugeschnitten und auch die Schläuche angehängt. Die Brandwache hätten sie gemeinsam gemacht und das Ganze sei auch zusammen nochmals kontrolliert worden. (Auf die Frage, ob er die Fassade überprüft habe, bevor er die Arbeit mit dem Brenner begonnen habe) Weil es dort so einen Spalt gehabt habe, habe der Kollege dort so «onde ine glängt» und er habe gemerkt, dass irgendetwas dahinter gewesen sei, irgendetwas Festes. Aus diesem Grund sei man mit der Flamme gar nie ins Eck rein gegangen. (Auf die Frage, ob die von seinem Chef erwähnten Aufbordungen schon erstellt gewesen seien, als sie auf der Baustelle angekommen seien) Die Nähte seien so «halb-schottisch» angeschweisst gewesen. Er hätte es gar nicht wegnehmen können, wenn es richtig angeschweisst gewesen wäre. An diesen habe er deshalb nachher nichts mehr gemacht. Sie hätten diese Abläufe reingeschweisst und fertig. Mit dem Schweissen hätten sie etwa um 16:20 Uhr/16:30 Uhr aufgehört. Später als 16:30 Uhr sei es nicht gewesen. (Auf Vorhalt der abweichenden Zeitangabe von H.___: «etwa um 16:15 Uhr bis 17:00 Uhr) Sie seien dort gewesen, aber das Hineinschweissen sei eine Sache von fünf Minuten pro Ablauf gewesen.
3.2.4 Vor Obergericht führte der Beschuldigte zusammengefasst wie bei der Vorinstanz aus, sie seien mit dem Brenner nie in den Ecken gewesen. Die Aufbordungen seien entgegen der Vereinbarung, welche sein Chef (C.___) mit Herrn DX.___ getroffen habe, nicht gemacht gewesen, als sie auf der Baustelle am Nachmittag des 22. Oktober 2020 eingetroffen seien. Man habe das Bitumen wegziehen können. Er habe das Bitumen auf seinem Schoss erwärmt. Hinsichtlich der konkreten Dauer der Brandwache sagte der Beschuldigte aus, dies sei immer auch situationsbedingt. Aufgrund der Tatsache, dass er mit der Flamme nie in die Ecke gelangt sei, seien sie (Beschuldigter und H.___) davon ausgegangen, dass im konkreten Fall 35 Minuten ausreichend gewesen seien. Vor dem Verlassen der Baustelle hätten sie nochmals eine Kontrolle vorgenommen und nichts feststellen können: keine Rauchbildung, keinen Rauchgeruch und keine Wärme. Auf die Frage, ob er gewusst habe, dass es sich dort um eine hinterlüftete Fassade gehandelt habe, gab er zu Protokoll, sie hätten unten einen «Schlitz» gesehen und sein Arbeitskollege habe dort hineingegriffen und feststellen können, dass da etwas sei. Die Einsprache habe er zusammen mit seinem Vater verfasst. Dasselbe gelte für die Einsprache von Herrn H.___. Er selber wisse nicht, ob am 22. Oktober 2020 jemand vor nach ihnen an dieser Terrasse gearbeitet habe. Die Angabe in der Einsprache, wonach der Bauherr damals damit beschäftigt gewesen sei, in Arbeitskleidung Oberlichter abzudichten, stamme von seinem Chef. Er gehe davon aus, dass dort, wo die Flamme des Brenners das Bitumen berühre, Temperaturen von schätzungsweise 150 Grad bestünden. Sein Chef habe ihm keine Vorwürfe gemacht und die firmeninternen Abläufe und Instruktionen seien aufgrund dieses Brandereignisses nicht angepasst worden. 3.3 Aussagen von H.___
3.3.1 Anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 23. Oktober 2020, einen Tag nach dem Brand, gab H.___ zusammengefasst zu Protokoll, sie hätten zwei Abläufe in das Flachdach machen müssen (zwei Abläufe vom Dach durch das Holz in das bestehende Abwasserrohr). Die Fläche auf dem Dach selber habe der Besitzer des Hauses bereits selber gelegt gehabt. Um ca. 17:00 Uhr seien sie mit dem Legen der Rohre fertig gewesen. Bis etwa 17:30 Uhr hätten sie noch einen provisorischen Schlauch anbringen müssen. Sie hätten mit Sparflamme die Dachpappe noch aufbrennen müssen, da alles aus Holz gewesen sei. (Auf die Frage: «Wo arbeiteten Sie am Haus der Familie X.___ an diesem Tag?») «Schon an der Fassade zu. Dies auf dem Sitzplatzdach oben.» Der zum Einsatz gebrachte Brenner habe schon eine Temperatur von etwas über 100 Grad gehabt. Sonst schmelzten ja die Dachpappen auch nicht. («Wo machten Sie die Schweissarbeiten am Haus?») «Am oberen Ende der Abläufe» (AS 85, Antwort auf Frage 15), zeitlich sei das von etwa 16:15 Uhr bis 17:00 Uhr gewesen. (Auf die Frage, welche Schutzmassnahmen er beim Verrichten von Schweissarbeiten treffe) «Wir sollten eigentlichen einen Schlauch einen Feuerlöscher dabei haben. Als wir gestern gegangen waren, haben wir aber gar nichts festgestellt. Man hätte ja gesehen, wenn es oben herausgeräuchert hätte» (AS 85, Antwort auf Frage 18). (Auf die Frage, ob an jenem Tag die Schweissarbeiten am Haus abgeschlossen gewesen seien) «Man hätte es aussen am Rand auch noch ankleben und dazu Schweissarbeiten ausführen müssen» (AS 86, Antwort auf Frage 19). (Auf die Frage, ob ihm irgendetwas Komisches aufgefallen sei, als er die Baustelle verlassen habe während der Arbeit) «Nein» (AS 86, Antwort auf Frage 21). (Auf die Frage, ob noch irgendwelche Pflichten zur Nachkontrolle bestünden, denen er [bei einer solchen Arbeit] nachgehen müsse) Man sollte jeweils noch etwa eine Stunde vor Ort sein, nachdem man die Schweissarbeiten beendet habe. Das sage sein Chef jeweils; wie man auf diese Zeitspanne komme, könne er nicht sagen. Gestern seien sie noch etwa eine halbe Stunde vor Ort geblieben. Ob der Bauherr im Innern des Hauses etwas gearbeitet habe, könne er nicht sagen. (Auf die Frage nach der Brandursache) Er könne nur mutmassen. Es handle sich um eine hinterlüftete Fassade. Es könne sein, dass es später gemodert habe. Er wisse es nicht und könne es nicht sagen. (Auf den Hinweis, dass die Angelegenheit an die zuständige Staatsanwaltschaft rapportiert werde, und auf die Frage, ob er der Einvernahme noch etwas beifügen wolle) Sie hätten ja nur die Tabletts aufgeschweisst gestern; mehr nicht.
3.3.2 Auch H.___ erhob begründete Einsprache gegen den Strafbefehl (AS 103). Der Inhalt dieser Einsprache deckt sich – abgesehen von wenigen Ausnahmen, auf welche sogleich eingegangen wird – wortwörtlich mit der vom Beschuldigten erhobenen Einsprache (vgl. hierzu Ziff. III.3.2.2). In Bezug auf die Arbeitsaufteilung findet sich die Ergänzung, dass H.___ selber keine Arbeiten mit dem Gasbrenner ausgeführt habe. Er sei mit dem Zuschneiden der Bitumenbahnen beschäftigt gewesen. In Ziff. 2 hielt H.___ fest, die Arbeiten seien um ca. 16:15 Uhr fertig gewesen. In dieser Zeit sei nichts von einem Glimmbrand zu sehen gewesen. Aus seiner Sicht wäre ihnen dies aufgefallen, da dieser Fassadenteil hinterlüftet gewesen sei.
3.4 Aussagen des Privatberufungsklägers
3.4.1 Im Rahmen der polizeilichen Erstbefragung vom 22. Oktober 2020 verwies der Privatberufungskläger auf den (grösstenteils bereits abgeschlossenen) Umbau seines Eigenheims und die am Nachmittag ausgeführten Arbeiten des Spenglers mit einem Bunsenbrenner auf dem Balkon. In seinem Zimmer habe es, als er um ca. 20:00 Uhr nach dem Abendessen nach oben gegangen sei, Rauch gehabt. Im Schlafzimmer seiner Eltern habe es schon mehr Rauch gehabt. Seine Verdachtsgründe hinsichtlich der Verursachung der Feuersbrunst formulierte er wie folgt (AS 63): «Als wir aus dem Fenster [des Schlafzimmers] meiner Eltern sahen, sahen wir Flammen aus der Ecke kommen, wo der Spengler heute arbeitete. Ich denke, dass der Spengler einen Glimmbrand verursachte. Dies war um ca. 20:00 Uhr, als wir das Feuer feststellten. Schon beim Nachtessen roch es leicht verbrannt, jedoch dachte meine Mutter, dies sei vom Backofen. Es kann nur vom Spengler sein.»
3.4.2 Ein halbes Jahr nach dem Brandereignis, anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 27. April 2021, führte der Privatberufungskläger als Auskunftsperson im Wesentlichen aus (AS 69 ff.), die beiden Spengler hätten am 22. Oktober 2021 [recte 2020] zwischen ca. 15:30 Uhr bis 17:00 Uhr gearbeitet. Da sie so spät gekommen seien, habe er das Gefühl gehabt, sie hätten auch gleich am darauf folgenden Tag kommen können. Diese seien also lediglich ca. 90 Minuten auf der Baustelle gewesen und hätten ihre Arbeiten auf dem Balkon ausgeführt. Auf diesem Balkon hätten sie (Vater und Sohn X.___) ca. eine Woche zuvor Bitumenbahnen ausgelegt. Diese Bitumenbahnen hätten sie mit einem Handbrenner ausgeführt. Zuletzt hätten sie auf dem Balkon die Fensterabschlüsse im Bodenbereich mit Silikon verarbeitet. Dies sei ca. eine Woche vor dem Brandausbruch gewesen, wobei sie dazu keine thermischen Geräte gebraucht hätten. Die Firma sei «angestellt» worden, um die Bitumenbahnen nachzubessern und um die Ränder gegen die Hausfassade und Fenster zu machen. Ebenso hätten sie auch noch zwei Wasserabläufe abdichten müssen, ebenfalls mit Bitumen. Der Auftrag für H.___ und B.___ habe darin bestanden, die von ihnen (Vater und Sohn X.___) angefangenen Bitumenarbeiten und die Abdichtungen fertig zu stellen. Sie hätten im ganzen Bereich des erweiterten Balkons Arbeiten zusammen ausgeführt (der Befragte zeichnete auf Vorlage eines Fotoblattes die Arbeitsstellen ungefähr ein: vgl. AS 76). In der Folge wurde der Privatberufungskläger mit den Angaben von B.___ und H.___ konfrontiert, wonach die Flachdachabdichtungen auf dem Balkon durch die Bauherrschaft in Eigenregie ausgeführt worden seien. Ob das zutreffend sei (Frage Nr. 7): Sie hätten mit diesen Arbeiten angefangen und die Bitumenbahnen ausgelegt. Als sie von der Bausumme noch etwas übrig gehabt hätten, hätten sie den Auftrag, den Balkon fertig zu machen, an die Firma I.___ vergeben. Hierfür sei ein Pauschalbetrag von ca. CHF 3‘000.00 vereinbart gewesen. (Auf Frage) Ja, es treffe zu, dass am Donnerstag, 22. Oktober 2020, alle Hausbewohner zu Hause gewesen seien. Im Keller sei eine neue Wärmepumpe eingebaut worden. Er und sein Vater seien damit beschäftigt gewesen, die Verkleidungen in dem Keller wieder einzubauen. Seine Mutter habe den ganzen Tag in der Liegenschaft geputzt. (Auf Vorhalt der entsprechenden Aussagen von B.___ und H.___) Nein, an diesem Tag habe er die Oberlichter nicht abgedichtet. Die Abdichtungsarbeiten habe er an der Fläche (hierbei handelt es sich um eine handschriftlich angebrachte Korrektur des Befragten, ursprüngliche Version des Protokollführers: «an der Fassade und den Fenstern») gemacht. Für die Abdichtungsarbeiten sei lediglich Silikon gebraucht worden und es sei keine thermische Bearbeitung gewesen. Für sie (Vater und Sohn X.___) seien die Arbeiten auf dem Balkon erledigt gewesen und sie seien froh gewesen, dass sie diese Arbeiten nicht noch selber hätten machen müssen. (Wiederum auf Vorhalt) Ja, es sei richtig, dass sich auf dem Balkon ein kleiner Brenner mit einer Kartusche befunden habe, dieser gehöre der Familie. Mit diesem Brenner hätten sie versucht, den Bitumenboden zu verlegen, und gemerkt, dass dies nicht so einfach sei, weshalb die Firma I.___ beauftragt worden sei, die Arbeiten dort fertig zu stellen. Letztmals sei dieser Brenner, wie bereits ausgeführt, ca. eine Woche vor dem Brand genutzt worden. Ja, er sei Raucher, habe aber am Tag des Brandes im Elternschlafzimmer nicht geraucht und sie hätten im Keller mit Akkubohrer, Schraubenzieher und vielleicht einer Stichsäge gearbeitet. Sie hätten an jenem Tag keine Arbeiten Verrichtungen gemacht, die zu einem Brand hätten führen können (keine Schweiss- Trennarbeiten, Heissarbeiten, keine Arbeiten mit thermischen Hilfsmitteln). Weder er noch eine Drittperson hätten vor nach der Arbeit von B.___ und H.___ in deren Arbeitsbereich Verrichtungen vorgenommen. Als B.___ und H.___ die Baustelle verlassen hätten, sei er immer noch im Keller am Arbeiten gewesen. (Auf Frage) Er könne sich nicht erinnern, ob er nach dem Brand persönlich im Büro der Firma I.___ im [Ort 1] gewesen sei. Abschliessend gab der Privatberufungskläger zu Protokoll, er könne sich keine andere Ursache für den Brand vorstellen als die von H.___ und B.___ ausgeführten Arbeiten.
