Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2021.68 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 24.05.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Das Obergericht hat am 24. Mai 2023 das Urteil gefällt in einem Fall von eventualvorsätzlicher schwerer Körperverletzung, mehrfacher Gefährdung des Lebens, Widerhandlung gegen das Waffengesetz und Landesverweis. Die Geschäftsnummer lautet STBER.2021.68 und die Instanz war die Strafkammer. Der Richter war Präsident von Felten. Die Gerichtskosten betragen CHF 14'300. Die Gewinnerperson ist männlich. Die Verliererperson ist eine Firma. |
Schlagwörter: | Beschuldigte; Beschuldigten; Schuss; Person; Lokal; Recht; Personen; Aussage; Toilette; Privatkläger; Urteil; Korridor; Waffe; Lebens; Vorhalt; Staat; Schussabgabe; Aussagen; Apos; Körper; Rechtsanwalt; Pistole; Berufung; Körperverletzung; äter |
Rechtsnorm: | Art. 122 StGB ; Art. 123 StGB ; Art. 125 StGB ; Art. 126 StGB ; Art. 129 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 177 StGB ; Art. 180 StGB ; Art. 186 StGB ; Art. 19a BetmG; Art. 20 StGB ; Art. 307 StGB ; Art. 320 StGB ; Art. 329 StPO ; Art. 41 StGB ; Art. 426 StPO ; Art. 66a StGB ; Art. 73 StPO ; Art. 8 EMRK ; |
Referenz BGE: | 132 IV 29; |
Kommentar: | Trechsel, Praxis zum StGB, Art. 12 StGB OR, 2021 |
Geschäftsnummer: | STBER.2021.68 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 24.05.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2023.47 |
Titel: | eventualvorsätzliche schwere Körperverletzung, mehrf. Gefährdung des Lebens, Widerhandlung gegen das Waffengesetz, Landesverweis |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 24. Mai 2023 Es wirken mit: Oberrichter Marti Oberrichter Werner Gerichtsschreiber Wiedmer In Sachen 1. Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn Anschlussberufungsklägerin
2. B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gehrig, Privatanschlussberufungskläger
A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Alexander Kunz, Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend eventualvorsätzliche schwere Körperverletzung, mehrfache Gefährdung des Lebens, Widerhandlung gegen das Waffengesetz, Landesverweis
Es erscheinen zum ersten Teil der Hauptverhandlung vor Obergericht vom 23. Juni 2022: 1. [Der Staatsanwalt], für die Staatsanwaltschaft als Anschlussberufungsklägerin, in Begleitung [eines] Stagiers; 2. A.___, Beschuldigter und Berufungskläger; 3. Rechtsanwalt Alexander Kunz, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten; 4. B.___, Privatkläger; 5. Rechtsanwalt Daniel Gehrig, unentgeltlicher Rechtsbeistand des Privatklägers; 6. C.___ als Zeugin; 7. [eine Dolmetscherin].
Zudem erscheinen:
- Familienangehörige des Beschuldigten als Zuhörer; - eine Vertreterin der Presse.
Der Vorsitzende eröffnet um 08:30 Uhr die Verhandlung, stellt die Anwesenden fest und gibt die Besetzung des Berufungsgerichts bekannt (Präsident von Felten, Oberrichter Marti, a.o. Ersatzrichter Kiefer, Gerichtsschreiber Wiedmer). In der Folge weist er die Dolmetscherin auf die Pflicht zur wahrheitsgemässen Übersetzung, auf die Straffolgen bei falscher Übersetzung gemäss Art. 307 StGB und auf die Straffolgen bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht gemäss Art. 73 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 320 StGB hin. Der Beschuldigte macht gegen die Dolmetscherin keine Ablehnungsgründe geltend.
In der Folge weist der Vorsitzende auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts von Solothurn-Lebern vom 27. April 2021 hin und fasst dieses zusammen. Er nennt die von den Parteien angefochtenen Urteilspunkte. In der Folge erwähnt er die bereits in Rechtskraft erwachsenen erstinstanzlichen Dispositivziffern 1 (teilweise, soweit den Schuldspruch wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz betreffend), 8 und 9 (teilweise, soweit die Höhe der Entschädigung betreffend).
Der Vorsitzende skizziert den vorgesehenen weiteren Verhandlungsablauf wie folgt:
1. Vorfragen, Vorbemerkungen und Anträge der Parteien; 2. Befragung der Zeugin C.___; 3. Befragung des Beschuldigten; 4. weitere Beweisanträge und Abschluss des Beweisverfahrens; 5. Parteivorträge; 6. letztes Wort des Beschuldigten; 7. geheime Urteilsberatung; 8. Urteilseröffnung, vorgesehen gleichentags um 17:00 Uhr. Rechtsanwalt Kunz und Rechtsanwalt Gehrig legen ihre Honorarnoten dem Staatsanwalt und dem Gericht vor.
Vorbemerkungen der Parteien
Rechtsanwalt Daniel Gehrig stellt den folgenden Beweisantrag:
1. Es sei B.___ als Auskunftsperson einzuvernehmen.
Er führt aus, dass die Befragung des Privatklägers eigentlich nicht vorgesehen sei, da er bereits vor der Vorinstanz einlässlich befragt worden sei. Trotzdem sei es sinnvoll, den Privatkläger zu den aktuellen gesundheitlichen und sonstigen Auswirkungen, die der Vorfall verursacht habe, so u.a. zur Therapie, Schmerzmittel, etc. zu befragen. Insbesondere, weil seit dem erstinstanzlichen Urteil bereits einige Monate vergangen seien und Antworten für die Beurteilung der Privatanschlussberufung hinsichtlich Genugtuung wichtig seien.
Rechtsanwalt Kunz hält fest, dass Herr A.___ die Zeugin C.___ von ihrer Schweigepflicht entbunden habe. Weiter werde Herr A.___ an der heutigen Verhandlung Deutsch sprechen und nur bei Verständnisproblemen auf die Dolmetscherin zurückgreifen. Weiter seien einige Familienmitglieder noch nicht anwesend. Es sei sinnvoll, wenn diese bereits bei der Zeugeneinvernahme von Frau C.___ im Gerichtssaal anwesend seien. Der Vorsitzende macht darauf aufmerksam, dass die Familienmitglieder bereits auf der Tribüne des Obergerichtssaals sässen. [Der Staatsanwalt] und Rechtsanwalt Kunz erheben keine Einwände gegen die Befragung des Privatklägers.
Das Obergericht heisst den Beweisantrag gut. Der Privatkläger werde im Anschluss an die Befragung des Beschuldigten einvernommen.
Beweisabnahme
C.___ wird, nachdem sie vom Vorsitzenden auf ihre Rechte und Pflichten hingewiesen worden ist, als Zeugin einvernommen (Aktenseiten Berufungsverfahren [ASB] 145 ff.).
Der Beschuldigte wird, nachdem er vom Vorsitzenden auf sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen sowie die Aussage und die Mitwirkung verweigern zu dürfen, hingewiesen worden ist, zur Sache und Person befragt (ASB 154 ff.).
B.___ wird, nachdem er vom Vorsitzenden auf seine Rechte und Pflichten hingewiesen worden ist, als Auskunftsperson einvernommen (ASB 170 ff.).
Der Vorsitzende gibt den Parteien Gelegenheit, weitere Beweisanträge zu stellen.
Keine weiteren Beweisanträge seitens der Staatsanwaltschaft und des Privatklägers.
Rechtsanwalt Kunz stellt die folgenden Beweisanträge: 1. Es sei eine psychiatrische Begutachtung des Beschuldigten anzuordnen. 2. Als Zeuginnen seien einzuvernehmen: - D.___, Ehefrau, und - E.___, Tochter. Zur Begründung führt er aus, dass die Anträge bereits einmal schriftlich abgewiesen worden seien. Er stelle die Anträge dem Gesamtgericht erneut, weil eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Der Beschuldigte sei in [Ort 2] in der Psychiatrie gewesen, dazu gebe es einen Bericht. In [Ort 2] sei bereits die Diagnose gestellt worden, wonach der Beschuldigte an einer Alkohol- und Kokainabhängigkeit leide. Auch die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sei damals schon diagnostiziert worden. Dann sei er in die [Suchtklinik] eingetreten, weil er nicht mehr habe schlafen können. Das sei am Drogenkonsum und am nächtlichen Ausgehverhalten gelegen. Nun sei erstellt, dass offenbar tiefergreifende Probleme vorlägen. Aufgrund der Aussagen von Frau C.___ liege bei ihm eine chronifizierte PTBS vor. Dies sei eine schwere psychische Störung. Sie sei vor Jahrzehnten entstanden und sei auch im Tatzeitpunkt vorhanden gewesen. Die PTBS habe die Psychologin als behandelbar taxiert. Alle Voraussetzungen für eine Massnahme seien demnach gegeben. Es müsse deshalb ein forensisches psychiatrisches Gutachten gemacht werden. Leider sei Herr Dr. Z.___ von der [Suchtklinik] heute nicht an die Hauptverhandlung gekommen, obwohl er dies zugesichert habe. Er bedauere das sehr. Dennoch sei heute eine junge Psychologin vor dem Gericht erschienen. Die von ihr vorgetragene Diagnose werde nicht nur von ihr gestellt, sondern auch von Dr. Z.___. Deshalb sei eine psychiatrische Begutachtung zwingend notwendig. Es könne kein Urteil gefällt werden, wenn kein Gutachten vorliege.
Die beiden anderen Beweisanträge, D.___ und E.___ seien als Zeuginnen einzuvernehmen, wolle er nicht weiter erörtern. Das habe er bereits, als er die Anträge im Vorgang der Verhandlung gestellt habe. Das Familien- und Eheleben habe gelitten unter dem Verhalten von Herrn A.___. Er sei nicht in der Lage gewesen, seinem Leben eine andere Richtung zu geben. Dazu seien D.___ und E.___ zu befragen.
[Der Staatsanwalt] beantragt die Abweisung der Beweisanträge. Zur Begründung macht er geltend, dass die Begutachtung nach Art. 20 StGB den Zweck habe, die Verminderung der Schuldfähigkeit im Tatzeitpunkt, und nicht die verminderte Schuldfähigkeit basierend auf seinem aktuellen Zustand, zu prüfen. Das Bundesgericht habe in BGE 132 IV 29 ff. festgehalten, dass die Diagnose der PTBS nicht geeignet sei, die Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit zu begründen. Er habe zwar unbestrittenermassen im Tatzeitpunkt Alkohol und Drogen konsumiert. Dieser Konsum habe sich aber ebenso nicht auf seine Schuldfähigkeit ausgeübt. Denn es lägen Aussagen von Personen vor, die ihn in der Tatnacht gesehen hätten und gemäss diesen sei er zu keinem Zeitpunkt angetrunken zugekokst gewesen. Sein Konsum sei erst in den letzten beiden Jahren sehr schlimm geworden. Das Problem der Begutachtung der [Suchtklinik] sei, dass die Anamnese ausschliesslich auf den Aussagen des Beschuldigten beruhe. Er habe bei der Psychologin beispielsweise ausgesagt, dass die Demonstrationen 1994 anlässlich eines Fussballspiels zwischen Mazedonien und Albanien stattgefunden hätten. Diese Aussage müsse verifiziert werden. Das gleiche gelte bezüglich der Geschichte im Jahre 1999. Man müsse diesbezüglich beispielsweise abklären, wer auf ihn in diesem Jahr geschossen habe. Stand jetzt wisse man das nicht. Man wisse auch nicht, wie der Bericht der [Suchtklinik] genau zustande gekommen sei. Es falle aber auf, dass dieser eine reine Aktenanamnese bzw. Selbstanamnese darstelle. Herr Kunz habe gesagt, dass die Diagnosen des Konsums von Alkohol und Kokain bzw. der PTBS schon lange ein Thema gewesen sei. Er komme aber erst ein paar Tage vor der heutigen, entscheidenden HV auf die Idee, den Beweisantrag zu stellen, es sei ein psychiatrisches Gutachten einzuholen. Er habe 5 ½ Jahre Zeit gehabt. Das sei eine reine Verzögerungstaktik. Er (der Staatsanwalt) sei skeptisch, ob nach dieser langen Zeit überhaupt noch seriös abgeklärt werden könne, wie die Verfassung des Beschuldigten vor 5 ½ Jahren effektiv gewesen sei. Der Antrag, es sei eine psychiatrische Begutachtung des Beschuldigten anzuordnen, sei nach dem Gesagten abzuweisen. Die beiden anderen Beweisanträge, D.___ und E.___ seien als Zeuginnen einzuvernehmen, seien ebenfalls abzuweisen, da diese nicht nötig seien.
Rechtsanwalt Gehrig beantragt die Abweisung der Beweisanträge. Er führt dazu aus, dass die Verteidigung nun offenbar auf die letzte verbliebene Karte spiele: Die psychische Beeinträchtigung. Der Antrag sei verfahrenstaktisch motiviert. Die Aussagen von Frau C.___, die wir heute gehört hätten, seien nicht überzeugend. Der Beschuldigte sei in der Tatnacht in einen Club im Keller des [Fabrikareals] gegangen und er sei früher in einem Schiesskeller gewesen, dennoch sei von ihr ausgesagt worden, er habe Angst vor Kellern. Ihre Aussagen seien mit grosser Vorsicht zu geniessen. Zudem sei die gestellte Diagnose, wonach er an einer PTBS leide, per se nicht geeignet, an der Schuldfähigkeit des Beschuldigten zu zweifeln. Die beiden anderen Beweisanträge, D.___ und E.___ seien als Zeuginnen einzuvernehmen, seien ebenfalls abzuweisen, denn Leumundszeugnisse seien im vorliegenden Fall nicht sachdienlich. Er wisse nicht, was die beiden Frauen noch für sachdienliche Aussagen machen könnten.
Das Obergericht zieht sich zur Beratung der Beweisanträge zurück. Die Verhandlung wird für 40 Minuten unterbrochen. Beschluss Obergericht
1. Der Beweisantrag auf Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung wird gutgeheissen. 2. Die übrigen Beweisanträge werden abgewiesen.
Zur Begründung des Beschlusses führt der Vorsitzende aus, dass die beiden Beweisanträge, D.___ und E.___ seien als Zeuginnen einzuvernehmen, abgewiesen würden, da aus den Befragungen kein Erkenntnisgewinn zu erwarten sei. Deshalb seien weitere Befragungen nicht angezeigt.
Insbesondere werde der Beweisantrag obsolet, da der Antrag, es sei eine psychiatrische Begutachtung anzuordnen, gutgeheissen werde. Dies jedoch nicht, weil beim Beschuldigten Einschränkungen durch Drogen und Alkohol vorgelegen hätten. Hier sei das Gericht der Meinung, dass dieser Umstand keine Begutachtung notwendig machen würde. Es bestünden zwar grosse Zweifel hinsichtlich der Aussagen des Beschuldigten, aber basierend auf den aktenkundigen Aussagen der Zeugen sei das Gericht nach wie vor der Meinung, dass von keiner drogen- alkoholbedingten Einschränkung der Schuldunfähigkeit auszugehen sei.
Hinsichtlich der PTBS liege die Sachlage aber anders. In dem vom Staatsanwalt zitierten BGE 132 IV 29 ff. führe das Bundesgericht aus, dass eine PTBS praktisch nie geeignet sei, die Einsichtsfähigkeit eines Beschuldigten einzuschränken, aber in seltenen Fällen die Steuerungsfähigkeit tangiert werden könne. Das Krankheitsbild des Beschuldigten, das Frau C.___ geschildert habe, sei vielschichtig. Die PTBS habe mehrere Merkmale, zwei davon seien das Vermeidungsverhalten und die Affektregulation. Das Vermeidungsverhalten des Beschuldigten sei vorliegend eher nicht auf den tatrelevanten Zeitpunkt bezogen, die Affektregulation hingegen schon. Es sei denkbar, dass der Beschuldigte, als er im Keller des [Fabrikareals] gewesen sei, aus Angst in den Boden geschossen habe. Damit lägen Bezugspunkte zu einer allenfalls möglichen Überreaktion vor, gepaart mit dissozialen Gedanken. Es gebe in diesem Punkt gewisse Zweifel an der Schuldfähigkeit des Beschuldigten. Da das Gericht keine psychiatrische Ausbildung habe, müsse ein forensisch-psychiatrisches Gutachten angeordnet werden, um diese Zweifel zu beseitigen. Es könne auch nicht nur auf die Aussagen von Frau C.___ abgestellt werden, um ein Gutachten zu umgehen, denn diese sei keine forensische Psychiaterin. Sie habe aber dennoch klar zum Ausdruck gebracht, dass eine Begutachtung vorliegend angezeigt sei. Es wäre aufgrund der sich präsentierenden Ausgangslage problematisch, wenn das Gericht zum Schluss käme, es brauche kein Gutachten, weil keinerlei Zweifel an der Schuldfähigkeit bestünden. Da das Gutachten in kurzer Zeit vorliegen und damit das Verfahren nicht wesentlich verzögert werde, werde der Beweisantrag gutgeheissen.
Die Verhandlung wird um 11:15 Uhr abgebrochen.
Es erscheinen zum zweiten Teil der Hauptverhandlung vor Obergericht vom 24. Mai 2023: 1. [Der Staatsanwalt], für die Staatsanwaltschaft als Anschlussberufungsklägerin; 2. A.___, Beschuldigter und Berufungskläger; 3. Rechtsanwalt Alexander Kunz, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten; 4. B.___, Privatkläger; 5. Rechtsanwalt Daniel Gehrig, unentgeltlicher Rechtsbeistand des Privatklägers; 6. [eine Dolmetscherin].
Zudem erscheinen:
- Familienangehörige des Beschuldigten als Zuhörer.
Der Vorsitzende eröffnet um 08:30 Uhr die Verhandlung, stellt die Anwesenden fest und gibt die Besetzung des Berufungsgerichts bekannt (Präsident von Felten, Oberrichter Marti, Oberrichter Werner, Gerichtsschreiber Wiedmer). A.o. Ersatzrichter Kiefer sei infolge Pensionierung durch Oberrichter Werner ersetzt worden. In der Folge weist er die Dolmetscherin auf die Pflicht zur wahrheitsgemässen Übersetzung, auf die Straffolgen bei falscher Übersetzung gemäss Art. 307 StGB und auf die Straffolgen bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht gemäss Art. 73 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 320 StGB hin.
Er führt aus, dass in der Zwischenzeit das Gutachten eingeholt worden sei.
Vorfragen der Parteien
Rechtsanwalt Gehring reicht eine Betätigung des Hausarztes des Privatklägers ein, die bestätige, dass dieser in ärztlicher Behandlung sei. Der Bericht wird zu den Akten genommen (ASB 450).
Die übrigen Parteien haben keine Vorfragen.
Beweisabnahme
Der Beschuldigte wird, nachdem er vom Vorsitzenden auf sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen sowie die Aussage und die Mitwirkung verweigern zu dürfen, hingewiesen worden ist, zur Person befragt (ASB 411 ff.).
B.___ wird, nachdem er vom Vorsitzenden auf seine Rechte und Pflichten hingewiesen worden ist, als Auskunftsperson einvernommen (ASB 415 ff.). Der Vorsitzende gibt den Parteien Gelegenheit, weitere Beweisanträge zu stellen.
Die Parteien stellen keine weiteren Beweisanträge, so dass das Beweisverfahren vom Vorsitzenden geschlossen wird.
Parteivorträge [Der Staatsanwalt] stellt und begründet (ASB 419 ff.) für die Anschlussberufungsklägerin folgende Anträge: 1. Der Beschuldigte A.___ sei schuldig zu sprechen wegen eventualvorsätzlicher schwerer Körperverletzung zum Nachteil von B.___, wegen mehrfacher Gefährdung des Lebens zum Nachteil von B.___, H.___, I.___ und weiteren namentlich nicht bekannten Personen, alles begangen am 16. Oktober 2016. 2. Er sei im Sinne einer Zusatzstrafe zum Urteil der Amtsgerichtspräsidentin von Solothurn-Lebern vom 3. November 2021 zu verurteilen zu einer Freiheitsstrafe von 45 Monaten unter Anrechnung der Untersuchungshaft vom 16. bis 29. Oktober 2016 auf die Strafverbüssung. 3. Gegen A.___ sei für 8 Jahre die Landesverweisung anzuordnen. 4. Die Landesverweisung sei im Schengener Informationssystem SIS auszuschreiben. 5. Die Kostennote des amtlichen Verteidigers sei nach richterlichem Ermessen festzusetzen und durch die Gerichtskasse zu vergüten. 6. Die Verfahrenskosten seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.
Rechtsanwalt Gehrig stellt und begründet (ASB 433 ff.) im Namen und Auftrag des Privatklägers folgende Anträge:
I. Die Berufung sei abzuweisen und der Beschuldigte und Berufungskläger A.___ sei schuldig zu sprechen wegen: 1. Eventualvorsätzlicher schwerer Körperverletzung (Art. 122 Abs. 3 StGB), begangen am 16.10.2016, ca. 04:50 Uhr in [Ort 1], [Adresse], Korridor Untergeschoss, zum Nachteil des Straf- und Zivilklägers und Anschlussberufungsklägers B.___; 2. Gefährdung des Lebens (Art. 129 StGB), begangen am 16.10.2016, ca. 04:50 Uhr in [Ort 1], [Adresse], Korridor Untergeschoss, zum Nachteil des Straf- und Zivilklägers und Anschlussberufungsklägers B.___.
II. Der Beschuldigte und Berufungskläger A.___ sei zu verurteilen, 1. zu einer angemessenen harten Strafe; 2. zur Übernahme der gesamten erst- und zweitinstanzlichen Verfahrenskosten; 3. zur Bezahlung der Interventionskosten des Straf- und Zivilklägers und Anschlussberufungsklägers B.___ im erstinstanzlichen Verfahren, unter Vorbehalt der Bestimmungen über die unentgeltliche Rechtspflege im Falle der Nichterhältlichkeit; 4. zur Bezahlung der Interventionskosten des Straf- und Zivilklägers und Anschlussberufungsklägers B.___ im vorliegenden Berufungsverfahren gemäss eingereichter Kostennote von Rechtsanwalt und Notar Daniel Gehrig, unter Vorbehalt der Bestimmungen über die unentgeltliche Rechtspflege im Falle der Nichterhältlichkeit.