3.4.3 Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung bestätigte der Privatberufungskläger nochmals (AS 239 ff.), dass er mit seinem Vater Schweissarbeiten auf dem Flachdach seiner Liegenschaft gemacht habe. (Befragt nach dem Zeitpunkt) Das sei etwa zwei bis drei Wochen vorher (= vor dem Brand) gewesen. (Auf Vorhalt seiner anderslautenden Aussage im Rahmen der Befragung vom 27.4.2021) Also er sei sich nicht ganz sicher, aber es sei sicherlich mindestens eine Woche vor dem Brand gewesen. Als der Brand gewesen sei, hätten sich ganz sicher gar nichts auf dem Balkon gemacht. Die vom Privatberufungskläger zusammen mit seinem Vater ausgeführten Arbeiten umschrieb er wie folgt: Sie hätten das Bitumen bei der Firma I.___ geholt und die Bitumenbahnen einmal grob ausgerollt und mit diesem «Handbunsenbrennerli» verschweisst. Wie dies auf dem Foto ersichtlich sei, hätten sie es nur so «drüber abe gleit» und an der Hauswand nur so «dran ufe gleit», mehr nicht. Die Hauptarbeit habe darin bestanden, diese Bahnen miteinander zu verkleben. Sie hätten nur so ein «Handbunsenbrennerli» gehabt. Es habe gehalten, aber wenn man daran gerissen hätte, hätte man es wegnehmen können, und an der Wand hätte es nicht geklebt. Im Weiteren ging der Privatberufungskläger sehr detailliert darauf ein, welche Arbeiten er am Tag des Brandes im Keller der Liegenschaft gemacht habe (vgl. AS 242, AS 88: Entfernung der Spanplatten beim Einbauschrank, Einfügen eines Teils der neuen Wärmepumpe. Es sei eine Sisyphusarbeit gewesen. Den ganzen Tag hätten sie daran «omeknüblet», die Schrauben aus den Spanplatten heraus zu nehmen und wieder reinzubringen). Nach dem Abendessen habe er in seinem Schlafzimmer «ein bisschen Rauch» festgestellt, worauf er seinen Vater gerufen und sie es zusammen angeschaut hätten. Anschliessend hätten sie das Elternschlafzimmer aufgesucht, in welchem der Rauch schon gehangen sei. Sie hätten im Eck des Elternschlafzimmers, an welchem sich am meisten Rauch befunden habe, die Blende weggerissen und dort hintendran sei Feuer gewesen (AS 242 Z.116 f.). Er habe Feuerlöscher in den Brandherd «ine glo», das habe aber eigentlich gar nichts gebracht und sei wie ein Tropfen auf den heissen Stein gewesen. Sein Vater habe unterdessen versucht, den Wasserbettschlauch im Bad anzuschliessen und ins Elternschlafzimmer rüber zu ziehen, währenddessen habe seine Mutter die Feuerwehr angerufen, welche etwa eine halbe Stunde später eingetroffen sei und sie rausgejagt habe. (Auf die Frage nach dem Standort dieses Bunsenbrenners am 22.10.2020) Dieser sei in seinem Zimmer auf dem Balkon gestanden, aber dieser sei wohl etwa zwei, drei Wochen dort draussen gestanden. Überall sei Werkzeug rumgelegen. Im Weiteren bestätigte der Privatberufungskläger auf entsprechende Frage erneut, dass er die Firma I.___ nach dem Brand mit Arbeiten beauftragt habe. Überall, wo gearbeitet werde, passierten Fehler. Es seien noch Sachen offen gewesen und sie hätten keinen Grund gesehen, den Spengler zu wechseln. Grundsätzlich habe der Spengler die Arbeit gut gemacht. Es hätte nichts gebracht, wenn sie nachher irgendeinen anderen geholt hätten. (Auf die Frage, ob er bzw. sie bei den Bitumen-Arbeiten Schutzvorkehrungen getroffen hätten) Sie hätten es zu zweit gemacht und sie hätten den Standort des Feuerlöschers gekannt. Sie hätten sich auch nach den Bitumenarbeiten noch im Haus aufgehalten. Wenn es gebrannt hätte, hätten sie dies wohl schon gemerkt. «Und wir waren ja nie an der Wand, wir waren wirklich rein auf dieser Balkonfläche oben» (AS 244).
3.4.4 Vor Obergericht bestätigte der Privatberufungskläger seine bisherigen Aussagen, wonach er zusammen mit seinem Vater die Bitumenbahnen zusammengeschweisst habe, damit das Wasser einigermassen habe abfliessen können. Sie seien keine Profis gewesen und es sei auch nicht «profimässig» ausgeführt worden. Wenn man daran gerissen hätte, wäre alles runtergekommen, man hätte einfach alles wegreissen können. In den Ecken hätten sie (Vater und Sohn X.___) nicht geschweisst. (Auf Frage) Nein, an der Besprechung, welche am 22. Oktober 2020 vormittags mit Herrn C.___ stattgefunden habe, habe er selber nicht teilgenommen, denn er habe damals (in der Corona-Zeit) noch im Umfang von 50 % im Homeoffice gearbeitet. Am Nachmittag bis zum Abendessen habe er dann seinen Vater bei den Schrankarbeiten im Keller unterstützt. Die letzten Arbeiten mit Hitze hätten sie selber am 9. Oktober 2020 ausgeführt, dies ergebe sich aus dem WhatsApp-Chatverlauf mit seiner Ex-Freundin aus […]. Der erste Gedanke sei gewesen, dass man das selber mache. Es habe sich dann aber herausgestellt, dass es schwieriger gewesen sei, als von ihnen angenommen. Es sei eine Sisyphusarbeit gewesen. Seine Mutter habe sie am Vorabend Folgendes gefragt: «Wollt ihr dies wirklich noch selber machen?» Sie sei der Meinung gewesen, sie (Vater und Sohn X.___) seien langsam am Anschlag. Man solle das mal abklären. Als sie dann herausgefunden hätten, dass keine Rechnung mehr von der Firma I.___ komme, sei klar gewesen, dass das Budget vorhanden gewesen sei, um die Arbeiten der Firma I.___ abzugeben. Bei der Platte, die vor erster Instanz [von Herrn C.___] als Weichfaserplatte bezeichnet worden sei, handle es sich in Tat und Wahrheit um eine Gipsplatte. (Auf Vorhalt seiner protokollierten Aussage im Rahmen der Erstbefragung: Ob er Flammen im Aussenbereich gesehen habe) Nein. Das sei etwas verwirrend. Im Elternschlafzimmer gebe es diese Fensterfront und in der Ecke, dort wo sie im Innbereich den Schrank gebaut hätten, habe es ganz klar am meisten Rauch gehabt, weshalb man dort die Blende weggerissen habe und hintendran habe man das Feuer gesehen. (Auf den Vorhalt, wonach der Bunsenbrenner der Familie X.___ am Vormittag des 22.10.2020 auf der Terrasse rumgelegen sein solle) Überall sei Werkzeug rumgelegen. An vielen Orten habe es damals ausgesehen wie in einer Werkstatt. (Zur Auftragserteilung an die Firm I.___ nach dem Brandvorfall) Nach dem Brand habe das Täfer weggenommen werden müssen, dort habe es nach Russ gestunken. Es sei 5 cm mehr Isolation dazu gekommen und aussen am Dach habe dies gewisse Anpassungen zur Folge (mehr Kupfer) gehabt. Sie hätten nach dem Brand nichts gegen die Firma I.___ gehabt und hätten keine Veranlassung für einen Wechsel der Firma gehabt. (Auf Frage) Ja, das Vertrauen sei noch vorhanden gewesen.
3.5 Aussagen von DX.___ (Vater des Privatberufungsklägers)
3.5.1 DX.___ wurde erstmals am 29. Oktober 2020, eine Woche nach dem Brandereignis, als Auskunftsperson polizeilich befragt (AS 65 ff.): Er habe vom Morgen bis zum Nachtessen um ca. 19:00 Uhr im Keller einen Kasten aufgebaut, dort wo man die Wärmepumpe weggenommen habe. (Auf Frage) Die Arbeiten mit dem Bitumenbrenner hätten sie (Vater und Sohn X.___) ca. drei zwei Tage vorher ausgeführt. Er sei sich nicht 100 % sicher. Nein, am Tag des Brandes habe er keine Bitumenarbeiten gemacht. Die letzten Arbeiten mit Bitumen hätten er und sein Sohn gemacht, als sie die Bodenfenster mit Silikon verdichtet hätten. (In Bezug auf die Auftragserteilung) Er habe den Auftrag an die Firma I.___ erteilt, weil er festgestellt habe, dass sich das Wasser nicht dort gesammelt habe, wo es sich hätte sammeln sollen. Dies sei ca. 14 Tage vorher mit der Firma I.___ besprochen worden und am Ereignistag sei der Chef der Firma vorbei gekommen, um es zu besprechen. Als er den Preis gehört habe, sei ihm klar gewesen, dass man die Arbeit von der Firma ausführen lasse. Das Ziel sei es gewesen, dass die Firma zwei Abläufe auf der Terrasse mache. (Auf die Frage, wann der Brand festgestellt worden sei) Sie hätten eine Woche vor dem Brand einen neuen Backofen geholt, diesen angeschlossen und ihn dann eine obligate Stunde laufen lassen, um diesen zu «entstinken». Seine Frau habe am Tag des Brandes ein Poulet im Backofen zubereitet und ca. um 18:30 Uhr sei seine Frau zu ihm gekommen und habe «gemotzt», dass der Backofen stinke. Dieser Geruch sei aber noch gepaart mit Pouletsauce gewesen. Um 19:00 Uhr habe seine Frau zum Abendessen gerufen und alles sei ganz normal gewesen, ausser der Tatsache, dass es leicht gerochen habe, nicht aussergewöhnlich. Nach dem Abendessen, gegen 20:00 Uhr, sei sein Sohn in sein Zimmer gegangen und habe mitgeteilt, dass man in den Fust gehen und dort wegen des gekauften Backofens reklamieren solle, da es in seinem Zimmer Rauch habe. Als sie dann auch das Elternschlafzimmer aufgesucht hätten und dieses gefüllt mit Rauch gewesen sei, habe er zu seinem Sohn gesagt, dies könne nicht vom Backofen sein. Nachher seien sie in den Anbau rüber, in das Zimmer, welches sie neu gebaut hätten. Dort hätten sie gesehen, wie aus einer neuen Verteilerdose Rauch gekommen sei. Sie hätten aber kein Feuer und keine Flammen gesehen. Auch bei der Wärmepumpe habe er nachgesehen. Diese sei auch in Ordnung gewesen. Er habe anschliessend den Rauch verfolgt und ein Holz, welches er an den Kasten im Schlafzimmer angebaut gehabt habe, weggerissen. Hinter dem Kasten hätten sie Flammen gesehen. Sie hätten versucht, das Feuer zu löschen. Ebenso sei die Feuerwehr alarmiert worden. Der Nachbar, der bei der Feuerwehr sei, habe ihnen gesagt, dass sie sofort das Haus verlassen sollten. Dies hätten sie dann auch getan. Er habe noch die Gasflasche des Spenglers genommen und aus dem Haus genommen. Abschliessend fügte DX.___ an, an diesem Tag (22.10.2020) hätten sie keinen Bunsenbrenner in der Hand gehabt. Alle von ihnen getätigten Arbeiten seien ohne Hitze gewesen.
3.5.2 Vor erster Instanz führte DX.___ als Zeuge im Wesentlichen aus (AS 231 ff.), mit Bitumen hätten sie (= Vater und Sohn X.___) selber ca. 14 Tage vorher Arbeiten gemacht. Das sei eine Schätzung, genau könne er es nicht mehr sagen. Sie hätten auch gewisse Schweissarbeiten vorgenommen, sie hätten die von der Firma I.___ gelieferten Bitumenbahnen leicht erwärmt und dann auf diese Holzkonstruktion hinuntergedrückt. (Auf die richterliche Nachfrage, ob sie das 14 Tage vorher gemacht hätten) Etwa 14 Tage vorher. Sie hätten auch noch begehbare Glasfenster erhalten und dort die Umrandung gemacht, dies sei vielleicht zwei drei Tage einen Tag vor dem Brand gewesen. (Auf die Frage, ob man das auch wieder mit Schweissen, also warm, gemacht habe) Nein, dort habe man eine Aluminiumleiste hinuntergeschraubt und diese Aluminiumleiste habe man nachher gegenüber dem Glas mit Silikonkitt aufgefüllt. An diesem Tag (= 22.10.2020) hätten sie ganz sicher nicht am Balkon gearbeitet. In der Folge bestätigte DX.___ die Angabe des erstinstanzlich einvernommenen Zeugen C.___, wonach die Aufbordungen lose gewesen seien, also erst ein wenig angelegt an die Wand. Ebenso führte er aus, es sei richtig, dass man das hätte anmachen, anlöten schweissen müssen. Das wäre so gewesen, aber sie hätten dies an diesem Tag ganz sicher nicht gemacht. (Auf die richterliche Frage, ob man an jenem Morgen von diesen Aufbordungen gesprochen habe) Nein. (Auf die nochmalige Frage, ob das kein Thema gewesen sein) Nein. Es sei darum gegangen, ob sie (=Vater und Sohn X.___) die Spengler der Firma I.___ es fertig machten. Herr C.___ habe ihm den Preis gesagt (zwischen CHF 3‘000.00 und CHF 4‘000.00) und dann habe er gesagt: «Dann ist der Fall klar, dann macht ihr das.» Von diesem Augenblick an hätten sie am Balkon nichts mehr angefasst. 14 Tage zuvor hätten sie die Folien so hingelegt, aber es sei nicht festgemacht gewesen, es sei nicht abgedichtet gewesen. Die Abläufe hätten noch gefehlt. Sie hätten schon gewisse Verleimungen gemacht, aber man hätte es auf jeden Fall wegziehen können und dies sei ja dann auch gemacht worden, damit man an diese Abläufe rangekommen sei. Es sei auch nach dem Brand noch lose gewesen, es sei übers Geländer «abe ghanget». Genau, das sehe man auf diesem Foto. (Auf die Frage, welche konkreten Feststellungen er im Zusammenhang mit dem Brand gemacht habe) Bei seinem Sohn habe es im Zimmer Rauch gehabt, wie wenn jemand zwei Zigaretten geraucht hätte. Sein Sohn habe reklamiert und gesagt: «Hier oben stinkt es.» Er sei nach oben gegangen und habe es sich angeschaut. Es sei nicht gravierend gewesen. Danach hätten sie im Elternschlafzimmer die Tür aufgemacht und der Rauch sei dort «knüppeldick» gewesen. Er habe gedacht, es sei die Wärmepumpe gewesen, die auf dem Dach gestanden sei, und habe sich diese angeschaut. Alles sei in Ordnung gewesen. Als er dann eine Blende von diesem Kasten im Elternschlafzimmer weggerissen habe, habe man unten dran Feuer gesehen. Die Aufbordungen hätten sie selber ganz sicher nicht angeschweisst. Sie hätten nur auf der Fläche, also da am Boden, die Folien angemacht, also die Dachpappen. (Auf die Frage nach den von ihm ergriffenen Schutzvorkehrungen bei den Arbeiten mit dem Bitumenbrenner) Sie seien die ganze Zeit zu zweit gewesen, hätten aber keine grossen Schutzvorkehrungen getroffen. Sie hätten gewusst, wo der Feuerlöscher gewesen sei und wo die Wasserschläuche gewesen seien. Sie hätten nur die Bitumenbahn unten durch erwärmt und deshalb sei es auch nicht fachmännisch angebracht gewesen. Er habe keine Kenntnis von einem Merkblatt im Umgang mit diesen Arbeiten. (Auf die Frage, wie er das Brandrisiko eingeschätzt habe) Er schätze kein Brandrisiko ein, er wisse, wie man einen Braten mache, aber von dem habe er keine Ahnung.
3.5.3 Vor Obergericht gab DX.___ zu Protokoll, bei der Besprechung, welche er mit C.___ am 22. Oktober 2020 geführt habe, sei es darum gegangen, was er diesem noch schulde. Auf der Rechnung der Firma I.___ sei viel Material, aber es seien keine «Mann»-Stunden, keine Handwerker-Stunden vermerkt gewesen. Er habe deshalb eine Folgerechnung erwartet. Auf dem Platz sei seine erste Frage an Herrn C.___ gewesen, was er ihm (betragsmässig) noch schuldig sei. Herr C.___ habe ihm dann gesagt, sie seien ihm nichts mehr schuldig. Er habe dann gefragt, was es ihn koste, die Terrasse fertig machen zu lassen. Herr C.___ habe ihm gesagt, es seien CHF 4'000.00. Sie (Vater und Sohn X.___) seien damals «kaputt», erschöpft gewesen und hätten bereits viel auf dieser Baustelle gearbeitet gehabt. Für sie sei klar gewesen, den Auftrag der Firma I.___ zu erteilen. Ein Wetterwechsel sei gemeldet gewesen (von schön auf schlecht, Regen sei gemeldet gewesen). Herr C.___ habe ihm gesagt, er schicke ihm zwei Leute. Die Arbeiter seien dann auch gekommen, allerdings erst nachmittags um 15:30 Uhr. (Auf die Frage, was genau der Auftrag, den ganzen Balkon fertig zu machen, beinhaltet habe) Die Abläufe zu setzen und den Balkon abzudichten. Das habe C.___ auch bestätigt: Dieser habe vor Amtsgericht auf die Frage, ob es sich um dasselbe Auftragsvolumen gehandelt habe ob das Auftragsvolumen grösser geworden sei, ausgeführt, einzig beim hinteren Teil des Daches sei noch etwas dazu gekommen (Zusatzleistungen). Den Balkon habe Herr C.___ bestätigt und habe diesen mit genau CHF 5'000.00 in Rechnung gestellt. (Auf entsprechende Frage) Nein, er habe im Rahmen dieser Besprechung von Herrn C.___ keinen Auftrag gefasst. Sie hätten im Umfang von etwa CHF 5'000.00 einen Auftrag erteilt und dann habe er selber kein Interesse gehabt, noch selber etwas zu basteln. Er habe den Fachmann aufgeboten. Dann erwarte er von diesem auch, dass er es fachmännisch erledige und dann helfe er persönlich nicht noch irgendwie nach. (Auf Vorhalt der gegenteiligen Aussagen von Herr C.___) Das sei ein klarer Lug. (Auf entsprechende Frage) Nein, bei den beiden Oberlichtern hätten sie selber keine Schweissarbeiten ausgeführt: Zwischen den Aluleisten und diesen Fenstern habe es einen ganz feinen Spalt gegeben, den man mit einer Silikonabdichtungsmasse aufgefüllt habe. Sie selber hätten auf der Terrasse Schweissarbeiten mit Hitze ausgeführt, als sie die Folien aneinander gemacht hätten, damit die einzelnen Folien nicht hätten davonfliegen können. Diese Folien hätte man jederzeit wieder wegnehmen können. Das sei auch so von den Handwerkern klar bestätigt worden. Sie hätten das Holz schützen wollen, deshalb seien die Folien von ihnen aneinandergeklebt und diese mit dem kleinen Schweissbrenner erwärmt worden. Direkt am Haus hätten sie (Vater und Sohn X.___) keine Schweissarbeiten gemacht. Von den Aufbordungen, die Herr C.___ nun geltend mache, sei keine Rede gewesen. Sie hätten damals nicht gedacht, dass es in Bezug auf das Datum (Ausführung ihrer Schweissarbeiten) so grosse Diskussion gebe. Sie seien auf die Suche gegangen und hätten sämtliches Material durchgeschaut. Zum Glück habe sein Sohn damals seiner Freundin in […] geschrieben und Fotos gemacht. (Unter Hinweis auf den zu den Akten gegebenen Chatverlauf): 9.10.2020, 17:20 Uhr: Man sehe die Spanplatte und die gemachten Fenster (Oberlichter). Ebenfalls am 9.10.2020, nun etwa eine Stunde später, nämlich um 18:31 Uhr, sehe man auf dem Foto, dass die Folienbahnen provisorisch gemacht gewesen seien und man sehe auch den blauen Brenner. Und am 10.10.2020 sei noch um die Oberlichter gearbeitet worden. (Auf die Frage, was ihm als Erstes durch den Kopf gegangen sei, als er den Brand entdeckt habe) Zufälligerweise sei die Woche vorher der Backofen ausgewechselt worden. Jahre vorher hätten sie einen «Stinkbachofen» gehabt. Jedes Mal, wenn der Backofen gebraucht worden sei, habe es einen unangenehmen Geruch gegeben. Seine Frau habe ein Poulet in die Backofenröhre geschoben und ihm zugerufen: «Was für einen – entschuldigen Sie den Ausdruck – ‘Scheiss’-Backofen hast Du da gekauft!» Sie habe gesagt, es stinke ja genau gleich wie im alten Backofen. Er sei vom Keller zur Küche gegangen und habe nachgeschaut. Es habe gesagt, es rühre daher, weil der Ofen nun zum ersten Mal gebraucht werde. Gegen 20:00 Uhr, nach dem Abendessen, sei sein Sohn nach oben in sein Zimmer hinauf gegangen und habe herunter geschrien: «Papi, Du musst beim Fust vorbeigehen, dieser ‘Scheiss’-Backkofen macht Rauch.» Er habe sofort an einen Glimmbrand gedacht, wobei er gedacht habe, die Heizung (Wärmepumpe) «spinne». Er habe damals nicht daran gedacht, die Handwerker hätten einen Fehler gemacht. Noch am selben Abend habe er versucht, Herrn C.___ anzurufen, ohne ihn aber erreichen zu können. Am nächsten Tag sei er ins Büro gegangen, dort habe er eine Dame im Büro orientiert. (Befragt nach seiner damaligen Verfassung bzw. der Aussage der anderen, er sei wie ein geschlagener Hund gewesen) Logisch. Er habe gesehen, wie alles wieder weg- bzw. heruntergerissen worden sei, was sie zuvor erschaffen gehabt hätten. Sie seien ins Motel verschoben worden. Er habe geweint. Herr C.___ sei aber gar nicht dort gewesen. Der erste Kontakt mit ihm sei erst am Freitagabend erfolgt. Er sei mit seiner Familie am Abend auswärts essen gegangen und auf der Heimfahrt habe Herr C.___ ihn angerufen. Dieser habe sich bei ihnen entschuldigt und gefragt, wie er ihnen behilflich sein könnte. Die Frage, ob er eine Wohnung für sie habe, habe Herr C.___ verneint. Der Vorfall habe für ihn (DX.___) nicht geheissen, dass man nun nicht mehr gemeinsam habe weiterfahren können. Die Aufträge seien bereits erteilt gewesen und hinzu gekommen sei nur Folgendes: Auf der entgegengesetzten Seite des Brandes sei das Isolationsmaterial geschwärzt gewesen, man habe das Dach 5 cm heben («lüpfen») müssen. Ein weiteres Schutzblech habe befestigt werden müssen. Das seien Anpassungen gewesen, die wegen des Brandes hätten gemacht werden müssen. Der Firma hätten sie trotz des Brandes weiterhin vertraut. Wo gearbeitet werde, passierten Fehler. Herr C.___ habe sich ja auch an diesem Freitagabend entschuldigt und habe sich zuvorkommend verhalten. (Auf die Frage, ob sie bei der hinterlüfteten Fassade auch Arbeiten in Eigenleistung ausgeführt hätten) Die Platte hinter der Fassade, hinter welcher die Luft zirkuliere, hätten sie zugeschnitten. Den ganzen Aufbau hätten sie gemacht. (Auf den von C.___ im Strafverfahren erhobenen Vorwurf, wonach es gar nicht gebrannt hätte, wenn es dort richtig gemacht worden wäre) Sie hätten es richtig gemacht. Es handle sich um eine feuersichere Platte. Sie hätten hierzu Vorgaben der Solothurner Gebäudeversicherung gehabt. Auch der Beizug der Fotos zeige deutlich, dass es diese Platte nicht verbrannt habe.