III. 1. Der Beschuldigte und Berufungskläger A.___ sei in Gutheissung der Anschlussberufung zu verurteilen, dem Straf- und Zivilkläger und Anschlussberufungskläger B.___ eine angemessene Genugtuung in gerichtlich zu bestimmender Höhe, mindestens jedoch CHF 10'000.00, zuzüglich Zins zu 5% seit 16.10.2016, zu bezahlen. 2. Der Beschuldigte und Berufungskläger A.___ sei für sämtlichen Schaden (insbesondere Erwerbsausfall, Haushaltsschaden, ungedeckte Gesundheitskosten, Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens, Wegkosten, etc.), welcher dem Straf- und Zivilkläger und Anschlussberufungskläger B.___ im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 16.10.2016 erwachsen ist in Zukunft noch erwachsen wird, in Anwendung von Art. 126 Abs. 3 StPO dem Grundsatz nach haftpflichtig zu erklären bei einer Haftungsquote von 100%. Die Zivilklage sei zwecks Festsetzung der konkreten Höhe der Forderung auf den Zivilweg zu verweisen. 3. Auf die Ausscheidung von anteilsmässigen Verfahrens- und Parteikosten im Zusammenhang mit den Zivilforderungen sei zu verzichten.
IV. Im Weiteren sei zu verfügen: Das amtliche Honorar des unentgeltlichen Rechtsbeistands des Straf- und Zivilklägers und Anschlussberufungsklägers B.___, Rechtsanwalt und Notar Daniel Gehrig, sei im vorliegenden Berufungsverfahren gemäss eingereichter Kostennote festzusetzen.
Rechtsanwalt Kunz stellt und begründet (ASB 452 ff.) im Namen und Auftrag des Beschuldigten folgende Anträge:
Unter vollständiger Ersetzung der Ziff. 1, 2, 4-7 des Erkenntnisses im Dispositiv des Urteils des Amtsgerichts Solothurn-Lebern vom 27. April 2021 (SLSAG.2020.25) und der zugehörigen Erwägungen sei 1. A.___ freizusprechen vom Vorwurf der mehrfachen Gefährdung des Lebens. 2. A.___ wegen folgender Delikte zu verurteilen: - Fahrlässiger Körperverletzung i.S. von Art. 125 Abs. 1 StGB, eventualiter Abs. 2 (schwere Schädigung) - Widerhandlung gegen das Waffengesetz 3. Es sei festzustellen, dass das Beschleunigungsgebot verletzt worden ist. 4. A.___ sei zu verurteilen, zu einer Freiheitsstrafe von maximal 9 Monaten, dies als Zusatzstrafe zum Urteil der Amtsgerichtspräsidentin S-L vom 3. November 2021. 5. Der Vollzug der Freiheitsstrafe sei aufzuschieben und die Probezeit auf 4 Jahre festzulegen. 6. Es sei Herrn A.___ die Weisung zu erteilen, sich weiterhin in psychiatrische Behandlung zu begeben. 7. Die von A.___ erstandene Untersuchungshaft sei im Erstehungsfalle an die Strafe anzurechnen. 8. Es sei von einer Landesverweisung abzusehen. 9. A.___ sei zu verpflichten, dem Privatkläger B.___ einen nach Ermessen des Gerichts festzusetzenden Betrag zzgl. Zins seit dem 16. Oktober 2016 als Genugtuung zu bezahlen. 10. Die weiteren Zivilforderungen seien auf den Zivilweg zu verweisen. 11. Es sei die Entschädigung des amtlichen Verteidigers in Höhe der eingereichten Kostennote zzgl. der Zeit für ihre Teilnahme an der Hauptverhandlung und Urteilseröffnung festzulegen und die Gerichtskasse zur Auszahlung des Honorars anzuweisen, und es sei der Nachforderungsanspruch des amtlichen Verteidigers festzusetzen. 12. Die Kosten des gesamten Strafverfahrens seien verhältnismässig entsprechend dem Umfang der Verurteilungen A.___ aufzuerlegen und im Umfang der Freisprüche auf die Gerichtskasse zu nehmen.
Hierauf hält Rechtsanwalt Gehrig eine kurze Replik.
Letztes Wort des Beschuldigten
Der Beschuldigte macht von seinem Recht auf das letzte Wort Gebrauch und sagt, dass es ihm leid tue.
Damit endet der öffentliche Teil der Hauptverhandlung um 11:00 Uhr und das Gericht zieht sich zur geheimen Urteilsberatung zurück.
Die Parteien verzichten auf die mündliche Urteilseröffnung. Der Gerichtsschreiber wird den Parteien das Urteil gleichentags telefonisch mitteilen.
Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte
1. Am Sonntag, 16. Oktober 2016, 05:09 Uhr, meldeten die Solothurner Spitäler AG bei der Alarmzentrale der Polizei Kanton Solothurn eine Schussverletzung bei einem Patienten, B.___ (nachfolgend Privatkläger). Gleichentags um ca. 18:00 Uhr erschien A.___ (nachfolgend Beschuldigter) beim Polizeiposten [Ort 1] und gab an, er sei im Verlauf des frühen Morgens im [Fabrikareal] von drei Personen zusammengeschlagen worden. Aus Angst habe er dann mit einer Schusswaffe geschossen. Er habe jedoch die falsche Person erwischt, diese Person habe eigentlich nichts gemacht. Er sei dann in Richtung Süden aus dem Gebäude geflüchtet, dies mitsamt der Schusswaffe. Etwas entfernt sei er zusammengebrochen und habe ca. 30 Minuten das Bewusstsein verloren. Als er wieder zu sich gekommen sei, habe er die Schusswaffe nicht mehr gehabt. Der Beschuldigte wurde sogleich vorläufig festgenommen (Akten Seite [AS] 4 ff. und 318 f.).
2. Am 17. Oktober 2016 eröffnete die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen qualifizierter einfacher Körperverletzung, Art. 123 Ziff. 2 Abs. 2 StGB, evtl. fahrlässig begangen sowie Vergehen gegen das Waffengesetz gemäss Art. 33 Abs. 1 WG (AS 291). Am 18. Oktober 2016 wurde die Untersuchung ausgedehnt auf den Vorhalt der Gefährdung des Lebens gemäss Art. 129 StGB, begangen am 16. Oktober 2016, in [Ort 1], […], [Club], [Fabrikareal] (AS 292).
3. Am 20. Oktober 2016 ordnete das Haftgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Untersuchungshaft über den Beschuldigten bis zum 30. Oktober 2016 an (AS 331 ff.).
4. Mit Verfügung vom 21. Oktober 2016 genehmigte das Haftgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft die rückwirkende Überwachung der Mobilrufnummer 07[…], registriert auf den Beschuldigten, für die Zeit vom 16. Oktober 2016 bis zum 19. Oktober 2016 (AS 363 ff.).
5. Am 29. Oktober 2016 entliess die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten aus der Untersuchungshaft (AS 346).
6. Am 17. April 2018 eröffnete die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen Tätlichkeiten, Art. 126 Abs. 1 StGB, z.N. von I.___, H.___ und J.___. Gleichzeitig wurde eine Strafuntersuchung gegen I.___, J.___ und H.___ wegen Tätlichkeiten z.N. des Beschuldigten eröffnet, alles begangen jeweils am 16. Oktober 2016 in der Zeit von 02:00 Uhr bis ca. 03:00 Uhr im [Fabrikareal] [Ort 1] (AS 293 f.).
7. Am 14. Juni 2018 stellte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen den Beschuldigten sowie gegen I.___, J.___ und H.___ wegen Tätlichkeiten entschädigungslos und unter Kostenauferlegung auf den Staat ein (AS 306 ff.).
8. Am 3. September 2018 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Beschuldigten beim Richteramt Solothurn-Lebern wegen eventualvorsätzlicher schwerer Körperverletzung, Art. 122 Abs. 3 StGB und mehrfacher Gefährdung des Lebens, Art. 129 StGB sowie Widerhandlung gegen das Waffengesetz, Art. 33 Abs. 1 lit. a WG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 lit. f WV und Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, Art. 19a BetmG (1. Verfahren vor Vorinstanz [nachfolgend AVI-I], S. 1 ff.).
9. Am 8. Juni 2020 lud die Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern zum Augenschein im [Fabrikareal] auf den 6. Oktober 2020 und zur anschliessenden Hauptverhandlung auf den 12. und 13. Oktober 2020 vor (AVI-I 25 f.).
10. Am 31. August 2020 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage beim Amtsgericht Solothurn-Lebern gegen den Beschuldigten wegen mehrfacher einfacher Körperverletzung, Art. 123 StGB, begangen am 17. November 2018 in [Ort 3] z.N. von K.___ sowie am 21. Juni 2019 in [Ort 4] z.N. von L.___, wegen Beschimpfung, Art. 177 StGB, begangen am 21. Juni 2019 in [Ort 4] z.N. von M.___, wegen mehrfachen Hausfriedensbruchs, Art. 186 StGB, begangen am 21. Juni 2019 in [Ort 4] z.N. von M.___ sowie am 1. Mai 2020 in [Ort 4] z.N. von N.___, wegen Drohung, Art. 180 StGB, begangen am 21. Juni 2019, in [Ort 4] z.N. von M.___ sowie wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeuges trotz Entzug des Führerausweises, Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG, mehrfachen Fahrens in fahrunfähigem Zustand, Art. 92 Abs. 2 lit. b SVG, mehrfacher Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz, Art. 19a Ziff. 1 BetmG, mehrfacher Weigerung der Namensangabe und Irreführung von Behörden und Beamten, § 32 EG StGB, begangen am 25. Februar 2019 in [Ort 5], am 11. Februar 2020 in [Ort 4], am 17. Februar 2020 in [Ort 6] sowie am 18. Februar 2020 in [Ort 7], (Verfahren STA.2019.2466 = SLSAG.2020.19, AVI-I 101 ff.). Mit Verfügung vom 9. September 2020 (AVI-I 34) verfügte die Amtsgerichtsstatthalterin die Vereinigung des neuen Verfahrens mit dem bereits hängigen Verfahren (STA.2016.3772 = SLSAG.2018.16). Mit Verfügung vom 23. September 2020 verfügte die Amtsgerichtsstatthalterin die Trennung der beiden Verfahren (AVI-I 46).
11. Am 27. Oktober 2020 – nach durchgeführtem Augenschein vom 6. Oktober 2020 und Hauptverhandlung vom 12. Oktober 2020 (AVI-I 197 ff.) – wies das Amtsgericht Solothurn-Lebern die Anklage gestützt auf Art. 329 Abs. 2 StPO an die Staatsanwaltschaft zurück (AVI-I 57 ff.).
12. Nach Eingang der geänderten Anklageschrift vom 20. November 2020 (AVI-II 1 ff.) lud die Amtsgerichtsstatthalterin am 21. Dezember 2020 zur erneuten Hauptverhandlung auf den 26. und 27. April 2021 vor (AVI-II 18 f.).
13. Am 27. April 2021 fällte das Amtsgericht Solothurn-Lebern folgendes Urteil (AVI-II 107 ff):
1. A.___ hat sich schuldig gemacht: - der eventualvorsätzlichen schweren Körperverletzung, - der mehrfachen Gefährdung des Lebens, - der Widerhandlung gegen das Waffengesetz, alles begangen am 16. Oktober 2016.
2. A.___ wird verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von 45 Monaten.
3. A.___ sind 13 Tage Untersuchungshaft an die Freiheitsstrafe angerechnet.
4. A.___ wird für die Dauer von 5 Jahren des Landes verwiesen.
5. Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben.
6. A.___ wird gegenüber dem Privatkläger B.___ für das Ereignis vom 16. Oktober 2016 (eventualvorsätzliche schwere Körperverletzung) dem Grundsatz nach zu 100% haftpflichtig erklärt. Zur Ausmittlung der Schadenshöhe wird der Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gehrig, auf den Zivilweg verwiesen.
7. A.___ wird verurteilt, dem Privatkläger B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gehrig, CHF 6'000.00 als Genugtuung zu bezahlen, zuzüglich 5% Zins ab dem 16. Oktober 2016.
8. Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes des Privatklägers B.___, Rechtsanwalt Daniel Gehrig, wird auf CHF 9'017.30 (Honorar CHF 7'980.00, Auslagen CHF 392.60, 7.7% Mehrwertsteuer CHF 644.70) festgesetzt und ist zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschuldigten vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Umfang von CHF 2'192.80 (Differenz zum vollen Honorar à CHF 230.00 pro Stunde), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
9. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Alexander Kunz, wird auf CHF 9'729.75 (Honorar CHF 8'850.60, Auslagen CHF 183.50, 7.7 % Mehrwertsteuer CHF 695.65) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 5'295.60 (Differenz zum vollen Honorar à CHF 280.00 pro Stunde), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
10. A.___ hat die Kosten des Verfahrens mit einer Staatsgebühr von CHF 8'000.00, total CHF 14'300.00, zu bezahlen.
14. Am 3. Mai 2021 meldete der Beschuldigte die Berufung an (AVI-II 186).
15. Nach Zustellung des schriftlich begründeten Urteils am 21. Juli 2021 (AVI-II 190) erklärte der Beschuldigte am 10. August 2021 die Berufung (ASB 5 ff.). Die Berufungserklärung des Beschuldigten richtet sich gegen die Schuldsprüche hinsichtlich der Vorhalte der eventualvorsätzlichen schweren Körperverletzung und der mehrfachen Gefährdung des Lebens (Ziff. 1 Urteil Vorinstanz, 1. und 2. Lemma). Der Beschuldigte beantragt diesbezüglich Freisprüche, eventualiter auch vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung. Nicht angefochten wird der Schuldspruch hinsichtlich des Vorwurfs der Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Ziff. 1, 3. Lemma). Weiter richtet sich die Berufungserklärung des Beschuldigten gegen die Strafzumessung (Ziff. 2), die Landesverweisung inkl. Ausschreibung im SIS (Ziff. 4 und 5) sowie die Zivilforderungen (Ziff. 6 und 7). Schliesslich beantragte der Beschuldigte mit seiner Berufungserklärung u.a. auch die Anordnung eines psychiatrischen Gutachtens über den Beschuldigten.
16. Mit Anschlussberufung vom 20. August 2021 (ASB 18) beantragte die Staatsanwaltschaft die Anordnung einer länger dauernden Landesverweisung (Ziff. 4 des vorinstanzlichen Urteils).
17. Mit Anschlussberufung vom 6. September 2021 (ASB 21 f.) beantragte der Privatkläger eine höhere Genugtuung (Ziff. 7 des vorinstanzlichen Urteils).
18. In Rechtskraft erwachsen sind somit die folgenden Ziffern des vorinstanzlichen Urteils:
- Ziff. 1, 3. Lemma: Schuldspruch wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz; - Ziff. 8 und 9: Höhe der Entschädigungen des unentgeltlichen Rechtsbeistandes von B.___, Rechtsanwalt Gehrig sowie des amtlichen Verteidigers Rechtsanwalt Kunz.
19. Mit Verfügung vom 20. September 2021 wies der Instruktionsrichter den Antrag auf Begutachtung des Beschuldigten ab und stellte in Aussicht, beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern, Forensische Toxikologie und Chemie, Prof. Dr. X.___ einen ergänzenden Bericht/Gutachten zum Forensisch-toxikologischen Abschlussbericht vom 31. Oktober 2016 einzuholen (ASB 25 ff.).
20. Am 9. November 2021 ging das Forensisch-toxikologische Aktengutachten von Prof. Dr. X.___ und Dr. Y.___ beim Berufungsgericht ein (ASB 35 ff.).
21. Am 13. Januar 2022 beantragte der Beschuldigte erneut ein Sachverständigengutachten zur Prüfung der Schuldfähigkeit bzw. Verminderung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten sowie allfälliger Massnahmen (ASB 47 f.).
22. Am 2. März 2022 wurden die Parteien zur Berufungsverhandlung auf den 23. Juni 2022 vorgeladen (ASB 52 f.).
23. Mit Verfügung vom 15. März 2022 wies der Instruktionsrichter den Antrag des Beschuldigten vom 13. Januar 2022 auf Anordnung eines forensisch-psychiatrischen Gutachtens ab (ASB 62 f.).
24. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 23. Juni 2022 stellte der Beschuldigte erneut den Antrag auf Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung, was vom Berufungsgericht gutgeheissen wurde. In der Folge wurde die Hauptverhandlung zwecks Erstellung des Gutachtens abgebrochen.
25. Mit Verfügung vom 24. Juni 2022 wurde den Parteien der für das Gutachten vorgesehene Fragekatalog zugestellt und Dr. med. W.___ als sachverständige Person vorgeschlagen (ASB 183 ff.).
26. Nachdem gegen die Einsetzung des Sachverständigen keine Einwände vorgebracht worden waren, wurde Dr. med. W.___ der Auftrag zur Erstellung der Expertise mit Verfügung vom 13. Juli 2022 erteilt (ASB 194 ff.).
27. Am 28. November 2022 ging das psychiatrische Gutachten von Dr. med. W.___ beim Berufungsgericht ein (ASB 278 ff.).
28. Am 1. Februar 2023 wurden die Parteien zum zweiten Teil der Berufungsverhandlung auf den 24. Mai 2023 vorgeladen (ASB 374 f.).
II. Beweiswürdigung und rechtserheblicher Sachverhalt hinsichtlich der Vorhalte der eventualvorsätzlichen schweren Körperverletzung, ev. fahrlässige Körperverletzung mit schwerer Schädigung, und der mehrfachen Gefährdung des Lebens
1. Die Vorhalte
1.1 Der konkrete Vorhalt der eventualvorsätzlichen schweren Körperverletzung, Art. 122 Abs. 3 StGB, lautet wie folgt (Vorhalt 1):
«begangen am 16. Oktober 2016, ca. 04:50 Uhr, in [Ort 1], [Adresse], Korridor Untergeschoss "[Fabrikareal]", zum Nachteil von B.___, indem der Beschuldigte im engen Korridor mit einer Pistole Kaliber .40 aus einer Distanz zwischen ca. drei und acht Metern kurz nacheinander zweimal in Richtung der im Korridor vor dem Lokal (vor dessen Eingangstüre der Quergang zu den WC-Anlagen beginnt) stehenden evtl. auf ihn zugehenden Personen resp. des aus dem zu den WC-Anlagen führenden Quergang um die Ecke biegenden H.___ schoss. Dabei hielt er den Lauf tief, wodurch das Projektil des einen Schusses ca. 30 cm über Boden direkt in eine Trockenbauwand einschlug, wo es ganz sichergestellt werden konnte. Das andere Projektil prallte auf den Betonfussboden vor ihm auf und zerlegte sich in mehrere Einzelteile, welche unkontrolliert weiterflogen. Der Bleikern traf zufällig den für den Beschuldigten gar noch nicht sichtbaren, nach H.___ vom WC herkommenden B.___ im linken Knie. Dieser Treffer verursachte beim Verletzten eine Gelenkseröffnung sowie eine suprakondyläre laterale Knochenläsion, was eine Operation und verschiedene Behandlungen sowie eine Arbeitsunfähigkeit zu 100% bis mindestens am 15. August 2017 nach sich zog, was einer schweren Schädigung der körperlichen Gesundheit von B.___ gleichkommt. Durch die zweifache Schussabgabe unter den gegebenen räumlich engen Verhältnissen und der mehreren Personen vor ihm nahm der Beschuldigte, der um die mit dem Gebrauch von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren weiss, in Kauf, eine der Personen schwer zu verletzen».
Eventualiter wird dem Beschuldigten fahrlässige Körperverletzung mit schwerer Schädigung, Art. 125 Abs. 2 StGB, vorgehalten,
«begangen am 16. Oktober 2016, ca. 04:50 Uhr, in [Ort 1], [Adresse], Korridor Untergeschoss "[Fabrikareal]", zum Nachteil von B.___, indem der Beschuldigte im engen Korridor mit einer Pistole Kaliber .40 aus einer Distanz zwischen ca. drei und acht Metern kurz nacheinander zweimal in Richtung der im Korridor vor dem Lokal (vor dessen Eingangstüre der Quergang zu den WC-Anlagen beginnt) stehenden evtl. auf ihn zugehenden Personen resp. des aus dem zu den WC-Anlagen führenden Quergang um die Ecke biegenden H.___ schoss. Dabei hielt er den Lauf tief, wodurch das Projektil des einen Schusses ca. 30 cm über Boden direkt in eine Trockenbauwand einschlug, wo es ganz sichergestellt werden konnte. Das andere Projektil prallte auf den Betonfussboden vor ihm auf und zerlegte sich in mehrere Einzelteile, welche unkontrolliert weiterflogen. Der Bleikern traf zufällig den für den Beschuldigten gar noch nicht sichtbaren, nach H.___ vom WC herkommenden B.___ im linken Knie. Dieser Treffer verursachte beim Verletzten eine Gelenkseröffnung sowie eine suprakondyläre laterale Knochenläsion, was eine Operation und verschiedene Behandlungen sowie eine Arbeitsunfähigkeit zu 100% bis mindestens am 15. August 2017 nach sich zog, was einer schweren Schädigung der körperlichen Gesundheit von B.___ gleichkommt. Der Beschuldigte wusste zum Zeitpunkt der Tat um die mit dem Gebrauch von Faustfeuerwaffen in grosser Nähe von Menschen verbundenen Gefahren, konnte und musste aufgrund der geschilderten Umstände (wie mehrere Personen in engen räumlichen Verhältnissen, schlechte Beleuchtung, vorgängige tätliche Auseinandersetzung und damit einhergehende emotionale Erregung bei ihm, Unkenntnis der Tatwaffe und deren für ihn unerlaubten Tragens) die Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers erkennen und überschritt zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos (das eine Schussabgabe überhaupt nicht gerechtfertigt hätte). Damit war seine Handlungsweise sorgfaltswidrig. Wenn er nicht geschossen hätte, wäre der Taterfolg ohne Weiteres vermeidbar gewesen, denn sein Verhalten war die einzige Ursache des Erfolgs.»