3.6 Aussagen von C.___ (Geschäftsführer der I.___ AG)
3.6.1 C.___ führte als Zeuge vor erster Instanz zusammengefasst aus, das Flachdach habe die Familie X.___ in Eigenregie gemacht. Sie seien bei ihm das Material holen gekommen und hätten dieses Zeug selber geschweisst. Das Dach habe mehr weniger gerinnt, es sei einfach nicht gut gewesen und habe vor allem keine Abläufe drin gehabt. Herr X.___ senior habe ihn angerufen und gesagt, Regen sei gemeldet, ob er die Abläufe machen komme. Um 10:00 Uhr habe er Herrn X.___ senior bei der Liegenschaft getroffen und dieser sei auf dem Dach gewesen im Blaumann und habe dort um diese Glasscheiben, welche im Dach drin gewesen seien, so «Schwarzanstrichzeug» gemacht. Seinen beiden Monteuren habe er gesagt, sie sollten dort die zwei Abläufe reinmachen und er habe ihnen dies auch aufgezeichnet. (Befragt nach dem konkreten Vorgehen) Normalerweise würden die Abläufe, bevor man die Folie verlege, eingebaut. Das sei ein Rohr mit einem viereckigen Tablett dran, an welches die Bitumenbahn draufgeklebt werde. Normalerweise mache man die Abläufe rein, bevor die Abdichtung drauf komme, also vor dem Bitumen. Er habe DX.___ gesagt: «Ihr müsst da diese Aufbordungen – also dem Haus entlang – noch machen. Das muss gemacht sein, damit wir einen Ablauf einbauen können.» DX.___ habe gesagt, er mache das noch, bis sie kämen. Er (C.___) habe gesagt, sie (die Monteure) kämen am Nachmittag, die genaue Zeit könne er aber nicht sagen. Worauf DX.___ gesagt habe, es müsse noch heute gemacht sein, weil Regen gemeldet sei. (Unter Bezugnahme auf das Foto unter AS 228). Die Aufbordungen, die Anschlüsse am Haus entlang, seien lediglich aufgestellt gewesen. Er (C.___) habe Folgendes gesagt: «Dort, wo die Abläufe reinmüssen, müssen die Anschlüsse der Wand entlang fertig sein.» Er habe zu ihm gesagt: «Wir können den Ablauf nicht dort ins Eck reinmachen, wenn der Anschluss nicht fertig ist» (AS 214 Z. 149 f.). Herr X.___ senior habe dann gesagt, er mache dies noch, bis sie kämen (AS 214 Z. 129 f. Z.151 sowie bereits AS 213: Z. 119 f.). «Diese Ecken schweissen, das mache er …» (AS 213 Z. 120). (Auf die richterliche Frage, wie man vorgehen müsse, um die Aufbordung an der Wand zu befestigen) Heiss machen. Mit einem «Brennerli». Als er dort (vor Ort) gewesen sei, sei so eine blaue Handlampe der Bauherrschaft auf dem Dach gestanden. In der Folge reichte der Zeuge C.___ eine von ihm erstellte Zeichnung (AS 230) ins Recht, welche das von ihm mehrfach erwähnte Eck, die Aufbordungen und die zu erstellenden Abläufe zeigt. Er habe diese Zeichnung den Monteuren mitgegeben. (Auf Frage) Ja, die Arbeiter hätten am Nachmittag diese Abläufe setzen und nachher mit Bitumen abdichten müssen und ja, damit man dies machen könne, müsse man auch wieder warm machen. (Auf Frage) Ja, das Merkblatt «Technische Kommission Flachdach» sei ihm bekannt, und ja, auch die Arbeiter kennten dieses Merkblatt. (Auf die Frage, wer das Brandrisiko mit den Abstufungen «gering – mittel – hoch» einschätze, ob dies die ausführende Person sei) Einerseits habe er gesagt: «Passt auf». Er habe seine Leute so eingeteilt, dass sie zu zweit gewesen seien, wenn etwas gewesen wäre. Er habe das Brandrisiko als mittel eingestuft, wie er (der Monteur) es ausgeführt habe, sei das Risiko dann aber gering gewesen es sei gar kein Risiko gewesen. So blöd es töne. (Weshalb er das Risiko nun anders einschätze) Der Monteur habe gemerkt, dass das «Zeug» nicht halte und er habe den Bereich, welchen er habe schweissen müssen, 40 -50 cm von der Fassade weg erwärmt, die Bitumenbahn, damit diese klebe. Mit der Flamme sei er nie in dem Bereich gewesen, wo die Brandursache gewesen sei. Der Monteur habe die Bitumenbahn so zurückgelegt und dann am Schluss dieses Bitumen wie einen Teppich wieder ins Eck gelegt, auf das Tablett, welches eingebaut gewesen sei. Er sage jetzt, es sei etwas mehr als 40 cm, also etwa 80/90 cm vom Haus entfernt gewesen. Normalerweise, wenn die Aufbordung geschweisst sei, könne man diese nicht mehr wegnehmen. Hier habe man aber diesen Bitumen wegnehmen und dadurch den Ablauf auf die Konstruktion «abe setze» können, so dass man mit der Flamme gar nie in dieses Eck «inecho» sei. Bei dieser (= vor Ort) gewählten Variante heize der Monteur, so blöd es auch töne, bei sich auf dem Schoss auf, bis dieses Bitumen zu laufen beginne und dann werde es wieder in dieses Eck gelegt. (Auf die Frage, welches die Sicherheitsmassnahmen gewesen wären, wenn man es so hätte machen müssen, wie es angedacht gewesen sei) 1. Die Monteure müssten einen Feuerlöscher dabei haben; auf dem Bild sei einer drauf. 2. Die Brandwache, im Minimum etwa ½ Stunde, eine Stunde. Da sie da alles weggenommen hätten und ihm nachher gesagt worden sei, es habe eine halbe Stunde nichts gemacht, dann reiche das. Es sei aus seiner Sicht richtig gemacht worden. Zur Qualität der von DX.___ ausgeführten Schweissarbeiten führte der Zeuge C.___ Folgendes aus: Mit dem «Bunsenbrennerli», das die Familie X.___ gehabt habe, habe man gar nicht die Wärme hingekriegt, damit man so schweissen könne, dass es dicht sei. Dementsprechend habe das Zeug auch nicht richtig gehalten. Sie hätten im Nachgang, nach dem Brand, das ganze Dach nochmals geschweisst. Im letzten Teil der Befragung äusserte sich der Zeuge C.___ in Bezug auf den Brandherd und auf Vorlage von Bild Nr. 12 des Brandberichts dahingehend, dass eine Weichfaserplatte wie Zunder brenne. Diese Weichfaserplatte, welche auf der Aufnahme ganz sei, müsste verbrannt sein, damit innen dieser Kasten brennen könne. Von ihm aus gesehen sei die Brandursache innen und nicht aussen gewesen. (Auf Frage) Ja, die Firma I.___ habe nach dem Brand für die Familie X.___ auf jeden Fall zusätzliche Arbeiten ausgeführt, die mit dem Brand nichts zu tun gehabt hätten.
(Auf die Ergänzungsfrage des Vertreters des Privatberufungsklägers, was in Bezug auf die Brandwache die interne Regel sei) Das hänge davon ab, welche Arbeiten ausgeführt würden und welche Jahreszeit sei. Wenn man draussen bei 30 40 Grad schweisse, sei die Tendenz, dass etwas brenne, eine andere, als wenn es regne, schneie kalt sei. Sie hätten die Regelung, dass man im Minimum eine Stunde vor Arbeitsende aufhöre zu schweissen und nachher heimkomme. Und das Andere sei eben abzuschätzen, was für ein Potential es habe, wie gefährlich es sei. (Auf die weitere Ergänzungsfrage des Vertreters des Privatberufungsklägers: Wenn nach ihm gar kein Risiko bestanden habe, weshalb seien dann die Monteure trotzdem noch [gemäss deren Einsprache] 45 Minuten geblieben?) Sie hätten noch zusammenräumen und Ablaufschläuche montieren müssen. Beides seien Fachleute, jeder von ihnen wisse, was er mache, und eine Person habe man die ganze Zeit als Brandwache oben gehabt. Geschweisst habe Herr B.___. Herr H.___ sei einfach dabei gewesen, damit man habe reagieren können, wenn etwas gewesen wäre. Viel mehr Vorsichtsmassnahmen, als man dort an den Tag gelegt habe, habe man gar nicht machen können. (Auf die weitere Ergänzungsfrage des Vertreters des Privatberufungsklägers: Ob man gewusst habe, dass es sich um eine hinterlüftete Fassade gehandelt habe) Ja, das habe er gewusst, aber als sie gekommen seien, seien die Abdichtungen, welche bauseits gemacht worden seien, vor der Fassade gewesen («ufe gse»). Man sehe gerade auf Bild Nr. 5 die Aufbordungen. Da sei keine Hinterlüftung mehr.
3.6.2 Vor Obergericht gab C.___ als Auskunftsperson zu Protokoll, Herr X.___ senior habe ihn über den Brand orientiert. Dies sei in seinem Büro gewesen am Morgen nach dem Brand. Gestützt auf die Angaben seiner Mitarbeiter, die ihm am Vortrag berichtet hätten, wie sie vor Ort vorgegangen seien, habe er zu 99,9 % ausschliessen können, dass der Brand von ihnen verursacht worden sei. Er selber sei nicht von einem Fehler des Unternehmens ausgegangen. (Auf die Frage, was die beiden Monteure ihm berichtet hätten) Sie hätten abends, als sie von der Arbeit zurückgekommen seien, ihm gesagt, es sei nicht so gewesen, wie es abgemacht worden sei. Man habe es wegziehen können. Die Bitumenbahnen seien teilweise lose gewesen, es sei nicht so gewesen, wie es hätte sein sollen. Die Nähte seien nicht richtig geschweisst gewesen. (Auf Frage) Ja, es habe vor Ort eine mündliche Vereinbarung gegeben, was bereits von Herrn DX.___ selber habe gemacht sein müssen. Die Vereinbarung habe darin bestanden, dass die Aufbordungen vor dem Eintreffen der Monteure gemacht sein müssten. Er habe die Positionen für die Löcher der Wasserabläufe vor Ort am Vormittag angezeichnet. Auf den Bitumenbahnen habe er mit einer Kreide zwei Kreuzchen für die Position der Wasserabläufe gemacht. Anlässlich dieses Treffens habe es keinerlei Meinungsverschiedenheiten, Unklarheiten Diskussionen zwischen ihm und Herrn DX.___ gegeben. Die beiden Monteure hätten das Loch bohren, die Abläufe setzen und anschweissen müssen. (Auf Frage) Ja, es habe zeitlicher Druck bestanden. Es sei noch trocken gewesen, doch Regen sei gemeldet gewesen. Man könne diese Arbeiten nur machen, wenn es trocken sein, sonst gehe das nicht. Als er am Vormittag vor Ort eingetroffen sei, habe Herr DX.___ Schweissarbeiten mit Bitumen bei den Oberlichtern ausgeführt. (Auf Frage) Ja, er habe eine Hitzequelle wahrgenommen, eine blaue Lötlampe. (Vater und Sohn X.___ hätten immer bestritten, dass von ihnen am Tag des Brandes überhaupt Arbeiten auf dem Flachdach ausgeführt worden seien. Sie hätten an diesem Tag überhaupt keine Heissarbeiten ausgeführt. Wie er sich diesen Widerspruch erkläre) Dazu könne er nichts sagen. (Ob er selber gesehen habe, wie Herr DX.___ den Lötkolben verwendet habe) Nein. Herr DX.___ habe die Finger voll Bitumen gehabt, das klebe. Dieser sei daran gewesen, den Anstrich zu machen. Für ihn sei es aufgrund seiner Wahrnehmung vor Ort klar gewesen, dass Herr DX.___ dort geschweisst habe. (Auf die Frage, war er über die Situation vor Ort, insbesondere in Bezug auf die Materialien dort im Balkonbereich hinter der Fassade, gewusst habe) Er habe den Aufbau gekannt. (Ob ihm folglich bewusst gewesen sei, welche Materialien dort gewesen seien) Ja. (Ob er auch gewusst habe, dass die Fassade dort hinterlüftet gewesen sei) Ja, das habe er gewusst. (Auf die Anschlussfrage, was das konkret heisse, was dieser Umstand für Auswirkungen auf die Einschätzung der Brandgefahr habe) Man habe da ein Element, das man nicht kontrollieren könne, das man nicht im Griff habe. Dort könnten Spinnweben sein. Er sei froh gewesen, dass Herr X.___ (senior) gesagt habe, er mache die Aufbordungen selber, dann sei der grosse schwierige Punkt für sie bereits erledigt gewesen. (Ob man sagen könne, dass bei einer hinterlüfteten Fassade die Brandgefahr eher als hoch eingeschätzt werden müsse) Das sei so, ja. Sie selber hätten es wohl anders gemacht, sie hätten die Anschlüsse mit Flüssigkunststoff mit sonst etwas gemacht. Er gehe auch davon aus, dass es nicht zum Brand gekommen wäre, wenn der Bauablauf richtig gemacht worden wäre, sofern der Brand tatsächlich von aussen gekommen sei. Er gehe jedoch anhand der Fotos der Brandermittler davon aus, dass der Brand gar nicht von aussen, sondern von innen gekommen sei. Beide Monteure hätten ihm gesagt, man habe die Bitumenbahnen wegziehen, zurücklegen und die Bitumenbahnen auf dem Schoss (etwa in einer Entfernung von einem Meter bzw. 80 cm von der Wand) warm machen und am Schluss kleben können. Als er erfahren habe, wie die Monteure konkret vorgegangen seien, sei er davon ausgegangen, dass dies unproblematisch gewesen sei. (Auf die Frage, was denn anders gewesen wäre bei der ursprünglichen Version, d.h. wenn Herr DX.___ das Vereinbarte im Vorfeld tatsächlich erledigt gehabt hätte) Dann wäre man auch gar nicht in den Ecken gewesen, Herr B.___ hätte nur das Loch machen müssen und er hätte nur das ganze Rohr und das viereckige Tablet (die viereckige Blechfläche) heizen und dann drauflegen können. Man hätte nie in den Ecken geheizt. (Ob er B.___ und H.___ vorgängig Instruktionen betreffend Brandgefahr und deren Einschätzung erteilt habe) Das komme von der SUVA und vom Dachdeckerverband. Die Monteure müssten die Augen offen behalten. Man habe mit allen Sitzungen im Büro und bespreche die Fälle, man spreche die Verfahren an und er sage jeweils: «Bitte ruft an, wenn es Probleme gibt.» Dann könne er vorbeigehen. Doch dort habe es kein Problem gegeben, beim besten Willen nicht. (Ob es nicht grundsätzlich so sei, dass man bei allen Schweissarbeiten vorgängig die Brandgefahr einschätzen und klassifizieren müsse) Da mache man natürlich automatisch. Man mache sich Gedanken, was für Probleme da sein könnten. Für die Arbeiten, die sie hätten erledigen müssen, habe kein Risiko bestanden. Es sei ihnen klar, was passieren könne, und in den allermeisten Fällen (90 %) sei er jeweils schon vorher vor Ort gewesen und wisse dann, wo die heiklen Punkte lägen und mache dann beispielsweise die Details anders. (Auf Frage) Ja, die Herren B.___ und H.___ seien aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage gewesen, selber die Brandgefahr einzuschätzen und die sich allenfalls aufdrängenden Massnahmen zu ergreifen. Er klassifiziere nicht im Vorfeld die Brandklasse. (Ob die Brandwache im Zusammenhang mit diesem Auftrag thematisiert worden sei) Bei ihnen gelte die Regel, dass eine Stunde vor Feierabend normalerweise nicht mehr geschweisst und gelötet werde, wenn sie ein Flachdach machten, damit man reagieren könnte, wenn etwas passieren sollte. Wenn nach einer halben Stunde bzw. 45 Minuten nichts sei, dann sei die Chance relativ klein, dass etwas sei. Sie (die Monteure) hätten auch einen Feuerlöscher dabei gehabt. Eine Stunde sei der Richtwert. Wenn man im konkreten Einzelfall zur Einschätzung komme, dass es nicht gefährlich sei, könne es weniger lang sein. (Beim Vorderrichter habe er ausgesagt, normalerweise mache man die Abläufe rein, bevor die Abdichtung, das Bitumen, draufkomme. Vorliegend habe er nun aber Herrn DX.___ morgens um 10:00 Uhr mitgeteilt, die Aufbordungen dem Haus entlang müssten gemacht sein, damit die Monteure einen Ablauf einbauen könnten. Das sei nun genau das Gegenteil dessen, was dem Regelfall entspreche. Das klinge widersprüchlich. Weshalb er das verlangt habe) Im vorliegenden Fall seien die Folien bereits vorher verlegt gewesen, in einem solchen Fall bohre man das Loch durch die Folien hindurch, lege den Ablauf rein und schweisse einen Flick drauf, man habe dann aber mehrere (3 - 4 Schichten) Bitumenbahnen und dadurch 1 cm stehendes Wasser auf der Dachfläche. Es sei nun nicht so wie vereinbart gewesen, man habe im vorliegenden Fall das Bitumen zurücklegen, das Loch bohren, den Ablauf hinuntersetzen und das Bitumen auf dem Schoss erwärmen und wieder hineinkleben können. Die Aufbordungen seien dem Haus entlang noch nicht fertig gewesen. (Auf die richterliche Anschlussfrage, ob man daraus ableiten könne, dass Herr DX.___ an diesem Morgen wohl kaum in diesem Ecken erhitzt habe) Das sei richtig.
3.7 FwmbA E.___ (kriminaltechnischer Dienst, Brandursachenabklärung) sagte vor Obergericht zusammengefasst als Zeuge Folgendes aus: Man habe gewusst, dass beim Brandobjekt Heissarbeiten ausgeführt worden seien. Das sei ihnen bereits am Abend selber zu Ohren gekommen. Er wisse nicht mehr, von wem er dies erfahren habe. Bitumenbahnen seien mit einem Gasbrenner verlegt worden, in diesem Bereich sei Bitumen an der Fassade raufgezogen und überlappend geklebt worden. Dort habe es ein Eckblech gehabt. Man habe das Bitumen mit dem Brecheisen etwas weggenommen und ein Loch bzw. einen kleinen Durchbruch in der Fassade von etwa 0,5 cm gesehen; es sei für die Brandursachenabklärer ziemlich klar gewesen, dass die Hitze, welche von aussen gewirkt habe, dort relativ ungehindert in die Fassade habe eindringen können. Durch die Hitzeeinwirkung in diesem Bereich hätten sich in der Fassade – es habe sich um eine hinterlüftete Fassade gehandelt – Staub Späne entzünden können. Es sei zum Glimmbrand gekommen. Dies könne über Stunden gehen, bis man Rauch feststelle. Wenn genügend Sauerstoff dazu komme, könne es in einen offenen Brand, in einen Flammenbrand übergehen. Im Elternschlafzimmer, dort wo die Feuerwehr das Täfer weggerissen gehabt habe, hätten sie die typische Schollenbildung gesehen, gerade im Ecken unten, d.h. auf der Innen-/Hinterseite der Fassade, genau dort, wo aussen mit dem Brenner Bitumen verklebt worden sei. Das hätten sie gut eingrenzen können. Im Rahmen des Ausschlussverfahrens habe man sich auch die Sicherungen angeschaut und die elektrischen Leitungen seien auch überprüft worden. Man sei der Frage nachgegangen, ob es einen «Kurzen» (Kurzschluss) gegeben habe. Es seien aber erst die blauen Flex-Rohre verlegt gewesen, d.h. ohne die Kabel, diese seien noch gar nicht verlegt gewesen, womit man einen Kurzschluss habe ausschliessen können. Auch flüchtige, organische Stoffe, Brandlegemittel wie beispielsweise Benzin habe man nicht detektieren können. (Ob schon ziemlich bald die Bitumenarbeiten im Vordergrund gestanden seien) «Jein». Es sei ein Hinweis gewesen, so etwas verfolge man. Bitumenschweissarbeiten seien ein bekanntes Phänomen. Sie bergen immer eine Brandgefahr. Nichtsdestotrotz lasse man die anderen Ursachen nicht ausser Acht. Man sei ergebnisoffen vorgegangen. Ein Tunnelblick sei immer falsch. Man sei als Brandermittler auch im Keller gewesen, ebenso sei der Backofen als möglicher Brandauslöser ein Thema gewesen, auch die Photovoltaik sei thematisiert worden, was sich aber nicht bestätigt habe. Schliesslich seien nur noch die Bitumenarbeiten und die Brandstiftung übrig geblieben, wobei für Letzteres überhaupt keine Hinweise vorgelegen seien. Damit hätten bis auf die Bitumenschweissarbeiten alle anderen Brandursachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können. (Auf Frage) Er habe nicht den Eindruck, dass der längliche Durchbruch oberhalb des Blechwinkels erst durch den Brand entstanden sei, dieser habe wahrscheinlich schon vorher bestanden, jedoch lasse sich dies nicht mit Sicherheit sagen. Ebenso wenig könne man sagen, dass der Brand ohne dieses Loch ausgeblieben wäre. Da habe Hitze eingewirkt, der Winkel habe sich erwärmt und die Fassade dahinter ebenfalls. Man könne nicht sagen, wie lange es gegangen sei, bis sich etwas habe entzünden können. Sicherlich habe das Loch diese Entwicklung begünstigt. Es könnte sein, dass ohne diesen Durchbruch nichts passiert wäre, aber dafür lege er nun nicht die Hand ins Feuer. Im Optimalfall liessen sich in Anwendung des Ausschlussverfahrens alle Brandursachen bis auf eine verbleibende ausschliessen. Wenn dies nicht der Fall sei, seien die unterschiedlichen Ursachen zu gewichten. Aber im vorliegenden Fall sei keine andere Brandursache in Frage gekommen. Es sei klar gewesen, dass der Brand von aussen und nicht von innen gekommen sei. Auch der Brandherd habe klar lokalisiert werden können und einen anderen Brandherd habe man nicht gefunden. Von diesem Brandherd aus habe sich das Feuer nach oben gefressen. Es habe sich eine klare Kaminwirkung feststellen lassen. Er könne weder dementieren noch bestätigen, dass es sich bei der auf Foto Nr. 12 abgebildeten Platte um eine Weichfaserplatte handle. Über die Brandneigung Brandgefahr dieser Platte könne er ebenfalls keine Aussage machen. Offensichtlich habe diese Platte nicht gebrannt wie Zunder. Wenn die Platte gebrannt hätte wie Zunder, dann wäre sie nun auch verkohlt. Man sehe die Hitzeeinwirkung, man sehe die Russanhaftung. Möglicherweise sei diese Platte auch noch durch Isolationsmaterial geschützt gewesen. Diese Platte sei jedenfalls kein Beweis dafür, dass der Brand nicht von aussen entstanden sei. Am Anfang sei es sicherlich ein Glimmbrand gewesen, der sich später zu einem Flammenbrand habe weiterentwickeln können. (Gefragt nach der zeitlichen Komponente) Man könne nicht sagen, ob es eine halbe Stunde sei ob es fünf Stunden seien, es könne sich über mehrere Stunden hinwegziehen. Man brauche für einen Brand eine Hitzequelle, brennbares Material und Sauerstoff. (Gemäss der Aussage eines Hausbewohners sei Rauch durch die Steckdose gekommen. Ob man daraus Schlüsse hinsichtlich der Brandursache ziehen könne) Rauch könne durch jede Ritze dringen. Die Steckdose sei prädestiniert. Es könne sehr gut sein, dass der Rauch in der Fassade irgendwie den Weg dorthin gefunden habe. Diese Steckdose habe keinen Zusammenhang mit dem Brandherd und der Brandursache. Es fehlten stromführende Leitungen. Zur Aussage, wonach man das Bitumen habe wegziehen können und dieses dann auf dem Schoss erhitzt worden sei, könne er nichts sagen. Vielleicht sei dies möglich. Er könne dies weder ausschliessen noch bestätigen. (Wenn dies [= Erwärmen des Bitumens auf dem Schoss] möglich gewesen wäre: Treffe es zu, dass es dann wohl nicht zum Brand gekommen wäre). Dann wäre die Hitzeeinwirkung nicht so gebündelt, d.h. so konzentriert über eine längere Zeit in dieser Ecke erfolgt. Davon gehe er aus. (Auf die Frage, ob das heisse, dass in dieser Ecke eine konzentrierte Hitzeeinwirkung stattgefunden habe). (Auf Frage) Ja, er könne diese Theorie stützen: Wenn das Bitumen tatsächlich auf dem Schoss erwärmt worden wäre, dann wäre dies nicht die Brandursache gewesen, sondern dann hätte jemand anderes mit einer Hitzequelle /einem Bunsenbrenner in der Ecke etwas gemacht. Die beiden Faktoren (1. Riss/Durchbruch in der Fassade; 2. Blech in der Ecke) hätten zur Hitzeableitung beigetragen. (Auf entsprechende Frage) Nein, er könne nicht aus Erfahrung sagen, wie lange man die besagte Stelle hätte überwachen müssen. (Auf Frage der Verteidigung) Nein, sie hätten hinsichtlich der Brennbarkeit keine Material- und Stofftests durchgeführt, für sie (Brandursachenabklärer) habe sich diese Frage nicht gestellt und es sei ihnen hierzu auch kein Auftrag erteilt worden. (Zum Bewässern: Was dies bringe) Der Zündpunkt werde erhöht. Es brauche mehr Energie, wenn die Umgebung feucht sei. Bis es trocken sei, könne man Zeit gewinnen. Im Nachhinein gehe es ums Herunterkühlen (Ob die Annahme zutreffe, dass aufgrund des festgestellten Loches/Spaltes das Bewässern nicht besonders viel gebracht hätte) Er könne nicht sagen, ob durch das Bewässern ein allenfalls bereits vorhandener Glimmbrand aufgehört hätte. Er gehe jedoch davon aus, dass es auch nachher noch geglimmt hätte, denn man hätte gezielt durch dieses Loch hindurch wässern müssen.
4. Beweiswürdigung
4.1. Brandursache, -herd
Die polizeilichen Ausführungen in der Brandmeldung, der Strafanzeige und dem polizeilichen Nachtragsrapport hinsichtlich der Brandursache und des Brandherdes sind klar, nachvollziehbar und überzeugend. Es wurden diverse Übersichts- und Nahaufnahmen erstellt, welche die Beschädigungen im Brandobjekt dokumentieren. Die schriftlichen Ausführungen – insbesondere zur grossen Hitze, die mit der Verarbeitung von Bitumen zwingend einhergeht, zur Hitzeabstrahlung auf Materialien, die selbst nie direkt der Flamme eines Brenners ausgesetzt waren, zur Glimmbrandproblematik bei einer hinterlüfteten Fassade – fügen sich zusammen mit dem Spurenbild zu einem in sich schlüssigen und kohärenten Gesamtbild zusammen.
Die Verteidigung rügt eine mangelhafte Brandermittlung und führt gegen die kriminaltechnischen Schlussfolgerungen zur Brandursache und zum Brandherd ins Feld, die Platte auf Foto Nr. 12 (vom Vorderrichter gestützt auf die Angabe des Zeugen C.___ als Weichfaserplatte angeschrieben), welche gemäss dem Zeugen C.___ wie Zunder brenne (AS 225 Z. 510 ff.), sei im vorliegenden Fall intakt geblieben, was nicht sein könne, wenn der Brand durch eine Hitzeeinwirkung von aussen entstanden sein solle. Die Verteidigung bringt vor, die vom Zeugen C.___ ebenfalls erwähnte und auf der Fotoaufnahme ersichtliche Steigzone für Strom käme genauso gut als Brandursache in Frage. Dem kann nicht gefolgt werden. Ob es sich bei der Platte um eine Weichfaserplatte gehandelt hat, konnte der als Zeuge befragte Brandursachenabklärer E.___ vor Obergericht weder bestätigen noch verneinen. Erstellt ist hingegen, dass diese Platte weniger stark vom Feuer angegriffen wurde und nicht der Brandherdzone zuzurechnen ist. Diese Platte taugt nicht als Beweisstück für eine Brandursache im Innern. Im Weiteren ergaben die Abklärungen des kriminaltechnischen Dienstes, dass im Brandzeitpunkt erst die (äusseren) blauen Flex-Rohre verlegt waren, wohingegen die (inneren) Stromkabel noch fehlten. Ein Kurzschluss kann somit ausgeschlossen werden. Ebenso wurde geprüft, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Brand und dem frisch eingebauten Backofen der Photovoltaikanlage gab. Beides konnte verworfen werden. Es ist hinsichtlich der Brandursache, der Lokalisierung des Brandherdes und des Brandverlaufes auf die Schlussfolgerungen des kriminaltechnischen Dienstes (Brandursachenabklärung) abzustellen: Die durch die Bitumenarbeiten erzeugte Hitze war ursächlich dafür, dass sich später hinter der Hauswand bzw. im Innern der Hauswand ein verdeckter Glimmbrand entwickeln konnte (Hitzeabstrahlung auf die dahinter liegenden Materialien), der in der Folge aufgrund einer ausreichenden Sauerstoffzufuhr und des Zeitablaufes in einen offenen Brand (Flammenbrand) überging. Der Zeuge E.___ erörterte, dass alle anderen in Erwägungen gezogenen Brandursachen nicht mit dem Spurenbild in Übereinstimmung hätten gebracht werden können und folglich nach dem Ausschlussverfahren verworfen worden seien. Es war die konzentrierte, gebündelte und starke Hitzeeinwirkung mit der offenen Flamme eines Brenners im Eckbereich der Hausfassade, welche die Brandursache setzte. Dabei begünstigten zwei Faktoren die Entwicklung des Glimmbrandes im Innern erheblich: Zum einen der Metallwinkel im Eckbereich der Hausfassade, der thermisch stark aufbereitet wurde, zum anderen das Loch bzw. der kleine Durchbruch von ca. 0,5 cm in der Hausfassade, der von den beiden Monteuren wahrgenommen worden war und durch welchen die Hitze leicht in die hinterlüftete Fassade eindringen konnte.
4.2 Zuordnung der Bitumenarbeiten
Ins Zentrum rückt die Frage, wer gezielt mit Hitze auf den besagten Eckbereich an der Hausfassade eingewirkt hat, da zum einen der Privatberufungskläger und sein Vater und zum anderen der Beschuldigte mit einem Brenner Bitumenarbeiten mit offener Flamme auf dem Flachdach verrichteten.