1.2 Schliesslich wird dem Beschuldigten mehrfache Gefährdung des Lebens, Art. 129 StGB, vorgeworfen (Vorhalt 2),
«begangen am 16. Oktober 2016, ca. 04:50 Uhr, in [Ort 1], [Adresse], Korridor Untergeschoss "[Fabrikareal]", zum Nachteil von B.___, H.___, I.___ und weiteren namentlich unbekannten Personen, indem der Beschuldigte im engen Korridor mit einer Pistole Kaliber .40 aus einer Distanz zwischen ca. drei und acht Metern kurz nacheinander zweimal in Richtung der im Korridor vor dem Lokal (vor dessen Eingangstüre der Quergang zu den WC-Anlagen beginnt) stehenden evtl. auf ihn zugehenden Personen resp. des aus dem zu den WC-Anlagen führenden Quergang um die Ecke biegenden H.___ schoss. Dabei hielt er den Lauf tief, wodurch das Projektil des einen Schusses ca. 30 cm über Boden direkt in eine Trockenbauwand einschlug, wo es ganz sichergestellt werden konnte. Das andere Projektil prallte auf den Betonfussboden vor ihm auf und zerlegte sich in mehrere Einzelteile, welche unkontrolliert weiterflogen. Der Bleikern traf zufällig den vom WC herkommenden B.___ im linken Knie. Durch die beiden Schussabgaben gefährdete der Beschuldigte die Leben der erwähnten Personen unmittelbar und konkret, da sich aus seinem Verhalten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge direkt die Wahrscheinlichkeit nahe Möglichkeit der Todesfolge ergab, hatte er doch keinen Einfluss auf die Flugbahnen der Querschläger. Er wusste um die mit dem Gebrauch von Faustfeuerwaffen verbundenen Gefahren und handelte trotz der erkannten Lebensgefahr, vertraute aber darauf, die Gefahr werde sich nicht realisieren. Sein Vorgehen war skrupellos, weil er mit seinem Vorgehen eine besondere Hemmungs- Rücksichtslosigkeit offenbarte.»
2. Vorbemerkung zur Beweiswürdigung
Seitens des Beschuldigten wird dem Grundsatz nach nicht bestritten, am 16. Oktober 2016 im Keller des [Fabrikareals] zwei Schüsse mit einer Pistole Kaliber .40 abgegeben zu haben. Was jedoch die genaueren Tatumstände anbelangt, insbesondere welche Personen sich in Schussrichtung auf dem Gang aufgehalten haben, weichen die Aussagen des Beschuldigten von den Aussagen des Privatklägers sowie der weiteren befragten Personen ab. Unbestritten ist weiter, dass sich vor der Schussabgabe eine Auseinandersetzung ereignet hatte, in deren Verlauf der Beschuldigte verletzt worden war. Auch diesbezüglich gehen jedoch die Aussagen der Beteiligten hinsichtlich der Frage, wer die Auseinandersetzung begonnen und wer sich aktiv daran beteiligt hat, auseinander. Unter diesen Umständen stellt sich im Nachfolgenden die Frage der Beweiswürdigung. Hierzu kann vorweg auf die allgemeinen Ausführungen der Vorinstanz zur Beweiswürdigung unter II./B, S. 8 ff. des begründeten Urteils verwiesen werden.
3. Objektive Beweismittel
3.1 Zur allgemeinen Orientierung über die Räumlichkeiten im Untergeschoss des [Fabrikareals] mit den diversen Lokalen kann vorweg auf den sich in den Akten befindenden Plan mit Mieterspiegel verwiesen werden (AS 63 ff.).
Weiter befinden sich in den Akten diverse fotografische Aufnahmen der Polizei über die Verletzungen des Privatklägers, die von ihm getragenen Kleider, die beiden abgefeuerten Projektile sowie die vor Ort gefundenen weiteren Spuren (AS 66 ff.).
Schliesslich existiert eine Videoaufzeichnung, welche sowohl den Beschuldigten wie auch den Privatkläger vor resp. nach der Tat zeigen (AS 108 ff.). Von der eigentlichen Schussabgabe liegt jedoch keine Aufzeichnung vor.
Die Tatwaffe konnte nicht aufgefunden werden.
3.2 Spurenbericht der Polizei Kanton Solothurn vom 9. November 2016
Aufgrund der Spurensicherung beim Geschädigten sowie am Tatort kamen die Kriminaltechniker der Polizei Kanton Solothurn in ihrem Spurenbericht vom 9. November 2016 (AS 47) zum Schluss, dass durch den Schützen, A.___, zwei Schüsse im Korridor des [Fabrikareals] abgegeben worden seien. Das eine Projektil sei auf einer Höhe von ca. 28 cm über dem Boden in die Trockenbauwand nach dem Abzweiger zu den Toiletten eingedrungen. Das andere Projektil habe den Boden getroffen und sich dabei zerschlagen. Teile des Geschossmantels und des Bleikerns seien danach unkontrolliert weitergeflogen, wobei der Bleikern den Geschädigten, B.___, im Bereich des linken Knies in den Oberschenkel getroffen habe.
3.3 Arztberichte
Der Kurzbericht des [Spitals] vom 19. Oktober 2016 (AS 123 f.) diagnostizierte beim Geschädigten eine „Schussverletzung Knie links anterolateral mit/bei Gelenkeröffnung und suprakondylärer lateraler Knochenläsion“. Weiter wurde diesem eine Arbeitsunfähigkeit zu 100% für den Zeitraum vom 16. Oktober 2016 bis zum 28. November 2016 attestiert. Die Arbeitsunfähigkeit wurde sodann gemäss dem Unfallschein der Suva Solothurn von verschiedenen Ärzten mehrfach verlängert bis letztlich zum 15. August 2017 (AS 432).
Aufgrund der Angaben von A.___, vor der Schussabgabe zusammengeschlagen worden zu sein, wurde dieser vor der Überführung ins Untersuchungsgefängnis einer Kontrolle im [Spital] zugeführt. Der Notfallbericht des [Spitals] vom 17. Oktober 2016 nennt als Diagnose eine Kontusion des Nasenbeins vom 16. Oktober 2016 (St. n. Fraktur os nasale 2004). Der Nasenrücken wies Schwellungen mit Kratzspuren auf, wobei keine Hämatome Druckdolenz am restlichen Gesichtsschädel festgestellt werden konnten. Zudem wurde eine Hüftkontusion links diagnostiziert (AS 126 f.).
Der forensisch-toxikologische Abschlussbericht der Universität Bern vom 31. Oktober 2016 (AS 133 ff.) zeigt auf, dass A.___ positiv auf Kokain getestet wurde. Alkohol konnte hingegen nicht nachgewiesen werden, wobei erwähnt wird, dass die Blut- und Urinentnahme erst um 20:10 Uhr bzw. 20:15 Uhr erfolgen konnte, da der Beschuldigte sich erst Stunden nach der Tat der Polizei gestellt hatte. Zwischen Ereignis und Blutentnahme seien ca. 16 Stunden vergangen. Allfällig zum Zeitpunkt des Ereignisses im Blut vorhanden gewesener Ethanol dürfte während dieser Zeit vollständig durch den Stoffwechsel des Körpers abgebaut worden sein.
Auch der Geschädigte, B.___, wurde gemäss forensisch-toxikologischem Abschlussbericht vom 31. Oktober 2016 (AS 139 ff.) positiv auf Kokain getestet. Des Weiteren ergab die Blutauswertung eine rückgerechnete Alkoholkonzentration von 1.32 (Minimalwert) – 1.86 (Maximalwert) Gewichts-Promille.
Das forensisch-toxikologische Aktengutachten von Prof. Dr. X.___ und Dr. Y.___ vom 9. November 2021 kam hinsichtlich des Beschuldigten zu folgenden Schlüssen (ASB 35 ff.):
Die Blutentnahme habe am 16. Oktober 2021 um 20:10 Uhr stattgefunden. Zwischen 04:50 Uhr und 20:10 Uhr seien 15 Stunden und 20 Minuten vergangen. Die Halbwertszeit von Cocain betrage zwischen 0.7 und 1.5 Stunden. Bei chronischem Konsum könne die terminale Halbwertszeit verlängert sein. Bei einer grossen Konsummenge könnten die in der Blutprobe nachgewiesene Cocainkonzentration sowie die Metaboliten-Konzentrationen von einem Konsum stammen, der vor der Tat (04:50 Uhr) stattgefunden habe. Ein Konsum nach der Tat könne ebenfalls zu den nachgewiesenen Konzentrationen in der Blutprobe geführt haben. Wenn der Cocainkonsum vor der Tatzeit erfolgt sei, müsste es sich um eine hohe Dosis gehandelt haben. Die Elimination von Cocain unterscheide sich bei einfachem Konsum von der Elimination bei chronischem Konsum, insbesondere durch eine Verlängerung der Nachweisbarkeit von Cocain. Bei der Angabe "0.5 g Kokain" durch den Beschuldigten sei die Reinheit des konsumierten Cocains, also der tatsächliche Wirkstoffgehalt, und damit die konsumierte Dosis (Cocain-Hydrochlorid Cocain-Base) nicht bekannt. Auch ohne diesbezüglich eine genauere Berechnung durchführen zu können, könnten die Analysenergebnisse mit den Angaben des Beschuldigten in Einklang stehen. Wenn ein Konsum wie vom Beschuldigten angegeben stattgefunden habe, könne der Beschuldigte zum Zeitpunkt des Ereignisses noch unter dem ausklingenden Einfluss von Kokain gestanden haben. Da zwischen Konsumende und Tatzeit bereits 4 h 20 min vergangen gewesen seien, sei die euphorisierende Wirkung, welche in der Regel weniger als 4 Stunden anhalte, bereits deutlich abgefallen. Der genaue Einfluss von Cocain könne nicht quantifiziert werden. Hier gäbe es erhebliche Variationsbreiten aufgrund von Gewöhnung und sonstigen interindividuellen Unterschieden. Die Analyseergebnisse liessen keine Rückschlüsse darauf zu, ob der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt gleichzeitig unter dem Einfluss von Kokain und Alkohol gestanden habe, da kein Ethylalkohol im Blut nachweisbar gewesen sei. Aufgrund einer möglichen Alkoholelimination in der verstrichenen Zeit zwischen Trinkbeginn und Blutentnahme (ca. 23 Stunden) könne Ethanol bereits vollständig eliminiert worden sein. Eine Berechnung der theoretischen Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit könne erfolgen, wenn das Körpergewicht zusätzlich zu den bisherigen Angaben vorliege. Bei gleichzeitigem Konsum von Cocain und Alkohol komme es in der Regel zur Wirkungsverstärkung. Unter anderem könne es auch zu gesteigerter Aggressivität führen. Für die Tatzeit könne die Wirkung von Cocain/Alkohol nicht genauer beurteilt werden, da – bei Zugrundelegung der Konsumangaben des Beschuldigten zu Cocain (23:30 - 00:30 Uhr) – die berauschende/euphorisierende Wirkung des Cocains bereits abgefallen sein müsste. Eine Gewöhnung wirke sich für beide Substanzen und für Mischkonsum dahingehend aus, dass Wirkungen und Nebenwirkungen weniger stark ausgeprägt seien.
3.4 Psychiatrisches Gutachten von Dr. med. W.___
In seinem psychiatrischen Gutachten vom 28. November 2022 kommt Dr. med. W.___ zu folgenden Schlüssen (ASB 278 ff.:
Beim Beschuldigten liege als überdauernde Störung eine dissoziale Persönlichkeitsstörung üblicher Schwere vor. Im Bereich von Suchtstoffen liege heute mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Abhängigkeitsstörung für Alkohol und für Kokain vor. Es sei zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich, dass diese Abhängigkeitsstörung auch schon im Jahr 2016 vorgelegen habe. Es dürfte damals noch ein Lebensstil bezogener wiederholter, allenfalls zeitweise auch übermässiger Konsum gewesen sein. Es sei gut möglich, dass er zum Tatzeitpunkt alkoholisiert gewesen sei. Bei Betrachtung der Tatmerkmale falle auf, dass sein Handeln nicht hoch impulsiv gewesen sei, sondern insgesamt sehr zielgerichtet, in Etappen sowie über einen längeren Zeitraum hinweg. Es habe von ihm organisierte Helfer gegeben, wie die Person, die ihm die Waffe überlassen habe, und eine andere, die ihn zum Tatort chauffiert habe. Der deliktische Wille erscheine eher gross und Ratschläge seines Fahrers, sich doch lieber nach Hause ins Spital fahren zu lassen, habe er in den Wind geschlagen. Hinweise auf einen «grossen Angstzustand» einen «Trance-Zustand», wie die Therapeutin wohlwollend vermutet habe, gebe es hier gar nicht. Es sei nicht zu sehen, dass der Beschuldigte aufgrund seiner Dissozialität mit Merkmalen wie erhöhter Gewaltbereitschaft einer allfälligen Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt in seiner Fähigkeit zur Einsicht in das Unrecht seiner Tat vermindert gewesen sei. Aus ärztlicher Sicht sei von einer vollen Einsichtsfähigkeit zu sprechen.
Bezüglich der Steuerungsfähigkeit sei zu diskutieren, wie weit seine überdauernde Gewaltbereitschaft und erhöhte Kränkbarkeit und eine allfällige akute Alkoholisierung ihn von anderen Tätern vergleichbarer Handlungen deutlich unterscheiden lasse. Eine gewisse Alkoholisierung treffe man dabei bei einem grossen Anteil der Täter von Gewaltdelikten an. Es gebe keine Hinweise auf eine besonders schwere Alkoholisierung, vielmehr lägen Hinweise vor, die klar dagegensprächen und die auf ein sehr zielorientiertes und in Etappen geschehenes Vorgehen des Exploranden hinwiesen.
Die mit seiner Persönlichkeitsstörung verbundene erhöhte Kränkbarkeit und rasche Aggressionsbereitschaft unterscheide ihn nicht derartig vom durchschnittlichen Täter vergleichbarer Handlungen, dass eine bedeutsame Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sei. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht sei der Explorand damit als voll schuldfähig anzusehen.
4. Aussagen der Verfahrensbeteiligten und Zeugen
4.1 B.___ machte am 16. Oktober 2016 gegenüber der Polizei folgende Aussagen (AS 192 ff.):
Er habe sich im [Musikclub 1] befunden (Beilage 1). Die Besucher seien alles Albaner gewesen, die Sängerinnen aber Rumäninnen. Ca. 5 Minuten, nachdem er sein Getränk erhalten habe, sei er auf die Toilette gegangen, ungefähr 2 Minuten lang. Als er von den Toiletten nach draussen gegangen sei, habe er eine zwei Personen gesehen. Es sei ein sehr langer Korridor dort. Er habe gehört, dass aus einer Pistole geschossen worden sei. Die Personen hätten sich ca. 10 Meter mehr vor ihm befunden, auch im Korridor. Er habe den Knall gehört und dann gespürt, dass sein Knie gebrannt habe. Er sei wieder zurückgekehrt, da man durch den Korridor auch auf der anderen Seite durchlaufen könne. Die Person, welche geschossen habe, sei vorher nicht im selben Lokal wie er und seine Kollegen gewesen. Er sei also zurückgelaufen und dann seien auch seine Kollegen nach draussen und hätten gesehen, dass er blute. Sie seien zu ihm gekommen und hätten ihn gepackt und nach draussen gebracht. Sie hätten ihn dann mit einem privaten Wagen ins Spital gefahren, da er sehr stark geblutet habe. Er glaube nicht, dass der Beschuldigte auf hin habe schiessen wollen. Er habe den Schützen nicht gesehen. Es sei dunkel gewesen und er sei auch ein wenig betrunken gewesen. Er habe mit niemandem Probleme gehabt. Er sei nach der Toilette direkt rechts in diesen kleinen Gang gelaufen. Danach sei er zu diesem langen Gang gekommen und dort habe er nach links laufen wollen zum Musikclub, wo er zuvor gewesen sei. Unmittelbar nachdem er in den grossen Korridor gegangen sei, sei er angeschossen worden. Er habe sich vielleicht bereits einen Meter auf dem langen Korridor befunden, aber nicht länger. Deswegen habe er es auch nicht gesehen bzw. wohl nicht ganz nach vorne geschaut. Genau in diesem Moment habe es dann auch schon geknallt. Er habe es nur einmal knallen hören. Die Waffe habe er nicht gesehen. Er sei dann wieder zurück in Richtung Toilette gegangen. Es habe ihn dabei niemand verfolgt. Als es geknallt habe, habe er von weitem zwei Personen gesehen. Er habe auch gespürt, dass ihn etwas, also wahrscheinlich eine Kugel, getroffen habe. Er habe einen starken Stoss in seinem linken Bein gespürt. Es habe auch direkt angefangen zu bluten. Er sei vom [Musikclub 1] zuerst nach links in den langen Gang und dann nach rechts zu den Toiletten. Denselben Weg habe er dann auch wieder zurück gewählt. Die anderen Personen, es seien vielleicht zwei drei gewesen, seien ein bisschen vor der Tür vor dem [Musikclub 1] gewesen. Anmerkung im Protokoll: Der Standort des Privatklägers bei der Schussabgabe wird auf Beilage 1 mit einem X gekennzeichnet, der Standort der unbekannten Personen mit einem Kreis.
Anlässlich der staatsanwaltlichen Befragung vom 17. April 2018 machte B.___ folgende Aussagen (AS 278 ff.):
H.___ sei auch auf der Toilette gewesen. Sie hätten zusammen gesprochen. Er wisse nicht, ob dieser vor nach ihm aus der Toilette rausgekommen sei. H.___ sei vielleicht ein bis zwei Minuten vor ihm aus der Toilette raus.
Anlässlich des gerichtlichen Augenscheins vom 6. Oktober 2020 machte B.___ folgende Aussage (AVI-I 202 ff.):
Er sei von der Toilette gekommen. Er habe den Beschuldigten an diesem Tag nicht gesehen. Von der Toilette sei er dann in Richtung des Hauptgangs gelaufen und habe nur einen Schuss gehört. Da sei er schon auf dem Hauptgang gestanden. Wo der Beschuldigte gestanden sei, wisse er nicht, da er diesen nicht gesehen habe. Es seien nur drei Leute da gewesen. Der Chef von einem der Lokale sei da gewesen, diesen habe er gegrüsst. Das sei Herr H.___. Es seien auch andere Leute da gewesen. Hier gebe es drei Lokale, eines davon sei rumänisch. Die beiden anderen seien auch offen gewesen. Er habe Herrn H.___ im Gang vor den Toiletten gegrüsst und sei dann selbst auf die Toilette gegangen. Als er wieder herausgekommen sei, seien dort schon ein paar Leute gewesen. Er habe aber nicht alle erkennen können. Ja, Herr H.___ sei auch dort gewesen. Er, B.___, sei nur in diese Richtung gelaufen, aber er wisse nicht, was H.___ gemacht habe. Dann habe ihn der Schuss getroffen. Ob H.___ aggressiv gewesen sei als er ihn gesehen habe? Nein. Er habe auch nicht gesehen, dass Herr H.___ jemanden habe angreifen wollen. Als er den ersten Schuss gehört habe, sei er, B.___, im Bereich des Hauptgangs auf der Höhe der Abzweigung zu den Toiletten gewesen. Auf Vorhalt, wonach H.___ gesagt habe, dass er B.___ bei den Toiletten getroffen habe und dort den ersten Schuss gehört habe: Nein, das stimme nicht. Wenn er dort den ersten Schuss gehört hätte, wäre er nicht rausgekommen. Auf Vorhalt, wonach er gemäss Aussage H.___ mit diesem zusammen von der Toilette in Richtung des Hauptganges gegangen sei: Er habe ihn schon gesehen, aber dieser sei hinter ihm vor ihm gewesen. Er könne es nicht genau sagen. Sie hätten die Toilette nicht zusammen verlassen. Sie seien nacheinander gegangen. Er wisse aber nicht mehr, ob H.___ hinter ihm vor ihm gewesen sei. Soweit er sich erinnere habe er nur einen Schuss gehört. Die Distanz zwischen dem Privatkläger und dem Beschuldigten wird mit 11 Meter gemessen.
Anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. April 2021 machte B.___ folgende Aussagen (AVI-II 63 ff.):
Als er von der Toilette gekommen sei, sei Herr H.___ hinter ihm gewesen. Um die Ecke habe er drei Personen gesehen und den Schuss gehört.
4.2 […], die Schwester des Beschuldigten, machte am 17. Oktober 2016 folgende Aussagen gegenüber der Polizei (AS 200 ff.):
Gestern am Morgen sei ihr Bruder um ca. 10:30 zu ihnen gekommen. Er sei ein bisschen betrunken gewesen. Er habe gesagt, dass er eine Schlägerei gehabt habe. Es habe ausgesehen, als sei seine Nase gebrochen. Er habe nicht gesagt, was passiert sei. Er habe nur gemeint, man habe ihm abgepasst. Dass alles geplant gewesen sei. Er habe gesagt, dass er auch jemanden geschlagen habe, jemand unschuldigen. Er sei zusammengeschlagen worden und dann weggegangen. Darauf sei er noch einmal zurückgegangen, wieso wisse sie nicht. Er habe nichts über eine Waffe gesagt. Ihr Mann habe dann zu ihrem Bruder gesagt, er solle zur Polizei gehen. Er habe ihn dann zur Polizei begleitet. Sie wisse nichts davon, ob ihr Mann ihr Bruder eine Waffe (Pistole so) habe. Sie sei zu 99 % sicher, dass ihr Mann keine habe. Ob ihr Bruder eine habe, wisse sie nicht.