4.2.1 Würdigt man die Aussagen des Beschuldigten und H.___, so fällt Folgendes auf: In den beiden tatnächsten Einvernahmen wurden beide Monteure explizit danach gefragt, ob ihnen irgendetwas Komisches bei der Ausführung der Arbeit beim Verlassen der Baustelle aufgefallen sei. Beide verneinten diese Frage ausdrücklich. Eine entscheidende Wendung nahm die Darstellung erst mit der Befragung von C.___, dem Vorgesetzten der beiden Monteure, anlässlich der erstinstanzlichen Verhandlung. Dieser sagte aus, er habe dem Vater des Privatberufungsklägers am Vormittag mitgeteilt, die Aufbordungen dem Haus entlang müssten vor dem Eintreffen seiner beiden Monteure erledigt sein, was dann aber doch nicht der Fall gewesen sei. Die Monteure hätten ihm nämlich mitgeteilt, man habe das Bitumen wegziehen, auf dem Schoss erwärmen und dann in die Ecken drücken können. Mit dem Bunsenbrenner sei der Beschuldigte folglich gar nie in den Ecken der Fassade gewesen. Auch der Beschuldigte selbst griff in seiner Befragung vor erster Instanz nun all diese Elemente (Wegziehen der Bitumenbahnen, Erwärmen des Bitumens auf dem Schoss, keine Hitzeeinwirkung mit dem Brenner im Eckbereich) auf. Diese Sachverhaltsversion erweist sich indessen aus mehreren Gründen als unglaubhaft: Mit Blick auf die Brandproblematik hätte sich der Hinweis auf diese besondere Vorgehensweise geradezu aufgedrängt und es wäre zu Beginn des Strafverfahrens einem Befreiungsschlag gleichgekommen, wenn die beiden Monteure von sich aus ausgeführt hätten, der Eckbereich sei gar nie der offenen Flamme ausgesetzt gewesen. Es entzieht sich einer Erklärung, weshalb beide Monteure dies im Rahmen der tatnächsten Einvernahme gar nicht thematisierten, zumal sie ja explizit nach Besonderheiten bei der Verrichtung ihrer Arbeit gefragt wurden. Auch steht diese (neue) Sachverhaltsversion in einem Spannungsverhältnis zur tatnächsten Angabe von H.___, der auf die Frage, wo er an jenem Tag am Haus der Familie X.___ gearbeitet habe, Folgendes zu Protokoll gab: «Schon an der Fassade zu.» Auch der angebliche Auftrag (Erledigung der Aufbordung), der C.___ dem Vater des Privatberufungsklägers erteilt haben will, wirft Fragen auf, die ohne schlüssige Erklärung blieben: Weshalb sollte DX.___ zuerst die Aufbordung machen, wenn dies – gemäss den Aussagen von C.___ – dem Gegenteil des üblichen und von ihm empfohlenen Vorgehens entsprach? Weshalb sollte C.___ überhaupt die Aufbordung von DX.___ verlangt haben, wenn sich dann die Arbeit der Monteure aufgrund der unterbliebenen Aufbordung gar besser ausführen liess, indem diese die Bitumenbahnen zurückziehen und auf dem Schoss erwärmen konnten, so dass – wiederum gemäss C.___ – gar kein Brandrisiko mehr bestand?
4.2.2 Der Privatberufungskläger und DX.___ stellten dezidiert in Abrede, am Tag des Brandes (22.10.2020) Heissarbeiten mit Bitumen auf dem Flachdach ausgeführt zu haben. Sie hätten am Tag des Brandes ausschliesslich im Keller und nicht auf dem Flachdach Arbeiten ausgeführt. Sowohl den damaligen Arbeitsort (Keller) als auch die dort ausgeführten Tätigkeiten schilderten Vater und Sohn X.___ ausführlich und im Kern
4.2.3 Dafür spricht im Übrigen auch der Umstand, dass der sonderbare und unangenehme Geruch, der sich am Abend des Brandtages vor dem Abendessen im Innern des Einfamilienhauses bemerkbar machte, von den Hausbewohnern dem neuen, erst vor kurzem erworbenen und selber eingebauten Backofen zugerechnet wurde. Die von DX.___ und AX.___ in diesem Zusammenhang wiedergegebenen Dialoge und ihre Gedankengänge (vgl. insbesondere vorstehende Ziff. III.3.5.1 – 3.5.3) wirken erlebnisbasiert. Ein solcher «Nebenschauplatz» wäre in einer erfundenen Geschichte, die zielgerichtet erzählt wird, gerade nicht zu erwarten gewesen. DX.___ und AX.___ stellten folglich glaubhaft überhaupt keinen Konnex zwischen den Geruchs- und Rauchimmissionen und den am selben Tag auf der Baustelle ausgeführten Arbeiten mit dem Bunsenbrenner her. Hätten DX.___ und AX.___ tatsächlich an jenem Tag gemeinsam auf dem Flachdach an der Fassade entlang Heissarbeiten verrichtet, hätten diese die von ihnen wahrgenommene Geruchs- und Rauchbildung sogleich dieser brandgefährlichen Tätigkeit zugeordnet und sofort diesen Bereich angepeilt; der Verdacht wäre weder auf den Backofen noch auf die Heizung (Wärmepumpe) gefallen.
4.2.4 Als ein den Beschuldigten entlastendes und den Privatberufungskläger belastendes Indiz verweist die Vorinstanz bzw. die Verteidigung auf den Umstand, dass der Bunsenbrenner der Familie X.___ am Tag des Brandes nachweislich auf dem Flachdach/Balkon deponiert gewesen sei, was dessen Gebrauch am Tag des Brandes durch die Bauherrschaft nahelege. Die Annahme, dass der letzte Gebrauch dieses Gerätes bereits mehrere Tage bzw. gar Wochen zurückliege, sei abwegig, wenn dieses einfach auf dem Balkon liegen gelassen werde, insbesondere wenn man sich vergegenwärtige, dass das Wetter damals regnerisch gewesen sei.
Dass der Brenner nicht weggeräumt wurde und ungeschützt der Witterung ausgesetzt war, zeugt von einem nachlässigen Umgang mit Material. Der Privatberufungskläger machte keinen Hehl daraus, dass sich die Situation auf der Baustelle damals chaotisch präsentiert habe und überall Werkzeug rumgelegen sei. Eine unsorgfältige bzw. unsachgemässe Aufbewahrung vermag jedoch nicht den Gebrauch des Brenners durch den Privatberufungskläger selbst bzw. dessen Vater am Tag des Brandes belegen.
4.2.5 Im Weiteren bringt die Vorinstanz vor, es mute seltsam an, dass sich der Privatberufungskläger nicht mehr daran erinnern könne, ob er den Brand persönlich bei der Firma I.___ AG gemeldet habe. Auch sei es «nicht gerade naheliegend», dass der Privatberufungskläger derjenigen Firma, die den Brand verursacht haben solle, noch weitere Aufträge erteilt habe, und die neuen Aufträge über das bisherige Auftragsvolumen hinausgegangen seien.
Der Brand war spektakulär und hat einen erheblichen Teil des Eigenheims der Privatberufungsklägers zu Nichte gemacht. Es war sicherlich ein einschneidendes Ereignis im Leben des Privatberufungsklägers und dessen Vater, weil diese selber viel Zeit, Energie und Geld in den Umbau des Hauses gesteckt hatten. Davon zeugen auch die Aussagen von DX.___ vor Obergericht: Er habe damals geweint. Alles was sie erschaffen hätten, sei wieder weg- bzw. heruntergerissen worden. Aus den Akten geht hervor, dass der Privatberufungskläger zwar Eigentümer des Hauses ist, wohingegen die treibende Kraft für die Besprechungen und Verhandlungen im Zusammenhang mit dem Umbau Herr X.___ senior war. Dieser war auch die direkte Ansprechperson für C.___. Vor diesem Hintergrund erstaunt nicht, dass der Privatberufungskläger ein halbes Jahr später ein persönliches Erscheinen im Büro der I.___ AG weder bestätigen noch verneinen konnte.
Die Tatsache, dass der Privatberufungskläger trotz des erlittenen Brandes und des hängigen Strafverfahrens die I.___ AG erneut mit Flachdach- und Spenglerarbeiten beauftragte, mag auf den ersten Blick atypisch erscheinen, da ein solcher Brandvorfall durchaus das Vertrauensverhältnis beeinträchtigen gar zerstören kann. Der Privatberufungskläger wie auch dessen Vater vermochten indes vor Obergericht glaubhaft darzulegen, dass das Vertrauen zur Firma nach wie vor vorhanden und nicht erschüttert war. Sie waren beide nicht nachtragend und empfanden überhaupt keinen Groll gegenüber C.___ und den beiden Monteuren. Dazu trug gemäss den Angaben von DX.___ auch bei, dass sich C.___ in den Tagen unmittelbar nach dem Brand zuvorkommend verhalten und dieser der Familie X.___ auch seine Hilfe angeboten hatte. Die erneute Auftragserteilung zu Gunsten der I.___ AG nährt deshalb in Bezug auf den Brandvorfall keine Verdachtsgründe gegen den Privatberufungskläger.
4.2.6 Zusammengefasst kann ausgeschlossen werden, dass AX.___ und DX.___ Bitumenarbeiten ausführten, welche für den Brand am 22. Oktober 2020 ursächlich waren.
4.3 Beweisergebnis
Es kann zusammengefasst folgender Lebenssachverhalt zum Beweisergebnis erhoben werden: Der Privatberufungskläger führte auf dem Flachdach seines Eigenheims zusammen mit seinem Vater Umbauarbeiten durch. Dafür bezogen sie von der Firma I.___ AG Bitumen und verlegten Bitumenbahnen auf dem Boden. Hierfür wurde das Bitumen mittels eines Bunsenbrenners erhitzt. Diese Arbeiten verrichteten AX.___ und DX.___ am 9. Oktober 2020, abends (vgl. Chatverlauf mit Bilddokumentation: ASB 101 f.). Ob an jenem Abend bereits alle Platten verlegt und verklebt waren, lässt ich nicht mehr zweifelsfrei eruieren und kann offenbleiben. Ausgeschlossen werden kann jedoch, dass am Tag des Brandes vom Privatberufungskläger und/oder DX.___ selbst irgendwelche Heissarbeiten mit Bitumen auf dem Flachdach ausgeführt wurden. Die letzten von AX.___ und DX.___ selbst auf dem Flachdach vorgenommenen Arbeiten waren die Silikonabdichtungen der Oberlichter und fanden wenige Tage vor dem Brand statt. Diese Arbeiten waren jedoch keine Heissarbeiten und hatten keinen Konnex mit dem Brandvorfall (vgl. das Brandspurenbild, die beiden Oberlichter lagen ausserhalb der Brandherdzone). Am Tag des Brandes traf sich der Vater des Privatberufungsklägers mit C.___, dem Geschäftsführer der Firma I.___ AG, gegen 10:00 Uhr auf der Baustelle, um vor Ort das weitere Vorgehen zu besprechen. Es wurde vereinbart, dass am Nachmittag zwei Monteure (H.___ und B.___) die von AX.___ und DX.___ angefangenen Bitumenarbeiten fertigstellten. Dies beinhaltete das Anbringen und Abdichten der beiden Wasserabläufe auf dem Flachdach (vgl. in Bezug auf den Standort dieser beiden Abläufe die Skizze von C.___ [AS 230] sowie die anlässlich der Berufungsverhandlung vom Vertreter des Privatberufungsklägers eingereichten Fotos [ASB 67 – 70]) sowie die Aufbordungen an der Hausfassade entlang. C.___ war sich aufgrund der Besichtigung vor Ort im Klaren, dass es sich um eine hinterlüftete Fassade handelte (vgl. seine Aussage vor Obergericht). Gegen 15:30 Uhr trafen der Beschuldigte und H.___, welche zuvor von C.___ über die zu erledigenden Arbeit informiert und zur Baustelle entsandt worden waren, vor Ort ein. Die beiden Monteure gingen arbeitsteilig vor: H.___ schnitt das Bitumen zu und hängte die Schläuche an. Den Gasbrenner, mit welchem das Bitumen erhitzt wurde, bediente ausschliesslich der Beschuldigte. Dieser gelangte mit der offenen Flamme des Gasbrenners direkt in die Ecke der Hausfassade, so dass dieser Eckbereich über einen längeren Zeitraum einer gebündelte bzw. konzentrierten Hitze ausgesetzt war. Die von C.___ vorgebrachte Behauptung, die im gerichtlichen Verfahren auch vom Beschuldigten übernommen wurde, wonach man gar nie mit der offenen Flamme des Brenners in dem Eckbereich der Hausfassade gewesen sei, ist als Schutzbehauptung zu werten. Die Hitzeeinwirkung im Eckbereich der Hausfassade setzte die Ursache dafür, dass in der hinterlüfteten Fassade ein Glimmbrand entstand, der sich in der Folge aufgrund des Zeitablaufes und der Sauerstoffzufuhr zu einem Flammenbrand entwickeln konnte (es wird diesbezüglich auf die Ausführungen unter vorstehender Ziffer III.4.1 verwiesen).