4.3 H.___ machte am 18. Oktober 2016 gegenüber der Polizei folgende Aussagen (AS 206 ff.):
Er sei in einem Lokal gewesen, das jetzt von einem Eritreer geführt werde. Vor zwei Jahren habe dieses Lokal noch ihm gehört. Er sei mit seinem Schwiegersohn dort gewesen. Der Beschuldigte habe ihn dann raus auf den Korridor gebeten. Er habe Geld von ihm gewollt. Er habe ihm gesagt, er habe keins. Er habe etwa 10 bis 15 Minuten mit ihm diskutiert. Der Beschuldigte habe dann gesagt, dass sie sich wiedersehen würden und sei davongelaufen. Später sei er mit seinem Schwiegersohn nach draussen gegangen. Beim [Grossverteiler] habe der Beschuldigte wieder angefangen, mit ihm zu streiten. Er wisse nicht, vielleicht sei dieser ja unter Drogen betrunken gewesen. Er habe angefangen mit den Händen so Bewegungen zu machen und immer eindringlicher Geld von ihm verlangt. Der Beschuldigte habe ihn dann auf den Rücken geschlagen, worauf er zurückgeschlagen habe. Danach seien Leute dazwischengekommen, die sie getrennt hätten. Der Beschuldigte sei wieder ins [Fabrikareal] ins Untergeschoss. Er sei auch wieder rein. Er habe gesehen, wie der Beschuldigte den langen Korridor ganz nach hinten gegangen sei. Dort habe es links und rechts einen Raum am Ende des Ganges. Aus diesen beiden Lokalen seien einige Personen rausgekommen. Es sei unruhig geworden im Gang. Er glaube, der Beschuldigte habe gewollt, dass die Personen aus den beiden Räumen ihm helfen. Das hätten sie aber nicht getan. Der Beschuldigte sei dann verschwunden. Etwa eine halbe Stunde später sei er auf die Toilette gegangen und dort habe er die Person gesehen, die später verletzt worden sei. Er habe mit diesem zusammen im Gang vor der Toilette gesprochen. Dieser habe ihm gesagt, er sei in einem anderen Lokal und feiere dort Geburtstag (Anmerkung: hierbei handelt es sich um das Lokal Nr. 2). Währenddessen hätten sie plötzlich einen Schuss gehört. Er sei mit B.___ zusammen auf den Hauptkorridor zugegangen. Als sie beim Korridor gewesen seien, sei B.___ nach links und er nach rechts in den Korridor gegangen. Auf der rechten Seite vor dem Lokal seien viele Leute gestanden. Er habe auf der linken Seite den Beschuldigten mit einer Schlusswaffe in der Hand gesehen. Er habe auch gesehen, dass einige Meter hinter dem Beschuldigten bei diesem Lokal auch einige Personen gestanden seien. Unmittelbar nachdem er mit B.___ in den Korridor eingebogen sei, habe der Beschuldigte erneut geschossen. Er, H.___ sei unverzüglich ins Lokal hinein. Sie hätten dieses Lokal dann von innen verschlossen. Nach einer Weile hätten sie die Türe wieder geöffnet und seien nach draussen, wo sie B.___ mit ein paar Kollegen gesehen hätten. B.___ habe am Bein geblutet. Der Beschuldigte sei schon nicht mehr dort gewesen. J.___ sei sein Schwiegersohn. Er habe aber nicht zugelassen, dass J.___ den Beschuldigten geschlagen habe. J.___ sei höchstens kurz dazwischen gegangen. Er glaube, J.___ sei im Zeitpunkt der Schüsse nicht im Lokal gewesen. Als er das Lokal geschlossen habe, sei J.___ jedenfalls nicht drin gewesen. I.___ sei höchstens nur ganz kurz mit nach draussen gekommen und habe sicher niemanden geschlagen. I.___ habe sich nicht an der Auseinandersetzung mit dem Beschuldigten beteiligt. Er sei nur dazwischen gegangen. Er habe nicht gesehen, dass I.___ etwas gemacht habe. Wo I.___ gewesen sei, als er, H.___, mit B.___ im Gang gesprochen habe? Er glaube I.___, sei auch unten gewesen. Er sei sich aber nicht ganz sicher, es könne aber gut sein, dass er dort im Korridor gewesen sei. Es seien ja wirklich viele Personen dort gewesen. Auf Vorhalt der Aussage des Beschuldigten, dieser habe von H.___, J.___ und I.___ viele Schläge einstecken müssen: Er, H.___, sei selbst kurz auf dem Boden gewesen. Es stimme nicht. Auf Vorhalt, gemäss dem Beschuldigten seien H.___ und J.___ für [den Musikclub 2], [welchen] sie nach den Schüssen geschlossen hätten, zuständig. Das stimme nicht, zuständig sei dieser Eritreer. Er habe dieses Lokal vor zweieinhalb Jahren für ein paar Monate gehabt. Es stimme nicht, dass er in diesem Lokal einen Musiker […] (Cousin der Frau des Beschuldigten) schwarz beschäftige. Darüber wisse er nichts. Er habe auch nie mit dem Beschuldigten darüber gesprochen. Er wisse nicht, weshalb der Beschuldigte Geld von ihm gewollt habe. Über die Verletzungen des Beschuldigten (Prellungen, gebrochene Nase) könne er nichts sagen. Der Beschuldigte sei nicht nahe gestanden. Schon einige Meter vor dem Ende des Korridors, er würde sagen 20 Meter so. Ob er sich an andere Personen erinnern könne, welche ebenfalls draussen vor dem [Musikclub 2] gestanden seien? Nein, in diesem Moment habe er sich nur so schnell wie möglich retten wollen. Ob er nochmal sagen könne, wie er vom Beschuldigten geschlagen worden sei? Er wisse nicht mehr, ob dieser ihn getreten geschlagen habe. Jedenfalls sei es mittig aufs Steissbein gewesen. Er spüre es jetzt noch.
Anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. April 2021 machte H.___ als Zeuge folgende Aussagen (AVI-II 39 ff.):
B.___ sei vor ihm aus der Toilette. Als er, H.___ aus der Toilette gegangen sei, habe er ein Geräusch gehört, einen Schuss. In der Zwischenzeit sei B.___ schon draussen auf dem Korridor gewesen. Weiter habe er nichts gesehen. Als er den Schuss gehört habe, sei er vor den Toiletten gewesen. In diesem Moment habe er niemanden gesehen. Auch als er den nächsten Schuss gehört habe, sei er vor der Toilette gewesen. Er sei nicht neben B.___ gelaufen. Frage: «Als Sie zu Ihrem Lokal liefen, wo war Herr B.___ zu diesem Zeitpunkt? War er schon weg auf dem Gang? » «Vor der Toilette. Ich lief in Richtung Toilette und er kam gerade raus». Als er, H.___, aus der Toilette gekommen sei, sei B.___ nicht mehr da gewesen. Als er den Schuss gehört habe, habe er B.___ nicht mehr gesehen. Auf Vorhalt seiner früheren Aussage, er sei mit B.___ zusammen zum Hauptgang gelaufen. B.___ sei nach links und er nach rechts, weil er ins Lokal habe gehen wollen: Wenn er dort gewesen wäre, hätte es sie beide erwischt. Es gebe zwei Gänge, einen Richtung Toilette und einen, wo es B.___ erwischt habe. Im Moment der Schüsse sei er immer noch vor den Toiletten gewesen, bis die Geräusche aufgehört hätten. Auf Vorhalt seiner früheren Aussage, er sei auf den Hauptkorridor und habe nach links geschaut, wo er den Beschuldigten gesehen habe. Ja. Das stimme. Er habe den Beschuldigten mit der Waffe gesehen. Das sei nach den Geräuschen gewesen. Die Türen seien schon zu gewesen. B.___ sei am Boden gewesen. Es seien viele andere Personen dort gewesen. I.___ und J.___ habe er da nicht gesehen. Auf Vorhalt: Als er aus der Toilette gekommen sei, seien vor der Toilette noch ein paar Leute gewesen. Aber auf dem Hauptkorridor sei fast niemand bzw. niemand gewesen. Wenn andere dort gewesen wären, wären diese wohl auch erschossen worden. Als der Beschuldigte geschossen habe, seien keine anderen Leute im Hauptgang gewesen, nur B.___. Er habe aber nicht gesehen, wie B.___ getroffen worden sei.
4.4 I.___ machte am 20. Oktober 2016 gegenüber der Polizei folgende Aussagen (AS 215 ff.):
Er sei mit H.___ in einem Lokal im [Fabrikareal] gewesen. Dieses gehöre einem Eritreer. Plötzlich sei der Beschuldigte aufgetaucht und habe nach H.___ gerufen. H.___ sei zum Beschuldigten in den Korridor gegangen, er sei im Lokal geblieben. H.___ habe ihm später erzählt, dass der Beschuldigte Geld verlange. Später sei er nach draussen gegangen, zum Haupteingang. Dort habe es viele Personen gehabt. Dort habe er plötzlich jemanden laut schreien hören. Er sei daraufhin zu der schreienden Person gegangen. Er habe gesehen, wie H.___ am Boden gelegen habe und der Beschuldigte daneben gestanden sei. H.___ sei dann direkt wieder aufgestanden und habe auch den Beschuldigten geschlagen, wie genau, könne er nicht sagen. Er sei dann zwischen die beiden gegangen. Andere Personen seien auch dazwischen gegangen. So sei die Schlägerei beendet worden. Sie hätten den Beschuldigten und H.___ getrennt. Der Beschuldigte sei daraufhin weggegangen, er wisse nicht wohin. Er wisse auch nicht, wo H.___ hingegangen sei. Er habe nicht gesehen, wie H.___ zu Boden gegangen sei. H.___ habe den Beschuldigten mit der Faust den Füssen geschlagen. Er könne es nicht mehr genau sagen. Er habe nur diese beiden Personen gesehen, wie sie sich geprügelt hätten. Sonst habe er keine Personen gesehen, welche mitgemacht hätten. Es seien dann einfach alle dazwischen gegangen und hätten die beiden getrennt. Er sei darauf wieder rein gegangen in ein anderes Lokal, nicht in jenes, wo er vorher gewesen sei und wo auch H.___ gewesen sei. Von dort sei er wieder ins Lokal des Eritreers. Er habe mit dem Eritreer über die Auseinandersetzung gesprochen und dieser habe ihm erzählt, dass er H.___ kenne, da er von diesem das Lokal übernommen habe. Er sei dann nach draussen zum Rauchen gegangen. Danach habe er ins Lokal zurückgewollt. Als er im langen Korridor beim Lokal des Eritreers gewesen sei, sei er direkt zur Türe gegangen. Er sei unmittelbar bei der Türe gestanden, ein wenig innerhalb des Lokals. Als er in das Lokal hineingegangen sei, da sei er sich sicher, habe er sowohl im Korridor vor sich wie auch im Korridor zur Toilette niemanden gesehen. Als er dann im Lokal unmittelbar in der Türe gestanden habe, habe er den Lärm eines Schusses gehört. Daraufhin sei er ganz ins Lokal hinein in eine Ecke. Er habe nicht gewusst, wer geschossen habe. Als er später wieder rausgegangen sei, habe er im Korridor ein paar Leute mit einem verletzten Mann gesehen. Einer habe gesagt, «N.» habe geschossen. Dieser «N.» sei dann auch verschwunden, nach der Schlägerei vor dem Haupteingang habe er diesen nicht mehr gesehen. Auf Vorhalt, ob er sich sicher sei, dass er unmittelbar vor der Schussabgabe, als er wieder ins Lokal hinein sei, auf dem Korridor keine Personen gesehen habe? Er habe keine Personen gesehen. Es könne auch sein, dass er vielleicht nicht richtig geschaut habe. Er erinnere sich jedenfalls jetzt nicht mehr an andere Personen. Er sei einfach in das Lokal gegangen und als er ca. zwei Meter im Lokal gewesen sei, habe er den Schuss gehört. Da sei er aber schon nicht mehr auf dem Korridor gewesen. Den Schützen habe er nicht gesehen. Den Beschuldigten habe er nach der Schlägerei vor dem Haupteingang auch nicht mehr gesehen. Ob er, I.___, sich aktiv an der Schlägerei beteiligt habe? Nein. Er sei nur dazwischen gegangen und habe die beiden getrennt. Er sei gegenüber dem Beschuldigten nicht tätlich geworden. Er wisse nicht, wo sich H.___ befunden habe, als es zur Schussabgabe gekommen sei. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt sei und sie auch wieder aus dem Lokal gegangen seien, habe er aber gesehen, dass H.___ auch im Lokal gewesen sei. Also als der Schuss vorbei gewesen sei, habe er ihn im Lokal gesehen. Es seien zwei Schüsse abgefeuert worden, nicht direkt aufeinander folgend, mehr so Bääm………Bääm. Wie mit einer kurzen Pause, nicht zweimal nacheinander. Als der zweite Schuss abgefeuert worden sei, sei er ganz hinten im Lokal gewesen. Er wisse nicht, ob H.___ in Begleitung von jemandem gewesen sei. Er sei kein guter Kollege von H.___, wenn sie sich träfen, sprächen sie einfach miteinander, aber nicht so, dass sie sich verabreden würden. Was J.___ gemacht habe und wo dieser gewesen sei, wisse er nicht. Er habe nicht gesehen, dass sich der Beschuldigte H.___ bei der Auseinandersetzung verletzt hätten. Ihm sei aber nach der Schlägerei, also noch vor der Schussabgabe, aufgefallen, dass es am Boden im Korridor ein wenig Blut gehabt habe. Bei der Schlägerei habe er aber nicht gesehen, dass jemand verletzt worden sei. Mit dem Beschuldigten habe er nichts zu tun, auch keine Probleme. Auf Vorhalt, wonach der Beschuldigte gesagt habe, er habe mit H.___, J.___ und I.___ Probleme gehabt: Das stimme sicher nicht. Mit ihm habe der Beschuldigte keine Probleme gehabt. Für die anderen beiden könne er es nicht sagen.
Anlässlich des gerichtlichen Augenscheins vom 6. Oktober 2020 machte I.___ als Zeuge folgende Aussagen (AVI-I 207 ff.):
Er habe gesehen, wie H.___ und der Beschuldigte sich draussen geschlagen hätten. Sie hätten sie dann getrennt. Auf Vorhalt, der Beschuldigte sage aus von ihm, J.___ und H.___ geschlagen worden zu sein: Das stimme nicht. Er habe nur getrennt, zusammen mit den Leuten aus Eritrea. Als die Schüsse gefallen seien, sei er draussen gewesen. Auf Vorhalt seiner früheren Aussage, wonach er nach der Auseinandersetzung draussen wieder reingegangen sei: Das könne sein, dass er das gesagt habe, soviel er wisse, sei er aber nicht mehr rein. Nach Vorhalt seiner genauen Aussage: er erinnere sich nicht mehr.
4.5 J.___ machte am 20. Oktober 2016 gegenüber der Polizei folgende Aussagen (AS 223 ff.):
Um ca. 03:00 Uhr, als er mit seinem Schwiegervater in einem Musiklokal etwas am Trinken gewesen sei, sei der Beschuldigte gekommen und habe seinen Schwiegervater nach draussen gebeten. Er habe von ihm Geld verlangt. Sein Schwiegervater habe ihm aber keins gegeben und sei wieder zurück ins Lokal gekommen. Später seien sie dann nach draussen gegangen. Dort hätten sie wiederum den Beschuldigten gesehen. Dieser habe herumgeschrien und sei sehr aggressiv gewesen. Er habe sich ihnen immer aggressiver genähert. Der Beschuldigte habe dann seinen Schwiegervater geschlagen. Dieser habe daraufhin auch gegen den Beschuldigten geschlagen. In diesem Moment seien noch weitere Personen dazu gekommen und sie hätten die beiden trennen wollen. Nachdem sie sie getrennt gehabt hätten, seien sie wieder nach unten ins Lokal gegangen. Nach etwa 20 Minuten sei er in ein anderes Lokal gegangen. Dort sei er etwa eine halbe Stunde geblieben. Er habe erst nachher mitbekommen, dass geschossen worden sei. Er habe die Schüsse nicht mitbekommen. Als der Beschuldigte seinen Schwiegervater aus dem Lokal gerufen habe, sei er beim Tisch geblieben. Sein Schwiegervater habe ihm gesagt, dass der Beschuldigte Geld von ihm gewollt habe und sehr aggressiv gewesen sei. Draussen, als der Beschuldigte seinen Schwiegervater angegriffen habe, habe er, J.___, sich bereits entfernt gehabt, um einige Personen zu holen, um die Situation zu beruhigen. Sein Schwiegervater habe zurückgeschlagen. Daraufhin sei das Ganze gegenseitig geworden. Er habe dann mit anderen zusammen die beiden getrennt. Er habe den Beschuldigten weggebracht. Dabei habe dieser auch versucht, ihn anzugreifen. Danach seien sie wieder in den Keller. In dem Moment, als der Beschuldigte seinen Schwiegervater angegriffen habe, habe er den Rücken zu den beiden gedreht gehabt. Er habe den Kopf gedreht und gesehen, wie der Beschuldigte seinen Schwiegervater am Nacken geschlagen habe. Weil er schon mal Probleme mit schwerer Körperverletzung gehabt habe, halte er sich aus solchen Sachen raus. Dieser Fall werde immer noch vor Gericht verhandelt. Er sei als Security angegriffen worden und habe zurückgeschlagen. Der andere sei k.o. gegangen und einen Monat im Koma gelegen, er sei deswegen fast gestorben. Deshalb halte er sich seither zurück. Wer auch noch dazwischen gegangen sei? Er wisse nur noch, dass dieser I.___ heisse. Mehr wisse er nicht über ihn. Sie hätten nicht viel Kontakt. Wie genau sein Schwiegervater gegen den Beschuldigten tätlich geworden sei? Er wisse nur, dass sich die beiden gegenseitig mit den Händen geschlagen hätten. Wie genau könne er nicht sagen. Dann sei eben I.___ gekommen. Er könne nicht sagen, wo der Beschuldigte seine Nase gebrochen habe, ob dies bei der Auseinandersetzung vor dem [Fabrikareal] gewesen sei, bei einem Unfall einer anderen Schlägerei. Er sei gegenüber dem Beschuldigten nie tätlich geworden. Er habe die beiden nur getrennt und wirklich aufgepasst, den Beschuldigten nicht zu verletzen, weil er ja schon Probleme wegen so etwas gehabt habe. Wo der Beschuldigte nach der Auseinandersetzung vor dem [Fabrikareal] hingegangen sei, wisse er nicht. Er habe die Schüsse nicht gehört. Er sei zu dieser Zeit im Lokal von Q.___ gewesen. Als er ins Lokal von Q.___ gegangen sei, sei sein Schwiegervater noch im Lokal des Eritreers gewesen. Sein Schwiegervater habe ihm später erzählt, dass er aus der Toilette gekommen sei und dann gesehen habe, wie der Beschuldigte mit der Pistole geschossen habe. Er könne nicht sagen, ob der Beschuldigte alkoholisiert gewesen sei unter Drogen gestanden habe. Auf Vorhalt: sie hätten keinen Zusammenhang mit dem Lokal des Eritreers. Sie hätten auch nicht über jemanden gesprochen, der Musik mache. Der Beschuldigte habe einfach nur Geld verlangt. Ob er den Beschuldigten nach der Schlägerei vor dem Gebäude noch einmal gesehen habe? Ja, als sie nach der Schlägerei ins Lokal hätten gehen wollen, sei er erneut auf sie zu gekommen. Aber dort sei er bereits von anderen Personen zurückgehalten worden. Er habe zwar versucht, seinen Schwiegervater anzugreifen, aber er habe ihn auch wieder zur Seite gedrückt. Der Beschuldigte habe versucht, auch ihn zu schlagen. Die anderen Personen hätten ihn dann weggebracht. Auf Vorhalt der Aussage des Beschuldigten: Er könne garantieren, dass I.___ den Beschuldigten sicher nicht angegriffen habe. Sie seien nur dazwischen gegangen. Die einzigen, die eine Schlägerei gehabt hätten, seien der Beschuldigte und sein Schwiegervater gewesen. Ob der Beschuldigte ihm gegenüber zu irgendeinem Zeitpunkt tätlich verbal ausfällig geworden sei? Ja, als er vor dem Lokal dazwischen gegangen sei. Vorher sei er einfach sehr aggressiv gewesen, aber er habe ihn gepackt, so dass dieser ihn gar nicht habe schlagen können in dieser Zeit. Der Beschuldigte habe einfach immer versucht, seinen Schwiegervater zu schlagen. Ob er Anzeige machen wolle? Ja. Der Beschuldigte habe ihm mit dem Kopf gegen die Nase geschlagen. Es seien einige Personen dort gewesen, welche versucht hätten, sie zu trennen. Das sei aber schon beim zweiten Mal vor dem Lokal gewesen. Der Beschuldigte habe sich von diesen Personen gelöst und ihn mit beiden Armen an den Oberarmen gepackt und ihm einen Kopfstoss gegen die Nase gegeben. Deswegen schmerze seine Nase auch noch. Dies sei eigentlich das Hauptsächliche gewesen, was der Beschuldigte gegen ihn gemacht habe. Danach seien wieder mehr Leute gekommen, welche ihn weggenommen hätten. Er habe Nasenbluten gehabt und jetzt noch Schmerzen. Ob er gegenüber dem Beschuldigten tätlich geworden sei? Er sei einfach dazwischen gegangen und ja, er habe ihn auch gepackt, damit er ihn nicht weiter habe schlagen können.
4.6 O.___ machte am 29. Oktober 2016 gegenüber der Polizei folgende Aussagen (AS 231 ff.):
Der Beschuldigte habe ihn am 16. Oktober 2016, 03:21 Uhr, angerufen. Er, O.___ habe ein wenig Alkohol getrunken und sei schon am Schlafen gewesen, als der Beschuldigte telefoniert habe. Er wisse es nicht mehr, er glaube, der Beschuldigte habe ihm gesagt, dass er Hilfe brauche. Er habe aber ja nicht gewusst, wie er ihm helfen solle, er habe mit ihm ja nichts zu tun. Er sei ja schon zu Hause gewesen und habe geschlafen. Er wisse nicht, was vorgefallen sei. Er habe in dieser Nacht keinen weiteren Kontakt zum Beschuldigten gehabt.
4.7 P.___ machte am 29. Oktober 2016 gegenüber der Polizei folgende Aussagen (AS 238 ff.):
Der Beschuldigte habe ihn in dieser Nacht gegen 03:00 bis 03:30 Uhr angerufen. Er habe ihn gefragt, ob er ihn nach [Ort 1] fahren könne. Er habe ihn dann abgeholt. Als er ihn getroffen habe, habe er gemerkt, dass etwas nicht stimme. Er habe gesehen, dass der Beschuldigte eine Verletzung im Gesicht gehabt habe. Der Beschuldigte habe gesagt, er habe Probleme mit etwa zehn Personen gehabt. Seine Nase habe krumm ausgesehen. Er sei dann zu ihm ins Auto auf den Beifahrersitz gesessen. Er habe gesehen, dass er auf der rechten Seite eine Pistole gehabt habe. Der Beschuldigte habe versucht, diese ein wenig vor ihm zu verbergen. Er habe ihn natürlich darauf angesprochen. Der Beschuldigte habe gesagt, dass so etwas mit ihm nicht gehe. Dieses Spiel spiele er so nicht mit. Er wolle sich rächen. Er habe versucht, den Beschuldigten zu beruhigen, er solle nach Hause. Der Beschuldigte habe gesagt, das gehe nicht, er müsse nach [Ort 1]. Wenn er ihn nicht fahren würde, würde er sonst wie nach [Ort 1] kommen. Er habe ihn dann nach [Ort 1] gefahren. Dort sei er Richtung [Grossverteiler] gegangen. Er habe ihn in [Ort 4] bei [einer Shishabar] abgeholt. In der Nähe beim [Hotel]. Er sei draussen auf der Strasse gestanden. Er sei ganz still und auch wütend gewesen. Er habe immer wieder gesagt, man habe seine Nase kaputt gemacht, er sei geschlagen worden. Diese habe auch sehr komisch ausgesehen. Er sei auch sehr nervös gewesen. Er kenn ihn eigentlich nicht so. Ob er Verletzungen beim Beschuldigten gesehen habe? Vor allem die Nase, sonst nichts. Man habe gut sehen können, dass diese krumm gewesen sei. Er sei zwischen 03:00 und 04:00 Uhr in [Ort 4] eingetroffen. Der Beschuldigte habe ihm nicht gesagt, mit wem er Probleme gehabt habe. Er habe einfach gesagt, dass zehn Personen auf ihn losgegangen seien. Er habe auf der ganzen Strecke nicht viel gesagt, er habe viel geflucht während der Fahrt. Der Beschuldigte habe die Waffe […] beim Bahnhof [Ort 8] kurz in die Hand genommen und sie dann wieder versteckt. Er glaube, er habe sie einfach an einer anderen Stelle am Körper deponieren wollen. Er glaube, er habe sie hinten am Rücken gehabt und sie habe ihn wohl gestört beim Sitzen im Auto. Deswegen habe er sie wohl nach vorne genommen und sie sonst irgendwo hingetan. Danach habe er sie nicht mehr nach vorne genommen. Er habe die Waffe einfach einmal kurz an eine andere Stelle genommen und da habe er sie kurz gesehen. Auf Vorhalt: Manipuliert mit der Waffe habe er nicht. Es sei eine schwarze Pistole gewesen, eher grösser und ein älteres Modell. Kein Revolver. Der Beschuldigte habe ja auch nichts mehr gemacht mit der Pistole, er sei einfach immer am Rauchen und Fluchen gewesen. Er habe einfach gesagt, dass er sich rächen müsse. Er habe gesagt: «die Sieche müesse wisse, wär ich bi». Er glaube, der Beschuldigte sei beleidigt worden einfach hingestellt, als wäre er unten. Er habe sich schon gedacht, dass wohl etwas passieren werde, wenn er schon eine Pistole mitnehme, aber der Beschuldigte habe ihm nicht gesagt, was. Er habe versucht, ihn zu beruhigen, aber es sei nicht gegangen. Er habe es einfach nicht auf sich beruhen lassen können. Er habe ihm gesagt, er solle auf ihn hören und das Ganze vergessen, aber es habe gar nichts gebracht. Er sei eigentlich ein guter Typ, also er habe immer gut mit ihm sprechen können. Der Beschuldigte habe sich ihm gegenüber auch immer anständig gezeigt. Er habe nicht gewusst, dass er auch anders könne. Auf Vorhalt: Nein er habe in [Ort 1] nicht auf den Beschuldigten gewartet. Er sei wieder nach Hause gefahren. Ob er bemerkt habe, ob der Beschuldigte etwas getrunken habe? Er glaube, dass er Alkohol trinke. Also er wisse nicht, was er getrunken habe an diesem Tag, er sei ja nicht bei ihm gewesen, er habe ihn nur gefahren. Er habe schon nicht ganz betrunken auf ihn gewirkt, er sei einfach sehr wütend gewesen. Aber er könne es nicht einschätzen, er habe wohl einfach sehr starke Schmerzen wegen seiner Nase gehabt. Er habe auch die ganze Zeit auf Albanisch geflucht. Ob er gelallt habe nicht mehr normal gegangen sei? Das habe auf ihn normal gewirkt. Also er habe nichts Anderes gesehen. Er habe sich auch normal verabschiedet, als er aus dem Fahrzeug ausgestiegen sei. Er habe zum Beschuldigten noch ein letztes Mal gesagt, dass er doch nach Hause gehen solle, dieser habe ihm aber gesagt, dass er noch etwas erledigen müsse. Dann sei er gegangen. Ob er wisse, ob der Beschuldigte Betäubungsmittel konsumiere? Nein, er habe auch nichts dergleichen gesehen. Ob er gesehen habe, ob der Beschuldigte sein Mobiltelefon dabeigehabt habe, als er ihn nach [Ort 1] gefahren habe? Nein, der Beschuldigte habe seiner Meinung nach kein Mobiltelefon hervorgenommen. Er habe einfach geraucht, nicht telefoniert.
Anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. April 2021 machte P.___ als Zeuge folgende Aussagen (AVI-II 47 ff.):
Der Beschuldigte sei schwer verletzt gewesen, am Kopf und an der Nase. Er habe nicht viel gesagt. Auf Vorhalt, bei der Polizei habe er gesagt, der Beschuldigte habe viel geflucht: Er sei schon nervös gewesen. Jeder Mensch würde in seiner solchen Situation fluchen. Er sei sehr verletzt gewesen und habe nicht viel reden wollen. Ob er wütend gewesen sei, Angst gehabt habe traurig gewesen sei? Oder ob er gut drauf gewesen sei? Überhaupt nicht. Mit diesen Verletzungen werde ein Mensch klar wütend und nervös. Er habe selber nicht gewusst, was er geredet habe. Er habe ihm nicht gesagt, weshalb er die Pistole dabeigehabt habe. Auf Vorhalt: er erinnere sich nicht mehr, was der Beschuldigte gesagt habe. Auf Vorhalt: der Beschuldigte sei schon wütend gewesen auf der Fahrt und habe geflucht. Er habe den Beschuldigten zuvor nie so gesehen. Er erinnere sich nicht mehr, eine Pistole gesehen zu haben. Er habe etwas gesehen, aber nicht gedacht, dass es eine Pistole sei. Auf nochmaligen Vorhalt, ob er gesehen habe, dass er eine Waffe dabeigehabt habe: Ja. Ob er beim Beschuldigten Alkohol gerochen habe: Ja. Er sei aber nicht besoffen gewesen.
4.8 Der Beschuldigte machte anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 17. Oktober 2016 folgende Aussagen (AS 146 ff.):
Er sei in [Ort 1] an einer Geburtstagsfeier eingeladen gewesen. An dieser Geburtstagsfeier habe ein Cousin seiner Frau Musik gemacht. Im [Fabrikareal] habe es fünf bis sechs Räume mit Musik. In einem dieser Räume spiele der Cousin seiner Frau Musik. Der Besitzer, welcher den Cousin seiner Frau […] eingeladen habe, verarsche ihn. Er sei dann zum Cousin seiner Frau und habe ihn gefragt, ob er Dokumente erhalten habe, was dieser verneint habe. Er habe ihm dann gesagt, er solle nur noch heute Abend arbeiten und nachher nicht mehr. Darauf sei er aus dem Lokal und habe an die Geburtstagsfeier gehen wollen. In diesem Moment sei der Chef des Lokals mit zwei weiteren Personen gekommen. Diese drei hätte auf ihn eingeschlagen. Sie hätten ihn sehr extrem geschlagen, mit Füssen und Fäusten. Deswegen sei er auch nicht mehr zur Geburtstagsfeier gegangen. Jemand von [Ort 1], den er vom Sehen kenne, habe ihn mit dessen Fahrzeug nach [Ort 8] gefahren. In [Ort 8] in der [Bar] habe er noch weitere Bekannte getroffen, er glaube Rumänen. Er habe diesen gesagt, dass er Hilfe brauche. Diese hätten ihm gesagt, sie könnten ihm nicht helfen. Sie könnten ihm nur eine Pistole anbieten. Er sei dann mit diesem Rumänen in dessen Fahrzeug nach [Ort 4] gefahren. Er glaube an die [Strasse]. […]. Es sei bei der Hauptstrasse. Der Rumäne sei dort ausgestiegen und er habe zwei bis drei Minuten in dessen Fahrzeug gewartet. Der Rumäne habe ihm daraufhin eine Waffe gebracht. Dann habe er ein Taxi gerufen und sei mit dem Taxi nach [Ort 1] gefahren. Er sei beim [Fabrikareal] hinten […] rein. Er sei zu dem Lokal gegangen, in welchem er vorher verprügelt worden sei. Die Personen, die ihn geschlagen hätten, seien beim Eingang zu diesem Lokal gestanden. Sie seien aggressiv gewesen. Er habe sie gefragt, weshalb sie ihn geschlagen hätten. Sie seien wieder auf ihn zugekommen. Aus Angst, dass er wieder Schläge kassieren würde, habe er mit der Pistole zwei Mal in die Wand geschossen. Er habe gesehen, dass die drei Personen deswegen wieder zurück ins Lokal gegangen seien und sei dann zum Hintereingang weggerannt. Es tue ihm leid, mit diesem Jungen, der getroffen worden sei, habe er keine Probleme gehabt. Er habe ihm nichts machen wollen. Er sei also zum Hintereingang gerannt, dort laufe noch ein anderer Gang durch. Die Person, welche getroffen worden sei, sei dort von diesem Gang hergekommen. Er habe einen Verdacht, sei sich aber nicht sicher. Er wisse nicht, ob die anderen drei gegen ihn, den Beschuldigten, geschossen hätten und den anderen dann verletzt hätten. Der Verletzte sei von der Haupteingangstür hergekommen und er von der anderen Seite. Dort hätten sie sich getroffen. Er sei dann hinaus gerannt unter der Brücke von den Geleisen durch. Nach 100 – 200 Meter sei er ohnmächtig geworden. Vielleicht 30 Minuten, vielleicht eine Stunde. Als er wieder zu sich gekommen sei, sei er zurück zum Lokal und habe die Schusswaffe gesucht, aber nicht gefunden. Sein Mobiltelefon habe auch gefehlt. Er sei dann mit dem Taxi wieder nach Hause, resp. zu seiner Schwester. Er habe sich das Ganze überlegt und sich dann bei der Polizei gestellt. Dort, wo die Geburtstagsfeier stattgefunden habe, zu der er eingeladen gewesen sei, sei ein rumänisches Musiklokal, am Ende des langen Ganges auf der rechten Seite (gemäss Anmerkung des protokollierenden Polizisten handle es sich mutmasslich um Lokal Nr. 2). Die Personen, mit welchen er das Problem gehabt habe, seien für das erste Lokal auf der rechten Seite in diesem langen Gang zuständig gewesen. Dort habe der Cousin seiner Frau Musik gespielt. An dessen Namen könne er sich nicht erinnern.
Er habe zuerst im ersten Lokal den Cousin seiner Frau nach den Papieren gefragt. Dann habe er das Lokal verlassen, sei aber nicht direkt zur Geburtstagsfeier. Er sei zuerst wieder zum Haupteingang hinaus, weil er ein Telefonat habe führen wollen. Dort seien dann die drei anderen gekommen, H.___, J.___ und I.___. Der Chef des Lokals sei H.___. H.___ und J.___ hätten zu ihm gesagt, warum er sich einmische. Dann hätten sie ihn angegriffen. Der eine habe ihm seinen Daumen nach hinten gedrückt und dann hätten alle drei angefangen, auf ihn einzuschlagen. Er wisse nicht mehr, ob sich jemand eingemischt habe ob er sich gewehrt habe. Er habe einfach versucht, sich davonzuschleichen. Er sei daraufhin wieder ins Gebäude. Auf direktem Weg zur Geburtstagsfeier, also zum Lokal am Ende des Ganges. Sein Kollege, welcher Geburtstag gehabt habe, sei dann auch aus seinem Lokal gekommen. Daraufhin hätten sie sich verbal mit den anderen drei Personen gestritten. Sein Kollege habe ihn dann beim Haupteingang aus dem Gebäude gebracht. Dort sei ein anderer Kollege gekommen und habe ihn mit dem Auto nach [Ort 8] gebracht.
Auf Nachfrage: Die Auseinandersetzung habe ausserhalb des Gebäudes beim Haupteingang auf der Strasse stattgefunden. Als sie sich später drinnen wieder getroffen hätten und seine Kollegen dazu gestossen seien, hätten sie sich nur gegenseitig angepöbelt und herumgestossen, aber nicht geschlagen. Er hätte schon zurückgeschlagen, aber seine Kollegen hätten ihn zurückgehalten. Er wisse nicht, wie die Person heisse, die ihn nach [Ort 8] gefahren habe. Mit welchem Ziel er in die [Bar in Ort 8] gegangen sei? Er habe von Kollegen Hilfe verlangen wollen. Damit sie mehr Personen gewesen wären und er dann mit diesen nach [Ort 1] hätte gehen können, um den Angriff auf sich heimzuzahlen. Aber er habe leider keinen seiner Kollegen getroffen, nur den Rumänen. Dessen Name kenne er nicht, er sage ihm nur «Hey Rumäne». Dieser habe gesagt, er könne ihm eine Pistole besorgen. Er, der Beschuldigte, sei betrunken gewesen und in diesem Moment sei das für ihn in Ordnung gewesen. Er habe ihm einfach gesagt, er müsse die Waffe wieder zurückbringen. Er habe die Pistole nicht genau gesehen und nicht gross kontrolliert. Er sei einfach nervös und wütend gewesen. Im Stress. Das Magazin sei eingesetzt gewesen. Die Pistole sei nicht geladen gewesen. Im Magazin seien Patronen gewesen. Er habe die Pistole vorne rechts in den Hosenbund gesteckt. Warum er erneut ins [Fabrikareal] gegangen sei? Er habe sich vor seiner Familie geschämt, dass er so zugerichtet worden sei. Er sei nervös und wütend gewesen, auch unter Alkohol. Was er habe mit der Pistole bewirken wollen? Nur Angst einjagen. Er wisse ja, was man mit einer Pistole anrichten könne. Er hätte auch näher gehen können auch mehr machen, wenn er es gewollt hätte. Er sei beim zweiten Mal zuerst gerade aus am Lokal mit der Geburtstagsfeier vorbeigegangen, dann rechts in den Gang. Er habe den Gang entlang gewollt, direkt zum Lokal von H.___. Dort seien mehrere Personen vor der Tür gestanden. Diese seien sehr aggressiv gewesen, als sie ihn gesehen hätten. Sie seien wieder auf ihn zu gekommen. Aus Angst habe er die Pistole in die rechte Hand genommen und zweimal tief gegen den Boden bzw. die Wand geschossen. Er glaube, er habe sich ein wenig weggedreht, als er geschossen habe. Er habe nur Angst machen wollen, da sie auf ihn zugekommen seien, damit er genug Distanz gehabt habe und sie nicht einfach zu ihm kämen und ihn schlagen könnten. Es tue ihm wirklich sehr leid. Er habe keine Probleme mit dem Verletzten gehabt, dieser sei ja eigentlich ein Kollege von ihm.
Auf Nachfrage: Er wisse einfach, dass er den Kopf ein wenig abgedreht habe, in die Richtung, aus welcher er gekommen sei. Er habe eigentlich tief geschossen und sei schon bereits wieder am Flüchten gewesen. Er könne sich nicht mehr an die Details erinnern. Er habe zweimal geschossen. Dann sei er wieder zum Hintereingang gerannt. Er habe gesehen, wie die Personen beim Lokal von H.___, welche zuerst aggressiv gegen ihn gekommen seien, den Kopf eingezogen hätten und wieder ins Lokal zurückgegangen seien. Bevor er das Gebäude verlassen habe, habe er B.___ gesehen. Er habe gesehen, wie dieser von den Toiletten hergekommen sei und in seine Richtung gerannt sei. Sie hätten sich einfach kurz getroffen. Dort habe er nicht gewusst, dass er verletzt worden sei. Dies habe er erst später von seinem Schwager erfahren.
Der Beschuldigte zeichnete auf einem Plan mit Pfeilen seine Laufrichtung ein. Mit Nr. 1 markierte er das Lokal von H.___ und mit Nr. 2 dasjenige mit der Geburtstagsfeier. Mit x markierte er seinen Standort, als er schoss. Mit einem Kreis den Standort der aggressiven Personen vor dem Lokal von H.___. Mit einem Dreieck den Punkt, wo er danach auf den Privatkläger stiess.
In der staatsanwaltlichen Befragung nach vorläufiger Festnahme vom 18. Oktober 2016 (AS 320 ff.) bestätigte der Beschuldigte seine frühere Aussage. Er habe gegen den Boden geschossen, um den andere Angst zu machen, damit sie den Knall hören. Ob er in Richtung der drei geschossen habe? Er habe auf die Seite geschossen, nicht in diese Richtung. So wie er es gestern aufgezeichnet habe. Die anderen seien vielleicht 10 15 Meter von ihm entfernt gewesen. Ausser diesen drei habe er keine anderen Personen in diesem Korridor gesehen. Erst danach, als er am Flüchten gewesen sei, habe er den Privatkläger bei der Tür getroffen. Dieser sei auch am Rennen gewesen, von der anderen Seite her. Auf Vorhalt: als er geschossen habe, habe er niemanden gesehen, der um die Ecke in den Gang gekommen sei. Er sei nach der Auseinandersetzung nochmal mit der Pistole zurück, um mit diesen zu reden, nicht um sich zu rächen, sonst hätte er nicht gegen den Boden geschlossen und wäre nicht geflüchtet. Weshalb genau er eine Pistole mitgenommen habe? Er sei auch etwas betrunken gewesen. Er sei so fest zusammengeschlagen worden. Er habe sich geschämt, nach Hause zu gehen. Er sei deshalb zurück, um mit den Leuten zu reden, um zu fragen, weshalb sie ihn zusammengeschlagen hätten. Auf Vorhalt, ob er nicht habe damit rechnen müssen, einen der auf ihn zukommenden Personen zu treffen, der Gang sei na nur ca. 2 Meter breit? Nein, mit dem habe er nicht gerechnet. Deshalb habe er gegen unten geschlossen und auf keinen Menschen direkt gezielt. Der Name des Cousins seiner Frau sei ihm jetzt wieder eingefallen, dieser heisse […].
Anlässlich der Einvernahme vom 26. Oktober 2016, 13:30 Uhr (AS 160 ff.) ergänzte der Beschuldigte, bei der Auseinandersetzung draussen sei J.___ sehr aggressiv ihm gegenüber gewesen. I.___ und H.___ seien am Anfang eher neutral gewesen. Als J.___ angefangen habe, ihn anzugreifen, hätten H.___ und I.___ ihn gepackt. Sie hätten ihn gehalten und J.___ habe ihn geschlagen. Als er am Boden gelegen habe, hätten alle drei mit Fusstritten auf ihn eingeschlagen. Er habe immer noch Schmerzen, damals habe er das nicht so gespürt. Ihm sei auch noch ein Zahn beschädigt worden. Die Nase sei gebrochen. An der Schulter habe er auch eine Verletzung und im Bereich des Rückens. Er habe sich verteidigt, mit den Händen. Er sei dann nach drinnen geflohen, wo seine Kollegen zu ihm gekommen seien. Darauf seien auch die anderen drei wiedergekommen und sie hätten sich erneut gestritten, einfach verbal, mit Worten. Als er später mit der Waffe ins [Fabrikareal] zurückgegangen sei und Richtung das Lokal von H.___ , seien dort mehrere Personen gewesen, er erinnere sich einfach noch an das Gesicht von H.___ . Er habe mit ihm sprechen wollen. Dieser sei aggressiv geworden. Aus Angst habe er zweimal in den Boden geschossen. Er erinnere sich nicht mehr, wie viele Personen vor dem Lokal gestanden hätten, vielleicht zwei drei. Er denke die drei, H.___ , I.___ und J.___. Er sei sich aber nur bei H.___ sicher, dass er ihn dort gesehen habe. Sie seien in seine Richtung gekommen. Dann habe er in den Boden geschossen. Er habe einen Schuss nach dem anderen abgegeben. Er sei sich sicher gewesen, dass niemand direkt getroffen werde. Er habe Angst davor gehabt, ein zweites Mal zusammengeschlagen zu werden. Ob er vor der Schussabgabe gedroht habe? Nein. Es gebe ein paar Sachen, an die er sich nicht mehr erinnern könne, er sei ja auch betrunken gewesen. Es stimme aber nicht, dass er Geld von H.___ verlangt habe. Es stimme nicht, dass die Auseinandersetzung draussen 20 – 30 Minuten nach dem Gespräch mit H.___ vor dem Lokal stattgefunden habe. Das sei höchstens zwei bis drei Minuten danach gewesen. Er habe draussen niemanden angefasst. Danach sei im Innern nur noch verbal gestritten worden. Auf Vorhalt der Aussage von H.___, wonach er mit B.___ von der Toilette in den Gang gekommen sei: Er habe B.___ bei der Schussabgabe nicht gesehen. Er wisse nicht, ob B.___ mit H.___ unterwegs gewesen sei. Er glaube nicht, dass das so gewesen sei. Auf Vorhalt von H.___, wonach dieser im Moment der ersten Schussabgabe noch bei den Toiletten und gar nicht im Korridor gewesen sei: Das stimme nicht. Er habe ja aus Angst geschossen, weil u.a. H.___ auf ihn zugekommen sei. Er habe ihn bei der ersten Schussabgabe gesehen, er sei ja aggressiv auf ihn zugekommen. Deswegen habe er ja geschossen. Auf Vorhalt der Aussage von I.___, wonach dieser vor der Schussabgabe vom Rauchen zurückgekommen und [in den Musikclub 2] gegangen sei. Da habe er keine Personen im Korridor wahrgenommen: Darüber könne er nichts sagen. Er könne sich nicht mehr erinnern und wisse auch nicht mehr, ob er ihn gesehen habe. Wahrscheinlich habe er I.___ nicht gesehen, er wisse es aber nicht. Auf Vorhalt der Aussage von J.___, dieser habe die Schussabgabe gar nicht mitbekommen: Er wisse nicht, wo J.___ zu dieser Zeit gewesen sei. Mit diesem habe er keinen Blickkontakt gehabt. Auf Vorhalt, wonach somit niemand der drei direkt von der Schussabgabe betroffen gewesen sei, gegen wen bzw. gegen welche Personen sich seine Schussabgabe demnach gerichtet habe? Er habe die Waffe gegen niemanden gerichtet, aber H.___ sei auf ihn zugekommen. Auf Vorhalt, gemäss H.___ und I.___ seien zwischen den beiden Schüssen 2 – 10 Sekunden vergangen: Er wisse, dass er zweimal schnell hintereinander geschossen habe.