Nach Abschluss der Heissarbeiten verblieben beide Spengler noch ca. eine halbe Stunde auf der Baustelle zur Nachkontrolle. Es ist diesbezüglich auf die tatnächsten Angaben des Beschuldigten und von H.___ abzustellen. In der Einsprachebegründung und den darauf folgenden Einvernahmen hatten sowohl B.___ als auch H.___ – zu ihrer eigenen Entlastung – die Tendenz, den Abschluss der Schweissarbeiten zeitlich vorzulagern, um auf diese Weise die Dauer der Nachkontrolle auszuweiten. Die generelle Instruktion ihres Vorgesetzten (C.___) lautete, man habe – im Sinne eines Richtwertes – jeweils eine Stunde vor Verlassen der Baustelle die Schweiss-/Heissarbeiten zu beenden. Die Nachkontrolle oblag beiden Monteuren gleichermassen. Der Eckbereich wurden nochmals angeschaut und angefasst, ohne dass Auffälligkeiten festgestellt werden konnten (keine Rauchbildung, kein Rauchgeruch, keine taktil wahrnehmbare Erwärmung im Bereich der Hausfassade), weshalb sich die beiden Monteure entschieden, die Baustelle kurz nach 17:00 Uhr zu verlassen. Die Bewohner der Liegenschaft nahmen erstmals gegen 18:30 Uhr einen unangenehmen Geruch wahr, den sie dem vor einigen Tagen eingebauten neuen Backofengerät zuordneten. Die Rauchbildung im Schlafzimmer der Privatberufungsklägers sowie (weit umfassender) im Elternschlafzimmer wurde nach dem um 19:00 Uhr eingenommenen Abendessen festgestellt und die Brandmeldung ging um 20:22 Uhr bei der Alarmzentrale ein.
IV. Rechtliches
1. Allgemeines
1.1 Gemäss Art. 222 Abs. 1 StGB wird mit Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, wer fahrlässig zum Schaden eines anderen unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht.
Die Tathandlung wird als Verursachen umschrieben. Dabei stellt sich die Frage der Kausalität, d.h. ob die beschuldigte Person den Erfolg konkret verursacht hat. Der Tatbestand kann durch ein Tun Unterlassen erfüllt werden. Nach der Adäquanztheorie ist eine Handlung nur dann als zurechenbare Ursache eines Erfolges anzusehen, wenn diese erfahrungsgemäss «nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge» geeignet ist, den betreffenden Erfolg herbeizuführen zumindest zu begünstigen (BGE 122 IV 23). Wird der Brand durch ein Unterlassen verursacht, ist der adäquate Kausalzusammenhang nur dann gegeben, wenn die erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg höchstwahrscheinlich entfiele (Pra 1990, Nr. 257, 933 f., zitiert nach BSK-StGB, Art. 222 StGB N 5).
Art. 222 Abs. 1 StGB ist als fahrlässiges Erfolgsdelikt konzipiert. Fahrlässig begeht ein Verbrechen Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Art. 12 Abs. 3 StGB).
Um strafrechtlich verantwortlich zu sein, muss der Täter mit seinem Verhalten eine Sorgfaltspflicht verletzt haben. Als Rechtsquelle dieser Sorgfaltspflicht gelten Gesetze, Verordnungen und Reglemente, Betriebsvorschriften, Sportregeln, Spielregeln anerkannte Regeln für die Ausführung gefährlicher Tätigkeiten. Sorgfaltspflichten ergeben sich auch aus der Generalklausel des allgemeinen Gefahrensatzes. Danach muss derjenige, der einen Gefahrenzustand schafft, alles Zumutbare tun, damit die Gefahr zu keiner Verletzung fremder Rechtsgüter führt (Stefan Trechsel: Kurzkommentar zum StGB, Zürich 1997, N 29 zu Art. 18 StGB). Je näher die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung und je höher die zu befürchtende Schädigung ist, desto grösser muss die Sorgfalt sein (SOG 2004 Nr. 16).
1.2 Im Bereich der Brandbekämpfung und des Feuerschutzes sind auf kantonaler Ebene folgende Erlasse und Normen massgeblich:
· Gesetz über die Gebäudeversicherung, Brandverhütung, Feuerwehr und Elementarschadenhilfe (Gebäudeversicherungsgesetz, BGS 618.111)
§ 60 Abs. 1 Allgemeine Pflicht im Umgang mit Feuer und Licht
Abs. 1: Jedermann hat im Umgang mit Feuer und Licht, beim Gebrauche feuer- und explosionsgefährlicher Stoffe und bei der Verwendung von Apparaten, Maschinen, Motoren, elektrischen und anderen Einrichtungen die zur Vermeidung eines Brandausbruches einer Explosion notwendige Vorsicht walten zu lassen.
· Vollzugsverordnung zum Gesetz über die Gebäudeversicherung, Brandverhütung, Feuerwehr und Elementarschadenhilfe (Verordnung zum Gebäudeversicherungsgesetz, BGS 618.112)
§ 46 Brandverhütungsgebote (G § 60)
Abs. 1: Jedermann hat im Umgang mit Wärme, Licht und anderen Energiearten, ganz besonders mit Feuer und offenen Flammen, mit feuergefährlichen Stoffen und Waren sowie bei der Verwendung von Maschinen, Apparaten und dergleichen die zur Vermeidung eines Brandes einer Explosion notwendige Vorsicht walten zu lassen.
Abs. 2: Personen, denen die Aufsicht über andere zusteht, haben darüber zu wachen, dass diese instruiert sind und die erforderlichen Vorsichtsmassnahmen anwenden.
Abs. 3: Insbesondere sind folgende Vorsichtsmassnahmen einzuhalten: (…) lit. d: Feuerarbeiten wie Schweissen, Löten das Verflüssigen von Bitumen
§ 48 Art und Umfang der Brandschutzmassnahmen (G § 61)
Abs. 1: Für die Art und den Umfang von Brandschutzmassnahmen sind insbesondere massgebend: (…)
Beide Erlasse (Gesetz und Verordnung) erfuhren Teilrevisionen, welche am 1. Januar 2021 in Kraft traten. Die hier zitierten Bestimmungen blieben von diesen Revisionen unberührt, d.h. der Wortlaut der Bestimmungen lautete bereits im Tatzeitpunkt (22.10.2020) gleich wie im Beurteilungszeitpunkt.
1.3 Brandschutz-Merkblätter
Im Bereich der Sicherheitsvorkehrungen hat der Verband Schweizer Gebäudehüllen-Unternehmen für Arbeiten mit offener Flamme bei Abdichtungen von Hochbauten ein Merkblatt erarbeitet (AS 32 ff., nachfolgend zitiert «Merkblatt 1»).
Ebenso hat die Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (VKF) zur Brandverhütung auf Baustellen ein Brandschutzmerkblatt verfasst, welches unter nachfolgendem Link abrufbar ist https://services.vkg.ch/rest/public/georg/bs/publikation/documents/BSPUB-1394520214-3785.pdf/content (letztmals besucht am 22.8.2023, nachfolgend zitiert «Merkblatt 2»).
Auf die Einzelheiten dieser Merkblätter 1 und 2 wird im Rahmen der konkreten Prüfung (nachfolgende Ziff. IV.2.2.4) eingegangen.
2. Konkrete Prüfung
2.1 Die «Feuersbrunst» und die «Schädigung eines anderen» als objektive Tatbestandselemente sind unstrittig. Weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich.
2.2 Sorgfaltspflichtverletzung und adäquater Kausalzusammenhang
Näher zu prüfen ist die Frage, ob sich der Beschuldigte sorgfaltswidrig verhalten hat und dadurch adäquat-kausal eine Feuersbrunst verursacht hat.
2.2.1 Der Strafbefehl vom 25. Februar 2021 umschreibt als Hauptvorhalt ein aktives Tun: Dem Beschuldigten wird ein unsachgemässer Umgang mit einem Gasbrenner vorgeworfen, konkret das Erwärmen des Bitumens mit einem Gasbrenner in den Ecken: Der Beschuldigte habe Bitumenbahnen mit offener Flamme in den Ecken geschweisst. Bei fachgerechter Ausführung wäre – so der Vorhalt – der Glimmbrand nicht aufgetreten und er habe mit diesem unsachgemässen Verhalten die Ursache für den Brand gesetzt.
Dieser Vorhalt verfängt bei näherer Betrachtung nicht: Bei Abdichtungsarbeiten mit Bitumen wird zwangsläufig eine hohe Hitze erzeugt. Die hohen Temperaturen sind diesem Arbeitsschritt immanent. Es kann diesbezüglich auf die Angaben im Nachtragsrapport (AS 29) verwiesen werden: Für das Schweissen von Bitumen seien Temperaturen von 200 Grad Celsius erforderlich, Bitumenklebemassen würden auf ca. 180 Grad Celsius erhitzt. Wird das Bitumen nicht stark erhitzt, klebt es nicht. Letzteres geht auch aus der obergerichtlichen Einvernahme des Brandursachenabklärers E.___ hervor: Bitumenschweissarbeiten bergen immer eine Brandgefahr. Es liess sich nicht vermeiden, dass im Rahmen der erforderlichen Aufbordungen (der Hausfassade entlang) auch der Eckbereich stark erhitzt wurde. Eine Sorgfaltspflichtverletzung ist in diesem Zusammenhang zu verneinen.
2.2.2 Im Weiteren wird dem Beschuldigten gemäss Strafbefehl vorgeworfen, er habe «keine adäquaten bzw. weitergehende Brandverhütungsmassnahmen» getroffen, wobei explizit «das Wässern der Schweissstellen» genannt wird.
Es wurde vom Beschuldigten im Strafverfahren nicht behauptet, dass er die Schweissstellen gewässert habe. Strafrechtlich kann der Beschuldigte jedoch hierfür nur im Sinne von Art. 222 StGB strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn zwischen dieser Unterlassung und dem eingetretenen Erfolg (Feuersbrunst) ein adäquat-kausaler Zusammenhang besteht. Der adäquate Kausalzusammenhang ist nur dann gegeben, wenn die erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass auch der Erfolg höchstwahrscheinlich entfiele.
Ob das Unterlassen des Wärmens sorgfaltspflichtwidrig war, kann offen bleiben: Im vorliegenden Fall konnte im Eckbereich der Fassade ein kleiner Durchbruch/Spalt von etwa 0,5 cm festgestellt werden (vgl. Detailfotoaufnahme: AS 57), durch welchen die Hitze des Bitumenbrenners in die Hauswand leicht eindringen konnte. Dadurch wurde die Entstehung des Glimmbrandes erheblich begünstigt. Es ist aufgrund dieser Gegebenheit zu bezweifeln, dass sich der Glimmbrand mit dem Wässern überhaupt hätte wirkungsvoll eindämmen lassen. Auch der befragte (sachverständige) Zeuge E.___ stellte dies grundsätzlich in Frage, indem er ausführte, es hätte (wenn überhaupt) nur ein zielgerichtetes Wässern durch diesen Spalt hindurch den Glimmbrand beenden können. Er gehe aber davon aus, dass es auch mit dem Wässern weiterhin in der hinterlüfteten Fassade geglimmt hätte. Damit fehlt es an einem objektiven Tatbestandserfordernis. Die adäquate Kausalität zwischen der vorgehaltenen Unterlassung (ausgebliebenes Wässern) und dem Erfolgseintritt (Feuersbrunst) ist zu verneinen.
2.2.3 Zu prüfen bleibt, wie es sich mit der Brandwache verhält. In formeller Hinsicht fällt auf, dass der Strafbefehl, der vorliegend als Anklage gilt (Art. 356 Abs. 1 StGB), den Aspekt der Brandwache bloss ansatzweise und nur stichwortartig aufgreift. Der Hauptvorwurf, der dem Beschuldigten gemacht wird, liegt in einem Tun (Erwärmen des Bitumens mit einem Gasbrenner in den Ecken der Hausfassade). Hinsichtlich der Unterlassungen bleibt der Strafbefehl fragmentarisch, obwohl sich der Deliktsaufbau eines fahrlässigen Unterlassungsdelikts massgeblich von einem fahrlässigen Tätigkeitsdelikt unterscheidet und es demnach unabdingbar ist, dass sich die Anklageschrift zu den einzelnen Tatbestandselementen eines Unterlassungsdelikts äussert. Hinsichtlich der Brandwache beschränkt sich der Strafbefehl auf folgende Wendung: «Durch korrektes Verhalten (Implementierung adäquater Brandschutzmassnahmen [Brandwache]) wäre der Brand unterblieben». Offen lässt der Strafbefehl indes, was konkret damit gemeint war. Ein Verzicht auf eine Brandwache entspricht nicht dem Beweisergebnis, blieb doch der Beschuldigte eine halbe Stunde nach Abschluss der Schweissarbeiten mit seinem Arbeitskollegen vor Ort und kontrollierte, ob er Veränderungen (Rauchbildung, Rauchgeruch, taktil wahrnehmbare Erwärmung der Hausfassade) wahrnehmen konnte. Sollte die Auffassung vertreten werden, dass die Brandwache vom Beschuldigten in zeitlicher Hinsicht zu kurz ausgefallen bzw. zu früh beendet worden ist, so fand dies keinen Eingang in den zur Anklage gebrachten Lebenssachverhalt. Diesem ist weder zu entnehmen, wie lange der Beschuldigte tatsächlich vor Ort blieb, noch wird erörtert, wie lange die Brandwache hätte dauern müssen, damit der Beschuldigte seiner Sorgfaltspflicht im konkreten Fall gerecht geworden wäre. Auch die Gründe, welche eine längere Brandwache implizierten, führt die Anklageschrift nicht auf. Darin liegt eine unzureichende Konkretisierung des Tatvorwurfes. Der Beschuldigte konnte aus dem Strafbefehl nicht ersehen, welche Sorgfaltspflichten er im Zusammenhang mit der Brandwache verletzte. Er war nicht in der Lage, seine Verteidigung entsprechend danach auszurichten, mithin sich dagegen effektiv zur Wehr zu setzen. Damit ist der Anklagegrundsatz verletzt und auf der Grundlage dieses Strafbefehls kann kein Schuldspruch ergehen.