Anlässlich der Einvernahme vom 26. Oktober 2016, 15:45 Uhr (AS 175 ff.), wurde der Beschuldigte zu seinen Telefonkontakten in der Tatnacht befragt, vermochte sich jedoch weitgehend nicht mehr an diese erinnern, er sei betrunken gewesen. Auch über den Verbleib der Schusswaffe vermochte er nach wie vor nichts weiter zu sagen.
Anlässlich der staatsanwaltlichen Schlusseinvernahme vom 17. April 2018 (AS 264 ff.) beteuerte der Beschuldigte noch einmal, er habe niemanden treffen wollen. Er wisse jedoch, was mit Schusswaffen passieren könne. Zuerst sei es vor dem Lokal von H.___ zu einem verbalen Streit gekommen. Draussen sei H.___ zuerst anständig gewesen, J.___ habe ihn geschlagen. Letztendlich hätten ihn alle geschlagen. Er habe unvermittelt von J.___ die Faust auf die linke Gesichtshälfte bekommen. I.___ habe ihn dann von hinten gepackt und die anderen hätten dreingeschlagen. Er habe keine Chance gehabt. Er sei auf dem Boden gewesen. Er habe den Rumänen nicht gezielt nach einer Pistole gebeten. Er habe diesem gesagt, er wolle zurückgehen, um eine Antwort zu erhalten, weshalb er geschlagen worden sei und dass er Angst habe. Dann habe der Rumäne ihm die Pistole angeboten. Er habe ihm kein Geld dafür gegeben. Seither habe er ihn auch nicht mehr getroffen. Der Rumäne habe ihm gesagt, die Pistole sei geladen. Auf Vorhalt der Aussage von P.___, wonach der Beschuldigte gesagt habe, er wolle sich rächen: Nein, er habe sich nicht rächen wollen. Er habe nur eine Antwort gewollt. Ob er eine Ladebewegung gemacht habe? Ja. Er sei beim Hintereingang rein, dann geradeaus gegangen und dann nach rechts, dann habe er im langen Korridor die drei gesehen, auf ca. 3 bis 4 Meter Entfernung 10 Meter. Er habe H.___ und I.___ gesehen. Er habe gemerkt, dass diese nicht mehr mit ihm reden wollten. Die beiden seien auf ihn zugekommen. Er habe Angst bekommen und die Ladebewegung gemacht. Dann habe er zweimal gegen den Boden geschossen. Der Beschuldigte zeichnete erneut mit einem Kreuz seinen Standort bei der Schussabgabe ein und mit einem Kreis den Standort von H.___ und I.___. Das Restaurant von H.___ bezeichnete er mit 1. Auf Vorhalt, bei der Polizei habe er den kleinen Raum weiter hinten eingezeichnet: Es sei der grössere Raum gewesen, den er heute bezeichnet habe. Dieser habe die Eingangstüre auf der Höhe des Korridors, der zu den Toiletten führe. Vorher habe er nicht gewusst, dass die Toiletten dort hinten seien. Weshalb er geschossen habe? Er habe eine Antwort gewollt. Diese seien aber nicht bereit gewesen zu diskutieren, sie seien direkt auf ihn zugekommen. Er habe Angst bekommen, eine Ladebewegung gemacht und geschossen. Warum zwei Mal? Er wisse auch nicht warum. Er habe in diesem Moment nicht gross überlegt. Er habe ganz kurz aufeinander geschossen, er habe den Finger noch im Abzug gehabt. Die Distanz zu H.___ sei ca. 8 m gewesen. Ob es noch andere Personen gehabt habe? Er habe H.___ wahrgenommen. Es seien aber noch andere dort gewesen. Der grosse I.___ sei auch dort gewesen. J.___ sei nicht dort gewesen. Den habe er dort nicht gesehen. Er habe die Pistole einhändig gehalten und gegen den Boden geschossen. Er sei gar kein geübter Schütze. Den Privatkläger habe er bei der Schussabgabe nicht gesehen. Es könne nicht stimmen, dass H.___ mit B.___ auf der Toilette gewesen sei. Er habe H.___ «Auge in Auge» gesehen. Was er meine, was passieren könne, wenn man in einem geschlossenen Raum, wo sich Personen aufhalten, auf den Betonboden in Richtung dieser Personen schiesse? Er habe nicht mehr normal denken können. Er habe in den Boden geschossen. Er wisse, was man mit einer Pistole machen könne. Warum er nicht umgekehrt sei, als er H.___ gesehen habe? Er habe das gemacht, um die drei zu stoppen. Im Nachhinein wäre es einfacher gewesen umzukehren. Er sei auch betrunken gewesen. Dies und die Schläge hätten dazu geführt, dass er nicht mehr normal habe denken können. Die Schmerzen. Er habe nicht mitbekommen, dass er jemanden getroffen habe. Er habe die Pistole und sein Handy verloren, als er die «Kontrolle verloren» habe. Er wisse nicht wo sich die Waffe und das Handy befänden. Auf Frage von Dr. Tschaggelar (Vertreter des Privatklägers), ob er zwischen der Ladebewegung und der Schussabgabe noch ein paar Schritte gegangen sei? Ja, ein paar Schritte rückwärts.
Anlässlich des gerichtlichen Augenscheins vom 6. Oktober 2020 (AVI-I 199 ff.) sagte der Beschuldigte aus, die Geburtstagsfeier habe bei der letzten Türe ganz hinten im Gang rechts stattgefunden. Die Leute, die ihn zuvor geschlagen hätten, seien bei der Tür des Lokals auf der linken Seite (vom Lokal der Geburtstagsfeier aus gesehen Richtung Haupteingang) des Ganges direkt bei der Abzweigung zu den Toiletten gestanden. Sie hätten wieder einen Angriff gemacht. Er habe wieder gegen ihn kommen wollen. Aus Angst habe er in Richtung Haupteingang geschossen. Er habe zwei der drei Leute gesehen, die ihn zuvor geschlagen hätten. Diese hätten ihn wieder angreifen wollen und seien gegen ihn gekommen. Er habe zwei Mal in die Wand geschossen. Die anlässlich des Augenscheins gemessene Distanz zwischen dem vom Beschuldigten angegebenen Standort zu den beiden vom Beschuldigten bezeichneten Angreifer wird mit 11 Meter gemessen. Auf Frage: Die Waffe sei durchgeladen gewesen, als er zum Tatort gekommen sei. Ob sie auch bereits gespannt gewesen sei ob er noch eine Ladebewegung habe machen müssen, wisse er nicht mehr. Er habe die Waffe schon in der Hand gehabt, nachdem er aus dem Auto gestiegen und runtergegangen sei. Aber er wisse nicht mehr, ob sie dann schon geladen gewesen sei. Es sei im Gang sehr laut gewesen, jede Türe habe offen gestanden und es habe viel Musik gegeben. Im Korridor habe man die Schüsse gehört.
Anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. April 2021 machte der Beschuldigte folgende Aussagen (AVI-II 68 ff.):
Er sei betrunken gewesen und habe auch Kokain gehabt. Er habe sich geschämt, nach Hause zu gehen. Er habe nochmals mit den Leuten reden wollen. H.___ sei bei der Türe des Lokals gewesen und nicht auf der Toilette. Er habe wieder einen Angriff gegen ihn gemacht. Aus Angst habe er zwei Mal in den Boden geschossen. Er wisse nicht, wie viele Schüsse in der Waffe gewesen seien. Er habe eine Ladebewegung gemacht. Ob nur H.___ ihn angegriffen habe vor der Schussabgabe: I.___ sei auch bei der Tür gewesen. Er habe an der Bewegung von H.___ gemerkt, dass er ihn habe angreifen wollen. Er habe niemanden verletzten wollen, deshalb habe er in den Boden geschossen. Auf Vorhalt, beim Augenschein sei festgestellt worden, dass B.___ bei der Schussabgabe 11 Meter von ihm entfernt gewesen sei. Wo H.___ gestanden sei? Auch bei der Tür. Also 11 Meter? Ja. Warum er dann Angst gehabt habe? 11 Meter könne man rennen. Auf Vorhalt, er habe auch rennen können: Er sei dann auch gesprungen. B.___ habe er auf dem Korridor nicht gesehen. Dieser sei vom WC gekommen. Beide seien bei der Toilette gewesen. Er hätte nicht geschossen, wenn niemand dort gewesen sei. Auf Vorhalt: H.___ sei bei der Tür mit I.___ gewesen. B.___ habe er überhaupt nicht gesehen. Auf Vorhalt: I.___ habe mit H.___ bei der Tür gestanden. Sie hätten beide wieder einen Angriff gemacht. J.___ habe er nicht gesehen bei der Schussabgabe. Warum er nochmal ins [Fabrikareal] gegangen sei? Er habe nicht gewusst, was er tue. Er habe die Waffe genommen, um sich zu schützen und Angst zu machen. Das sei eine Blödheit gewesen. Er habe nicht gewusst, was er mache. Er habe niemandem etwas heimzahlen wollen. Ob er geschaut habe, wohin er schiesse? Er habe nicht geradeaus geschaut, er habe ja niemanden erschiessen wollen. Auf Vorhalt der erste Schuss sei auf 11 12 Meter in 30 cm Höhe in die Wand. Das sei kein Schuss in den Boden: Es sei schon gegen den Boden gewesen. Zwischen dem ersten und dem zweiten Schuss sei er einen Schritt zurückgegangen. Er habe Angst machen wollen. Er habe gewusst, dass H.___ dort gewesen sei. Er habe gedacht, sie würden mit ihm reden, wenn sie ihn mit dem Blut sehen würden. Aber wenn man mit jemandem reden möchte, bleibe man stehen. Er habe gemerkt, dass H.___ wieder aggressiv geworden sei. Er sei so nervös geworden, dass er nicht gewusst habe, was er tue. Er habe die Waffe und das Telefon verloren. Der Rumäne habe gesagt, er müsse CHF 1'000.00 für die Waffe bezahlen. Er habe den Rumänen aber nach der Tat nie mehr gesehen. Ob er mit Waffen umgehen könne? Ja. Er sei vorher auch schon [in einem] Schiesskeller gewesen. Er habe nicht kontrolliert, ob die Waffe geladen sei. Der Rumäne habe ihm dies gesagt. Ob er vor der Schussabgabe eine Warnung ausgesprochen habe? Das sei sehr schnell gewesen. Da sei Musik gewesen. Es sei eine Reaktion gewesen. Der erste Schuss sei gezielt erfolgt. Beim zweiten Mal habe er geschossen und sei weggegangen. Ob er sich stark gefühlt habe, als er wieder runter ins [Fabrikareal] gegangen sei? Ja, er sei nicht wieder weggegangen. Auf Vorhalt, bei der Polizei habe er gesagt, er habe für die Waffe nicht bezahlen müssen: Wenn er die Waffe zurückgebracht hätte, hätte er nichts bezahlen müssen. Wenn nicht, schulde er 1'000.00. Er habe ihn aber nicht mehr gesehen.
Anlässlich der Berufungsverhandlung sagte der Beschuldigte das Folgende aus (ASB 154 ff.):
Es seien der Alkohol und das Kokain gewesen. J.___ habe angefangen, nicht er. H.___ habe dann auch mitgemacht. I.___ habe ihn von hinten genommen und fest geschlagen. Sie hätten ihn so fest geschlagen, dass er überall geblutet habe. Von da an habe er noch mehr die Kontrolle verloren. Er wisse nicht, was er gemacht habe. (AF) Er habe niemanden geschlagen. Die Frage, ob er zurückgegangen sei, weil er eine Antwort habe erhalten wollen, warum sie ihn geschlagen hätten, bejahte der Beschuldigte. Er sei nicht sich selbst gewesen. Es sei wie in einem Traum abgelaufen. Er wisse auch heute noch nicht, warum er geschlagen worden sei. Er habe nicht direkt auf sie geschossen, sondern auf den Boden, um ihnen Angst zu machen. Es tue ihm sehr leid, dass er Herrn B.___ getroffen habe. (AF) Er habe zwei Mal geschossen. H.___ und I.___ seien bei der Türe gestanden. Sie hätten ihn gesehen und seien auf ihn losgekommen. Sie seien weit entfernt gewesen. Dann habe er nur auf den Boden geschossen, um ihnen Angst zu machen. Dabei habe er B.___ getroffen. (AF) Er habe einmal in die Wand und einmal auf den Boden geschossen. Er habe zwei Mal in die Wand schiessen wollen, um ihnen Angst zu machen. Es tue ihm sehr leid, dass der eine Schuss auf den Boden gegangen sei. (AF) Gegen 12 Uhr habe er Kokain konsumiert. (AF) Er habe dann noch weiter konsumiert, das letzte Mal ca. 30 Minuten vor Schussabgabe. (AF) Er habe am Abend zirka ein Gramm konsumiert. (AF) Er habe an diesem Abend um die vier Gläser Whiskey-Cola getrunken.
5. Konkrete Beweiswürdigung, rechtserheblicher Sachverhalt
Der Privatkläger schilderte anlässlich der ersten Befragung, er sei von der Toilette gekommen und nach links in den grossen Gang eingebogen. Als er ca. einen Meter im grossen Gang gewesen sei, sei er angeschossen worden. Vor dem [Musikclub 1], also ca. 10 Meter von ihm entfernt, habe er zwei drei Personen gesehen. Den Schützen habe er nicht gesehen. Bei der staatsanwaltlichen Befragung vom 17. April 2018 gab der Privatkläger an, er wisse nicht, ob H.___ vor nach ihm aus der Toilette rausgekommen sei. H.___ sei vielleicht ein bis zwei Minuten vor ihm aus der Toilette raus. Anlässlich der dritten Befragung vom 6. Oktober 2020 erwähnte er, nur einen Schuss gehört zu haben, als er schon auf dem Hauptgang gestanden sei. Herrn H.___ habe er im Gang vor den Toiletten gesehen und gegrüsst, dann sei er auf die Toilette. Als er wieder rausgekommen sei, habe er ein paar Leute gesehen. H.___ sei auch noch da gewesen. Es stimme nicht, dass er H.___ bei der Toilette getroffen habe, als der erste Schuss ertönt sei. H.___ sei hinter ihm vor ihm gewesen. Sie hätten die Toilette nicht zusammen verlassen. Er wisse nicht, wo der Beschuldigte gestanden sei, diesen habe er nicht gesehen. Trotzdem wurde die Distanz vom Privatkläger zum Beschuldigten mit 11 Meter gemessen. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. April 2021 sagte der Privatkläger aus, H.___ sei hinter ihm gewesen. Um die Ecke habe er drei Personen gesehen. Grundsätzlich gibt es keinen Grund, weshalb der Privatkläger nicht die Wahrheit sagen sollte. Seine Aussagen sind glaubhaft, teilweise aber auch widersprüchlich, was dem abnehmenden Erinnerungsvermögen und seinem Alkoholkonsum zuzuschreiben ist. So konnte der Privatkläger insbesondere nicht mehr genau sagen, ob H.___ vor hinter ihm gewesen sei. Jedenfalls sei dieser auch auf der Toilette gewesen. Aufgrund der tatnäheren Befragung beim Staatsanwalt vom 17. April 2018, ist davon auszugehen, dass H.___ ca. ein bis zwei Minuten vor ihm aus der Toilette ging. Dies lässt sich auch mit der Aussage des Beschuldigten in Einklang bringen, der H.___ vor dem [Musikclub 2] gesehen haben will. Gemäss Aussage H.___ sei er nach der Toilette nach rechts Richtung [Musikclub 2] abgebogen.
H.___ sagte anlässlich der tatzeitnächsten Befragung aus, nach dem Toilettengang habe er auf der rechten Seite vor dem [Musikclub 2] viele Leute gesehen. Auf der linken Seite habe er den Beschuldigten gesehen. Einige Meter hinter diesem seien auch einige Personen gestanden. Seine Aussage anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. April 2021, er sei im Moment beider Schüsse immer noch bei der Toilette gestanden und habe den Privatkläger nicht mehr gesehen, kann offensichtlich nicht stimmen, zumal sich H.___ in derselben Einvernahme widersprach: So sagte er in derselben Einvernahme auch aus, seine frühere Aussage, er sei auf den Hauptkorridor und habe nach links geschaut, wo er den Beschuldigten mit der Waffe gesehen habe, stimme. Das sei nach den Geräuschen gewesen, die Türen seien schon zu gewesen. Anlässlich der ersten Einvernahme hatte er jedoch noch ausgesagt, er sei nach den Schüssen ins Lokal und sie hätten dieses dann verschlossen. Schliesslich ist die Aussage von H.___ anlässlich der Hauptverhandlung auch insofern widersprüchlich, als er einerseits sagte, im Moment der Schüsse sei er immer noch vor den Toiletten gewesen. Gleichzeitig sagte er aber auch aus, als der Beschuldigte geschossen habe, seien keine anderen Leute im Hauptgang gewesen, nur B.___. Dies hätte H.___ ja gar nicht wissen können, wenn er sich im Moment der Schüsse noch bei der Toilette befunden hätte.
I.___ sagte anlässlich der ersten Einvernahme aus, als er wieder ins Gebäude gegangen sei, habe er sowohl im Korridor vor sich wie auch im Korridor zur Toilette niemanden gesehen. Es könne aber sein, dass er nicht richtig geschaut habe. Den Schuss habe er gehört, als er bereits in der Türe zum [Musikclub 2] gestanden sei. Daraufhin sei er ganz ins Lokal hinein. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt sei, habe er gesehen, dass H.___ auch im Lokal gewesen sei. Wo dieser im Moment der Schussabgabe gewesen sei, habe er nicht gesehen. Anlässlich des gerichtlichen Augenscheines wollte sich I.___ dann im Moment der Schussabgabe plötzlich ausserhalb des Gebäudes befunden haben. Die Aussagen von I.___ sind somit so widersprüchlich, dass darauf nicht abgestellt werden kann.
J.___ hat gemäss eigenen Aussagen die Schüsse nicht mitbekommen. Der Beschuldigte sprach bei seiner ersten Einvernahme davon, vor der Schussabgabe seien H.___, I.___ und J.___ vor dem [Musikclub 2] gestanden. Diese seien aggressiv auf ihn zugegangen. Er äusserte dann sogar den Verdacht, dass diese drei gegen ihn, den Beschuldigten, geschossen und den Privatkläger getroffen hätten. Auch anlässlich der staatsanwaltlichen Befragung nach vorläufiger Festnahme, sagte der Beschuldigte aus, die drei seien ca. 10 15 Meter von ihm entfernt auf dem Korridor gewesen, sonst habe er keine Personen gesehen. Anlässlich der Befragung vom 26. Oktober 2016, 13:30 Uhr, gab er an, es seien mehrere Personen vor ihm im Korridor gewesen, er erinnere sich einfach noch an das Gesicht von H.___. Er erinnere sich nicht mehr, wie viele es gewesen seien, vielleicht zwei drei. Er denke die drei, H.___, I.___ und J.___. Sicher sei er sich aber nur bei H.___. I.___ habe er wahrscheinlich nicht gesehen. Anlässlich der staatsanwaltlichen Schlusseinvernahme sagte der Beschuldigte, er habe H.___ und I.___ gesehen. Die beiden seien auf ihn zugekommen. Es seien noch andere dort gewesen. J.___ sei nicht dort gewesen. Den Privatkläger habe er nicht gesehen. Ebenso meinte er anlässlich des Augenscheines am 6. Oktober 2020, er habe zwei der drei gesehen, die ihn geschlagen hätten. Auch anlässlich der Hauptverhandlung vom 26. April 2021 sagte der Beschuldigte, H.___ sei mit I.___ bei der Tür des Lokals gestanden.