2.2.4 Es sind aber nicht nur formell rechtliche Überlegungen im Zusammenhang mit dem Anklagegrundsatz, sondern – mit Blick auf die Zuständigkeitsbereiche und Verantwortungssphären innerhalb der I.___ AG – auch materiell rechtliche Gründe, die einem Schuldspruch entgegenstehen.
C.___ oblag es in seiner Funktion als Geschäftsführer der I.___ AG, den Einsatz der beiden Monteure zu planen. Zu diesem Zweck besichtigte er die Baustelle, vergewisserte sich vor Ort über die baulichen Gegebenheiten und Besonderheiten, definierte im Gespräch mit DX.___, der die Bauherrschaft vertrat, was Gegenstand des Auftrages bildete, und erstellte die Bauskizze. Er stand als Vorgesetzter in der Verantwortung, seine Angestellten umfassend zu instruieren und diesen für die Ausführung der Arbeiten sowie deren Nachkontrolle (d.h. die Brandwache) die erforderlichen zeitlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Beiden Aufgaben wurde er nicht gerecht, wie sich auf den nachfolgenden Erwägungen erschliesst:
Aus den vorgenannten Brandschutzmerkblättern 1 und 2 erschliesst sich, dass in der Planungsphase zur Verhütung von Bränden das Brandrisiko (BrR) eingeschätzt werden muss. Dabei wird folgende schematische Unterteilung vorgenommen: «Brandrisiko nicht vorhanden», «Brandrisiko vorhanden» und Risikostufen («gering, mittel, hoch», vgl. hierzu die tabellarische Auflistung auf S. 6 (AS 37) von Merkblatt 1. Aus der Einschätzung des konkreten Brandrisikos leiten sich die zu ergreifenden Schutzmassnahmen ab. Bei einem mittleren bis hohen Brandrisiko wird Folgendes postuliert «Nach Beendigung der Arbeiten mit offener Flamme ist die Arbeitsstelle und Umgebung auf Erwärmung, Brandgeruch sowie auf Schwel- und Glimmstellen mittels Wärmebildkamera zu untersuchen. Ohne Wärmebildkamera sind die Kontrollmassnahmen mittels Brandwache bei einem mittleren Brandrisiko während 2 Stunden und bei einem hohen Brandrisiko während 4 Stunden weiterzuführen» (Merkblatt 2, S. 16; inhaltlich deckungsgleich hinsichtlich der zeitlichen Vorgaben: Merkblatt 1, S. 14/AS 45). In der tabellarischen Aufstellung auf S. 6/AS 37 von Merkblatt 1 wird das Brandrisiko für «Wandanschluss hinterlüftete Fassade ohne brennbare Teile» als hoch eingeschätzt. Es folgt im Weiteren der Hinweis auf S. 7/AS 38, wonach besondere Vorsicht geboten sei, wenn die einzelnen Schichten einer Konstruktion nicht mehr einsehbar seien (S. 7/AS 38). Merkblatt 2 ergänzt in planerischer Hinsicht Folgendes (S. 16) «Steht keine Wärmebildkamera zur Nachkontrolle zur Verfügung, sind die auszuführenden Arbeiten so auf den Tag zu legen bzw. zu organisieren, dass die Brandwache sichergestellt ist.»
Obwohl C.___ aufgrund der von ihm persönlich vorgenommenen Besichtigung der Baustelle von der Problematik der hinterlüfteten Fassade und dem damit einhergehenden Brandrisiko Kenntnis hatte (bezeichnend hierzu seine Aussage vor Obergericht: Das sei ein Element, das man nicht kontrollieren könne, das man nicht im Griff habe), sah er als Vorgesetzter davon ab, den Monteuren spezifische Anweisungen in zeitlicher Hinsicht zu erteilen. Die generelle firmeninterne Vorgabe, wonach die Monteure ihre Schweissarbeiten eine Stunde vor Verlassen der Baustelle zu beenden hätten, erwies sich – wie sich den branchenspezifischen Merkblättern entnehmen lässt – für den vorliegenden Fall als klar ungenügend. Ohne die auszuführenden Monteure mit Wärmebildkameras auszustatten, hätte C.___ den Beschuldigten und seinen Arbeitskollegen instruieren müssen, während vier Stunden vor Ort zu bleiben und die Arbeitsstelle und Umgebung auf Erwärmung, Brandgeruch sowie auf Schwel- und Glimmstellen zu kontrollieren. Wäre vorliegend eine Brandwache von vier Stunden umgesetzt worden, hätte die Entstehung eines Glimmbrandes (Rauchgeruch, Rauchbildung) rechtzeitig erkannt werden können. Bereits um ca. 18:30 Uhr wurden von den Bewohnern des Hauses Geruchsimmissionen festgestellt, die – bei einer Präsenz der Monteure vor Ort – als Warnsignal interpretiert worden wären und weitere Abklärungen ausgelöst und erforderliche Gegenmassnahmen erlaubt hätten. Die Bewohner selbst wurden der Gefahr gewahr, als sie im Zimmer des Privatberufungsklägers auf Rauch und um ca. 20:00 Uhr in der Folge im Elternschlafzimmer auf bereits sehr dichten Rauch stiessen. In zeitlicher Hinsicht ist deshalb davon auszugehen, dass die Weiterführung der Brandwache den Ausbruch der Feuersbrunst verhindert hätte. Im Unterschied zum vorgenannten Wässern ist die adäquate Kausalität zwischen der Unterlassung und dem Erfolgseintritt zu bejahen.
Ebenso lag es in der Verantwortung des Vorgesetzten, die Arbeiten der Monteure so auf den Tag zu legen bzw. zu organisieren, dass die Brandwache sichergestellt werden konnte. Auch dieser Pflicht kam C.___ nicht nach, zumal der Beschuldigte zusammen mit seinem Arbeitskollegen die Arbeit auf dem Flachdach der Liegenschaft des Privatberufungsklägers bekanntlich erst im zweiten Teil des Nachmittages aufnahm, während er zuvor an einem anderen Ort für die Firma I.___ AG eingeteilt war. Die (angezeigte) Nachkontrolle hätte sich bis in die Nachtstunden erstreckt. Vom Beschuldigten, der zu seinem Vorgesetzten in einem Subordinationsverhältnis steht, durfte und konnte nicht erwartet werden, dass er sich einer Arbeitsausführung dieser brandgefährlichen Tätigkeit am späteren Nachmittag des 22. Oktober 2020 widersetzte die Brandwache in Eigenregie auf vier Stunden ausweitete.
Die Verantwortung für die im Strafbefehl bloss schlagwortartig genannte und unzureichend konkretisierte «Implementierung adäquater Brandschutzmassnahmen [Brandwache]» ist deshalb beim Vorgesetzten C.___ zu verorten. Er ist dieser Verantwortung nicht gerecht geworden, sondern hat als Vorgesetzter seine Sorgfaltspflichten auf der Ebene der Instruktion und Planung verletzt.
Der Beschuldigte ist freizusprechen.
V. Zivilforderung
Bei diesem Verfahrensausgang ist die Schadenersatzforderung des Privatberufungsklägers gegen den Beschuldigten abzuweisen.
VI. Kosten- und Entschädigungsfolgen
1. Kostenfolgen
1.1 Die Verlegung der erstinstanzlichen Kosten zu Lasten des Staates ist zu bestätigen (Art. 428 Abs. 3 i.V.m. Art. 423 StPO).
1.2 Die Kosten des Berufungsverfahrens, welche mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00 total CHF 5'225.00 ausmachen, gehen zu Lasten des Privatberufungsklägers, da dieser im Berufungsverfahren vollumfänglich unterliegt (Art. 428 Abs. 1 StPO).
2. Entschädigungsfolgen
2.1 Der Antrag des Privatberufungsklägers, vertreten durch Rechtsanwalt Simon Bloch, Olten, auf Zusprechung einer Parteientschädigung für das erstinstanzliche und obergerichtliche Verfahren ist bei diesem Verfahrensausgang abzuweisen.
2.2 Das Bundesgericht hat sich in BGE 147 IV 47 eingehend mit der Frage befasst, ob der Staat die Privatklägerschaft gegenüber der im Schuldpunkt obsiegenden beschuldigten Person entschädigungspflichtig wird. Es hielt darin fest (E. 4.2.5 und 4.2.6 S. 53 f.), die Regel, wonach die Verantwortung des Staates für die Strafverfolgung dazu führe, dass der Staat auch deren Kosten trage, werde gegenstandslos, sobald das Verfahren nur noch auf Betreiben der Privatklägerschaft fortgesetzt werde. Der Staat habe den Strafverfolgungsanspruch mit einem freisprechenden Urteil abschliessend eingelöst, während die Einstellungsverfügung die Strafverfolgung vorzeitig beende. Der Strafverfolgungsanspruch gehe beim Offizialdelikt indessen weiter als beim Antragsdelikt. Bei von Amtes wegen zu verfolgenden Delikten trage die gegen die Einstellungsverfügung Beschwerde führende Privatklägerschaft ein latent weiterbestehendes öffentliches Strafverfolgungsinteresse mit. Beim Antragsdelikt hingegen erschöpfe sich dieses Interesse mit der Einstellung Nichtanhandnahme. Sofern es sich um Antragsdelikte handle, gehe die Entschädigung der beschuldigten Person im Rechtsmittelverfahren regelmässig zulasten der (den Rechtsweg allein beschreitenden) Privatklägerschaft, dies unabhängig davon, ob das Vor- resp. Hauptverfahren vollständig durchgeführt worden sei nicht. Die betreffende Differenzierung komme nur bei Offizialdelikten zum Tragen. Die Entschädigung der beschuldigten Person für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte gehe bei einer Einstellung des Strafverfahrens bei einem (erstinstanzlichen) Freispruch zulasten des Staates, wenn es sich um ein Offizialdelikt handle (Art. 429 Abs. 1 StPO). Im Berufungsverfahren betreffend Offizialdelikte werde die unterliegende Privatklägerschaft entschädigungspflichtig, im Beschwerdeverfahren hingegen der Staat. Gehe es um ein Antragsdelikt, werde sowohl im Berufungs- als auch im Beschwerdeverfahren die Privatklägerschaft entschädigungspflichtig (Art. 436 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 432 Abs. 2 StPO).
2.3 In Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheides ist die Parteientschädigung für den Beschuldigten, vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Burri, für das erstinstanzliche Verfahren auf CHF 5'363.10 (inkl. Auslagen und MWST) festzusetzen. Diese Entschädigung ist vom Staat Solothurn, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, zu bezahlen (Art. 429 Abs. 1 StPO sowie vorstehende Ziff. VI.2.2).
2.4 Die vom Rechtsvertreter des Beschuldigten ins Recht gelegte Honorarnote für das Berufungsverfahren (inkl. An- und Rückfahrt sowie Nachbearbeitung, jedoch exkl. Dauer der Berufungsverhandlung) setzt sich aus einem Aufwand von 14,99 Stunden zu je CHF 250.00, Auslagen von CHF 97.40 sowie 7,7 % MWST zusammen (ASB 66). Für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung sind 5 Stunden und 10 Minuten hinzu zu zählen. Die beiden Positionen vom 2. Februar 2022 («Studium, Verfügung, E-Mail an Klient», «E-Mail an Klient, Fragen beantworten») sowie die Position vom 24. Februar 2022 («Studium Urteil, BF an Klient»), insgesamt 0,58 Stunden, sind in Abzug zu bringen, da dieser Aufwand bereits im vorinstanzlichen Verfahren mit der Nachbearbeitungspauschale von 0,50 Stunden abgegolten worden war (vgl. AS 209). Unter Berücksichtigung dieser Anpassungen resultiert ein Total von 20,32666 Stunden und die Entschädigung ist insgesamt auf CHF 5‘577.85 festzusetzen (Aufwand: CHF 5‘081.65; Auslagen: CHF 97.40; 7,7 % MWST: CHF 398.80).
Diese Entschädigung im Berufungsverfahren geht zulasten des unterliegenden Privatberufungsklägers (vgl. hierzu Ziff. VI.2.2).
Demnach wird in Anwendung von Art. 379 ff., Art. 398 ff., Art. 423, Art. 428 Abs. 1 und 3 sowie Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO festgestellt und erkannt:
1. B.___ wird vom Vorhalt der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst, angeblich begangen am 22. Oktober 2020, freigesprochen.
2. Gemäss rechtskräftiger Ziffer 2 des Urteils des Amtsgerichtspräsidenten von Thal-Gäu vom 17. Januar 2022 (nachfolgend erstinstanzliches Urteil) ist das Strafverfahren gegen H.___ sel. wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst, angeblich begangen am 22. Oktober 2020, eingestellt worden.
3. Die Schadenersatzforderung des Privatberufungsklägers AX.___ gegenüber B.___ wird abgewiesen.
4. B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Burri, wird für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 5'363.10 (inkl. Auslagen und MWST) zugesprochen, zahlbar durch den Staat Solothurn, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse.
5. B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Tobias Burri, Olten, wird für das obergerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von CHF 5'577.85 (inkl. Auslagen und MWST) zugesprochen, zahlbar durch den Privatberufungskläger AX.___.
6. Der Antrag des Privatberufungsklägers AX.___, vertreten durch Rechtsanwalt Simon Bloch, auf Zusprechung einer Parteientschädigung für das erstinstanzliche und obergerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
7. Gemäss rechtskräftiger Ziffer 5 des erstinstanzlichen Urteils ist H.___ sel., vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Eberle, eine Parteientschädigung von CHF 1'441.45 (inkl. Auslagen und MwSt.) zugesprochen worden, zahlbar durch den Staat Solothurn, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn.
8. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 1'200.00, total CHF 2'500.00, gehen zu Lasten des Staates Solothurn.
9. Die Kosten des obergerichtlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 5'000.00, total CHF 5'225.00, gehen zu Lasten des Privatberufungsklägers AX.___. Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Vizepräsident Die Gerichtsschreiberin Marti Lupi De Bruycker |
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