Wenn man all diese Aussagen – namentlich diejenigen des Beschuldigten – betrachtet, muss davon ausgegangen werden, dass sich im Moment der ersten Schussabgabe H.___ und I.___ im Bereich der Türe des Lokals Nr. 5 befunden haben. Dass, wie die Vorinstanz annahm, der Beschuldigte den ersten Schuss im leeren Gang abgegeben hat, erscheint realitätsfremd. Zu Gunsten des Beschuldigten ist zudem davon auszugehen, dass dieser im Moment der Abgabe der beiden Schüsse den Privatkläger nicht sah. Dies lässt sich auch mit der Aussage des Privatklägers in Einklang bringen, er sei just im Moment, als er den Schuss, der ihn getroffen hat, wahrgenommen habe, auf den Hauptgang gekommen. Es ist schliesslich auch, ebenfalls zu Gunsten des Beschuldigten, davon auszugehen, dass es der zweite Schuss war, der den Privatkläger getroffen hat. Es ist nicht anzunehmen, dass der Beschuldigte, nachdem er den Privatkläger getroffen hatte, noch ein zweites Mal geschossen hat, da der Beschuldigte dann wohl den Privatkläger – wie auch den Umstand, dass dieser getroffen wurde – bemerkt hätte. Dem Beschuldigten kann jedoch darin nicht gefolgt werden, dass H.___ und I.___ in aggressiver Weise auf ihn zugegangen sind und er aus Angst geschossen hat. Dies aus folgenden Gründen: einerseits sagte der unbeteiligte Zeuge P.___ sehr glaubhaft aus, der Beschuldigte habe davon gesprochen, sich rächen zu wollen. «Die Sieche müesse wisse, wär ich bi». Andererseits sagte der Beschuldigte selbst in der allerersten Einvernahme aus, er sei in die [Bar in Ort 8], um Kollegen zu Hilfe zu bitten, damit sie mehr Personen gewesen wären, und er dann nach [Ort 1] hätte gehen können, um den Angriff auf sich heimzuzahlen. Die späteren Aussagen des Beschuldigten, er habe mit den Angreifern reden wollen (fragen wollen, warum sie ihn angegriffen hätten), und die Waffe nur mitgenommen, um ihnen Angst zu machen, eingesetzt habe er sie dann, weil er Angst bekommen habe, ergeben schlicht keinen Sinn. Entweder hatte der Beschuldigte Angst, dann hätte es keinen Grund gegeben, zurück nach [Ort 1] zu gehen. Oder dann wollte er sich eben rächen. Für ein Gespräch gab es keinen Grund, zumal dem Beschuldigten ja der Grund der Auseinandersetzung gemäss seiner eigenen Aussage klar war: weil er sich bezüglich des Cousins seiner Frau eingemischt hatte. Auch die Aussagen von P.___ erscheinen als glaubwürdig, dieser hatte keinen Anlass, den Beschuldigten falsch zu belasten.
Hinsichtlich der vorgängigen Auseinandersetzung gehen die Aussagen des Beschuldigten und seiner «Kontrahenten» H.___, I.___ und J.___ auseinander. Der Beschuldigte sagte konstant aus, nur er sei von allen drei angegriffen worden. H.___, I.___ und J.___ sagen indes übereinstimmend aus, der Angriff sei vom Beschuldigten ausgegangen, H.___ habe aber zurückgeschlagen. Belegt sind die Verletzungen beim Beschuldigten: Kontusion des Nasenbeins, Schwellungen mit Kratzspuren auf dem Nasenrücken, keine Hämatome Druckdolenz am restlichen Gesichtsschädel, Hüftkontusion links. Letztendlich ist der genaue Verlauf der vorgängigen Auseinandersetzung irrelevant. Es ist von einer wechselseitigen Auseinandersetzung auszugehen, bei welcher der Beschuldigte verletzt wurde. Wer angefangen hat und weshalb es zur Auseinandersetzung kam, kann und muss offenbleiben.
Was den Zustand des Beschuldigten anbelangt, kann – den Angaben des Beschuldigten folgend – davon ausgegangen werden, dass dieser vor der Tat Alkohol und Kokain konsumiert hatte. Eine erhebliche Einschränkung im Ausmass einer eingeschränkten Schuldfähigkeit ist jedoch auszuschliessen. Einerseits sagte der Zeuge P.___, der Beschuldigte habe auf der Fahrt nach [Ort 1] «schon nicht ganz betrunken» gewirkt (EV vom 29. Oktober 2016) resp. dieser sei nicht «besoffen» gewesen. Auch die Schwester des Beschuldigten erlebte diesen um 10:30 Uhr, also rund 5 ½ Stunden nach der Tat, als «ein bisschen betrunken». Keine der befragten Personen, die den Beschuldigten zur Tatzeit erlebten, schilderten diesen als stark betrunken. Im Zeitpunkt der Blutentnahme konnte kein Restalkohol festgestellt werden. Schliesslich ist auch aufgrund der Gutachten von Prof. X.___ vom 9. November 2021 sowie von Dr. med. W.___ vom 28. November 2022 nicht von einer für die Schuldfähigkeit relevanten Einschränkung aufgrund von Alkohol Kokain auszugehen: Der Beschuldigte zeigte ein logisches und normalpsychologisches Verhalten.
Zusammenfassend ist somit von folgendem rechtserheblichen Sachverhalt auszugehen:
Vor dem [Fabrikareal] kam es zu einer wechselseitigen Auseinandersetzung zwischen dem Beschuldigten einerseits sowie H.___, I.___ und J.___ andererseits, in deren Verlauf der Beschuldigte leicht verletzt wurde. In der Absicht, dies den Kontrahenten heimzuzahlen, begab sich der Beschuldigte nach [Ort 8] in die [Bar] , wo er einen Rumänen traf, welcher ihm eine Pistole besorgte. Der Beschuldigte fuhr danach mit dem Rumänen nach [Ort 4], wo dieser ihm die Schusswaffe übergab. Schliesslich liess sich der Beschuldigte von P.___ wieder nach [Ort 1] ins [Fabrikareal] fahren, wobei dessen intensiven Versuche den Beschuldigten zu beruhigen, nichts fruchteten. Auf dem Gang sah er im Bereich der Türe des Lokals Nr. 5 H.___ und I.___. Um sich diesen gegenüber «Respekt» zu verschaffen, resp. sich für den Angriff zu rächen, feuerte der Beschuldigte aus einer Entfernung von 10 – 15 Metern zwei Schüsse in die Richtung des Lokals Nr. 5, jedoch gezielt auf den Boden resp. ca. 30 cm über Boden in die Wand im Bereich des Quergangs, welcher zur Toilette führt. Das Projektil des ersten Schusses drang in die Wand ein, während das Projektil des zweiten Schusses gegen den Boden zersplitterte und der Geschosskern beim Privatkläger, der vom Beschuldigten unbemerkt gerade in diesem Moment den Gang betrat, ins linke Knie eindrang. Entgegen der Vorinstanz ist nicht anzunehmen, dass zwischen den beiden Schüssen eine längere Zeitspanne (von mehreren Sekunden) lag. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Beschuldigte die Schüsse – wie er selbst aussagte – kurz nacheinander abgab. Wäre nämlich zwischen den beiden Schüssen eine gewisse Zeit vergangen, wäre nicht erklärbar, weshalb sich der Privatkläger nach dem ersten Schuss noch weiter «in Schussrichtung» bewegt haben sollte. Die Abgabe zweier Schüsse kurz nacheinander erklärt auch, dass sich der Privatkläger nur an einen Schuss erinnern konnte, resp. nur einen Schuss wahrgenommen hat. Eine Notwehrlage wurde vom Beschuldigten vor dem Berufungsgericht zu Recht nicht mehr geltend gemacht.
III. Rechtliche Würdigung
1. Schwere Körperverletzung ev. fahrlässige Körperverletzung
Hinsichtlich der allgemeinen rechtlichen Erwägungen kann vorab auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz ab S. 28 ff. (III./A./1) des vorinstanzlichen Urteils verwiesen werden. Ebenso zutreffend sind die Ausführungen der Vorinstanz zum objektiven Tatbestand der schweren Körperverletzung, III./A./2, ab. S. 32 ff. Zu Recht bejahte die Vorinstanz aufgrund der langen Arbeitsunfähigkeit, des mühseligen Heilungsprozesses und der weiterhin andauernden Schmerzen den objektiven Tatbestand des Art. 122 Abs. 3 StGB.
In subjektiver Hinsicht ist der Eventualvorsatz zu bejahen. Gemäss herrschender Lehre und Rechtsprechung ist dann von Eventualvorsatz auszugehen, wenn sich dem Täter der Eintritt des Erfolges als so wahrscheinlich aufdrängte, dass sein Handeln vernünftigerweise nicht anders denn als Billigung dieses Erfolges ausgelegt werden kann, sofern nicht Gegenindizien diesen Schluss entkräften. Je höher die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts sei, desto eher ist auf Inkaufnahme des Erfolges zu schliessen. Nebst dem Risiko der Tatbestandsverwirklichung wird u.a. auch die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung als Indiz gewertet. Für den Schluss vom Wissen auf das voluntative Element ist nicht zwingend erforderlich, dass der Erfolgseintritt sehr wahrscheinlich war. Die Möglichkeit genügt, sofern weitere Umstände vorliegen, wie etwa, dass der Täter das ihm bekannte Risiko nicht kalkulieren konnte das Opfer keine Abwehrchancen hatte. Damit wird die Inkaufnahme nicht mehr als psychisches Phänomen (abgeschwächter Wille) erfasst, sondern als davon abgekoppeltes normatives Tatbestandselement (Trechsel, Praxiskommentar zum StGB, 4. A., 2021, N. 15 zu Art. 12, mit zahlreichen Hinweisen).
Vorliegend bestand aufgrund der Vorgehensweise des Beschuldigten (Abgabe zweier Schüsse gegen den Boden resp. die Wand in einem engen Korridor in Richtung von Menschen) eine ganz erhebliche Gefahr, dass die sich in der Nähe aufhaltenden Personen durch Querschläger absplitternde Projektilteile schwer verletzt werden. Diese Gefahr war dem Beschuldigten, der gemäss eigenen Aussagen im Umgang mit Schusswaffen geübt war und auch schon in Bellach im Schiesskeller geschossen hat, ganz offensichtlich bewusst. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte das Risiko, dass ein Querschläger einen Menschen schwer verletzt, überhaupt nicht kontrollieren konnte. Für einen Schützen ist es nicht vorhersehbar und erst recht nicht steuerbar, wie sich das Projektil nach dem Aufprall verhält. Ebenso hatten die sich in Schussnähe aufhaltenden Personen keinerlei Chance, sich rechtzeitig vor allfälligen Projektilteilen in Sicherheit zu bringen. Dies gilt erst recht für den Privatkläger, der unmittelbar im Moment der Schussabgabe auf den Gang trat und den Beschuldigten vorher gar nicht sehen konnte. Das Abgeben von Schüssen in einem Raum, in welchem sich Menschen aufhalten, stellt zweifellos auch eine sehr schwere Sorgfaltspflichtverletzung dar. An dieser Einschätzung ändert der Umstand nichts, dass es letztendlich nicht diejenigen Personen traf, die der Beschuldigte «im Visier» hatte, sondern den zufällig in den Gang tretenden Privatkläger. Im Untergeschoss des [Fabrikareals] befinden sich mehrere Clubs, wovon in der Tatnacht auch mehrere geöffnet hatten und rege besucht waren. Der Beschuldigte musste somit damit rechnen, dass unvermittelt weitere Personen ins Schussfeld treten könnten. Der Beschuldigte hat sich daher der schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 3 StGB, begangen mit Eventualvorsatz, schuldig gemacht.
2. Gefährdung des Lebens
Der Gefährdung des Lebens im Sinne von Art. 129 StGB macht sich strafbar, wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt. Objektiv ist eine konkrete, unmittelbare Lebensgefahr erforderlich, welche direkt dem Verhalten des Täters zuzuschreiben ist. Eine solche liegt vor, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die Wahrscheinlichkeit nahe Möglichkeit des Todeseintritts besteht. Nicht erforderlich ist, dass die Wahrscheinlichkeit des Todes grösser ist als jene seiner Vermeidung. Subjektiv ist direkter Vorsatz in Bezug auf die unmittelbare Lebensgefahr vorausgesetzt. Eventualvorsatz genügt nicht. Der Gefährdungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter die Gefahr kennt und trotzdem handelt. Hingegen muss er die Verwirklichung der Gefahr nicht gewollt haben. Im Gegensatz zum Eventualvorsatz auf Tötung vertraut der Täter beim Gefährdungsvorsatz darauf, der Tod des Opfers werde nicht eintreten. Skrupellos ist ein in schwerem Grade vorwerfbares, ein rücksichts- hemmungsloses Verhalten. Die Möglichkeit des Todeseintritts muss als so wahrscheinlich erscheinen, dass sich wissentlich darüber hinwegzusetzen als skrupellos zu bewerten ist (Urteil 6B_103/2012 vom 27. August 2012, E. 1.2.1, mit zahlreichen Hinweisen). Skrupellosigkeit liegt stets vor, wenn die Lebensgefahr aus nichtigem Grund geschaffen wird deutlich unverhältnismässig erscheint, so dass sie von einer tiefen Geringschätzung des Lebens zeugt (Urteile des Bundesgerichts 6B_83/2016 vom 15. Juni 2016 E. 2.3 m.H.; 6B_946/2016 vom 10. April 2017 E. 10.2).
Die Rechtsprechung bejahte im Zusammenhang mit dem Einsatz von Schusswaffen eine unmittelbare Lebensgefahr im Sinne von Art. 129 StGB etwa bei der Bedrohung eines Menschen mit einer geladenen und entsicherten Pistole aus kürzester Distanz, dies unabhängig davon, ob der Täter den Finger am Abzug hat nicht. Richtet der Täter eine schussbereite Waffe auf einen Menschen, kann sich auch ohne weitere zielgerichtete Handlungen des Täters – etwa zufolge Aufregung, unvorhergesehener Reaktion des Opfers, Intervention Dritter wegen eines Defekts der Waffe – jederzeit ungewollt ein Schuss lösen. Es hängt demnach nur vom Zufall ab, ob das Opfer durch einen Schuss getötet werden kann, so dass eine unmittelbare Lebensgefahr für den Bedrohten beim Einsatz von schussbereiten Waffen stets gegeben ist (Urteile des Bundesgerichts 6B_317/2012 vom 21. Dezember 2012 E. 3.2 f.; 6B_946/2016 vom 10. April 2017 E. 10.2).
Das Bundesgericht hatte sich in einem anderen Entscheid mit einer Schussabgabe bei einem Sachverhalt zu befassen, der deutliche Parallelen zur vorliegenden Konstellation aufweist: Zwei zerstrittene Personengruppen trafen vor einem Wohnblock aufeinander. Der Täter aus der einen Gruppe zückte einen Revolver, woraufhin die gegnerische Gruppe in das Haus flüchtete. Der Täter eilte ihnen nach, machte im Hauseingang einen zwei Schritte und schoss in einem Winkel von ca. 45 Grad in die Decke. Der Bruder und ein Freund des Täters standen im Zeitpunkt der Schussabgabe vor neben ihm. Die gegnerische Gruppe war – wie der Täter wusste – gerade erst um die Ecke verschwunden und befand sich noch in unmittelbarer Nähe, wenn auch nicht mehr im Blick respektive direkten Schussfeld (Urteil des Bundesgerichts 6B_103/2012 vom 27. August 2012 Sachverhalt B. sowie E. 1.3 und 1.4). Das Bundesgericht schützte diese vorinstanzliche Sachverhaltserstellung und qualifizierte die Schussabgabe ebenfalls als Gefährdung des Lebens im Sinne von Art. 129 StGB. Es erwog, dass der Täter mit dem ungezielten Schuss im engen Eingangsbereich resp. durch mögliche Querschläger Abpraller seine Gegner sowie seinen vor/neben ihm stehenden Bruder und seinen Freund in unmittelbare Lebensgefahr gebracht habe (Urteil des Bundesgerichts 6B_103/2012 vom 27. August 2012 E. 1.3 und 1.4).
Aus dieser Rechtsprechung wird die grundsätzliche Auffassung des Bundesgerichts klar. Beim Begriff der Lebensgefahr handelt es sich um einen sogenannten normativen Rechtsbegriff, d.h. einen Rechtsbegriff, den die Rechtsprechung im Lichte verschiedener Auslegungselemente weitgehend definiert hat. Dabei wird nicht allein auf streng naturwissenschaftliche logische Zusammenhänge des äusseren Ablaufes bzw. den natürlichen Kausalzusammenhang abgestellt, sondern auch auf weitere Umstände wie beispielsweise potentielle menschliche Reaktionen, Fehlreaktionen, aussergewöhnliche Zufälle und die Intentionen des Gesetzgebers. Streng kausal gesehen kann von einer Waffe, die nicht abgefeuert wurde, nie eine Lebensgefahr ausgehen. Ebenso ist es ausgeschlossen, dass sich bei einer ordnungsgemäss funktionierenden Waffe mit üblichem Abzugsgewicht ohne Betätigung des Abzugs ein Schuss lösen kann. Trotzdem schliesst die Rechtsprechung, wie oben aufgeführt, auch in solchen Fällen eine Lebensgefahr im Sinne von Art. 129 StGB nicht aus. Es ist für die Beantwortung der Frage, ob eine Lebensgefahr im Sinne von Art. 129 StGB vorliegt, eine Gesamtschau der konkreten Tatumstände vorzunehmen.
Das Bundesgericht erachtet somit durch das Zielen mit einer ungesicherten Waffe auf einen Menschen den Tatbestand der Gefährdung des Lebens als gegeben. Dies muss ebenfalls gelten, wenn es zu einer gewollten Schussabgabe in unmittelbarer Nähe von Drittpersonen kommt. Der Schütze kann weder die Beschaffenheit der Aufprallstelle noch die Handlungen und Bewegungen der Kontrahenten voraussehen bzw. kontrollieren zuverlässig einschätzen. Es mag deshalb sein, dass sich durch eine wissenschaftlich streng konkrete Analyse von Schusswinkeln, physikalischer Beschaffenheit der Aufprallstelle und der Analyse, wie sich das Projektil exakt in welche Einzelteile aufgespaltet hat und in welcher Richtung diese Teile abgeprallt sind, die logische Erkenntnis ergibt, dass keine tödliche Verletzung drohte, beispielsweise weil die konkrete Bewegungsenergie der Projektilteile nicht mehr genug hoch war, um den Körper eines Menschen zu durchdringen weil die Projektilteile zufällig nicht in Richtung umstehender Menschen abprallten. Ebenso sicher ist allerdings auch, dass die aleatorischen Umstände weitgehend ausserhalb der Einflussmöglichkeit des Schützen liegen. Das zeigt sich bereits daran, dass ohne technische Vorrichtungen ein gleicher Ablauf gar nie reproduzierbar ist.
In einem Urteil vom 15. August 2019 (SB190118-O/U/jv) hatte das Obergericht des Kantons Zürich die Gefährdung des Lebens hinsichtlich folgendem Sachverhalt bejaht:
Der Beschuldigte gab vor einem Restaurant auf dem Trottoir in kurzem Abstand zwei Schüsse ab. Er hat sich dafür bewusst zirka in der Mitte von zwei rund fünf Meter auseinanderstehenden Personengruppen aufgestellt und dann mit seiner mitgeführten Waffe, vermutlich Marke Walther, in einem Winkel von rund 70 Grad in den, wie der Beschuldigte gewusst hat, asphaltierten Boden geschossen. Dabei ist es zumindest bei einem Schuss zu einer Zerlegung des Projektils gekommen, wobei die Teile dieses Projektils in verschiedene Richtungen weggeflogen sind, insbesondere auch in den Innenraum des Restaurants.
Die aufgezeigte Rechtsprechung erhellt, dass der Gesetzgeber eine Schussabgabe in unmittelbarer Nähe von Personen missbilligt bzw. als strafwürdig erachtet und diesen Sachverhalt unter Art. 129 StGB subsumiert. Dies hat auch im vorliegend zu beurteilenden Fall zu gelten. Wer – wie der Beschuldigte – in einem engen Gang, mit unübersichtlichen Verzweigungen zwei Schüsse in Richtung Boden resp. eine Wand abgibt, schafft bei Betrachtung der gesamten Umstände und der dargelegten Rechtsprechung eine Gefährdung im objektiven Sinn. Das Bundesgericht hat sich wie erwähnt bei der Auslegung des Begriffs der Lebensgefahr im Sinne von Art. 129 StGB von einer rein konkreten Analyse der natürlichen Kausalzusammenhänge distanziert. Es wollte nicht, dass Umstehende das Risiko solch unvorhergesehener Umstände tragen müssen, obschon der Schütze selber die Gefahr schuf. Im Ergebnis ist vorliegend von einer unmittelbaren Lebensgefahr im Sinne des genannten Tatbestandes auszugehen. Der objektive Tatbestand ist erfüllt.
Der subjektive Tatbestand verlangt wie erwähnt in Bezug auf die unmittelbare Lebensgefahr direkten Vorsatz. Eventualvorsatz genügt nicht. Der Gefährdungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter die Gefahr kennt und trotzdem handelt. Hingegen muss er die Verwirklichung der Gefahr nicht gewollt haben. Im Gegensatz zum Eventualvorsatz auf Tötung vertraut der Täter beim Gefährdungsvorsatz darauf, der Tod des Opfers werde nicht eintreten. Weiter erfordert der Tatbestand ein skrupelloses Handeln. Skrupellos ist – wie ebenfalls bereits erwähnt – ein in schwerem Grad vorwerfbares, ein rücksichts- hemmungsloses Verhalten. Skrupellosigkeit liegt stets vor, wenn die Lebensgefahr aus nichtigem Grund geschaffen wird deutlich unverhältnismässig erscheint, so dass sie von einer hohen Geringschätzung des Lebens zeugt.
Der Beschuldigte wollte sich gemäss vorstehendem Beweisergebnis durch die abgegebenen Schüsse an seinen Kontrahenten für die vorangegangene Auseinandersetzung, bei der er leicht verletzt wurde, rächen. Er wollte sich Respekt verschaffen, seine Ehre wiederherstellen. Als geübtem Schützen war ihm die Gefahr von Querschlägern bekannt. Aus nichtigen egoistischen Motiven (Rache, Wiederherstellung der Ehre) handelte er trotzdem. Dass dabei sicher auch Schmerz und Wut sowie vorgängiger Alkohol- und Drogenkonsum mitspielte, ändert nichts an der Rücksichtslosigkeit und Hemmungslosigkeit des Verhaltens des Beschuldigten. Sein Verhalten erscheint hochgradig unverhältnismässig. Er hat aus nichtigem Grund eine Lebensgefahr sowohl für H.___ und I.___ wie auch für den Privatkläger geschaffen und dadurch eine hohe Geringschätzung des Lebens an den Tag gelegt. Der subjektive Tatbestand ist erfüllt. Zwischen einer (nicht lebensgefährlichen im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB) schweren Körperverletzung und der Gefährdung des Lebens besteht echte Konkurrenz (Trechsel, N. 8 zu Art. 129 StGB). Der Beschuldigte ist daher der mehrfachen Gefährdung des Lebens im Sinne von Art. 129 StGB für schuldig zu erkennen.
IV. Strafzumessung
1. Die Vorinstanz hat die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung ab S. 41 ff. (IV./A.) zutreffend zusammengefasst. Darauf kann verwiesen werden. Grundsätzlich zutreffend sind auch die Erwägungen der Vorinstanz zum anwendbaren Recht und zur Gesamtstrafenbildung (B./1). Indes ist die Bildung einer sog. «Einheitsstrafe» bei engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang verschiedener Delikte nach neuester bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht mehr zulässig. Im Urteil 6B_125/2018, E. 1.3.5 hielt das Bundesgericht hinsichtlich aArt. 41 Abs. 1 StGB fest, bei fehlender präventiver Effizienz einer Geldstrafe könne ungeachtet der Vollzugsprognose eine kurze unbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen werden. Zudem läuft der Grundgedanke des Gesetzgebers, mit aArt. 41 Abs. 1 StGB die kurzen Freiheitsstrafen zurückzudrängen, im Rahmen einer Gesamtstrafenbildung zu einer sechs Monate überschreitenden Freiheitsstrafe ohnehin ins Leere (vgl. Urteil 6B_466/2013 vom 25. Juli 2013, E. 2.3.3). Der Strafregisterauszug über den Beschuldigten weist fünf Verurteilungen auf. Demgemäss wurde er bereits zu einer Freiheitsstrafe, aber auch zu bedingten und unbedingten Geldstrafen verurteilt. Zwei Mal musste der bedingte Strafvollzug hinsichtlich einer Geldstrafe widerrufen werden. Die Ausfällung einer weiteren Geldstrafe wäre beim Beschuldigten somit offensichtlich ohne jegliche präventive Effizienz, weshalb für alle Delikte nur eine Freiheitsstrafe in Frage kommt. Das wird vom Beschuldigten nicht bestritten.
2. Einsatzstrafe für die schwere Körperverletzung
Das Ausmass des verschuldeten Erfolges wiegt im Quervergleich mit anderen schweren Körperverletzungen eher leicht. Der Privatkläger leidet zwar heute noch unter der Tat (Schmerzen, psychische Probleme). Indessen sind weitaus schwerere Folgen sowohl in physischer als auch in psychischer Hinsicht denkbar. Die Verwerflichkeit des Handelns des Beschuldigten ist indes erheblich. So ist der Einsatz von Schusswaffen in öffentlichen Räumen Ausdruck von grosser Skrupellosigkeit und Hemmungslosigkeit. Solchen «Wildwest-Methoden» gilt es entschieden entgegenzutreten. Verschuldenserhöhend kommt hinzu, dass zwischen dem Anlass der Tat (vorgängige Auseinandersetzung mit leichter Verletzung des Beschuldigten) und der Schussabgabe einige Zeit verging. Der Beschuldigte fuhr nach [Ort 8] in die [Bar], danach mit dem Rumänen nach [Ort 4], wo dieser ihm die Schusswaffe übergab. Schliesslich liess sich der Beschuldigte von P.___ wieder nach [Ort 1] fahren, wobei dessen intensiven Versuche den Beschuldigten zu beruhigen, nichts fruchteten. Dies zeugt von erheblicher krimineller Energie. Insgesamt ist jedoch immer noch von einem leichten objektiven Tatverschulden auszugehen.
In subjektiver Hinsicht wirken sich die egoistischen und niederen Beweggründe (Rache, Wiederherstellung der Ehre) verschuldenserhöhend aus. Verschuldensmindernd ist der Eventualvorsatz zu berücksichtigen. Ebenso wirkt sich das Handeln unter Alkohol- und Drogeneinfluss verschuldensmindernd aus, wenn auch nur leicht. Es ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte durch seinen vorgängigen Alkohol- und Kokainkonsum enthemmt war. Zusammen mit den Schmerzen zufolge der Verletzung der Nase und den mitschwingenden Gefühlen von Wut aber auch Scham ergab sich ein Gemisch von äusseren und inneren Einflüssen, welches dem Beschuldigten ein rechtmässiges Verhalten sicherlich erschwerte (wenn auch unterhalb der Schwelle zur Einschränkung der Schuldfähigkeit). Alles in allem ist für die schwere Körperverletzung von einem noch leichten Verschulden, jedoch im oberen ersten Verschuldensdrittel, auszugehen, was bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren eine Einsatzstrafe von 34 Monaten Freiheitsstrafe rechtfertigt.
3. Asperation
Hinsichtlich der mehrfachen Gefährdung des Lebens ist das Ausmass des verschuldeten Erfolges, mithin die Nähe des Todeseintritts, eher als leicht zu bezeichnen. So bestand zwar ein ganz erhebliches Risiko, dass umstehende Personen auch schwer verletzt werden (was sich im Falle des Privatklägers ja auch verwirklichte). Aufgrund des erstellten Sachverhaltes ist jedoch von einem eher schmalen Schusswinkel (im Verhältnis zum Boden) auszugehen. Zu berücksichtigen ist auch die Distanz von 10 – 15 Metern zu den konkret gefährdeten Personen. Rein physikalisch war somit eher mit relativ tief fliegenden Projektilen zu rechnen. Auf der anderen Seite genügt für die Bejahung des Tatbestandes bereits die blosse Behändigung einer geladenen und entsicherten Schusswaffe in der Nähe von Menschen. Die Verwerflichkeit ist wiederum als erheblich zu bezeichnen, wobei ein Mindestmass an Skrupellosigkeit tatbestandsimmanent ist. In subjektiver Hinsicht kann auf das bei der schweren Körperverletzung gesagte verwiesen werden, wobei hier von direktem Vorsatz auszugehen ist, was freilich wiederum tatbestandsimmanent ist. Alles in allem ist das Verschulden ebenfalls noch als leicht zu bezeichnen, jedoch deutlich im oberen ersten Verschuldensdrittel. Die Einsatzstrafe ist auf 24 Monate festzusetzen. Der Gesamtschuldbeitrag der beiden Schussabgaben ist in Anwendung der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung und des Asperationsprinzips geringer zu veranschlagen, da diese zeitlich, sachlich und situativ in einem engen Zusammenhang stehen. Mithin rechtfertigt sich eine Asperation um zehn Monate auf 44 Monate Freiheitsstrafe (vgl. Urteil 6B_196/2021 vom 25. April 2022, E. 5.4.3.).
Hinsichtlich der Widerhandlung gegen das Waffengesetz ist zwar von einem relativ schweren Verschulden auszugehen, das Tatunrecht wird jedoch weitestgehend durch die Strafen für die Delikte im Zusammenhang mit dem Schusswaffeneinsatz abgegolten. Es rechtfertigt sich eine Erhöhung der Einsatzstrafe um einen Monat.
Vor Berücksichtigung der Täterkomponente resultieren somit 45 Monate.
Da die vorliegend zu beurteilenden Delikte begangen wurden, bevor der Beschuldigte am 3. November 2021 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt wurde, ist eine Zusatzstrafe zu diesem Urteil auszusprechen. Bei der insgesamt schwersten Straftat handelt es sich nach wie vor um die schwere Körperverletzung, welche im vorliegenden Verfahren zu beurteilen ist. Es ist somit die Freiheitsstrafe von 45 Monaten hypothetisch um weitere sechs Monate auf 51 Monate zu erhöhen.
4. Täterkomponente
Die Vorinstanz hat die massgeblichen Täterkomponenten ab S. 51 ff. unter B./5 ausführlich zusammengefasst. Darauf kann verwiesen werden. Der Beschuldigte weist eine Vorstrafe auf und wurde nach den hier zu beurteilenden Taten erneut vier Mal verurteilt, wobei sich die Verurteilungen vom 15. Dezember 2016 und 27. August 2018 auf Taten vor dem 16. Oktober 2016 beziehen. Sämtliche Verurteilungen beziehen sich auf nicht einschlägige Delikte. Am 3. November 2021 verurteilte die Amtsgerichtspräsidentin von Solothurn-Lebern den Beschuldigten wegen Hausfriedensbruchs, mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, mehrfachen Führens eines Motorfahrzeuges trotz Entzugs des Führerausweise, mehrfachen Fahrens in fahrunfähigem Zustand, mehrfacher Übertretung gegen das BetmG, mehrfacher Weigerung der Namensangabe und mehrfacher harter Pornographie zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von vier Jahren und einer Busse von CHF 1'000.00. Sie widerrief den bedingten Strafvollzug hinsichtlich der Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu CHF 50.00 gemäss Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 15. Dezember 2016. Von einer obligatorischen Landesverweisung wurde abgesehen (s. beigezogene Akten). Die beurteilten Taten beging der Beschuldigte allesamt nach dem 16. Oktober 2016 und mithin während des laufenden vorliegenden Strafverfahrens, was sich ganz erheblich verschuldenserhöhend auszuwirken hat (Nachtatverhalten). Demgegenüber ist dem Beschuldigten seine Geständigkeit zugute zu halten. Zwar ist es richtig, dass der Beschuldigte um die Videoüberwachung wusste. Sein Geständnis hat das Verfahren indes trotzdem gefördert, angesichts der verworrenen Verhältnisse und Aussagen betreffend den Kernsachverhalt. Auch dass sich der Beschuldigte selbst bei der Polizei gestellt hat, ist ihm durchaus zu Gute zu halten. Auch seine Bekundung, die Verletzung des Privatklägers tue ihm leid, wirkt authentisch, wenn auch hinsichtlich H.___ und I.___ keine Reue ersichtlich ist. Insgesamt überwiegen die Vorstrafe und die nach dem 16. Oktober 2016 begangenen Delikte die Reue und Geständigkeit des Beschuldigten jedoch deutlich, zeugen die neuerlichen Delikte doch von einer ganz bedenklichen Unbelehrbarkeit. Auf der anderen Seite hat sich die anzuordnende Landesverweisung (s. hernach) im Rahmen des Massnahmenpakets strafreduzierend auszuwirken. Für die Vorstrafen und die Delinquenz trotz laufendem Strafverfahren rechtfertigt sich eine Straferhöhung um zehn Monate, für die Geständigkeit und Reue eine Reduktion um fünf Monate und um weitere fünf Monate zufolge der Landesverweisung. Somit bleibt es bei einer Freiheitsstrafe von 51 Monaten.
Zu Recht hat die Vorinstanz eine Verletzung des Beschleunigungsgebots festgestellt. Dies rechtfertigt vorliegend eine weitere Strafreduktion um sieben Monate. Es resultiert somit eine Freiheitsstrafe von 44 Monaten. Nach Abzug der mit Urteil vom 3. November 2021 verhängten neun Monate verbleibt eine Zusatzstrafe von 35 Monaten.
Aufgrund der Höhe der Gesamtstrafe von 44 Monaten scheidet die Gewährung des teilbedingten Strafvollzugs aus.
V. Landesverweisung
Der Beschuldigte hat mit der schweren Körperverletzung und der Gefährdung des Lebens zwei Katalogtaten begangen, welche grundsätzlich obligatorisch zu einer Landesverweisung führen. In allgemeiner Hinsicht kann auf die Erwägungen der Vorinstanz auf S. 54 ff., V./A verwiesen werden.
Im Rahmen der konkreten Beurteilung hat die Vorinstanz auf S. 56 ff., V./B das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalles unter Berücksichtigung des Schutzes des Familienlebens, Art. 8 EMRK, und unter sorgfältiger Abwägung der einschlägigen Kriterien als fraglich bezeichnet. Sie kam sodann zum Schluss, dass selbst bei Vorliegen eines persönlichen Härtefalles das öffentliche Interesse an der Landesverweisung die privaten Interessen des Beschuldigten überwiegen.
Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, wobei bereits das Vorliegen des schweren persönlichen Härtefalles zu verneinen ist. Wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat, ist es der Ehefrau zumutbar, dem Beschuldigten in sein Heimatland zu folgen. Die Kinder des Beschuldigten sind allesamt volljährig (ASB 412) und haben ihre Ausbildung abgeschlossen; beim jüngsten Sohn wird dies noch in diesem Sommer der Fall sein (ASB 412). Die Pflege der Eltern des Beschuldigten in der Schweiz ist auch ohne diesen gewährleistet. Die Integration des Beschuldigten lässt in mannigfacher Hinsicht zu wünschen übrig. Entscheidend ist jedoch bereits bei der Härtefallprüfung folgender Umstand: Über den Beschuldigten wurde bereits unter altem Recht eine bedingte Landesverweisung ausgesprochen (Urteil des Obergerichtes Solothurn vom 2. September 2004). In ausländerrechtlicher Hinsicht wurde dem Beschuldigten aufgrund seiner wiederholten Straffälligkeit mit Schreiben vom 3. April 2006 das rechtliche Gehör betreffend Ausweisung resp. Androhung der Ausweisung gewährt (Bericht des Migrationsamtes des Kantons Solothurn vom 30. April 2018). Mittels Verfügung der Migrationsbehörde vom 26. Oktober 2006 wurde ihm sodann die Ausweisung aus der Schweiz resp. die Nichtverlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung im Sinne einer letzten Chance angedroht. Trotz laufendem Strafverfahren, in welchem sich die Frage der obligatorischen Landesverweisung stellt, beging der Beschuldigte eine weitere Katalogtat, welche zur Verurteilung vom 3. November 2021 führte (mehrfache harte Pornografie). Alleine dies zeigt, dass den Beschuldigten die drohende Landesverweisung nicht vor der Begehung weiterer Delikte abhält. Dies kann nicht anders interpretiert werden, als dass ihn die Landesverweisung nicht im Sinne eines schweren persönlichen Härtefalles trifft. Auf jeden Fall würde selbst bei der Bejahung eines schweren persönlichen Härtefalles das öffentliche Interesse an der Landesverweisung angesichts der Schwere der verübten Straftaten sowie der exemplarischen Unbelehrbarkeit (mehrfache Verübung von Katalogtaten für die obligatorische Landesverweisung trotz laufendem Verfahren mit Prüfung der Landesverweisung) und der daraus abzuleitenden schlechten Prognose (vgl. Legalprognose im Gutachten von Dr. med. W.___, S. 73 ff.) die privaten Interessen des Beschuldigten deutlich überwiegen. Bei dieser Ausgangslage rechtfertigt es sich auch, die Dauer der Landesverweisung auf acht Jahre zu bemessen. Die Ausschreibung im SIS hat zu erfolgen.
VI. Zivilforderungen
Angesichts der Verurteilung des Beschuldigten wegen schwerer Körperverletzung und Gefährdung des Lebens zum Nachteil des Privatklägers ist der Beschuldigte diesem gegenüber zu 100 % haftpflichtig zu erklären. Zur Ausmittlung der Schadenshöhe wird der Privatkläger auf den Zivilweg verwiesen.
Was die Höhe der Genugtuung anbelangt, erscheint die von der Vorinstanz ausgesprochene Genugtuung von CHF 6'000.00 insbesondere mit Blick auf die von ihr erwähnten Referenzfälle eher tief. Angesichts des langen Heilungsprozesses und der nach wie vor anhaltenden Schmerzen und psychischen Belastung beim Beschuldigten (ASB 416, 450) erscheint eine Genugtuung von CHF 8'000.00 angemessen.
VII. Kosten und Entschädigung
1. Die erstinstanzlichen Schuldsprüche wurden bestätigt. Der Beschuldigte unterliegt mit seiner Berufung grösstenteils. Lediglich bei der Strafzumessung erfolgt eine Reduktion um zehn Monate, dies auch wegen des neuen Urteils. Die Höhe der Landesverweisung wird von fünf auf acht Jahre angehoben. Die Genugtuung wird von CHF 6'000.00 auf CHF 8'000.00 erhöht.
2. Die Kostenverlegung der Vorinstanz ist bei diesem Ausgang zu bestätigen. Es rechtfertigt sich, die Kosten für das Berufungsverfahren dem Beschuldigten im Umfang von 90% aufzuerlegen. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 10'000.00, total CHF 22’648.00 (inkl. Kosten für das psychiatrische Gutachten, Auslagen des Gerichts), sind damit dem Beschuldigten im Betrag von CHF 20’383.20 aufzuerlegen. Die restlichen Kosten erliegen auf dem Staat.
3. Die Privatklägerschaft hat gegenüber der beschuldigten Person Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen auch im Berufungsverfahren, wenn sie obsiegt (Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO).
Die vom unentgeltlichen Rechtsbeistand des Privatklägers B.___, Rechtsanwalt Daniel Gehrig, mittels Honorarnote geltend gemachte Entschädigung von total CHF 7'369.85 (inkl. Auslagen und MwSt.) erweist sich als angemessen. Die Entschädigung wird in dieser Höhe festgesetzt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Umfang von CHF 2'093.90 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00 bzw. CHF 250.00 pro Stunde), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
4. Nach Art. 135 Abs. 1 StPO wird die amtliche Verteidigung nach dem Anwaltstarif desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde. Die Staatsanwaltschaft das urteilende Gericht legen die Entschädigung am Ende des Verfahrens fest (Art. 135 Abs. 2 StPO). Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt (Art. 426 Abs. 1 StPO), so ist diese, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, nach Art. 135 Abs. 4 StPO verpflichtet, dem Kanton die Entschädigung zurückzuzahlen.
Gemäss § 158 Abs. 1 des kantonalen Gebührentarifs (GT) setzt der Richter die Entschädigung nach dem Aufwand fest, welcher für eine sorgfältige und pflichtgemässe Vertretung erforderlich ist. Der Stundenansatz für die Bestimmung der Entschädigung der amtlichen Verteidiger und der unentgeltlichen Rechtsbeistände betrug bis 31. Dezember 2022 CHF 180.00 und beträgt ab 1. Januar 2023 CHF 190.00 zuzüglich Mehrwertsteuer (§ 158 Abs. 3 GT).
Der vom amtlichen Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt Alexander Kunz, mittels Honorarnote geltend gemachte Aufwand von total 67.50 Stunden erweist sich grundsätzlich als angemessen; hinzuzurechnen ist die Zeit der Hauptverhandlung von 2.5 Stunden. Nach Aufrechnung der geltend gemachten und angemessen erscheinenden Auslagen von total CHF 427.40 sowie der MwSt. zu 7.7 % resultieren CHF 12'565.55. Die Entschädigung von Rechtsanwalt Alexander Kunz ist demgemäss in dieser Höhe festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Vorzubehalten ist der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während zehn Jahren im Umfang von 90%.
Demnach wird
in Anwendung von Art. 122 Abs. 3, Art. 129 StGB, Art. 33 Abs. 1 WG; Art. 40, Art. 47, Art. 49 Abs. 1 und 2, Art. 51, Art. 66a StGB; Art. 122 ff., Art. 135, Art. 138, Art. 335 ff., Art. 398 ff., Art. 416 ff. StPO beschlossen und erkannt: 1. Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 1 des erstinstanzlichen Urteils hat sich der Beschuldigte A.___ der Widerhandlung gegen das Waffengesetz, begangen am 16. Oktober 2016, schuldig gemacht. 2. A.___ hat sich überdies schuldig gemacht: - der eventualvorsätzlichen schweren Körperverletzung, - der mehrfachen Gefährdung des Lebens, beides begangen am 16. Oktober 2016. 3. A.___ wird, als Zusatzstrafe zum Urteil der Amtsgerichtspräsidentin von Solothurn-Lebern vom 3. November 2021, verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von 35 Monaten. 4. A.___ werden 13 Tage Untersuchungshaft an die Freiheitsstrafe angerechnet. 5. Es wird festgestellt, dass das Beschleunigungsgebot verletzt wurde. 6. A.___ wird für die Dauer von acht Jahren des Landes verwiesen. 7. Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben. 8. A.___ wird gegenüber dem Privatkläger B.___ für das Ereignis vom 16. Oktober 2016 (eventualvorsätzliche schwere Körperverletzung) dem Grundsatz nach zu 100% haftpflichtig erklärt. Zur Ausmittlung der Schadenshöhe wird der Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gehrig, auf den Zivilweg verwiesen. 9. A.___ wird verurteilt, dem Privatkläger B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Gehrig, CHF 8'000.00 als Genugtuung zu bezahlen, zuzüglich 5% Zins seit dem 16. Oktober 2016. 10. Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes des Privatklägers B.___, Rechtsanwalt Daniel Gehrig, die gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 8 des erstinstanzlichen Urteils auf CHF 9'017.30 (Honorar CHF 7'980.00, Auslagen CHF 392.60, 7.7% Mehrwertsteuer CHF 644.70) festgesetzt worden ist, wurde zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschuldigten vom Staat bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Umfang von CHF 2'192.80 (Differenz zum vollen Honorar à CHF 230.00 pro Stunde), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 11. Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes des Privatklägers B.___, Rechtsanwalt Daniel Gehrig, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 7'369.85 (Honorar CHF 6'635.00, Auslagen CHF 40.80, nicht mehrwertsteuerpflichtige Auslagen CHF 180.00, 7.7% Mehrwertsteuer CHF 514.05) festgesetzt und ist zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Beschuldigten vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Umfang von CHF 2'093.90 (Differenz zum vollen Honorar à CHF 230.00 bzw. CHF 250.00 pro Stunde), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 12. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Alexander Kunz, die gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 9 des erstinstanzlichen Urteils auf CHF 9'729.75 (Honorar CHF 8'850.60, Auslagen CHF 183.50, 7.7 % Mehrwertsteuer CHF 695.65) festgesetzt worden ist, wurde zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 5'295.60 (Differenz zum vollen Honorar à CHF 280.00 pro Stunde), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 13. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Alexander Kunz, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 12'565.55 (Honorar CHF 11’239.75, Auslagen CHF 427.40, 7.7 % Mehrwertsteuer CHF 898.40) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von 90%, ausmachend CHF 11'309.00, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 14. A.___ hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 8'000.00, total CHF 14'300.00, zu bezahlen. 15. A.___ hat die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 10'000.00, total CHF 22’648.00, im Umfang von 90%, ausmachend CHF 20’383.20, zu bezahlen. Im Übrigen gehen sie zu Lasten des Staates. Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona). Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Der Gerichtsschreiber von Felten Wiedmer |
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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